Gewaltpräventionskonzept Von der Schulbehörde genehmigt am 24.11.2011 1 Inhaltsverzeichnis AUSGANGSLAGE ....................................................................................................................................3 IST-SITUATION........................................................................................................................................3 DER GEWALTBEGRIFF .............................................................................................................................3 SEXUELLER MISSBRAUCH .......................................................................................................................4 THEORIEN ZUR ERKLÄRUNG DES ENTSTEHENS VON GEWALT.................................................................5 PRÄVENTION UND JUGENDGEWALT.......................................................................................................5 GEWALTPRÄVENTION IN DER SCHULE UND IHRE MÖGLICHEN INSTRUMENTE .......................................6 PFADE.......................................................................................................................................................7 FAUSTLOS .................................................................................................................................................7 ESSKI ........................................................................................................................................................7 PRÄVITA ...................................................................................................................................................8 STÄRKUNG DER MEDIENKOMPETENZ ......................................................................................................8 EVALUATION ..........................................................................................................................................8 SCHLUSSBEMERKUNG ............................................................................................................................9 BEHÖRDENENTSCHEID ...........................................................................................................................9 LITERATURVERZEICHNIS.......................................................................................................................10 QUELLENVERZEICHNIS .........................................................................................................................11 ANHANG ..............................................................................................................................................12 2 Ausgangslage Mit Beschluss der Schulbehörde vom 25.11.2010 wurde der Projektantrag der Lenkungsgruppe bewilligt und sie bekam den Auftrag, für die Primarschulgemeinde Arbon ein Gewaltpräventionskonzept zu erstellen. Zielsetzungen: 1. Die PSG Arbon verfügt über ein Gewaltpräventionskonzept. 2. Die Anspruchsgruppen1 sind definiert. 3. Ein Glossar (Begriffsklärung) ist erstellt. 4. Die Risikofaktoren sind bekannt und dokumentiert. 5. Allen Anspruchsgruppen wird die Möglichkeit geboten, sich Kompetenzen im Umgang mit Gewalt anzueignen. 6. Für die Anspruchsgruppen werden Instrumente und Angebote installiert, welche die Schutzfaktoren stärken. Ist-Situation Bereits finden verschiedene Projekte (z.B. PeacemakerInnen-Projekt, Klassenkreise/Klassenrat, Schulhaussanktionssysteme, Präventionsprogramm zum Thema „Sexuelle Gewalt an Kindern“, Fortbildungen für Lehrpersonen etc.) in den verschiedenen Schulhäusern statt. Die Kinder- und Jugendarbeit der Stadt Arbon befasst sich zudem mit dem Thema Respekt. Es existiert hierfür ein Arbeitspapier und eine Vernetzungsplattform (Respektforum) wurde gegründet. Im Rahmen eines Gewaltpräventionskonzeptes ist es wichtig, dass diese, schon bestehenden Angebote/Projekte, mitgedacht werden. Der Gewaltbegriff Damit der Gewaltbegriff besser erfasst werden kann, macht es Sinn, sich vorerst im Grundsatz mit der Definition des Gewaltbegriffes auseinander zu setzen. Je nach dem, in welchem Kontext von Gewalt gesprochen wird, bekommt Gewalt eine andere Bedeutung. So erwähnt Olweus zum Beispiel in seinem Buch „Gewalt in der Schule“, dass man von Gewalt erst dann sprechen könne, wenn ein Ungleichgewicht der Kräfte vorliege. 1 Mit Anspruchsgruppen sind hier die Eltern, Kinder und Lehrpersonen, sowie soziale Institutionen der Stadt Arbon gemeint, welche zum Thema Gewaltprävention partizipieren sollen. 3 Er unterscheidet zudem zwischen der unmittelbaren Gewalt (offene Angriffe gegen ein Opfer) und mittelbarer Gewalt (Formen von gesellschaftlicher Ausgrenzung). Auch könnte man von personaler Gewalt (direkte Gewalt) oder der strukturellen Gewalt (indirekter Gewalt) sprechen (vgl. Olweus, Gewalt in der Schule, S. 23). Wigger, Sommer und Stiehler erwähnen in ihrem Buch „Arbeiten mit gewaltauffälligen Kindern und Jugendlichen“, dass die Einzelpositionen der Erziehenden zum Thema Gewaltauffälligkeit geprägt seien durch die eigene Grundhaltung in Erziehungsfragen, dem angeeignetem Fachwissen sowie des eigenen Erfahrungshorizontes mit Kindern und Jugendlichen (vgl. S. 11). Sie sprechen auch davon, dass umstritten sei, ob und in welcher Weise gewaltauffälliges Verhalten tatsächlich zugenommen habe. Es macht jedoch den Anschein, dass neue Formen von gewaltauffälligem Verhalten vorhanden sind (z.B. das Filmen des eigenen gewaltauffälligen Verhaltens, was die scheinbare Beziehungslosigkeit von Gewalttaten unter Jugendlichen zeigt (vgl. S. 12). Auch ist die Kinder- und Jugendgewalt eng verflochten mit der politischen Debatte der Ausländerpolitik (vgl. S. 13). Weiter führen Wigger, Sommer und Stiehler in ihrem Buch aus, dass Jungen mehr für Gewalttaten verurteilt werden als Mädchen. Jedoch hat man damit noch keine schlüssige Antwort, weshalb Jungen sehr viel häufiger gewalttätig werden. Hierfür wäre es interessant, heraus zu finden, welche Sozialisationsbedingungen dazu führen, dass Jungen allenfalls schneller handgreiflich werden als Mädchen (vgl. S. 16). Sexueller Missbrauch Kritsberg definiert sexuellen Kindesmissbrauch in seinem Buch „Die unsichtbare Wunde“ wie folgt: „Sexueller Kindesmissbrauch liegt vor, wenn ein Kind von einem Erwachsenen oder einem stärkeren Kind zum Zweck der sexuellen Befriedigung benutzt wird. Von sexuellem Kindesmissbrauch kann man auch dann sprechen, wenn ein Erwachsener oder ein stärkeres Kind die sexuellen Grenzen eines Kindes, sei es in körperlicher oder seelischer Hinsicht, unbewusst verletzt“ (S. 26). Ellen Bass und Laura Davis beschreiben in ihrem Buch „Trotz allem“, dass ein Missbrauch alles durchdringt; das Selbstwertgefühl, die nahen Beziehungen, die persönliche Sexualität, die Mutterschaft, das persönliche Arbeitsleben, sowie die ganze geistige und körperliche Gesundheit (vgl. Bass/Davis, 2001, S. 27). Es wird deutlich, dass ein Opfer extrem starken Spannungen ausgesetzt ist. Nicht nur der Druck zur Geheimhaltung des Missbrauchs, sondern auch die Zerstörung der Unschuld und des Urvertrauens hinterlassen tief greifende Spuren. Die Seele wird schwer verwundet. Ergänzend dazu äussern sich Gottfried Fischer und Peter Riedesser in ihrem Werk „Lehrbuch der Psychotraumatologie“ wie folgt: „Der Glaube an den Kosmos der sozialen Welt erleidet hier eine Erschütterung in seinen Fundamenten. Zerstört wird auch das eigene Selbstverständnis, und zwar in Bezug auf die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und Selbstverteidigung auch in bedrohlicher Lage“ (S. 318). 4 Theorien zur Erklärung des Entstehens von Gewalt Lamnek erwähnt in seinem Buch, „Theorien abweichenden Verhaltens“, dass die soziale Umwelt mit den Hilfs- und Kontrollsystemen das abweichende Verhalten produziere (vgl. Lamnek 1997, 2007). Je nach Kontext kann daher ein Verhalten als konform oder abweichend bezeichnet werden. So verhält sich ein Kind nicht einfach von sich aus „gewaltauffällig“, sondern sein Verhalten innerhalb eines spezifischen Kontextes gibt dem Kind dann die Zuschreibung von „gewalttätig“ (vgl. Wigger, Sommer, Stiehler, S. 20). Diese Art des „Zuschreibens“ wird im Labeling Approach genauer erläutert. (Dazu mehr unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Labeling_Approach).2 Prävention und Jugendgewalt Das Wort Prävention kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „zuvorkommen, verhüten“. Damit bezeichnet man vorbeugende Massnahmen, welche unerwünschte Entwicklungen zu vermeiden versuchen (vgl. Bachelorarbeit Drexler, 2007, „Jugend, Gewalt, Prävention“, S. 47). Gewaltprävention soll bei einer Konfliktsituation den Ausbruch oder die Anwendung von Gewalt verhindern. Eisner (2006) spricht in seiner Studie „Prävention und Jugendgewalt“ von Risiko- und Schutzfaktoren. Schutzfaktoren erklären, weshalb nicht alle Personen gewaltauffällig werden. Sie bilden das Gegengewicht zu den Risikofaktoren und dämmen die negativen Folgen der Risikofaktoren ein. Die Risikofaktoren hingegen sind Prozesse, welche den Verlauf eines negativen Ereignisses erhöhen. Es wird darin auch die Ursache von Gewalt vermutet (vgl. Bericht Bundesrat Jugend und Gewalt 2009, S. 15). Eine Auswertung von Ribeaud/Eisner (2008) zeigt, dass eine geringe Selbstkontrolle sowie eine karge Konfliktlösungskompetenz zu den stärksten individuellen Risikofaktoren gehören (vgl. Bericht Bundesrat Jugend und Gewalt 2009, S. 15). „Selbst- und Sozialkompetenz sind dagegen wichtige Schutzfaktoren. Die Fähigkeit den eigenen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen und diesen auch vertreten zu können, Anpassungsfähigkeit, Unternehmungsgeist, sowie die Bereitschaft, gemeinsam nach konstruktiven Lösungen zu suchen, sind Eigenschaften, die es einer Person ermöglichen, Bedürfnisse anders als mit destruktiver Aggressivität zu befriedigen“ (Bericht Bundesrat Jugend und Gewalt 2009, S. 15). Prävention umfasst primäre (Veränderung der Ursachen von Gewalt), sekundäre (die Früherkennung von Gewalt) sowie tertiäre (Verhütung weiterer Gewalteskalationen) Massnahmen. 2 Der Labeling Approach (Etikettierungsansatz) beschreibt, dass die soziale Umwelt mit den Hilfs- und Kontrollsystemen das abweichende Verhalten produziert. So verhält sich ein Kind nicht einfach von sich aus „gewaltauffällig“ sondern sein Verhalten innerhalb eines spezifischen Kontextes gibt dem Kind dann die Zuschreibung von „gewalttätig“. 5 Gewaltprävention in der Schule und ihre möglichen Instrumente Die Bundesverfassung hält drei wesentliche Grundrechte von Kindern fest: - Das Recht auf Schutz - Das Recht auf schulische Bildung - Das Recht auf Förderung Auch sehen die internationalen Kinderrechte im Artikel 2 das Recht auf Nicht-Diskriminierung vor. Insofern ist es ein festgeschriebenes Recht, dass Kinder vor allen Formen der Diskriminierung geschützt werden sollten (vgl. Baier, Deinet, Schulsozialarbeit, 2011, S. 88). Die Volksschule ist neben der Familie eine prägende Institution. Hier verbringen die Kinder und Jugendlichen einen grossen Teil ihrer Lebenszeit. Von den SchülerInnen wird dabei ein breites Verhaltensrepertoire verlangt. Einerseits sind hochstrukturierte Angebote vorhanden (Lektionen) andererseits offene Einheiten wie z.B. Pausen und Übergangszeiten. Auch ist die Volksschule die einzige gesellschaftliche Institution, welche aufgrund der Schulpflicht alle Kinder aufnehmen muss (vgl. Wigger, Sommer, Stiehler, S. 33). „Soziales Lernen findet immer statt, deswegen sollten alle Lehrer aktiv das friedliche Miteinander unter Schülern einüben. Effekte werden dabei langfristig nur erzielt, wenn soziales Lernen im Unterricht und in den Schulalltag integriert ist“ (Klaus Seifried in Psychologie heute). Tragend für eine gelingende Prävention ist eine vertrauensvolle Beziehungsgestaltung zwischen den Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen sowie der Schulleitung. So wirkt sich eine positive emotionale Bindung der Schülerinnen und Schüler an die Schule günstig auf einen konstruktiven Umgang mit Konflikten aus. (vgl. Kantonsrat St. Gallen 40.10.03, Gewaltfreie Schule, Bericht der Regierung vom 09. März 2010). Günther Gugel erwähnt in seinem umfassenden Werk „Handbuch/Gewaltprävention in der Grundschule“, dass eine wirksame Gewaltprävention ein koordiniertes und vernetztes Vorgehen benötige. So hätten isolierte Massnahmen in einer Klasse ohne Gesamtkonzept wenig Aussicht auf Erfolg. Zudem sei ein angstfreies Klima eine grundlegende Voraussetzung für alles Lernen (vgl. Gugel G., S. 6ff). Im Bericht des Bundesrates Jugend und Gewalt, Wirksame Prävention in den Bereichen Familie, Schule, Sozialraum und Medien (2009) wird erwähnt, dass vor allem in den Bereichen Schutz, Kompetenz sowie Struktur präventive Massnahmen ausgebaut werden sollten. Es will nun kurz auf die drei Bereiche näher eingegangen werden, um danach mögliche Gewaltpräventionsinstrumente für die Schule vorzustellen. Unter Schutz meint der Bericht des Bundesrates, dass vor allem in der Früherkennung und Abgrenzung Handlungsbedarf besteht. So sollten die internen Abläufe in der Schule klar definiert sein, dass nicht Lehrpersonen zu lange warten, bis sie bei der Schulleitung oder bei der Schulsozialarbeit Unterstützungsbedarf anmelden. 6 Kompetenz ist die bewusste und im Lehrplan als fester Bestandteil eingeplante Förderung der Sozial- und Selbstkompetenzen. Petermann und Petermann definieren Soziale Kompetenz in ihrem Buch „Training mit sozial unsicheren Kindern“ wie folgt: „Soziale Kompetenz umfasst alle Fertigkeiten und Handlungskompetenzen, die für ein befriedigendes Zusammenleben notwendig sind. Solche sozialen Fertigkeiten sind an vier Voraussetzungen gebunden, nämlich an (1) eine differenzierte soziale Wahrnehmung, (2) eine komplexe soziale Urteilsfähigkeit, (3) ein geringes Ausmass an sozialer Ängstlichkeit und (4) ein umfassendes Verhaltensrepertoire. Soziale Fertigkeiten werden durch soziales Lernen in verschiedenen Lebensbereichen (Elternhaus, Schule, Freundeskreis) aufgebaut“ (Petermann Petermann, S. 284). Ein Beispiel für Strukturgestaltung kann zum Beispiel ein qualitativ gutes schulergänzendes Betreuungsangebot (Tagesschule) sein (vgl. auch Kantonsrat St. Gallen 40.10.03, Gewaltfreie Schule, Bericht der Regierung, S. 18ff). PFADE PFADE(Programm zur Förderung Alternativen Denkstrategien) ist ein umfassendes und evidenzbasiertes Programm zur Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen. Es mindert Gewalthandeln bei Primarschüler/Innen und wirkt unterstützend für den Unterricht im Klassenzimmer. Das Programm soll die gesunde Entwicklung von Kindern unterstützen. FAUSTLOS FAUSTLOS ist ein Trainings-Programm, welches impulsives und aggressives Verhalten von Kindern mindern soll. Das Programm richtet sich an Lernende ab der Kindergartenstufe bis zur Oberstufe. Es vermittelt alters- und entwicklungsgerechte prosoziale Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Empathie, Impulskontrolle und im Umgang mit Ärger und Wut. Nach einer eintägigen Einführung, in welcher das Programm erklärt und trainiert wird, kann die Klassenlehrperson das Programm autonom umsetzen. Das Kindergarten-Programm umfasst 28 Lektionen und für die Grundschule sind 51 Lektionen vorgesehen. Zur Unterstützung in der Befähigung und Information der Eltern kann ein 10’ Video eingesetzt werden. ESSKI ESSKI (Eltern und Schule stärken Kinder) fördert die psychosoziale Gesundheit der Kinder auf der Primarschulstufe, indem es die Ressourcen und Kompetenzen der Lehrpersonen, Kinder und Eltern stärkt. Schule und Elternhaus bilden im Rahmen von ESSKI eine Erziehungspartnerschaft. Dieses Programm kann beim Kompetenzzentrum Ressourcen Plus R+, Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, in Olten bezogen werden. Die Präventionsprogramme PFADE, FAUSTLOS und ESSKI wurden wissenschaftlich begleitet und evaluiert. 7 PRÄVITA Die Fachstelle PräVita in Frauenfeld bietet Schulungen zum Thema „Sexuelle Gewalt an Kindern“ an. Die Lektionen sind von einem partizipativen Lehr-Lern-Arrangement bestimmt. Die Kinder werden in der Mehrheit zu selbstreflexiven Aktivitäten angeregt. Im Rahmen dieses Programms finden vorab ein Elterninformationsabend sowie eine Informationsveranstaltung für die Lehrpersonen statt. Das Programm richtet sich an Kinder und Jugendliche der Unterund Mittelstufe. Zu diesem Thema bietet der Kinderschutz Schweiz eine interaktive Ausstellung zur Prävention „sexueller Gewalt gegen Kinder“ an. Das Amt für Volksschule stellt neu diese Ausstellung den Thurgauer Schulen als ständiges Angebot zur Verfügung. STÄRKUNG DER MEDIENKOMPETENZ Ab dem Schuljahr 2011/2012 startet die Primarschulgemeinde Arbon mit dem Projekt „ICT in der Primarschule“. Die Rahmenbedingungen hierfür gaben das Departement für Erziehung und Kultur des Kantons Thurgau vor. Das Projekt wird vom Kanton Thurgau unterstützt und durch die PHTG begleitet. Es hat zum Ziel, die integrative Nutzung digitaler Medien im Unterricht einzusetzen. Damit wird gezielt die Medienkompetenz aller Beteiligten gefördert. Die Kinder und Jugendlichen erlernen dabei einen adäquaten Umgang mit neuen Medien. Gerade dem immer wieder im Diskurs stehenden Thema des Cyberbullying3 kann damit präventiv und aktiv entgegen gewirkt werden. Evaluation Eine fachlich relevante Evaluation, welche in der Lage ist, die Wirkung eingesetzter Programme abschätzbar zu machen, ist auf klare Ziele, davon abgeleiteten Indikatoren sowie auf eine Vorher-Nachher-Stichprobe angewiesen. Solche Evaluationen sind in der Regel aufwändig und teuer, korrekt durchgeführt jedoch aussagekräftig. Die Wirksamkeit eines Präventionsprogramms kann nur auf der Basis einer Erhebung mit Längsschnittcharakter ermittelt werden. Oft führen, wie die Fachliteratur zeigt, gerade „erfolgreiche“ Programme dazu, dass anfänglich mehr Probleme aufzutreten scheinen. Denn eine Sensibilisierung auf eine Thematik fördert in einem ersten Schritt oft Dunkelzifferanteile zu Tage. 3 Als Cyberbullying bezeichnet man Mobbing unter Schülerinnen und Schülern unter Einsatz von Medien. http://goo.gl/yDPvo 8 Schlussbemerkung Die Primarschulgemeinde Arbon weist in den Bereichen der Prävention schon viele kleinere Projekte aus (vgl. Kapitel Ist-Zustand). Dies zeigen auch die Ergebnisse aus den Gesprächen mit den Lehrpersonen (siehe Anhang). Allfällig investierte Gelder sollen einen klaren Nutzen erwartbar machen. Deshalb empfiehlt es sich, die bereits bestehenden Präventionsprogramme zu prüfen. Eine Bedürfnisabklärung bedingt eine fundiert wissenschaftliche Studie, welche aufwändig und mit Kosten verbunden ist. Es ist zu klären, welche Strategie und Ziele die Primarschulgemeinde Arbon in diesem Bereich weiter verfolgen möchte. Daraus kann ein weiterer Projektauftrag erfolgen, welcher dann zum Beispiel die Implementierung eines Präventions-Programms für alle Schuleinheiten vorsehen könnte. „Gewaltprävention kann nur gelingen, wenn alle Betroffenen einbezogen werden und diese gemeinsam handeln“ (G. Gugel, S. 11). Behördenentscheid Das Grobkonzept zur Gewaltprävention wurde als strategische Ausrichtung für den weiteren Projektverlauf von der Behörde am 24.11.2011 genehmigt. In Zukunft erscheint das Thema Gewaltprävention als konkreter Bestandteil im Schulentwicklungsprogramm. Im weiteren Vorgehen wird das Konzept in die Verantwortung der operativen Ebene übergeben. Hierfür wird neu eine Projektgruppe gebildet. 9 Literaturverzeichnis Baier, F., Deinet, U.: Schulsozialarbeit. Methoden, Haltungen und Handlungsorientierungen für eine Professionelle Praxis. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara Budrich, 2011. Bass, E. & Davis, L. (2001). Trotz allem. Wege zur Selbstheilung für sexuell missbrauchte Frauen (11. Aufl.). Berlin: Orlanda Frauenverlag GmbH. Drexler, R.: Jugend, Gewalt, Prävention. Wissen, Kooperation und zielgerichtetes Handeln führen zum Erfolg in der Gewaltprävention. Bachelorarbeit bei der FHS St. Gallen, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, 2007. Eisner, N., Ribeaud, D., Bittel, St.: Prävention von Jugendgewalt. Eidgenössische Ausländerkommission EKA (Hrsg.), 2006. Fischer, G. & Riedesser, P. (2003). Lehrbuch der Psychotraumatologie (3. Aufl.). München Basel: Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag. Kritsberg, W., (2003). Die unsichtbare Wunde (2. Aufl.). Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe. Gugel, G.: Handbuch, Gewaltprävention in der Grundschule. Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V. / WSD Pro Child e. V., 2008. Lamnek, S.: Theorien abweichenden Verhaltens I, „Klassische“ Ansätze (8. Auflage). München: W. Fink UTB, 2007. Olweus, D.: Gewalt in der Schule. Was Lehrer und Eltern wissen sollten – und tun können. Bern: Huber, 1995. Seifried K. Schulpsychologe in Koch S.: Perspektivlosigkeit macht gewalttätig PSYCHOLOGIE HEUTE, Oktober 2006. Petermann U., Petermann F.: Training mit sozial unsicheren Kindern. Beltz Verlag, Weinheim, Basel, 2010. Wigger, A., Sommer, A., Stiehler, S.: Arbeiten mit gewaltauffälligen Kindern und Jugendlichen. Eine Herausforderung für Schulen, Vormundschaftsbehörden und Jugendanwaltschaften. Zürich/Chur: Rüegger, 2010. 10 Quellenverzeichnis Bericht des Bundesrates: Jugend und Gewalt, Wirksame Prävention in den Bereichen Familie, Schule, Sozialraum und Medien (2009): http://www.news.service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/15741.pdf Fachstelle PräVita: www.praevita.ch Friedenspädagogik: www.friedenspaedagogik.de Kantonsrat St. Gallen 40.10.03, Gewaltfreie Schule, Bericht der Regierung vom 09. März 2010: http://www.ratsinfo.sg.ch/t/kantonsrat/staendige_komissionen.Document.E9AF6A0C-0A6A450C-9189-305C4C259AED.html Kinderparcours – Ein Modul der Kampagne „Keine sexuelle Gewalt an Kindern“: http://goo.gl/OS3Q0 Labeling Approach: http://de.wikipedia.org/wiki/Labeling_Approach Medienbildung: http://goo.gl/AhMZN Präventionsprogramm FAUSTLOS: www.faustlos.de Präventionsprogramm PFADE: www.gewaltprävention-an-schulen.ch Präventionsprogramm ESSKI: www.esski.ch 11 Anhang Interview an der Gesamtstufensitzung vom 17.5.2011 Die Lehrpersonen bekamen vorab folgende zwei Fragen zum überdenken: Punkt 1: Was wäre deiner Meinung nach hilfreich, damit Gewalt an unserer Schule verringert werden kann? Punkt 2: Was würde ich mir als Lehrperson Konkretes wünschen, was zur Verfügung stände, um Gewalt in der Schule zu begegnen? Fazit: Aufgrund der gesammelten Aspekte kann festgehalten werden, dass die Lehrpersonen die Früherfassung als wichtig erachten. Auch äusserten die Lehrpersonen das Bedürfnis, die Kinder sollten in ihrer Konfliktkompetenz gestärkt werden. Dies soll kontinuierlich auf allen Stufen zum Thema gemacht werden. Zudem scheint es den befragten Lehrpersonen ein Anliegen zu sein, die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu stärken sowie vermehrt einzubinden. Das könnte zum Beispiel mit Hilfe von Elterninformationsveranstaltungen zum Thema Gewaltprävention erreicht werden. Auch sollte der interkulturelle Dialog weiter gefördert werden. Es wird gewünscht, dass die schulischen Infrastrukturen mitgedacht werden. Einige Lehrpersonen klagen über zu enge Platzverhältnisse in den Schulräumen, was ihres Erachtens ein mögliches Konfliktpotential bei den Kindern begünstigen kann. Die bereits bestehenden Projekte müssten weiter vertieft respektive ausgebaut werden (z.B. Einführung des PeacemakerInnen-Systems auch in der Schuleinheit Bergli). Daneben erhoffen sich einige Lehrpersonen Weiterbildungsveranstaltungen zum Thema Gewaltprävention an Schulen. Ein Ideenpool mit verschiedenen Angeboten und möglichen Umsetzungsformen für die jeweiligen Schulklassen wird begrüsst. 12