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Jan Müller
ZeuS [email protected]
Techno – Entstehung und Entwicklung eines Musikstils
.
1. Vorwort
Technomusik ist ein Begriff, der sich in einer schriftlichen Arbeit keineswegs genau definieren lässt.
Technomusik ist von zu vielen Einflüssen geprägt, um hier darzustellen, was eben diese Musik bewirkt und
was sie darstellt. Eines ist sicher: Technomusik ist die Musik unserer Zeit und weniger vergleichbar mit
vergangenen Musiktrends als je ein Musikstil zuvor. Deshalb ist es schwer zu glauben, dass selbst die
Technomusik ihren Standpunkt der Weiterentwicklung vorheriger Musiktrends verdankt.
Vielen wird die Technomusik fremd vorkommen, da sie sich keine genaue Vorstellung über ihre Entstehung
machen können. Der Computer als unbegreifliches Instrument.
Man braucht sechs aufnahmefähige Kassettenrecorder und sechs Endlos-Kassetten (Spieldauer 1-3 Minuten).
Mit dem Mikrofon nimmt man auf der ersten Kassette die Bass-Drum eines Schlagzeuges auf, auf der
zweiten ein ebenso gleichmässiges Schlagen der Hi-Hat, die dritte wird mit der Snare bespielt. Mit der
vierten Kassette steigt man in den Zug und nimmt dessen Fahrgeräusche auf, und auf der fünften zeichnet
man das Geräusch einer Trillerpfeiffe auf. Jetzt bespielt man das letzte Band nur noch mit einer Melodie
mittels Klavier oder ähnlichem.
Bei dieser altmodischen Sequenzer-Art ist darauf zu achten, dass alle Aufnahmen das gleiche Metrum
besitzen (dieses ist mittels Schraubenzieher am Laufwerk der Kassettenrecorder noch zu regulieren).
Jetzt verbindet man alle sechs Kassettenrecorder mit einem Mischpult und kann mit dessen Hilfe ein Lied
erzeugen. Zuerst blendet man nur die Bass-Drum ein (Band 1), nach acht oder sechzehn Schlägen kommt die
Hi-Hat dazu, dann Snare, etc..
Ein Computer funktioniert vom Prinzip nicht anders. Ein Produzent kann mittels eines SequenzerProgrammes, je nach Rechnerleistung und Art des Programmes, bestimmt viele Spuren bespielen. Diese
Spuren
sind
mit
den
oben
genannten
Kassettenbändern
zu
vergleichen,
nur
dass
die
Nachbearbeitungsmöglichkeiten einer Aufnahme des Computers gigantisch im Gegensatz zu den Kassetten
sind. Der Produzent mischt alle seine Spuren zusammen und fertig ist sein Stück.
Es ist natürlich alles ein bisschen komplizierter, aber das ist das sehr vereinfachte Prinzip einer
Copmputeraufnahme.
In meiner Arbeit will ich jedoch nicht über Aufnahmemöglichkeiten schreiben, sondern über die Entstehung
und Entwicklung des Musikstils Techno. Diese Untersuchung soll in zwei Teile geteilt werden. Zuerst will
ich eine chronologische Entstehungsgeschichte der Technomusik darlegen, als zweites eine Übersicht über
die verschiedensten Musikstile, die unter den Oberbegriff Techno fallen. Mittlerweile sind es schon mehr als
50
verschiedene
Arten
Techno
die
es
gibt
(z.B
Goa,
Trance,
Gabber,
etc.).
Als
erstes
Unterscheidungsmerkmal dient die Anzahl der Bass-Schläge pro Minute (Beats per minutes, bpm).
Die Stilart, die von den Bass-Schlägen her am schnellsten ist, ist Gabber, aber dazu mehr im zweiten Teil
dieser Arbeit.
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Techno – Entstehung und Entwicklung eines Musikstils
2.
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Chronologische Entstehungsgeschichte der Technomusik
2.1.
Der erste Gedanke – Geräusche als Musik
Der erste Gedanke, technische Musik zu erschaffen entsteht bereits in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts.
Die Industrialisierung unseres Kontinents ist bereits eingeläutet und Maschinen und Industrie schlagen einen
ununterbrochenen Takt der Zeit.
“Wir finden viel mehr Befriedigung in der Geräuschekombination von Straßenbahnen, Auspufflärm und
lauten Menschenmassen, als beispielsweise im Einüben der ‚Eroica‘ oder ‚Pastorale‘”, heisst es in einem
bereits 1913 veröffentlichem Manifest von Luigi Russolo namens “Kunst der Geräusche”.
Der Durchbruch der modernen Musik, die an keine harmonischen Regeln gebunden ist, findet bald darauf
statt; zunächst noch im Deckmantel der Klassischen Musik. Arnold Schönberg, bekannt durch die
Einführung der Atonalität, eine Musikform, die sich als erste von allen bekannten Kompositionsregeln löst,
ist einer der ersten Musiker, der nicht nur Harmonie als Musik versteht. Er ist der Komponist, der einen
musikalisch revulutionären Schritt vollzog, und es sollen ihm einige Schüler der zweiten Wiener Schule, der
auch er angehört, folgen.
Jedoch macht sich diese neuartige Form der Musik noch nicht die Elektronik zu Nutze, wie es bald darauf in
einem neuem Stil der Fall sein soll: Die ‚Musique Concréte‘. Karl Heinz Stockhausen führt diese Art der
Musik, in der sowohl Schreibmaschinengeklapper als auch Sirenengeheule als Stimmen dienen, ein und
schreibt”Alle Klänge und Geräusche sind Musik”. Das Prinzip dieser Musik, auch von John Cage und Pierre
Schaeffer praktiziert, Klänge und Geräusche aufzunehmen, auszuschneiden und an bestimmte Stellen eines
Musikstückes wieder einzusetzen, ist bereits vergleichbar mit der Vorgehensweise der Computer. Das
“Sampling” macht seine ersten Versuche.
Nicht viel später werden die ersten Versuche einer synthetischen Klangerzeugung gestartet. Zuerst dient
hierfür der ‚Sinuston‘. Seinen Namen verdankt er der aus der Mathematik bekannten Sinuskurve, die ebenso
periodisch verläuft wie die Schwingungen dieses Tones. Aber nach verschiedenen Bearbeitungsformen dieser
Schwingungskurve, wie z.B Verkürzung, Verlängerung, Verdichtung und Überlagerung können aus diesem
einzigen Klang bereits eine Vielzahl weiterer Klänge produziert werden. Die Idee des Synthezisers ist
geboren.
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2.2. Die ersten Hits
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1972 landet Gorge Kinsley mit “Popcorn” den ersten Hit, der völlig auf elektronischer Klangerzeugung
basiert, welcher ebenfalls als Techno-Vorläufer gilt. Jedoch als eigentliche Urväter der Technomusik gelten
auch heute noch die deutsche Gruppe “Kraftwerk”. 1975 bringen sie ihr viertes Album “Autobahn” auf den
Markt. Dieses Album schafft es ohne Probleme in die Amerikanischen Hitlisten und soll von nun an viele
Musiker inspirieren und zu einer neuen Musik bewegen. Die Welle des Synth-Pop wird gestartet.
Brian Eno, zuvor bei “Roxy Music”, gründet 1975 das “Obscure Records” Lable, das sich auf “Ambient
Music” spezialisiert.
Ein Jahr später bringt Jean-Michel Jarre sein Meisterwerk “Oxygéne” auf den Markt. Dieses Erfolgsalbum
schlägt wie eine Bombe ein und verkauft sich über acht Millionen mal.
1977 bringt Giogio Moroder, Erfolgsproduzent aus München, die Sängerin Donna Summer unter Vertrag,
und produziert mit ihr den Hit “I Feel Love”.
Zeitgleich in diesem Jahre bringen auch “Kraftwerk” ein neues Album heraus, mit dem Titel
“Menschmaschine”. Bei diesem Titel ist der Aufruf dieser Gruppe, ein engeres Verhältnis zwischen Mensch
und Maschine zu schaffen, unverkenntlich.
“Moroder” und “Kraftwerk” bildeten zu dieser Zeit die Szene.
2.3.
Die achtziger Jahre – “Synth-Pop” entwickelt sich zur Technomusik
Die achtziger Jahre beginnen. Von nun an soll sich auch die Technomusik in verschiedene Richtungen
entwickeln. Die Welle des Synth-Pop soll noch lange nicht abflachen; aber ein neues Kind wird geboren : Die
House-Music.
Ihr Ursprung ist in den USA. Obwohl Disco-Music in den Staaten bereits für tot erklärt wird lebt sie ab 1980
im schwarzen Gay-Underground von Chicago und New York weiter. Entscheidend hierfür sind zwei
legendäre Discos.
In New York befindet sich das “Paradise Garage”, in dem der DJ Larry Levan nächtelang UndergroundKlassiker auflegt. Das “Paradise Garage” prägt im Laufe der Zeit sogar seinen eigenen Musikstil - “Garage
Disco”, später “Garage House”.
Zur gleichen Zeit legt in Chicago, in einer Disco namens Warehouse, der DJ Frankie Knuckles von
samstagsabends bis sonntagsmittags seine Platten auf, von Disco-Klassikern bis Euro-Importen. In beiden
Städten sind diese beiden Orte die einzigen für szeneinteressierte Menschen, und bald sprechen diese von
“that sound they play down the house”. Dies war die Geburt der House-Music.
1984 wird in Deutschland die erste Discothek, die sich ausschliesslich auf elektronische Musik spezialisiert,
in Frankfurt eröffnet, namens “Technoclub”.
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1985 ist ein weiteres bedeutendes Jahr der Techno-Geschichte, da das Kultlable “Trax Records” gegründet
wird.
Weiterhin produziert Juan Attkins, einer der Altväter des Detroit-Techno, die erste Technoplatte, die aus
heutiger Sicht schon nach Technomusik klingt. Diese erscheint unter dem Pseudonym seines Projektes
“Modell 500” und trägt den Namen “ No UFO´s”. Sie dient anderen Produzenten als Grundlage für alle
darauf erschienenen Technoplatten. Seine Inspirationen entnimmt er der Europäischen Musik wie zum
Beispiel “Tangerine Dream” oder wie so viele andere “Kraftwerk”.
Im folgenden Jahr entsteht eine neue Variante der Technomusik: “Acid-House”. Die Verursacher dieses
neuen Trends sind “Phuture” die auf dem Lable “Trax Records” ihre “Acid Tracks” herausbringen.
Kurze Zeit später soll von der House Formation “Finger´s Inc.” ein weiterer Stil eingeführt werden, genannt
“Deep-House”. Der “Deep-House”-Sound zeichnet sich durch die Vielzahl jazziger Elemente und durch
gesampelte und später bearbeitete Vocals aus.
Auch in diesem Jahr sorgen zwei Tracks für höhere Popularität der Housemusik. Zum einen bringt “Steve
‚Silk‘ Hurley” seinen Riesenhit “Jack your Body” auf den Markt, zum anderen soll auch in Deutschland der
Produzent “Sven Väth” seinen ersten Discorenner produzieren. Dieser bringt mit seinem Projekt “OFF” das
Stück “Elektrica Salsa” heraus, welches sich zu einem Clubhit in ganz Europa entwickelt.
In Deutschland ist es jedoch das Jahr von “Westbam”. Dieser Berliner DJ und Produzent glänzt auf
Tanzverantstaltungen durch seine Non-Stop-Music. Er mischt Disco und Soulplatten auf unbegreifliche
Weise zusammen, dass aus verschiedensten Stücken ein endloses Meisterwerk wird ohne Unterbrechung und
Übergang.
Diese “High-Energy-Music”, unbestrittener Grundstein der heutigen Housemusic, welche nicht unwesentlich
von “Westbam” geprägt wird, war eine Sensation, und es sind ganz wenige, die diese Mixtechniken
beherrschen. “Westbam” ist einer von ihnen, und er hat eine unbeschreibliche Sammlung von Platten; er kauft
alles, wo auch nur “House” draufsteht.
In diesem Jahr versucht er die erste Berliner House-Party zu organisieren.
“Berlin hatte zu dieser Zeit noch keinen Dance-Untergrund, von der High-Energy-Schwulenszene vielleicht
abgesehen. Aber hier gab es schon immer mehr, als in jeder anderen deutschen Stadt, Untergrund-Kultur.
Das EX und POP, eine Berliner Szenebar, war ein Teil davon, eben mehr für Leute, die Einstürzenden
Neubauten hörten oder Black Flag und dazwischen Schostakowitsch. Wir schleppten also zwei Technics
1210er, ein Mischpult und eine Roland 808 und meine ersten 30 House Platten hinein. Daß UndergroundDancemusic plus Undergroundszene noch keine Underground-Danceszenen ergeben, kann man wohl als
Ergebnis dieser ersten House-Parties Berlins, wohlmöglich Deutschlands, bezeichnen. Die Gäste (...) wippten
etwas mit und fragten sich, was da wohl passiert in ihrer Kneipe.” (Westbam, 1986)
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2.4.
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Der “Acid”-Boom
1987 beginnt der große “Acid”-Boom.
Entstanden ist dieser Sound eher zufällig ein Jahr zuvor in Chicago, als zwei DJs (“Phuture”) mit dem
“Roland TB 303” Synthesizer desses Bassfrequenzen veränderten und daraus ein Lied komponierten. Der
“Roland 303” ist auch heute noch einer der meistbenutzten Synthesizer im “Acid”-Bereich.
Dieser neue Sound findet sofort großen Anklang im Untergrund Chicagos, erreicht unwesentlich später auch
Deutschland, genauer gesagt den Untergrund Berlins. Dieser Untergrund Berlins wird erst richtig anerkannt,
nachdem die erste “Acid-House”-Party in der “Turbine Rosenheim” stattfand.
Eine weitere Adresse für Szenegänger in Berlin ist das “UFO”, die “Geburtsstätte der Berliner ‚House‘Szene”, wie sie genannt wird. Diese Adresse ist aber nur ausgewählten Personen bekannt, da das UFO von
der Polizei und den Behörden gesucht wird, und deshalb gut versteckt ist. Die illegalen Parties im UFO
werden kurzfristig von Monika Dietl, Moderatorin bei “Radio 4U” angekündigt. Das UFO ist ein Lagerkeller
einer Kreuzberger Ladenwohnung. Hier tanzen 1988/99 die etwa 50 bis 100 ausgewählten Besucher
stundenlang gasmaskiert zu ohrenbetäubendem “Acid”-gequietsche durch den dicken Nebel, angespornt
durch endlose Stroboskop-Blitze.
Zeitgleich wird in den USA zu “Garage” getanzt, obwohl die Geburtstätte das “Paradise Garage” bereits ein
Jahr zuvor geschlossen wurde.
In England werden zu dieser Zeit die ersten “Raves” gefeiert, welche aber noch nicht allzuviel mit dem
heuten Begriff “Rave” gemein haben. Ersteres besteht aus einem Gemisch von Techno, House und
Gitarrensound. Interpreten dieser “Raves” sind zum Beispiel “EMF” mit dem Song “Unbelievable”, welche
eher in die Skating-Szene einzuordnen sind.
Der Hit des Jahres 1989 ist der “House”-track “French Kiss”, produziert von Lil Luis.
In Chicago steht die “House”-Szene durch Kommerzialisierung kurz vor dem Ende.
Auch in Deutschland hilft “Westbam” der Housemusik mit der Partyhymne “And Party” zum ersten Schritt
aus dem Untergrund zum Mainstream.
In Frankfurt wird ein Musikmagazin namens Frontpage von Armin “Jeff” Johnert und Tallar 2XLC
herausgebracht.
2.5.
Der eigentliche Durchbruch der Technomusik – Die erste Loveparade
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1990 ist das Jahr, in dem die Technomusik ihren eigentlichen Durchbruch vollzieht
.
In Berlin wird die erste Loveparade organisiert. Es wird lange über den politischen Sinn der Loveparade
diskutiert, da sie ja offiziell als Demonstration gilt. Einerseits hat die Loveparade einen eher unpolitischen
Charakter: “Es gibt uns, wir sind viele, wir sind anders, wir wollen Spaß”. Manche Stimmen der
Loveparadeanhänger schreiben ihr jedoch sehrwohl einen politischen Charakter zu: “(...)Techno ist deswegen
politisch, weil es die Musik demokratisiert hat und sich jeder seine Musik machen kann. Wir brauchen Fehler
anderer Jugendbewegungen nicht mehr zu wiederholen. (...) Wir sind keine Antibewegung zur
Spießergesellschaft, wir stellen eine Alternative dar.”
Cord Schnibben, Autor beim “Spiegel”: “Die Loveparade ist so politisch wie ein Sommerpicknick und so
unpolitisch wie eine Friedensdemo, aber wenn Politik die Verständigung darüber ist, wie man
zusammenleben will, dann sind drei Tage voller ‚Love Peace and Unity‘ politischer als drei Kilo
Parteiprogramm.”
Der Kultcharakter der Loveparade bleibt in anderen Großstädten nicht unerkannt.
Nicht lange Zeit danach wird es von einigen dieser erfolgreich imitiert: 1992 in Zürich, 1994 Köln “Night
Move” und 1995 findet der Münchener “Union Move” statt.
Im gleichen Jahr der ersten Loveparade kommt “NY-House” groß heraus. Vom Lable “Strictly Rythm”
werden Hits am laufenden Band produziert.Erfolgsproduzent “David Morales” mixt alles, was in den Clubs
gespielt wird.
Auch “Acid” steht durch kommerzielle Ausbeutung kurz von dem Ende.
Verschiedenste neue Stilrichtungen entstehen in den unterschiedlichsten Regionen. So zum Beispiel “Bleep”
in England, welche sich durch hohe Piepstöne und tiefe Bässe auszeichnet. Der bekannteste Track heißt
“Tricky Disko”. Auch Belgien gilt als Entstehungsstätte für einen neuen Stil. Hier bildet sich aus “EBM” und
“Industrial” “New Beat”.
2.6.
“The Spirit of ´91” – Das Jahr der Technomusik
1991 bringt “Nervous Records” Stücke mit einem neuen Sound auf den Markt. Dieser nennt sich “JazzHouse” und ist angelehnt an den schon von früher bekannten “Deep House”.
“Heute ist alles Routine und langweilig und kommerziell. Damals war alles aufregend, das Jahr 1991 war
das der ausgefallensten Parties”, meint Jürgen Laarmann, herausgeber des Frontpage Magazins:”Jeder der
dabei gewesen ist, wird das nicht vergessen.”
Damit ist wohl auch nicht unwesentlich das bis dahin unübertroffene Partyspektakel Berlins gemeint:
Die Mayday im Dezember 1991, das Kind der Loveparade, welches ihr bald über den Kopf wachen soll,
indem es sich zum Berliner Party-Exportartikel Nummer eins entwickelt. Erst wird diese Party zum Appell an
alle Anhänger des Jugendradiosenders DT64 organisiert, um diese zum aktiven Kampf für den Erhalt des
Senders zu bewegen, der bereits durch die Landesmedienanstalten dem Untergang geweiht ist. Zur Rettung
des Senders werden Vereine gegründet, Unterschriftenaktionen gestartet und Demonstrationen abgehalten. Zu
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guter letzt soll der Versuch gestartet werden, dem Sender durch diese Party mit dem Auruf “Mayday” zu
helfen.
Westbam:”Ich wollte so etwas wie die Party nach der Love Parade nochmal, nur irgendwie anders
veranstalten. Also habe ich mich mit den Low-Spirit Leuten zusammengesetzt und mit Marusha, die durch
ihre Radiosendung Rave-Satelite bei DT 64 großen Einfluß im Osten hatte. Als der Sender zumachte, haben
wir überregional zu pushen begonnen und Mayday gemacht. Mayday bedeutete damals: Rettet das
Jugendradio DT 64. Der Demonstrationscharakter war da, und DT 64 hat das Ereignis stark in seinem
Programm gepusht.”
Von nun an bewegt sich die Technomusik unaufhaltsam Schritt für Schritt aus dem Untergrund Richtung
Mainstream. Die stetig wachsende Zahl der Anhänger dieser Bewegung bleibt auch dem allgemeinen Markt
nicht vorenthalten, so dass die Kommerzialisierung mit großen Schritten heraneilt.
Der Merchandisingbereich wird stark ausgebaut.
Schlechte Techno Compilations der großen Plattenfirmen überschwemmen den Markt. Techno wird zum Pop
der Neunziger.
Jedes Jahr verdoppelt bis vervierfacht sich die Anzahl der Tanzenden, und halbiert sich die Verwirklichung
des Grundgedankens der Loveparade.
“Die Loveparade als Woodstock der Techno- & Housegeneration. Underground und Overground,
Avantgarde und Mainstream, Camelpromotion und Werbeaktionen, XTC und CDU, die Technobewegung
scheint sich im kulturell beliebigen zu verlieren.”
Von nun an verzweigt sich durch globale Kommerzialisierung und Trendbildung von unzähligen Projekten,
die wie Eintagsfliegen in den Charts auftauchen und verschwinden, die weitere Geschichte dieser Musik in
soviele verschiedene Richtungen, dass es hier unmöglich ist, einen Überblick darüber zu verschaffen.
Einen kleinen Einblick in die verschiedensten untergeordneten Stile will ich im zweiten Teil dieser Arbeit
liefern.
3.
Techno – Ein Oberbegriff für eine Vielzahl verschiedener Stile
Mit dem Wort Technomusik lässt sich heutzutage längst nicht mehr die Menge der verschiedensten
untergeordneten Stile beschreiben. Teilweise gleichen diese sich, dass sich für den Laien kaum ein Unterschied
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bemerkbar macht, andererseits unterscheiden sie sich in Geschwindigkeit und verwendeten Sounds so sehr, dass
es auch dem nicht geschulten Ohr direkt auffällt.
Verständlicherweise ist es nicht möglich, hier alle Stilarten, die sich im Laufe der Zeit entwickelt haben, zu
nennen, geschweige denn auf diese einzugehen, so dass ich mich für eine kleine Anzahl der wohl bekanntesten
Arten beschränken musste.
3.1.
“Synth-Pop”
“Synth-Pop” ist die wohl erste elektronische Musik, die auf dem Markt aufgetaucht ist. Von harten BassSchlägen in monoton gleichbleibendem Takt, wie man es von heutiger Technomusik gewöhnt ist, kann hier noch
keineswegs die Rede sein. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Pop-Rhythmus, der mit den ersten
Synthesizerklängen übermalt ist, wie es der Name bereits sagt.
Den ersten Synthesizerhit landete George Kingsley mit dem Lied “Popcorn” im Jahre 1972. Kaum später folgten
ihm weitere Künstler, hauptsächlich beeinflusst durch die Synth-Pop Veteranen “Kraftwerk”, wie Jean-Michel
Jarre, “Vangelis”, “Depeche Mode” oder “YELLO”.
3.2.
“Acid”
“Acid” ist auch nur wieder ein Oberbegriff für zahlreiche Unterstilarten, wie “Acid-House” oder “Acid-Trance”.
Charakteristisch für “Acid” sind die quietschenden Sounds des “Roland TB 303”-Synthesizers, welcher für die
Produktion eines “Acid”-Tracks unumgänglich ist.
Einst wurde dieser Synthesizer für die Unterstützung von Gitarrenmusik entwickelt, fand bei dessen Anhängern
jedoch nicht viel Anklang und hatte nach zufälliger Entdeckung zweier Technoproduzenten aus Chicago seinen
festen Platz in der “Acid”-Szene. Der Beat bleibt bei dieser Stilart eher langsam und zurückhaltend. Hörbar
werden diese “Acid”-Geräusche zum Beispiel auf den ersten Platten von Prodigy.
3.3.
“House”
“House” ist die wohl populärste Stilart von Techno. Die Hauptelemente sind groovige Hihats und Claps. Die
Geschwindigkeiten der Housemusic liegen bei ca. 100 bis 130 bpm. Wie auch bei den meisten anderen Stilarten
haben sich bei der Housemusic verschiedenste Unterstilarten entwickelt. So zum Beispiel “Vocal House”, was
durch Gesang, meistens aus älteren Soulstücken gesampelt, ausgezeichnet wird. Eine der ersten Formen der
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Housemusic ist “Detroit House”, was etwas dumpfer und schneller klingt. Sobald “House” mit mehreren
Percussion-Instrumenten versehen wird, nennt man es “Harthouse”.
3.4.
“Jungle”
“Jungle” ist der für London typische Musikstil. Duke Ellington führte diesen ein, indem er rasant rückwärts
laufende “Jazz-Drum-Patterns” mit “Hip-Hop Drumloops” kreuzte und dies mit hochgepitchten “ReggaeGrooves” übermalte. Jungle ist mit 140 – 160 bpm der bisher schnellste Rhythmus aus England.
3.5.
“Drum & Bass”
“Drum & Bass” ist mehr oder weniger ein Produkt der “Jungle”-Musik, obwohl es in der Geschwindigkeit
deutlich langsamer ist. Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch wegen der oft eingebauten jazzigen Elementen
ist es eine eher leichte und ruhige Musik. Das gewirbelte Schlagwerk mit Betonung auf der ersten und
viereinhalbten Zählzeit und die geschleiften Drumloops sorgen für den bei “Drum & Bass” typischen Breakbeat.
“Drum & Bass” entstand genau wie “Jungle” in London. Die genauere Geburtsstätte ist das “Blue Note”, eine
Discothek im Londoner Zentrum, welches die Residenz der “Metalheadz” ist. Die “Metalheadz” ist das wohl
bekannteste “Drum & Bass”-Lable und wurde vom Londoner DJ “Goldie” gegründet.
Die deutschen “Drum & Bass” Zentren sind Mannheim, Köln und Berlin.
3.6.
“Trance”
“Trance” ist eine Mischung aus langsamen Beats, ca. 100 bpm, und monotonen, sich durchgehend
wiederholenden Elementen von “Ambient”-Geräuschen und Synthesizer-Sounds. Der Beat ist gradlinig und
nicht gebrochen. Das Charakteristischste an “Trance”-Musik sind die weichen und durchgehenden Flächen, die
den Hörer zum “Abheben” bringen; aus diesem Grund ist “Trance”-Musik neben “Ambient” auch die in den
“Chill-Out-Areas” (Entspannungsräume auf Technoparties) am meisten gespielte Musik. “Ambient” ist eine Art
“Trance”-Musik, nur noch langsamer, was es fast zur Meditationsmusik werden lässt. Oft werden für “Ambient”
Geigen als Flächen eingesetzt.
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3.7. “Gabber”
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“Gabber” ist der “Speed-Metal” der Technoszene. Mit 180-500 bpm ist “Gabber” die schnellste aller
Technoarten. Holländischer “Speed-Gabber” geht an die Grenzen des erträglichen. Selbstverständlich gibt es
auch langsamere Arten von “Gabber”, was dann wiederum “Happy Hardcore” genannt wird, und mit 160 bpm
und aufwärts schon leichter tanzbar ist.
3.8.
“Goa”
“Psychodelic Goa Trance”, wie es auch genannt wird, hat seinen Ursprung in der indischen Provinz Goa. Sven
Väth war es, der aus seinem jährlichen Urlaub in Goa diesen Sound mitbrachte und der “Hardcore”-Szene in
Europa entgegen setzte. Sein Album “Accident in Paradise” definiert diesen Sound.
3.9.
“Dub”
“Dub” ist moderner, clubtauglicher, elektronischer “Space-Reaggae”.
Entstanden ist “Dub” auf Jamaika, als die dort ansässigen MCs die “B-Sides” ihrer Platten, auf denen die Stücke
der “A-Sides” instrumental aufgenommen wurden, im Studio remixten. Die für “Dub” typische Form des
Remixen ist der hintereinandergekoppelte Einsatz verschiedener Effekte, hauptsächlich Echo, Delay und Hall.
4.
Quellenangaben
-
Philipp Anz / Patrick Walder: Techno, Verlag Ricco Bilger, 1. Auflage, Zürich 1995
-
Oliva Henkel / Karsten Wolff: Berlin Underground, Techno und HipHop zwischen Mythos und Ausverkauf,
FAB Verlag, Berlin 1996
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Techno – Entstehung und Entwicklung eines Musikstils
- Klaus Janke / Stefan Niehues: Echt abgedreht, Die Jugend der 90er Jahre, Beck´sche Reihe 1091, 3.
Auflage, München 1995
-
Frontpage-Magazin, Juni & Juli 1996, Technomedia GmbH Verlag, Herausgeber Jürgen Laarmann, Berlin
-
Spiegel Special: Die Eigensinnigen, November 1994
-
Brockhaus Enzyklopädie, Band 19+21, F.A. Brockhaus GmbH, Mannheim 1986
-
Internet:
-
http://www.blnet.ch/user/future/elmus.htm
-
http://home.rhein-zeitung.de/~phbecker/jokes/techno.htm
-
http://www.subaudio.net/wortfeld/warp.htm
-
http://user.cs.tu-berlin.de/~wolfa/tekrech3.htm
-
http://www.allesklar.de
-
http://www.cheatweb.com/de/012/b000554.htm
-
http://computer.freepage.de/terraface/davidst/referate/musik.html
-
http://members.aol.com/drogie/techno1.htm
-
http://www.cs.uni-magdeburg.de/~roester/techno.htm
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