Vortrag zur Erfülllungstheologie

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Vortrag von Robert Währer, Burgdorf, am IWS – Gebetstag in Bern am 5. April 2014
Beitrag zur „Erfüllungstheologie“
von Robert Währer
Liebe Beterinnen und Beter,
Eine neue Welle von Theologie schwappt seit einiger Zeit über unser Land und erfasst weite Kreise, vor allem evangelische. Sie hat den Namen ‚Erfüllungstheologie‘ erhalten. Ein markanter Vertreter dieser neuen Richtung ist der frühere anglikanische Bischof und jetzige Professor für Neues Testament an der Universität von St. Andrews in Schottland
namens N.T. Wright. An zwei ganztägigen Lehrveranstaltungen mit N.T. Wright im Januar auf Chrischona - an einer konnte ich teilnehmen - waren je gegen 400 vorwiegend jüngere Leute aus der ganzen Schweiz gekommen.
Warum dieses grosse Interesse an seinen Ausführungen, fragte ich mich. Meine persönliche Antwort: Weil es N.T.
Wright versteht, einer durch den zunehmenden Rationalismus verunsicherten Generation von Studenten und Verkündigern des Evangeliums neues Vertrauen in das Zeugnis des Neuen Testaments zu geben. Hauptthemen waren und sind bei
ihm: Die Bedeutung des Kreuzes Jesu Christi und die seiner Auferstehung. Das sind auch aus meiner Sicht sehr zentrale
Themen.
Warum wir hier diese Sache als besonderes Gebetsanliegen vorbringen ist dies: N.T. Wright präsentiert eine neue Interpretation der zentralen, christologischen Ereignisse, als deren Folge Israel seine heilsgeschichtliche Bedeutung nach
dem Kommen Jesu verloren hat.
Er sagt kurz und einfach gefasst Folgendes:
Das Kreuzesgeschehen und die Auferstehung seien der grosse Höhe- und Wendepunkt in den Erzählungen der Bibel.
Zu dem Thema „Die Geschichte des Gottesvolkes des AT und NT“, sagt er, dass sich Jesus mit Israel identifizierte und er
als Messias Israel repräsentierte. Der Tod Jesu wird also (ich zitiere seinen Weggefährten R. Behrens) „zu einem prophetischen Akt einer vorher nie angedachten Art der Stellvertretung: Jesus stirbt als Messias, als Repräsentant des Gottesvolkes, er stirbt stellvertretend den Tod des Gottesvolkes.“ Das meint, dass der Begriff ‚Volk Gottes‘ „seit Jesus nicht mehr
ethnisch definiert wird, sondern über das Vertrauen zu Israels Messias und die Nachfolge auf Jesu Weg der Gottesherrschaft“. „Das Israel, das überlebt, ist also das Israel, das aus ethnischen Juden besteht, die Jesus, ihrem Messias folgen,
und andererseits aus Heiden aller Völker, die ebenfalls Jesus folgen.“ (RB). Diese Neudefinition des Gottesvolks nimmt bei
N.T.Wright eine Schlüsselrolle ein. Das alte Israel ist also (mit Jesus) gestorben; ein neues Gottesvolk ist da. Die Verheissungen Gottes für Israel (z.B. die Rückkehr aus dem Exil und die Rückkehr Gottes nach Zion) sind in Jesu Tod und Auferstehung alle erfüllt. Dazu wird auf 2. Kor. 1,20 verwiesen: „Jesus Christus, Gottes Sohn, ist das Ja zu allem, was Gott verheissen.“
Im Klartext bedeutet das: Das ethnische Volk Israel ist theologisch erledigt. Es ist bedeutungslos für die Zukunft. Diese Theologie bewirkt also, wenn auch aus anderen Gründen, das Gleiche wie die uns seit vielen Jahrhunderten bekannte
Ersatztheologie: sie beraubt Israel seiner biblischen Verheissungen.
Diese Neuinterpretation von N.T. Wright ist meines Erachtens biblisch nicht zu begründen. Der Apostel Paulus z.B.,
ein Kronzeuge der jungen Gemeinde Jesu, sieht es ganz anders: Auch für ihn ist Tod und Auferstehung des Gottessohnes
der Wendepunkt schlechthin in der Heilsgeschichte. An diesem Wendepunkt wird das ethnische Israel aber nicht als
erledigt betrachtet, sondern erst recht einbezogen in die Zukunftspläne Gottes. So sagt er in Römer 15,8ff.: Christus ist
um der Wahrhaftigkeit Gottes willen Diener der Beschnittenen (der Juden) geworden, damit die Verheissungen
an die Väter bestätigt (bestätigt, nicht erfüllt!) werden.“ Hier wird ganz deutlich gesagt: Es geht in dieser Frage um die
Wahrhaftigkeit Gottes, um seine Glaubwürdigkeit. Gott ist absolut treu und sein Wort an Israel, sein Volk, zuverlässig.
Das ist der Boden, auf dem wir stehen.
Ich bin tief schockiert über die Tatsache, dass in unseren Tagen ernsthaften Christen erneut eine Verstehensmöglichkeit des Evangeliums angeboten wird, die dem jüdischen Volk den geistlichen Boden für sein Dasein überhaupt und
erst recht für sein Dasein im Land der Väter unter den Füssen wegzieht. Wir wissen aus der Geschichte, wohin das führt.
Es darf doch nicht wahr sein, dass wir Christen Israel erneut fallen lassen, und das im Namen seines Messias!!
Es ist also ganz dringend, dass wir beten und unseren Herrn um sein gnädiges Eingreifen bitten.
Gebetspunkte:
• Gute, breite Bibelkenntnis ist unabdingbare Voraussetzung zum Bestehen in den geistlichen
Herausforderungen unserer Zeit.
• Was ist menschliche Interpretation, was geistliche Sicht? Wir brauchen den Geist der Unterscheidung.
• Wir brauchen Kraft und Mut, zu Israel zu stehen und entsprechend zu handeln.
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