Klausur Physik I Studiengang Biomedizinische Technik Wintersemester 2007/2008 3 Konstanten (auf Meereshöhe): Dichte der Luft ρ0 = 1,293 kg/m , Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s2 14.3.2008 Luftdruck p0 = 1013 mbar, 1. (9 Punkte) Die Geschwindigkeit einer fallenden Kugel in einer Flüssigkeit werde beschrieben durch die Funktion v(t ) = vs ( 1 - e -t / tq ) , mit vs = 2 m/s und tq = 3 s . Zur Zeit t = 0 befinde sich die Kugel in der Tiefe s = 0 . ds a) Bestimmen sie die Weg-Zeit-Funktion s(t ) , wenn v(t ) = ist, und die Beschleunigungs-Zeitdt dv Funktion a(t ) = . dt b) Durch welche Funktionen lässt sich s(t ) annähern für ▪ t tq ? ▪ t tq ? c) Skizzieren Sie s(t ), v(t ) und a(t ) für 0 £ t £ 20 s ! Zeichnen Sie auch die Ergebnisse aus b) ein! d) Wie lange dauert es, bis sich v(t ) um nur noch 1% von vs unterscheidet? 2. (5 Punkte) Wie hoch fliegt eine Rakete, die mit einer Geschwindigkeit von 5000 m/s senkrecht von der Erdoberfläche abgeschossen wird? Rechnen Sie a) mit konstanter Erdbeschleunigung g und b) mit dem ausführlichen Gravitationspotential. (Gravitationskonstante G = 6,67·10-11 Nm2kg-2, Erdradius rE = 6387 km, Erdmasse mE = 6·1024 kg) Hinweis: g = G · mE/ rE2, Erdoberfläche: r = rE! 3. (4 Punkte) Ein PKW mit Masse m = 1950 kg, Luftwiderstandsbeiwert cW = 0,32, Stirnfläche A = 2 m2, Rollreibungskoeffizient µRR = 0,02 soll mit einer Geschwindigkeit von 226 km/h fahren. Welche Motorleistung wird dazu benötigt?). 4. (6 Punkte) Bei einem Fahrradergometer wirkt auf den äußeren Umfang eines scheibenförmigen Rades mit d = 50 cm eine Reibungskraft F = 100 N. a) Welches Drehmoment muss der Proband erzeugen, um die Drehzahl konstant zu halten? b) Welche Arbeit hat er geleistet, wenn das Rad eine Masse von 50 kg hat, die Drehzahl 120 U/min beträgt und er 5 s dafür gebraucht hat? (bei gleichmäßiger Beschleunigung) 5. (3 Punkte) Ein Verkehrsflugzeug fliegt in einer Höhe von h = 10000 m. In seinem Inneren wird ein Luftdruck von pi = 990 mbar aufrechterhalten. Welche Kraft wirkt durch die Druckdifferenz zum Außendruck auf eine Fensterscheibe mit einer Fläche A = 0,05 m2? In welche Richtung? 6. (3 Punkte) Der größte Anteil eines Eisberges liegt bekanntlich unter Wasser. Die Dichte des Eises betrage ρE = 920 kg/m3, die Dichte von Meerwasser ρW = 1025 kg/m3. Wie groß ist der Volumenanteil des Eisberges, aus dem Wasser ragt? 7. (2 Punkte) Der Durchmesser eines kleinen Blutgefäßes verringert sich durch Verkalkung um 20%. Wie muß sich der Blutdruck ändern, um das gleiche Blutvolumen pro Zeit wie vor der Verkalkung durch das Gefäß zu pumpen? Physik I Klausur 200708.doc 20.04.2008 16:54:00 1. (9 Punkte) Die Geschwindigkeit einer fallenden Kugel in einer Flüssigkeit werde beschrieben durch die Funktion v(t ) = vs ( 1 - e -t / tq ) , mit vs = 2 m/s und tq = 3 s . Zur Zeit t = 0 befinde sich die Kugel in der Tiefe s = 0 . ds a) Bestimmen sie die Weg-Zeit-Funktion s(t ) , wenn v(t ) = ist, und die Beschleunigungs-Zeitdt dv Funktion a(t ) = . dt Als Ausgangsinformation ist die Geschwindigkeit-Zeit-Funktion v(t ) = vs ( 1 - e -t / tq ) gegeben, diese Funktion ist kein Produkt von Funktionen, vs ist eine Konstante! Es ist also weder Produktregel noch partielle Integration zu benutzen! Zur Bestimmung der Weg-Zeit-Funktion muss integriert werden (vgl. Formelsammlung Nr.51): s(t ) = ò v(t ) + C , dabei ist C so zu wählen, dass die Anfangsbedingung s(0) = 0 erfüllt ist. Es ist nicht von vornherein C = s(0) ! Die Stammfunktion berechnet sich als (siehe auch Formelsammlung Nr. 58) -t / t ò vs (1 - e ) dt + C = vs ( ò 1dt - ò e -t / t dt ) + C = vs éëê t - ( -tqe -t / t ) ùûú + C s(t ) = q q q = vs éêë t + tqe -t / tq ùúû + C Die Anfangsbedingung wird folgendermaßen berücksichtigt s(0) = 0 = vs êëé 0 + tqe -0 / tq ûúù + C 0 = vs ⋅ tq + C C = -vs ⋅ tq also zusammen s(t ) = vs éêë t + tq (e -t / tq - 1 ) ùûú Wahlweise kann auch mit einem bestimmten Integral gerechnet werden, es ist dann t s(t ) = ò vs ( 1 - e -t '/ tq ) dt ' 0 t = vs éêë t ' + tqe -t '/ tq ùúû 0 / t t q = vs éêë t + tqe - tqe -0 / tq ùúû = vs ëêé t + tq (e -t / tq - 1 ) ûúù Dabei ist zu beachten, dass innerhalb des Integrals ein anderer Variablenname gewählt wird, also t ' oder t statt t . Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 1 von 12 20.04.2008 16:54:00 Die Beschleunigungs-Zeit-Funktion berechnet sich als Ableitung der Geschwindigkeits-ZeitFunktion, also d a(t ) = vs ( 1 - e -t / tq ) dt d d = vs 1 - e -t / tq dt dt é æ 1 öù = vs ê 0 - çç - e -t / tq ÷÷÷ ú êë èç tq ø úû v = s e -t / tq tq ( ) Für die Ableitung der Exponentialfunktion gilt die Kettenregel. b) Durch welche Funktionen lässt sich s(t ) annähern für t tq ? t tq ? b1 Für t tq wird die Exponentialfunktion sehr klein: e -t / tq 1 für t tq e -t / tq - 1 » -1 damit lässt sich die Weg-Zeit-Funktion abschätzen durch s(t ) = vs éêë t + tq (e -t / tq - 1 ) ùúû » vs ( t - tq ) also durch eine Gerade mit Steigung vs durch den Punkt (t, s ) = (tq , 0) ; für große Zeiten nähert sich die Bewegung also einer gleichförmigen Bewegung mit Geschwindigkeit vs an. b2 Für t tq nähert sich die Exponentialfunktion an 1 an; diese Betrachtung ist aber eine zu ungenaue Näherung, da in diesem Falle der ganze Term e -t / tq - 1 wegfallen würde. Es ist daher eine genauere Betrachtung in Form einer Taylor-Entwicklung um die Stelle t = 0 notwendig (Formelsammlung Nr.50): s(t ) = s(0) + ds dt ⋅t + t =0 1 d2s 2 dt 2 ⋅ t2 + t =0 Die einzelnen Ableitungsfunktionen sind schon bekannt, nämlich 1 s(t ) = s(0) + v(0) ⋅ t + a(0) ⋅ t 2 + 2 vs 2 » 0 + 0⋅t + ⋅t 2tq v s(t ) » s ⋅ t 2 2tq In erster Näherung ist s(t ) also eine Parabel, für kleine Zeiten nähert sich die Bewegung also einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung mit der Beschleunigung a(0) an. Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 2 von 12 20.04.2008 16:54:00 c) Skizzieren Sie s(t ), v(t ) und a(t ) für 0 £ t £ 20 s ! Zeichnen Sie auch die Ergebnisse aus b) ein! 40 m s sa s0 s 30 20 10 0 0 5 10 15 s t 20 2,5 m/s 2,0 v 1,5 v va v0 1,0 0,5 0,0 0 5 10 15 t m/s2 s 20 1,0 0,9 0,8 0,7 a aa a0 a 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 0 5 10 15 s 20 t An Achsen müssen unbedingt Einheiten stehen! Nicht verschiedene Größen in ein Diagramm einzeichnen! (oder deutlich unterschiedene y-Achsen verwenden). Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 3 von 12 20.04.2008 16:54:00 d) Wie lange dauert es, bis sich v(t ) um nur noch 1% von vs unterscheidet? Es ist v(t ) = vs ( 1 - e -t / tq ) eine Funktion, die sich mit zunehmender Zeit an vs annähert. Gesucht ist ein t1 für das gilt v(t1 ) - vs £ 0, 01 ⋅ vs Es wird hier nicht von Anfang an vorausgesetzt, von wo sich v(t ) an vs annähert, deshalb mit Betragsstrichen bis das klar ist! Erst ganz zum Schluss Zahlen einsetzen! vs ( 1 - e -t1 / tq ) - vs = 0, 01 ⋅ vs -e -t1 / tq = 0, 01 e -t1 / tq = 0, 01 - t1 = ln 0, 01 tq t1 = ln 100 tq t1 = tq ⋅ ln 100 = 13,81 s man beachte die Rechenregeln für Logarithmen! Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 4 von 12 20.04.2008 16:54:00 2. (5 Punkte) Wie hoch fliegt eine Rakete, die mit einer Geschwindigkeit von 5000 m/s senkrecht von der Erdoberfläche abgeschossen wird? Für beide Aufgabenteile gilt Energieerhaltung: die Summe aus potentieller und kinetischer Energie bleibt gleich: beim Abschuss ( r = rE , h = 0 ) mit Geschwindigkeit v 0 beträgt die kinetische Energie 1 E kin,0 = mv02 2 am höchsten Punkt ( r = rmax = rE + hmax ) betragen Geschwindigkeit v1 und kinetische Energie Ekin,1 beide Null. für beide Orte ist die potentielle Energie nach der jeweiligen Formel zu bestimmen, dann ist E pot ( rE ) + E kin,0 = E pot ( rmax ) + E kin,1 1 E pot ( rE ) + mv 02 = E pot ( rmax ) 2 . a) Bei konstanter Erdbeschleunigung (Näherung für kleine Entfernungen von der Erdoberfläche) ist die potentielle Energie (Formelsammlung Nr.125) E pot,a (h ) = m ⋅ g ⋅ h E pot,a (r ) = m ⋅ g ⋅ ( r - rE ) also hier 1 m ⋅ g ⋅ 0 + mv 02 = m ⋅ g ⋅ hmax,a 2 v2 hmax,a = 0 2g ( 5000 m/s )2 = 1274 km 2 ⋅ 9,81 m/s2 = hmax,a + rE = 7661 km hmax,a = rmax,a die Rakete entfernt sich 1274 km von der Erdoberfläche. Alternative Lösungswege ohne explizite Energiebetrachtungen: I: Senkrechter Wurf Hier handelt es sich um einen schiefen Wurf (Formelsammlung Nr. 80) mit Winkel a = 90 , damit beträgt die Wurfhöhe ebenfalls hmax .a = v02 2g II: Gleichmäßig verzögerte Bewegung Hier handelt es sich um eine gleichmäßig verzögerte Anfangsgeschwindigkeit und Anfangshöhe h = 0 : 1 h(t ) = v 0t - gt 2 2 v(t ) = v 0 - gt Bewegung mit endlicher Die maximale Höhe ist erreicht zu derjenigen Zeit tmax , bei der v(tmax ) = 0 ist: 0 = v 0 - gtmax tmax = v0 g Damit ist dann hmax,a = h(tmax ) = v0 Physik I Klausur 200708.doc v 0 1 æ v0 ö÷2 v2 - g çç ÷ = 0 g 2 èg ø 2g Lösungen Seite 5 von 12 20.04.2008 16:54:00 b) Rechnen Sie mit dem ausführlichen Gravitationspotential. (Gravitationskonstante G = 6, 67 ⋅ 10-11 Nm2 kg -2 , Erdradius rE = 6387 km , Erdmasse mE = 6 ⋅ 1024 kg ) Hinweis: g = G ⋅ mE / rE2 , Erdoberfläche: r = rE ! Mit dem ausführlichen Gravitationspotential (Formelsammlung Nr. 124) ist die potentielle Energie einer Masse m im Abstand r vom Erdmittelpunkt m ⋅ mE E pot,b (r ) = -G r m ⋅ mE E pot,b (h ) = -G rE + h Dies ist eine völlig andere Funktion! Diese Funktion gilt für beliebig große Höhen. Im Gegensatz dazu ist E pot,a = m ⋅ g ⋅ h eine Näherung für kleine Höhen. Es ist also unsinnig, die beiden Ausdrücke gleichzusetzen. Wenn man die Ausdrücke vergleichen möchte, muss man in beiden Ausdrücken r oder in beiden Ausdrücken h verwenden! Die potentielle Energie ist nicht mehr proportional zum Abstand von der Erdoberfläche, sondern umgekehrt proportional zum Abstand vom Erdmittelpunkt. Der Nullpunkt der potentiellen Energie liegt nicht mehr an der Erdoberfläche ( r = rE ) sondern bei r = ¥ ! also insgesamt -G m ⋅ mE 1 m ⋅ mE + mv 02 = -G rE 2 rmax,b -G mE 1 mE + v 02 = -G rE 2 rmax,b 1 v 02 1 = 2 ⋅ G ⋅ mE rE rmax,b umgedreht rmax,b = rE v02 ⋅ rE 12 ⋅ G ⋅ mE 6387 ⋅ 103 m = 1- 2 ( 5000 ms-1 ) ⋅ 6387 ⋅ 103 m = 6387 ⋅ 103 m = 7978 km 1 - 0,1995 2 ⋅ 6,67·10-11 Nm2 kg -2 ⋅ 6 ⋅ 1024 kg Anmerkung: Die zusätzliche Angabe g = G ⋅ mE / rE2 war nicht als Aufforderung gemeint, g auszurechnen, sondern sollte einen Vergleich der beiden Ergebnisse ermöglichen, bzw. die Rechnung vereinfachen: 1 rmax,b = 1 v02 rE 2 ⋅ G ⋅ mE 1 v 02 rE 2 ⋅ g ⋅ rE2 hmax,a 1 = rE rE2 = 1 rmax,b Dies hat unbeabsichtigt zu Verwirrungen geführt. Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 6 von 12 20.04.2008 16:54:00 3. (4 Punkte) Ein PKW mit Masse m = 1950 kg , Luftwiderstandsbeiwert cw = 0, 32 , Stirnfläche A = 2 m2 , Rollreibungskoeffizient μRR = 0, 02 soll mit einer Geschwindigkeit von 226 km/h fahren. Welche Motorleistung wird dazu benötigt? Auf den PKW wirkt die Summe FR aus zwei Reibungskräften: dem Rollwiderstand FRR und dem Luftwiderstand FL . FR = FRR + FL Im Folgenden ist die Bewegungsrichtung die positive Richtung. Der Rollwiderstand verhält sich analog zur Gleitreibung (Formelsammlung Nr. 102): FRR = -mRR ⋅ FN = -mRR ⋅ m ⋅ g = -0, 02 ⋅ 1950 kg ⋅ 9,81 ms-2 = -382,59 N Der Luftwiderstand berechnet sich als (Formelsammlung Nr. 103): 1 FL = - cW ⋅ r ⋅ A ⋅ v 2 2 3 æ ö2 1 kg 2 ç 226 ⋅ 10 m ÷ = - ⋅ 0, 32 ⋅ 1, 293 3 ⋅ 2m ⋅ ç çè 3600 s ÷÷ø 2 m =- 0, 32 ⋅ 1, 293 ⋅ 2 ⋅ 2260002 kgm2 m2 = -1630,65 N 2 ⋅ 36002 m 3 s2 Zusammen ist dann die Reibungskraft FR = FRR + FL = -2013,24 N Wenn die Umrechnung der Geschwindigkeit von km/h in m/s vorher erfolgt, so ist der Wert korrekt zu runden und nicht einfach die letzten Stellen wegzulassen: 226 ⋅ 103 = 62, 77 » 62, 8 3600 Um mit konstanter Geschwindigkeit zu fahren, muss die Summe aller Kräfte Null sein. Der Motor muss also eine der Reibungskraft entgegengesetzt gleich große Antriebskraft FA aufbringen: FA + FR = 0 FA = 2013,24 N Anmerkung: Es tritt keine Beschleunigung auf, irgendwelche zusätzlichen Terme der Form F = m ⋅ a treten also nicht auf, insbesondere nicht F = m ⋅ g (die Bewegung ist horizontal!) Wird bei konstanter Geschwindigkeit v die Kraft FA aufgebracht, so beträgt die Leistung (Formelsammlung Nr. 116): P = FA ⋅ v = 2013,24 N ⋅ Physik I Klausur 200708.doc 226 ⋅ 103 m = 126,386 kW 3600 s Lösungen Seite 7 von 12 20.04.2008 16:54:00 4. (6 Punkte) Bei einem Fahrradergometer wirkt auf den äußeren Umfang eines scheibenförmigen Rades mit d = 50 cm eine Reibungskraft FR = 100 N . a) Welches Drehmoment muss der Proband erzeugen, um die Drehzahl konstant zu halten? Eine Drehbewegung mit konstanter Drehzahl ist eine Drehbewegung mit konstantem Drehimpuls, wenn das Trägheitsmoment des rotierenden Objekts sich nicht ändert (was hier der Fall ist). Der Drehimpuls bleibt konstant, wenn die Summe aller Drehmomente Null ist; hier muss also das durch den Probanden erzeugte Drehmoment entgegengesetzt gleich dem durch die Reibungskraft erzeugten Drehmoment sein. Alle Drehimpulse und Drehmomente beziehen sich auf die Achse des Rades. Die Reibungskraft wirkt bekanntlich entgegen der Bewegungsrichtung, also hier entgegengesetzt zur Umfangsgeschwindigkeit, d.h. parallel zum Umfang und senkrecht zum Radius. Das Drehmoment einer Kraft F die im Abstand r zum Ursprung angreift, ist definiert als (Formelsammlung Nr. 108) M = r ´F ; da hier Radius und Kraft senkrecht aufeinander stehen, ist das durch die Reibungskraft FR erzeugte Drehmoment d M R = r ⋅ FR = ⋅ FR = 25 Nm 2 Es ist unerheblich, ob Achse und Kraft senkrecht aufeinander stehen. b) Welche Arbeit hat er geleistet, wenn das Rad eine Masse von 50 kg hat, die Drehzahl 120 U/min beträgt und er 5 s dafür gebraucht hat? (bei gleichmäßiger Beschleunigung)? Die geleistete Arbeit des Probanden wird zum Teil in kinetische Energie und zum Teil in Wärmeenergie (Reibungskraft mal Weg, bzw. –drehmoment mal Winkel) umgewandelt. An dieser Stelle wird kein Integral benötigt, weil Reibungskraft- bzw. drehmoment konstant sind. W = Ekin + FR ⋅ s = Ekin + M R ⋅ j Die Rotationsenergie des Rades beträgt am Ende der Beschleunigungsphase ( w = wmax ) 1 2 Ekin = J ⋅ wmax 2 Nach Aufgabenstellung handelt es sich um ein scheibenförmiges Rad, das Trägheitsmoment ist J = () 1 1 d m ⋅ r2 = m ⋅ 2 2 2 2 = 1 m ⋅ d 2 = 1,5625 kgm2 8 mit der Winkelgeschwindigkeit wmax = 2p ⋅ 120 120 = 2p ⋅ = 4p s -1 min 60 s ergibt sich 1 2 m ⋅ d 2 ⋅ wmax 16 1 2 = ⋅ 50 kg ⋅ ( 0,5 m )2 ⋅ ( 4p s-1 ) 16 50 ⋅ 0, 25 ⋅ 16p2 kg m2 = 16 s2 = 123,37 J Ekin = Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 8 von 12 20.04.2008 16:54:00 Zur Berechnung der gegen die Reibung geleisteten Arbeit ist es notwendig, den insgesamt zurückgelegten Drehwinkel j bzw. den insgesamt zurückgelegten Weg s zu berechnen, d.h. die Weglänge, die ein Punkt auf dem Umfang des Rades zurückgelegt hat 1 s = j ⋅r = j ⋅d 2 Die momentane und maximale Umfangsgeschwindigkeit sind 1 v = w ⋅r = w ⋅d 2 1 m v max = wmax ⋅ r = wmax ⋅ d = p 2 s Bei gleichmäßiger (Winkel)beschleunigung a bzw. a auf (Winkel)geschwindigkeit wmax bzw. v max in der Zeit t ist w 1 a = max = 2,513 s t m v max = 0,628 a = s t und es ist der zurückgelegte Winkel 1 1 j = a ⋅ t 2 = wmax ⋅ t = 31,42 rad = 5 Umdrehungen , 2 2 und die zurückgelegte Strecke 1 1 1 s = at 2 = j ⋅ d = wmax ⋅ t ⋅ d = 7,854 m , 2 2 4 die geleistete Reibungsarbeit 1 F ⋅ wmax ⋅ t ⋅ d 4 R 1 = ⋅ 100 kg m s -2 ⋅ 4p s -1 ⋅ 5 s ⋅ 0,5 m 4 = 250p kg m2 s -2 WR = FR ⋅ s = M R ⋅ j = = 785 J Alternativ kann auch die zur Winkelbeschleunigung aufgewendete Arbeit über das entsprechende Drehmoment berechnet werden: Zur gleichmäßigen Beschleunigung auf Drehimpuls Lmax = J ⋅ wmax in der Zeit t benötigt man ein Drehmoment L Ma = max , t Die geleistete Arbeit berechnet sich (analog zu Kraft × Weg) als W = Ma ⋅ j , dabei ist M das aufgewendete (konstante) Drehmoment und j der zurückgelegte Winkel (s.o.) 1 j = w ⋅t 2 zusammen also 1 M ⋅ wmax ⋅ t 2 a 1 Lmax = ⋅ wmax ⋅ t 2 t 1 = Lmax ⋅ wmax 2 1 2 = J ⋅ wmax 2 W = Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 9 von 12 20.04.2008 16:54:00 5. (3 Punkte) Ein Verkehrsflugzeug fliegt in einer Höhe von h = 10000 m . In seinem Inneren wird ein Luftdruck von pi = 990 mbar aufrechterhalten. Welche Kraft wirkt durch die Druckdifferenz zum Außendruck auf eine Fensterscheibe mit einer Fläche A = 0, 05 m2 ? In welche Richtung? Hier ist zunächst nach dem Atmosphärendruck in einer Höhe h = 10000 m gefragt. Dieser wird nach der sog. barometrischen Höhenformel (Formelsammlung Nr. 141) berechnet: p(h ) = p0 ⋅ e - r0 ⋅g ⋅h p0 dabei sind Luftdichte r0 = 1,293 kg/m 3 und Luftdruck p0 = 1013 mbar , beide auf Meereshöhe ( h = 0 ), sowie die Erdbeschleunigung g = 9,81 m/s2 gegeben: pa = p(h ) = 1013 mbar ⋅ e = 1013 mbar ⋅ e = 1013 mbar ⋅ e - 1,293 kg m -3 ⋅9,81 m s -2 ⋅10000 m 101300 Pa - 1,293 kg m -3 ⋅9,81 m s -2 ⋅10000 m 101300 kg m -1 s -2 - 1,293⋅9,81⋅10000 kg⋅m -3 ⋅m⋅m⋅s -2 101300 kg⋅m -1 ⋅s -2 = 1013 mbar ⋅ e -1,25215 = 1013 mbar ⋅ 0, 28588 pa = 289,6 mbar Die Druckdifferenz zwischen Kabine und Außenluft beträgt also Dp = pi - pa = 990 mbar - 290 mbar = 700 mbar Die Kraft auf die Fensterfläche ist die Differenz der Kräfte, die Innen- und Außendruck auf sie ausüben, da der Innendruck höher ist, wirkt sie nach außen. DF = Dp ⋅ A = 70000 Pa ⋅ 0,05 m2 = 3500 N Anmerkung: Die Benutzung der Formel für den hydrostatischen Druck in der Form p(h ) = r ⋅ g ⋅ h ist aus mehreren Gründen falsch: Luft ist kompressibel, also gilt die einfache Proportionalität zur Höhe/Tiefe nicht In dieser Formel bezeichnet h die Tiefe, in der der Druck gemessen wird, bzw. die Höhe der über dem Messpunkt stehenden Wassersäule. Der Druck nimmt in jedem Fall nach oben hin ab! Wäre Luft inkompressibel (d.h. wäre die Dichte konstant) dann wäre die korrekte Form der Gleichung p(h ) = p0 - r0 ⋅ g ⋅ h dabei wäre p0 der Druck und r0 die Dichte bei der Höhe h = 0 . Dies ist auch eine zulässige Näherung der barometrischen Höhenformel für kleine Höhen, wie sich durch Taylor-Entwicklung der Exponentialfunktion leicht feststellen lässt. Völlig abwegig ist die Annahme, der Druck würde mit 10 m Höhe um 1 bar steigen, dies gilt erstens für Wasser und zweitens für Tiefe! Es war nicht nach einem Unterseeboot gefragt! Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 10 von 12 20.04.2008 16:54:00 6. (3 Punkte) Der größte Anteil eines Eisberges liegt bekanntlich unter Wasser. Die Dichte des Eises betrage rE = 920 kg/m 3 , die Dichte von Meerwasser rW = 1025 kg/m 3 . Wie groß ist der Volumenanteil des Eisberges, aus dem Wasser ragt? Wenn ein Objekt schwimmt, dann taucht es so tief ein, dass die Auftriebskraft FA (entsprechend der Gewichtskraft des verdrängten Volumens VW des Umgebungsmediums) entgegengesetzt gleich der Gewichtskraft FG des (gesamten) schwimmenden Objekts ist: FG = -rE ⋅ VE ⋅ g FA = rW ⋅ VW ⋅ g FG + FA = 0 rE ⋅ VE = rW ⋅ VW VE r = W VW rE Gefragt ist nach dem Volumenanteil der aus dem Wasser ragt. Das aus dem Wasser ragende Volumen ist die Differenz aus Gesamtvolumen und eingetauchtem Volumen, damit ist VE - VW V = 1- W VE VE r = 1- E rW rW - rE = rW 1025 - 920 = = 0,1024 1025 Es ragen also etwa 10% des Volumens des Eisbergs aus dem Wasser. Anmerkung: Die Formel (Formelsammlung Nr. 140) F = ( rFl - rK ) ⋅ V ⋅ g bezeichnet die Gesamtkraft (Summe aus Auftriebskraft nach oben und Gewichtskraft nach unten) auf einen vollständig eingetauchten Körper, ist also für die hier besprochene Situation nicht geeignet. Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 11 von 12 20.04.2008 16:54:00 7. (2 Punkte) Der Durchmesser eines kleinen Blutgefäßes verringert sich durch Verkalkung um 20%. Wie muß sich der Blutdruck ändern, um das gleiche Blutvolumen pro Zeit wie vor der Verkalkung durch das Gefäß zu pumpen? In einem kleinen Blutgefäß kann davon ausgegangen werden, dass die Strömung laminar ist und die innere Reibung nicht vernachlässigt werden kann. Es gilt also das Gesetz von Hagen-Poiseuille (Formelsammlung Nr. 146): 8h ⋅ L ⋅ IV Dp = p ⋅ R4 In der Aufgabe ist gefragt, wie sich der Blutdruck, also die Druckdifferenz Dp ändern muss, wenn sich der Durchmesser (bzw. der Radius R ) des Gefäßes ändert, der Volumenstrom IV (und die anderen Parameter: Viskosität h und Länge L ) aber unverändert bleiben. Es gilt damit 8h ⋅ L ⋅ IV Dp1 ⋅ R14 = = Dp2 ⋅ R24 p also Dp2 æ R ö4 = çç 1 ÷÷÷ è R2 ø Dp1 Der Radius verringert sich um 20%, also R2 = 0, 8 ⋅ R1 Dp2 æ 1 ö÷4 = çç = 1, 254 » 2, 44 è 0, 8 ø÷ Dp1 Die Druckdifferenz über dem Blutgefäß muss also auf das 2,44-fache steigen. Physik I Klausur 200708.doc Lösungen Seite 12 von 12 20.04.2008 16:54:00