GELERNT IST GELERNT 74 GRUNDLAGEN Gleichstromtechnik (3): Elektrischer Widerstand und Ohmsches Gesetz 77 ELEKTRISCHE ANLAGEN PV-Anlagen wirksam schützen 79 AUS- UND WEITERBILDUNG Lernfabrik 4.0 Quelle: BZL 12.2016 GiG GELERNT IST GELERNT Am Bildungs- und Technologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik in Lauterbach (BZL): Teilnehmer und Dozent im zweiten Teil des Projektes »Visualisierung und Steuerung durch intelligente Gebäudeautomatisierung« mittels KNX und Smart Metering KONTAKT PFUSCH AM BAU: IHRE FOTOS SIND GEFRAGT! Ihre Fragen und Anregungen zur Rubrik »GiG – Gelernt ist Gelernt« senden Sie uns bitte an: Für unseren Fotowettbewerb der Rubrik »Fehlgriffe« suchen wir fortlaufend Fotos (Digital/Print) von fehlerhaften Elektroinstallationen. Senden Sie die Fotos, versehen mit Ihrem Namen, Ihrer Anschrift und einer kurzen Beschreibung der Fehlerart, bitte an: Marcel Diehl Hultschinerstr. 8, 81677 München Telefon: (0 89) 21 83 - 89 83 Telefax: (0 89) 21 83 - 89 89 [email protected] www.elektro.net Redaktion »de« – Fotowettbewerb Hultschinerstr. 8, 81677 München oder per E-Mail: [email protected] 73 Quelle: fotolia@Daniel Etzold GELERNT IST GELERNT Gleichstromtechnik (3): Elektrischer Widerstand und Ohmsches Gesetz GRUNDLAGEN Damit ein elektrischer Strom zum Fließen kommen kann, muss der Stromkreis geschlossen sein. Hierzu benötigen wir sogenannte »leitende Verbindungen«. Der Beitrag zeigt auf, warum Materialien unterschiedlich gut oder schlecht den Strom leiten. Ausgangspunkt: das Ohmsche Gesetz. D ie vorangegangene Folge (»de« 10.2016, S. 74–76) hatte als inhaltlichen Schwerpunkt die Größen »Strom« und »Spannung«. Es wurde auch ein Hinweis darauf gegeben, dass für einen Stromfluss neben der Spannung eine leitende Verbindung zwischen zwei Potentialpunkten (Anschlusspunkten mit unterschiedlichem Potential) bestehen muss. In der Gleichstromtechnik wird in dem Zusammenhang auch immer von unterschiedlicher »Polung« der Anschlusspunkte gesprochen. Das heißt, dass das Thema »Stromflussrichtung« auch eine gewisse Rolle spielt. Wir wissen aus vielen praktischen Versuchen, dass die Güte einer leitenden Verbindung zum einen Einfluss auf die Höhe des Stromflusses nimmt und zum andern eine vom Material abhängige Größe ist. Ebenfalls aus der Anwendungspraxis wissen wir, dass üblicherweise nicht die Güte der Leitung angegeben wird, sondern eher das Gegen- teil: Man kann die Qualität der Verbindung dadurch kennzeichnen, inwieweit der Strom in seinem Fluss gehindert wird. Diese »Strombehinderung« nennt sich »Widerstand«. OHMSCHES GESETZ Strom = Spannung Widerstand Spannung = Strom ⋅ Widerstand Widerstand = Spannung Strom Größengleichung U I= R U = I ⋅R R= U I Einheitengleichung A (Ampere) = V (Volt) Ω (Ohm) Quelle: fotolia@Juulijs Formel V (Volt) = A (Ampere) ⋅ Ω (Ohm) Ω (Ohm) = V (Volt) A (Ampere) Tabelle 1: Beziehung der Größen des Ohmschen Gesetzes zueinander Bild 9: Georg Simon Ohm 74 de 12.2016 GELERNT IST GELERNT Ohmsches Gesetz STOFFKLASSEN Leitfähigkeit und spezifischer Widerstand Zunächst möchte ich die materialabhängige Beeinflussung des elektrischen Widerstandes aufzeigen. Im Übrigen gibt es auch für den elektrischen Widerstand einen sogenannten Kehrwert. Dieser beschreibt nicht das Behindern des Stromflusses sondern eben das genaue Gegenteil: die Güte der Stromleitung. Man nennt diese Größe den Leitwert G. G= 1 R in 1 = S (Siemens) Ω Sowohl der Leitwert einer leitenden Verbindung, als auch der Widerstand eignen sich, um unterschiedliche Leitungseigenschaften bzw. Widerstände auszudrücken. Der Widerstand ist zum einen eine messbare physikalische Größe und zum anderen auch eine Bauteile-Bezeichnung. Es gibt Schichtwiderstände und Drahtwiderstände, was sich mehr auf die Herstellungsart bzw. das eingesetzte Material bezieht. Bezogen auf die Anwendung spricht man z. B. von Heizwiderständen etc. Um die Widerstandswerte rechnerisch zu ermitteln, benötigt man neben dem Leitungsquerschnitt auch noch eine stoffspezifische Größe. Dieses kann, je nach Verfügbarkeit der spezifischen Größe, entweder der spezifische Leitwert κ (Kappa) oder der spezifische Widerstand ρ (rho) sein. Beide Werte beziehen sich auf eine Leiterlänge von 1m und eine Querschnittsfläche von 1mm2. Neben Kappa sind für den speifischen Leitwert – der auch »Leitfähigkeit« genannt wird – auch die Formelzeichen (griechische Buchstaben) γ (Gamma) und σ (Sigma) üblich. In den Elektrohandwerken ist »Kappa« am gebräuchlichsten, daher werden wir in den weiteren Betrachtungen dabei bleiben. Die abgeleitete SI-Einheit der elektrischen Leitfähigkeit ist S / m (Siemens pro Meter): Lei tfäh igkeit κ = m m = Ω ⋅ mm2 Ω ⋅ 10−3 ⋅ m www.elektro.net Halbleiter Silizium Nichtleiter (Isolatoren) Porzellan Aluminium Germanium Glas Silber Selen Kunststoffe Tabelle 2: Einteilung von Werkstoffen in Stoffklassen (beispielhafte Aufzählung) Sie ist damit der Kehrwert des spezifischen Widerstandes. Der Widerstandswert eines Leiterwerkstoffes ist allerdings nicht nur vom Stoff selbst abhängig, sondern auch von der Wärme. Generell kann man bei metallischen Leitern davon ausgehen, dass der Widerstand mit steigender Temperatur größer wird (PTC-Verhalten) – darauf möchte ich im weiteren Verlauf der Reihe noch näher eingehen. Einteilung der Werkstoffe in Stoffklassen Damit die Leitfähigkeitswerte auch vergleichbar sind, werden sie immer bei einer Referenztemperatur von 20°C gemessen und angegeben. Die Variationsbreite der Werte für verschiedene feste Körper ist sehr groß daher gibt es die Grobeinteilung in die drei Stoffklassen: Leiter, Halbleiter und Nichtleiter (Tabelle 2). Elektrische Leiter Im ersten Beitrag (vgl. »de« 7.2016, Seite 74) erwähnte ich bereits, dass man zwischen Elektronenleitern und Ionenleitern unterscheidet. Elektronenleiter bestehen meistens aus Metallionen, die untereinander eine feste Bindung eingehen (Metallbindung). Deren Valenzelektronen (Elektronen auf der äußersten Schale des Atoms) werden dabei in sogenannte Elektronenwolken abgegeben. Die Atome werden dadurch zu positiven Ionen. Die Metallionen ordnen sich mit gleichmäßigem Abstand zueinander und bilden Minuspol Pluspol 1 spezifischer Widerstand ρ S κ = 1 in ρ m [ κ] = Leiter (Metalle) Kupfer Quelle: K.-H. Bleiß Das Verhalten der drei elektrotechnischen Grundgrößen Spannung, Strom und Widerstand innerhalb eines geschlossenen elektrischen Stromkreises, wird durch das »Ohmsche Gesetz« beschrieben. Dies ist wieder ein Beispiel für die Namensgebung einer elektrischen Einheit oder Größe. Georg Simon Ohm (Bild 9) entdeckte, dass sich Strom und Widerstand bei gleichbleibender Spannung reziprok (umgekehrt) verhalten. Anders betrachtet, ergibt sich im gleichen Stromkreis ein proportionales (verhältnisgleiches) Verhalten bei Spannung und Widerstand, wenn der Strom konstant bleibt. Das wird nun in der Praxis nicht so kompliziert ausgedrückt, sondern wie es sich für technisches Fachpersonal gehört, mit Hilfe von Formeln (Tabelle 1). Das Ohmsche Gesetz gilt als das Grundgesetz der Elektrotechnik. Mathematisch ist das Ohmsche Gesetz nicht sehr anspruchsvoll und dennoch tun sich einige Elektrofachkräfte damit schwer, in allen Situationen der Praxis das Gesetz anzuwenden und dafür die mathematischen Ansätze zu finden. Dazu möchte ich im Laufe dieser Serie noch einige Beispiele geben, die meine Aussage belegen sollen. ( Positives Metallion ) 2 = 106 ⋅ S 1 m ⋅ = 106 ⋅ m Ω m2 negatives Elektron Bild 10: Darstellung der physikalischen Stromflussrichtung 75 GELERNT IST GELERNT LEITFÄHIGKEIT GUTER LEITER Metall Leitfähigkeit Metall Leitfähigkeit Silber m κ = 60, 0 Ω ⋅ mm2 Zink κ = 16, 0 m Ω ⋅ mm2 Kupfer κ = 56, 0 m Ω ⋅ mm2 Nickel κ = 10, 5 m Ω ⋅ mm2 Aluminium κ = 45, 7 m Ω ⋅ mm2 Platin κ = 10, 2 m Ω ⋅ mm2 Gold κ = 36, 0 m Ω ⋅ mm2 Zinn κ = 8, 7 m Ω ⋅ mm2 Tabelle 3: Einige stoffspezifische Leitwerte wichtiger Metalle eine Gitterstruktur in der sich die freien Elektronen wie Wolken bewegen können (Elektronengas). Die negativ geladenen Elektronenwolken halten die positiv geladenen Metallionen zusammen, indem sie sich zwischen den positiven Ionen platzieren und damit deren abstoßende Wirkung aufheben. Setzt man den Leiter einer elektrischen Spannung aus, dann bewegen sich die Elektronen in Richtung des äußeren Pluspols (physikalische Stromflussrichtung, Bild 10). In Metallen ist die Zahl der freien Ladungsträger sehr groß (je Atom ein freies Elektron). Daher ist die auch elektrische Leitfähigkeit hoch. Die Leitfähigkeit guter Leiter liegt in der Größenordnung von 106 S/cm. Die Elementarladung eines Elektrons ist 10-19 C (Coulomb). Fließen durch einen Leiter eine Sekunde lang 1019 Elektronen, dann entspricht das einer Stromstärke von 1 A. Durch die feste Metallgitterstruktur mit den ortsfesten Metallionen bewirkt der Elektronenstrom keine Veränderung im Metall. Anders sieht es bei leitenden Flüssigkeiten (Elektrolyte), Schmelze und ionisierten Gasen (Ionenleiter) aus. Hier gibt es sowohl positive als auch negative Ladungsträger, die relativ frei beweglich sind. Durch den Ionenstrom entsteht eine Veränderung des Stoffs, bzw. es findet ein Stofftransport statt. Genutzt wird dieser Effekt z.B. in der Elektrolyse und in der Galvanotechnik. Beispiele für die spezifische Leitfähigkeit Die Leiterwerkstoffe mit der höchsten Leitfähigkeit sind Silber, dicht gefolgt von Kupfer (Tabelle 3). Da Kupfer zwar auch teuer, aber im Vergleich zu Silber doch wesentlich kostengünstiger ist, wird Kupfer auch vorwiegend als Material für metallische Leiter verwendet. Es lässt sich außerdem relativ leicht herstellen. Nur dann, wenn es auf eine sehr hohe Leitfähigkeit ankommt, insbesondere an der Außenhaut des Leiters, wird gelegentlich der Kupferdraht mit Silber überzogen. Reine Silberdrähte kommen eher selten in Einsatz. Abschließende Beispielaufgabe Wie groß ist die Stromaufnahme einer Spule, mit der mittleren Windungslänge lm=120 mm und einer Windungszahl von N = 1 000, wenn sie an U = 12 V betrieben wird. Der Drahtdurchmesser (blankes Kupfer) beträgt d = 0,26 mm. • Gegeben: lm=120 mm, N =1 000, κCu = 56 m / Ω ⋅ mm2, U = 12 V und d = 0,26 mm • Gesucht: Die Stromaufnahme I Über die mittlere Windungslänge berechnen wir zunächst die Gesamtlänge des Drahtes: l = lm ⋅ N l = 120 mm ⋅ 1000 = 120m Zusätzlich benötigen wir nicht den Durchmesser, sondern die Querschnittsfläche des Drahtes: d2 ⋅ π 4 0, 262 ⋅ mm2 ⋅ π A= 4 A = 0, 053093 mm2 A= Ausgangspunkt für die weitere Berechnung sind zwei Formeln: R= l ⋅ρ l oder R = A A⋅κ Wir entscheiden uns für die Formel mit dem spezifischen Leitwert κ: Halbleiter Die elektrische Leitfähigkeit der Halbleiter liegt wertemäßig zwischen der von Metallen (Leitern) und Isolatoren. Halbleiter unterscheiden sich von Leitern dadurch, dass die Valenzelektronen erst durch äußere Einflüsse, wie Druck, Temperatur, Belichtung oder magnetische Felder frei werden und somit erst danach eine relativ gute Leitfähigkeit einsetzt. Halbleiterwerkstoffe sind z.B. Silizium, Germanium und Selen (Tabelle 2). Die größte Bedeutung haben aktuell in der modernen Elektronik die Silizium-Halbleiter-Bauelemente. Nichtleiter (Isolatoren) Zu den Nichtleitern zählen: • feste Stoffe, wie viele Kunststoffe, Gummi, Glas, Porzellan, Papier • Flüssigkeiten, wie reines Wasser (H2O), Öle und Fette • Vakuum und Gase unter bestimmten Bedingungen. Man verwendet Isolatoren oder Isolierstoffe, um elektrische Leiter voneinander elektrisch zu trennen (isolieren) bzw. einen Berührungsschutz für Menschen und Tiere zu realisieren. In Isolatoren geht die Zahl der freien Ladungsträger gegen 0. Die elektrische Leitfähigkeit ist deshalb auch vernachlässigbar. Die Leitfähigkeit von guten Isolatoren liegt bei 10-18 S / cm. 76 l 120 m ⋅ Ω ⋅ mm2 = A ⋅ κ 0, 053093 mm2 ⋅ 56 m R = 40, 3604 Ω R= Mit dem errechneten Wert und der Anschlussspannung ermitteln wir die Stromaufnahme: U 12 V = = 0, 29732 A R 40, 3604 Ω I = 297 mA I= Die Zusammenhänge zwischen den elektrischen Grundgrößen sind damit genügend besprochen. In der kommenden Folge widmen wir uns der Temperaturabhängigkeit von Widerständen. (Fortsetzung folgt) AUTOR Karl-Heinz-Bleiß Fachautor Hatten de 12.2016 GELERNT IST GELERNT PV-Anlagen wirksam schützen ELEKTRISCHE ANLAGEN Dieser Beitrag dient als Ergänzung der Reihe »Überstromschutzorgane« und zeigt, dass der Elektrofachmann hier seine Kenntnisse bezüglich Anlagenschutz ausbauen muss. D ie PV-Anlage wurde geplant, errichtet und alle Komponenten wurden fachmännisch installiert. Schließlich wird sie angefahren und ... nichts funktioniert. Nach kurzer Suche findet sich die Ursache: In einer Gehäusedurchführung des PV-Inverters war die Niederspannungsleitung abgequetscht, es gab einen Erdschluss und die Niederspannungssicherung hat den Kurzschlussstrom nicht nur begrenzt, sondern auch den schadhaften Zweig vom Netz getrennt. Daraufhin wird der Schaden behoben, die Sicherung getauscht und die Anlage problemlos in Betrieb genommen. So ist es gut, dass die Anlage und ihre Komponenten wirksam geschützt waren. Wirksam geschützt ist sie, wenn die in den einzelnen Netzabschnitten zwischengeschalteten Sicherungen entsprechend der für sie gültigen Norm richtig bemessen sind. Diese Normen werden schon seit Jahrzehnten angewandt für den Schutz des Netztransformators, der Niederspannungsleitungen, den Leistungshalbleitern im PV-Umrichter und, wenn auch erst seit einigen Jahren, der PV- Strings oder Arrays. Genormte Sicherungen in den unterschiedlichen Netzabschnitten Ermittlung der Bemessungsdaten der gPV-Sicherungen Sicherungen nach VDE 0636-6 bzw. IEC 60269-6 berücksichtigen die Besonderheiten zum Schutz im DC-Bereich des PV-Generators. Für die hier genormten Sicherungen wurde die Betriebsklasse »gPV« eingerichtet und sie sind durch ein eigenständiges Symbol gekennzeichnet. (Bild 2a und 2b) Die Norm baut auf den allgemeinen Vorgaben für Sicherungen aus VDE 0636-1 auf und berücksichtigt Sicherungseinsätze zum Schutz von PV-Strings und PV-Arrays bis zu einer Bemessungsspannung von DC 1500V. Es werden Festlegungen für folgende Größen getroffen: • Nichtauslösestrom Inf. Dieser beträgt 1,13 ⋅ In. Dies ist der Strom, den die Sicherung unter vorgegebenen Bedingungen und innerhalb einer festgelegten Zeit gerade noch führen kann, ohne abzuschalten. • Auslösestrom If. Dieser beträgt 1,45 ⋅ In. Dies ist der Strom, den die Sicherung unter vorgegebenen Bedingungen und innerhalb einer festgelegten Zeit ausschaltet Quelle: U. Haas, Siba Betrachtet man die PV-Anlage vom Generator bis zum Mittelspannungsnetz, sind unterschiedliche Sicherungstypen in den einzelnen Netzabschnitten zu finden (Bild 1). Wegen der verschiedenen Spannungsebenen sowie der zugeordneten Schutzaufgabe werden Hochund Niederspannungs- sowie Geräteschutzsicherungen eingesetzt. So ist es die Aufgabe der Hochspannungssicherungen, bei einem mittelspannungsseitigen Fehler den Kurzschlussstrom zu begrenzen und den Transformator von der (PV-)Anlage zu entkoppeln. Niederspannungsseitig obliegt den NH-Sicherungen der Leitungsschutz, und – je nach Einspeisung und Verschaltung – können eine Reihe dieser Sicherungen hintereinander geschaltet sein. Bei größeren Um- richtern werden Halbleiterschutz-Sicherungen verwendet, welche für den Kurzschlussfall auf die Werte der Leistungshalbleiter abgestimmt sind. Nicht zuletzt sollten auch noch eine Vielzahl von Kleinstsicherungen erwähnt werden, die in den Geräten für einen Überlast- oder Kurzschlussschutz sorgen. Im Generator selbst werden spezielle PV-Sicherungen verwendet, die auf den Summenstrom des Teilgenerators ausgerichtet sind. Selektiv dazu dienen PV-Stringsicherungen dem Schutz in der Modulkette. Alle diese Sicherungstypen werden durch eigene Normen abgedeckt. Die Literaturübersicht gibt einen Überblick, was die entsprechenden nationalen und internationalen Standards betrifft. Bild 1: Überlast- und Kurzschlussschutz vom PV-Generator bis zum Mittelspannungstransformator www.elektro.net 77 GELERNT IST GELERNT Quelle: U. Haas, Siba Bild 2a: Symbol für »gPV« ❯ Bild 2b: Entsprechend gekennzeichnete Sicherungseinsätze • Zeitkonstante für den Kurzschlusskreis mit τ = 1… 3 ms • Ausschaltvermögen mit Ik = > 10 kA und • eine zeitraffende Belastungsprüfung mit 9 000 Zyklen, welche die Stromtragfähigkeit der Sicherung entsprechend der zyklischen Belastung in einer PV-Anlage nachbildet. Darüber hinaus werden im Anhang AA Beispiele standardisierter Sicherungseinsätze für die Anwendung in PV-Generatoren aufgelistet: • Zylindrische Ausführungen im Maß 10 x 38 mm bis 22 x 127 mm • NH-Sicherungen in unterschiedlichen Baugrößen bis NH3L. Für den Anwender von besonderer Wichtigkeit ist der Anhang BB, da hier Absicherungsempfehlungen getroffen werden. So wird unter Berücksichtigung einer niedrigsten Umgebungstemperatur von -25° C für die Bemessungsspannung ein Wert von 1,2-facher Leerlaufspannung vorgegeben. Als kleinster Sicherungs-Bemessungsstrom (bei einer Umgebungstemperatur von +45° C und einer Bestrahlungsstärke von 1 200 W/ m²) wird der 1,4-fache String-Kurzschlussstrom empfohlen: • In ≥ Isc_mod ⋅ 1,4 (bei einem Modul-Kurzschlussstrom von 7,9 A sollte der Sicherungsbemessungsstrom also mindestens 12 A betragen). Normung vs. Betriebserfahrung Nicht selten sind höhere Werte der Umgebungstemperatur oder der Bestrahlungsstärke zugrunde zu legen. In diesen Fällen ist eine detailliertere Berechnung notwendig. Bei einer anzunehmenden Bestrahlungsstärke von 1400 W/m² (entgegen dem Standardwert von 1000 W/m²) und einer Umgebungstemperatur von 60°C (entgegen dem Standardwert von 25°C) ergibt sich für den Bemessungsstrom: • In ≥ Isc_mod ∙ 1,7 (bei einem Modul-Kurzschlussstrom von 7,9 A sollte in diesem Fall der Sicherungsbemessungsstrom mindestens 16 A betragen). Während die vorangegangene Berechnung für den Stringschutz häufiger angewandt wird, hat sich bei der Auswahl der Sicherungen für den Sub-Array- und Array-Schutz der höhere Faktor etabliert. In diesem Fall übernimmt die Sicherung den Leitungsschutz und damit ist auch das Iz des Kabels zu berücksichtigen. Fazit Sicherungen in PV-Anlagen bieten ein Höchstmaß an elektrischer Sicherheit, wenn es zu unzulässigen Überlastströmen und Kurzschlüssen kommt. Voraussetzung dazu ist allerdings die richtige Aus- 78 legung hinsichtlich des Bemessungsstroms, der Bemessungsspannung und der Betriebsklasse. Die in den Netzzweigen jeweils infrage kommenden Sicherungsnormen geben Hinweise zur Anwendung der Schutzorgane. Mit Sicherungen nach VDE 0636-6 werden auch »die ersten Meter« des PV-Generators elektrisch geschützt. Damit stehen Sicherungen zur Verfügung, welche die Besonderheiten des PV-Generators berücksichtigen. Die Sicherungen weisen eine Ganzbereichscharakteristik auf, sind für die DC-Anwendung vorgesehen und ebenso auf die in typischen Anlagen zu erwartenden elektrischen wie thermische Lastwechsel ausgerichtet. Literatur [1] VDE 0670-4 Hochspannungssicherungen – Teil 1: Strombegrenzende Sicherungen (Mai 2015) Deutsche Fassung EN 602821:2009 + A1:2014 [2] VDE 0636-1 Niederspannungssicherungen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen (Mai 2015) Deutsche Fassung EN 60269-1:2007 + A1:2009 + A2:2014 [3] VDE 0636-2 Niederspannungssicherungen – Teil 2: Zusätzliche Anforderungen an Sicherungen zum Gebrauch durch Elektrofachkräfte bzw. elektrotechnisch unterwiesene Personen (Sicherungen überwiegend für den industriellen Gebrauch) – Beispiele für genormte Sicherungssysteme A bis I (Sept.2014) Deutsche Fassung HD 60269-2:2013 [4] VDE 0636-4 Niederspannungssicherungen – Teil 4: Zusätzliche Anforderungen an Sicherungseinsätze zum Schutz von HalbleiterBauelementen (Ja. 2013) Deutsche Fassung EN 60269-4:2009 + A1:2012 [5] VDE 0636-6 Niederspannungssicherungen – Teil 6: Zusätzliche Anforderungen an Sicherungseinsätze für den Schutz von solaren, photovoltaischen Energieerzeugungssystemen (Nov. 2011) Deutsche Fassung EN 60269-6:2011 [6] VDE 0820-2 Geräteschutzsicherungen – Teil 2: Feinsicherungseinsätze (Juli 2015) Deutsche Fassung EN 60127-2:2014 AUTOR Heinz Ulrich Haas, Siba GmbH Obmann des DKE im Arbeitskreis 541.1.5 Halbleiterschutzsicherungen de 12.2016 GELERNT IST GELERNT Lernfabrik 4.0 Württemberg setzt mit diesem Förderprojekt ein Zeichen: »Lernfabrik 4.0« als Vorbereitung der zukünftigen Fachkräfte auf die Herausforderung der digitalen Arbeitswelt. Die Heinrich-HertzSchule, Karlsruhe bekam den Zuschlag und ist eine von 15 Lernfabriken. Wir befragten dazu den stellvertretenden Schulleiter Andreas Hörner. D Quelle: M. Link, HHS AUS- UND WEITERBILDUNG Das Land Baden- Quelle: M. Link, HHS ie sogenannte »Industrie 4.0« wird die Produktions- und Arbeitsbedingungen nachhaltig verändern. Um die zukünftigen Fachkräfte gut auf die neue digitale Arbeitswelt vorzubereiten, werden erste Schulen zu »Lernfabriken« eingerichtet (s. Foto, Umbau der HHS). So heißt es in der Ausschreibung des Wirtschaftsministeriums: »Um Fach- und Nachwuchskräfte auf die Anforderungen der Industrie 4.0 vorzubereiten, fördert das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Einrichtung von Lernfabriken 4.0 an beruflichen Schulen. In den Lernfabriken werden die Schülerinnen und Schüler an die Bedienung von Anlagen auf der Basis realer Industriestandards heran geführt. (…) Die Lernfabrik 4.0 ist ein Labor, das im Aufbau und in der Ausstattung industriellen Automatisierungslösungen gleicht und in dem Grundlagen für anwendungsnahe Prozesse erlernt werden können. Maschinenbau und Elektrotechnik werden dabei durch professionelle Produktionssteuerungssysteme verknüpft. Zielgruppen (...) sind Auszubildende in dualen Ausbildungsgängen der Fachbereiche Metall- und Elektrotechnik, sowie Andreas Hörner Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Technikerschulen oder an Weiterbildungslehrgängen aus mittelständischen Unternehmen.« Fragen an Andreas Hörner »de«: Herr Hörner, Sie haben als einer von 15 Standorten vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg den Zuschlag für eine Lernfabrik 4.0 erhalten. Wie kam es dazu? A. Hörner: Wir erstellten ein detailliertes Konzept zur Umsetzung von »Industrie 4.0« im Unterricht an unserer Schule. Hierfür kooperieren wir auch mit unserer Nachbarschule, der Carl-Benz-Schule. Damit verbinden wir deren Kompetenzen in der Mechanik mit unserer Kompetenz in Sachen Elektro- und Informationstechnik. Alles in allem hat dieses überzeugende Konzept das Ministerium, die Stadt Karlsruhe und zahlreiche regionale Sponsoren dazu bewogen, uns gemeinsam die ausgeschriebene Fördersumme von 1 Mio. € zur Verfügung zu stellen. »de«: Solche Einrichtungen vermutet man ja zunächst eher im universitären Bereich. Warum ist es auch Ihrer Sicht wichtig, diese Art von Anlagen nun auch an den berufsbildenden Schulen zu installieren? www.elektro.net A. Hörner: Allgemein sehe ich es so, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland davon nur profitieren kann. Bezogen auf die Ebene des Bundeslands Baden-Württemberg stärken wir dadurch aber auch die Technologieregion Karlsruhe mit gut ausgebildeten Fachkräften in Industrie- und Handwerk, die dann ihren Beruf mit einem großen Praxisbezug erlernt haben. »de«: Wie passen Sie den Unterricht an die sicherlich hohen Anforderungen an? A. Hörner: Für die berufliche Erstausbildung erstellen wir neue didaktische Konzepte. Hier bietet die Lernfeldkonzeption mit ihrem an den Bedarf der Betriebe angepassten Inhalten der neu geordneten Ausbildungsberufe die optimale Basis. Den Unterricht gestalten wir problem- und handlungsorientiert. Dabei lernen Kleingruppen an konkreten Aufgaben aus der beruflichen Praxis. Dies gilt in gleichem Maße für die berufliche Weiterbildung. Zusätzlich ist beabsichtigt, dass hier noch Projektund Abschlussarbeiten erstellt werden. »de«: Welche Schnittmenge mit Industrie 4.0 sehen Sie dabei für das Handwerk und dessen Ausbildungsberufe? A. Hörner: Zunächst sehe ich darin keinen Nachteil für das Handwerk, ganz im Gegenteil: Ohne die gut ausgebildeten und leistungsfähigen Fachkräfte aus dem Handwerk wird die Digitalisierung und Vernetzung der gesamten Wertschöpfungskette – ein wesentliches Element von Industrie 4.0 – nicht umsetzbar sein. Aus meiner Sicht wachsen in Zukunft die Ausbildungsberufe aus Handwerk-, Industrieund IT-Sektor ohnehin immer mehr zusammen. »de«: Herr Hörner, vielen Dank für das Gespräch. AUTOR Marcel Diehl Redaktion »de« 79