6.1 Die wichtigsten Messgrößen Einleitung 6.1.1 Strom,Spannung

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Elektrische Energie ist heutzutage die handlichste aller Energieformen. Sie lässt sich vielseitig nutzen und nahezu überall bereithalten, sofern ein dichtes Netz von Kraftwerken, Überlandleitungen, Umspannstationen, Kabeln und Steckdosen erst einmal installiert worden ist. Allerdings
kann der Mensch auch diesen technischen Komfort nur unter Gefahr für Leib und Leben nutzen:
Die Verhütung elektrischer Unfälle verlangt permanente Aufmerksamkeit. Die Natur hat organisches
Leben untrennbar mit elektrischen Erscheinungen verknüpft. Das ermöglicht Unfälle, aber auch
segensreiche Geräte für Diagnose (Elektrokardiograph) und Therapie (Herzschrittmacher). Zwischen
elektrischen und magnetischen Feldern besteht eine so enge Verbindung, dass der Magnetismus mit
unter der Überschrift „Elektrizitätslehre“ besprochen werden kann.
a81 a00002
6.1 Die wichtigsten
Messgrößen
4000006
Einleitung
Wo immer elektrische Erscheinungen
quantitativ behandelt werden, spielen die drei Messgrößen elektrische Spannung, elektrischer Strom und elektrische Ladung wichtige Rollen.
a81 a000021
6.1.1 Strom, Spannung, Ladung
Um ein Elektrokardiogramm (EKG) aufzeichnen zu können, muss der Arzt seinem
Patienten mindestens drei Elektroden anschnallen, an beide Handgelenke und ein
Fußgelenk, meist auch noch einige mehr auf
die Brust. Alle werden durch elektrisch leitende Kupferlitzen mit dem Kardiographen
verbunden.Wenn alles in Ordnung ist, zeichnen die Schreibstifte des Kardiographen
mehrere Kurven auf seinen Registrierstreifen, von denen eine so aussieht wie die der
rAbb. 6.1. Ihre medizinische Bedeutung
braucht hier nicht behandelt zu werden. Jedenfalls zuckt der Schreibstift synchron zum
Puls des Patienten. Offensichtlich ist das Herz
nicht nur eine pulsierende Pumpe für das
Blut, sondern auch eine pulsierende Quelle
elektrischer Energie.
Wer sich Grundkenntnisse in einem ihm
neuen Gebiet aneignen will, beginnt zweckmäßigerweise nicht mit dem Komplizierten.
So reizvoll das EKG auch sein mag, es gibt
einfachere Quellen elektrischer Energie als
ausgerechnet Wirbeltierherzen. Allgegenwärtig ist die Steckdose, aber man darf sich
ihrer nur mit Vorsicht bedienen: Sie kann
durchaus lebensgefährliche Schläge austeilen. Für erste Experimente eignet sich eine
Taschenlampenbatterie darum besser. Man
braucht die Elektrochemiker ja nicht zu fragen, wie sie funktioniert.
Schraubt man ein Taschenlampenbirnchen
in eine passende Fassung und verbindet man
deren Klemmen durch Kupferdrähte mit den
Polen eine Taschenlampenbatterie, so leuchtet das Lämpchen auf (rAbb. 6.2). Elektrotechniker beschreiben diesen einfachen
Stromkreis mit einer Schaltskizze nach Art
der rAbb. 6.3. Das liegende Kreuz im Kreis
steht für eine Glühbirne, die beiden ungleichen Querstriche entsprechen der Batterie,
die Drähte werden durch gerade Linien re-
Abb. 6.1. Elektrokardiogramm eines gesunden Menschen;
unten Zeitmarken im Sekundenabstand,Pulsfrequenz demnach ca. 72/min = 1,2 Hz
6.1 Die wichtigsten Messgrößen
|
165
Abb. 6.2. Batterie und Glühbirne als geschlossener Stromkreis
Abb. 6.3. Schaltskizze zur Schaltung von Abb. 6.2
präsentiert. Weil es übersichtlicher ist, setzt
man sie aus senkrechten und waagerechten
Geraden zusammen, auch wenn die Drähte
krumm und schief im Gelände liegen sollten. In der Skizze ist noch zusätzlich ein
Schalter eingezeichnet. Öffnet man ihn, so erlischt die Glühbirne. In der fotografierten
Schaltung würde man zu diesem Zweck einen der beiden Drähte an einem seiner beiden Enden abklemmen. Ein elektrischer
Strom fließt nur in einem geschlossenen
Stromkreis, und er fließt nur, wenn eine elektrische Spannung im Kreis ihn dazu anhält.
Diese Formulierungen erwecken den Eindruck, als wisse man, dass in einem Stromkreis etwas „Elektrisches“ in ähnlicher Weise
ströme wie beispielsweise Wasser in einer
Wasserleitung oder Blut in den Adern eines
Menschen. Ganz falsch ist dieser Eindruck ja
auch nicht.Aber es hat vielen Forschern und
vielen Technikern ungezählte Arbeitsstunden gekostet, um im Einzelnen herauszufinden, was da im Einzelfall strömt und es wird
etlicher Seiten dieses Buches bedürfen, um
166
| 6 Elektrizitätslehre
wenigstens die wichtigsten Erkenntnisse
vollständig darzustellen. An dieser Stelle
kann soviel gesagt werden:
Ein elektrischer Leitungsstrom transportiert elektrische Ladung, und zwar dadurch,
dass elektrisch geladene, submikroskopische
Teilchen im Leiter entlangströmen, sog. Ladungsträger. Speziell im Metall sind das
Elektronen, also die kleinsten und leichtesten
unter den sog. Elementarteilchen, aus denen
sich alle Materie der Welt zusammensetzt. Im
Metall sind Elektronen als bewegliche Ladungsträger allemal vorhanden, ob nun ein
Strom fließt oder nicht. Die Spannung der
Batterie erzeugt sie nicht, sie setzt sie lediglich in Bewegung. Dabei treten aus dem einen Pol der Batterie ebenso viele Elektronen
heraus und in das eine Ende des einen Drahtes hinein wie aus dem anderen Ende des anderen Drahtes heraus in den anderen Pol der
Batterie hinein.
Wie misst man einen elektrischen Strom?
Im Einzelnen kann dies hier noch nicht dargelegt werden.Als Experimentator darf man
sich aber darauf verlassen, dass die Hersteller im Handel erhältlicher Strommesser
schon wissen, wie man brauchbare Instrumente herstellt und eicht. Im Internationalen Einheitensystem ist der elektrische Strom
Basisgröße, bekommt die Basiseinheit Ampere = A (zu Ehren von André Marie Ampère, 1775–1836) und üblicherweise das Buchstabensymbol I. Zuweilen wird der Strom I
auch Stromstärke genannt. Bei Spannungsmessern verlässt man sich ebenfalls auf den
Fachhandel. Die elektrische Spannung bekommt die SI-Einheit Volt = V (zu Ehren von
Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio Volta, 1745–1827) und üblicherweise den Kennbuchstaben U.
Wer sich noch nicht auskennt, den mag
überraschen, dass er in Laboratorien häufig
sog. Vielfachinstrumente vorfindet, die nicht
nur über mehrere Messbereiche verfügen,
sondern sowohl Ströme als auch Spannungen zu messen vermögen. Wieso sie beides
können, wird erst später klar. Folgendes
überlegt man sich aber leicht: Ein Strommesser misst nur denjenigen Strom, der
Ändert sich I mit der Zeit, muss integriert
werden:
t1
elektrische Ladung DQ = ∫ I (t ) ⋅ dt .
t0
Abb. 6.4. Ein Strommesser wird in Reihe mit dem„Verbraucher“ geschaltet
Daraus folgt als SI-Einheit der Ladung die
Amperesekunde A · s. Sie wird auch Coulomb
genannt (zu Ehren von Charles Augustin de
Coulomb, 1736–1806) und C geschrieben.
F
Abb. 6.5. Ein Spannungsmesser wird parallel zu Batterie
und Glühbirne („Verbraucher“) geschaltet
durch das Messwerk zwischen seinen beiden
Anschlussklemmen hindurchläuft, das Instrument muss im Stromkreis liegen, mit
Batterie und Glühbirne in Reihe (oder auch
in Serie), rAbb. 6.4. Dabei ist es gleichgültig, auf welcher Seite es sich im Stromkreis
befindet, rechts oder links. Ein Spannungsmesser hingegen soll die Spannung der Batterie unbeeindruckt vom restlichen Stromkreis messen. Er muss parallel zu der Batterie und dem Lämpchen geschaltet werden
(rAbb. 6.5). Die Batterie hat eine Spannung
zu liefern, damit der Strom fließen kann. Sie
muss eine Spannungsquelle sein, aber ebenso auch eine Stromquelle.
Wenn ein Strom fließt, wird elektrische Ladung zwar transportiert, alles in allem aber
nur im Stromkreis herumgeschoben. In Gedanken kann man sich an eine bestimmte
Stelle des Kreises setzen und die dort in der
Zeitspanne Dt vorbeigelaufene Ladung DQ
bestimmen. Sie wächst mit der Stromstärke I.
Bei zeitlich konstantem Strom I0 genügt einfache Multiplikation:
DQ = I0 · Dt.
Elektrischer Strom I, Basisgröße des
Internationalen Einheitensystems,
Einheit Ampere = A.
Elektrische Spannung U, abgeleitete Größe,
Einheit Volt = V.
t1
Elektrische Ladung DQ = ∫ I ( t ) ⋅ dt , Einheit
t0
Coulomb = C.
In welcher Richtung fließt denn nun der
Strom im Stromkreis herum, in welcher
Richtung die Elektronen, mit dem Uhrzeiger
oder gegen ihn? Schaut man eine Taschenlampenbatterie genau an, so findet man in
der Nähe des einen Pols ein stehendes Kreuz,
ein Plus-Zeichen; es markiert den sog. Pluspol. Dann versteht sich auch ohne Markierung, dass der andere Pol der Minuspol ist.
Das ist Konvention, man hätte auch rote und
grüne Punkte malen können. Man sagt nun
ferner, im äußeren Teil des Stromkreises fließe der Strom vom Pluspol zum Minuspol,
von Plus nach Minus. Auch das ist Konvention, und darum spricht man von der konventionellen Stromrichtung. Später hat sich
nämlich herausgestellt, dass die Elektronen
negative elektrische Ladung tragen und im
Draht der konventionellen Stromrichtung
entgegenströmen. Generell sieht man einen
Stromkreis als „geschlossen“ an und muss
darum sagen, nur außen fließe der Strom von
Plus nach Minus, innerhalb der Spannungsquelle aber von Minus nach Plus.
Dass es nützlich ist, die Klemmen der Batterie mit den mathematischen Vorzeichen +
und – zu bezeichnen, zeigt sich, wenn man
mehrere Batterien elektrisch hintereinander
schaltet, wenn man sie also in Reihe schaltet:
6.1 Die wichtigsten Messgrößen
|
167
4,5 V 4,5 V 4,5 V
– + – + – +
13,5 V
Abb. 6.6. Drei Taschenlampenbatterien in Reihe geschaltet:
Ihre Einzelspannungen U0 addieren sich zu U = 3U0
4,5 V 4,5 V 4,5 V
– + + – – +
4,5 V
Abb. 6.7. Eine der drei Batterien liegt „verkehrt herum“;
sie subtrahiert ihre Spannung von der Summenspannung
der beiden anderen: U = 2 U0 – U0 = U0
Bei richtiger Polung, immer Plus an Minus,
addieren sie ihre Spannungen (rAbb. 6.6);
liegt aber eine Batterie falsch herum
(rAbb. 6.7), so subtrahiert sie ihre Spannung von der Summe der anderen. Mathematisch ist eine Subtraktion aber nur eine
Addition mit negativen Vorzeichen. Darum
darf man die Gesamtspannung U einer Reihe hintereinander geschalteter Spannungsquellen als Summe der Einzelspannungen
U1, U2 usw. schreiben:
U = U 1 + U 2 + U 3 +…+ U n =
n
∑ Ui
i =1
An dieser Stelle sei die misstrauische Frage
erlaubt: Haben denn nun Wirbeltierherz und
Taschenlampenbatterie wirklich etwas miteinander zu tun? Kann man etwa ein EKG
auch mit einem Vielfachinstrument beobachten? Kann man umgekehrt die Spannung
einer Batterie mit einem Kardiographen
überprüfen? Der Besitzer des Vielfachinstruments darf bedenkenlos das ihm zukommende Experiment ausführen und sich
überzeugen: es geht nicht. Der Besitzer des
Kardiographen aber sei gewarnt: Möglicherweise muss sein kostbares Gerät anschließend zur Reparatur. Herz und Batterie haben
schon etwas miteinander zu tun, nur liegen
die Spannungen, die sie abgeben, um rund
168
| 6 Elektrizitätslehre
einen Faktor Tausend auseinander; der Vielfachmesser ist nicht empfindlich genug für
das EKG und der Kardiograph zu empfindlich für die Batterie.
Im Bereich Mikrovolt (mV) liegen die Signale, die Fernsehantennen aus dem Äther fischen; Muskelkontraktionen erzeugen Millivolt (mV) bis Zehntelvolt. Einige Volt sind für
den Menschen ungefährlich, solange sie über
die Haut angelegt werden (und nicht etwa
über einen Herzkatheter!). Die 220 V der
Steckdose sind aber keineswegs mehr harmlos. Hochspannungsleitungen im Bereich Kilovolt (kV) bekommen bereits Warnschilder.
Überlandleitungen bevorzugen 340 kV=
0,34 MV (Megavolt); Berührung ist tödlich.
Röntgenröhren werden nicht selten mit ähnlich hohen Spannungen betrieben. Blitze
können es auf viele Gigavolt bringen.
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6.1.2 Leistung und Energie
„Elektrizität“ ist vielseitig verwendbar. Man
kann mit ihr eine Armbanduhr betreiben,
seinen Schreibtisch beleuchten, Brot rösten,
ein Zimmer heizen oder auch eine Schnellzuglokomotive laufen lassen. Diese fünf Beispiele sind hier nach „steigendem Verbrauch“
aufgelistet, zuweilen „Stromverbrauch“ genannt. Was ist damit gemeint? Ausdrücklich
sei betont: Der elektrische Strom fließt in
einem geschlossenen Stromkreis. Er wird dabei nicht „verbraucht“. Häufig dient das Wort
„Strom“ als Ersatz für die sprachlich unbequemere „elektrische Energie“.Auch Energie
lässt sich nicht „verbrauchen“ in dem Sinn,
dass sie verschwände; sie lässt sich aber umwandeln von einer Form in eine andere. Dabei ist elektrische Energie höherwertig, weil
besser verwendbar als z. B. die Wärme der
Zimmerluft, die man zwar aus elektrischer
Energie gewinnen, des 2. Hauptsatzes wegen
aber nicht vollständig in sie zurückverwandeln kann. Letzten Endes ist eine derartige
„Entwertung“ elektrischer Energie gemeint,
wenn man von Energie- oder gar Strom„verbrauch“ redet.
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Eine anfahrende Lokomotive verlangt
mehr Energie in kürzerer Zeit als eine leuchtende Glühbirne: Die oben aufgelisteten fünf
Möglichkeiten sind nach steigender Leistung
geordnet. Elektrische Leistung P wird immer
dann umgesetzt, wenn bei einer Spannung U
ein Strom I fließt; P ist zu beiden proportional: elektrische Leistung P = I · U (Einheit
Watt = W = V · A). Wenn man die Spannungsquelle umpolt, wechselt auch der
Strom sein Vorzeichen. Für die Leistung hat
das an dieser Stelle keine Bedeutung: Als Produkt von U und I bleibt sie positiv. Minus mal
Minus gibt Plus, sagt die Mathematik.
F
Elektrische Leistung P = U · I,
Einheit Watt = W = V · A.
Die Typenschilder elektrischer Geräte können ein gewisses Gefühl für physikalische
Leistung vermitteln. In einer Schreibtischlampe sind 100 W genug bis reichlich. Der
Mensch vermag sie mit seiner Beinmuskulatur für eine Weile zu liefern. Er versagt aber
beim Kilowatt (kW) eines kleinen Heizlüfters. Kraftwerke werden heutzutage für
Leistungen über 1000 Megawatt = Gigawatt
= 109 W ausgelegt. Sinnesorgane wie Auge
und Ohr sprechen, wenn sie gesund und ausgeruht sind, bereits auf Signalleistungen von
Picowatt = pW = 10–12 W an.
Über Leitungsnetz und Steckdose bieten
Kraftwerke elektrische Energie an; sie halten
dazu elektrische Spannung bereit.Allein dieses Angebot lassen sie sich bezahlen, über die
sog. Grundgebühr. Es kostet sie ja laufend
Geld, das Leitungsnetz zu unterhalten. Wie
weit dann der Einzelne von diesem Angebot
wirklich Gebrauch macht, hängt davon ab,
was er an elektrischen Geräten einschaltet,
und wie lange er dies tut. Über den Arbeitspreis muss er dem Elektrizitätswerk die von
ihm (in der Zeitspanne zwischen t0 und t1)
bezogene elektrische Energie DWel bezahlen,
nach den Überlegungen des Kap. 2.2.4 also
das Zeitintegral der elektrischen Leistung
P (t).
Elektrische Energie
t1
t1
t0
t0
DWel = ∫ P ( t ) ⋅ dt = ∫ U ( t ) ⋅ I ( t ) ⋅ dt .
Die Einheiten Volt und Ampere wurden so
definiert, dass die elektrische Energieeinheit
Wattsekunde mit dem Joule übereinstimmt.
F
Wattsekunde = Joule = Newtonmeter,
Ws = J = Nm.
Diese Beziehung muss man sich merken.Auf
jeden Fall braucht man sie, wenn man in
irgendeiner Formel zwischen elektrischen
und mechanischen Größen und ihren Einheiten hin- und herrechnen muss. Das
kommt gar nicht so selten vor.
Für praktische Zwecke ist die Wattsekunde,
ist das Joule unangenehm klein. Elektrizitätswerke rechnen in Kilowattstunden
(1 kWh = 3,60 MJ) und verlangen derzeit dafür einen Arbeitspreis von ungefähr 8 Cent.
Wird elektrische Energie mit praktisch
konstanter Spannung U0 angeboten wie von
der Steckdose, so darf man U0 vor das Integral ziehen:
t1
DWel = U 0 ⋅ ∫ I (t ) ⋅ dt
t0
Wie im vorigen Kapitel dargelegt, entspricht
das Integral der Ladungsmenge DQ, die in
der Zeitspanne Dt = t1 – t0 im Stromkreis und
damit auch im „Verbraucher“ transportiert
wurde. Dort hat sie die elektrische Energie
DWel in irgendeine andere Energieform umgesetzt. Hier deutet sich eine wichtige Analogie zu der in Kap. 2.4.4. besprochenen potentiellen Energie an. Wird eine Masse im
Schwerefeld der Erde abgesenkt, so vermindert sich ihre potentielle Energie DWpot , die
dann für andere Zwecke verwendet werden
kann: bei einem Wasserkraftwerk beispiels-
6.1 Die wichtigsten Messgrößen
|
169
weise zur Erzeugung elektrischer Energie.
Dieses Konzept der potentiellen Energie lässt
sich auf die Elektrizitätslehre übertragen, indem man sagt: Die transportierte Ladung DQ
durchläuft auf ihrem Weg durch den Verbraucher die Spannung U0 und verliert dabei die potentielle Energie DWel, mit der der
Verbraucher irgendwelche nützliche Dinge
anstellen darf. Spannung wäre demnach der
Quotient aus potentieller elektrischer Energie und elektrischer Ladung. Joule = Voltamperesekunde geteilt durch Coulomb ergibt ja auch tatsächlich gerade Volt. Dieser
Zusammenhang wird später die Grundlage
für die genaue Definition der Größe Spannung sein.
a81 a00002
6.2 Die wichtigsten
Zusammenhänge
4000006
Einleitung
Im konkreten Einzelfall sind Spannung
und Strom nicht unabhängig voneinander; ihr Quotient
bekommt den Namen Widerstand. Bei technischen Kondensatoren sind Ladung und Spannung einander proportional; deren Quotient bekommt den Namen Kapazität.
a81 a000021
6.2.1 Elektrischer Widerstand
Welche Leistung ein Kunde seinem Elektrizitätswerk abnimmt, hängt allemal von der
Spannung an der Steckdose ab: ohne Spannung weder Strom noch Leistung. Ist die
Spannung aber vorhanden, dann entscheidet
der Kunde selbst, insofern nämlich, als das
Gerät, das er anschließt, einen bestimmten
Leitwert besitzt, der einen Stromfluss erlaubt, oder, umgekehrt formuliert, dem
Stromfluss einen bestimmten Widerstand
entgegensetzt. Die beiden Worte dienen als
Namen physikalischer Größen:
170
| 6 Elektrizitätslehre
elektrischer Widerstand
R = U/I mit der Einheit Ohm = W = V/A,
elektrischer Leitwert
G = I/U mit der Einheit Siemens = 1/W.
F
Elektrischer Widerstand R = U/I,
mit der Einheit Ohm = W = V/A,
elektrischer Leitwert G = I/U = 1/R,
mit der Einheit Siemens = 1/W.
Es ist nicht üblich, aber durchaus möglich,
eine Nachttischlampe (230 V, 15 W) mit Taschenlampenbatterien zu betreiben: 51 von
ihnen, in Reihe geschaltet, liefern 229,5 V. Das
halbe Volt Unterspannung stört nicht. Für
15 W Leistung benötigt die Glühbirne, wie
man leicht nachrechnet, 65 mA Strom. Das
entspricht einem Widerstand von 3,5 kW.
Nimmt man jetzt eine Taschenlampenbatterie
nach der anderen heraus (rAbb. 6.8), so
gehen mit der Spannung auch Strom und
Leistung zurück. rAbbildung 6.9 zeigt die
Strom-Spannungs-Kennlinie der Glühbirne.
Mit steigender Spannung wird die Kurve
immer flacher, I steigt weniger als proportional zu U: Der Leitwert nimmt ab, der Widerstand zu. Das muss nicht so sein. Bei lebenden
Organismen kommt gerade das Umgekehrte
häufig vor. Alle Menschen sind verschieden,
und darum gibt es auch nicht den elektrischen Widerstand des Menschen; aber man
kann doch Grenzwerte bestimmen, gemessen
z. B. über großflächige Elektroden an beiden
15 W
2
1
9
18
27
36 Volt
216 Volt
Abb. 6.8. Schaltung zur Messung der Strom-SpannungsKennlinie einer Glühbirne (welches der beiden hier mit 1
und 2 bezeichneten Instrumente ist der Spannungsmesser?)
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