Mais: Welche Blattflecken wirklich gefährlich sind

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Mais: Welche Blattflecken
wirklich gefährlich sind
Flecken auf den Maisblättern nehmen in
den letzten Jahren zu
und können leicht
verwechselt werden.
Dr. Michael Zellner,
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising,
informiert.
B
is Mitte der 90er Jahre galten
Blattfleckenkrankheiten bei Mais als ein
Problem der feucht-warmen Maisanbaugebiete in südlichen Ländern und in Übersee. Zwar sind einige dieser Krankheitserreger auch nördlich der Alpen seit langem in Maisbeständen zu finden, ein nennenswerter wirtschaftlicher Schaden trat
jedoch erstmals 1995 in der Oberrheinebene auf. Seit dieser Zeit werden die
Blattsymptome zunehmend in allen wärmeren deutschen Maisanbaugebieten beobachtet.
Innerhalb dieser Gebiete bleibt der Befall jedoch regional sehr unterschiedlich.
Auch der Krankheitsdruck ist, je nach
Witterung, von Jahr zu Jahr deutlich verschieden. Feuchtwarme Frühsommerwitterung schafft günstige Voraussetzungen
für eine Epidemie, während bei langanKleine, längliche Flecken sind erste
Anzeichen einer Infektion (kleines Bild).
Die Flecken dehnen sich schnell in länglicher Richtung aus und fließen zusammen.
Fotos: Dr. König, Dr. Zellner
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Blattfleckenkrankheiten, die leicht zu Verwechslungen führen
Der Blattfleckenerreger Cochliobolus carbonum verursacht im Gegensatz zu Setosphaeria turcica sehr viel
kleinere, hellgrüne oder gelblich runde,
später bis maximal 3 cm langgestreckte
braune Flecken. Auch bei diesem Pilz
sind die Blattflecken von einem dunklen
Saum umgeben und weisen zum Teil
konzentrische Zonierungen auf. Die
Krankheit wird in Mitteleuropa häufig
gefunden, wirtschaftlich relevante Schäden wurden aber bisher nicht verursacht.
Foto: Dr. König
Die Augenfleckenkrankheit (Kabatiella zeae) verursacht wenige Millimeter
kleine, runde Flecken. Das bräunlich-rote
Zentrum ist von einem deutlich größeren
gelben Hof umgeben. Die Krankheit tritt
vor allem bei mehrjähriger Mais-Monokultur und Minimalbearbeitung stärker
auf. Unter diesen Bedingungen kam es in
Frankreich zu Blattverlusten. Sauberes
Zerkleinern und Unterpflügen aller befallener Pflanzenreste schließt ein ertragsrelevantes Auftreten der Pilzkrankheit aus.
Foto: Dr. König
Maisrost (Puccinia sorghi) ist in tropischen und subtropischen Gebieten weit
verbreitet. In Mittel- und Südeuropa tritt
er meist nur jahrgangsweise und lokal begrenzt in wirtschaftlich spürbarem Umfang (1985 in Österreich) auf. Im Sommer entwickeln sich auf der Blattoberund Unterseite 1 bis 3 mm große, goldgelbe Pusteln, die schnell aufplatzen und
braunes Sporenpulver entlassen. Auch
hier ist das Unterpflügen des Strohs die
vordringlichste Bekämpfungsmaßnahme.
Foto: Dr. Rintelen
haltender Sommertrockenheit ein niedriger Befallsdruck zu erwarten ist.
wurden in anfälligen Sorten Ertragsausfälle bis zu 60 Prozent ermittelt. Der stärkste
Befall in Bayern war bisher in der feuchtwarmen Vegetationsperiode 2002 zu verzeichnen. In den am stärksten befallenen
Gebieten an Inn und Donau lagen die Ertragseinbußen nach unseren Schätzungen
bei etwa zehn Prozent, in einigen Sorten
auch bei über 30 Prozent.
2003 traten die ersten Infektionen zwar
früh auf, jedoch konnte sich aufgrund der
sehr trockenen und heißen Witterung im
Juli und August keine Epidemie aufbauen. Zudem reiften die Maisbestände wegen Wassermangel vorzeitig ab. Das niedrigere Ertragsniveau in diesem Jahr ist
deshalb nicht auf den Befall mit Blattflecken zurückzuführen, sondern hat ihre
Ursache in der zu trockenen Witterung.
Chlamydosporen (aus Myzelteilen ungeschlechtlich entstandene Sporen) gebildet, die durch Regenspritzer auf die unteren Maisblätter gelangen. Temperaturen
zwischen 24 bis 30° C und eine zehnstündige Blattnässe sind optimal für das Auskeimen und Eindringen der Sporen in das
Blattgewebe.
Die Erstinfektion erfolgt bei günstiger
Witterung etwa ab dem 8-Blattstadium.
Bereits nach 10 bis 14 Tagen werden an
der Blattunterseite neue Sporen (Konidien) freigesetzt, durch Wind verbreitet
und so auch auf Nachbarflächen übertragen.
Bei lang anhaltender feuchter und warmer Witterung im Frühjahr und Sommer
kann es zu mehreren Infektionszyklen
und somit zu einer starken Ausbreitung
kommen. Günstig für die Infektion ist der
Wechsel von hohen Tages- und niedrigen
Nachttemperaturen, weil dadurch längere
Zeit hohe Luftfeuchtigkeit durch Tau, Nebel oder Dunst vorliegt.
Die ersten Symptome an Mais treten
an den unteren Blättern auf. Blattflecken,
die später aus windverbreiteten Sporen
hervorgehen, zeigen sich zunächst meist
Verschiedene Erreger
An Mais können eine ganze Reihe von
Pilzen Blatterkrankungen hervorrufen
(siehe Kasten oben), deren Symptome in
der Praxis leicht verwechselt werden. Der
Pilz, der unter unseren Klimabedingungen den mit Abstand größten Schaden
verursacht, wird in seiner Hauptfruchtform (sexuelles Fortpflanzungsstadium)
Setosphaeria turcica genannt. Früher wurde die Nebenfruchtform des Erregers als
Helminthosporium turcicum (heute als
Exserohilum turcicum) bezeichnet. Daher
ist die Krankheit auch als Helminthosporium-Blattflecken bekannt.
Der Erreger ist weltweit verbreitet. In
den USA kommt er vor allem im nördlichen Maisgürtel vor. Dort ist das Schadbild unter dem Namen „Northern corn leaf blight“ bekannt. Solange keine ausreichend resistenten Sorten zur Verfügung
standen, trat die Krankheit in feuchten und
warmen Jahren als Epidemie hoch schädigend auf. Auch in Österreich (Steiermark)
Der Pilz liebt feuchtwarmes Wetter
Ausgangspunkte der SetosphaeriaBlattfleckenkrankheit sind die an der Bodenoberfläche befindlichen Reste von
Maisstoppeln und -stroh. Auf diesem Material werden im Frühjahr Konidien und
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an den oberen Blättern. Der Pilz verursacht am Anfang kleine, längliche, wässrige Flecken, die zu langgestreckten oder
streifigen, graugrünen bis hellbraunen
Befallsstellen auswachsen. Die Blattflecken fließen zusammen und werden bis zu
20 cm lang und 5 cm breit. Dadurch können große Teile der Blattspreite absterben, selten jedoch das gesamte Blatt.
Ähnliche Flecken sind auch auf den Lieschen zu finden. In Mitteleuropa ist bisher
außer Mais keine weitere Wirtspflanze für
Setosphaeria turcica bekannt.
Deutliche Infektionsstellen sind in unserer Region vor dem Fahnenschieben
kaum zu beobachten. Auch sind die ersten
Symptome dieser Pilzkrankheit für den
ungeübten Betrachter nur schwer zu erkennen. Generell gilt, je später die Infektion, umso geringer der Ertragsausfall.
Nach österreichischen Untersuchungen
führt ein Befall vor oder während der Blü-
Übersicht 1: Entwicklungszyklus der wichtigsten
Blattkrankheit (Setosphaeria turcica)
Sporenverbreitung
durch Wind
und Regenspritzer
Sporen
streifige Läsionen
Luftfeuchtigkeit:
10 Stunden > 95 %
Temperatur: 20 bis 30° C
Sekundärinfektion
Verbreitung der Clamy- überwintertes Maisstroh
dosporen durch Regenspritzer
Erste Symptome: hellgraue,
längliche, wässrige Flecken
Grafik: Dr. Zellner
Von den auf der Bodenoberfläche liegenden Resten des Maisstrohs und der Maisstoppeln gelangen die Pilzsporen direkt auf die jungen Maisblätter.
te mit nachfolgend optimalen Bedingungen für den Pilz bei anfälligen Maissorten
zu Mindererträgen bis zu 60 Prozent. Erfolgt hingegen die Infektion fünf bis sechs
Wochen nach der Blüte, sind die Ertragseinbußen zu vernachlässigen. Allerdings
stellen die befallenen Pflanzenreste die
Infektionsquellen für die Folgejahre dar.
Die Frühjahrs- und Sommerwitterung
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hat einen wesentlichen Einfluss auf die
Befallsausbreitung. Bei hoher Luftfeuchtigkeit von über 95 % und Temperaturen
von 20 bis 30° C können Sekundärinfektionen schnell zum Absterben ganzer Bestände führen. Auch die Beregnung von
Mais, wie im Trockenjahr 2003 vereinzelt
durchgeführt, fördert die Befallsentwicklung sehr stark.
Die Krankheit verursacht längliche, wässrig-durchscheinende Flecken, die bis zu
20 cm lang und 5 cm breit werden können.
Foto: Ettl
Je weniger Blatt- und Stängelreste sich
im Frühjahr an der Bodenoberfläche befinden, umso weniger Sporen stehen für
die Erstinfektion zur Verfügung. Das saubere Einarbeiten der Maisernterückstände ist deshalb in den gefährdeten Gebieten eine unerlässliche Maßnahme. Dadurch wird dem Erreger der Nährboden
entzogen und der Infektionskreislauf
unterbrochen.
Um die Verrottung des Strohs zu beschleunigen, ist vor der Einarbeitung auf
eine gründliche Zerkleinerung (zum Beispiel durch Mulchen) zu achten. Diese
Maßnahme ist um so erfolgversprechender, je mehr Landwirte sich in der Befallsregion daran beteiligen. Letztendlich
geht es darum, die Infektionsbrücke zwischen unverrotteten Ernterückständen
und jungen Maispflanzen zu unterbinden.
Effekte von Standort
und Sorte
Gestresste Pflanzen werden von der
Pilzkrankheit leichter befallen. So sind am
Vorgewende oder an Stellen, die bei der
Gülleausbringung häufiger überfahren
werden, ein früherer und stärkerer Befall
zu beobachten. Grund: Hier ist der Boden
stärker verdichtet und die Maispflanze dadurch geschwächt. Neben der Bodenverdichtung führen auch andere Faktoren,
die eine zügige Entwicklung des Maises
behindern (Über- und Unterversorgung
mit Nährstoffen, Herbizidschäden, Staunässe usw.), zu einem stärkeren Auftreten
der Blattkrankheit.
Die Blattflecken befallen auch die Lieschen.
Den größten Einfluss auf
den Befall mit Blattflecken hat
die Sortenwahl. Tendenziell
sind frühreife Sorten anfälliger als spätreife. Tolerante
Sorten bleiben zwar auch nicht
immer befallsfrei, jedoch tritt
die Krankheit wesentlich später auf. Zu diesem Zeitpunkt
setzt meist auch die natürliche
Abreife ein, so dass sich der
Befall nicht mehr auf den Ertrag auswirkt.
Die amtliche Beratung
stellt für die jeweiligen Befallsregionen Sorteneinstufungen zur Verfügung. Die bayerische Sortenliste kann im
Internet unter www.LfL.bayern.de abgerufen oder über die
Landwirtschaftsämter bezogen werden. Ähnliches gilt
auch für andere Befallsregionen.
Welchen Einfluss
haben Fungizide
In Bayern wurden vom
Landwirtschaftsamt in Deggendorf in den letzten zwei
Jahren Fungizidversuche angelegt. Dabei wurden bei einer
stark anfälligen Maissorte verschiedene Präparate unmittelbar vor der Blüte und/oder
kurze Zeit nach der Blüte eingesetzt. Bei der Versuchs-
Foto: Dr. Zellner
durchführung wurde darauf
geachtet, dass keine Fahrverluste durch die Spritzarbeiten
entstanden.
Unter diesen Bedingungen
konnte im Jahr 2002 (hoher
Befall) durch eine Doppelbehandlung ein Mehrertrag von
acht Prozent erreicht werden.
Bei nur einer Fungizidmaßnahme lag der Ertragseffekt
bei drei Prozent zum Termin
„Ende Blüte“ und bei drei
Prozent beim Vorblütetermin.
2003 konnten aufgrund des
geringen
Krankheitsdrucks
durch Fungizide keine Mehrerträge erzielt werden.
Daraus wird deutlich, dass
selbst bei starkem Krankheitsdruck (wie 2002) der Fungizideinsatz wegen der hohen Aufwendungen (Stelzenschlepper
und Fungizidkosten) nicht
wirtschaftlich gewesen wäre.
Ganz abgesehen davon, dass
für diese Indikation keine Präparate zugelassen sind.
Somit spielt die Auswahl
der Sorten bei der Bekämpfung der Setosphaeria-Blattfleckenkrankheit eine entscheidende Rolle. Werden jedoch
die vorher genannten ackerbaulichen Vorbeugemaßnahmen nicht konsequent beachtet, ist langfristig trotzdem mit
Ertragsverlusten zu rechnen.
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