Die „Pille danach“ ist ab sofort in Österreichs Apotheken rezeptfrei erhältlich. Aufgrund der neuesten Literatur kann davon ausgegangen werden, dass die Wirkung dieser Substanz auf mindestens drei unterschiedlichen Mechanismen beruht, die, je nachdem, ob das Präparat vor oder nach dem Eisprung eingenommen wurde, im besten Fall verhütend, in vielen Fällen jedoch sehr wohl abtreibend wirkt. Die hohe Dosis des Hormonpräparats verhindert dann nicht die Befruchtung, sondern das Einnisten des frühen Embryos durch eine vorzeitige Abbruchblutung oder die Lähmung des Eileiters. Wenn nun ein solches Präparat rezeptfrei nach Belieben abgegeben werden sollte, so stellt diese Freigabe nicht nur eine Verharmlosung einer für den Embryo in Wirklichkeit potenziell tödlichen Substanz dar, sondern suggeriert darüber hinaus den vor allem jungen Kundinnen einen leichtfertigen Umgang mit dieser Substanz. Auch im „Austria-Codex“, der offiziellen Fachinformation der Apothekerkammer, wird wiederholt darauf hingewiesen, dass Frauen, die sich die „Pille danach“ verordnen beziehungsweise ausfolgen lassen, dringend eine ärztliche Beratung benötigen. Es wird ausdrücklich betont, dass dieses hoch dosierte Hormonpräparat höchstens einmal im Monat angewendet werden darf, weil sonst schwere Zyklusstörungen auftreten können. Bei Frauen mit vorangegangener Salpingitis (Eileiterentzündung) ist die Pille laut „Austria-Codex“ wegen der Gefahr einer Eileiterschwangerschaft kontraindiziert. Ebenso ist die Einnahme bei Leberschäden oder bei Laktoseintoleranz verboten. Jedes andere Medikament, das nur annähernd ein derartiges Schadenspotenzial in sich birgt, unterliegt mit Selbstverständlichkeit der Rezeptpflicht, wie zum Beispiel Cortisonpräparate oder auch Antibiotika. Eines der Argumente für die Freigabe der „Pille danach“ ohne Rezept lautet, dass das Risiko einer unerwünschten Schwangerschaft und damit die Abtreibungsrate durch das Angebot des Präparats gesenkt werden könnten. Rezente Studien in zehn Ländern, darunter in Großbritannien, haben jedoch gezeigt, dass die Zahl der Abtreibungen seit der rezeptfreien Abgabe der „Pille danach“ nicht, wie erhofft, ab-, sondern zugenommen hat, was die Autoren im „British Medical Journal“ sehr nachdenklich stimmte. Die Bemühungen um eine möglichst unkontrollierte Freigabe der sogenannten „Notfallpille“ wirft ein bezeichnendes Licht auf den niveaulosen Umgang unserer Wohlstandsgesellschaft mit dem Thema Sexualität. Es ist erschreckend und unverständlich, wie gewissen Politikern und Behörden aus offensichtlich ideologischen Gründen jedwedes Verantwortungsgefühl gerade für junge Menschen abhandengekommen ist und sexuelle Promiskuität offenbar als Idealkultur vermittelt werden soll. Aus einem Gastkommentar von Univ.-Prof. Dr. Johannes Bonelli, Facharzt für Klinische Pharmakologie, Direktor des IMABE-Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik, Wien in der „Presse“ vom 13.11.2009 Zusammenfassung Aktuelle Daten zur Wirkungsweise der sog. Pille danach (Vikela®) erlauben folgende Schlussfolgerungen: (1) Die Einnahme der „Pille danach“ bis zu 3 Tage vor dem zu erwartenden Ovulationstermin interferiert mit der Follikelreifung und dem Eisprung und verhindert so eine Befruchtung. Diese Wirkungsweise erklärt bis zu 30% der Wirksamkeit der „Pille danach“. (2) In mindestens 50 Prozent dieser Fälle verhindert sie die Einnistung einer befruchteten Eizelle in das Endometrium, vorwiegend deshalb, weil die Lutealphase zu früh abgebrochen wird. (3) In den verbleibenden Fällen, besonders bei später Anwendung, wirkt die Notfallpille nicht. Ein bereits eingenistetes Ei bleibt ungestört. Die Wahrscheinlichkeit, dass Vikela® bei sporadischer Einnahme tatsächlich zum Untergang einer Blastozyste führt, beträgt 4 bis 5 Prozent. Die sich daraus ergebenden moralischen Konsequenzen werden diskutiert.