348 J e s \v i e t , Eine Einteilung der Pflanzen der niederl. Küstendünen usw. viele Gräser, wie Cynosurus cristatus und Agrostis alba. Die zweijährigen Arten dieser Liste werden in solcher Weise mehrjährig. Weiter fand ich junge Pflänzchen in den Dolden von Heraekum Sphondylium und Angelica sylvestris. Sind die Pflanzen steril, wie die gefülltblütigen Formen der Althaea rosea, so ist die Bildung neuer Rosetten eine ausgiebige. Fast alle Exemplare werden bei guter Ernährung mehrjährig. Es kommt also bei den ein- und zweijährigen Pflanzen eine Neigung zur Mehrjährigkeit vor, welche unter dem Einfluß der äußeren Bedingungen gelegentlich in den Vordergrund treten kann. Dieses ist nicht auffallend, wenn wir mit D E V R I E S (M U t a t i o n s t h e o r i e I, 617) annehmen, daß die Vertreter der großen Linien des Stammbaumes des Pflanzenreiches perennierende Gewächse waren, und daß aus ihnen in den verschiedenen Fa­ milien und Geschlechtern die zwei- und einjährigen Formen ent­ standen sind. Unter dieser Annahme wäre das Variieren von einmal fruchttragenden Arten in mehrjährige als ein Fall von A t a v i s m u s zu betrachten, und dasselbe würde gelten, wenn einjährige Arten gelegentlich zweijährig werden. Daß die Lebensdauer in vielen Fällen auf einer fluktuierenden Variabilität beruht, lehrt uns das Auftreten der drei Erscheinungs­ weisen bei derselben Pflanzenart und an derselben Stelle. Dieses wird wohl am leichtesten der Fall sein an Standorten mit für die betreffende Art mittleren Lebensbedingungen. Sobald jedoch Grenzbedingungen auftreten, z. B. solche, welche die Wachstums­ periode verkürzen, so kann nur die zweijährige Rasse auftreten und mit ihr die mehrjährige; wird jene Periode dagegen verlängert, so steigert sich die Aussicht, daß die Pflanzen sich als einjährige entfalten werden. Dann wählt der Standort aus dem vorhandenen Material und so ist es zu erklären, daß in den beschriebenen Floren dieselbe Pflanzenart bisweilen als eine annuelle und dann wieder als eine bisanuelle oder sogar als eine perennierende angegeben wird. Wird eine perennierende Art nach höherer Breite gebracht, so kann sie dort oft nur als einjährige leben, wenn nämlich ihre perennierenden Teile die stärkere Winterkälte nicht ertragen können. Ein Beispiel dazu liefert die Kapuziner-Kresse, welche in ihrer Heimat eine perennierende Pflanze, auf unserer Breite aber nur einjährig ist. Daß sie trotz längerer Kultur als einjährige Form nicht die Eigenschaft verloren hat, zu perennieren, tritt deutlich hervor, wenn man sie frostfrei aufbewahrt. Dann fährt sie fort zu blühen und zeigt keine Neigung zum Absterben oder zur Winterruhe. Viele ihrer Verwandten haben einen unter­ irdischen perennierenden Stengel, wie Tropaeolum pentaphyllum, T. tuberosum und T. azureum. Als weiteren Beleg seien hier die Versuche von V O N W E T T S T E I N (1897) mit Phaseolus multiflorus erwähnt. Diese Pflanze ist, wie bekannt, einjährig, aber bei einer Kultur in genügender Zahl bildet sie bisweilen eine knollige Wurzel, mittels welcher sie überwintern kann, V O N W E T T S T E I N schließt hieraus, daß die Stammart eine perenne war, daß die Kultur