Prof. Dr. J. Böhm-Rietig [email protected] Mathematik Grundstudium Das Lösen von Gleichungen FH-Köln, FB 19 02261/8196-120 Das analytische Lösen einfacher Ungleichungen mit einer Variable Definitionsbereich nur IR , da C (komplexe Zahlen) keine lineare Ordnung besitzt! Goniometrische Ungleichungen (mit trigonometrischen Funktionen) werden hier nicht behandelt. T1 ≤ T2 ⇔ ( T1 < T2 ) ∨ ( T1 = T2 ). Analog für „≥“ . Definition : T1 ≠ T2 ⇔ ( T1 < T2 ) ∨ ( T1 > T2 ). Kurzschreibweise: T1 < T2 < T3 ⇔ ( T1 < T2 ) ∧ ( T2 < T3 ) („Ungleichungssystem“) |T1| < a ⇔ ( 0 ≤ T1 < a ) ∨ ( -a < T1 < 0 ) bei einer Konstanten a>0 Achtung: Es muss immer eine Lösungsmenge formuliert werden ! Diese ist oft kompliziert aufgebaut. Tipp: Systeme von Ungleichungen entstehen oft im Zusammenhang mit Betrags-Ungleichungen. Das Thema erfordert eine sehr strikte, an den gültigen Äquivalenzregeln orientierte Herangehensweise und gut dokumentierte Fallunterscheidungen! Der Definitionsbereich ist wie bei Gleichungen zuerst zu bestimmen! Das geht nur durch üben, üben,.... Termumformungen: Äquivalente Umformungen, die die Lösungsmenge nicht verändern. Seien T1,T2,T3,T4. Terme (Ausdruck mit Zahlen, Rechenzeichen, Variablen) mit gleicher Definitionsmenge. Vertauschen: T1 < T2 ⇔ T2 > T1 . Termersetzung: Ist T3=T1 und T4=T2, so gilt T1 < T2 ⇔ T3 < T4 Gleichmäßige Termverrechnung auf beiden Seiten: T1 < T2 ⇔ T1 ± T3 < T2 ± T3 Für T3 > 0: Unterschied zu Gleichungen: Für T3 < 0: T1 < T2 ⇔ T1 ⋅ T3 < T2 ⋅ T3 ⇔ T1 / T3 < T2 / T3 . T1 < T2 ⇔ T1 ⋅ T3 > T2 ⋅ T3 ⇔ T1 / T3 > T2 / T3 . Exponenzieren: T1 < T2 ⇔ a T1 T1 < T2 ⇔ a T1 für a > 1: Unterschied zu Gleichungen: für 0 < a < 1: T2 <a T2 >a . x x ln(a) Merke: a = e ⋅ . . T1 < T2 ⇔ loga T1 < loga T2 . Merke : log(1/a)(x)=loga(1/x) also für 0<a<1, T1, T2 > 0 : T1 < T2 ⇔ loga T1 > loga T2 . Logarithmieren: für a>1, T1, T2 > 0 : Potenzieren: für n∈IN ungerade : wenn 0 < T1 < T2 : n n T1 < T2 ⇔ T1 < T2 ⇔ T1 < T2 ⇔ 1/T1 > 1/T2 . n n T1 T2 Termumformungen, die nur mit Fallunterscheiungen äquivalent durchgeführt werden Zusätzliche, virtuelle (Schein-)Lös. sind möglich und müssen durch Testrechnungen ausgeschlossen werden. ⇔ (T1 > 0 ∧ T2 > 0) ∨ (T1 < 0 ∧ T2 < 0) . ⇔ (T1 > 0 ∧ T2 < 0) ∨ (T1 < 0 ∧ T2 > 0) . T1⋅T2 > 0 T1⋅T2 < 0 n T1 < T2 n ∧ n∈IN gerade ⇔ |T1| < |T2| Analog für T1/T2 . (mehrere Fallunterscheidungen!). Achtung beim Wurzelziehen (gerade Wurzelordnung) und beim (geraden) Potenzieren auf beiden Seiten!!! 2 2 0<T1<T2 ist hinreichend für T1 <T2 , aber nicht norwendig, d.h. beim Quadrieren erhält man Scheinlösungen! Substitutionsprinzip Das S.P. ist nicht nur beim Integrieren sondern auch besonders beim Ungleichungslösen unverzichtbar: T1(f(x)) < T2(f(x)) ∧ z=f(x) ⇔ T1(z) < T2(z) -1 -1 Schwierig ist hier oft die Rücksubstitution, z.B. wenn x=f (z) mehrdeutig ist! Merke : Lx = f (Lz) Beispiel : 4 2 x –2x + 1 > 4 , x∈{..?..}. 2 Substitution z:=x : 2 2 2 z -2z + 1 > 4 ⇔ (z-1) > 4 ⇔ |z-1| > 2 ⇔ z ∈]-∞;-1[∪]3; ∞[. 2 Rücksubst.: x < -1 ∨ x > 3 (x∈ IR) ⇔ |x| > [Ungleichungen lösen.doc] 3 ⇔ x ∈ ]-∞;- 3 [ ∪ ] 3 ; ∞[ = {x∈IR | |x| > S. 1 3 }. [19.09.2006] Prof. Dr. J. Böhm-Rietig [email protected] Mathematik Grundstudium Das Lösen von Gleichungen FH-Köln, FB 19 02261/8196-120 Wichtig für Abschätzungen: die Dreiecksungleichungen Es gilt immer: ||a|−|b|| ≤ |a+b| ≤ |a| + |b| Graphische Lösung und Tipps für Ungleichungen y Die oben erläuterte algebraische Lösung von Ungleichungen ist schwierig. Oft ist es einfacher, die zugehörige Gleichung als Nullgleichung zu lösen und dann 4 2 Intervall-weise eine Vorzeichenuntersuchung f(x)=x - 2x - 3 durchzuführen: Beispiel, s.o. 8 4 2 4 2 x –2x + 1 > 4 ⇔ x –2x − 3 > 0. Da dieses Polynom 4.Grades gerade ist, muß auch die Lösungsmenge symmetrisch zu x=0 liegen! Es 4 genügt, x≥0 zu untersuchen. Bei gerader Wurzelordnung entscheidet der x Vorfaktor vor der höchsten Potenz das Verhalten 0 für x ± ∞. Aus der Grafik schließt man:: -3 -2 -1 0 1 2 3 L={x | |x|>a}. 4 2 -4 Die Nullstelle der „Rand-Funktion“ f(x)=x -2x -3 liegen bei a = ± 3 . Beispiel Betragsungleichung: |x+1| − 2 > |2x−4| Graphische Lösung: Hier sollte man beide Seiten als Funktionen skizzieren! Immer wenn die linke Seite graphisch „über“ der rechten Seite liegt, haben wir x-Werte der Lösungsmenge. Hier ist die linke Seite nur für x>0 oberhalb der rechten Seite, es sind nur drei Fälle zu unterscheiden, statt vier nach der folgenden algebraischen Methode ! linke und rechte Seite einer Betragsungleichung 12 ls(x) 10 rs(x) 8 y 6 4 2 Es gibt zwei Schnittpunkt: x1=5/3 und x2=3. L=]5/3;3[, ⇒ drei Intervalle zur Prüfung! 0 -4 -2 -2 0 2 4 x Die algebraische Methode: U: |x+1| − 2 > |2x−4| 1. Fall : x+1<0 ∧ 2x−4<0 d.h. x<−1: unter dieser Voraussetzung ist U ⇔ −(x+1)−2>4-2x ⇔ x > 7 Widerspruch L1={}. 2. Fall: x+1<0 ∧ 2x−4>0 d.h. x<−1 ∧ x>2 : Voraussetzung unerfüllbar, L2={}. 3. Fall x+1≥0 ∧ 2x−4<0 , d.h. -1≤x<2 : U⇔ (x+1)−2>4-2x ⇔ 3x > 5 ⇔ x>5/3. 4. Fall x+1≥0 ∧ 2x−4≥0 , d.h. x≥2 : U⇔ (x+1)−2>2x−4 ⇔ x<3, L3=]5/3;2[ . L4=[2;3[. Insgesamt L=L1∪ L2∪ L3∪ L4=]5/3;3[ Merke: Bei den Fallunterscheidungen muß man systematisch vorgehen: primäre Unterscheidungsekundäre UnterscheidungUnterscheidung 3. Stufe .... Hier: |x+1| als primäre Unterscheidung gewählt, also x+1≥0 bzw. x+1<0. In beiden Fällen nun wieder unterscheiden für |2x−4| (sekundär) ergibt 4 Fälle. In einem Fall ist schon die Voraussetzung nicht erfüllbar, er ist nur durch die Systematik entstanden. Das kann man vorher aber nicht wissen! Weitere Beispiele zu Ungleichungen (Definitionsbereiche überwachen!) ∣x1∣ 3x2 3x+1 ≤−2 ∣1 d) 4x−81 a) b) 4 c) ∣ 2x−3 x-2 x2 e) lg 2x ≤1 Lös: a) D=IR\{3/2} ; L=[4/7; 3/2[ b) D=IR\{-2} ; L=]-∞;-2[∪[-9/5; ∞ [ (4 Fälle unterscheiden oder graphisch!) c) D=IR\{2} ; L=]-3/2; 1/4[ (Zähler und Nenner je eine Fallunterscheidung, 2 mit Widerspruch!) d) D=[2;∞[ ; L=[2;9/4[ e) D=]-2; ;∞[; L=]-2;8] [Ungleichungen lösen.doc] S. 2 [19.09.2006] 6