1 1.5 Der Umkehrsatz Definition Sei B ⊂ Rn offen. Eine Abbildung f = (f1 , . . . , fm ) : B → Rm heißt in a ∈ B differenzierbar, falls alle Komponentenfunktionen f1 , . . . , fm in a differenzierbar sind. Die durch Df (a)(v) := (Df1 (a)(v), . . . , Dfm (a)(v)) gegebene lineare Abbildung Df (a) : Rn → Rm heißt die Ableitung von f in a. Die Matrix Jf (a) ∈ Mm,n (R), die Df (a) (bezüglich der Standardbasen) beschreibt, nennt man die Funktionalmatrix oder Jacobi-Matrix von f in a. (Es ist dann Df (a)(v) = v · Jf (a)> ). Die j-te Spalte der Funktionalmatrix Jf (a) ist der Vektor > Jf (a) · e> j = (Df (a)(ej )) = ∂f 1 ∂xj (a), . . . , ∂fm > (a) . ∂xj So erhält man: 5.1. Gestalt der Funktionalmatrix Jf (a) = ∂f1 (a) · · · ∂x1 .. . ∂fm (a) · · · ∂x1 ∂f1 (a) ∂xn .. . ∂fm (a) ∂xn ∇f1 (a) .. = . . ∇fm (a) Definition Ist n = m, also Jf (x) eine quadratische Matrix, so heißt det Jf (x) die Funktionaldeterminante oder Jacobi-Determinante von f in x. 5.2. Beispiele A. Ist n = m = 1, so ist Jf (a) = f 0 (a) die gewöhnliche Ableitung. B. Ist n beliebig und m = 1, so besitzt die skalare Funktion f nur eine Kompo ∂f ∂f nente. Also ist Jf (a) = (a), · · · , (a) = ∇f (a). ∂x1 ∂xn 2 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen C. Ist n = 1 und m beliebig, so ist f = (f1 , . . . , fm ) ein differenzierbarer Weg im Rn , mit m Komponenten, der aber nur von einer Variablen abhängt. Weil die verschiedenen Komponenten in verschiedenen Zeilen der Jacobi-Matrix stehen müssen, ist zwar Jf (a) = f 0 (a)> die gewöhnliche Ableitung, aber als Spaltenvektor geschrieben! D. Ist a ∈ Rn , so ist die Translation Ta : x 7→ x + a eine differenzierbare Abbildung von Rn nach Rn . Ist a = (a1 , . . . , an ), so ist Ta (x1 , . . . , xn ) = (x1 + a1 , . . . , xn + an ) und daher JTa (x) = En die Einheitsmatrix und det JTa (x) = 1 (beides unabhängig von x). E. Sei A ∈ Mm,n (R) eine beliebige Matrix, fA : Rn → Rm die durch fA (x) := x · A> definierte zugeordnete lineare Abbildung von Rn nach Rm . Sind a1 , . . . , an die Zeilen von A, so ist fA (x) = (x • a1 , . . . , x • an ). Da die Ableitung einer Linearform mit eben dieser Linearform übereinstimmt, ist DfA (x)(v) = (v • a1 , . . . , v • an ) = v · A> = fA (v), also JfA (x) = A, unabhängig von x. Die Funktionaldeterminante kann natürlich nur gebildet werden, wenn n = m ist. F. Sei f (x, y) := (ekx cos y, ekx sin y). Dann gilt: kx ke cos y −ekx sin y Jf (x, y) = kekx sin y ekx cos y und det Jf (x, y) = ke2kx cos2 y + ke2kx sin2 y = ke2kx . Wie bei den skalaren Funktionen steht auch für Abbildungen ein alternatives Kriterium für die Differenzierbarkeit zur Verfügung. 5.3. Grauert-Kriterium für die Differenzierbarkeit Sei B ⊂ Rn offen. Eine Abbildung f : B → Rm ist genau dann in x0 ∈ B (total) differenzierbar, wenn es eine in x0 stetige Abbildung ∆ : B → Mm,n (R) gibt, so dass gilt: f (x) = f (x0 ) + (x − x0 ) · ∆(x)> . Speziell ist dann ∆(x0 ) = Jf (x0 ). 1.5 Der Umkehrsatz 3 Beweis: Die Abbildung f = (f1 , . . . , fm ) ist genau dann in x0 differenzierbar, wenn alle Komponentenfunktionen fµ es sind, wenn es also in x0 stetige Funktionen ∆ν : B → Rn gibt, so dass fµ (x) = fµ (x0 ) + (x − x0 ) · ∆µ (x)> für µ = 1, . . . , m gilt. Wir definieren dann ∆(x) als die Matrix, deren Zeilen die Vektoren ∆µ (x) sind. Es ist klar, dass auch umgekehrt aus dem Kriterium die Differenzierbarkeit folgt. 5.4. Allgemeine Kettenregel Sei B ⊂ Rn offen, f : B → Rm in x0 ∈ B differenzierbar, U ⊂ Rm offen, f (B) ⊂ U und g : U → Rk in y0 = f (x0 ) differenzierbar. Dann ist g ◦ f : B → Rk in x0 differenzierbar und es gilt: D(g ◦ f )(x0 ) = Dg(f (x0 )) ◦ Df (x0 ) bzw. Jg◦f (x0 ) = Jg (f (x0 )) · Jf (x0 ). Beweis: Wir haben Darstellungen und f (x) = f (x0 ) + (x − x0 ) · ∆(x)> g(y) = g(y0 ) + (y − y0 ) · ∆∗ (y)> , wobei jeweils ∆ in x0 und ∆∗ in y0 stetig ist. Setzt man die Gleichungen ineinander ein, so erhält man g ◦ f (x) − g ◦ f (x0 ) = (f (x) − f (x0 )) · ∆∗ (f (x))> = (x − x0 ) · ∆(x)> · ∆∗ (f (x))> = (x − x0 ) · (∆∗ (f (x)) · ∆(x))> , mit einer in x0 stetigen Funktion x 7→ ∆∗ (f (x)) · ∆(x). Das zeigt, dass g ◦ f in x0 differenzierbar ist. Weil ∆(x0 ) = Jf (x0 ) und ∆∗ (y0 ) = Jg (y0 ) ist, folgt die Gleichung Jg◦f (x0 ) = ∆∗ (f (x0 )) · ∆(x0 ) = Jg (f (x0 )) · Jf (x0 ). Für die zugehörigen linearen Abbildungen gilt dann die analoge Beziehung D(g ◦ f )(x0 ) = Dg(f (x0 )) ◦ Dg(x0 ). 5.5. Folgerung Ist n = m = k, so ist det Jg◦f (x) = det Jg (f (x)) · det Jf (x). Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus dem Determinanten-Produktsatz. 4 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen 5.6. Beispiele A. Ist k = 1, also g : U → R eine skalare Funktion, so ist auch g ◦ f eine skalare Funktion und man erhält die Formel ∇(g ◦ f )(x) = ∇g(f (x)) · Jf (x). Mit f = (f1 , . . . , fm ) folgt dann für die einzelnen Komponenten die Formel (g ◦ f )xν = (gy1 ◦ f ) · (f1 )xν + · · · + (gym ◦ f ) · (fm )xν , für ν = 1, . . . , n. Um es noch deutlicher zu machen, betrachten wir den Fall n = m = 2 und bezeichnen die Variablen, von denen g abhängt, mit x und y und die Variablen, von denen f abhängt, mit u und v. Dann schreibt sich die obige Formel wie folgt: ∂g ∂f ∂g ∂f ∂(g ◦ f ) 1 2 = ◦f · + ◦f · ∂u ∂x ∂u ∂y ∂u ∂(g ◦ f ) ∂g ∂f1 ∂g ∂f2 und = ◦f · + ◦f · . ∂v ∂x ∂v ∂y ∂v B. Sei g(x, y) := 1/(x2 − y 2 ) und f (r, t) := (r cos t, r sin t). Es ist gx = −2x − y 2 )2 (x2 sowie Jf (r, t) = und cos t sin t gy = (x2 −r sin t r cos t 2y , − y 2 )2 . Dann folgt: und (g ◦ f )r = (gx ◦ f ) · (f1 )r + (gy ◦ f ) · (f2 )r 2r sin t −2r cos t = 4 · sin t 2 2 · cos t + 4 2 r (cos t − sin t) r (cos2 t − sin2 t)2 −2 = 3 2 r (cos t − sin2 t) (g ◦ f )t = (gx ◦ f ) · (f1 )t + (gy ◦ f ) · (f2 )t −2r cos t · (−r sin t) 2r sin t · (r cos t) = 2 2 + 4 4 2 r (cos t − sin t) r (cos2 t − sin2 t)2 4 sin t cos t = 2 . r (cos2 t − sin2 t)2 Bei solchen konkreten Aufgaben kann man natürlich auch f zuerst in g einsetzen und die dann entstandende Funktion von u und v direkt differenzieren. Welcher Weg einfacher ist, muss man von Fall zu Fall prüfen. 1.5 Der Umkehrsatz 5 C. Sei M ⊂ Rn eine offene Teilmenge mit der Eigenschaft, dass mit x ∈ M und λ ∈ R auch λx zu M gehört (man nennt eine solche Menge M auch eine Kegelmenge“). Eine differenzierbare Funktion f : M → R heißt homogen ” vom Grad p, falls f (λx) = λp · f (x) für jedes x ∈ M und jedes λ ∈ R gilt. Wir betrachten die Funktion g(λ) := f (λx) für ein festes x. Nach der Kettenregel ist g 0 (1) = ∇f (x) · x> . Wegen der Homogenität von f ist aber auch g(λ) = λp · f (x), also g 0 (1) = p · λp−1 · f (x) |λ=1 = p · f (x). Zusammen ergibt das die Euler’sche Homogenitätsgleichung Ist f homogen vom Grad p, so ist ∇f (x) • x = p · f (x). Zum Beispiel ist f (x, y) := x4 + y 4 − 4x2 y 2 eine homogene Funktion vom Grad 4 auf dem R2 . Es ist ∇f (x, y) = (4x3 − 8xy 2 , 4y 3 − 8x2 y), also ∇f (x, y) • (x, y) = 4x4 + 4y 4 − 16x2 y 2 = 4 f (x, y). Definition Es seien G1 , G2 ⊂ Rn Gebiete und f : G1 → G2 eine differenzierbare Abbildung. f heißt ein Diffeomorphismus, wenn f bijektiv und f −1 : G2 → G1 ebenfalls differenzierbar ist. Bemerkung: Ist f : G1 → G2 ein Diffeomorphismus, so ist einerseits Jf −1 ◦f (x) = Jid (x) = En und andererseits Jf −1 ◦f (x) = Jf −1 (f (x)) · Jf (x), also Jf −1 (f (x)) = Jf (x)−1 . 5.7. Beispiel Wir betrachten die ebenen Polarkoordinaten (x, y) = f (r, ϕ) = (r cos ϕ, r sin ϕ). Definitionsbereich ist R+ × R, die Bildmenge ist R2 \ {(0, 0)}. Leider ist f nicht injektiv, es ist ja f (r, ϕ) = f (r, ϕ + 2π). Die Menge R+ × [0, 2π) ist kein Gebiet, weil sie nicht offen ist. Also benutzen wir als Definitionsbereich das Gebiet G1 := R+ × (0, 2π). 6 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen ϕ 2π y G1 f π s x r ∈ R+ Jetzt ist f : G1 → R2 injektiv, aber was ist die Bildmenge? Nach wie vor kommt jeder Punkt (x, y) ∈ R2 als Bildpunkt vor, sofern er nicht auf der positiven x-Achse liegt. Also setzen wir G2 := R2 \{(x, y) : y = 0 und x ≥ 0}. Dann ist f : G1 → G2 eine bijektive differenzierbare Abbildung. Ist f nun auch ein Diffeomorphismus? Wir versuchen, die Umkehrabbildung zu bestimmen, d.h. zu einem gegebenen Punkt (x, y) ∈ G2 suchen wir ein (r, ϕ) ∈ G1 mit (x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ). p Dann ist auf jeden Fall x2 + y 2 = r2 , also r(x, y) = x2 + y 2 . Ist x 6= 0, so ist tan ϕ = y/x. Daraus folgt aber nicht, dass ϕ = arctan(y/x) ist, denn der Arcustangens nimmt nur Werte zwischen −π/2 und +π/2 an, während ϕ zwischen 0 und 2π liegen soll. Außerdem wird der Fall x = 0 dabei noch nicht berücksichtigt. Wir müssen also etwas sorgfältiger vorgehen. Dazu führen wir die Halbebenen H+ = {(x, y) ∈ R2 : y > 0}, H− = {(x, y) ∈ R2 : y < 0} und H0 = {(x, y) ∈ R2 : x < 0} ein. Sie sind offene Mengen, und es ist H0 ∪ H+ ∪ H− = G2 . Im folgenden verwenden wir einige Formeln aus der Trigonometrie: π π − t = sin t und sin − t = cos t, 2 2 t 1 • arctan t = arcsin √ = arccos √ , 1 + t2 1 + t2 π • arctan(1/t) = ± − arctan t, je nachdem, ob t > 0 oder t < 0 ist. 2 • cos 1. Fall: Ist (x, y) ∈ H+ , so setzen wir ϕ+ (x, y) := Dann ist x π − arctan ∈ (0, π). 2 y 1.5 Der Umkehrsatz und 7 x/y x cos(ϕ+ (x, y)) = sin arcsin p = p 1 + x2 /y 2 x2 + y 2 1 y sin(ϕ+ (x, y)) = cos arccos p = p . 1 + x2 /y 2 x2 + y 2 Offensichtlich ist (x, y) 7→ (r(x, y), ϕ+ (x, y)) eine Umkehrung der Polarkoordinaten, denn es ist f r(x, y), ϕ+ (x, y) = (x, y), r(r cos ϕ, r sin ϕ) = r und 1 π π π = − − arctan tan ϕ = ϕ. ϕ+ (r cos ϕ, r sin ϕ) = − arctan 2 tan ϕ 2 2 2. Fall: Ist (x, y) ∈ H− , so setzen wir x 3π − arctan ∈ (π, 2π). ϕ− (x, y) := 2 y 3. Fall: Ist (x, y) ∈ H0 , so setzen wir y π 3π ϕ0 (x, y) := π + arctan ∈ , . x 2 2 Auch in diesen beiden Fällen erhält man eine Umkehrung der Polarkoordinaten, und die Funktionen ϕ0 , ϕ+ , ϕ− sind differenzierbar. Ist y/x < 0, so ist arctan(y/x) = −π/2 − arctan(x/y). Auf H0 ∩ H+ ist x < 0, y > 0 und deshalb ϕ0 (x, y) = ϕ+ (x, y). Ist y/x > 0, so ist arctan(y/x) = π/2 − arctan(x/y). Auf H0 ∩ H− ist x < 0, y < 0 und deshalb ϕ0 (x, y) = ϕ− (x, y). Zusammen ergibt das eine differenzierbare Umkehrabbildung f −1 : G2 → G1 . 5.8. Lemma Sei M ⊂ Rn offen, F : M → Rn in x0 differenzierbar und det JF (x0 ) 6= 0. Außerdem habe f := kFk2 in x0 ein lokales Minimum. Dann ist F(x0 ) = 0. Beweis: Sei v ∈ Rn und α(t) := x0 + tv für −ε < t < ε. Dabei sei ε > 0 so klein gewählt, dass die Spur von α in M liegt. Weil f in x0 ein Minimum besitzt, ist d 0 = ∇f (x0 ) • v = (f ◦ α)0 (0) = (F ◦ α(t)) • (F ◦ α(t)) dt 0 = 2 · F ◦ α(0) • (F ◦ α)0 (0) = 2 · F(x0 ) • JF (x0 ) · v> = 2 · F(x0 ) • DF(x0 )(v) . Weil DF(x0 ) surjektiv ist, ist F(x0 ) • w = 0 für alle w ∈ Rn , also F(x0 ) = 0. 8 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen 5.9. Schrankensatz Sei B ⊂ Rn offen, K ⊂ B kompakt und konvex, F : B → Rm stetig differenzierbar und C := supK kDF(z)kop . Dann gilt für x, y ∈ K : kF(x) − F(y)k ≤ C · kx − yk. Beweis: Die Punkte auf der Verbindungsstrecke von x und y liegen in K. Nun sei f : [0, 1] → Rm definiert durch f (t) := F x + t(y − x) . Dann ist Z 1 kF(x) − F(y)k = kf (1) − f (0)k = k f 0 (t) dtk Z 1 Z 10 ≤ kf 0 (t)k dt = kDF x + t(y − x) (x − y)k dt 0 0 Z 1 ≤ kx − yk · kDF x + t(y − x) kop dt ≤ C · kx − yk. 0 5.10. Satz von der Umkehrabbildung Sei M ⊂ Rn offen, f : M → Rn stetig differenzierbar. Ist x0 ∈ M , f (x0 ) = y0 und det Jf (x0 ) 6= 0, so gibt es offene Umgebungen U (x0 ) ⊂ M und V (y0 ) ⊂ Rn , so dass gilt: 1. det Jf (x) 6= 0 für alle x ∈ U . 2. f : U → V ist bijektiv. 3. f −1 : V → U ist wieder differenzierbar. 4. Für x ∈ U und y = f (x) ist Df −1 (y) = (Df (x))−1 . Beweis: Ist det Jf (x) = 6 0, so nennt man f regulär in x. Die Funktionalmatrix Jf (x) ist dann eine invertierbare Matrix, und man kann die Umkehrmatrix (Jf (x))−1 bilden. Sei L := Df (x0 ), k := kL−1 kop > 0 und 0 < c < 1/k. Weil f stetig differenzierbar ist, gibt es ein ε > 0, so dass gilt: det Jf (x) 6= 0 und kJf (x) − Jf (x0 )kop < c für x ∈ Bε (x0 ). Wir setzen U := Bε (x0 ). Das ist eine (i.a. sehr kleine) offene, konvexe Umgebung von x0 in M , und die Aussage (1) gilt auf U . 1. Schritt: Die fundamentale Ungleichung 1.5 Der Umkehrsatz 9 Für w ∈ Rn ist kL−1 wk ≤ kL−1 kop · kwk = k · kwk. Da jeder Vektor w ∈ Rn die Gestalt w = Lv besitzt, folgt für beliebige Vektoren v ∈ Rn die Ungleichung kLvk ≥ 1 kvk. k Die Abbildung h := f − L : M → Rn ist ebenfalls stetig differenzierbar, und es ist supkDh(x)kop = supkDf (x) − Lkop = supkDf (x) − Df (x0 )kop ≤ c. x∈U x∈U x∈U Nach dem Schrankensatz ist nun kh(x) − h(y)k ≤ ckx − yk, für alle x, y ∈ U. Weil f (x) − f (y) = h(x) − h(y) + L(x − y) ist, folgt: kf (x) − f (y)k ≥ kL(x − y)k − kh(x) − h(y)k 1 ≥ kx − yk − ckx − yk k 1 − ck = kx − yk für x, y ∈ U. k Dabei ist 0 < ck < 1, also auch 0 < 1 − ck < 1. Insbesondere ist (1 − ck)/k > 0. 2. Schritt: Die Injektivität von f auf U Ist x 6= y, so ist kx − yk > 0, nach der fundamentalen Ungleichung also auch kf (x) − f (y)k > 0, d.h. f (x) 6= f (y). 3. Schritt: Die Stetigkeit der Umkehrabbildung Sei V := f (U ), v0 = f (u0 ) ein Punkt in V , ε > 0 und 0 < δ < (1 − ck)ε/k. Ist v = f (u) ∈ V mit kv − v0 k < δ, so folgt aus der fundamentalen Ungleichung: kf −1 (v) − f −1 (v0 )k = ku − u0 k ≤ k k kv − v0 k < δ < ε. 1 − ck 1 − ck 4. Schritt: Die Offenheit von V = f (U ) 1 − ck 1 − ck . Dann ist − α = 2α − α = α. 2k k Sei b0 = f (a0 ) ∈ V ein beliebiger Punkt und r > 0 so gewählt, dass Br (a0 ) ⊂⊂ U ist. Wir setzen ε := αr und wollen zeigen, dass Bε (b0 ) ⊂ f Br (a0 ) ⊂ V ist. Sei α := Dazu sei y∗ ∈ Bε (b0 ) fest, aber beliebig, und g(x) := kf (x) − y∗ k. Die stetige Funktion g nimmt auf Br (a0 ) ihr Minimum an. 1. Es ist g(a0 ) = kf (a0 ) − y∗ k = kb0 − y∗ k < ε = αr. 10 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen 2. Für x ∈ ∂Br (a0 ) ist kx − a0 k = r, also g(x) ≥ kf (x) − b0 k − kb0 − y∗ k 1 − ck > kx − a0 k − ε k 1 − ck = r − αr = αr. k Also nimmt g sein Minimum in einem Punkt x∗ im Innern der Kugel Br (a0 ) an. Dort wird auch kf (x) − y∗ k2 minimal, und nach dem Lemma muss dann f (x∗ ) = y∗ sein. Das bedeutet, dass y∗ in f (Br (a0 )) liegt, was zu beweisen war. 5. Schritt: Die Differenzierbarkeit der Umkehrabbildung Jetzt beweisen wir, dass f −1 in jedem Punkt y1 = f (x1 ) ∈ V differenzierbar ist. Da f in x1 differenzierbar ist, gibt es eine Darstellung f (x) = f (x1 ) + (x − x1 ) · ∆(x)> , mit einer in x1 stetigen Abbildung ∆ : U → Mn (R). Dann ist d(x) := det ∆(x) in x1 stetig und d(x1 ) 6= 0. Es gibt also eine offene Umgebung von x1 , auf der d(x) 6= 0 ist. Das bedeutet, dass ∆(x) dort invertierbar ist. Die Menge G := GLn (R) := {A ∈ Mn (R) : det(A) 6= 0} ist eine offene Teilmenge von Mn (R) und die Abbildung i : G → G mit i(A) := A−1 ist stetig, denn die Koeffizienten von A−1 sind rationale Funktionen der Koeffizienten von A (Cramer’sche Regel). Also ist auch ∆∗ (y) := i(∆(f −1 (y))) = ∆(f −1 (y))−1 stetig in y1 . Aus der Gleichung (f (x) − f (x1 )) · (∆(x)> )−1 = x − x1 folgt nun: f −1 (y) = f −1 (y1 ) + (y − y1 ) · ∆∗ (y)> . Das liefert die Differenzierbarkeit von f −1 in y1 und die Formel Df −1 (y1 ) = (Df (x1 ))−1 . Damit ist der Umkehrsatz bewiesen. 5.11. Beispiele A. Die Polarkoordinaten (x, y) = f (r, ϕ) = (r cos ϕ, r sin ϕ) haben wir schon an früherer Stelle betrachtet. Es ist cos ϕ −r sin ϕ det Jf (r, ϕ) = det = r. sin ϕ r cos ϕ In jedem Punkt (r, ϕ) mit r > 0 und ϕ ∈ R ist f also lokal umkehrbar. f : R+ × [0, 2π) → R2 \ {(0, 0)} ist sogar global umkehrbar. 1.5 Der Umkehrsatz 11 B. Sei f : R2 → R2 definiert durch f (x, y) := (x2 − y 2 , 2xy). Dann gilt: 2x −2y Jf (x, y) = , also det Jf (x, y) = 4(x2 + y 2 ). 2y 2x Damit ist det Jf (x, y) 6= 0 für (x, y) 6= (0, 0) und f überall außerhalb des Nullpunktes lokal umkehrbar. f ist aber nicht global umkehrbar, denn es ist z.B. f (−x, −y) = f (x, y). C. Zylinderkoordinaten: Sei G := {(r, ϕ, z) ∈ R3 : r > 0, 0 < ϕ < 2π und z beliebig} und Fzyl (r, ϕ, z) := (r cos ϕ, r sin ϕ, z). −r sin ϕ r cos ϕ 0 cos ϕ sin ϕ Dann ist JFzyl (r, ϕ, z) = 0 0 0 und det JFzyl (r, ϕ, z) = r. 1 Also ist Fzyl außerhalb der z-Achse ein lokaler Diffeomorphismus. z r r s Fzyl (r, ϕ, z) ϕ y x D. Räumliche Polarkoordinaten (Kugelkoordinaten): Sei G := {(r, ϕ, ψ) : r > 0, 0 < ϕ < 2π und − R3 definiert durch π 2 < ψ < π2 }, und Fsph : G → Fsph (r, ϕ, ψ) := (r cos ϕ cos ψ, r sin ϕ cos ψ, r sin ψ). 12 1 Differentialrechnung in mehreren Variablen Dann ist r der Abstand vom Nullpunkt, ϕ der Winkel in der x-y-Ebene gegen die positive x-Achse (also die geographische Länge) und ψ der Winkel des Radiusvektors gegen die x-y-Ebene (also die geographische Breite). z r s (r cos ϕ cos ψ, r sin ϕ cos ψ, r sin ψ) ψ ϕ y x Leider gibt es in der Literatur verschiedene Definitionen der Kugelkoordinaten. Ebenso gebräuchlich wie die obige Version ist die Abbildung e sph (r, θ, ϕ) = (r cos ϕ sin θ, r sin ϕ sin θ, r cos θ) F mit r > 0, 0 < θ < π und 0 < ϕ < 2π. Dabei ist θ der Winkel gegen die positive z-Achse, also θ + ψ = π/2, cos θ = cos(π/2 − ψ) = − sin(−ψ) = sin ψ und sin θ = sin(π/2−ψ) = cos(−ψ) = cos ψ. Die Reihenfolge der Koordinaten ist wichtig aus Gründen, die erst später erklärt werden können. Bei beiden Versionen ist die Funktionaldeterminante positiv. Man findet in der Literatur auch Variationen der Kugelkoordinaten, bei denen dies nicht der Fall ist, was relativ unsinnig ist. Im Falle der Abbildung F = Fsph ist θ1 = ψ und cos ϕ cos ψ −r sin ϕ cos ψ sin ϕ cos ψ r cos ϕ cos ψ det JF (r, ϕ, ψ) = det sin ψ 0 −r cos ϕ sin ψ −r sin ϕ sin ψ r cos ψ = sin ψ · r2 (sin2 ϕ sin ψ cos ψ + cos2 ϕ sin ψ cos ψ) + r cos ψ · r(cos2 ϕ cos2 ψ + sin2 ϕ cos2 ψ) = r2 sin2 ψ cos ψ + r2 cos3 ψ = r2 cos ψ. Für r > 0 und −π/2 < ψ < π/2 ist tatsächlich det JF (r, ϕ, ψ) > 0 und Fsph ein lokaler Diffeomorphismus.