frauen- gesundheit

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Nr.6/Juni 2013
frauengesundheit
Oft übersehen
Diagnose
Endometriose
Brustkrebs
Chemo- oder
Strahlentherapie
CMV-Infektion
Vorsicht in der
Schwangerschaft
Totgeschwiegen
Volkskrankheit
Inkontinenz
3
Tipps für
den Umgang mit
ihrer gesundheit
Tasten
sie sich ran
Box-Weltmeisterin Regina Halmich engagiert sich
für die Brustkrebsvorsorge.
Foto: Marguerite Oelofse
2 · Juni 2013
Ein unabhängiges Produkt von Mediaplanet
Vorwort
Immer mehr gynäkologische Kliniken und Praxen lassen sich
zertifizieren, und immer mehr Frauen lassen sich in zertifizierten Zentren behandeln. Doch was bedeutet das für Sie als Patientin – außer einigen schönen Zertifikaten im Eingangsbereich?
Gynäkologische Behandlungszentren –
Warum Zentrenbildung und Zertifizierung
Ihnen als Patientin nutzen
S
chon vor über zehn
Jahren haben die Deutsche Gesellschaft für
Senologie (DGS) und
die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) ein
System zur Zertifizierung von Brust(krebs)zentren entwickelt, um die Qualität in der Diagnostik und die Behandlung des Mammakarzinoms zu fördern und zu verbessern. 2002/2003 wurden die ersten Kliniken nach den aufgestellten Kriterien zertifiziert. Ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor in den Zentren ist die Spezialisierung auf die Erkrankung und
ebenso Therapieplanung nach evidenzbasierten S3-Leitlinien. Regelmäßige Tumorkonferenzen zwischen
den Fachärzten der beteiligten Disziplinen und die interdisziplinäre und
multiprofessionelle Betreuung der Patientinnen garantieren die bestmögliche Behandlung. Studien zeigen, dass
etwa die Heilungschancen in jenen
Krankenhäusern am höchsten sind,
deren Personal viel Erfahrung im Umgang mit der Erkrankung hat und in
denen Fachärzte verschiedener Disziplinen zusammenarbeiten. Ein Großteil der Betroffenen wird heute in die-
sen interdisziplinären Tumorzentren
behandelt: 2011 waren es mehr als 90
Prozent aller Brustkrebspatientinnen!
Behandlungsspektrum aus einer Hand
„Inkontinenz
ist ein Volkskrankheit,
die jede
zehnte Frau
zwischen
25 und 30
Jahren und
jede zweite
Frau über
60 Jahren
betrifft.“
Professor Dr. med.
Thomas Dimpfl,
Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie und
Geburtshilfe e.V.
Nachdem die zertifizierten Zentren so offensichtlich auch von
den Patientinnen angenommen werden, um zum Beispiel von den kurzen
Wegen und der überprüften Behandlungsqualität zu profitieren, sind die
Strukturen in weiteren Bereichen
übernommen oder angepasst worden:
In gynäkologischen Krebszentren
werden mehrere und zum Teil auch
weniger häufige Tumorarten unter einem Dach behandelt.
Qualitätssicherung in der Medizin gehört in die Hände von
Ärzten
Mit den interdisziplinären Kontinenz- und Beckenbodenzentren
ist ein weiteres, nicht nur onkologisches Organzentrum zum Kreis der
zertifizierten Zentren gestoßen: Sie
beschäftigen sich mit funktionellen
Störungen und Erkrankungen des Beckenbodens wie zum Beispiel Harnund Stuhlinkontinenz. Inkontinenz
ist eine Volkskrankheit, die jede zehnte Frau zwischen 25 und 30 Jahren und
jede zweite Frau über 60 Jahren betrifft. Seit 2011 wächst auch hier die
Zahl der zertifizierten interdisziplinären Kontinenz- und Beckenbodenzentren kontinuierlich. Dass sich die Zertifizierung als freiwillige Qualitätssicherungsmaßnahme so durchgesetzt
hat, spricht für die Vorteile des von
Ärzten gesteuerten Systems: Ebenso
wie Sie sind wir Frauenärztinnen und
Frauenärzte an der bestmöglichen Behandlung und Betreuung interessiert!
Geburtshilfe
Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Qualitätssicherung
ist die Einrichtung von Perinatalzentren. Die Perinatalzentren stellen geburtshilfliche Einrichtungen dar, die
qualitätsgesichert die geburtshilfliche
Expertise und die Kompetenz der Kinderärzte beziehungsweise der Frühund Neugeborenenmediziner bündeln.
Viel Spaß beim Lesen
wünscht Ihnen,
Thomas Dimpfl
Wir empfehlen
Dr. med. Sherko
Kümmel
Direktor des Brustzentrums an den Kliniken Essen-Mitte
Seite 15
„Viele Frauen werden
immer noch der belastenden Chemotherapie
ausgesetzt, obwohl sie
im konkreten Einzelfall
oft gar nicht nötig wäre.“
Frauengesundheit
Sechste ausgabe, Juni 2013
Verantwortlich für den Inhalt
dieser Ausgabe:
Senior Project Manager:
Michelle Reed
Tel: + 49 30 887 11 29 - 40
Fax: + 49 30 887 11 29 - 37
E-Mail: [email protected]
Business Development Manager:
Caroline Böhmer
Editorial & Production Manager:
Jennifer Pott
Layout & Design:
Antje Polzin
Redaktion: Franziska Manske
Text: Ines Hein, Dorothee Friedrichs, André Tucic, Dr. Michael Bartsch, Prof. Dr. Nadia
Harbeck, Dr. Jörg Schilling, Prof. Dr. Matthias
Meyer-Wittkopf, Annette Kruse-Keirath, Prof.
Dr. Achim Rody, Dominik Maassen, Prof. Dr.
Jackisch
Lektorat:
Joseph Lammertz
Managing Director & V.i.S.d.P.:
Carl Henric Holmberg
Mediaplanet Verlag Deutschland GmbH
Münzstraße 15, 10178 Berlin
Fehlandtstraße 50, 20354 Hamburg
www.mediaplanet.com
Vertriebspartner: DIE WELT, am 26. Juni 2013
Print: Märkische Verlags- und DruckGesellschaft mbH Potsdam (MVD)
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Juni 2013 · 3
news
Frauen und Sport
– gemeinsam fit sein und bleiben
Das Motto steht in Schnörkelschrift auf hellblauen
Sternchen. Das Piktogramm
darunter zeigt rosarote
Frauen mit Zöpfchen, die
Hand in Hand laufen.
So wird für den Saarlouiser Frauenlauf im September geworben. Nicht
viel anders sah der Aufruf für den
Avon Running aus, der Anfang Mai
in Berlin stattfand.Auch die Ankündigung für den Women’s Run kann
mit pink und Schnörkeln punkten.
Es geht ein Ruck durch die deutsche Sportlandschaft: Noch nie gab
es so viele Sportveranstaltungen für
Frauen. Und das nicht ohne Grund:
Zusammen Sport machen, sich gegenseitig anfeuern und gemeinsam
das Ziel erreichen – für Frauen mehr
als nur Fitness! „Wir teilen etwas,
lachen und leiden zusammen. Diese Events sind etwas ganz besonderes und zeigen auch,dass wir Frauen
zusammen alles erreichen können“,
erzählt eine Läuferin des Berliner
Frauenlaufs kurz nachdem sie das
Ziel erreicht hat.
Club der Töchter – Laufen
Mit spass zur
bestform
Sportveranstaltungen für
Frauen erfreuen sich wachsender Beliebtheit.
Foto: shutterstock
und Lifestyle
Der „Club der Töchter“ ist eine LaufCommunity für junge, sportliche
Frauen, die entweder schon regelmäßig laufen oder mit dem Laufen anfangen wollen. Ziel ist weder
ein Marathon noch eine neue Bestzeit: Im Mittelpunkt steht einfach
der Spaß am gemeinsamen Laufen.
In den deutschen Großstädten motivieren Botschafterinnen via Social Media Interessentinnen zum
gemeinsamen Joggen. „Der Club
der Töchter ist mehr als ein reiner
Lauftreff: Wer zur Community gehört, findet Gleichgesinnte und
vielleicht sogar neue Freundinnen.
Gequatscht, motiviert und rumgealbert wird nicht nur bei den Lauftreffs, sondern auch im virtuellen
Clubhaus und bei weiteren Events“,
erklärt Botschafterin Michaela auf
ihrer Facebook-Seite.
Die farbenfrohe Welt des
Laufens entdecken
Der Color Run ist im wahrsten Sinne
ein „Fun Run”, eine weltweite Lauf-
Sporttipps
Ein kleiner
Lauf-Kalender
Colour Run
Serie der ganz besonders bunten
und fröhlichen Art. „Bei uns geht
es nicht um das Erreichen der maximalen Laufleistung oder die beste Zeit, sondern in erster Linie um
viel Spaß!“, so die Veranstalter. Gemeinsam mit vielen anderen Läufern geht es in einem weißen T-Shirt
an die Startlinie. Sobald der Startschuss zündet, durchlaufen die Teilnehmer nach je einem Kilometer eine von vier „Color Zones“, bei der sie
mit 100 Prozent natürlichem Farbpulver auf Maismehlbasis beworfen
werden.Fünf Kilometer gemeinsam
Laufen – nur mal ganz anders!
Fitness, Wellness,
Wohlfühlen
Auch zahlreiche Fitnessstudioketten haben den Trend erkannt und
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fitnessfireworks
4 · Juni 2013
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news
Myome: Harmlose Wucherungen
können verödet werden
■■Frage: Meine Frauenärztin
hat festgestellt, dass ich Myome in der Gebärmutter habe.
Was muss ich tun?
■■Antwort: Nicht jedes Myom muss behandelt werden,
jedoch wenn erforderlich, gibt
es verschiedene Möglichkeiten
der Behandlung. Es bleibt aber
auf jeden Fall genug Zeit, sich in
Ruhe zu entscheiden.
Wenn der Gynäkologe die Diagnose „Myome“ stellt, kann das große
Verunsicherung hervorrufen. Die in
der Regel harmlosen und gutartigen
Gewebeknoten in der Gebärmutter
sind nur bei Beschwerden zu therapieren und eine mögliche Behandlung kann in Ruhe geplant werden.
Myome können mittels einer gynäkologischen Tastuntersuchung gefunden, im Ultraschall oder durch
eine Untersuchung im Magnetresonanztomographen (MRT) dargestellt werden. Die Knoten sind genauso ungefährlich wie unberechenbar: Sie können schnell oder
langsam wachsen, in alle Richtungen, und sie können sowohl im Umfang zunehmen als auch schrumpfen oder sich lange Zeit gar nicht
verändern.
Beschwerden möglich
Jede dritte Frau hat Myome, oft verursachen die Knoten jedoch keine Beschwerden und werden deshalb häufig auch nur zufällig entdeckt. Dann wird der Arzt regelmäßige Kontrollen anraten und eventuell auftretende Veränderungen
beobachten. In Abhängigkeit von
der Lage der Myome und deren Größe in der Gebärmutter kann es aber
zu Beschwerden kommen: starke Blutungen, Anämie, Müdigkeit,
Schmerzen während der Menstruation, Schweregefühl im Becken, Rückenschmerzen oder Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit.
Es gibt mehrere Möglichkeiten der
Behandlung. Welche die passende
ist, sollte individuell und genau mit
dem Arzt besprochen werden. Therapierbar sind Myome mit Medikamenten oder mit der Hormonspirale,häufig kann hier eine (oft zeitlich
begrenzte) Verkleinerung des Myoms und damit eine Verringerung
der Beschwerden erreicht werden.
Mit fokussiertem Ultraschall kann
man die Gewebewucherungen gezielt erhitzen und damit zerstören
(HIFUS). Die Myome können auch
operativ entfernt werden.
Nicht-operative
Alternative
Eine Alternative zur OP ist die gebärmuttererhaltende Myomembolisation. Sie eignet sich vor allem
für Myome, die in der Gebärmutterwand liegen (intramurale Myome).Mit einem minimalinvasiven,
nicht-operativen Verfahren wird
selektiv die Durchblutung und damit die Versorgung der Myome blockiert. Die Patientin bleibt bei Bewusstsein, wird jedoch leicht sediert, sodass sie schläfrig ist und
keinen Schmerz empfindet. Es wird
ein kleiner Einstich in der Leiste
vorgenommen und über die Arterie ein dünner Schlauch (Katheter)
bis zur Gebärmutter vorgeschoben.
Das Verfahren wird von einem speziell ausgebildeten
interventionellen Radiologen durchgeführt, der unter Kontrolle einer digitalen Röntgeneinheit (DSA)
mit kleinstem Instrumentarium arbeitet. Er injiziert
über einen Katheter winzige
Kügelchen, die die Blutversorgung des Myoms unterbinden. Ohne ausreichende
Blutversorgung schrumpft
das Myom und die Beschwerden klingen meist recht zeitnah ab, da die Myome weicher
werden und das Spannungsgefühl nachlässt. Der Schrumpfungsprozess kann sechs Monate und länger dauern. Die Patientin kann wenige Tage nach
dem Eingriff bereits wieder arbeiten, spätestens nach zwei Wochen
ist eine komplette Genesung zu erwarten. In Deutschland ist die Methode noch nicht weit verbreitet,
obwohl es eine evidenzbasierte
Therapie ist, die weltweit bereits
bei mehr als 200.000 Patientinnen angewandt wurde und beispielsweise in England, Frankreich und den USA sehr etabliert ist. Sie gilt als sicheres
und effektives Verfahren
im Maßnahmenspektrum zur Behandlung
von myombedingten
Beschwerden.
Dr. Michael Bartsch
[email protected]
Nicht immer Beschwerdefrei
Myome sind gutartige Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut.
Foto: shutterstock
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news
Diagnose Endometriose
Interview mit Dr. Stefan P.
Renner, leitender Oberarzt
der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen, Leiter des Endometriosezentrums und Vorstandstandsmitglied der Europäischen Endometriose Liga
(EEL).
■■ In welchem Alter erkranken Frauen typischerweise
an einer Endometriose?
Bei den meisten Frauen wird die
Endometriose im Alter zwischen
25 und 35 Jahren diagnostiziert.
Der Krankheitsbeginn kann jedoch schon viel weiter zurückliegen. Denn in den meisten Fällen
werden die Regelschmerzen erst
spürbar, wenn die Frau die Antibabypille abgesetzt hat. Zuvor wurden die Symptome von ihr verschleiert.
Dr. Stefan P.
Renner
Oberarzt der Frauenklinik des Universitätsklinikums
Erlangen
■■ Welche Auslöser kann es
geben, damit die Endometriose auftritt?
■■ Dr. Renner, was ist eine
Endometriose?
Endometriose ist eine gutartige
Gewebeveränderung, an der Millionen Frauen erkrankt sind. Gebärmutterschleimhaut, die sonst
nur in der Gebärmutter sein sollte, wird auch an anderen Stellen
im Körper gefunden. Dies betrifft
in der Regel das Bauchfell oder
die Eierstöcke. Die Auflagerungen
am Bauchfell sind weiß, mitunter
aber auch rot, schwarz oder braun
gefärbt. Die Endometriose am Eierstock hingegen tritt häufig als
Zyste auf. In seltenen Fällen befällt die Endometriose auch andere Organe wie Darm, Blase oder
Unterleibsschmerzen während der Periode können erste Anzeichen einer Endometriose sein. Ob ein Befund vorliegt, kann nur durch eine BauchspiegeFoto: shutterstock
lung festgestellt werden.
Harnleiter. Eine Rarität stellt ein
Befall von Lunge oder Gehirn dar.
■■ Wie kann die Krankheit diagnostiziert werden?
Sie kann nur operativ bei einer
Bauchspiegelung festgestellt
werden. Erst dann wird die Endometriose mit bloßem Auge gesehen. Eine definitive Diagnose
stellt jedoch erst der Pathologe
bei der feingeweblichen Untersuchung.
■■ Welche Symptome treten
bei der Krankheit auf?
Das
Hauptsymptom
sind
Schmerzen während der Periodenblutung. Weitere Symptome
können Schmerzen beim Wasserlassen, beim Stuhlgang sowie
beim Geschlechtsverkehr sein.
Aber von vielen Ärzten werden
diese Schmerzen oft als harmlos
abgetan. Nach dem Motto: Periodenschmerzen sind etwas ganz
Normales.
Es gibt keinen regelrechten Auslöser. Man weiß auch nicht genau,
wie sie entsteht.
■■ Ist die Krankheit vererbbar?
Bis heute ist kein bestimmtes Gen
identifiziert worden, welches mit
dem Auftreten einer Endometriose in Zusammenhang steht. Trotzdem lässt sich erkennen, dass die
Krankheit oftmals mehrfach in einer Familie auftritt und somit eine erbliche Komponente vorzuliegen scheint.
■■ Sie sind Vorstand der Europäischen Endometriose Liga
Juni 2013 · 5
TIPP
1
Nicht verharmlosen
(EEL). Welche Hilfe leistet der
Verband den Betroffenen?
Die EEL ist in erster Linie gegründet worden, um Betroffene zu informieren und über die Krankheit
aufzuklären. Auf unserer Homepage gibt es ein Expertenforum,
das Fragen rund um Endometriose beantwortet und auf Behandlungszentren in ganz Deutschland hinweist. Außerdem kämpfen wir dafür, dass die Krankheit
eine stärkere Lobby bekommt und
besser wahrgenommen wird.
■■ Was macht die EEL darüber hinaus?
Die EEL arbeitet eng zusammen
mit der Stiftung EndometrioseForschung (SEF), die das wissenschaftliche Organ der Liga darstellt und die Planung und Durchführung von Studien übernimmt.
Es fehlt jedoch an Geldern. Denn
es zeigt sich nicht nur auf der
praktischen, sondern auch auf der
wissenschaftlichen Ebene, dass
die Krankheit keine gute Lobby
hat. Aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln werden daher
nur kleine ausgewählte Studien
vorangetrieben.
André Tucic
[email protected]
Therapiemöglichkeiten
bei Endometriose
Interview mit Professor Dr.
Dr. Hans-Rudolf Tinneberg,
Geschäftsführender Direktor am Zentrum für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Gießen.
Professor Dr. Dr.
Hans-Rudolf
Tinneberg
Geschäftsführender Direktor am
Zentrum für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum
Gießen
„Man sollte immer
bedenken: Schmerz
ist keineswegs normal, sondern als
Warnsignal zu verstehen.“
■■ Warum ist es so schwierig,
eine Endometriose zu diagnostizieren?
Insbesondere die das Bauchfell
betreffende peritoneale Endometriose ist nur durch einen opera-
tiven Eingriff sicher zu diagnostizieren. Das ist also nicht ohne
Weiteres machbar. Hinzu kommt
ein sorgloser Umgang mit den
Symptomen: Das häufigste Symptom für eine Endometriose, die
schmerzhafte Regelblutung, ist
stark fühl- und auch sichtbar.
Doch sie wird insbesondere von
Müttern vielfach als von Gott gegeben angesehen und somit als
normal eingestuft. Manche gehen also selbst bei starken Regelschmerzen nicht zum Arzt. Dann
kann die Diagnose oft erst sehr
spät gestellt werden. Man sollte immer bedenken: Schmerz
ist keineswegs normal, sondern
als Warnsignal zu verstehen. Darüber hinaus werden Frauen, die
wegen Regelschmerzen bei der
Arbeit fehlen, oft als Hypochonder angesehen und mitunter benachteiligt. Auch viele Ärzte verstehen die Symptome bisweilen
zu spät als Anzeichen für eine Endometriose.
■■ Wie kann eine Endometriose therapiert werden?
Es sollte operiert werden, wenn
fürchten sind. Jedoch wird genau
abgewogen, ob eine Operation
erforderlich ist, vor allem wenn
es sich um Mädchen oder junge
Frauen handelt.
■■ Wann ist es erfolgsversprechender, medikamentös
zu behandeln?
starke Regelschmerzen können
erste Anzeichen für Endometriose sein.
Foto: shutterstock
die Patientin starke Schmerzen im kleinen Becken, beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang sowie beim Wasserlassen
hat. Denn meist ist in diesen Situationen der Leidensdruck sehr
hoch. Darüber hinaus zeigt eine
Endometriose wenig Respekt vor
umliegendem Gewebe und kann
zu größeren Tumoren führen. Daher sollte immer operiert werden,
wenn Organdestruktionen vorkommen oder demnächst zu be-
Keine guten operativen Erfolgsaussichten hat eine Patientin,
die schon mehrere Male operiert
wurde und weiterhin Beschwerden aufweist. In solchen Fällen ist
eine medikamentöse Behandlung
ratsam. Derzeit gibt es auf diesem
Gebiet auch gute Aussichten auf
erhebliche Therapieverbesserungen. Denn in Japan hat es einige
Versuche gegeben, Endometriosetumore mit einem Medikament
namens Dienogest zu behandeln.
Bislang konnte eine signifikante
Verkleinerung der Tumore festgestellt werden. Sollten sich diese
ersten Berichte bestätigen, könnte die medikamentöse Therapie
in Zukunft weitaus größere Behandlungserfolge aufweisen.
dass die Krankheit erneut
ausbricht?
Je früher die Erkrankung aufgetreten ist, desto höher ist die Gefahr eines erneuten Ausbruchs.
Darüber hinaus kann Endometriose auch genetisch bedingt
vorkommen. Um eine Wiederkehr zu vermeiden, werden die
Patientinnen langfristig medikamentös behandelt.
■■ Hat eine Endometriose
Auswirkungen auf die
Fruchtbarkeit?
Die Fruchtbarkeit kann nachhaltig beeinflusst werden. Denn die
Endometriose produziert oft Verwachsungen und Eileiterveränderungen, die eine verminderte
Fruchtbarkeit bedingen können.
Doch nach der Entfernung aller
Endometrioseherde können Frauen sofort eine Schwangerschaft
anstreben oder mit einer Kinderwunschtherapie beginnen.
André Tucic
■■ Wie hoch ist die Gefahr,
[email protected]
6 · Juni 2013
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inspiration
Mit Nanomedizin gezielt
gegen Brustkrebs
Brustkrebs ist die häufigste bösartige Erkrankung
bei Frauen, aber durch die
immensen Fortschritte in
der Diagnose und Therapie
der Erkrankung nimmt die
Sterblichkeit in den letzten
20 Jahren erfreulicherweise
kontinuierlich ab.
„Bisher ist nabPaclitaxel für
Patientinnen mit
Brustkrebs im
fortgeschrittenen
Stadium zugelassen.“
Kleine Trägersysteme
Die Therapiefortschritte bei der
Heilung von Brustkrebs sind
nicht zuletzt der modernen Che-
nabTechnologie
vereinfacht die
Anwendung
von Paclitaxel
Bereits seit Mitte der
1970er Jahre werden Nanopartikel als Arzneistoffträger erforscht.
Hierdurch verspricht man sich,
dass der Arzneistoff im gewünschten Zielsystem angereichert wird und (nur) dort seine
Wirkung entfaltet. Besonderes
Interesse liegt auf der Technologie mit körperverwandten Eiweißstoffen wie Albumin oder
Gelatine. Aus diesen wird eine
Schicht (Matrix) gebildet, in die
Arzneistoffe eingebettet werden können. Die Protein-Matrix wird rasch abgebaut und
führt nach Aufnahme der Nanopartikel in den Tumor zu einer schnellen Freisetzung des
Wirkstoffs.
Professor Dr.
med. Christian
Jackisch Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Zertifiziertes
Brustzentrum Offenbach
Die meisten Patientinnen mit
Brustkrebs können wir heute heilen. Manchmal nimmt die Krankheit auch einen chronischen Verlauf an und es sind wiederholte Behandlungen erforderlich.
Durch das bessere Wissen über
die Tumorbiologie und durch
die Entschlüsselung von genetischen und biologischen Faktoren,
die die Entstehung und den Verlauf von Brustkrebs beeinflussen,
werden sogenannte „gezielte“, individuelle Therapiekonzepte für
jede einzelne Patientin entwickelt. Die therapeutischen Pfeiler
für diese Strategien sind die Operation, die Bestrahlung und die
Behandlung mit Medikamenten.
Jedoch nicht jede Patientin benötigt alle diese Methoden.
Eine Operation führen wir fast
immer durch, diese ist heute in
den meisten Fällen brusterhaltend möglich. Nach brusterhaltender Operation erfolgt immer
eine Bestrahlung. Je nach Ausgangsbefund folgt dann eine ergänzende (adjuvante) medikamentöse Therapie. Das kann eine
antihormonelle Therapie oder eine Chemotherapie oder auch eine
Kombination aus diesen beiden
Therapiearten sein. Bei bestimmten Brusttumoren kann diese Behandlung durch den Einsatz von
spezifischen Antikörpern ergänzt
werden.
Nanotechnologie
Kleine Helfer
In der Medizin gibts es für
Nanotechnologie bereits
ein breites Spektrum an
Einsatzgebieten.
Foto: shutterstock
motherapie und neuen Substanzen mit gezieltem Angriff zu verdanken. Ein besonderer Trick, wie
ein Zytostatikum zielgerichtet an
den Tumor gelangt, ist die Koppelung des Arzneistoffs an winzig kleine Trägersysteme wie bei
nab-Paclitaxel (siehe Infokasten).
Wie klinische Studien bei Patientinnen mit fortgeschrittenem
Brustkrebs gezeigt haben, ist das
nab-Paclitaxel wirksamer als die
konventionellen Medikamente aus der Klasse der Taxane (Paclitaxel, Docetaxel). Zudem ist es
wesentlich einfacher anzuwenden, was für uns und die Patientinnen eine deutliche Erleichterung darstellt. Wir müssen keine
vorbeugenden Medikamente wie
zum Beispiel Kortison gegen allergische Überempfindlichkeitsreaktionen einsetzen und die Störungen an den peripheren Nerven
sind selten und klingen, wenn sie
doch auftreten, schneller ab. Wir
können gemeinsam mit der Patientin auch wählen, ob wir die
nab-Paclitaxel-Infusion jede Woche oder im dreiwöchentlichen
Abstand geben.
Patientenspanne soll erweitert werden
Bisher ist nab-Paclitaxel für Patientinnen mit Brustkrebs im
fortgeschrittenen Stadium zugelassen und wird dann eingesetzt, wenn die erste Behandlung
mit Anthrazyklinen nicht erfolgreich war, oder bei Patientinnen,
die diese Wirkstoffe nicht erhalten können. Es gibt zurzeit jedoch
mehrere internationale Studien,
die den früheren Einsatz sogar bereits vor der Operation erforschen
– im sogenannten „neoadjuvanten“ Setting.
In Deutschland führen wir mit
der „German Breast Group“ eine große Studie bei Patientinnen
mit frühem Brustkrebs durch, die
sogenannte GEPARSEPTO-Studie
(www.germanbreastgroup.de).
Hier untersuchen wir unter anderem, ob der Ersatz des herkömmlichen Paclitaxel durch das innovative nab-Paclitaxel Vorteile für
die Patientinnen bringt. Aus meiner klinischen Erfahrung heraus
kann ich sagen, dass unsere Patientinnen dieses wirksame Medikament gut vertragen und dass
die einfachere Handhabung ohne
Lösungsmittel und Prämedikation die Taxan-Behandlung für alle Beteiligten wesentlich vereinfacht.
Prof. Dr. med.
Christian Jackisch
[email protected]
FAKTEN
Brustkrebs (Mammakarzinom)
■■ Brustkrebs ist mit etwa 74.500
Neuerkrankungen pro Jahr in
Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, jede achte bis
zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres
Lebens daran. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei knapp über 65
Jahren, aber jede vierte Frau ist bei
der Diagnose jünger als 55 Jahre. Eine Zunahme an Neuerkrankungen ist
besonders auffällig zwischen dem
30. und 50. Lebensjahr. Die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Brustkrebs hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Heute können etwa
zwei Drittel der Erkrankten langfristig geheilt werden. Die Behandlung
besteht in der Regel aus der Operation, die heute meist brusterhaltend
durchgeführt wird. Im Anschluss daran erfolgt die Bestrahlung und/oder
eine medikamentöse Therapie.
Erstmals konnte diese Technologie auch bei dem Krebswirkstoff Paclitaxel, der zur Gruppe der „Taxane“ gehört, erfolgreich angewandt werden.
Konventionelles Paclitaxel ist
schwer wasserlöslich und muss
durch Lösungsvermittler wie
zum Beispiel Castoröl für die
Anwendung am Menschen in
Lösung gebracht werden, wodurch es zu allergischen Reaktionen kommen kann. Bei nabPaclitaxel liegt der Wirkstoff in
Form von albuminstabilisierten Nanopartikeln (nab-Technologie) mit einer Größe von
etwa 130 Nanometern (nm) vor.
Diese Moleküle zerfallen in der
Blutbahn in kleine Einzelmoleküle von etwa 10 nm. Dies bietet wesentliche Vorteile: Der
Wirkstoff kann ohne einen Lösungsvermittler intravenös appliziert werden und es sind keine zusätzlichen Medikamente
zur Verhütung von allergischen
Reaktionen erforderlich, wie es
bei nicht albumingebundenen
Taxanen stets erforderlich ist.
Die Nanopartikel von nab-Paclitaxel reichern sich besonders in den Tumorzellen an
und man erreicht dadurch eine
starke und gezielte AntitumorWirkung. Wie eine direkte Vergleichsstudie bei Patientinnen
mit vorbehandeltem metastasiertem Brustkrebs gezeigt hat,
ist die Therapie mit nab-Paclitaxel wirksamer als die mit
konventionellem Paclitaxel.
Prof. Dr. med.
Christian Jackisch
[email protected]
Ein unabhängiges Produkt von Mediaplanet
Juni 2013 · 7
inspiration
Wenn die Blase
ständig drückt
Millionen Deutsche leiden
unter Harnwegserkrankungen, schwachen Beckenböden und weiteren Beschwerden, die zu Inkontinenz führen. Was man dagegen tun
kann, verrät Dr. Andreas
Wiedemann im Interview.
Interview
dr. andreas wiedemann
■■ Herr Dr. Wiedemann, ist Inkontinenz ein typisches Frauenproblem?
Auf keinen Fall! Zwar macht jede Frau in ihrem Leben Phasen durch, in denen sie für eine
Harninkontinenz besonders anfällig wird, es sind aber auch Männer und Kinder betroffen.
■■ Welche Phasen im Leben
einer Frau sind das?
Zunächst sind es Schwangerschaft und Geburt, die zu einer
enormen Belastung des Beckenbodens führen. Hieraus kann eine
Belastungsinkontinenz – Urinverlust bei Husten, Niesen, körperlicher Belastung – entstehen. Aber
auch häufige Harnwegsinfekte in
der Jugend und die Wechseljahre
können in ein Kontinenzproblem
münden. Hier denke ich an die
Überaktive Blase.
■■ Was ist darunter zu verstehen?
Medizinisch wird darunter häufiger, zwanghafter Harndrang tags
und nachts verstanden – mit und
ohne Inkontinenz. Psychologisch
gesehen bedeutet dies häufig einen Verlust an Lebensqualität,
weil nicht mehr die Frau ihre Blase, sondern die Blase das Individuum kontrolliert. Busfahrten, Kinobesuche oder Unternehmungen in
der Gruppe werden zur Qual, weil
sich die Überaktive Blase ständig
meldet. Nächtliches Wasserlassen
stört die Nachtruhe, die Witze der
Umgebung über die „Sextanerblase“ führen zu Scham – und schon
ist „frau“ in einem Teufelskreis gefangen.
■■ Welche Risikofaktoren gibt
es noch für die Überaktive
Blase – außer einem Hormonmangel und häufigen Harnwegsinfekten?
Dazu gehören alle neurologischen
Erkrankungen wie zum Beispiel
die Multiple Sklerose oder Schlaganfall, eine Zuckerkrankheit und
Unterleibserkrankungen nach
Operationen oder Bestrahlungen.
■■ Wenn die Wechseljahre eine Überaktive Blase begünstigen können, besteht die Behandlung dann in einer Hormongabe wie bei anderen
Dr. med. Andreas
Wiedemann
Chefarzt der Urologischen Klinik
am Evangelischen
Krankenhaus Witten
„In aller Regel
gelingt es, mit
einer sorgfältigen
medikamentösen
Therapie besonders die Überaktive Blase zu
dämpfen.“
Wechseljahresbeschwerden?
Ja, aber nicht ausschließlich. So
kann die lokale Östrogengabe etwa als Vaginalcreme zwar den
Grundstein für eine erfolgreiche
Therapie legen, indem das Scheiden- und Harnröhrengewebe wieder gut durchblutet und elastisch
wird. In aller Regel werden jedoch
sogenannte Antimuskarinika eingesetzt. Diese dämpfen die Blase
direkt und unterdrücken den „gemeinen“ Harndrang. In einer eigenen Untersuchung konnten wir
dokumentieren, dass nicht nur
die Lebensqualität steigt, sondern
auch Kosten für Wäsche, Vorlagen
und Hautpflege sinken. Interessant, dass in dem von uns verwendeten Fragebogen sich die Bereiche „Partnerschaft“ und „Beziehung zu Freunden“ am positivsten unter einer effektiven medikamentösen Behandlung der Überaktiven Blase besserten.
■■ Sind alle diese Medikamente gleich stark – oder gibt es
Unterschiede?
In der Wirkstärke sind alle verfügbaren Substanzen gleich. Unterschiede gibt es bezüglich des
Abbaus – der einzige Vertreter aus
der Reihe der sogenannten quartären Amine, Trospiumchlorid,
wird über die Nieren ausgeschie-
den und entlastet die Leber. Es
gibt bei dieser Substanz auch keine Schwankungen im Blutspiegel durch andere Medikamente,
sodass Personen, die andere Medikamente einnehmen, keinen
Wirkverlust befürchten müssen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Trospiumchlorid als einziges Anticholinergikum nicht in das Gehirngewebe eindringen kann – Nebenwirkungen wie Schwindel, Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche wie bei allen anderen Substanzen sind damit ausgeschlossen. Das ist ein großer Vorteil im
Berufsleben, im Straßenverkehr
und besonders auch im vorgerückten Alter.
■■ Muss das Anticholinergikum eingenommen werden,
wenn „es pressiert“?
Nein, die Behandlung ist eine Dauertherapie. Ich verschreibe ungern
„Einmal-Medikamente“ – stattdessen versuche ich mit dem Patienten, seine individuelle Dosis zu
finden und so über den Tag zu verteilen, dass besonders die Tagesoder Nachtzeit mit den Hauptbeschwerden abgedeckt wird.
■■ Was ist von pflanzlichen
Präparaten gegen „Reizblase“ zu halten?
Hierzu ist zu sagen, dass diese Produkte wissenschaftlich kaum untersucht sind. Die Erfahrung zeigt,
dass sie in aller Regel nicht in der
Lage sind, auf Dauer und durchgreifend Symptome einer Überaktiven Blase zu dämpfen.
■■ Gibt es Fälle, in denen eine
Behandlung der Überaktiven
Blase nicht möglich ist?
Nach meiner Erfahrung ist dies
bei einem motivierten und kooperativen Patienten so gut wie
nie der Fall. In aller Regel gelingt
es, mit einer sorgfältigen medikamentösen Therapie besonders die
Überaktive Blase zu dämpfen und
damit für mehr Lebensqualität zu
sorgen.
Franziska Manske
[email protected]
FAKTEN
Inkontinenz
■■ Nicht nur Schwangerschaft und
Geburt, auch Infekte, Östrogenmangel, neurologische Leiden und Unterleibserkrankungen nach Operation
und Bestrahlung sowie ein Diabetes
mellitus können zu Kontinenzproblemen führen.
■■ Die so entstehende Überaktive Blase dämpft die Lebensqualität durch
häufigen, zwanghaften Harndrang mit
und ohne Inkontinenz.
■■ Behandelt wird neben der loka-
len Gabe von Östrogenen nach den
Wechseljahren mit „Anticholinergika“,
die die Überaktive Blase dämpfen.
■■ Trospiumchlorid hat aus der Gruppe der Anticholinergika Vorteile im
Hinblick auf den besonders schonenden Abbau, fehlende Kreuzreaktionen mit anderen Medikamenten und
eine Unbedenklichkeit bezüglich bestimmter Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Konzentrationsmangel und
Schwindel.
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8 · Juni 2013
TIPP
2
inspiration
Die langjährige Box-Weltmeisterin Regina Halmich (36) ist derzeit
auf dem Cover einer Gesundheitskampagne zur Brustkrebsvorsoge
zu sehen.
Vorsorge
rettet leben
„Ich möchte zur
Früherkennung beitragen“
Fotos ist zu sehen, wie Sie Ihre Brust abtasten. Was hat es
damit auf sich?
Interview
regina halmich
■■ Frau Halmich, derzeit sind
Sie bei der bundesweiten
Werbekampagne für Brustkrebsvorsorge mit dem Titel
„Hinfühlen statt Wegsehen“
zu sehen. Wieso engagieren
Sie sich dafür?
Krebs ist weltweit ein großes Thema und meiner Meinung nach in
Deutschland die Volkskrankheit
Nummer eins. Viele haben in ihrem Familien-, Bekannten- oder
Freundeskreis bereits Erkrankungen oder Todesfälle erlebt. So auch
bei mir: Eine langjährige Freundin hatte zweimal Brustkrebs,
konnte aber erfolgreich behandelt werden. Nicht so glücklich ist
es bei der Mutter meines Freundes
verlaufen. Sie ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Dabei lässt sich insbesondere Brustkrebs sehr gut behandeln, wenn er
frühzeitig erkannt wird.
■■ Sie wurden für die Kampagne vom Bodypaint-Künstler
Filippo ioco bemalt. Auf den
Die Fotos sollen aufzeigen, wie
sich Frauen richtig abtasten,
um Knoten frühzeitig erkennen
zu können. Es war jedoch sehr
schwierig, dies umzusetzen. Denn
die Fotos sollten nicht anstößig
oder zu sexy wirken, aber dennoch
ein Hingucker sein. Meines Erachtens ist das super gelungen.
„Die Fotos sollen
aufzeigen, wie sich
Frauen richtig abtasten können.“
■■ Sie haben sich 2003 für
den Playboy und 2007 für das
Lifestylemagazin Max ausgezogen. Worin liegt der Unterschied zu dieser Aktion?
Das ist natürlich ein großer Unterschied. Ich habe es nicht bereut,
Fotos mit dem Playboy und Max
gemacht zu haben. Aber nochmals
würde ich das nicht tun. Diesmal
ging es nicht ums Aussehen, sondern um die Botschaft – und die
wollte ich unbedingt unterstützen.
■■ Was möchten Sie mit der
Gesundheitskampagne erreichen?
Prominente Persönlichkeiten haben die Möglichkeit, viele Menschen zu erreichen und auf gewisse Dinge aufmerksam zu machen. Bei einer solchen Kampagne schaut man vielleicht eher hin,
wenn ein bekanntes Gesicht zu sehen ist. Da ich mitbekommen habe, wie groß der Leidensweg beim
Brustkrebs ist, wollte ich mit dieser Kampagne einen Beitrag zur
Früherkennung leisten.
■■ Gehen Sie denn selbst regelmäßig zur Krebsvorsorgeuntersuchung?
Natürlich, und das auch schon seit
Jahren.
■■ Sie sind Schirmherrin der
Aktion „Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns“ vom Deutschen Olympischen Sport-
bund. Ebenso unterstützen
Sie den Verein Weisser Ring,
der sich für Kriminalitätsopfer einsetzt. Woher kommt
Ihre stark ausgeprägte solidarische Ader?
Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die sozial immer sehr engagiert war.
Mein Vater war Chef
vom Malteser Hilfsdienst, bei uns stand
immer die Tür für
Menschen offen,
die Hilfe benötigen. Ich hatte
so viel Glück
in meinem
Leben und
möchte
nun auch
anderen
Menschen
Gutes tun.
DOROTHEE FRIEDRICHS
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Juni 2013 · 9
Angstdiagnose Brustkrebs:
eine Krankheit und ihre Therapien
■■Bis zu 70.000 Frauen
erkranken jährlich in
Deutschland an Brustkrebs, dem sogenannten
Mammakarzinom. Gründliche Vorsorge und neue
Therapieansätze helfen im
Kampf gegen den bösartigen Tumor.
Brustkrebs ist heute die häufigste Krebserkrankung von Frauen
in westlichen Industrienationen. Es handelt sich dabei um einen bösartigen Tumor der Brustdrüse. Die Ursachen dieser Erkrankung sind noch nicht hinreichend geklärt, doch einige
Risikofaktoren, die das Entstehen eines Mammakarzinoms begünstigen, konnten identifiziert
werden. Eine äußerst seltene Besonderheit: Auch Männer können an Brustkrebs erkranken.
Was begünstigt den
Brustkrebs?
Echter hingucker
Box-Weltmeisterin Regina
Halmich posiert als Kunstwerk für die Brustkrebsvorsorge.
Foto: Marguerite Oelofse
Wie bei den meisten anderen
schwerwiegenden Krankheiten
auch, sind der langjährige Genuss fettreicher Speisen sowie
von Alkohol und Zigaretten Gift
für die Gesundheit. Ebenso negativ kann sich die mehrjährige Einnahme weiblicher Sexualhormone auswirken. Ob und inwieweit die Antibabypille Brustkrebs begünstigt oder ihm entgegenwirkt, wird in Fachkreisen
unterschiedlich diskutiert und
scheint vom Präparat selbst abhängig zu sein. Einig sind sich
die Mediziner hingegen darin,
therapie, die in Form einer medikamentösen Infusion über einen
Tropf verabreicht wird, gute Erfolge. Auch eine antihormonelle
Therapie hilft postoperativ, indem durch Medikamente das Tumorwachstum verlangsamt oder
gestoppt wird. Generell gilt: Entscheidend bei der Wahl der Therapie ist, ob die Tumorzellen bereits gestreut, also Metastasen
gebildet haben.
Nanopartikel zeigen die
Streuung
Oktober ist Brustkrebsmonat. Gehen Sie schon jetzt zur BrustkrebsvorsorFoto: shutterstock
ge.
dass auch eine späte Erstschwangerschaft, Kinderlosigkeit oder eine spät einsetzende
Menopause für die Entstehung
von Brustkrebs verantwortlich
sein können.
Operation und dann?
Je nach Tumorgröße, seinen Gewebeeigenschaften, dem Alter
und Menopausen-Status der Frau
sowie dem Hormonrezeptor-Status des Tumors legt der behandelnde Facharzt das notwendige
Therapieschema für die Betroffene fest. Durch den operativen
Eingriff wird zunächst das bös-
artige Tumorgewebe entfernt. In
Abhängigkeit von Größe und Lage des Tumors wird eine brusterhaltende Operation durchgeführt. Bei nur wenigen Patientinnen muss die gesamte Brust
amputiert werden. Man spricht
hierbei von einer Radikaloperation oder Mastektomie. Nach der
OP zählt die Strahlentherapie zu
den häufigsten Therapieformen.
Hierbei werden die verbliebenen
Krebszellen mit hochdosierten
ionisierten Strahlen geschädigt.
Als ergänzende (adjuvante), aber
auch als präoperative (neoadjuvante) Therapie zeigt die Chemo-
Um zu erfahren, ob bereits Metastasen vorliegen und um eine mögliche weitere Streuung
zu verhindern, wurden früher
alle Lymphknoten in Brustnähe entfernt – ein Eingriff mit gewissen Risiken. Heute weiß man,
dass die Entfernung einzelner
Lymphknoten, der sogenannten Wächterlymphknoten, ausreicht. Sie ausfindig zu machen,
ist jedoch nicht leicht. Das neuartige Magnetic-Particle-Imaging, kurz MPI, hilft bei der Suche. Dabei werden winzige magnetische Nanopartikel in das
vom Tumor betroffene Brustgebiet gespritzt. Diese sammeln
sich in den Wächterlymphknoten und lassen sich durch
ein spezielles Verfahren erkennen. Das Ziel: eine zuverlässige Erkennung der betroffenen
Lymphknoten und ihre gezielte,
schonende Entfernung.
DOROTHEE FRIEDRICHS
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Neues Mammographie-Gerät von Siemens senkt
Strahlendosis um bis zu 30 Prozent
Siemens Healthcare hat für das digitale Mammographiesystem MAMMOMAT Inspiration
die PRIME-Technologie (Progressive Reconstruction, Intelligently Minimizing Exposure) entwickelt. MAMMOMAT Inspiration Prime Edition ist das erste Mammographie-Gerät, das die Strahlendosis bei gleichbleibender Bildqualität nachweislich um bis zu 30 %
senkt.
Bei einer digitalen Mammographieaufnahme
trifft Röntgenstrahlung auf das zu durchleuchtende Objekt (Brust) und im Anschluss auf einen Detektor. Es wird dabei zwischen der Primärstrahlung, welche die für das Röntgenbild
entscheidenden Informationen liefert, und der
Streustrahlung unterschieden. Letztere verursacht ein stärkeres Bildrauschen und verschlechtert den Bildkontrast und damit auch die
Bildqualität. Mammographiesysteme werden
bislang mit Streustrahlenrastern ausgestattet.
Diese Raster sind zwischen Brust und Detektor
angebracht und absorbieren die Streustrahlung,
gleichzeitig aber auch Teile der für die Bildqualität entscheidenden Primärstrahlung. Folglich
muss die Dosis entsprechend erhöht werden,
um eine gewünschte Bildqualität zu erreichen.
Da speziell beim Mammographie-Screening in
der Brustkrebs-Früherkennung sehr viele, überwiegend gesunde Frauen geröntgt werden,
gilt es ganz besonders bei dieser Anwendung,
die Dosis so gering wie möglich zu halten. Mit
MAMMOMAT Inspiration PRIME Edition können Mammographieaufnahmen, ohne Streustrahlenraster aufgenommen und mit einem
neuen Software-Algorithmus zur Bildkorrektur
optimiert werden. Dieser Algorithmus eliminiert die Streustrahlung nachträglich, indem er
die betreffenden Bereiche erkennt und aus dem
Bild herausrechnet. Im Ergebnis werden Mammographien mit bis zu 30 % geringerer Dosis erzeugt, ohne qualitative Einbußen der diagnostischen Bildaussagekraft.
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10 · Juni 2013
news
Chemo- und Strahlentherapie –
welcher Weg ist der richtige?
Nach einer Operation werden Brustkrebspatientinnen in der Regel mit einer
Chemo- und einer Strahlentherapie behandelt. Häufig
herrscht bei den Betroffenen
Unsicherheit, welcher Behandlungsweg der richtige
beziehungsweise notwendig
für sie ist.
Gerade Chemotherapien wurden
früher häufig pauschal verordnet,
obwohl sie längst nicht bei allen
Patientinnen zielführend sind.
Strahlentherapie: was,
wann, für wen?
Seit etwa 80 Jahren zählt die Strahlentherapie zur Standardbehandlung bei Brustkrebs. Hochmoderne Geräte halten die mit ihr verbundenen Nebenwirkungen (vor
allem auf der Haut) so gering wie
möglich und erhöhen die Effizienz
der eingesetzten ionisierenden
Strahlen. Sie zerstören im Operationsgebiet an der Brust sowie im
Bereich der betroffenen Lymphknoten verbliebene Tumorzellen
oder sehr kleine und daher inoperable Metastasen. Im Vergleich zur
Chemotherapie wirkt die Strahlentherapie nur an der betroffenen
Stelle. Als Mittel der Wahl wird sie
grundsätzlich bei Brustkrebs eingesetzt – sowohl wenn brusterhaltend operiert wurde, wenn Tumorgewebe nicht vollständig entfernt
werden konnte sowie auch, wenn
bestimmte Metastasen auftreten.
Diese Therapieform wird entweder
nach der Operation oder anstelle einer Operation eingesetzt. Im
ausführlichen Gespräch mit dem
Jeder Fall ist anders: Ob eine Chemo- oder Strahlentherapie das Mittel der
Wahl ist, kann nur im persönlichen Gespräch mit dem behandelnden Arzt geklärt
Foto: shutterstock
werden. Arzt sollte dennoch erörtert werden, welche unmittelbaren und
späteren Folgen die Bestrahlung
haben kann und was beachtet beziehungsweise vermieden werden
sollte, um die beste Wirkung zu
erzielen. Insbesondere Rauchern
wird dringend empfohlen, sich zu
entwöhnen, da ihr Körper schlechter durchblutet wird und die Strahlentherapie daher nicht so gut wirken kann.
Chemotherapie: was,
wann, für wen?
Als Ergänzung zum operativen
Eingriff und zur Strahlentherapie
wird die Chemotherapie häufig
eingesetzt, um durch die Gabe von
Medikamenten im Körper verbliebene Tumorzellen zu bekämpfen.
Da hierbei die Medikamente (Zytostatika) über den Tropf in den Körper gelangen und überall wirken,
spricht man auch von einer syste-
FAKTEN
Chemotherapie bei Brustkrebs
■■ Wirkweise: Bei der Chemotherapie werden bestimmte Zellgifte,
Zytostatika, verabreicht. Sie greifen
Krebszellen mehr an als gesundes
Gewebe.
■■ Einsatz: Vorbeugend soll die
Chemotherapie das Entstehen von
Metastasen (Tochtergeschwülste)
verhindern. Sie schließt sich an die
OP an.
■■ Ablauf: Die Zusammenstellung
der Therapie wird auf das individu-
elle Krankheitsbild maßgeschneidert. Die Medikamente werden ambulant oder stationär in mindestens
drei Zyklen über eine Infusion von
einigen Stunden oder in Tablettenform verabreicht. Zwischen den Zyklen liegen Pausen von einer bis drei
Wochen.
■■ Praxiserfahrung: Verschiedene
Untersuchungen zeigen, dass Frauen vor der Menopause am besten
von der Chemotherapie profitieren.
mischen Therapie. Es handelt sich
dabei um Zellgifte, die speziell sich
teilende Zellen in ihrem Wachstum hemmen. Die Chemotherapie
wird zuweilen auch vor dem Eingriff (neoadjuvant) oder zur Verlangsamung des Tumorwachstums (palliativ) eingesetzt. Entscheidend sind neben individuellen Faktoren unter anderem der
eventuelle Grad einer Metastasierung und die Bösartigkeit der Tumorzellen (Malignität). Die Nebenwirkungen der Therapie sind unter
Umständen erheblich und reichen
von Haarverlust über die Veränderung des blutbildenden Knochenmarks, Übelkeit und Brechreiz bis
zur Appetitlosigkeit. Gerade weil
die Therapie die Patientin körperlich und seelisch stark beansprucht, tut eine gründliche Abwägung über ihre Notwendigkeit not.
Das Rückfallrisiko stützt
die Entscheidung
Besonders bei Frauen, die Gewebeuntersuchungen zufolge nur ein
niedriges bis mittleres Risiko für
einen Rückfall haben, ist die Chemotherapie nicht mehr zwingend
notwendig. Neue Biomarker-Tests
wie etwa Oncotype, EndoPredict
oder Mammaprint geben darüber
Auskunft, wie hoch das persönliche Rückfallrisiko ist. Sie helfen,
das Therapieschema so individuell
wie möglich auf die tatsächlichen
Bedürfnisse der Frau festzulegen
und den Weg zur Heilung möglichst schonend zu gestalten.
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fakten
Chemotherapie
bei Brustkrebs
Wirkweise
Bei der Chemotherapie werden bestimmte Zellgifte,Zytostatika, verabreicht. Sie greifen
Krebszellen mehr an als gesundes Gewebe.
Einsatz
Vorbeugend soll die Chemotherapie das Entstehen von
Metastasen (Tochtergeschwülste) verhindern. Sie schließt sich
an die OP an.
Ablauf
Die Zusammenstellung der
Therapie wird auf das individuelle Krankheitsbild maßgeschneidert. Die Medikamente
werden ambulant oder stationär
in mindestens drei Zyklen über
eine Infusion von einigen Stunden oder in Tablettenform verabreicht. Zwischen den Zyklen liegen Pausen von einer bis drei Wochen.
Praxiserfahrung
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Frauen vor der Menopause am besten
von der Chemotherapie profitieren.
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inspiration
Hyperthermie bei
Brustkrebs
3
alternativen
kennen
■■Brustkrebs gilt als systemische Erkrankung des
ganzen Körpers, auch bereits zum Zeitpunkt der
Erstdiagnose. Daher kommen lokale (Operation,
Strahlentherapie) und medikamentöse Therapiemaßnahmen (Antihormon-, Chemo- und zielgerichtete Therapie) zum Einsatz.
Professorin Dr.
med. Nadia
Harbeck
Leitung Brustzentrum und Frauenklinik der Universität
München
Hyperthermie ergänzt diese Standardtherapien in streng eingegrenzten Indikationsgebieten, bei
denen ihre Wirksamkeit zweifelsfrei nachgewiesen ist. Vor allem
beim Wiederauftreten der Erkrankung an der Brust oder Brustwand
ist die Hyperthermie indiziert. In
diesen Fällen kann eine regionale
Hyperthermie die Wirksamkeit der
Strahlen- oder Chemotherapie verstärken.
Hyperthermie als ergänzende
Therapiemodalität in der Onkologie bedeutet die möglichst selektive
Erwärmung des tumortragenden
Gewebes auf Temperaturen von 40
bis 43 Grad Celsius. Realisiert wird
dies meist durch die Einstrahlung
von elektromagnetischen Wellen über Applikatoren, die auf die
Hautoberfläche aufgesetzt werden.
Durch zirkulär angeordnete Antennenpaare lassen sich selbst tief lie-
Wärme gegen den Krebs: Studien belegen den positiven Effekt einer Strahlentherapie, wenn diese mit einer Hyperthermie
Foto: shutterstock
kombiniert wird.
gende Tumore erwärmen und über
eine Phasen- und Amplitudenverschiebung eine Fokussierung des
Wärmefeldes erreichen. Die regionale Tiefenhyperthermie hat ihren nachgewiesenen Stellenwert
in der kombinierten Behandlung
von Gebärmutterhalskrebs zusammen mit Strahlentherapie sowie in
der Behandlung von Weichteilsarkomen zusammen mit Chemotherapie. Für die Behandlung des lokalen Brustkrebsrezidivs kommen
Oberflächenapplikatoren mit geringerer Eindringtiefe zum Einsatz.
Mehrere unabhängig voneinander
durchgeführte Studien konnten einen deutlichen Vorteil für die Kom-
bination von Strahlentherapie mit
Hyperthermie gegenüber alleiniger Strahlentherapie bei Frauen zeigen,die bereits eine Bestrahlung erhalten hatten und im Rückfall folglich nur noch mit einer verminderten Strahlendosis behandelt werden konnten. Die größte randomisierte Einzelstudie aus den USA mit
FAKTEN
Hyperthermie beim Brustkrebsrezidiv
■■ Hyperthermie bedeutet die Anwendung eines technischen Verfahrens
zur kontrollierten Erwärmung von Tumorgewebe auf Temperaturen von 40
bis 43 Grad Celsius.
■■ Die Behandlung des Brustkrebsrezidivs erfolgt durch Einstrahlung elektromagnetischer Wellen über einen
oberflächlich aufgesetzten Applikator.
■■ Hyperthermie wird niemals alleine, sondern immer in Verbindung mit
Strahlentherapie oder Chemotherapie
eingesetzt.
■■ Die Wirksamkeit der Hyperthermie
beruht auf einem direkten zytotoxischen Effekt, einer Verstärkung der
Juni 2013 · 11
TIPP
Strahlentherapie- beziehungsweise
Chemotherapiewirkung und immunmodulatorischen Effekten.
■■ Für die qualitätsgesicherte Hyperthermie existieren Leitlinien. Sie kann
nur in spezialisierten Einrichtungen
durchgeführt werden (siehe Homepage Deutsche Krebsgesellschaft).
109 Patientinnen zeigte eine deutliche Verbesserung in der lokalen
Tumorkontrolle (68 Prozent versus
24 Prozent) für bereits vorbestrahlte Patientinnen. Auch andere kleine Fallserien konnten diese gute lokale Tumorkontrolle durch Hyperthermie und Bestrahlung bestätigen.Dies ist ein wichtiger Therapieerfolg bei diesen oft schwer zu behandelnden Krankheitsbildern. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens durch Hyperthermie wurde
bei Brustkrebs jedoch bisher nicht
nachgewiesen. Auch ist die Ganzkörper-Hyperthermie bei Brustkrebs keine anerkannte Therapieoption.
In den aktuellen Leitlinien der
Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) wird aufgrund der
guten vorliegenden Daten die Hyperthermie gemeinsam mit einer
erneuten Bestrahlung vor allem
beim fortgeschrittenen Lokalrezidiv empfohlen. Wichtig ist hierbei,
dass die Therapie an einem der von
der Deutschen Krebsgesellschaft
empfohlenen erfahrenen Zentren
durchgeführt wird. Wir bieten Hyperthermie gemeinsam mit Strahlentherapie unseren Patientinnen
in einem mit den Krankenkassen
abgesprochenen,qualitätsgesicherten Pilotprojekt an.
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Prof. Dr. med.
Nadia Harbeck
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Neben der Chirurgie, der Strahlentherapie und der Chemotherapie wird
die Hyperthermie heute von Experten als vierte Säule der Krebsbehandlung
betrachtet. Die Fachklinik für Tumortherapie Bad Trissl verfügt als einer von
weltweit nur 40 Standorten über einen Ringapplikator für die regionale Tiefenhyperthermie, die bei bestimmten Krebsarten als ergänzende Therapiemaßnahme zum Einsatz kommt.
Modernste medizinische Geräte, langjährige Erfahrung in der Diagnostik
und Behandlung von Krebserkrankungen und die enge Zusammenarbeit mit
dem Tumorzentrum München und der Hyperthermie-Einheit des Klinikums
der Ludwig-Maximilians-Universität machen die Klinik Bad Trissl zu einem
Kompetenzzentrum der onkologischen Therapie. Ergänzt werden die medikamentösen, strahlentherapeutischen und hyperthermischen Behandlungsmethoden durch psychologische und seelsorgerliche Betreuung, umfassende
Rehabilitationsmaßnahmen, Sport- und Bewegungstherapie sowie die genesungsfördernde Lage der Klinik in malerischer Berglandschaft im oberbayerischen Kurort Oberaudorf, 80 km südlich von München.
• Multidisziplinäre Kooperation onkologischer Spezialisten ermöglicht individuelle Kombinationstherapien aus Chemotherapie, Strahlentherapie und
regionaler Tiefenhyperthermie.
• Ganzheitliche Krebsbehandlung erhöht effektive Chancen für bisher nicht
optimal therapierbare Erkrankungen.
• Zusammenarbeit mit den Münchner Universitätskliniken und anderen Kooperationspartnern garantiert die zeitnahe Umsetzung neuster wissenschaftlicher
Erkenntnisse.
• Therapiedurchführung gemäß offizieller ESHO-Richtlinien (European Society of
Hyperthermic Oncology) erfüllt die hohen Qualitätsanforderungen an dieses
anspruchsvolle Verfahren.
• Eigene Strahlentherapiepraxis mit Linearbeschleuniger und Computertomograph verkürzt Wartezeiten und Wege zwischen den einzelnen Behandlungen.
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ONKOLOGISCHES
KOMPETENZZENTRUM
OBERAUDORF
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12 · Juni 2013
news
Chemotherapie:
Schluss mit der Übelkeit!
■■In den letzten Jahrzehnten wurden besonders in
der Behandlung von Brustkrebs entscheidende Fortschritte erzielt. Die meisten Patientinnen können
wir heute durch moderne
Behandlungskonzepte, die
auch eine Chemotherapie
erfordern können, langfristig heilen. Hochwirksame
Chemotherapien können
aber leider auch Nebenwirkungen haben.
Es kann zum Beispiel zu Haarausfall, Infektionen oder zu Übelkeit und Erbrechen kommen.
Aber auch hier machen wir ständig Fortschritte: Viele Nebenwirkungen können wir durch eine sogenannte „supportive Therapie“
verhindern oder lindern. Übelkeit
und Erbrechen sind Umfragen zufolge die von den Patienten am
meisten gefürchteten Begleiterscheinungen einer Krebsbehandlung. Seit Anfang der 1990er Jahre
gibt es dagegen spezielle Medikamente – sogenannte Antiemetika
–, die wir vorbeugend gegen Übelkeit und Erbrechen einsetzen. Diese Medikamente werden entweder als Tabletten eingenommen
oder vor der Chemotherapie in die
Vene gespritzt. Sie werden individuell an die jeweilige Chemotherapie und das persönliche Risiko
zum Beispiel bei gegenüber Übelkeit empfindlichen Patientinnen
angepasst. So kommt es bei den
meisten Patientinnen überhaupt
nicht zu Erbrechen, und auch die
Übelkeit kann oft vermieden oder
sehr stark abgemindert werden.
Voraussetzung hierfür ist, dass die
Medikamente bereits vorbeugend
von Beginn an vor jedem Chemotherapiezyklus, wie in den Leitlinien und HandlungsempfehDr. med. Jörg
Schilling
Gynäko-onkologische Schwerpunktpraxis, Berlin
FAKTEN
Nebenwirkungen
Warum führen viele Chemotherapien
zu Übelkeit und Erbrechen?
Erbrechen ist ein Schutzreflex des Körpers gegen
Giftstoffe wie verdorbene Lebensmittel oder Alkohol, aber auch gegen
„giftige“ Medikamente.
Hierzu zählen die bei einer Chemotherapie verabreichten Zytostatika. Sie setzen im MagenDarm-Trakt den Botenstoff Serotonin frei, der an das Brechzentum im Gehirn den Befehl
„Gift“ übermittelt. Damit wird
das Erbrechen ausgelöst, das
meist mit Übelkeit einhergeht.
Auch andere Botenstoffe sind in
den komplexen Mechanismus
des Brechreflexes involviert.
Je nach Art der Chemotherapie
kommt es mehr oder weniger
stark zu diesen Nebenwirkungen. Inzwischen gibt es Medikamente, die den Brechreflex gezielt unterdrücken und die vorbeugend gegeben werden.
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Übelkeit Ade
Moderne Medikamente, die vorbeugend eingenommen werden, ersparen Krebspatienten
während der Chemotherapie
heute zusätzliche Torturen.
Foto: shutterstock
lungen der ärztlichen Fachgesellschaften beschrieben, dosiert und
angewendet werden. Diese Empfehlungen sollte jeder Arzt, der
Krebspatienten behandelt, kennen. Meist werden zwei oder drei
Medikamente, die unterschiedliche Wirkungsarten haben und zu
unterschiedlichen Zeiten wirken,
miteinander kombiniert. Dies ist
wichtig, da die Symptome noch
während der Chemotherapie oder
am selben Tag (akute Symptomatik) oder auch später an den Tagen
zwei bis fünf (verzögerte Symptomatik) auftreten können, wenn
Sie schon wieder zu Hause sind.
Derzeit gibt es drei wichtige Medikamentenklassen, die zur Vorbeugung und Behandlung von
Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden: die Serotonin-Antagonisten, die Neurokinin-Antagonisten und die Glukokortikoide. Die Entwicklung dieser effektiven Antiemetika war für die Behandlung von Krebserkrankungen fast genauso wichtig wie die
der Chemotherapiemedikamente
selbst, denn ohne sie wären viele moderne Chemotherapien gar
nicht durchführbar oder nur sehr
schlecht verträglich.
Inzwischen gibt es schon viele
Folgesubstanzen zu den ersten
Antiemetika aus den 1990er Jahren. Eine solche weiterentwickelte
Substanz, die wir in unserer Praxis
häufig einsetzen, ist der moderne Serotonin-Antagonist Palonosetron. Er bietet einen besseren
und längeren Schutz als die älteren Medikamente und er ist auch
an den Tagen nach der Chemotherapie wirksam. Das Medikament
muss nur einmal vor jedem Chemotherapiezyklus gegeben werden, je nach verabreichter Chemotherapie zusammen mit einem
oder zwei anderen antiemetisch
wirksamen Medikamenten. Die
Patientin kann in Absprache mit
dem Arzt zwischen Tabletten oder
Infusion wählen, beides ist gleich
wirksam. Der Mehrzahl unserer
Brustkrebs-Patientinnen können
wir heute diese einst so gefürchteten Nebenwirkungen einer Chemotherapie ersparen.
Dr. med. jörg Schilling
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Juni 2013 · 13
news
Hygiene ist wichtig
Viele Schwangere kommen
oft durch mit symptomlos
CMV-infizierte Kleinkinder mit dem Virus in Kontakt. Regelmäßiges Händewaschen ist hier absolute
Pflicht. Foto: Shutterstock
Cytomegalovirus-Infektion während der Schwangerschaft:
Fortschritte in der Vorbeugung und Therapie
■■Die mütterliche Cytomegalovirus-Infektion (CMV)
ist zahlenmäßig häufiger
als alle Röteln-, Windpocken- oder Toxoplasmosefälle während der Schwangerschaft zusammen und
somit die weltweit häufigste fruchtschädigende Infektion.
Bei Personen mit einem intakten
Immunsytem besteht ähnlich
wie beim Lippenherpes eine lebenslang andauernde ungefährliche Infektion. Da das Immunsystem des ungeborenen Kindes speziell im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel
noch nicht ausreichend entwickelt ist, kann jedoch eine Infektion im Mutterleib schwerwiegende lebenslange Folgen haben.
Der häufigste Übertragungsweg
von der Mutter auf das Kind ist
die CMV-Infektion über die Muttermilch. Diese nachgeburtliche
CMV-Infektion verläuft bei reifen
Neugeborenen nahezu immer
ohne Langzeitfolgen. Ein weiterer bedeutsamer Übertragungs-
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Matthias MeyerWittkopf
Zentrum für Ultraschall-und
Pränataldiagnostik
in Rheine
weg ist der vorgeburtliche Virusübertritt auf das ungeborene
Kind bei einer Neu- oder Wiederinfektion der werdenden Mutter.
In Deutschland besteht nur bei
40 bis 60 Prozent der Schwangeren ein schützender CMV Antikörperstatus. Die meisten CMVInfektionen verlaufen für die
Schwangere unbemerkt.
Hauptinfektionsquelle für diese mütterlichen Infektionen
sind symptomlos CMV-infizierte Kleinkinder im familiären oder beruflichen Umfeld der
Schwangeren. Deshalb sollte jede Schwangere mit fehlenden
schützenden Antikörpern beim
Umgang mit Kleinkindern auf eine besondere Hygiene (regelmäßiges Händewaschen, Vermeiden
von ungeschützten Urin- und
Speichelkontakten) achten. Nach
einer mütterlichen CMV-Erstinfektion geht das Virus wie alle
Herpesviren in die Phase der persistierenden Virusinfektion über,
aus der es sich bei Verlust oder
Veränderung der Immunkontrolle wieder reaktivieren kann.
Der transplazentare CMV-Übertritt von einer Schwangeren mit
Erstinfektion auf das Ungeborene liegt je nach Literaturquelle und in Abhängigkeit vom Infektionszeitpunkt bei 30 bis 70
Prozent. Bei einer bereits vor der
Empfängnis anti-CMV-immunen
Mutter mit Wieder- oder Reinfektion beträgt die Virusübertrittrate auf das Ungeborene dagegen
nur ein Prozent.
Vorgeburtliche Untersuchungen
Vorgeburtliche Ultraschall-Auffälligkeiten von Feten mit CMVInfektionen sind sehr variabel
und nur bei maximal 20 bis 30
Prozent der später geschädigten
Kinder nachweisbar (beispielsweise Wachstumsverminderung,
Aufweitung der zerebralen Li-
quorräume, intrakranielle Verkalkungen, Mikrozephalie, hyperechogener Darm). Die Nachweisrate der CMV-Infektion im
Fruchtwasser steigt von 50 auf
etwa 75 bis 90 Prozent an, wenn
mehr als acht Wochen ab Beginn
der mütterlichen CMV-Infektion verstrichen sind. Auch im Fetalblut kann eine CMV-Infektion,
allerdings mit einer der Fruchtwasserdiagnostik unterlegenen
Nachweisgenauigkeit, festgestellt werden. Höhere Viruslast,
erhöhte fetale Leberwerte und
reduzierte fetale Blutplättchenwerte im Urin beziehungsweise
Fruchtwasser sprechen bei vorhandenen Ultraschall- oder MRTAuffälligkeiten fast immer für
symptomatisch infizierte (das
heißt bleibend geschädigte) Kinder.
Therapie
Gegenwärtig gibt es zur Therapie
der prä- oder postnatalen CMVInfektion des Feten beziehungsweise Neugeborenen kein zugelassenes Medikament. Ein medikamentöser Heilversuch bei Fe-
ten oder Neugeborenen ist trotzdem berechtigt, allerdings kann
dieser keine durch Studien wissenschaftlich gesicherte Therapieempfehlung ersetzen. Im
Off-Label-Use kommen in Einzelfällen Virostatika sowie CMVspezifische Hyperimmunglobuline zum Einsatz. Argumente gegen eine generelle Therapieempfehlung sind das Toxizitätsprofil
der Virustatika sowie die noch
nicht abgeschlossenen Studien
über die vorgeburtliche Hyperimmunglobulin-Therapie. Speziell bei der frühen Erstinfektion
während der Schwangerschaft
deuten die derzeitigen Studiendaten darauf hin, dass eine baldige CMV-HyperimmunglobulinGabe Schädigungen vermeiden
helfen kann.
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14 · Juni 2013
Professioneller einblick
KOMMENTAR
Brauche ich eine Chemotherapie, damit ich wieder gesund werde? Wie hoch ist mein Risiko, dass der Krebs in anderen Organen Tochtergeschwülste absiedelt? Die Antwort auf diese
Frage suchen nicht nur an Brustkrebs erkrankte Frauen, sondern auch Wissenschaftler und
Ärzte, die Patientinnen optimal behandeln, aber nicht „übertherapieren“ möchten.
Testverfahren
Chemotherapie
– ja oder nein?
Prof. Dr. Achim
Rody
Direktor der Klinik
für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
des Universitätsklinikums SchleswigHolstein, Campus
Lübeck
Es gibt Brustkrebs –
und es gibt Brustkrebs
Ein hoher Prozentsatz der
Brustkrebspatientinnen ist
bereits alleine durch Operation und Bestrahlung geheilt.
Eine Volkskrankheit mit vielen Gesichtern
E
ntscheidend ist dafür die
Prognose einer Patientin.
Diese kann auch wichtig sein für Sozialrichter,
die entscheiden müssen,
ob eine Patientin nach
Ablauf der fünfjährigen
„Heilungsbewährung“ weiterhin die
Vergünstigungen des Schwerbehindertenrechts zugesprochen bekommt
oder als „Gesunde“ den Schutz des Gesetzes verliert.
Mehrbelastung ersparen
Kann man einer Frau eine belastende
Chemotherapie ersparen, weil sie diese nicht benötigt, ist das immer eine
gute Nachricht. Denn mit jeder Chemotherapie sind auch Nebenwirkungen, oft sogar Langzeitschädigungen
verbunden. Und schon lange weiß die
Medizin: Die Aussicht auf Heilung ist
bei Brustkrebs abhängig von der Art
der Erkrankungsart.
chronischen Verlauf, die Patientinnen
können nicht mehr vollständig gesund werden. Das hat sich mittlerweile auch im Schwerbehindertenrecht
niedergeschlagen. Denn Frauen mit
fortgeschrittenem Brustkrebs unterliegen nicht der Heilungsbewährung,
die ihnen den Status der Schwerbehinderung nach fünf Jahren automatisch
nimmt.
Andere Tumorarten entwickeln
sich weniger aggressiv. Bei Patientinnen mit „hormonrezeptor-positivem“
Brustkrebs ereignen sich nur 50 Prozent der Rückfälle während der ersten fünf Jahre. Die anderen Patientinnen gelten im Sinne des Sozialversicherungsrechts als „geheilt“ – müssen
aber weiterhin mit einem konstant
hohen Metastasierungsrisiko rechnen. Nicht umsonst sehen die aktuellen Therapieleitlinien für diese Frauen eine Weiterbehandlung mit Antihormonen für weitere fünf Jahre vor.
Wichtig zu wissen: Auch innerhalb der
Gruppe der hormonrezeptor-positiven
Tumoren lassen sich unterschiedliche
Risikoprofile feststellen. Neue Entwicklungen im Bereich der Tumordiagnostik machen dies möglich.
„Dank des
Tests lässt
sich ,messen‘, ob
Brustkrebs
chronisch
ist oder
nicht. “
Annette KruseKeirath, Mitglied
des Vorstands Allianz gegen Brustkrebs e.V.
Unterschiedliche Risikoprofile
Besonders aggressive Tumoren („triple-nagative“ oder „Her2-positive“) neigen zu früher Metastasierung. Wenn
Patientinnen mit diesen Tumorarten
einen Rückfall erleiden, geschieht dies
meist innerhalb der ersten fünf Jahre. Die Krankheit nimmt schnell einen
EndoPredict-Test
Eines der modernen Verfahren, das die
Vorhersagesicherheit für Frauen, Ärzte und auch die Sozialrichter erhöht,
ist der EndoPredict-Test. Dieser Test
gehört schon jetzt in vielen Kliniken
zur Standarddiagnostik. EndoPredict
deckt zusätzlich zur Rückfallprognose
für die ersten fünf Jahre auch das Risiko der Spätmetastasierung zwischen
fünf und zehn Jahren nach Erstdiagnose mit ab und unterscheidet sich dadurch von anderen Tests. Entwickelt
wurde der Test, um Frauen mit guter
Prognose eine Chemotherapie zu ersparen. Da sich vom Testergebnis aber
eine Langzeiteinschätzung für die Patientin ableiten lässt, eröffnen sich
noch ganz andere medizinische Möglichkeiten. Ärzte können nun die Therapie entsprechend der individuellen
Langzeitprognose für eine Patientin
planen. Dieses Wissen dürfte auch für
das Sozialrecht von Bedeutung sein.
Künftig muss nicht mehr allein die
Überzeugungskraft der Patientin oder
ein psychologisches Gutachten für die
Beurteilung einer Brustkrebserkrankung im Sozialgerichtsverfahren herhalten. Denn dank des Tests lässt sich
„messen“, ob Brustkrebs chronisch
ist oder nicht. Bleibt zu hoffen, dass es
nicht Jahre dauert, bis neues medizinisches Wissen Grundlage des Sozialrechts wird.
Daher ist es zwingend notwendig zu
wissen, welche Patientin über die lokale Therapie hinaus zusätzlich eine
Chemo-, Antihormontherapie und/
oder molekulare Therapie benötigt.Die
Routinepathologie liefert zahlreiche
Informationen, die Hinweise auf das
Rückfallrisiko geben. Diese Hinweise
sind jedoch oft nicht eindeutig, sodass
einem hohen Anteil der Patientinnen
eine belastende Chemotherapie überflüssigerweise anempfohlen wird.
Neue molekulare Untersuchungsverfahren machen es möglich, das Risiko besser einschätzen zu können.
Diese Tests sind dann nicht notwendig, wenn schon die klassischen Parameter sicher ein erhöhtes Rückfallrisiko anzeigen. Doch EndoPredict, ein
in Deutschland entwickelter Test, ist
auch in Zweifelsfällen in der Lage vorherzusagen, welche Patientin beim
hormonell ansprechbaren Mammakarzinom keine Chemotherapie benötigt. Dieser Test hat von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie
den höchsten Evidenzlevel erhalten.
Allerdings hat die AGO festgestellt,dass
nicht bei jeder Patientin ein solcher
Test in der täglichen Routine Anwendung finden sollte. Sind sich Patientin
und Therapeut unschlüssig, ob eine
Chemotherapie indiziert ist, kann dieser Test eingesetzt werden.
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74.500
Neuerkrankungen
pro Jahr.
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ist ein speziell für
Brustkrebspatientinnen entwickelter PrognoseTest. Er wurde mit dem Evidenzlevel 1 in die
Behandlungsleitlinien der Arbeitsgemeinschaft
Gynäkologische Onkologie (AGO) aufgenommen.
Bei Patientinnen mit sehr guter Prognose
kann auf eine Chemotherapie verzichtet werden.
Als einziger Test seiner Art wird der EndoPredict
direkt in der örtlichen Pathologie als ärztliche
Leistung angeboten. Das Ergebnis kann bereits
nach einem Tag vorliegen und ermöglicht eine
zeitnahe Planung der weiteren Therapieschritte.
Bereits mehr als 50 Brustzentren in Deutschland
bieten ihren Patientinnen EndoPredict an.
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Juni 2013 · 15
news
Dem Tumor auf der Spur
Viele Patientinnen, die unter einem Brustkrebs im frühen Stadium leiden, können
oft durch Operation und anschließende Antihormontherapie geheilt werden –
die zusätzlich durchgeführte Chemotherapie ist in 70
Prozent der Fälle ohne weiteren Effekt für die Prognose. Ein Gespräch mit Dr.
med. Sherko Kümmel, Direktor des Brustzentrums
an den Kliniken Essen-Mitte, über moderne Gendiagnosetests, die helfen können, diese Überbehandlungen zu minimieren.
Interview
Dr. med. Sherko kümmel
■■ Welche Vorteile haben moderne Gendiagnosetests?
Viele Frauen werden immer noch
der belastenden Chemotherapie
ausgesetzt, obwohl sie im konkreten Einzelfall oft gar nicht nötig wäre. Nicht selten hat eine Erkrankung nach der Operation eine gute Prognose und eine Antihormontherapie wäre völlig ausreichend.
Mit der zusätzlichen Chemotherapie, die ja sehr belastend
sein kann, gehen Ärzte jedoch
oftmals bei der Behandlung auf
Nummer sicher. Anhand der Werte eines Gentests, der die individuelle Biologie des Tumors erkennen lässt, kann man nun jedoch
besser entscheiden, ob man auf
eine Chemotherapie verzichten
kann. Nach ersten Statistiken in
unserem Hause werden in 20 Prozent der Fälle Chemotherapien
eingespart. Andererseits kommt
es auch vor, dass das Testergebnis
Dr. med. Sherko
Kümmel
Direktor des Brustzentrums an den
Kliniken EssenMitte
anzeigt, dass bei einigen Patientinnen eine Chemotherapie notwendig ist, obwohl man sich vor
dem Test dagegen entschieden
hatte.
■■ Was bedeutet das für die
Erkrankte?
Die Patientin profitiert in der Folge von einer individuelleren und
deshalb wirksameren Behandlung: Der Test zeigt an, wie hoch
der zu erwartende Nutzen durch
eine Chemotherapie bei der Patientin sein wird. Hat sie einen hohen Testwert, so ist der Zusatznutzen hoch, bei einem niedrigen Testwert gibt es keinen beziehungsweise einen minimalen
Zusatznutzen durch eine Chemotherapie. Weil sich die Tumoren
besser klassifizieren lassen, erhalten die Patientin und der Arzt ein
besseres Instrument für eine fundierte Therapieentscheidung.
■■ Wie trifft man denn die
Entscheidung bisher?
In der Regel betrachtet man dafür beispielsweise Tumorgröße,
Alter der Patientin, die axillären
Lymphknoten, die Häufigkeit der
Zellteilungen und den Hormonrezeptorstatus. Diese klassischen
Prognosefaktoren bleiben natürlich weiter bestehen. Der Gentest
ergänzt sie und liefert darüber hinaus die prädiktive und prognostische Aussage zum individuellen
Nutzen einer Chemotherapie.
■■ Wie wird der Test genau
durchgeführt?
Aus dem schon entnommenen Gewebe des Tumors, das einem nach
der OP im Labor zur Verfügung
steht, werden Gewebeproben für
die Analyse genutzt. Das Ergebnis
des Tests liegt dann nach ein bis
zwei Wochen vor. Für die Patientin
bedeutet die Durchführung des
Tests also keine weitere Belastung.
■■ Wo kommen die Tests bisher zum Einsatz?
Der Einsatz des Tests ist inzwischen weltweit anerkannt und
nach meiner Kenntnis auch in
Deutschland in vielen Brustzentren immer verbreiteter. An unseren Kliniken führen wir seit
zweieinhalb Jahren Studien damit bei Patientinnen
aller Altersklassen durch
und haben sehr gute Erfahrungen gemacht.
■■ Werden die Kosten
von den Krankenkassen übernommen?
Die Kosten werden von
vielen privaten, aber auch
einigen gesetzlichen Krankenkassen nach einer Antragsstellung übernommen.
Sollte dies nicht der Fall sein,
gibt es ein speziell eingerichtetes Patientenprogramm, sodass
jede Patientin, die den Test benötigt, ihn bei uns auch bekommt.
Bei einer ablehnenden Kostenübernahme durch die Krankenkasse zahlt die Patientin lediglich
einen geringen Teil selbst.
Dominik Maassen
[email protected]
Neue Testverfahren
ermitteln, ob eine
Brustkrebspatientin von
einer Chemotherapie tatsächlich profieren würde.
Foto: shutterstock
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„Den Patientinnen die Gebärmutter erhalten – das ist mein Ziel“
Dr. med.
Rüdiger Söder
Facharzt für
Gynäkologie und
Geburtshilfe im
Fort Malakoff,
Mainz
In Deutschland werden ca. 130.000 Gebärmutterentfernungen im Jahr durchgeführt. Ein großer Anteil wird am gesunden Organ durchgeführt, um starke
Regelblutungen zu behandeln. Es gibt
eine Methode, die vielen Frauen die
Entfernung der Gebärmutter ersparen
kann. Der Mainzer Gynäkologe Dr. Rüdiger Söder, setzt sich für die Durchführung dieser sogenannten Goldnetz-Methode ein.
Was genau ist die GoldnetzMethode?
Das Goldnetz (NovaSure®) wird in die
Gebärmutterhöhle eingeführt und entfaltet sich dort. Dann wird computerge-
steuert eine bestimmte Menge Energie über zwei Minuten freigegeben und
die Gebärmutterschleimhaut verödet.
Anschließend wird die Sonde mit dem
Goldnetz wieder entfernt.
Welche Vorteile hat die GoldnetzMethode?
Der ganze Vorgang der Verödung dauert lediglich 90 Sekunden, der minimalinvasive Eingriff kommt ohne Schnittwunden aus und dauert gerade mal 15
bis 20 Minuten. Die Erfolgsquote ist mit
98% sehr hoch. 75% haben nach dem
Eingriff keine Regelblutung mehr, bei
den restlichen 23% ist die Regelblutung
nur noch schwach oder auf ein normales Maß reduziert.
Für welche Patientinnen kommt die
Goldnetz-Methode infrage?
Für alle, die unter sehr, sehr starken
Blutungen leiden. Diese können sich
auch auf die Blutwerte auswirken, es
kommt zu Eisenmangel, die Patientinnen fühlen sich schwach. Die Goldnetz-
Methode ist nicht für Frauen, die sich
durch ihre Menstruation gestört fühlen, da ein komplettes Ausbleiben der
Regelblutung nicht garantiert werden
kann. Es geht um weit mehr – nämlich
um Frauen bei denen sonst die Gebärmutter entfernt werden müsste. Voraussetzung ist, dass die Gebärmutter ansonsten unauffällig ist und keine gutartigen Geschwülste (Myome) in der Gebärmutterhöhle vorliegen.
Werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen?
Im Gegensatz zu den privaten Kassen
übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Sachkosten noch nicht. Kassenpatientinnen benötigen also eine
Zusage der Kostenübernahme von ihrer
Krankenkasse. Zum Glück sind immer
mehr patientenorientierte Kassen bereit, ihren Patientinnen diese innovative
Therapie im Rahmen von sogenannten
Selektivverträgen zwischen einzelnen
Ärzten und Krankenkassen anzubieten
bzw. einen Antrag auf Kostenübernah-
me zu bewilligen. Frauen die an starken
Blutungsstörungen leiden, sollten sich
daher informieren, ob ihre Kasse diese
Methode erstattet oder nicht. Gegebenenfalls lohnt es, in eine Kasse zu wechseln, die dem Operateur Ihrer Wahl eine Kostenübernahme erteilt.
Ich bin überzeugt, dass sich das Verfahren langfristig durchsetzen wird. Es ist
ein kleiner Eingriff, der den Frauen eine
größere Operation und dem Gesundheitssystem erhebliche Kosten erspart.
Dr. med. Rüdiger Söder
soeder&boehm
Rheinstr. 4
55116 Mainz
www.gyn-endoskopie.de
Weitere Informationen zu NovaSure ®
und einen Arzt in Ihrer Nähe finden Sie
unter: www.starke-regelblutung.de
oder unter www.rettet-die-gebärmutter.de
Die starke Seite
bei schwacher Blase.
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Ist Ihre Blase überaktiv?
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Über 6 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter
den Symptomen der Überaktiven Blase, also einer Form
der Blasenschwäche mit häufigen und starkem Harndrang. Auf www.blasengesundheit.de finden Sie:
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