Pflanze ■ BAUERNBLATT l 18. Februar 2012 Landessortenversuch Kartoffeln für den ökologischen Landbau Krankheitsresistenzen von Vorteil Auf dem Versuchsstandort Lindhof Abbildung 1: Ertragsergebnisse und Stärkegehalte in % bei Eckernförde wurden 18 Kartof- LSV Kartoffeln für den ökologischen Landbau; Versuchsfeld Lindhof 2011 felsorten für die besondere Eignung im ökologischen Landbau Knollenert.dt/ha Stärkegehalt % von der Landwirtschaftskammer 16,0 450,0 getestet. Wichtig sind Eigenschaf400,0 14,0 ten wie Anfälligkeit gegenüber 350,0 12,0 Krankheiten, Ertrags- und Genuss300,0 10,0 250,0 eigenschaften. 8,0 6,0 4,0 2,0 0,0 Mittel (B) Annabelle Anuschka Salome Biogold Agila Belana Princess Mirage Elfe Primadonna Francisca Miranda Finessa Ditta Allians Adelina Jelly Sissi Krankheiten und Schädlinge Krautfäule festgestellt werden. Auffällig waren hier die Sorten ‚Salome‘, ‚Annabelle‘, ‚Agila‘, ‚Elfe‘, ‚Mirage‘ und ‚Sissi‘ mit stärkeren Infektionen. Nur etwa acht Tage später waren die Infektionen derartig stark in den Beständen etabliert, dass bis auf die Sorten ‚Biogold‘, ‚Ditta‘, ‚Allians‘, ‚Adelina‘ und ‚Jelly‘ alle Sorten einen sehr starken Befall, mit Blattverlusten von mehr als 50 %, aufzeigten. Das Versuchsfeld wurde von Kartoffelkäfern stark angeflogen, sodass am 22. Juni 2011 eine Pflanzenschutzmaßnahme mit einem im ökologischen Landbau zugelassenen Mittel gegen Kartoffelkäfer und ihre Larven Ertragsentwicklung je durchgeführt werden musste. nach Erntetermin Die erste Krautfäulebonitur wurde am 1. Juli 2011 durchgeführt. Zu Um die Ertragsentwicklung geradiesem Zeitpunkt konnten in den de bei einer unterschiedlichen Anfälersten Sorten Blattinfektion und ligkeit der Kartoffelsorten für die Abbildung 2: Ertragsergebnisse in den Zeiternten und Krautfäulebonituren Landessortenversuch Kartoffeln für den ökologischen Landbau; Versuchsfeld Lindhof 2011 Knollenert.dt/ha 21.6.2011 Knollenert.dt/ha 1.7.2011 Knollenert.dt/ha 11.7.2011 Knollenert.dt/ha Endernte Krautfäule 1.Bon (abs) 1.7.2011 Sissi 0,0 Mittel 0,0 Jelly 1,0 Adelina 2,0 50,0 Allians 100,0 Ditta 3,0 Finessa 4,0 150,0 Miranda 200,0 Francisca 5,0 Primadonna 250,0 Elfe 6,0 Mirage 7,0 300,0 Princess 350,0 Belana 8,0 Agila 400,0 Biogold 9,0 Salome 450,0 Anuschka Das Versuchsfeld ist etwa zehn Tage vor der Pflanzung gepflügt worden. Als Vorfrucht stand hier ein zweijähriges Kleegrasgemisch. Bis zum Pflanzzeitpunkt am 12. April 2011 konnte sich der Boden sehr gut auf zirka 10 °C in 15 cm Tiefe erwärmen, sodass optimale Bedingungen für ein zügiges Anwachsen der Kartoffelpflanzen bestanden. Gepflanzt wurde bei einem Reihenabstand von 75 cm mit zirka 33 cm in der Reihe, das entspricht etwa 40.000 Pflanzen pro Hektar. Anschließend erfolgte ein stufenweiser Dammaufbau, das heißt bis zum Auflaufen der ersten Unkrautwelle wurde nur eine zirka 10 cm starke Dammbildung vorgenommen. Nach zirka drei Wochen wurde mit einer zweiten Häufelung aufgelaufenes Unkraut mit Erde zugedeckt. Durch weiteres Striegeln und Häufeln konnte unter den vorherrschenden trockenen Bedingungen das Unkraut sehr gut reguliert werden. Annabelle Auspflanzung in warmen Boden 200,0 150,0 100,0 50,0 0,0 Mittel (B) Die sorgsame Pflanzgutvorbereitung gerade im ökologischen Landbau ist in der Vegetationsperiode, bevor Pflanzenkrankheiten die Bestände infizieren, besonders wichtig. Hier beeinflusst gerade die Krautund Knollenfäule stark den Ertrag und die Qualität. Je länger eine Kartoffel ohne Infektionsdruck wachsen kann, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit der Ertragsbildung. Durch Vorkeimen der Kartoffel besteht die Möglichkeit, Vegetationstage hinzuzugewinnen. Alle Kartoffelsorten für diesen Versuch wurden daher in einem speziellen Vorkeimraum schon Ende Januar auf ihre Auspflanzung vorbereitet. Mit einem Temperaturschub wurden die Kartoffeln in Keimstimmung gebracht. Anschließend konnte das Triebverhalten der entstandenen Keime durch Lichteinwirkung und Temperaturregelung so optimiert werden, dass zum Pflanzzeitpunkt etwa zehn Tage Vegetationsvorsprung erreicht wurden. Kraut- und Knollenfäule bewerten zu können, wurden in diesem Versuch drei Erntetermine angesetzt. Beim ersten Erntetermin am 21. Juni 2011 lag der Durchschnittsertrag erst bei zirka 130 dt/ha. Zehn Tage später konnten im Durchschnitt schon zirka 24 dt/ha geerntet werden. Die Sorten ‚Biogold‘, ‚Mirage‘, ‚Agila‘, ‚Elfe‘ und ‚Francisca‘ erreichten zu diesem Termin schon zirka 300 dt/ha. Weitere zehn Tage später, am 11. Juli 2011, waren weitere deutliche Ertragszuwächse ermittelbar. Die Sorten ‚Elfe‘, ‚Primadonna‘, ‚Francisca‘ und ‚Finessa‘ erreichten Erträge von mehr als 350 dt/ha. Bei der Haupternte Ende September wurde deutlich, dass Kartoffelsorten im Vergleich zum Erntetermin vom 11. Juli 2011 einen geringeren Ertrag aufwiesen. Betrachtet man in der Abbildung 2 nun die Ertragsentwicklung zusammen mit den Krautfäuleinfektionen, so wird deutlich, dass Kartoffelsorten mit einem hohen Wert in der Krautfäulebonitur einen geringeren Ertrag in der Haupternte aufweisen. Der Grund hierfür liegt darin, dass gerade diese Sorten einen höheren Anteil an Knolleninfektion (Braunfäule) aufweisen als jene Sorten, die durch geringe Infektion ihr volles Ertragspotenzial auswachsen konnten. Die Sorten ‚Allians‘ und ‚Adeli- Krautfäule 2.Bon (abs) 8.7.2011 49 Pflanze BAUERNBLATT l 18. Februar 2012 ■ Landessortenversuch Kartoffeln für den ökologischen Starke Krautfäuleinfektionen in vielen Hohe Krautfäuleresistenz bei den Sorten ‚Allians‘ und Landbau. Sorten. Fotos: Gert Tiedemann ‚Adelina‘. Jelly Sissi Adelina Ditta Allians Finessa Miranda Francisca Elfe Primadonna Mirage Princess Agila Belana Salome Biogold Anuschka Mittel (B) na‘ sind hier hervorzuheben. Im Ver- Belastung mit diesen Symptomen zeugen. Mit starker Infektion diegleich zu allen anderen Sorten zeig- deutlich mehr Ausschussware er- ser Krankheit waren die Sorten ten sie bis zuletzt die geringsten Infektionen mit Kraut- und Knollen- Abbildung 3: Sortierfraktionen in %; Landessortenversuch fäule. Bei Bestandskontrollen Anfang Kartoffeln für den ökologischen Landbau; Versuchsfeld Lindhof 2011 August wurde deutlich, dass die Sort. 35-60 mm % Sort. > 60 mm % Sort. < 35 mm % Sorten ‚Annabelle‘ und ‚Salome‘ starke Braunfäuleinfektion zeigten. 100% Da der Erntezeitpunkt durch die 90% 80% anhaltende Nässe im Herbst nach 70% hinten verlegt werden musste, sind 60% infizierte Knollen im Boden kom50% plett verfault. Diese Knollen konn40% 30% ten deshalb nicht für eine exakte 20% Bonitur der Braunfäule herangezo10% gen werden. 0% Alle Kartoffelsorten wurden nach der Ernte nach Bundessortenamtsvorgaben fraktioniert. Für die runden bis rund-ovalen Sorten wurden das Sortiermaß 35 bis 60 mm als vermarktbare Fraktion ermittelt, Knollen über 60 mm wurden als ÜberÜbersicht: Ergebnisse der Koch- und Speiseprüfung größen bewertet. Fleischf.gek. Konsistenz Mehligkeit Feuchtigkeit Geschmack Die lang-ovalen und ovalen Sor- Sorte 1-9 1-9 1-9 1-9 1-9 ten wurden bei einem Sortiermaß 3,3 5,5 3,6 4,1 4,3 von 30 bis 55 mm als vermarktbar Mittel (B) aufbereitet. Knollen über 55 mm Primadonna 3,1 4,8 3,4 3,8 3,2 fielen als Übergrößen heraus. Belana 3,6 6,4 4,4 3,8 3,7 Im Versuchsdurchschnitt war der Elfe 3,1 5,2 3,4 4,0 3,4 vermarktbare Anteil aller Sorten Miranda 2,9 5,6 4,6 4,0 3,4 mit zirka 88 % sehr hoch. Die Sorten Finessa 3,6 5,4 3,4 4,2 3,9 ‚Biogold‘, ‚Annabelle‘, ‚Agila‘ und 3,8 6,2 3,8 3,6 3,5 ‚Miranda‘ bildeten einen etwas hö- Allians 3,7 5,4 3,4 4,4 4,2 heren Übergrößenanteil von zirka Princess 10 %, der hier aber nicht überbe- Anuschka 3,3 5,2 2,8 4,8 4,3 wertet werden sollte. Salome 3,0 5,2 3,6 3,6 4,3 Gerade im ökologischen LandFrancisca 3,4 5,0 2,8 4,4 4,5 bau spielt die Schalenoptik eine 3,4 5,2 3,0 4,2 4,5 immer größer werdende Rolle. Agila Jelly 3,1 6,4 3,0 4,2 5,1 Durch Rhizoctonia-solani-Infektion 3,0 4,9 3,2 4,8 5,0 können hier schwarze Pusteln (Ske- Mirage rotien) auf der Schalenoberfläche Sissi 3,6 5,8 3,6 4,2 4,4 entstehen, die teilweise auch mit Annabelle 3,2 5,2 3,8 4,4 5,0 Dry-Core-Symptomen auftreten Ditta 3,1 5,0 3,6 4,2 4,9 können. Diese Symptome werden Adelina 3,1 6,2 3,4 4,2 5,1 oft mit Drahtwurmfraß verwech2,5 6,0 5,2 2,9 5,0 selt. In der Vermarktung wird eine Biogold Annabelle 50 ‚Adelina‘, ‚Salome‘, ‚Biogold‘ und ‚Mirage‘ auffällig. Sehr wenige Sklerotien zeigten die Sorten ‚Primadonna‘, ‚Annabelle‘ und ‚Allians‘. Alle Kartoffelsorten wurden am 24. November 2011 einer Koch- und Speiseprüfung unterworfen. Unter standardisierten Kochbedingungen wurden Fleischfarbe, Konsistenz, Mehligkeit, Feuchtigkeit und der Geschmack bewertet. Die durchschnittliche Geschmacksnote lag bei 4,6. Den besten Geschmack bei diesem Testessen wiesen die Sorten ‚Primadonna‘ (3,2), ‚Belana‘ (3,7), ‚Elfe‘ (3,4), ‚Miranda‘ (3,4), ‚Finessa‘ (3,9) und ‚Allians‘ (3,5) auf. FAZIT Im ökologischen Landbau ist es wichtig, gerade bei der Kartoffelproduktion früh einen vermarktbaren Ertrag zu bilden, bevor die Krautfäule zuschlägt. Wenn Kartoffelsorten eine höhere Resistenz gegen diese Krankheit besitzen, ist das ein Vorteil. Die Sorten ‚Allians‘, ‚Biogold‘, ,Belana’ und ‚Jelly‘ zeigten sich hier sehr stabil, sodass sie einen sehr guten Ertrag realisierten. Besondere Vorsicht ist bei Sorten gegeben, die auf Krautfäuleinfektion auch mit Braunfäule im Knollenbereich reagieren. Denn unter ungünstigen Bedingungen kann es zum Totalausfall führen. Gert Tiedemann Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-410 [email protected]