Prof. Dr. K. Kassner Dr. M. von Kurnatowski Uni Magdeburg SS 2015 Elektrodynamik Blatt 4 Teil A 10. Zylinderkondensator 4 Pkt. Ein Zylinderkondensator besteht aus zwei koaxial gelagerten Zylindermänteln mit vernachlässigbarer Dicke, der Höhe h und mit den Radien R1 und R2 (R1 < R2 ). Im Raum dazwischen ist Vakuum. Der innere Zylinder wird mit der Ladung Q, der äußere wird mit der Ladung − Q aufgeladen. (a) Schreiben Sie die Ladungsdichte ̺(~r ) in Zylinderkoordinaten mit Hilfe von δ-Funk- (1 Pkt.) tionen. Achten Sie darauf, dass beim Integrieren von ̺(~r ) über Volumina, welche nur einen bzw. beide Zylindermäntel umfassen, das Richtige heraus kommt. (b) Berechnen Sie das elektrostatische Potential φ(~r ) innerhalb des Kondensators durch (2 Pkt.) direktes Lösen der Poisson-Gleichung. Vernachlässigen Sie dabei Randeffekte am oberen und unteren Ende des Kondensators. (c) Wie groß ist die Kapazität C des Zylinderkondensators? (1 Pkt.) Lösung: (a) Die Ladungsdichte lautet für z ∈ [0, h] Q [δ(r − R1 ) − δ(r − R2 )] . 2πhr Durch die Vorfaktoren wird sichergestellt, dass bei Integration über ein Volumen, das den Zylindermantel mit Radius R1 enthält (aber nicht den mit Radius R2 ) genau Q rauskommt und dass bei Integration über ein Volumen, das den Zylindermantel mit Radius R2 enthält (aber nicht den mit Radius R1 ) genau − Q rauskommt, und dass bei Integration über ein Volumen mit beiden Zylindermänteln null rauskommt. Die Faktoren 1/2π und 1/h kompensieren dabei die ϕ- und die z-Integration, der Faktor 1/r den Faktor r des Volumenelements. ̺ (r ) = (b) Die Poisson-Gleichung lautet ̺(~r ) . ε0 Aus Symmetriegründen hängt φ im Inneren des Kondensators nur von r = |~r | ab. Wegen der Symmetrie bleibt im Laplace-Operator nur ein Term übrig. 1 ∂ ̺ (r ) ′ rφ (r ) = − (A10.1) r ∂r ε0 ∆φ = − Für ρ(r ) = 0 ist die Lösung dieser Differentialgleichung von der Form φ(r ) = c ln r + d . Wir haben also c1 ln r + d1 φ(r ) = c2 ln r + d2 c3 ln r + d3 für für für r < R1 R1 < r < R2 R2 < r Eine der Konstanten d1 , d2 , d3 ist frei wählbar, weil das Potential nur bis auf eine additive Konstante bestimmt ist. Die Konstante c1 muss null sein, weil das Potential bei r = 0 nicht divergieren darf – dort befinden sich keine Punkt- oder Linienladungen. Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 1 Elektrodynamik SS 2015 Die vier anderen Konstanten lassen sich aus Sprung- und Stetigkeitsbedingungen bestimmen, die man durch Integration von (A10.1) von R1 − ε bis R1 + ε bzw. R2 − ε bis R2 + ε erhält. Man erhält R +ε rφ′ (r ) Ri −ε = (−1)i i φ ( Ri + ε ) − φ ( Ri − ε ) = 0 Q i = 1, 2 , 2πε 0 h i = 1, 2 (Stetigkeit) . (A10.2) (A10.3) Aus (A10.2) folgt Q , 2πε 0 h Q ⇒ c3 − c2 = 2πε 0 h c2 = − c3 = 0 . Wählen wir d3 = 0, so verschwindet das Potential im Unendlichen und überhaupt ausserhalb des Zylinders. Die Stetigkeitsbedingung bei R2 liefert d2 = und die bei R1 d1 = Q ln R2 2πε 0 h Q R2 ln . 2πε 0 h R1 Damit wird das Potential Q 2πε 0 h ln( R2 /R1 ) φ(r ) = 2πεQ h ln( R2 /r ) 0 0 für r < R1 für R1 < r < R2 für R2 < r Das Potential nach Berücksichtigung der inneren Ladung wird für r < R1 zwar nicht null, aber konstant (es hat den Wert φ( R1 ) > 0 für Q > 0), so dass dieser Innenraum dennoch feldfrei ist. (c) Zwischen den Zylindern liegt die Spannung Q ln U = φ ( R1 ) − φ ( R2 ) = 2πε 0 h R2 , R1 somit beträgt die Kapazität des Zylinderkondensators C= Q 2πε 0 h = . U ln( R2 /R1 ) 11. Randwertproblem 4 Pkt. Das Volumen V = {~r = ( x, y, z) : 0 ≤ x ≤ a, 0 ≤ y ≤ b, −∞ < z < +∞} Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 2 Elektrodynamik SS 2015 ist durch Metallplatten begrenzt. Die beiden Platten bei x = 0 und x = a sind geerdet, die beiden anderen bei y = 0 und y = b haben das Potential Φ0 . Wegen der Translationssymmetrie in z-Richtung reduziert sich das Problem auf zwei Dimensionen, Φ(~r ) = Φ( x, y). Lösen Sie die Laplace-Gleichung im Inneren des Volumens V mit einem Separationsansatz und geben Sie die allgemeine Lösung an. Bestimmen Sie die Konstanten dieser Lösung so, dass die Randbedingungen erfüllt sind. Hinweis: Zerlegen Sie die Lösung Φ( x, y) in Φ( x, y) = Φ1 ( x, y) + Φ2 ( x, y) , wobei Φ1 ( x, y) und Φ2 ( x, y) jeweils die Randbedingungen Φ1,2 ( x, y) = 0 auf drei der vier begrenzenden Kanten erfüllen und finden Sie Φ1 ( x, y) und Φ2 ( x, y), ausgehend von Produktansätzen Φ1 ( x, y) = X1 ( x ) · Y1 (y) Φ2 ( x, y) = X2 ( x ) · Y2 (y) . Achtung: Die vollständige Lösung der beiden Unterprobleme ist kein einfaches Produkt! (Trotzdem ist der Produktansatz hilfreich.) Lösung: Wie in dem Hinweis bereits vorgeschlagen, zerlegen wir die Lösung in zwei Teile. Φ( x, y) = Φ1 ( x, y) + Φ2 ( x, y) Dabei werden an Φ1 und Φ2 unterschiedliche Forderungen an den Rändern gestellt. Es ist intuitiv sinnvoll, die Platten, auf denen sich die Funktionswerte von Φ1 und Φ2 unterscheiden, parallel zu legen. Diese Platten sind die bei y = 0 und y = b. Φ1 (0, y) = 0 Φ1 ( a, y) = 0 Φ1 ( x, 0) = Φ0 Φ1 ( x, b) = 0 Φ2 (0, y) = 0 Φ2 ( a, y) = 0 Φ2 ( x, 0) = 0 Φ2 ( x, b) = Φ0 Die Randbedingungen sind in Abbildung A11.1 veranschaulicht. y Φ1 = 0, Φ2 = Φ0 Φ1,2 = 0 Φ1,2 = 0 b Φ1 = Φ0 , Φ2 = 0 a x Abb. A11.1: Wahl der Randbedingungen für die Ansatzfunktionen Φ1 ( x, y) und Φ2 auf den Platten In der Summe erfüllen die Ansatzfunktionen dann die Randbedingungen für Φ( x, y). Weil die Laplace-Gleichung linear ist, funktioniert der Ansatz unter anderem dann, Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 3 Elektrodynamik SS 2015 wenn Φ1 ( x, y) und Φ2 ( x, y) jeweils separat eine Laplace-Gleichung erfüllen. Die Summe zweier Lösungen ist wieder eine Lösung. Das wäre dann besonders einfach und so versuchen wir das auch erstmal. Für Φ1 machen wir einen Separationsansatz. Dann wird der Laplace-Operator angewandt und durch Φ1 (6≡ 0) dividiert. Φ1 ( x, y) = X1 ( x )Y1 (y) ! ∆Φ1 ( x, y) = X1′′ ( x )Y1 (y) + X1 ( x )Y1′′ (y) = 0 − X1′′ ( x ) Y ′′ (y) = 1 = k2 X1 ( x ) Y1 (y) Da eine Seite nur von x abhängt und die andere Seite nur von y abhängt, kann die letzte Gleichung nur allgemein erfüllt sein wenn beide Seiten gleich einer Konstante sind. In weiser Voraussicht, dass X1 ( x ) aus harmonischen Funktionen bestehen wird, weil die Platten bei x = 0 und x = a geerdet sind, nehmen wir die Konstante k2 als reell positiv an. X1 ( x ) = c1 cos(kx ) + c2 sin(kx ) Jetzt wenden wir die Randbedingungen an. X1 ( 0 ) = 0 ⇒ c 1 = 0 nπ X1 ( a ) = 0 ⇒ k = a n∈N Für Y1 (y) ergeben sich hyperbolische Funktionen. Y1 (y) = c3 eky + c4 e−ky Jetzt wenden wir die Randbedingungen an. Y1 (0) = Φ0 ⇒ c3 + c4 = Φ0 Y1 (b) = 0 ⇒ c3 ekb + c4 e−kb = 0 Dieses lineare Gleichungssystem lässt sich lösen. ekb c3 = Φ0 1 − 2 sinh(kb) c4 = Φ0 ekb 2 sinh(kb) Das wird in Y1 (y) eingesetzt. Y1 (y) = Φ0 sinh(k(b − y)) sinh(kb) Jetzt können wir Φ1 schreiben. Da durch die Multiplikation von Y1 (y) mit X1 ( x ), das nicht konstant ist, die inhomogene Randbedingung gestört“ wird, summieren wir ” über alle Moden mit verschiedenen k. Das liefert freie Konstanten, die so gewählt werden können, dass die Randbedingung von der vollen Lösung erfüllt wird und nicht nur von einem y-abhängigen Faktor. Wir benennen c2 in cn um. nπx sinh nπ (ba−y) ∞ Φ1 ( x, y) = Φ0 ∑ cn sin a sinh nπb n =1 a Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 4 Elektrodynamik SS 2015 Die Randbedingung bei y = 0 liefert die Forderung: ∞ ! ∑ cn sin Φ1 ( x, 0) = Φ0 = Φ0 n =1 ∞ 1= ∑ cn sin n =1 nπx a nπx x ∈ [0, a] a Das ist möglich, wenn man die rechte Seite als Fourierreihe eines periodischen Rechtecksignals betrachtet. f (x) a 2a 3a 4a x Abb. A11.2: Rechtecksignal mit der Periode T = 2a Das ließe sich für l ∈ N0 als f (x) = ( 1 −1 x ∈ [2la, (2l + 1) a] x ∈ [(2l + 1) a, (2l + 2) a] schreiben und ist in Abbildung A11.2 veranschaulicht. Die allgemeine Formel für die Fourier-Zerlegung einer solchen Funktion lautet ∞ a0 2πnx 2πnx f (x) = + ∑ an cos + bn sin 2 T T n =1 mit 2 a0 = T 2 an = T 2 bn = T Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 ZT 0 ZT f ( x )dx f ( x ) cos 2πnx T dx 0 ZT f ( x ) sin 2πnx T dx. 0 5 Elektrodynamik SS 2015 Die Koeffizienten werden jetzt mit T = 2a berechnet. 1 a0 = a Za 1 an = a Za 0 0 1 dx − a cos Z2a dx = 0 a nπx a 1 dx − a Z2a cos a nπx a dx 1 [sin(nπ ) − sin(0) − sin(nπ ) + sin(2nπ )] = 0 nπ Za Z2a nπx nπx 1 1 bn = dx − dx sin sin a a a a a 0 0 n gerade 1 =− [cos(nπ ) − 1 − 1 + cos(nπ )] = 4 nπ n ungerade nπ = f (x) 1 x a Abb. A11.3: Fourierreihe der Funktion f ( x ) mit den ersten elf Summanden bei a = 1 Die Fourierreihe f (x) = 4 π ∞ ∑ sin n =1 (2n−1)πx a 2n − 1 ist für a = 1 in Abbildung A11.3 mit den ersten elf Summanden dargestellt. Man sieht gut das Überschwingen an den Rändern bei x = 0 und x = a (gibbssches Phänomen). Da cn = bn können wir jetzt Φ1 schreiben. sinh (2n−1)π (b−y) ∞ a (2n − 1)πx 4Φ0 Φ1 ( x, y) = sin ∑ π n =1 a (2n − 1) sinh (2n−1)πb a Eine völlig analoge Rechnung für Φ2 ( x, y) = X2 ( x )Y2 (y) ergibt X2 ( x ) = cn sin(kx ) Y2 (y) = Φ0 Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 sinh(ky) sinh(kb) 6 Elektrodynamik SS 2015 wobei hier auch wieder k = nπ/a gelten muss und auch cn den gleichen Wert annimmt. Damit sind die entsprechenden Randbedingungen erfüllt (siehe Abb. A11.1) und wir können Φ( x, y) aufsummieren. h i (2n−1)π (b−y) (2n−1)πy (2n−1)πx ∞ sin sinh + sinh a a a 4Φ0 Φ( x, y) = ∑ ( 2n − 1 ) πb π n =1 (2n − 1) sinh a In Teil A sind insgesamt 8 Punkte zu erreichen. Die Aufgaben werden zum unten genannten Termin vorgerechnet. Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 7 Elektrodynamik SS 2015 Teil B 4. Geladene Kugel 4 Pkt. Eine Kugel mit Radius R trage die kugelsymmetrische Ladungsverteilung ̺ (r ) = k r ∀ r < R, wobei k eine Konstante ist. (a) Berechnen Sie das elektrische Feld der Kugel mit Hilfe des gaußschen Integralsatzes. (2 Pkt.) (b) Wie groß ist die im Feld gespeicherte Energie? Überprüfen Sie das Ergebnis, indem (2 Pkt.) Sie sich die Ladungsverteilung durch infinitesimale Kugelschalen der Ladung dQ zusammengesetzt vorstellen. Diese sollen aus dem Unendlichen herangeführt werden und die Kugel von innen nach außen aufbauen. Lösung: (a) Wir berechnen das elektrische Feld mit Hilfe des gaußschen Integralsatzes. Es gilt Z ∂V ~E · d~f = 1 ε0 Z ̺ dV. V Wegen der Kugelsymmetrie wählen wir als Integrationsvolumen natürlich eine Kugel um den Koordinatenursprung. Da das ~E-Feld radial nach außen zeigen wird (~E(~r ) = E(r )~er ), können wir das linke Integral sehr einfach ausführen. Z ~E · d~f = 4π r2 E(r ) ∂V Die von dieser Kugel umschlossene Ladung ergibt sich zu Z ̺ dV = 4π Zr 0 V r ′4 k r r dr = 4π k 4 ′ ′2 r . 0 Da die Ladungsdichte auf den Bereich r ≤ R begrenzt ist, bleibt das Integral für R < r konstant. Damit erhalten wir ( 4 Z r r≤R 4 ̺ dV = Q R mit Q = k π R4 . 1 R<r V Das elektrische Feld ~E(~r ) = E(r )~er ergibt sich damit zu ( 2 r r≤R Q R4 E (r ) = . 1 4π ε 0 R < r 2 r (b) Die im Feld gespeicherte Energie ist gegeben durch ε0 W= 2 Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 Z R3 ~E · ~E dV = 2πε 0 Z∞ E2 (r ) r2 dr 0 8 Elektrodynamik SS 2015 Das Integral berechnen wir für Innen- und Aussenraum der Kugel: ZR Q2 W= 8π ε 0 R8 Z∞ dr Q2 r dr + 8π ε 0 r2 0 R | {z } | {z } 6 7 = R1 = R7 Q2 = 8π ε 0 R 1 +1 7 = Q2 k 2 π R7 = . 7π ε 0 R 7 ε0 Die infinitesimal dünne Kugelschale mit Radius r hat die Ladung dQ = 4π ̺ r2 dr = 4π k r3 dr . Im Unendlichen ist das Potential Null. Die Arbeit, die für das Anlagern der Kugelschale aufgebracht werden muss, entspricht also der Arbeit, die Ladung dQ auf das Potential ihres Bestimmungsortes zu bringen: dW = φ dQ′ . Da wir die Kugel von innen nach aussen aufbauen“, ist φ das Potential an der ” Oberfläche der bereits vorhandenen, kleineren Kugelschalen, Q (r ) φ (r ) = 4π ε 0 r mit Q(r ) = 4π k Zr r ′3 dr ′ = π k r4 . 0 Integrieren wir nun alle infinitesimalen Arbeiten auf, so gelangen wir zu W= = Z φ dQ = kπ ε0 ZR 0 ZR 0 k 3 r 4π k r3 dr 4 ε0 r6 dr = k π R7 . 7 ε0 Im Teil B können 4 Punkte erreicht werden. Die Abgabe der Aufgabe(n) erfolgt am unten genannten Datum. Vorrechnen und Abgabe: 05. 05. 2015 9