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Eine allgemeine Einführung zu den Anfängen
der Besiedelung und zu der Bebauungsstruk­
tur am Karlsplatz findet sich in Band 1, im
­Kapitel Lothringerstraße und Beethovenplatz
(s. S. 76 ff.)
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Der Karlsplatz wird in erster Linie von reprä­
sentativen Kultur- und Universitätsbauten ge­
säumt. Es gibt nur drei Wohnhäuser an der
Nordseite des Platzes. Das Eckhaus Karls­
platz 1 ist ein frühes Beispiel des Übergangs
vom Romantischen zum Strengen Historis­
mus in der Form der Wiener Neorenaissance
und wurde 1862/63 nach Plänen von Eduard
Kuschée als Mietshaus errichtet. In densel­
ben Jahren entstand nach einem Entwurf von
Anton Ölzelt das früh­historistische Wohnhaus
daneben. Das strenghistoristische Gebäude
auf Nummer 3 von Hermann Wehrenpfennig
hingegen wurde erst 1869/70 in die bestehen­
de Baulücke zwischen der Handelsakademie
und dem Ölzelt-Haus gestellt.
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W Otto Wagners
Stadtbahnpavillons
am Karlsplatz sind
typische Beispiele
der Wiener Spielart
des Jugendstils
(Seite 31 ff.)
Handelsakademie I
Künstlerhaus
Musikverein
Ehemaliges Palais Lützow
Wien Museum Karlsplatz
Karlskirche
Technische Universität
(Hauptgebäude)
Evangelische Schule
Ehemalige Stadtbahnpavillons
Resselpark
TU-Bibliothek
Ehemaliges Porrhaus (Treitlhörsaal)
Bärenmühle
project space am Karlsplatz
(Kunsthalle Wien)
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Karlsplatz 4 / Akademiestraße 12
1860–62 ließ sich die Wiener Kaufmannschaft
eine eigene Ausbildungsstätte für ihren Nach­
wuchs erbauen, die Handelsakademie I. Die
Pläne dafür kamen von Ferdinand Fellner d. Ä.,
stilistisch dem Romantischen Historismus
­ver­pflichtet. Auffallend ist die Veränderung der
Fensterformen im Baublock nach oben zu.
Gibt es im Erdgeschoß Rundbogenfenster, so
sind ab der zweiten Etage Segmentbogenfens­
ter zu sehen, deren dekorative Wertigkeit nach
oben hin abnimmt. Ausnahme ist der fünfach­
sige, flache Mittelrisalit an der Frontseite, der
ein dreiachsiges, breites Rundbogenportal er­
möglicht. Hier gibt es bis ins letzte Geschoß
Rundbogenfenster. Die Handelsakademie I
wurde 1909 nach Plänen von Eduard Frauen­
feld d. J. um eine Etage aufgestockt, wobei
die Dachbekrönung größtenteils beibehalten
­wurde. Für das Eingangsportal schuf Josef
Cesar zwei Statuen (Christoph ­Columbus und
Adam Smith, s. S. 154).
D Der
Stiegenaufgang
im Wiener
Künstlerhaus
ist eine der
imposantesten
Stiegenlösungen im
Bereich der Wiener
RingstraSSe
D Die italienische
Renaissance war
vielen Künstlern
der RingstraSSe
Vorbild und
Orientierungshilfe.
Mit Statuen beim
Künstlerhaus
wurden die
Karlsplatz 5
wichtigsten
Repräsentanten
geehrt, wie hier
Die 1861 gegründete „Genossenschaft der bil­
denden Künstler Wiens“ beauftragte ­August
Weber mit der Planung eines repräsentativen
Versammlungs- und Ausstellungsgebäudes,
das 1865–68 errichtet wurde. Weber orientier­
te sich bei seinem Werk an Vorbildern der ita­
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Bramante.
lienischen Hochrenaissance. Im Laufe der Zeit
erfuhr das Künstlerhaus mehrfache Adaptio­
nen und Ergänzungen, die aber den grund­
sätzlichen Charakter des Gebäudes nicht ver­
änderten. 1881/82 wurde das Haus um zwei
eingeschoßige Flügelbauten links und rechts
sowie einen neuen, hinteren ­Eingangstrakt
mit Plastikersaal nach Plänen von Fried­
rich Schachner und Andreas Streit erweitert.
1887/88 führte Julius Deininger eine umfang­
reiche Umgestaltung des Inneren durch. Der
Eingang wurde an die Südfront verlegt, durch
Ein­deckung des neu geschaffenen Hofes
­wurde ein neuer Ausstellungssaal gewonnen
und die Hauptstiege zu einem monumentalen
Stie­genhaus umgebaut. ­Andreas Groll schuf
D e r k a r lsp latz
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Die Fassade des Künstlerhauses ist stark ge­
gliedert, mit einem dreiachsigen ­Mittelrisalit
(Halbsäulen, Nischen, Balkone, Genien, Atti­
kabalustrade). Vor dem Gebäude stehen vier
Künstlerstatuen. Leonardo da Vinci ­(Edmund
Hofmann von Aspernburg 1900), Diego Veláz­
quez (Anton Brenek 1909), Donato Bramante
(Emmerich Alexius Swoboda 1910), Tiziano
Vecellio (Johann Scherpe 1913). Vor den bei­
den Seitenflügeln wurden vier weitere Künst­
lerstatuen aufgestellt. Vor dem linken Flügel
Peter Paul Rubens (Viktor Tilgner 1879/82) und
Albrecht Dürer (Anton Schmidgruber 1879),
vor dem rechten Raffaelo Santi (Johann Jakob
­Silbernagel 1879/82) und Michelangelo Buona­
rotti (Anton Paul Wagner 1879). Außerdem gibt
es noch eine Danae-Skulpturvon Alfons Riedel.
Im Inneren des Hauses sind der ehemalige
Stiftersaal, das sogenannte Ranftlzimmer,
und der Plastikersaal besonders zu erwähnen.
Das Ranftlzimmer ist ein reich dekorierter
Raum (roter Stuckmarmor, grüne Stofftape­
ten, ornamentierter Fries, Attika mit korin­
thischen Pilastern), in dem die Portraits der
Stifter hängen, darunter auch eines von Hans
Makart. Der Plastikersaal wurde durch Um­
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D Aus dem Gebäude
des Wiener
Musikvereins wird
alljährlich das
Neujahrskonzert
der Wiener
Philharmoniker
in alle Welt
übertragen
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dafür ein Deckengemälde. Vor dem Künst­
lerhaus wurde um 1970 von Johann Staber
ein terrassen­artiges Forum geschaffen und
2001–03 wurde nach Entwürfen von Chris­
tian Jabornegg und András Pálffy der Platz
zwischen Künstlerhaus und Musikverein neu
gestaltet. Dazu kamen ein neuer Abgang zur
U-Bahn und zweigeschoßige unterirdische
Ausstellungs- und Veranstaltungsräume.
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gestaltung des ehemaligen Säulensaals in
einen Zentralsaal mit Glasdach geschaffen.
Die beiden Flügelbauten beherbergen nun
das Künstlerhauskino (links) und das Theater
(rechts).
Musikvereinsplatz 1
Mit dem Musikvereinsgebäude schuf Theophil
Hansen 1867–69 eines der bedeutendsten Kon­
zerthäuser der Welt. Alljährlich wird aus dem
Großen Saal (auch Goldener Saal genannt) das
berühmte Neujahrskonzert der Wiener Phil­
harmoniker in alle Welt übertragen. Die 1812
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W Franz Melnitzky
gestaltete nach
dem Orpheusmythos
die Giebelfiguren
am Musikvereinsgebäude
D Auch die
Statuen auf der
Dachbalustrade
stammen von Franz
Melnitzky
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gegründete Gesellschaft der Musikfreunde
hatte zuvor ihre Konzerte in einem Saal auf
den Tuchlauben aufgeführt. Dieser fasste
aber nur 700 Personen. Das war auf Dauer zu
­wenig. Kaiser Franz Joseph I. gab daher 1863
dem Vorschlag des Innen­ministeriums statt,
den Musikfreunden den im Staatsbesitz be­
findlichen Bauplatz neben dem Künstlerhaus
kostenlos zur Errichtung eines Konzertgebäu­
des zu überlassen. Theophil Hansen wählte
für das Haus einen basilikalen Querschnitt mit
einem erhöhten Mittelrisalit. In diesem Mittel­
trakt befindet sich der für seine ausgezeich­
nete Akustik bekannte Goldene Saal. Hansen
musste sich beim Entwurf auf Erfahrung und
Gespür verlassen. Berechnungen oder wis­
senschaftliche Untersuchungen zur Raum­
akustik gab es 1867 noch nicht. Mittlerweile
weiß man, dass drei Hauptfaktoren für den
­exzellenten Klang im Großen Saal verantwort­
lich sind. Zum Ersten weist der Saal die best­
möglichen Proportionen für einen idealen Ton­
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raum auf. Der Quader hat 48,80 x 19,10 ­Meter
Grundfläche und ist 17,75 Meter hoch. Zum
Zweiten gibt es im Saal eine Fülle von raum­
gliedernden Elementen, die für eine opti­male
Streuung der Schallwellen sorgen. Dazu zäh­
len die Kassettendecke, die Balkone, aber
auch die Karyatiden an den Längsseiten. Zum
Dritten – und das ist wohl die wahre Besonder­
heit des Goldenen Saals – gibt es unter dem
Holzboden einen Hohlraum, der ähnlich wie
bei einem Streichinstrument als Resonanz­
körper wirkt. Zudem ist auch die Decke eine
Holzkonstruktion, die nicht aufliegt, sondern
am Dachstuhl aufgehängt wurde. Sohin kann
der Klang im Raum schweben. Akustisch ­ideal.
Was hier umständlich beschrieben wird, sollte
man sich am besten selbst anhören.
Auch zu sehen gibt es einiges. Vor allem bei
Gold und Dekor wurde nicht gespart. Die Karya­
tiden im Großen Saal wurden nach Entwürfen
von Franz Melnitzky gestaltet. Melnitzky zeich­
net auch für die Skulpturen an der Haupt­
fassade verantwortlich. Doch er ist nicht der
einzige Bildhauer, von dem es im Musikverein
Werke zu sehen gibt. An den Stiegen­aufgängen
stehen je eine Büste von Clara Schumann
(Friedrich Christoph Hausmann 1896) und
Franz Liszt (Caspar von Zumbusch 1867), in
Nischen daneben vier weitere von Bach, Gluck,
Mozart und ­Weber (Vincenz Pilz 1876/78). Noch
einmal vier hat das Vestibül zu bieten: Johan­
nes Brahms (Künstler nicht bekannt), Richard
Wagner ­(Alois Düll 1899), Ludwig van Beetho­
ven (Anton Dietrich 1867) und die Kopie einer
Schubert-Büste von Josef Dialer.
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Bösendorferstraße 13
Kurz nach der Fertigstellung von Künstlerhaus
und Musikverein ließ sich der Kunsthistoriker
und Archäologe Carl von Lützow in unmittel­
barer Nähe ein strenghistoristisches Palais
er­bauen (1870–72). Die Pläne dazu stammten
von Carl Hasenauer, der sich dabei offenbar
von der Formensprache Michelangelos und
Sangallos bei ihrem römischen Palazzo Far­
nese inspirieren ließ. Auch Lützow schien ein
Faible für Sangallo und Michelangelo und die
italienische Renaissance zu haben, verglich er
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Neben dem Großen Saal, in dem noch die im­
posante Orgel zu erwähnen wäre, die 2009–11
komplett erneuert wurde (neues Instrument
im historischen Gehäuse), verfügt der Musik­
verein über sechs weitere Säle. Der Brahms­
saal (ursprünglich Kleiner Saal) existiert seit
Entstehung des Gebäudes. Ein repräsenta­
tiver und reich geschmückter Konzertsaal
(Balkone, ionische Säulen, Karyatiden, grüner
Stuckmarmor und viel Gold). In der Mitte der
vergoldeten Satteldach-Kassettendecke be­
findet sich ein Glasfeld mit geätzten Scheiben.
Die Brahms-Büste stammt von Arthur Trebst
(1897). Aus dem ehemaligen Kammersaal
­wurde nach Umbau- und Renovierungsarbei­
ten 1996 der Gottfried-von-Einem-Saal. Zu­
sätzlich wurden vier weitere Säle geschaffen,
der Gläserne Saal, der Steinerne Saal, der
­Metallene Saal und der Hölzerne Saal.
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D Das Palais
Lützow ist ein
hervorragendes
Beispiel für den an
der italienischen
Renaissance
orientierten
Strengen
Historismus an der
RingstraSSe
doch den Hallenhof und die ­Stiegenhäuser des
neuen Universitätsgebäudes an der ­Ringstraße
im Jahre 1884 mit den „Schöpfungen eines
Palladio und Scamozzi, eines Sangallo und
­Michelangelo“.
Carl von Lützow, aus dem böhmisch-öster­
reichischen Zweig der Lützows, hatte 1868 das
ihm gehörende ehemalige Palais Kolowrat auf
der Bastei aufgeben müssen. Es war beim Fall
der Stadtbefestigungen abgerissen worden. Bei
seinem neuen Palais fällt sofort der dreiachsige
toskanische Portikus ins Auge, dessen Säulen
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Karlsplatz 8
Schon 1887 war ein Beschluss zum Bau eines
historischen Museums der Stadt Wien ­gefällt
und 1901/02 dazu ein Wettbewerb ausge­
schrieben worden. In der Folge begann eine
heftige Diskussion, ob für den Karlsplatz der
historistische Entwurf von Friedrich Schach­
ner oder das moderne Projekt Otto Wagners zu
favorisieren sei. Bürgermeister Lueger, wie­
wohl Wagner durchaus zugeneigt, scheute aus
W Der zurückhaltende Museumsbau von Oswald
Haerdtl spiegelt ein
sehr nüchternes
Architektur­verständnis der
1950er Jahre wider
A Die Statue „Der
letzte Mensch“ von
Anton Hanak wurde
erst Jahrzehnte
nach dem Tode des
Künstlers vor
dem Wien museum
aufgestellt
(siehe Seite 35)
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einen repräsentativen Balkon tragen. Seitliche
Mezzaninfenster mit Löwenmasken und Säu­
lenädikulafenster in der Beletage unterstrei­
chen die gewollten Parallelen zur italienischen
Renaissance. Im Inneren sind das marmorver­
kleidete Foyer, das prächtige Stiegenhaus mit
seinen marmorverkleideten Pfeilern und dem
ionischen Säulenzugang sowie der reich stu­
ckierte Festsaal besonders hervorzuheben.
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populistischen Gründen eine klare Stellung­
nahme. Die extrem konservative Gräfin Pauli­
ne Metternich mobilisierte Mitstreiter in ihren
Kreisen und sammelte 6.000 Un­terschriften
gegen das Wagner-Konzept. Lueger sprach
sich daraufhin für die Errichtung des „Kai­
ser-Franz-Joseph-Stadtmuseums“ auf der
Schmelz aus. 1911 folgte der Gemeinderat
dieser Empfehlung. Der östliche Teil des ehe­
maligen Exerziergeländes Schmelz – ­heute
befinden sich dort der Märzpark und die Wie­
ner Stadthalle – lag brach und konnte ohne
Einschränkungen bebaut werden. Der erste
Preis des 1912 ausgeschriebenen Wettbe­
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