Energieautarke ARA

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ENERGIE
Energieautarke ARA
Der Pioniergeist hat sich ausbezahlt: Die Abwasserreinigungsanlage (ARA) in
Seewis (GR) versorgt sich seit zwei Monaten selbst mit Strom. Und dies mit
insgesamt verbesserter Reinigungsleistung.
Abwasserreinigungsanlagen können einen Beitrag zur Energiewende und zur
Entlastung der Gemeindefinanzen leisten. Während die Selbst­versorgung mit
Wärme weit fortge­schritten ist, verbrauchen Pumpen, Belüftungen und andere
elektrische Verbraucher viel Strom. So
schätzte das Bundesamt für Energie
(BFE) im Jahr 2012 den Verbrauch aller
Schweizer ARA auf rund 450 GWh/a.
«Unter Berücksichtigung des Optimierungspotenzials und einer zusätzlichen
Stufe zur Verringerung von Mikroverunreinigungen kann der Fremdstrombezug
theoretisch um rund 40 Prozent gesenkt
werden», so das BFE. Dass sogar eine
Selbstversorgung mit Strom möglich ist,
zeigt die ARA Vorderes Prättigau, wo die
Abwässer der Gemeinden Fideris, Furna,
Grüsch, Jenaz, Luzein, Schiers und Seewis geklärt werden.
Mehr Schlamm − mehr Energie
Eine normale ARA funktioniert – stark
vereinfacht ausgedrückt – nach folgendem Schema: Das Schmutzwasser
kommt in die Vorklärung, wo sich die
Feststoffe absetzen. In der Sedimentierung werden etwa 30 Prozent der organischen Stoffe aus dem Abwasserstrom
entfernt. Danach fliesst das Schmutzwasser in die biologische Stufe, wo die
Abwasserinhaltsstoffe von Bakterien
oxidiert werden. Die Bakterien brauchen
für den mikrobiologischen Abbau Luft,
und das Abwasser muss dauernd in Bewegung sein. Pumpen und Belüftung
brauchen viel Strom. In der ARA Vorderes Prättigau ersetzt eine Hochlastbiologie die Sedimentierung. «In dieser Hochlastbiologie produzieren wir viel mehr
Schlamm und geben weniger in die biologische Stufe», erklärt Jürg Kappeler,
Geschäftsführer der Kappeler Concept
AG, welche das Projekt in Seewis initiiert
und begleitet hat. Da aus diesem Prozess
mehr Schlamm, sprich Faulgas, anfällt,
kann auch mehr Energie respektive
Strom erzeugt werden.
Engagement des Abwasserverbands
Bis zur Realisierung des Projekts brauchten Kappeler und seine Mitarbeiter aber
einen langen Atem und die «Überzeugung, etwas zur Energiewende beitragen zu wollen». Kappeler hofft, dass sich
in Zukunft auch kantonale Gewässerschutzfachstellen mehr für die Energieautarkie von Kläranlagen einsetzen.
«Ohne das Engagement des Abwasserverbands Vorderes Prättigau wäre das
Projekt nicht umgesetzt worden», sagt
Kappeler, «dort hat man immer an die
Idee geglaubt.» Ganz einfach war die
Umrüstung der Anlage nämlich nicht.
Schliesslich waren Anpassungen bei den
Betriebsbedingungen nötig, und viele
technische Herausforderungen waren zu
bewältigen. «Es gab keinerlei technische
Grundlagen und keine Dimensionierungsgrundsätze für die Aggregate. Man
wusste nicht genau, worauf man sich
einliess», zieht Kappeler Bilanz.
Jetzt ist er begeistert. Die Anlage brauche keinen Fremdstrom mehr und das
bei insgesamt verbesserter Reinigungsleistung und unter Einhaltung sämtlicher
Gewässerschutzanforderungen. Auch
sei noch Potenzial vorhanden, «weil in
der ARA Vorderes Prättigau wegen der
Anlagengrösse nicht die auf dem Markt
erhältlichen effizientesten Aggregate
eingebaut werden konnten». Bei den Sanierungen grösserer Anlagen ist ein Eigenversorgungsgrad von bis zu 150 Prozent möglich. Das Momentum ist da. Die
Sanierung vieler ARA ist sowieso nötig,
weil Phosphor zurückgewonnen und die
Mikroverunreinigungen entfernt werden
müssen. «Das ist der richtige Moment,
um los­zulegen», sagt Kappeler. Im Fall
der ARA in Seewis mit ihren knapp
10000 angeschlossenen Einwohnern lagen die Kosten für die Sanierung und
Erweiterung bei 7,5 Millionen Franken.
Mehrkosten? Keine.
czd
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