PROPÄDEUTISCHE Ü BUN GEN ZUM GRU N DKURS ZIVILRECHT I I SOMMERSEMESTER 20 16 JURISTISCHE FAKULTÄT LEHRSTUHL FÜR BÜR GER LICH ES RECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECH TSVE RGLEICHUNG PROF. DR . STEPHAN LO RENZ E INHEIT 6 – S ACHVERHALT F ALL 5: E IN NEUER G EBRAUCHTER Jurastudent Klemens (K) möchte sich nach bestandener Zwischenprüfung seinen lang gehegten Wunsch nach einem sportlichen Pkw erfüllen. Ein passendes Modell (BMW Z3) findet er in einer Kleinanzeige des Rentners Valentin (V) in der Zeitschrift „Kompakt & Treffer“ zum Preis von € 20.000,– . Nach eingehender Besichtigung des Wagens b eschließt K, ihn zu erwerben und unterzeichnet das von V vorgelegte Standard-Verkaufsformular. In dem Formular findet sich eine Rubrik: „Stand des km -Zählers“. Hier hatte V „15.000“ eingetragen, was auch der Angabe auf dem Tacho entspricht. Nachdem K den BMW erhalten und den Kaufpreis gezahlt hat, findet er bei einem Werkstattbesuch durch Zufall heraus, dass der Wagen tatsächlich eine Laufleistung von 30.000 km hat. Der wahre Wert des Pkw beträgt dementsprechend nur € 18.000,–. Legt man die Beschreibung im Kaufvertrag zugrunde, hätte er einen Wert von € 20.000,–. Als K den V erbost zur Rede stellt, beteuert dieser glaubhaft, dass er von der wirklichen Laufleistung keine Ahnung gehabt habe. Allenfalls sei er bereit, K einen gleichwertigen BMW Z3 mit 15.000 km Laufleistung zu besorgen, ein Freund aus seinem lokalen BMW-Club verkaufe einen solchen nämlich gerade. Mit einem anderen BMW Z3 will K sich allerdings nicht abspeisen lassen. Er geht daher am nächsten Tag zu seinem Praktikumsbetreuer Rechtsanwalt Klug und bittet ihn um Hilfe in der Sache. Insbesondere möchte er wissen, ob er gegen Rückgabe des BMW von V die an diesen gezahlten € 20.000,– zurückverlangen kann. Auch interessiert ihn, ob er alternativ den BMW behalten und die von ihm „zu viel gezahlten“ € 2.000,– von V verlangen kann. Bearbeitervermerk: Erstellen Sie das Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Klug, das auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht. AG ZUM GRUN DKU RS ZIVILRE CHT I I (PROF. DR. STEPHAN L ORENZ) · S OMMERSEMESTER 20 15 SACHVERHALT EINHEIT 6 Abwandlung: Ändert sich etwas, wenn das Kaufvertragsformular folgende Klausel ent hält: „Gekauft wie besichtigt.“? F ALL 5 A ( E ): A UCH C ARBON KANN BRECHEN Radfreak Stefan (S) ist leidenschaftlicher Sammler seltener Rad -SonderEditionen. Als er hört, dass Pinarello – ein italienischer Premiumhersteller – ein auf 100 Stück limitiertes Sondermodell des 2015er Pinarello Dogma F8, das „Dogma F8-Froomey“ auf den Markt gebracht hat, ruft er sofort bei seinem Radhaus des Vertrauens (V) an und ist höchst erfreut zu hören, dass V wohl aufgrund guter Beziehungen ein gebrauchtes der bereits ausverkauften Exemplare erhalten hat und zum Verkauf anbietet. Ein ehemaliger Profi hatte das Rad bei Pinarello direkt erworben, einen Monat lang gefahren und dann an V weiterveräußert. Vollkommen aus dem Häuschen ist S als er erfährt, dass der zweimalige „Tour de France“-Sieger Christopher Froome einzig auf diesem Rad sein Autogramm hinterlassen hat. Das wirkt sich natürlich äußerst wertsteigernd aus. Nach einer kurzen Probefahrt schlägt S zu und nimmt das Rad zum Preis von € 15.000,- noch am selben Tag mit. Das Kaufvertragsformular, das S unterzeichnet, enthält folgende Klausel: „Gekauft wie besichtigt“. Zwei Monate später stellt S traurig fest, dass sich am Oberrohr des Rahmens Haarrisse zeigen, die den empfindlichen Carbon -Rahmen instabil werden lassen. Das Rad ist daher nicht mehr verkehrstüchtig. Auch eine Reparatur ist ausgeschlossen. Das Rad ist in diesem Zustand lediglich € 5.000,- wert. Sauer reklamiert S den Schaden bei V und verlangt Schadensersatz i.H.v. € 10.000,-. Das Rad will er aber behalten, da es als einziges sein er Art die Unterschrift von Christopher Froome trägt. V macht glaubhaft geltend, er habe von den Haarrissen nichts gewusst, wenn sie denn überhaupt schon von Anfang an vorgelegen hätten. Darüber hinaus habe S das Rad ja gekauft wie besichtigt, V müsse daher nicht haften. Bearbeitervermerk: Kann S von V Schadensersatz i.H.v. € 10.000, - verlangen? Abwandlung Ändert sich etwas, wenn S kein privater Sammler, sondern ein gewerblich tätiger Unternehmer ist, der mit seltenen Fahrrädern handelt? SEITE 2 VON 2