European Medicines Agency EMEA/H/C/419 EUROPÄISCHER ÖFFENTLICHER BEURTEILUNGSBERICHT (EPAR) VIREAD Zusammenfassung des EPAR für die Öffentlichkeit Das vorliegende Dokument ist eine Zusammenfassung des Europäischen Öffentlichen Beurteilungsberichts (EPAR), in dem erläutert wird, wie der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) die durchgeführten Studien beurteilt hat, um zu Empfehlungen bezüglich der Anwendung des Arzneimittels zu gelangen. Wenn Sie weitere Informationen über Ihre Krankheit oder deren Behandlung benötigen, lesen Sie bitte die Packungsbeilage (ebenfalls Bestandteil des EPAR) oder wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Apotheker. Wenn Sie weitere Informationen bezüglich der Grundlage der Empfehlungen des CHMP wünschen, lesen Sie bitte die wissenschaftliche Diskussion (ebenfalls Teil des EPAR). Was ist Viread? Viread ist ein Arzneimittel, das den Wirkstoff Tenofovir Disoproxil enthält. Es ist in Form von hellblauen, mandelförmigen Tabletten (245 mg) erhältlich. Wofür wird Viread angewendet? Viread wird zur Behandlung von Erwachsenen mit Infektionen durch folgende Viren angewendet: humanes Immunschwächevirus vom Typ 1 (HIV-1); ein Virus, welches das erworbene Immunschwächesyndrom (AIDS) verursacht. Viread wird in Kombination mit anderen antiviralen Arzneimitteln eingenommen. Patienten, die zuvor bereits andere Arzneimittel zur Behandlung der HIV-Infektion eingenommen haben, sollte Viread nur verordnet werden, nachdem sich der Arzt die antiviralen Arzneimittel, die der Patient zuvor eingenommen hat, angesehen oder die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens des Virus auf antivirale Arzneimittel überprüft hat. Hepatitis B-Virus; ein Virus, welches Hepatitis B (eine Lebererkrankung) verursachen kann. Viread wird bei Patienten mit chronischer (Langzeit-) Hepatitis B angewendet, die an einer kompensierten Lebererkrankung leiden (d. h. die Leber ist geschädigt, arbeitet aber normal) und die Anzeichen aufweisen, dass das Virus sich vermehrt, sowie im Blut und in Gewebeproben aus der Leber Anzeichen aufweisen, dass die Leber geschädigt ist. Das Arzneimittel ist nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich. Wie wird Viread angewendet? Die Behandlung mit Viread sollte von einem Arzt eingeleitet werden, der Erfahrung in der Behandlung der HIV-Infektion bzw. der chronischen Hepatitis B besitzt. Die empfohlene Dosis von Viread ist einmal täglich eine Tablette zu einer Mahlzeit. Patienten mit starken Schluckbeschwerden können die Tablette ausnahmsweise in mindestens 100 ml Wasser, Orangen- oder Traubensaft zerstoßen und diese Suspension trinken. Bei Patienten mit Nierenproblemen darf Viread nur angewendet werden, wenn der erwartete Nutzen des Arzneimittels die Risiken überwiegt. Die Häufigkeit der Verabreichung muss bei Patienten mit mittelschweren oder schweren Nierenproblemen unter Umständen angepasst werden. Patienten, die mit dem Hepatitis B-Virus infiziert sind, mit oder ohne HIV, sind nach Absetzen von Viread hinsichtlich eines Aufflammens der Hepatitis (Leberentzündungen) sorgfältig zu überwachen. 7 Westferry Circus, Canary Wharf, London E14 4HB, UK Tel. (44-20) 74 18 84 00 Fax (44-20) 74 18 84 16 E-mail: [email protected] http://www.emea.europa.eu European Medicines Agency, 2008. Reproduction is authorised provided the source is acknowledged. Wie wirkt Viread? Der Wirkstoff in Viread, Tenofovir Disoproxil, ist ein so genanntes „Prodrug“ (eine Vorstufe des eigentlichen Arzneistoffs), das erst im Körper in den Wirkstoff Tenofovir umgewandelt wird. Tenofovir ist ein Nukleotid-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NRTI). Bei HIV-Infektionen blockiert er die Aktivität der reversen Transkriptase, eines von HIV produzierten Enzyms, das es dem Virus ermöglicht, Zellen zu infizieren und sich zu vermehren. Viread verringert bei Einnahme in Kombination mit weiteren antiviralen Arzneimitteln die Menge an HIV im Blut und hält sie niedrig. Viread vermag die HIV-Infektion bzw. AIDS nicht zu heilen, kann jedoch die Schädigung des Immunsystems und die Entwicklung der mit AIDS verbundenen Infektionen und Erkrankungen hinauszögern. Tenofovir beeinflusst ferner die Aktivität eines Enzyms, das durch das Hepatitis B-Virus produziert wird, die so genannte „DNA-Polymerase“, die bei der Bildung der viralen DNA eine Rolle spielt. Viread stoppt die DNA-Produktion durch das Virus und hindert es so daran, sich weiter zu vermehren und zu verbreiten. Wie wurde Viread untersucht? Zur Behandlung von HIV wurde Viread in drei Hauptstudien an 1 343 HIV-infizierten Erwachsenen untersucht. In den ersten beiden Studien wurden die Wirkungen der zusätzlichen Gabe von Viread mit der zusätzlichen Gabe eines Placebos (Scheinbehandlung) zur bestehenden Behandlung bei 741 Patienten verglichen, die mindestens vier Jahre lang HIV-Behandlungen erhalten hatten, jedoch nicht darauf angesprochen hatten. Viread wurde außerdem in einer Studie an 602 nicht wegen HIV vorbehandelten Patienten untersucht; dabei wurde Viread mit Stavudin (einem anderen antiviralen Arzneimittel) in Kombination mit Lamivudin und Efavirenz (anderen antiviralen Arzneimitteln) verglichen. Hauptindikator für die Wirksamkeit war in allen drei Studien der HIV-Spiegel im Blut. Für die Behandlung von Hepatitis B wurde in zwei Studien die Wirksamkeit von Viread mit der von Adefovir Dipivoxil (einem anderen antiviralen Arzneimittel) verglichen. An der ersten Studie nahmen 382 Patienten teil, die „HBeAg-negativ“ waren (d. h. sie waren mit einem mutierten [veränderten] Virus infiziert, das zu einer Form der Hepatitis B geführt hatte, deren Behandlung schwieriger ist); an der zweiten Studie nahmen 272 Patienten teil, die „HBeAg-positiv“ (mit dem häufigsten Typ des Hepatitis B-Virus infiziert) waren. In beiden Studien wurde die Anzahl der Patienten, die auf die Behandlung nach 48 Wochen vollständig angesprochen hatten, untersucht; das vollständige Ansprechen war definiert als Viruslast im Blut von unter 400 Kopien/ml sowie als Rückgang der Lederschädigung, nachgewiesen durch eine Biopsie (bei der eine Probe Lebergewebe genommen und unter einem Mikroskop untersucht wird). Welchen Nutzen hat Viread in diesen Studien gezeigt? Bei HIV-infizierten Patienten bewirkte Viread bei Einnahme in Kombination mit anderen antiviralen Arzneimitteln eine Verringerung der Viruslast. In beiden Studien mit vorbehandelten Patienten kam es bei den Patienten, die Viread zusätzlich einnahmen, zu einer Abnahme der Viruslast um etwa 75 % nach vier und nach 24 Wochen, verglichen mit einem geringen Anstieg bzw. Rückgang der Viruslast von etwa 5 % in der Placebogruppe. Bei den nicht vorbehandelten Patienten war Viread ebenso wirksam wie Stavudin: nach 48 Wochen wiesen in der Viread-Gruppe ähnlich viele Patienten wie in der Stavudin-Gruppe eine Viruslast unter 400 Kopien/ml auf. Bei Patienten mit Hepatitis B war Viread wirksamer als Adefovir Dipivoxil. Nach 48 Wochen zeigten 71 % der HBeAg-negativen und 67 % der HBeAg-positiven Patienten unter Viread ein vollständiges Ansprechen, im Vergleich zu 49 % bzw. 12 % der Patienten unter Adefovir Dipivoxil. Welches Risiko ist mit Viread verbunden? Die häufigsten Nebenwirkungen von Viread (beobachtet bei mehr als 1 von 10 Patienten) sind Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe (Durchfall), Schwindel und Hypophosphatämie (niedrige Phosphatspiegel im Blut). Die vollständige Auflistung der im Zusammenhang mit Viread berichteten Nebenwirkungen ist der Packungsbeilage zu entnehmen. Viread darf nicht bei Patienten angewendet werden, die möglicherweise überempfindlich (allergisch) gegen Tenofovir, Tenofovir Disoproxilfumarat oder einen der sonstigen Bestandteile sind. Wie alle anderen NRTI kann auch Viread eine Laktatazidose (eine Ansammlung von Milchsäure im Körper) und bei den Kindern von Müttern, die Viread während der Schwangerschaft einnehmen, mitochondriale Funktionsstörungen (eine Schädigung der energieproduzierenden Zellbestandteile, die 2/3 zu Problemen mit dem Blut führen kann) verursachen. Wie bei anderen Arzneimitteln gegen HIV kann es bei Patienten, die Viread gegen die HIV-Infektion einnehmen, zu Lipodystrophie (Umverteilung des Körperfetts), Osteonekrose (Absterben von Knochengewebe) oder Immunreaktivierungssyndrom (Infektionssymptome durch Erholung des Immunsystems) kommen. Warum wurde Viread zugelassen? Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) gelangte zu dem Schluss, dass die Vorteile von Viread in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln bei der Behandlung von HIV-1-infizierten Patienten über 18 Jahre und zur Behandlung chronischer Hepatitis B bei Erwachsenen mit kompensierter Lebererkrankung mit nachgewiesener aktiver Virusreplikation, kontinuierlich erhöhten Serum-Alanin-Aminotransferase-(ALT)-Werten und histologischem Nachweis einer aktiven Leberentzündung oder Fibrose gegenüber den Risiken überwiegen. Daher empfahl der Ausschuss, die Genehmigung für das Inverkehrbringen von Viread zu erteilen. Viread wurde ursprünglich unter „außergewöhnlichen Umständen“ zugelassen, weil zum Zeitpunkt der ersten Genehmigung für die Behandlung von HIV-1-infizierten Patienten aus wissenschaftlichen Gründen nur begrenzte Informationen vorlagen. Nachdem das Unternehmen die geforderten zusätzlichen Informationen vorgelegt hatte, wurde die Genehmigung am 8. Juli 2005 vom Status der „außergewöhnlichen Umstände“ entbunden. Welche Maßnahmen werden zur Gewährleistung der sicheren Anwendung von Viread ergriffen? Das Unternehmen, das Viread herstellt, ein wird ein Informationsschreiben und Fortbildungsmaterial für Ärzte bereit stellen, das diese über die Wirkungen des Arzneimittels auf die Nieren unterrichtet und sie darauf hinweist, wann und wie das Arzneimittel bei Patienten mit Nierenproblemen angewendet werden kann. Weitere Informationen über Viread: Am 5. Februar 2002 erteilte die Europäische Kommission dem Unternehmen Gilead Sciences International Limited eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Viread in der gesamten Europäischen Union. Die Genehmigung für das Inverkehrbringen wurde am 5. Februar 2007 verlängert. Den vollständigen Wortlaut des EPAR für Viread finden Sie hier. Diese Zusammenfassung wurde zuletzt im 05-2008 aktualisiert. 3/3