Institut für Analysis und Algebra Mathematik I für Studierende der E-Technik Prof. Dr. Volker Bach | WiSe 2016/17 M. Sc. Birgit Komander | M. Sc. Christoph Brauer Groe Übung 1 - Lösungen Themen: Vollständige Induktion - Teleskopsummen - Surjektivität - Injektivität - Gruppen - Permutationen Aufgabe G 1.1. [Vollständige Induktion, Teleskopsumme] i) Zeigen Sie mit dem Prinzip der vollständigen Induktion die Gültigkeit der folgenden Gleichung: n ∑k ∀n ∈ N : 3 = k =1 ii) Beweisen Sie: ∀n ∈ N : n n ( n + 1) 2 1 2 . 1 ∑ k ( k + 1) = 1 − n + 1 . k =1 Lösung: Wiederholung: Vollständige Induktion (vgl. Vorlesung) Gegeben sei eine Aussage A(n), die von einer natürlichen Zahl n abhängig ist. Wir möchten zeigen, dass die Aussage für alle n ∈ N gültig ist. Induktionsanfang Wir zeigen für ein bestimmtes (möglichst kleines) n0 ∈ N, dass A(n0 ) erfüllt ist. Schritt 1: Induktionsvoraussetzung/Induktionsannahme Wir prüfen einzeln, dass A(n) für n ∈ {1, . . . , n0 − 1} erfüllt ist. Dann können wir sagen, dass A(n) bis zu einem beliebigen, aber festen n0 ∈ N erfüllt ist. (Bemerkung: Die Annahme für alle nist hier falsch, denn genau das möchte man zeigen!) Schritt 2: Induktionsschritt/Induktionsschluss Wir zeigen, dass A(n + 1), für alle n ≥ n0 , erfüllt ist, indem wir die Induktionsvoraussetzung, dass A(n) erfüllt ist, nutzen. Da n ≥ n0 in der Induktionsvoraussetzung beliebig war, haben wir gezeigt, dass die Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n ∈ N erfüllt ist. Schritt 3: Nun zur eigentlichen Aufgabenstellung: i) Zu zeigen: ∀n ∈ N n : ∑ k3 = k =1 n ( n + 1) 2 2 . 1) Induktionsanfang: Sei n = 1. Wir rechnen nach: 1 ∑k k =1 3 3 =1 =1= 1 · (1 + 1) 2 2 . X 2) Induktionsvoraussetzung (IV): Die Aussage der Aufgabenstellung gilt für beliebiges, aber festes n ∈ N. = 3) Induktionsschritt: n → n + 1 (z.z.: A(n + 1) = Wir fangen mit der linken Seite der Aussage für n + 1 an: n +1 ∑k 3 n ∑k = k =1 k =1 n2 ! 3 IV 3 + ( n + 1) = +1 3 ∑nk= 1 k n · ( n + 1) 2 2 (n+1)(n+2) 2 2 ). + ( n + 1)3 ( n + 1)2 ( n + 1)2 2 2 = n + 2 ( n + 1 ) 22 22 22 (n + 1)2 binom. ( n + 1) 2 = n2 + 4n + 4 = ( n + 2)2 4 2 Formel 2 (n + 1)(n + 2) . = 2 = ii) Zu zeigen: ∀n ∈ N + ( n + 1) n : 1 1 ∑ k ( k + 1) = 1 − n + 1 . k =1 Wir formen den Summanden um, indem wir eine nahrhafte 0 addieren. Damit verändern wir den Wert des Summanden nicht: 1 1+k−k (1 +k) k = = − k ( k + 1) k ( k + 1) k (k + 1) k(k + 1) 1 1 . = − k k+1 Den umgeformten Summanden setzen wir nun in die Aussage, sprich in die Summe, ein und untersuchen das Verhalten der Summe: n ∑ k =1 1 1 − k k+1 1 1 1 1 1 1 1 = 1− + − + −...− + − | 2{z 2} | 3{z 3} | n{z n} n + 1 =0 =0 =0 1 = 1− . n+1 Bemerkung: In manchen Fällen kann man solche Summenformen leichter beweisen, indem man die Struktur der Summanden durch Liebevolles Draufschauen erkennt, anstatt sofort die vollständige Induktion als Beweistechnik zu verwenden. Summen, in denen sich der Groteil der inneren Summanden zu Null addieren, nennt man Teleskopsummen. Aufgabe G 1.2. [Surjektivität, Injektivität] Untersuchen Sie folgende Funktionen auf Surjektivität und Injektivität: i) f 1 : D → W , n 7→ n + 1, mit D = N und W = N, ii) f 2 : D → W , n 7→ n + 1, mit D = Z und W = Z, iii) f 3 : D → W , x 7→ | x |, mit D = R und W = R. Ist es durch Manipulation des Denitions- oder Wertebereichs möglich, dass die Funktionen f i , i = 1, 2, 3, bijektiv werden? Lösung: (Für die Begrie und Denitionen vgl. Abschnitt Funktionen.) Im Folgenden bezeichnen D den Denitionsbereich und W den Wertebereich der Funktionen mit D , W 6 = ∅. Eine Funktion oder auch Abbildung f (D) = W . Surjektivität: Injektivität: ∀ x, x 0 Eine Funktion oder auch Abbildung ∈ D gilt: ( f ( x ) = f ( x 0 )) ⇒ ( x = x 0 ). Eine Funktion oder auch Abbildung sowohl surjektiv als auch injektiv ist. Bijektivität: i) f : D → W heit surjektiv, genau dann, wenn f : D → W heit injektiv, genau dann, wenn f :D→W heit bijektiv, genau dann, wenn sie f 1 : D → W , n 7→ n + 1, mit D = N und W = N. Surjektivität: Es müsste gelten f1 (N) = N. Gegenbeispiel: 1 ∈ W hat kein zugehöriges Element aus D , denn f 1 (n) = n + 1 6= 1 ∀n ∈ N = D . Damit ist f1 nicht surjektiv. Injektivität: Zu zeigen: Für alle n, m ∈ N = D gilt: ( f1 (n) = f1 (m)) ⇒ (n = m). Seien n, m ∈ N beliebig und sei weiter bereits f1 (n) = f1 (m). Da die natürlichen Zahlen einen Monoid mit Kürzungsregel bilden, gilt (Funktionswerte einsetzen): n + 1 = m + 1 ⇒ n = m. Damit ist f1 injektiv. Bijektivität: Da f1 nicht surjektiv ist, ist die Abbildung auch nicht bijektiv. ii) f 2 : D → W , n 7→ n + 1, mit D = Z und W = Z. Surjektivität: Es müsste gelten f2 (Z) = Z. Sei n ∈ Z beliebig. Dann ist f2 (n) = n + 1 ∈ Z für alle n ∈ Z = D . Damit ist f2 surjektiv. Injektivität: Zu zeigen: Für alle n, m ∈ Z = D gilt: ( f2 (n) = f2 (m)) ⇒ (n = m). Seien n, m ∈ Z beliebig und sei weiter bereits f2 (n) = f2 (m). Dann gilt: n + 1 = m + 1 ⇒ n = m. Damit ist f 2 injektiv. Bijektivität: Da f2 surjektiv und injektiv ist, ist die Abbildung auch bijektiv. Bemerkung: Im Vergleich zu Aufgabenteil i) haben wir ausschlielich den Denitions- und Wertebereich der Abbildung verändert. D.h., selbst bei gleicher Abbildung sind Surjektivität und Injektivität abhängig von Gestalt des Denitions- und Wertebereichs. Dies beantwortet bereits die Frage, ob wir durch Manipulation der Mengen f1 bijektiv machen können. Dies ist eine wichtige Erkenntnis in Hinblick auf Umkehrbarkeit von Funktionen. iii) f 3 : D → W , x 7→ | x | = − x, x<0 x, x≥0 , mit D = R und W = R. Surjektivität: Es müsste gelten f3 (R) = R. Da f3 ( x) = | x| ≥ 0 für alle x ∈ R, bildet die Funktion ausschlielich auf nicht- negative reelle Zahlen ab. Damit ist f3 nicht surjektiv. Injektivität: Einfaches Gegenbeispiel: Wir nehmen {−2} , {2} ∈ R = D . Dann gilt schon f 3 (−2) = |−2| = 2 = |2| = f 3 (2). Damit ist f3 nicht injektiv. Bijektivität: Da f3 weder surjektiv noch injektiv ist, ist die Abbildung nicht bijektiv. Schränken wir beispielsweise den Denitions- und Wertebereich auf D = [0, ∞) und W = [0, ∞) ein, wird die Funktion f 3 bijektiv. Aufgabe G 1.3. [Gruppen] Gegeben sei die Menge A = {−1, 1} ⊂ Z. i) Ist A bezüglich Addition eine Gruppe? ii) Ist A bezüglich Multiplikation eine Gruppe? Lösung: (Vergleiche Abschnitt Gruppen) Denition. Eine Menge G heit Gruppe :⇔ Auf G ist eine Verknüpfung ◦ : G × G → G deniert, die die folgenden Eigenschaften besitzt: (G1) ∀ a, b, c ∈ G : ( a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c) (Assoziativität) (G2) ∃e ∈ G ∀ a ∈ G : a ◦ e = e ◦ a = a (Neutralelement) (G3) ∀ a ∈ G ∃ a−1 ∈ G : a ◦ a−1 = a−1 ◦ a = e (Inverses Element). Gilt zusätzlich noch (G4) ∀ a, b ∈ G : a ◦ b = b ◦ a (Kommutativität), so nennt man G kommutativ oder abelsch. Nun zur Aufgabe: Gegeben sei die Menge A = {−1, 1} ⊂ Z. i) Ist A bezüglich Addition eine Gruppe? Die zu betrachtende Verknüpfung ist also +. Damit A eine Gruppe bezüglich + ist, müssen (G1)-(G3) gelten. Aber: Sei 1 ∈ A. Dann ist 1 + 1 = 2 ∈/ A. Man sagt: A ist bezüglich + nicht abgeschlossen. Bemerkung: Betrachten wir die Gruppeneigenschaften, sehen wir, dass die Verknüpfung zweier Elemente aus G immer wieder in G liegt. ii) Ist A bezüglich Multiplikation eine Gruppe? Wir rechnen das bei dieser kleinen Menge einfach nach: Abgeschlossenheit. (−1) · (−1) = 1 ∈ A, (−1) · 1 = −1 ∈ A, 1 · (−1) = −1 ∈ A, 1 · 1 = 1 ∈ A. (G1) (G2) Damit gilt: ∀ a, a0 ∈ A : a · a0 ∈ A. Also ist A bezüglich Multiplikation abgeschlossen. Multiplikation in Z ist assoziativ. (Gruppeneigenschaften werden an Untergruppen vererbt.) Neutralelement existiert, nämlich e = 1 ∈ A: ∀ a ∈ A : a · 1 = 1 · a = a ∈ A. (G3) Inverses Element existiert für jedes Element aus A, denn: e = 1 = 1 · 1 = 1 · 1−1 e = 1 = (−1) · (−1) = (−1) · (−1)−1 . Die Elemente 1 und −1 sind zu sich je selbstinvers. Insgesamt sind alle Gruppeneingenschaften erfüllt, damit ist A bezüglich · eine Gruppe. Zusatz: Es gilt sogar (G4), die Kommutativität. Damit ist A sogar abelsch. Aufgabe G 1.4. [Permutationen] Sei S5 die Menge der Permutationen von Z51 := {1, 2, 3, 4, 5}. Ge- geben seien zwei Permutationen π1 : = 1 2 3 4 5 2 3 4 5 1 ! und Wie lautet die Komposition π1 ◦ π2 und π2 ◦ π1 ? π2 : = ! 1 2 3 4 5 . 5 4 3 2 1 Lösung: (Vergleiche Abschnitt Permutationen) Denition (Gekürzt). Die Menge der Permutationen ist Sn = {π : Z1n → Z1n : π bijektiv} mit Z1n = {1, 2, . . . , n}. Man schreibt die Permutationen auch häug als Schema ! 1 2 ··· n . π (1) π (2) · · · π ( n ) π= π1 ◦ π2 : Verknüpfungen von Abbildungen werden von hintennach vorne abgearbeitet: π1 ◦ π2 = 1 2 3 4 5 ◦ 2. π1 (5) 2 3 4 5 1 = 1 2 1 2 3 (π1 ◦ π2 )(1) 5 4 4 5 3 2 5 4 π2 ◦ π1 : ! π2 ◦ π1 = 1 2 3 4 5 5 4 3 2 1 ! = 1 2 3 4 5 4 3 2 1 5 ◦ 3 4 5 3 2 1 1. π2 (1) 1 1 2 3 4 5 2 3 4 5 1 Insgesamt sehen wir nun: π1 ◦ π2 6= π2 ◦ π1 . Kompositionen von Permutationen sind in der Regel nicht kommutativ! !