Neulich am 7. November in Russland

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Neulich am
Russland
7.
November
in
Vor 98 Jahren (nach altem gregorianischem Kalender am
25. Oktober 1917 um 21:40) begann der berühmte Sturm
auf das Winterpalais im damaligen Petrograd.
Zehntausende bolschewistische Aufständische erobern
dort die letzte Bastion des bourgeoisen Regimes, tausende
Helden fallen, im Smolny tagt bereits der bolschewistische
Generalstab und an jeder Ecke stehen Männer mit roten
Armbinden und aufgepflanzten Bajonetten.
Nach hartem Kampf, ergeben sich endlich die Bürgersöhnchen in
ihren Kadetten-Uniformen.
So war es, so war die grosse Oktoberrevolution, in Sergej
Eisensteins großartigen Film „Oktober“.
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Die Große Sozialistische Oktoberrevolution hat nicht zum
Aufbau des Sozialismus geführt. Sie hat ihre Versprechen nicht
gehalten. Immerhin hat sie die zaristische Despotie gestürzt,
zur Beendigung des ersten Weltkrieges beigetragen und
anschließend einen Neuaufschwung der Arbeiterbewegung und der
antiimperialistischen Befreiungsbewegung in der ganzen Welt
gefördert. Sie hat im Innern die vom Zarismus unterjochten
Agrargesellschaften des russischen Großreiches aufgelöst und
industrialisiert und im zweiten Weltkrieg dem Wahn von der
deutschen Weltherrschaft ein dauerhaftes Ende bereitet. Ganz
zum Schluß hat sie mit dem eigenen Zusammenbruch auch das in
Form der UdSSR weiterbestehende zaristische Imperium
zerbrochen und den Völkern und Nationen dieses Großreiches
ihre Selbstbestimmung zurückgegeben.
Vor der Geschichte sind diese Ergebnisse ansehnlich genug, um
positiv aufbewahrt zu werden. Trotzki, Lenin und Stalin und
ihre Genossen werden weiter als große historische Gestalten
gelten, auch wenn sie nicht mehr als Heilige verehrt werden.
Aber die historischen Ergebnisse dieser proletarischen
Revolutionäre waren sämtlich bürgerlicher Natur. Die
sowjetische Geschichte erscheint im Nachhinein als großer
Irrtum.
Wal Buchenberg
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Vor 98 Jahren (nach altem gregorianischem Kalender am 25.
Oktober 1917 um 21:40) Knallte ein Schuss, dessen Echo man
über die ganze Newa hören konnte. Abgefeuert von der Aurora,
ein Blindschuss – eine Kartusche ohne Geschoss – dafür aber um
so lauter. In Petrograd saß man derweil bei Borschtsch und
Fisch in der Kneipe, bis auf ein paar Leute.
Einer von ihnen war Lenin, der über die Verzögerungen wütete.
Aus der Peter-Pauls-Festung sollte einer roten Laterne das
Angriffssignal übermitteln. Aber sie war nicht auffindbar.
Kommissar Blagonrawow, der die Laterne im Dunklen suchen
sollte, fiel in eine Jauchegrube.
Doch trotz aller Widrigkeiten fand sie statt, die „Große
Sozialistische Oktoberrevolution“ der „Sturm auf das
Winterpalais“. Nur mit deutlich weniger Darstellern, wie man
es in den verklärten Überlieferungen darstellte.
In Petrograd war ein Machtvakuum, welches die bloß einige
Tausend Parteimitglieder starken Bolschewiki, nur auffüllen
brauchten. Kaum jemand hinderte sie daran die Herrschaft über
den Regierungssitz an sich reissen, ausser ein paar
todesmutigen Frauen des „Frauen-Todesbataillons“ welches aus
kriegerischen Damen von der zaristischen Heeresleitung auf die
Beine gestellt war und einigen Kosaken und loyalen Soldaten.
Alles in allem so um die 300 Soldaten.
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Was auch immer aus der russischen Revolution von 1917 geworden
ist und woran sie schließlich scheiterte, unwiderlegbar
bleibt: Die Oktoberrevolution war gewollte gesellschaftliche
Veränderung durch die Volksmassen, legitim und dem Wesen nach
Demokratie in revolutionärer Aktion. Die ersten Dekrete und
Beschlüsse der Sowjetmacht wie das Dekret über den Frieden,
das Dekret über den Boden und weitere gaben dem Volkswillen
staatlichen Ausdruck. Die neue Macht eröffnete mit ihren
Zielsetzungen eine Perspektive für eine gerechte Gesellschaft.
Der amerikanische Schriftsteller Theodore Dreiser, der in
seinen naturalistischen Romanen den brutalen Kampf um Reichtum
und Ansehen in der amerikanischen Gesellschaft darstellte,
schrieb 1927: »Den Werktätigen Arbeit zu geben, ihnen die
Landwirtschaft, die Industrie , die Bodenschätze, die Technik,
das menschliche Wissen, die Herrschaft des Menschen über die
Natur zur Verfügung zu stellen, und das alles zu verwenden, um
jedem ein kulturelles und wohlhabendes Leben zu sichern – das
ist die Lehre, die sich aus der sowjetischen Revolution für
die übrige Menschheit ergibt.«
Friedrich Bergmann
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Viele Hunderttausende haben hinterher, nachdem die Bolschewiki
das Winterpalais in ihrer Gewalt hatten, so um zwei Uhr
morgens, am nächsten Tag, behauptet sie hätten mitgemacht. Das
hatten sie, nur an anderer Stelle. Denn auf dem Schlossplatz
liefen zwischen zehn- und zwanzigtausend Menschen umher,
Petrograds Theater spielten ihr normales Programm, die Straßen
waren hell erleuchtet und Fußgänger promenierten auf den
Boulevards. Nur die wenigsten von ihnen „stürmten“ dann das
Palais
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Der Aufstand der Pariser Arbeiter vor etwas über hundert
Jahren, die erste proletarische Revolution, die zur Errichtung
der Pariser Kommune führte, eilte ihrer Zeit weit voraus, zu
weit. Aber auch die russische Revolution, die große
sozialistische Oktoberrevolution, das müssen wir heute sechzig
Jahre danach feststellen, war ein nicht weniger tragischer
Anachronismus dieser Art.
Daß die Oktoberrevolution noch dazu in einem Land stattfand,
das vom Standpunkt der marxistischen Theorie für die
sozialistische Revolution besonders ungeeignet war, war Lenin
und seinen Genossen sehr wohl bewußt. Sie hofften, daß der
Sieg der Revolution in Rußland wie ein Fanal auf die
internationale Arbeiterbewegung wirken und die revolutionäre
Bewegung in den hochentwickelten kapitalistischen Staaten in
höchstem Maße aktivieren würde. Die Oktoberrevolution war nur
der Funke, der das Feuer der Weltrevolution entzünden sollte.
Doch diese Hoffnungen der Bolschewiki erfüllten sich nicht.
Robert Havemann
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Laut Überlieferung soll bei dem Sturm einer der größten,
jemals bekannten Wein- Keller entdeckt worden sein und
Verteidiger wie Angreifer konsumierten Tausende Flaschen
Chateau dґYquem, Jahrgang 1847, die vom letzten Zaren
bevorzugte Lage. Nachdem Tage später Petrograd dann aus seinem
Kater erwachte war Lenins Herrschaft da.
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Die Große Sozialistische Oktoberrevolution von 1917 bedeutete
auch für Homosexuelle den Beginn einer Revolutionierung. In
marxistisch revolutionärer Tradition versuchten die
Bolschewiki nicht nur die wirtschaftlichen Bedingungen zu
verändern, sondern ebenso die allgemeinen Lebensbedingungen,
die Lebenseinstellung überhaupt, die Beziehungen zwischen den
Geschlechtern und zwischen Eltern und Kindern zu
revolutionieren, also die Gesellschaft in toto völlig
umzuwandeln. Fortschrittliche Gesetzgebungsmaßnahmen und
deutliche Bestrebungen gegen die Kleinfamilie und deren
sexuelle Ökonomie fanden im Rahmen grundlegender
revolutionärer Veränderungen auf dem Gebiet der Familie und
des Sexuallebens Raum für Verwirklichung. Bedeutsam erscheint
die Tatsache, daß allgemeine revolutionäre Zielsetzungen zu
Beginn der Revolution und Ziele der Sexual- und
Familienpolitik dieses Zeitraums im Einklang und enger
Wechselwirkung standen und die Zielsetzung sichtbar wird, das
Bewußtsein der Menschen grundlegend zu verändern und die
sozialistische Ideologie zu behaupten und zu festigen.
Gleich nach der Oktoberrevolution wurden die zaristischen
Gesetze annulliert und ein sowjetisches Strafrecht erarbeitet,
das 1922 gesondert für die einzelnen Republiken in Kraft trat.
Danach wurde (wie auch im StGB 1926) „einfache“ (also
einvernehmliche) Homosexualität unter erwachsenen Männern
nicht mehr geahndet, da homosexuelle Akte unter Erwachsenen
keinen gemeinschaftsgefährdenden oder –verletzenden Charakter
hätten und somit auch nicht öffentlich verfolgt würden.
Manfred Mugrauer, Wien
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Es folgten lange Jahre der Bürgerkriege und Hungersnöte bis
die Macht der Bolschewikis in der späteren Sowjetunion
etabliert war.
Gunnar Jütte/russland.RU
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