Seite 1 Frankfurter Infekt-Info Ausgabe 3/2012 Giardiasis – häufigste Ursache protozoenbedingter Diarrhoen Im Jahr 2011 wurden in Frankfurt am Main 75 Fälle von Giardiasis (Lambliasis) gemeldet. Bei chronisch-rezidivierenden nicht blutigen Diarrhoen und Malabsorptionssyndrom sollte diese Erkrankung vor allem bei Reiserückkehrern differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Giardia lambliensis ist ein begeißelter Einzeller, der weltweit, vor allem jedoch in tropischen und subtropischen Regionen vorkommt und in der Lage ist, umweltstabile Zysten zu bilden. Er findet sich im Darm von Menschen, Haustieren und in fäkal kontaminierten Oberflächengewässern. Die Aufnahme der Zysten erfolgt durch verunreinigte Lebensmittel. Bundesweit werden pro Jahr etwa 4000 Fälle von Giardiasis gemeldet, die überwiegend bei Kindern und jüngeren Erwachsenen auftreten. Dabei überwiegt inzwischen die Zahl der in Deutschland erworbenen Fälle. Die durchschnittliche Inzidenz während der letzten fünf Jahre betrug 5/100.000 Einwohnern. In Frankfurt am Main ist die entsprechende Inzidenz mit 9/100.000 deutlich höher. Zu etwa 80%, also weitaus häufiger als im Bundesdurchschnitt ist bei den Frankfurter Patienten im Jahr 2011 ein Auslandsaufenthalt vorausgegangen. Als mutmaßliche Infektionsländer wurden am häufigsten Indien (13 mal), Brasilien (6 mal) und Afghanistan (5 mal) genannt. Giardiasismeldungen in Frankfurt am Main 2001-2011 80 60 40 34 51 46 56 54 64 75 74 57 58 44 Die Graphik zeigt eine über die letzten 11 Jahre insgesamt zunehmende Zahl von Giardiasismeldungen. In vielen Fällen verläuft die Infektion asymptomatisch. Ansonsten kommt es nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 7-10 Tagen (bis 21 Tage) zu übel riechenden Durchfällen, Blähungen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Dünndarmsymptomatik kann ganz im Vordergrund stehen. Fieber bzw. blutige Diarrhoen sind ungewöhnlich für die Giardiasis und deuten auf eine andere Ursache hin. Die Beschwerden halten in der Regel länger als eine Woche an und können in eine chronisch-persistierende oder chronisch-rezidivierende Verlaufsform übergehen und ein Malabsorptionssyndrom zur Folge haben. Bei massivem Befall oder Immundefizienz können auch Gallen- und Pankreasgängen besiedelt werden. Diagnostik: Die Diagnose einer Giardiasis wird gesichert durch den Nachweis von Trophozoiten oder Zysten im Stuhl, im Duodenalsekret oder in Duodenalbiopsien, alternativ durch Antigennachweis im Stuhl. Therapie: An erster Stelle steht die Behandlung mit Metronidazol, z. B. 1g alle 12 Stunden für 2-3 Tage. Bei fehlendem Ansprechen kann Albendazol in der Dosierung von 1x400 mg über 5-10 Tage verabreicht werden. Versagt auch diese Therapie, ist eine Kombination von Metronidazol und Albendazol möglich. Literatur: Robert Koch -.Institut: Steckbriefe seltener importierter Erkrankungen (http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/Steckbriefe/S teckbriefe_120606.html) 20 0 Herausgeber: Amt für Gesundheit, Abteilung Infektiologie, Breite Gasse 28, 60313 Frankfurt am Main. Nachdruck / Weitergabe mit Quellenangabe gestattet, ausgenommen zu gewerblichen Zwecken. Wenn Sie keinen weiteren Bezug des Frankfurter Infekt-Infos wünschen, so genügt eine kurze Mitteilung per E-Mail an: [email protected] oder telefonisch unter: 069-212 44374 Frankfurter Infekt-Info 3/2012 Hepatitis E – auch in Deutschland endemisch Wie im Bund ist auch in Frankfurt am Main seit 2011 eine Zunahme der gemeldeten Fälle von Hepatitis E festzustellen, die seit fünf Jahren überwiegend in Deutschland erworben wird. Sie sollte daher bei der Diagnostik der akuten Hepatitis berücksichtigt werden. In Frankfurt am Main wurden seit 2001 nur 0-2 Hepatitis E-Fälle im Jahr gemeldet, 2011 jedoch erstmals 5 Fälle (erstes Halbjahr 2012: 3). Es erkrankten 2 Männer und 3 Frauen, die durchschnittlich 48 (30 -73) Jahre alt waren. Die Erkrankungen traten in verschiedenen Stadtteilen ohne epidemiologischen Zusammenhang auf. Eine Zunahme gemeldeter Hepatitis E-Fälle ist auch hessen- und bundesweit zu verzeichnen. Der wachsende Anteil in Deutschland erworbener Erkrankungen von nunmehr 80 % zeigt, dass die Infektion sich als Zoonose bei uns etabliert hat. Zur genaueren Ermittlung von Infektionsquellen führt das RKI eine Studie durch, an der sich das Amt für Gesundheit beteiligt. Hepatitis E wird in Regionen mit schlechten hygienischen Bedingungen fäkal-oral z.B. über verunreinigtes Trinkwasser übertragen. In den Industrienationen wird sie als Zoonose beim Verzehr von nicht durchgegartem Fleisch (Wildschwein, Hirsch) oder Innereien (Schweineleber) erworben1. Auch durch Transplantation kann es zur Infektion kommen. Eine Übertragung unter Haushaltsmitgliedern ist anders als bei der Hepatitis A eine Seltenheit. In Deutschland beträgt die Seroprävalenz in der Allgemeinbevölkerung etwa 2%2, in beruflich exponierten Gruppen wie Schlachtern, Fleischbeschauern, Veterinären und Schweinzüchtern gar 28%3. Da sich die Seroprävalenz im Laufe der letzten Jahre nicht wesentlich verändert hat, ist die Zunahme der gemeldeten Fälle teilweise mit einer häufigeren Untersuchung auf Hepatitis E zu erklären. Seite 2 Ein Impfstoff gegen Hepatitis E steht nicht zur Verfügung. Insbesondere Personen mit Lebererkrankung oder Immunschwäche sollten nicht vollständig durchgegartes Fleisch, vor allem Wild und Innereien vom Schwein als typische Infektionsquelle meiden. Literatur: 1 Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin 34 / 2010. http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archi v/2010/Ausgaben/34_10.pdf?__blob=publicationF ile 2 Pischke S et al. Hepatitis E: an emerging infectious disease in Germany? Z Gastroenterol. 2011 Sep;49(9):1255-7. 3 Krumbholz A et al. Prevalence of hepatitis E virus-specific antibodies in humans with occupational exposure to pigs. Med Microbiol Immunol. 2012 May;201(2):239-44. Milzbrand bei Heroinkonsumenten dritter Fall in Deutschland Mitte Juni 2012 ist bei zwei Heroinkonsumenten im Raum Regensburg Hautmilzbrand im Bereich der Injektionsstelle festgestellt worden. Bei beiden haben sich daraus septische Verläufe entwickelt, in einem Fall mit Todesfolge. Nun wurde dem Robert Koch-Institut (RKI) ein weiterer Fall von Hautmilzbrand bei einem Drogenkonsumenten aus Berlin übermittelt. Da dieser sich zuvor nicht in Bayern aufgehalten hat, ist zu befürchten, dass mit Milzbrandsporen kontaminiertes Heroin bundesweit zirkuliert. Ulcera im Bereich von Injektionsstellen oder eine Sepsis sollten bei Drogenabhängigen daher immer an Milzbrand denken lassen. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf den Seiten des RKI (www.rki.de). Die Erkrankung verläuft in vielen Fällen, vor allem bei Kindern asymptomatisch. Bei vorgeschädigter Leber und in der Schwangerschaft kann es jedoch zu einer fulminanten Hepatitis kommen. Chronische Verläufe wurden bei Organtransplantierten beschrieben. Herausgeber: Amt für Gesundheit, Abteilung Infektiologie, Breite Gasse 28, 60313 Frankfurt am Main. Nachdruck / Weitergabe mit Quellenangabe gestattet, ausgenommen zu gewerblichen Zwecken. Wenn Sie keinen weiteren Bezug des Frankfurter Infekt-Infos wünschen, so genügt eine kurze Mitteilung per E-Mail an: [email protected] oder telefonisch unter: 069-212 44374