Joachim Stiller Gadamer: Leben und Werk Materialien zu Leben und Werk von Hans-Georg Gadamer Alle Rechte vorbehalten Wiki: Hans-Georg Gadamer Hans-Georg Gadamer (* 11. Februar 1900 in Marburg; † 13. März 2002 in Heidelberg) war ein deutscher Philosoph. International bekannt wurde er durch sein für die philosophische Hermeneutik grundlegendes Werk Wahrheit und Methode (1960). Inhaltsverzeichnis • • • • • • • • • • 1 Leben und Wirken o 1.1 Familiärer Rahmen und Promotion o 1.2 Edmund Husserl, Martin Heidegger, Paul Friedländer o 1.3 Habilitation an der Universität Marburg o 1.4 NSDDB Vertretungen vakanter Lehrstühle o 1.5 Erste Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg o 1.6 Rückkehr von Helmut Kuhn und Karl Löwith nach Deutschland o 1.7 Gadamer und Jürgen Habermas o 1.8 Späte Jahre 2 Gadamers philosophischer Ansatz: Begründer der universalen Hermeneutik 3 Einordnung in die geisteswissenschaftlichen Strömungen o 3.1 Neukantianismus und die Phänomenologie des Geistes o 3.2 Wahrheit und Methode 4 Die Gadamer-Stiftungsprofessur 5 Ehrungen, Preise und Auszeichnungen 6 Filme 7 Werkausgaben Autobiografisches Ausgewählte Schriften 8 Literatur 9 Weblinks 10 Anmerkungen Leben und Wirken Familiärer Rahmen und Promotion Hans-Georg Gadamers Vater Johannes Gadamer war Pharmazeut und Chemiker. 1902 folgte er einem Ruf als Ordinarius für pharmazeutische Chemie an die Universität Breslau und blieb dort bis 1919. Er war in erster Ehe (1897–1904) verheiratet mit Johanna Gadamer geborene Gewiese, Tochter des Maurer- und Zimmermeisters Hugo Gewiese und seiner Ehefrau Adele Becker. 1904 verstarb Johanna Gadamer, die Mutter von Hans-Georg Gadamer und seinem Bruder. Ab 1905 war Johannes Gadamer in zweiter Ehe verheiratet mit Hedwig Gadamer geb. Hellich, Tochter des Grubenbaudirektors Erich Hellich und seiner Ehefrau Ida Ehlert.[1] Hans-Georg Gadamer wuchs in Breslau auf und erlangte dort 1918 die Hochschulreife. Gadamer nahm anschließend sein Studium der Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie und Pädagogik an den Universitäten Breslau, Marburg und München auf und studierte unter anderen bei Richard Hönigswald. 1919 setzte er sein Studium an der Universität Marburg fort. Dort wurde er 1922 bei Paul Natorp und Nicolai Hartmann mit seiner Dissertationsschrift über Das Wesen der Lust nach den platonischen Dialogen zum Dr. phil. promoviert.[2] Edmund Husserl, Martin Heidegger, Paul Friedländer Ab 1923 besuchte Gadamer Vorlesungen von Edmund Husserl und Martin Heidegger an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und während des Sommers, bei Heidegger in dessen „Hütte“ in Todtnauberg. Diese Begegnung mit Heidegger wurde für Gadamer „eine völlige Erschütterung allzu früher Selbstsicherheit“.[3] Ein Jahr später, 1924, nahm Gadamer sein Studium der klassischen Philologie bei Paul Friedländer auf, weil er „das Gefühl hatte, von der Überlegenheit dieses Denkers [Heidegger] einfach erdrückt zu werden, wenn ich nicht einen eigenen Boden gewann, auf dem ich vielleicht fester stünde als dieser gewaltige Denker selber“.[4] 1927 absolvierte Gadamer sein Staatsexamen für das Höhere Lehramt. Habilitation an der Universität Marburg 1929 habilitierte sich Gadamer bei Heidegger und Friedländer für Philosophie an der Universität Marburg. Titel der Habilitationsschrift: Platos dialektische Ethik. Interpretationen zum „Philebos“., und wurde Privatdozent in Marburg. Zwei Jahre später wurde seine Schrift Platos dialektische Ethik veröffentlicht. Nach einem Aufenthalt in Paris 1933 veröffentlichte er 1934 seine Schrift Plato und die Dichter, die einen Durchbruch im Hinblick auf Platons Politeia darstellt, erste sehr deutliche Ansätze der Gadamerschen Hermeneutik aufweist, und seine teils unkritische Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus belegt.[5] NSDDB Vertretungen vakanter Lehrstühle Am 11. November 1933 unterzeichnete Gadamer das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.[6] 1934/35 vertrat Gadamer an der Universität Kiel den vakanten Lehrstuhl von Richard Kroner, der wegen seiner jüdischen Abstammung von der Lehrbefugnis suspendiert worden war. Im Oktober 1935 nahm Gadamer freiwillig am Dozentenlager des NS-Dozentenbundes (NSDDB) in Weichselmünde bei Danzig teil. Daraufhin wurde ihm 1937 in Marburg der Titel eines nichtbeamteten außerordentlichen Professors verliehen, der ihm zunächst verweigert worden war, obwohl er die üblicherweise sechs Jahre währende Zeit einer Privatdozentur schon absolviert hatte. Gadamer erhielt weiterhin die Vertretung des vakanten Lehrstuhls von Erich Frank an der Universität Marburg, dem ebenfalls wegen seiner jüdischen Abstammung die Lehrbefugnis entzogen worden war. Zwei Jahre später erhielt Gadamer einen Ruf an die Universität Leipzig, wo er nach Lehrstuhlvertretungen 1938/39 als Nachfolger Arnold Gehlens 1939 zum ordentlichen Professor und Direktor des Philosophischen Instituts der Universität Leipzig berufen wurde.[7] Im August 1933 wurde Gadamer Mitglied des Nationalsozialistischen Lehrerbundes[8] Vom Sicherheitsdienst des Reichsführers SS wurde Gadamer in der weltanschaulichen Beurteilung innerhalb der „SD-Dossiers über PhilosophieProfessoren“ aus SS-Sicht in seiner Haltung zum Nationalsozialismus als indifferent klassifiziert.[9] Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs war Gadamer Mitarbeiter am NSProjekt Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften.[6] Erste Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Nach dem Krieg wurde Hans-Georg Gadamer 1945 Dekan der Philosophischen Fakultät und später bis 1947 Rektor der Universität Leipzig. Nachdem sich die Hoffnungen auf eine demokratische Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone zerschlagen hatten, bemühte sich Gadamer aktiv um eine Stelle in der Westzone. Am 14. August erklärte er seinen Rücktritt vom Rektorat zum 1. Oktober und erhielt an diesem Tag eine Anstellung an der Universität Frankfurt, zunächst vertretungsweise, vom 1. Juli 1948 als ordentlicher Professor, nachdem er bei der Rückkehr nach Leipzig zur Amtsübergabe aufgrund einer Denunziation verhaftet und von einem russischen Offizier verhört, aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden war. 1949 folgte er einer Berufung an die Universität Heidelberg als Nachfolger von Karl Jaspers.[10] Rückkehr von Helmut Kuhn und Karl Löwith nach Deutschland Gadamer begründete 1953 mit Helmut Kuhn die „Philosophische Rundschau“. Im selben Jahr kehrte Karl Löwith, der 1934 wegen seiner jüdischen Herkunft aus Deutschland emigriert war, durch Vermittlung Gadamers zurück und folgte einem Ruf der Universität Heidelberg. Im Jahr 1951 wurde Gadamer Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Im Jahr 1960 erfolgte die Veröffentlichung von „Wahrheit und Methode“, 1962 wurde Gadamer Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland. Eine Bewerbung um das Rektorat der Universität Heidelberg scheitert dagegen. Es folgte die Gründung der Internationalen Vereinigung zur Förderung der Hegel-Studien, deren Präsident er wurde. Im Jahr 1966 organisierte er als Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Heidelberg einen Kongress über Sprache. Gadamer und Jürgen Habermas Von 1967 bis 1971 debattierten Gadamer und Habermas, bis 1977 schrieb er Kleine Schriften in vier Bänden. Im Jahr 1968 wurde er in Heidelberg emeritiert, lehrte jedoch weiter. Von 1969 bis 1972 war er Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Im Jahr 1971 wurde er Ritter des Ordens Pour le merite, erhielt den Reuchlin-Preis der Stadt Pforzheim und das Große Bundesverdienstkreuz. In den 1980er und 1990er Jahren lehrte er regelmäßig am Istituto Italiano per gli Studi Filosofici in Neapel.[11] Späte Jahre Hans-Georg Gadamer lebte bis zu seinem Tode in dem Heidelberger Stadtteil Ziegelhausen und fand auf dem dortigen Friedhof, auf einer Anhöhe über dem Neckartal gelegen, seine letzte Ruhestätte.[12] Hans-Georg Gadamer ist Ehrenbürger der Stadt Heidelberg sowie der Stadt Neapel.[13] Sein Nachlass liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Gadamers philosophischer Ansatz: Begründer der universalen Hermeneutik Hans-Georg Gadamer war einer der prominentesten deutschen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er gilt als Begründer einer universalen Hermeneutik, die sich sowohl gegen den einseitigen Methodologismus der traditionellen Hermeneutik von Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey als auch gegen den Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegels wendet. Für Gadamer ist jegliches Verstehen, gleichgültig, ob es sich um Texte, Kunst- und Bauwerke oder das Gegenüber in einem Gespräch handelt, an die Sprachlichkeit des Seins vor dem Horizont der Zeit gebunden. Dies setzt beim Interpretieren von Werken Offenheit, das Bewusstmachen der eigenen Vorurteilsstruktur sowie die Bereitschaft zum Gespräch bzw. zu reflexivem Auseinandersetzen voraus. Die philosophische Hermeneutik wurde von Gadamer so allgemein fundiert, dass sie auf prinzipiell alle ethisch-ästhetischen Aspekte und Fragen des Lebens Anwendung finden kann. Er schuf eine Theorie der auf dem Denken des 19. Jahrhunderts fußenden „Geisteswissenschaft“, welche für sich beansprucht, dass sie die umwälzenden Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften nicht zu scheuen braucht. Einordnung in die geisteswissenschaftlichen Strömungen Neukantianismus und die Phänomenologie des Geistes Zunächst gehörte Gadamer zur Umgebung des Marburger Neukantianismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, welcher überwiegend an den mathematischen Wissenschaften und ihren Methoden orientiert war und seinen Schwerpunkt auf die „Erkenntnisart“ von Gegenständen legte. Auch die Arbeiten von Paul Natorp und Nicolai Hartmann waren diesem Ansatz anfänglich verpflichtet. Danach wandte er sich der Phänomenologie Husserls (1859–1938) zu, die auch seine Habilitationsschrift prägte. Zu dieser Zeit begegnete er Heidegger, von dessen Existenzphilosophie er viele Elemente übernahm. In ihr fand er nach eigenen Angaben die gesuchte Gegenkraft zu Platon. Hegels Phänomenologie des Geistes hat ihn fasziniert. Wahrheit und Methode Seine Positionen hat er Ende der 1950er Jahre in seinem Hauptwerk Wahrheit und Methode ausformuliert. Gadamer versteht die Hermeneutik nicht nur als Kunstlehre, sondern hält Verstehen für eine der Grundlagen des menschlichen Lebens. In der Debatte mit Habermas und Karl-Otto Apel kommt es zu einer Umakzentuierung seiner Haltung. Auch der Hauptvertreter der philosophischen Dekonstruktion, Jacques Derrida,[14] kritisierte seine Hermeneutik. Etliche Züge in Gadamers Denken brachten ihm den Ruf eines liberalen Konservativen ein.[15] Sein Werk ist durchzogen von einer an Heidegger angelehnten Technologieskepsis. In seinem vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs des Neukantianismus nach dem Ersten Weltkrieg entstandenem Werk versucht er die Frage zu beantworten, was Philosophie angesichts der Dominanz der Naturwissenschaften ausmacht. Die Gadamer-Stiftungsprofessur Die „Gadamer-Stiftungsprofessur“ ist eine nach Hans-Georg Gadamer benannte Stiftungsprofessur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sie wurde 2001 am Philosophischen Seminar der Universität Heidelberg eingerichtet mit dem Ziel der Auseinandersetzung bedeutender internationaler Geisteswissenschaftler mit der Hermeneutik. Die Gadamer-Professur wurde vom Stiftungsfonds Deutsche Bank, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, der Universität Heidelberg sowie dem Fonds der Ehrenbürger der Universität Heidelberg unterstützt. Bisherige Preisträger waren Karl Heinz Bohrer, Peter Burke, Jan Assmann, Horst Bredekamp, Wolfram Hogrebe und Eberhard Jüngel. Seit 2007 sind die Mittel des Fonds ausgeschöpft, weitere Professuren wurden nicht vergeben.[16] Ehrungen, Preise und Auszeichnungen Hans-Georg Gadamer erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. Darunter waren unter anderem: • • • • 1971 Orden Pour le mérite und Reuchlin-Preis 1972 Großes Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1979 Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und Hegel-Preis 1986 Jaspers-Preis • • • • • • • • 1987 Hanns Martin Schleyer-Preis 1990 Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1993 Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1993 Bürgermedaille der Stadt Heidelberg 1995 Internationaler Antonio-Feltrinelli-Preis 1995 Ehrendoktorwürde der Universität Wrocław 1996 Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig (sowie am 12. Januar 1996 Ehrenmitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig) 1999 Ehrendoktorwürde der Philipps-Universität Marburg Filme • "Geboren 1900", Deutschland/Großbritannien/USA, 1999/2000, 75 min. – In dem Film blicken der deutsche Philosoph Hans-Georg Gadamer, die britische Autorin Barbara Cartland und der amerikanische Theaterregisseur Martin Magner auf hundert Lebensjahre zurück. Deutsch-französische Erstausstrahlung: August 2000 auf ARTE – Buch und Regie: Christoph Weinert Werkausgaben Autobiografisches Ausgewählte Schriften Werkausgaben • • Kleine Schriften Tübingen, Mohr, 1967 ff. Gesammelte Werke. Tübingen: Mohr, 1985–1995 (10 Bände). Autobiografisches • • • Philosophische Lehrjahre. Eine Rückschau, Frankfurt a.M., Klostermann, 1977, 3.Aufl. 2012 ISBN 978-3-465-04165-8. Selbstdarstellung. In: Ludwig J. Pongratz (Herausgeber): Philosophie in Selbstdarstellungen, Band III, Meiner, Hamburg 1977. Auch in: Gesammelte Werke, Band 2. Im Gespräch, mit Silvio Vietta München 2002. Ausgewählte Schriften • • • • • • • • Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. (Tübingen 1960), Unveränd. Nachdr. d. 3. erw. Aufl. Tübingen 1975, ISBN 3-16-833912-1. Lob der Theorie, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1983. Das Erbe Europas, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1989. Über die Verborgenheit der Gesundheit, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1993. Der Anfang der Philosophie, Stuttgart, Philipp Reclam, 1996. Erziehung ist sich erziehen Heidelberg 2000. Hermeneutische Entwürfe. Vorträge und Aufsätze Tübingen 2000. Platos dialektische Ethik. Phänomenologische Interpretationen zum Philebos Hamburg 2000 Veröffentlichtes Bild- und Tonmaterial • • • • • • • • • Hans Georg Gadamer erzählt die Geschichte der Philosophie Rom / Hamburg 2000 / 2006. (VHS / DVD) Von der Lust am Dialog Ein Interview und ein Gespräch über den Begriff des Kairos Berlin 2000. (2 CDs) Gadamer Hörbuch: Drei Rundfunkvorträge Berlin 1999. (MC) Autobiographie und Geschichten. Zwei Vorträge und ein Gespräch. Heidelberg 1998. (MC) Postmoderne und das Ende der Neuzeit? Vortrag 1992 Heidelberg 1996. (MC) Wahrheit und Bewusstsein. Heidelberg 1996. (MC) Philosophie heute: Die Kunst des Verstehens. Hans-Georg Gadamer. Hamburg 1996. (VHS) Die Unhintergehbarkeit der Kunst Freiburg 1996 (MC) Vorträge Heidelberg 1996 (MC) Literatur • • • • • • • • • • • • • Ulrich Arnswald, Jens Kertscher, Jeff Malpas (Hrsg.): Gadamer’s Century. Essays in Honor of Hans-Georg Gadamer, Cambridge, MA / London, England: MIT Press 2002, ISBN 0-262-63247-0. Dominic E. Delarue, Johann Schulz und Laura Sobez (Hrsg.): Das Bild als Ereignis. Zur Lesbarkeit spätmittelalterlicher Kunst mit Hans-Georg Gadamer. Winter Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8253-6036-8. Donatella Di Cesare: Gadamer – Ein philosophisches Porträt. Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-149946-3. Wolfgang Drechsler: Gadamer in Marburg. Blaues Schloss, Marburg 2013, ISBN 978-3-943556-27-8. Carsten Dutt (Hrsg.): Gadamers philosophische Hermeneutik und die Literaturwissenschaft. Marbacher Kolloquium zum 50. Jahrestag der Publikation von „Wahrheit und Methode“. Winter Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8253-59546. Günter Figal (Hrsg.): Hans-Georg Gadamer: Wahrheit und Methode. 2. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-05-005107-9. Günter Figal und Hans-Helmuth Gander (Hrsg.): Dimensionen des Hermeneutischen. Heidegger und Gadamer. Klostermann, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-46503432-2. Jean Grondin: Hans-Georg Gadamer. Eine Biographie. Mohr Siebeck, Tübingen 1999, ISBN 3-16-146855-4. Jean Grondin: Hans-Georg Gadamer : eine Biographie, 2., durchges. u. erw. Aufl., Tübingen : Mohr Siebeck, 2013, ISBN 978-3-16-152316-8. Thorsten Gubatz: Heidegger, Gadamer und die Turiner Schule. Die Verwindung der Metaphysik im Spannungsfeld zwischen Glaube und Philosophie. Ergon, Würzburg 2009, ISBN 978-3-89913-711-8. Kai Hammermeister: Hans-Georg Gadamer. 2. erweiterte Auflage. C.H. Beck, München 2006. Michael Hofer, Mirko Wischke (Hrsg.): Gadamer verstehen – understanding Gadamer. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. Catherine Hürzeler: Architektur als Zuwachs an Sein. Hans-Georg Gadamer im Gespräch mit Catherine Hürzeler. In: Raimund Blödt et al: Beyond Metropolis. Eine • • • • • • • • • Auseinandersetzung mit der verstädterten Landschaft. Niggli, Sulgen/Zürich 2006, ISBN 3-7212-0583-9. Hans Krämer: Kritik der Hermeneutik. Interpretationsphilosophie und Realismus, Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56486-4. Bruce Krajewski (Ed.): Gadamer's Repercussions. Reconsidering Philosophical Hermeneutics. Berkeley, Los Angeles 2004. (incl. Response to T. Orozco's accusations). Annika Krüger: Verstehen als Gestehen. Wissenschaftliche Zuständigkeitsbegrenzung und hermeneutische Erkenntnisweise. Wilhelm Diltheys und Hans-Georg Gadamers Versuch einer geisteswissenschaftlichen Emanzipation. Wehrhahn, Laatzen 2006 ISBN 3-86525-059-9. Ram Adhar Mall: Hans-Georg Gadamers Hermeneutik interkulturell gelesen. Bautz, Nordhausen 2005, ISBN 3-88309-180-4. Teresa Orozco: Platonische Gewalt. Gadamers politische Hermeneutik der NS-Zeit. Vorwort von Wolfgang F. Haug. Argument, Hamburg 2004, ISBN 3-88619-240-7. Udo Tietz: Hans-Georg Gadamer zur Einführung. Junius, Hamburg 2005, 3. Aufl., ISBN 3-88506-612-2. Andreas Vasilache: Interkulturelles Verstehen nach Gadamer und Foucault. Campus, Frankfurt am Main/New York 2003. Wasim Salman: Wirkungsgeschichte de Hans-Georg Gadamer dans la théologie de Claude Geffré, David Tracy et Wolfhart Pannenberg, Ed. Pontificia Univ. Gregoriana, Roma 2010, ISBN 978-88-7839-155-0. Kurzbiografie zu: Gadamer, Hans-Georg. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1, Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4. Weblinks Commons: Hans-Georg Gadamer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien Wikiquote: Hans-Georg Gadamer – Zitate • • • • • • • • • • • • Literatur von und über Hans-Georg Gadamer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Werke von und über Hans-Georg Gadamer in der Deutschen Digitalen Bibliothek Hans-Georg Gadamer im Professorenkatalog der Universität Leipzig Eintrag zu Hans-Georg Gadamer in Kalliope Ausführliche Gadamer Bibliographie Osman Bilen: Gadamer’s Philosophical Hermeneutics Roswitha Grassl: Breslauer Studienjahre: Hans-Georg Gadamer im Gespräch (PDF; 6,6 MB) Jean Grondin: Gadamer vor Heidegger (PDF; 113 kB), Internationale Zeitschrift für Philosophie, 1996, 197-226. Hans-Ulrich Lessing: Artikel "Hans-Georg Gadamer" im UTB-Online-Wörterbuch Philosophie Jeff Malpas: Hans-Georg Gadamer. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy Der Weg der Philosophie – Gadamer erzählt die Geschichte der Philosophie RAI Educational (italienisch) Gadamer erzählt die Geschichte der Philosophie Hans-Georg Gadamer Gadamer wurde am 11.02.1900 in Marburg als Sohn eines Professors für Chemie geboren. Er studierte neukantianistisch geprägte Philosophie, zunächst bei Hönigswald in Breslau und dann bei Nartorp in Marburg, der ihn mit einer Dissertation über die Lust bei Platon promovierte. 1923 lernte er Heidegger kennen, dessen Einfluss für ihn schlechthin entscheidend wurde, und ging mit ihm nach Marburg. Ab 1924 studierte er Altphilologie, vor allem bei Friedländer, und habilitierte sich 1929 unter dessen und Heideggers Leitung mit der Schrift „Platos dialektische Ethik. Phänomenologische Interpretationen zum Philebos“. 1939 wurde er auf ein Ordinariat für Philosophie an die Universität Leipzig berufen, deren Rektorat er nach dem Krieg innehatte. 1949 übernahm er in Heidelberg den Lehrstuhl, der durch den Weggang von K. Jaspers nach Basel freigeworden war. 1960 erst veröffentlichte er sein Hauptwerk „Wahrheit und Methode. Grundlage einer philosophischen Hermeneutik“. Er hatte mehrere einflussreiche Positionen in deutschen Wissenschaftsorganisationen inne. Auch nach seiner Emeritierung (1968) hielt er weiterhin Vorlesungen bzw. Vorträge, reiste regelmäßig in die USA und nach Italien. Er trat in Kontakt mit Derrida und versuchte zwischen Habermas und den französischen „Postmodernen“ zu vermitteln. ER starb, mit Ehrungen überhäuft, hoch betagt und bis zuletzt geistig frisch, am 13.03.2002 in Heidelberg. Gadamer hat zahlreiche Interpretationen zur platonischen Philosophie vorgelegt und ebenso zu modernen Denkern, etwa zu Hegel, vor allem aber zu Heidegger, nicht zuletzt zur Dichtung, u.a. zu Goethe, George, Rilke und Celan. Sein wichtigster Beitrag blieb jedoch „Wahrheit und Methode“, das eine Theorie dessen ist, wie sich Verstehen ereignet. Der Titel drückt einen Gegensatz aus: Der Anspruch der Methode, das Monopol des Wahrheitszugangs zu besitzen, wird bestritten. Durch die Methode ist die Naturwissenschaft bestimmt, teilweise hat sich auch die Geisteswissenschaft (Dilthey) davon verführen lassen. Wahrheit aber, die in Anlehnung an Heidegger als Erschlossenheit verstanden wird, ist weiter. Sie eröffnet sich schon im Alltag, aber auch z.B. prägnant in der Erfahrung der Kunst, die dafür freilich erst aus der Sackgasse der Genieästhetik herausgeholt werden muss, in der sie seit Kant und der Romantik steckt. Entscheidend für das Verstehen des Kunstwerks ist nicht, dass wir seine Entstehung in den Geist des Künstlers hinein rückverfolgen, sondern dass es etwas Überraschendes „sagt“, dass sich in ihm eine Welt zuspielt. Ähnliches gilt von der Geschichte, die bei Gadamer vor allem als Geistesgeschichte vorkommt. Einerseits stehen wir in der „Wirkungsgeschichte“ des Vergangenen, wenn wir uns diese auch erst aneignen müssen, ähnlich wie unsere Muttersprache. Andererseits aber ist dabei der Bruch zwischen der vergangenen und gegenwärtigen Zeit, so gut es geht, durch eine „Horizontverschmelzung“ zu überwinden. Die Deutung der Vergangenheit (wie des Kunstwerks) ist eine Art von Gespräch, ein Frage-und-Antwort-Spiel. Dabei spielen die Vorurteile, mit denen wir uns dem Vergangenen (wie jeglichem Begegnenden) nähern, nicht nur die Rolle von Hindernissen, sondern auch von ersten Zugängen, die freilich kritisch bearbeitet werden müssen. Traditionen gelten oft fraglos. Werden sie befragt, so ist Bewahrung ebenso eine freie und vernünftige Möglichkeit wie Kritik und Umsturz, deren Rechweite gegenüber der Überlieferung ohnehin nur begrenzt ist. Die Sprache ist es, die das Modell für diese Verhältnisse bietet. Auf ihr insistiert Gadamer, wenn er die Sprachvergessenheit der metaphysischen Überlieferung kritisiert. Wir wohnen in der Sprache, die also weit mehr als ein Informationsinstrument ist. Was Sprache leistet, ist am deutlichsten an der Lyrik abzulesen. Gadamer, der im Laufe seines Lebens immer mehr zum Grandsenieur der deutschen Philosophie wurde, konnte die zehnbändige Gesamtausgabe seiner Werke noch selbst einrichten. Er ist einer der letzten Zeugen einer im Wesentlichen ungebrochenen Tradition der klassischen Bildung, deren Gültigkeit ihm eines Beweises nicht zu bedürfen schien. Zugleich hielt er, gegen alles Spezialistentum und jeden Zug zum Esoterischen in der Philosophie daran fest, dass es deren Aufgabe sei, die Begriffe, die uns überliefert sind, zu klären und so das, was alle wissen, etwas bewusster zu machen. [Das sehe ich genau so… Da bin ich ebenfalls ganz alte Schule… Leider ist der obige Artikel etwas arg kurz… Mir scheint, die Bedeutung von Gadamer wird da arg unterschätzt… Schade…] Joachim Stiller Münster, 2013 Ende Zurück zur Startseite