Bericht | Text: Christian Döscher Reise durch die Kunstgeschichte Wirkung und Auswirkung des Barock (Teil II) Und wieder nimmt uns Christian Döscher mit auf seine Reise durch künstlerische Gefilde der Vergangenheit. Diesmal eine weitere Episode des Barock mit seinen Visionen in Licht und Farbe. _Der Begriff ‚Barock' stammt vom portugiesischen Wort ‚barocco' und bedeutet schief, merkwürdig. Als Münsteraner hätte man diese seinerzeit völlig neue Ausdrucksweise in der Kunst wohl als ‚scheel' bezeichnet. Tatsächlich hatte sich das formensprachliche Gerüst der letzten hundert Jahre zu guten Teilen aufgelöst und, was da in Italien aus der Renaissance hervorgegangen war, stieß manchem durchaus übel auf. Aber was in Architekturen und Skulpturen neu hervortrat, man denke an Bernini, machte die Malerei von Anfang an mit. _Die Epoche des Barock sah auch den Aufstieg Frankreichs. Besonders dort lehnte man den überschwänglichen bis schwer emotionalen Barockstil zunächst ab. Ge- (1855) der Begriff seine jetzige Prägung erhielt. Burckhardts so wichtige Schrift schildert die italienische Kunstwelt von der Antike bis zur (damaligen) Gegenwart. Was aber bedeuten diese Entwicklungen für die Kunst außerhalb Italiens, vor allem für die Malerei der Niederlande? _Schon die ausgehende Renaissance Italiens hatte einige Maler aus dem Norden in ihren Bann gezogen. Der flämische Landschaftsmaler Pieter Brueghel der Ältere war schon 1553 in Rom gewesen, Werke wie „Der Turmbau zu Babel“ (1563) zeugen eindrucksvoll von dem, was er an Inspiration aus Italien mitgebracht hatte. Die Nachfahren des älteren Pieter Brueghel taten es ihm gleich. Über seinen ersten Sohn (Pieter Brueghel d.J.) ist allgemein wenig bekannt. Dessen Bruder Jan (Jan Brueghel d.Ä.) kam 1592 nach Rom und blieb gleich drei Jahre dort. Im Jahre 1601 gebar seine Frau wiederum einen Jungen, der auch Maler wurde, Jan Brueghel der Jüngere. Sie alle trugen dazu bei, dass die flämische Malerei bereits ihre ganz eigenen Züge trug, bevor Europa voll und ganz vom Hochbarock erfasst wurde. _In diese frühe Phase fällt auch Adam Elsheimer (1578 - 1610) aus Frankfurt am Main. Er war der erste, der das Firmament mit seinen funkelnden Sternen naturgetreu dargestellt hat. Das Ergebnis ist beeindruckend, wer mal in München ist, sollte sich auf jePieter Brueghel der Ältere, Der Turmbau zu Babel (1563) den Fall „Die Flucht nach Ägypten“ (1609) ansehen. Elsheimer malte das kleine Bild in Ölfarwiss, es dauerte nicht lang, da nahm be auf Kupfer. Es besticht durch seine auch Frankreich die neue Bewegtheit auf und trieb sie gar zur Spitze. In Frank- eindringliche Tiefe und seinen unglaubreich sollte der Barock seine ganze, letz- lichen Sternenhimmel. te Wucht erhalten und schließlich unter _Immer deutlicher tritt das Licht als eider Last seiner Zierden untergehen. Das genständiges Gestaltungsmittel auf. So portugiesische Wort jedenfalls war anhat, vorbereitet durch Landschaftsmaler fangs fast so etwas wie ein Schimpfwort wie die Brueghels, in der niederländiund das würde es auch später noch einmal sein. In Deutschland hatte man auch schen Malerei insgesamt das Licht schon ganz früh einen besonderen Platz einnicht grade viel Wertschätzung für die genommen. Frans Hals (1580/85 - 1666) Verdienste des Barock übrig, als seine war ein bedeutender holländischer PorZeit in der Mitte des 18. Jahrhunderts traitmaler. Die unmittelbare Wirksamvorbei war. So kam es, dass erst durch keit und Lebendigkeit seiner Bilder ist Jacob Burckhardts Buch „Der Cicerone“ überliefert, so schreibt der Humanist Theodorus Schrevelius 1648: „Durch seine außergewöhnliche Weise der Malerei, die einzigartig ist, übertrifft er eigentlich jeden. Seine Bilder werden mit solcher Kraft und Lebenskraft erfüllt, dass sich die Natur selbst seinem Pinsel zu widersetzen scheint. Das ist in allen seinen Bildnissen zu sehen. Sie werden in der Art und Weise gemalt, dass sie zu leben und zu atmen scheinen.“ Aufgrund seines charakteristischen Pinselstrichs und seiner treffenden Darstellungen wegen sahen die Impressionisten, gute 200 Jahre später, in Frans Hals einen ihrer Vorläufer. _Eines der umfangreichsten Gesamtwerke in der Malerei ist das Peter Paul Rubens (1577-1640). Rubens war neben seinem Künstlerdasein auch Diplomat der spanisch-habsburgischen Krone. Er war ein Mann mit großem Reichtum und ebenso großem Einfluss. Er wirkte auf alle Zweige der niederländischen Malerei ein, denn er hatte sehr viele Schüler. Seine Bilder sind meist voller mythischer Symbole und zeigen oft bombastische Szenen. Der bis heute lebendige Begriff ‘Rubensweib' erklärt sich von selbst, wenn man sich die Gestalten der Frauen in seinen Gemälden anschaut. _Der andere unübertroffene niederländische Meister des Barock ist Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 - 1669). Rembrandt war Maler, Radierer und Zeichner, der eine Werkstatt führte und Künstler ausbildete. Er schuf in seinem wechselvollen Leben Porträts, Landschaften sowie biblische und mythologische Themen. Ihm schreibt man gewissermaßen die Nachfolge Caravaggios zu, denn wie er entwickelt Rembrandt Meisterschaft in der Gestaltung des Lichts. Aber auch unter anderen Gesichtspunkten setzt Rembrandt neue Maßstäbe. Für eine angemessene Würdigung fehlt mir an dieser Stelle schlicht der Platz, und statt weiterer Worte möchte ich allen Lesern Rembrandts „Nachtwache“ empfehlen. Sie wurde 1642 fertig gestellt und ist zu Recht eines seiner bekanntesten und beliebtesten Gemälde. Rembrandt nimmt als einer der ganz Großen in der Geschichte der Kunst bereits einen Teil der Entwicklung vorweg, über die im dritten Teil zu diesem umfangreichen Thema zu lesen sein wird. # 21