Erfahrungsbericht Kapstadt 2013 von Ellen Scheithauer Mein Praktikum im Fachbereich der Medizintechnik habe ich in einem kleinen Unternehmen namens “Strait Access Technologies” (kurz: SAT) im Kapstädter Studentenviertel Observatory absolviert. SAT hat einige Räume der UCT – University of Cape Town angemietet und wurde vor gut einem Jahr aus einem Studentenprojekt heraus gegründet. Ziel des Unternehmens ist es Herzklappen zu entwickeln, die kostengünstiger sind als bisher existente, eine lange Lebensdauer haben und vor allem ohne OP am offenen Herzen implantiert werden können. Das hat den Zweck, dass die medizinische Versorgung von rheumatischen Herzklappen auch dort ermöglicht werden soll, wo sie dringend nötig sind, Infrastruktur und gute Krankenhäuser aber fehlen: In den Entwicklungsländern, wo jährlich einige Tausend Menschen, vor allem Jugendliche und Kinder an den Folgen des rheumatischen Fiebers sterben. Ich persönlich habe von diesem Unternehmen durch eine Organisation erfahren, die europäischen Studierenden und Schülern bei der Suche von Wohnung und Praktikumsplatz in Kapstadt unterstützend zur Seite steht und vor Allem zusätzlich Informationen zu Visum und Verhaltensregeln im Land bietet. Diese Organisation wurde von einem Deutschen gegründet, der selbst vor einigen Jahren nach Kapstadt ausgewandert hat uns somit auch Insider-Tipps rund um diese Stadt geben kann. Jede Woche wurden zudem einige Ausflüge angeboten, an meinem ersten Arbeitstag wurde mir sogar der sicherste und einfachste Weg zur Arbeit gezeigt. Meine Aufgabe bei SAT war es Versuche zur Verstärkung der Flügel der Herzklappen durchzuführen, diese dann zu Prüfen und die Ergebnisse zu Beurteilen. Ich fand es schön, dass ich, obwohl ich noch nicht fertig bin mit dem Studium somit einen direkten Einblick in mein späteres Tätigkeitsfeld erhalten konnte und nicht nur kleinere Arbeiten für andere erledigen musste. Sinn und Zweck meines Projektes war es die Lebensdauer der Herzklappen zu erhöhen. Die Fasern, mit denen ich meine Versuche durchführte, hatten die besten Eigenschaften um das Polymer, aus dem die Klappen hergestellt werden, insofern zu unterstützen, dass die wirkenden Kräfte reduziert werden. Dazu wurden mir von der Seite des Unternehmens in meiner ersten Woche erst einmal einige Paper zur Verfügung gestellt, die ich durcharbeiten sollte. Dies hatte vor Allem den Zweck, dass ich mir ein adäquates Englisch und ein Basiswissen auf dem Fachgebiet des Herzens, der Herzchirurgie und der bisher existenten Patente aneignen sollte. Neben diesem Hauptprojekt unterstützte ich noch Kollegen bei der Arbeit mit Perikardium und dem Herstellen biologischer Herzklappen aus dem Diesen. Ich durfte sogar bei zwei Operationen am offenen Herzen zuschauen, die im Groote Schuur Krankenhaus nebenan, dem Krankenhaus, in dem die erste Herztransplantation überhaupt von Christiaan Barnard durchgeführt wurde, zuschauen. Bei der einen handelte es sich um das Ersetzen einer Aortaklappe und bei der anderen um die Reparation einer Mitralklappe. Die Möglichkeit, eine solche Operation hautnah mitzuerleben ist natürlich unglaublich. Vermutlich wäre es in Deutschland für Nicht-Mediziner aus hygienischen Gründen überhaupt nicht erlaubt während so einer OP im Raum zu sein. Ich teilte mir ein Arbeitszimmer mit fünf meiner Kollegen und war in einem Team bestehend aus mir und sechs Ingenieuren. Gemeinsam arbeiteten wir an der Aortaklappe. Sonst gab es noch zwei andere Teams: eines für die Entwicklung eines Gerätes zur Reparatur der Mitralklappe und eines zur Entwicklung des Gerätes, mit dessen Hilfe die fertige Aortaklappe im Herz angebracht werden soll. Wir hatten mindestens einmal die Woche ein Meeting, bei denen alle Mitarbeiter ihre Fortschritte den anderen mitteilten und bei dem ausführlich über Probleme und Ideen diskutiert wurde. Außerdem fanden gelegentlich „Brain Stormings“ statt, bei denen sich die ganze Crew auf ein Problem fokussierte und Ideen zur Lösung des diesen gefunden wurden. Alle fünf Wochen fanden an einem Samstag der sogenannte „workshop“ statt. Ein vierstündiges Treffen, bei dem ausführliche Präsentationen zu jedem Thema gehalten wurden und dem auch Stifter und interessiertes Publikum beiwohnen durfte. Dort habe ich natürlich auch einmal eine Präsentation gehalten. Diese Meetings und „workshops“ führten dazu, dass immer alle im Unternehmen wussten, mit was sich gerade die jeweils anderen beschäftigten und so jeder jeden bei Problemen und Fragen konsultieren konnte. Ich fand es besonders schön, dass alle sich hier auf Augenhöhe begegneten und alle Probleme, Anmerkungen und Ideen ernst genommen wurden. Auch sonst war der Umgang mit den Kollegen ein sehr Offener und Freundlicher. Allgemein sind die Menschen in Südafrika sehr freundlich und höflich. In der Mittagspause versammelten wir uns alle in der Teeküche und speisten gemeinsam mit einer wunderschönen Aussicht direkt auf den Devil's Peak. Entweder mitgebrachtes Essen oder in eines der Restaurants in der Umgebung erworbenes. Da das Unternehmen in der Uni eingelagert war, war eine Mensa direkt ums Eck. Quer über der Straße war ein kleines Shoppingcenter mit Fastfood, Bäcker und Supermarkt. Selbst die Kneipenstraße Observatorys, die Lower Main Road, war nur fünf Gehminuten entfernt. Jeden Donnerstag hat sich die gesamte Mannschaft schon um 10.30 in der Küche versammelt und es gab Frühstück. Hier wurden von Seite des Unternehmen Brötchen, Beläge und Beilagen gestellt und in einer freundlichen Atmosphäre gefrühstückt. Wir hatten in den drei Monaten, in denen ich in diesem Unternehmen arbeiten durfte auch drei Firmenausflüge: einen in eine lokale Bierbrauerei, einen in ein sehr gutes Restaurant zur Feier des einjährigen Bestehens und einen in ein anderes Restaurant für eine kleine Abschiedsfeier. Meine Arbeitszeiten waren jeden Tag von 8.00 bis 17.00, wobei ich eine einstündige Mittagspause hatte. Entlohnt wurde ich nicht. Dies hätte Probleme mit der Regierung gegeben, da Südafrika eine sehr hohe Arbeitslosigkeit hat und so argumentiert werden würde, dass ich einem Einheimischen den Arbeitsplatz wegnehme. Da ich kein Lohn bekam konnte ich auch einfach als Tourist mit dem „Visitor's Permit“ einreisen. Dieses bekommen deutsche Staatsbürger direkt bei der Einreise. Es ist kostenfrei und gültig für 90 Tage. Da mein Aufenthalt die 90 Tage überschritt musste ich zu den Home Affairs gehen um eine Verlängerung zu beantragen. Diese Verlängerung um 90 weitere Tage ist nur einmal möglich und kostet 480 Rand. Allerdings wartet man vergeblich auf das neue visitor's permit. Man bekommt einen Stempel auf ein Papier, das bestätigt, dass man den Antrag auf Verlängerung eingereicht hat und das einem die Erlaubnis gibt nach Südafrika ein – und auszureisen. Das offizielle Visum, das schon vor Einreise in die Republik beantragt werden müsste, ist teurer und benötigt eine Menge Papierkram und kostet somit auch eine Menge Nerven: Röntgenbild von der Brust, zum Beweis, das man keine Tuberkulose hat, Arztzeugnis über mentale und physische Gesundheit, polizeiliches Führungszeugnis, ausführliche Schreiben zum Sinn und Zweck des Aufenthaltes, um nur einige der benötigten Dokumente zu nennen. Neben dieser Verlängerung musste ich allerdings keine weiteren offiziellen Dinge erledigen. Kapstadt ist eine wahrhaft wunderschöne Stadt, die wirklich alles bietet. Wunderschöne Natur, atemberaubende Aussichten, Kultur pur und einiges Mehr. Die Wochenenden wurden somit nie langweilig. So habe ich einige Male die umliegenden Berge bestiegen, war Surfen und habe an den regnerischen Tagen Museen besucht. Gerade die spannende Geschichte Südafrikas wird in einigen Museen gut präsentiert. Auf Robben Island kann man die Zelle besichtigen, in der Nelson Mandela so viele Jahre einsaß. Besonders interessant fand ich das Museum über in die erste Herztransplantation im alten Groote Schuur Krankenhaus. In den vielen Restaurants und Märkten kann man auf kulinarische Entdeckungstour gehen und im abwechslungsreichen Gelände allen möglichen Sportarten nachgehen. An einem längeren Wochenende bin ich mit ein paar Freunden von hier die Gardenroute Richtung Port Elizabeth gefahren. Die Küste entlang gibt es einige schöne kleine Fischerdörfer und Wildparks sowie tolle Steinformationen und Landschaften. Alles in allem hatte ich also eine wirklich schöne Zeit in Südafrika und würde jedem raten trotz einer Menge Papierkram und Planungsaufwand einen solchen Auslandsaufenthalt zu machen.