Selma-Lagerlöf-Schule Förderschule Schwerpunkt Geistige Entwicklung REGIONHANNOVER Konzept zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Autismus Dieses Konzept ist Teil des Schulkonzepts der Selma-Lagerlöf-Schule, Am Wischacker 7, 30952 Ronnenberg. Grundlage sind die Empfehlungen der KMKKonferenz vom 16. Juni 2000 „Empfehlungen zu Erziehung und Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit autistischem Verhalten“. Definition Autismus (griechisch autos: selbst) wird als tief greifende Entwicklungsstörung betrachtet, Ursachen liegen wahrscheinlich in einer komplexen Veränderung des zentralen Nervensystems. Kennzeichnend sind vor allem Beeinträchtigungen in der Kommunikation und Beziehungsverhalten. Autismus ist keine geistige Behinderung, 2/3 aller Kinder mit Autismussyndrom sind jedoch von geistiger Behinderung bedroht, wenn sie keine frühzeitige, verständnisvolle und angemessene Förderung erhalten. Es wird zwischen „Kannerautisten“(der so genannte frühkindliche Autismus) und Autisten mit dem „Asperger Syndrom“ unterschieden. Die Diagnose Autismus kann bei Kannerautisten schon in den ersten Lebensjahren gestellt werden, während das Asperger Syndrom jedoch erst im Schulalter oder manchmal sogar erst im Erwachsenenalter als solches diagnostiziert wird. Die Bandbreite autistischen Verhaltens ist vielfältig und kann auch in der Entwicklung nicht behinderter Kinder auftreten. Die Diagnose Autismus ist daher nicht leicht zu stellen. Bei einer autistischen Störung müssen nach international anerkannten Diagnosekriterien eine bestimmte Anzahl Symptome gleichzeitig und in großer Intensität auftreten. Je mehr charakteristische Symptome zu beobachten sind, umso sicherer ist die Feststellung des autistischen Syndroms. Es wird angenommen, dass beim autistischen Syndrom eine Wahrnehmungsstörung zugrunde liegt, die eine tief greifende Entwicklungsstörung verursacht. Eindeutige Ursachen sind noch nicht bekannt. Man geht von mehreren Faktoren aus. Dadurch werden grundlegende Lernfortschritte, z. B. das Imitationslernen oder den Erwerb der Sprache, verhindert oder beeinträchtigt. Die Folge ist ein nur eingeschränkt möglicher Austausch mit der Umwelt, der in Kombination mit der Störung in der Wahrnehmungsverarbeitung in eine Kettenreaktion führt, die von den Betroffenen oft ihr Leben lang nicht durchbrochen werden kann. Beeinträchtigungen kann es in der Sinneswahrnehmung geben, in der Motorik, in der Handlungskompetenz, im sozialen und emotionalen Verhalten, in der Fähigkeit Gelerntes auf neue Situationen zu übertragen, in der Fähigkeit, sich in die Vorstellungswelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Darüber hinaus haben sie 1 ein scheinbar eingeschränktes Repertoire von Aktivitäten und Interessen. Oft sind Stereotypien, autoaggressives Verhalten und geringe Flexibilität zu beobachten. Einige Autisten verfügen jedoch über enorme Teilleistungsstärken. Das Bild der autistischen Beeinträchtigung kann sich mit wachsendem Lebensalter verändern, wobei nicht generell von einer Verbesserung oder Verschlechterung der Symptome ausgegangen werden kann. Auch hier kann eine Prognose nur individuell gestellt werden, da der Verlauf der autistischen Störung von vielerlei Aspekten abhängt. Ziele „Sonderpädagogische Förderung hilft Kindern und Jugendlichen mit autistischem Verhalten bei ihrer Bewältigung von Schul- und Alltagssituationen und strebt als Bestandteil von umfassenden Eingliederungsmaßnahmen an, dass sie Zurückgezogenheit überwinden und Bildungsangebote annehmen können. Einschränkungen und Störungen in der Einheit von Wahrnehmung und Motorik sowie in der Kommunikation bei Kindern und Jugendlichen mit autistischem Verhalten haben erhebliche Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Beziehungen zum sozialen Umfeld. Durch besondere Zuwendung können diese Kinder und Jugendliche ihre Aktivitäten und Interessen erweitern, Sprache zur Interaktion nutzen sowie sich für andere Menschen, Sachverhalte und Gegenstände öffnen und Gemeinsamkeit erleben. Sonderpädagogische Förderung hat zudem die Aufgabe, diesen Kindern und Jugendlichen zur Begegnung und Auseinandersetzung mit sich selbst, mit eigenen Wünschen und Vorstellungen in Familie, Schule, Freizeit, Beschäftigung und Arbeit sowie in der Gemeinschaft und in der Gesellschaft zu verhelfen. Die Kindern und Jugendlichen mit autistischem Verhalten sollen erfahren, dass sowohl in der menschlichen Begegnung als auch im Umgang mit Natur und Kultur ein erfülltes Leben möglich ist. Die Förderung soll anknüpfend an die individuellen Voraussetzungen zu einer selbst bestimmten Gestaltung des Lebens und zur individuellen Entfaltung in der Gemeinschaft sowie zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten in der Gesellschaft beitragen.“ (KMK-Konferenz 2002, S. 141) „Sonderpädagogische Förderung unterstützt und begleitet Kinder und Jugendliche mit autistischem Verhalten, die in ihrer geistigen Entwicklung schwer beeinträchtigt, aber auch hochbegabt sein können. Ihre Förderung ist Aufgabe aller Schulformen.“ (KMK-Konferenz, S. 141). Die unterschiedliche Ausprägung der „autistischen Verhaltensweisen erfordert eine individuelle Ausrichtung der pädagogischen Maßnahmen. Erziehungsziele, unterrichtliche Inhalte und Methoden müssen an der Individualität und an den pädagogischen Bedürfnissen des einzelnen Kindes oder Jugendlichen anknüpfen.“ (KMK-Konferenz 2002, S. 141). Diagnose An der Selma-Lagerlöf-Schule (SLS) findet eine Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs von Schülerinnen und Schülern mit autistischen Verhaltensweisen statt. Die Überprüfung umfasst eine detaillierte Diagnostik und 2 Anamnese, Gespräche mit Eltern und betroffenen pädagogischen und therapeutischen Institutionen sowie die Sichtung ärztlicher Gutachten. Die Ergebnisse der unterschiedlichen Fachkompetenzen fließen in ein Fördergutachten mit abschließenden Empfehlungen zum sonderpädagogischen Förderbedarf und erste Maßnahmen ein. „In jedem Fall werden zur Ermittlung des sonderpädagogischen Förderbedarfs die Ergebnisse der Diagnostik anderer Fachdisziplinen berücksichtigt. Die Annahme autistischen Verhaltens beruht auf einer fachärztlichen Diagnose, auf freier und gebundener Verhaltensbeobachtung und auf einer Anamnese und Exploration, bei denen Eltern, LehrerInnen, ErzieherInnen und TherapeutInnen mit einbezogen werden.“ (KMK-Konferenz 2002, S. 144) Wird bei Schülerinnen und Schülern im Rahmen der Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs oder im Laufe der Beschulung an der SLS der Verdacht auf das Syndrom Autismus geäußert, sollte hier ebenfalls intensiv interdisziplinär gearbeitet werden. Der Verdacht muss in der interdisziplinären Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachbereichen untermauert werden, ein sensibles Vorgehen in den Gesprächen mit den Eltern sowie eine Abklärung einer fachärztlichen Diagnose sind notwendig. Förderplan Im Schuljahr 2007/08 werden 6 Schülerinnen und Schüler mit Autismus an unserer Schule beschult. Das Fördergutachten und die Beobachtungen im Unterricht bilden die Grundlage für die Erstellung eines individuellen Förderplans. So unterschiedlich Art und Ausmaß der autistischen Beeinträchtigung sein können, so vielfältig sind die Förderansätze und Förderschwerpunkte für das einzelne Kind. Im Förderplan sollen Aussagen zu folgenden Förderschwerpunkten gemacht werden: - Sprache und Kommunikation Lebenspraktische Fähigkeiten Motorik Wahrnehmung Soziales Handeln Handlungsplanung Interessen und Begabungen Abbau von Verhaltensauffälligkeiten Methodische Möglichkeiten Je nach individueller Lernausgangslage, erstelltem Förderplan und Fachkompetenz des mit der Förderung betrauten Lehrers bzw. der Lehrerin können unterschiedliche Methoden sinnvoll eingesetzt werden. Zum Beispiel: - Teacch Programm - Tiere als therapeutischen Begleiter - Verhaltensmodifikation - Encouraging - Sprachbegleitende Gebärden 3 - Gestützte Kommunikation (FC) Lernen am PC Sensorische Integrationstherapie Psychomotorik Organisatorische Möglichkeiten Verschiedene Organisationsformen können nebeneinander mit unterschiedlichen Anteilen, abhängig vom individuellen Förderplan, für die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler sinnvoll sein. - Einzelförderung - Kleingruppenunterricht - Klassenunterricht mit individueller Begleitung - Unterricht in Kooperationsklassen mit individueller Begleitung - Ergotherapie - Physiotherapie - Sprachtherapie Zusätzliche Lehrerstunden für die Förderung Grundsätzlich sollten jeder Schülerin, jedem Schüler mit einer autistischen Beeinträchtigung vier zusätzliche Förderstunden zur Verfügung stehen. Die Art der Förderung (Schwerpunkt/Methodik/Organisation) wird im Förderplan aufgeführt. Unterschiedliche Regelungen über die Verteilung dieser Lehrerstunden sind mit dem jeweiligen Klassenteam abzustimmen. In Abhängigkeit vom Förderplan und den organisatorischen Möglichkeiten der jeweiligen Stundenpläne wird entschieden, ob die Förderung - in Einzel- oder Kleingruppenarbeit oder in einer Gastklasse der Regelschule, - in vier Einzel-, zwei Doppelstunden oder anderen Zeiteinheiten, - teamintern oder teamextern stattfinden soll. Dem gegenüber steht die Stundenzuweisung durch die Landesschulbehörde. Tatsächlich wird in der Statistik das Förderkonzept zurzeit nur mit 10 Stunden Zusatzbedarf(je 2 Std. für 5 Schüler) angerechnet. Zusammenarbeit mit Eltern Der Zusammenarbeit mit den Eltern kommt eine besondere Bedeutung zu. Die Eltern sollen in die Förderung ihrer Kinder mit einbezogen werden. Sie sind „Experten“ für ihr Kind. Aus ihren langjährigen Erfahrungen, ihrer Beobachtung und ihrem Hintergrundwissen heraus können sie dem unterrichtenden Team helfen, auch zunächst schwer verständliche Verhaltensweisen und /oder schwierige Interaktionsprozesse, besser zu verstehen. Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen Um eine optimale Förderung eines Kindes oder Jugendlichen mit Autismus zu erreichen, ist die Zusammenarbeit aller an der Förderung beteiligten Personen und Einrichtungen unerlässlich. Die Selma-Lagerlöf-Schule arbeitet mit der Gesellschaft für begleitende Hilfen, Therapie und Förderung (HTF), mit Sitz in der Vahrenwalder Str. 195 a in Hannover, zusammen. Die Ausweitung der Zusammenarbeit auf andere Einrichtungen in der Region Hannover wird angestrebt. 4 Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Schulformen Die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Autismus erfolgt in unterschiedlichen Förderformen und an unterschiedlichen Förderorten, eigene Schulen gibt es für sie nicht. (Empfehlungen der KMK-Konferenz) Die Selma-Lagerlöf-Schule kann im Rahmen von Kooperationsverträgen, von sonderpädagogischer Beratung und gemeinsamer Fortbildung mit Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien der Region Hannover, sowie mit anderen Förderschulen unterschiedlicher Förderschwerpunkte zusammen erarbeiten. Vereinbart ist die Zusammenarbeit mit der Grundschule in Wettbergen, Auf der Rehre, auf Grundlage des Kooperationsvertrages vom 1.8.2005 (neue Version SJ 07/08). Zwei Grundstufenklassen der Selma-Lagerlöf-Schule werden ab dem 1.2.2005 dort unterrichtet. In diesem Rahmen wird auch die Beschulung eines Kindes mit Autismus in einer Grundschulklasse angestrebt. Seit dem Schuljahr 06/07 nimmt ein Schüler mit sechs Wochenstunden am Unterricht (Deutsch, Englisch, Mathe, GSW) der Klasse 6 der Marie-Curie-Schule teil. Seit dem Schuljahr 07/08 nimmt eine Schülerin mit drei Wochenstunden am Unterricht (Deutsch, Englisch) der Klasse 7 der Marie-Curie-Schule teil. Mit dieser Schule besteht bisher kein offizieller Kooperationsvertrag. Fachliche Kompetenz und Fortbildung Die Förderung der autistischen Kinder und Jugendlichen soll in Absprache teamintern oder teamextern stattfinden. Fachliche Kompetenz ist durch die sonderpädagogische Ausbildung vorhanden. Diese Kompetenz soll durch regelmäßige Fortbildungen erweitert werden. So haben, nach mehreren Fortbildungsseminaren zum Thema Gestützte Kommunikation, im Schuljahr 2006/07 vier Kolleginnen an einem Gruppencoaching des FC-Zentrums in Bonn teilgenommen und sich konkret für die Stütze unserer betroffenen Schülerinnen und Schüler schulen lassen. Fortbildungsmöglichkeiten: - FBA Hilfe für das autistische Kind Langzeitfortbildung Autismus über die Akademie für Rehaberufe in Hannover Autismusbeauftragte der Staatlichen Schulämter Fortbildung zur Teacch-Anwenderin Fortbildung zur Gestützten Kommunikation, z. B. Verein zur Förderung autistischer Kinder e. V. Therapiezentrum Schulinterne Mitarbeiterfortbildung mit externen oder schuleigenen Referenten Supervision Arbeitsgruppenarbeit auf regionaler Ebene in Zusammenarbeit unterschiedlicher Einrichtungen Stand Schuljahr 2007/08 5