Amt der Oö. Landesregierung Direktion Präsidium Abteilung Präsidium Antidiskriminierungsstelle 4021 Linz • Landhausplatz 1 Tel: (+43 732) 77 20-117 37 Fax: (+43 732) 77 20-116 21 E-Mail: [email protected] www.land-oberoesterreich.gv.at Antidiskriminierungsstelle Newsletter Nr. 19 – Juli 2015 ABC der Antidiskriminierung: I wie immaterieller Schaden Antidiskriminierungsbeauftragte fordern einheitlichen Diskriminierungsschutz EuGH: Umstrittenes Blutspende-Verbot ist rechtens, muss aber geprüft werden Eingetragene Partnerschaft: 2 EGMR-Verfahren gegen Österreich StVO-Novelle: Mehr Verkehrssicherheit für Menschen mit Behinderungen Neue Broschüre der Antidiskriminierungsstelle Steiermark: Argumente gegen gängige Vorurteile Seminare, Fachtagungen und Workshops ABC der Antidiskriminierung: I wie immaterieller Schaden Opfern von Diskriminierung und Belästigung kommt im Oö. Antidiskriminierungsgesetz ein Schadenersatz-Anspruch zu. Dieser Anspruch umfasst neben dem tatsächlich entstandenen, finanziellen Schaden der Betroffenen auch eine angemessene Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung und Verletzung der Würde (immaterieller Schaden). Der Anspruch im Fall eines immateriellen Schadens beträgt mindestens € 1.000,- und kann auch dann geltend gemacht werden, wenn den Betroffenen kein bezifferbarer Vermögensschaden entstanden ist. Beispiel: DVR: 0069264 Ein Gemeindebediensteter wird von KollegInnen aufgrund seiner Religion verspottet und belästigt. Für die aufgrund der Belästigung eingetretene persönliche Beeinträchtigung kann er immateriellen Schadenersatz fordern. Ein Bewerber im öffentlichen Dienst wird aufgrund seines Alters abgelehnt. Neben den im Bewerbungsverfahren entstandenen Kosten (z.B. Kosten für die Herstellung der Unterlagen, Porto, Fahrtkosten) kann er auch immateriellen Schadenersatz fordern. Antidiskriminierungsbeauftragte fordern einheitlichen Diskriminierungsschutz Während das Oö. Antidiskriminierungsgesetz sowohl in der Arbeitswelt als auch bei der Inanspruchnahme von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen vor Diskriminierung und Belästigung schützt, ist das Benachteiligungsverbot in manchen Bundesländern und beim Bund zersplittert. Was die bundesgesetzlichen Bestimmungen anbelangt, ist man im Rahmen des Arbeitsverhältnisses am umfassendsten geschützt. Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Orientierung und einer Behinderung sind untersagt. In anderen Lebensbereichen besteht ein Schutz vor Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und des Geschlechts – in unterschiedlichen Abstufungen. Seit 2010 wird ohne konkretes Ergebnis auf Bundesebene die Ausdehnung des Schutzes vor Diskriminierung bei öffentlichen Gütern und Dienstleistungen (sog. Levelling-up) verhandelt. Bei ihrer Konferenz in Innsbruck im April dieses Jahres forderten die ExpertInnen aus dem Bereich der Antidiskriminierung und Gleichbehandlung daher verstärkte Bemühungen der Politik um Anhebung des Diskriminierungsschutzes. Damit sollen Benachteiligungen aus Gründen der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion oder Weltanschauung auch außerhalb der Arbeitswelt verboten werden. Wer etwa ein homosexuelles Paar nur aufgrund der sexuellen Orientierung aus einem Lokal verwiest, einem lesbischen Paar mit zwei Kindern ein ermäßigtes Familienticket verweigert oder eine Wohnung nicht an homosexuelle Menschen vermieten will, soll zur Zahlung von Schadenersatz wegen der persönlich erlittenen Beeinträchtigung verpflichtet werden können. EuGH: Umstrittenes Blutspende-Verbot ist rechtens, muss aber geprüft werden Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im April dieses Jahres die EU-Regelungen zum Blutspendeverbot für Homosexuelle präzisiert (Rechtssache C-528/139). Wenn der Gesundheitsschutz von Blutspendeempfängern durch neue Nachweistechniken zu HIV oder Befragungen der Spender gesichert werden kann, seien generelle Verbote unzulässig, heißt es in dem Urteil. Der Ausschluss homosexueller Männer von der Blutspende kann demnach rechtens sein. Grundlage dieser Entscheidung war die Ablehnung eines Franzosen zur Blutspende durch den nationalen französischen Blutspendedienst EFS, weil er angab, homosexuell zu sein. Auch in Österreich und Deutschland sind homosexuelle Männer dauerhaft von der Blutspende ausgeschlossen. Laut einer Information des Robert-Koch-Instituts liegt die Ansteckungsrate homosexueller Männer in Deutschland dreimal höher als die jener Personen, die heterosexuellen Verkehr hatten. Sie sind daher ebenso wie Heterosexuelle mit häufig wechselnden DVR: 0069264 Geschlechtspartnern sowie Prostituierte von der Blutspende ausgeschlossen. Grundlage des Ausschlusses ist die Beantwortung eines Fragebogens vor der Spende. Nach den Worten der EuGH-Richter muss nun geklärt werden, ob es geeignete Alternativen zu einem Ausschluss von Homosexuellen gibt. Dies könnten zum Beispiel wirksamere Testmethoden für Blutspenden oder eine genaue Befragung des Spenders zu riskantem Sexualverhalten sein. Außerdem soll das Verwaltungsgericht die Angaben zur Verbreitung von HIV in verschiedenen Bevölkerungsgruppen prüfen. Eingetragene Partnerschaft: 2 EGMR-Verfahren gegen Österreich 1. Heterosexuelle Paare von der EP ausgeschlossen: EGMR leitet Verfahren ein Helga Ratzenböck und Martin Seydl leben seit vielen Jahren in einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft und haben eine mittlerweile erwachsene gemeinsame Tochter. Die traditionelle Zivilehe haben die beiden nie als für sie passendes Partnerschaftsinstitut gesehen und deshalb nicht geheiratet. Eine eingetragene Partnerschaft (EP) entspricht ihren Vorstellungen eines modernen Rechtsinstituts für Paare besser. Sie hat gegenüber der Ehe beispielsweise kürzere Scheidungsfristen, geringere Unterhaltspflichten nach einer Scheidung und eine Pflicht zur umfassenden Vertrauensbeziehung anstatt der Pflicht zur Treue. Einen (weiteren) Kinderwunsch haben sie nicht mehr, weshalb die Benachteiligungen der EP gegenüber der Ehe, die vor allem im Zusammenhang mit Kindern bestehen, für sie nicht von Bedeutung sind. Darüber hinaus erachten sie die Beschränkung eines im 21. Jahrhundert neu eingeführten Instituts bloß auf Grund des Geschlechts der Partner an sich ganz grundsätzlich als diskriminierend. Das Paar hat daher beim Magistrat der Stadt Linz die Zulassung zur Schließung der EP beantragt und gegen die Ablehnung beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde geführt. Dieser hat entschieden, dass ihr Ausschluss von der EP zulässig sei, da Heterosexuelle keiner historisch benachteiligten Gruppe angehören würden. Ihr Ausschluss von der EP liege im Ermessenspielraum des Gesetzgebers. Mit Unterstützung des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) hat das Paar daraufhin den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschritten, der diese Beschwerde jetzt aufgegriffen und das Verfahren eingeleitet hat. 2. Standesamtsverbot für eingetragene Partner: EGMR leitet Verfahren gegen Österreich ein Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Beschwerde gegen das Verbot, die eingetragene Partnerschaft (EP) am Standesamt zu schließen, aufgegriffen und das Verfahren eingeleitet. EPen sind in Österreich laut Gesetz in den Räumlichkeiten der Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate) zu schließen. Auch wenn beispielsweise in Oberösterreich viele Bezirksverwaltungsbehörden vom starren Protokoll DVR: 0069264 abweichen und einen feierlichen Rahmen ermöglichen, indem sie für die Paare ihre Sitzungssäle öffnen und Gäste der Verpartnernden willkommen heißen, liegt dies im Ermessen der jeweiligen Behörde und vermag die eigentliche Zeremonie und Atmosphäre einer Trauung kaum zu ersetzen. Zwei gleichgeschlechtliche Paare, deren Antrag auf Schließung der EP an dem jeweiligen Standesamt abgelehnt wurde, zogen 2011 und 2012 dagegen vor den Verfassungsgerichtshof. Dieser wies die Beschwerden zur Gänze ab, da der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von den Standesämtern und die alleinige Möglichkeit zur Schließung einer EP auf den Bezirksverwaltungsbehörden im Ermessensspielraum des Gesetzgebers liegen. Mit Unterstützung des Rechtskomitees LAMBDA (RKL) sowie des Grün-Alternativen Verein zur Unterstützung von BürgerInnen-Initiativen haben die beiden Paare daraufhin den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschritten, der eine dieser Beschwerden aufgegriffen und das Verfahren eingeleitet hat. Ausführlichere Informationen (auch in Englisch) dazu unter http://www.rklambda.at/ StVO-Novelle: Mehr Verkehrssicherheit für Menschen mit Behinderungen Anfang Juli wurde mit dem Beschluss einer Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Ministerrat verstärkt Rechtssicherheit für Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mit Behinderung geschaffen. Die Novelle enthält eine Regelung, laut der jemand, der mit Behindertenausweis etwa in einer Fußgängerzone parken kann, dort künftig auch zufahren darf. Eine weitere Neuerung betrifft ein Halte- und Parkverbot vor so genannten taktilen Leitsystemen, also Leiteinrichtungen für Menschen mit Sehbehinderung. Dieses wird ausdrücklich in die StVO aufgenommen. Die Novelle tritt noch heuer in Kraft. Neue Broschüre der Antidiskriminierungsstelle Steiermark: Argumente gegen gängige Vorurteile Fremdenfeindliche Äußerungen und Vorurteile spielen eine wesentliche Rolle Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft. Aus diesem Grund hat Antidiskriminierungsstelle Steiermark dazu eine Broschüre entwickelt. bei die Sie soll als Unterstützung bei der Argumentation gegen gängige Vorurteile zu den Themen Integration, Migration, Asyl und Islam dienen und bietet Fakten, Rechtliches sowie Tipps für die Gegenargumentation. Die Broschüre "Migrantinnen und Migranten in Österreich - Fragen und Antworten" kann bestellt werden und findet sich folgendem Link: http://www.antidiskriminierungsstelle.steiermark.at/cms/beitrag/12273838/120485604 DVR: 0069264 Seminare, Fachtagungen und Workshops Welttag Stimmenhören 2015 – EXIT sozial 17. und 18. September, Wissensturm Linz, Eintritt frei Stimmenhören ist eine ungewöhnliche Erfahrung, die etwa fünf Prozent der Personen in unserem Kulturkreis machen. Sie kann ängstigend, verstörend, destruktiv, aber manchmal auch beglückend und hilfreich sein. Für Nicht-Betroffene ist es schwierig nachzuvollziehen, was stimmenhörende Menschen erleben. EXIT sozial möchte mit dieser Tagung das Schweigen über die Stimmen beenden, Kommunikation fördern und stimmenhörenden Menschen mit Respekt und Unvoreingenommenheit begegnen. Genauere Informationen unter: http://www.exitsozial.at/wp-content/uploads/2015/07/Einladung.pdf Zwischen Intimität und Tabu – Weibliche Sexualität und Beeinträchtigung - senia 27. Oktober, Wissensturm Linz, € 55,- bzw. € 35,- für Menschen mit Beeinträchtigungen Unter anderem mit Vorträgen von Constanze Hill (bekannt durch ihre Sendung zum Thema Lust & Liebe auf Life Radio "life coach"), dem Landeskriminalamt Linz zum Thema „sexuelle Gewalt an Frauen“, Bettina Weidinger/Sexualtherapeutin und Sabine Pfeiffer. Genauere Informationen unter: http://www.senia.at/2015/06/fachtagungzwischen-intimitaet-und-tabu/ Mag. Martina Maurer Leiterin der Oö. Antidiskriminierungsstelle Sie möchten den Newsletters abonnieren oder wünschen keine weitere Zusendung? Unter http://www.land-oberoesterreich.gv.at/thema/newsletter_antidiskriminierung können Sie ihn be- oder abbestellen. DVR: 0069264