Kaffeeklatsch in Zeichensprache oStfildern: Im Café Vielfalt tauschen sich Schüler und Flüchtlinge aus – Gesprochen wird notfalls mit Händen und Füßen Von Katrin Maier-Sohn Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch. Ein Wirrwarr verschiedener Sprachen hallt durch den Aufenthaltsraum. Im Hintergrund der Klang einer Gitarre. Es wird laut gelacht. Der Lärmpegel im OttoHahn-Gymnasium in Nellingen ist an diesem Tag enorm. Schüler, Lehrer, Eltern und Flüchtlinge treffen sich im Café Vielfalt, essen Kuchen und tauschen Lebensgeschichten aus. Rund 130 Personen sind ins zweite Café Vielfalt gekommen. „Das sind mehr als in den meisten anderen Flüchtlingscafés in der Gegend“, sagt Abteilungsleiter Richard Kraning stolz. Er hatte die Idee zum Café Vielfalt und bildete einen Arbeitskreis mit acht Lehrern. „Unsere Schüler wollen sich einbringen und sozial engagieren. Das können sie jetzt“, so Kraning. Sogar ein eigenes Logo, Poster und Notizblöcke kreierte der Englisch- und Erdkunde-Lehrer. Ihm ist aber wichtig, dass es bei der Veranstaltung um das Thema Vielfalt geht, nicht nur um Flüchtlinge. Das Flüchtlingsthema sei aktuell, irgendwann könnten beispielsweise aber auch Bewohner eines Altersheims eingeladen werden. Dass das Angebot so gut ankommt, damit habe er nicht gerechnet. Schon bei der Begrüßungsrede wird deutlich, wie vielfältig die Besucher und die gesprochenen Sprachen sind. Nachdem Kraning die Gäste auf Deutsch und Englisch willkommen geheißen hat, übersetzt Dolmetscherin Asma alles ins Arabische, ein Französischlehrer abschließend ins Französische. Ein Flyer mit Bildern hilft An diesem Nachmittag wird im Café Vielfalt gegessen, Fußball und Tischkicker gespielt und vor allem viel geredet – wenn es mit der Sprache hapert notfalls auch mit Händen und Füßen, oder mithilfe eines Flyers, der überall ausliegt. Kleine Bildchen darauf zeigen verschiedene Tätigkeiten oder Gegenstände. Bei Sprachschwierigkeiten kann man einfach auf das jeweilige Symbol zeigen und der andere weiß, was gemeint ist. „Wir sprechen Englisch oder Körpersprache“, erzählen Lilli und Sophia, Richard Kraning (Mitte) hatte die Idee zum Café Vielfalt. Bei Kaffee und Kuchen können sich die Schüler und Flüchtlinge kennenlernen und einfache Brettspiele spielen. Rund 130 Menschen sind zum zweiten Café Vielfalt gekommen. Foto: Bulgrin beide aus der siebten Klasse. „Wir sind freiwillig da, nicht weil ein Lehrer gesagt hat, dass wir herkommen sollen.“ Es sei schön mit den Leuten in Kontakt zu kommen und ihre Geschichten anzuhören, sagen die beiden Die große Beliebtheit der Veranstaltung ist nicht zuletzt auf Kranings Engagement zurückzuführen. „Ich habe mit dem Freundeskreis Asyl in Ostfildern über unser Projekt gesprochen, bin aber auch selbst in die Flüchtlingsunterkünfte nach Ruit und Scharnhausen gefahren“, erzählt er. Dort habe er die Flüchtlinge persönlich eingeladen und Plakate aufgehängt. Akim ist 20 Jahre alt und kommt aus Afghanistan. Die anstrengende Reise von Kabul nach Deutschland lässt er sich zumindest auf den ersten Blick nicht anmerken. „Ich war 45 Tage unterwegs, nun bin ich froh, endlich in Deutschland zu sein. Das war mein Traum“, erzählt der junge Mann, der in seiner Heimat schon ein Bachelor-Studium in Wirtschaft abgeschlossen hat. Sport verbindet Mit ihm am Tisch sitzt Lisa Gfrörer, Referendarin am OHG. Sie lauscht Akims Erzählungen von seiner Reise. „Man sieht die Leute immer in den Nachrichten. Wenn man so jemanden dann persönlich trifft ist das eine ganz andere Erfahrung“, schwärmt sie. Ganz ohne Worte geht es beim Sport. „Sport verbindet“, meint Sportlehrer Miguel Desideri. Am Anfang seien alle noch etwas skeptisch, wenn das Spiel richtig im Gange ist, werde die Stimmung immer besser. An diesem Tag geht es in der Sporthalle wild her. Auf zwei Platten wird Tischtennis gespielt und beim Fußballspiel können sich alle austoben. Die Spielregeln kennt jeder. „Viele haben eine falsche Vorstellung von Flüchtlingen. Eigentlich sind es aber ganz normale junge Leute, die ein glückliches Leben führen wollen“, meint Dolmet- scherin Asma, die sich inzwischen unter die Besucher gemischt hat. Die Tunesierin studiert in Vaihingen Technische Biologie und hat in Facebook eine Anzeige gesehen, dass für das Café Vielfalt eine arabische Dolmetscherin gesucht wird. „Wenn man helfen kann, sollte man das auch tun“, meint die 21-Jährige, die sich daraufhin sofort gemeldet hat und nun umsonst mithilft. „Die Arbeit hier hat mein Bild eines Asylbewerbers komplett verändert.“ Das Café Vielfalt findet immer am ersten Mittwoch im Monat statt (außer in den Ferien und an Feiertagen). Weitere Infos unter www.ohg-ostfildern.de