Titelgeschichte - Medizinische Hochschule Hannover

Werbung
Titel
mhh Info Februar/März 2005
Psyche in Not
Zahlen und Fakten
(ina) Im Zentrum Psychologische Medizin der mhh wurden im vergangenen Jahr knapp 4.600 Menschen ambulant und stationär behandelt,
inklusive Notfälle. Davon versorgte die Abteilung Klinische Psychiatrie
und Psychotherapie rund 1.100 Fälle stationär. Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Abteilung Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
behandelten rund 350 Fälle auf ihren mhh-Stationen. Die stationäre
Versorgung der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie lag bei
90 Fällen. Die durchschnittliche Verweildauer auf den Stationen betrug
für die Patienten 22 Tage in der Abteilung Klinische Psychiatrie und
Psychotherapie, 38 Tage in der Abteilung Sozialpsychiatrie und Psychotherapie sowie 51 Tage in der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie. Insgesamt verfügen die drei Abteilungen über 130 Betten:
die Klinische Psychiatrie hat 76, die Sozialpsychiatrie 40 sowie
20 Tagesklinikplätze und die Psychosomatik 14
mhh Info Februar/März 2005
Titel
Mauer des Schweigens
Psychische Krankheiten sind nach wie vor ein Tabuthema
(ina) Ich werde noch wahnsinnig, du bist ja irre, sie ist total
durchgeknallt – solche Sätze haben in unserer Alltagssprache
einen festen Platz. Was mit ihnen gemeint ist, beschreibt
nichts Gutes: Etwas in uns löst sich von der Vernunft ab, wir
bekommen unser Leben nicht mehr in den Griff. Und wo wird
das schlimmstenfalls enden? In der »Klapse«. Doch wer will
schon als verrückt abgestempelt werden?
Ist ja auch kein Wunder, deshalb schneidet die Allgemeinheit psychisch kranke Menschen, empfindet sie als Bedrohung und hält bewusst Abstand. Doch wie kommt diese Haltung zustande? Einmal natürlich, weil die meisten »Normalen« keinen Kontakt zu psychisch Kranken und damit keine
Erfahrungen mit ihnen haben. Doch viele wollen mit psychisch Kranken auch nichts zu tun haben, sie nähren ihr Wissen aus Vorurteilen – aus Angst, Grenzen zu überschreiten?
Diese Erfahrungen sammelten wir bei den Recherchen zum
aktuellen Titelthema.
Nach Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie,
Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) werden in
Deutschland von den Hausärzten bereits mehr als zehn Millionen Menschen mit psychischen Störungen pro Jahr versorgt – das ist nahezu jeder achte Einwohner und jeder vierte Patient. Warum hört man trotzdem so wenig von ihnen in
den Medien? Erfolgsstorys über Patienten, die nach einer
Organtransplantation munter weiterleben, gibt es genug –
doch Geschichten über die Gesundung von »Geisteskranken«
sind selten. Um sie herum steht eine Mauer des Schweigens.
Dagegen hilft nur Aufklärung. Erst wenn die so genannten
Normalen erkennen, dass sie sich – vielleicht unbewusst –
gleichgültig gegenüber psychisch Kranken verhalten, wird es
ihnen möglich, die »Anderen« zu verstehen.
Kurzmeldungen
Konzerte in der Psychiatrie
(bb) Ab April dieses Jahres geben begabte Studierende der Hochschule für Musik und Theater weitere Konzerte in der mhh: Es sind Stücke
für Klavier, Gesang, Streich- und Blasinstrumente. Unterstützt von der
hannoverschen Gruppe des Vereins Yehudi Menuhin Live Music Now
e.V. Hannover spielen sie am 6. April, 15. Juni, 5. Oktober (GospelChor), 26. Oktober und 30. November 2005 jeweils um 19 Uhr im
großen Gemeinschaftsraum der mhh-Psychiatrie am Ende des Hauptgebäudes neben der Tagesklinik. Das Programm hängt im Leitflur der
Psychiatrie, der Eintritt ist kostenlos. Eingeladen sind PsychiatrieErfahrene und deren Angehörige, Patientinnen und Patienten der somatischen Stationen, Studierende sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mhh.
Kontakt:
Dr. Peter Bastiaan,
Telefon: (0511) 532-3185
PD Dr. Thomas Huber,
(0511) 532-2404.
Pavillon der Sinne
(bb) Er ist eine Vision – der Pavillon der Sinne – doch die Mitglieder des
gleichnamigen gemeinnützigen Vereins haben sich zum Ziel gesetzt, ihn
wirklich werden zu lassen. Es sind mhh-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, die psychisch Kranken sowie psychisch Gesunden ermöglichen
wollen, in der mhh künstlerisch aktiv zu werden. »Dabei sollen die Menschen da abgeholt werden, wo sie gesund sind und Ressourcen haben.
So sollen Selbstheilungskräfte aktiviert werden«, sagt Vera Stankovic,
die das Projekt mitinitiierte. Der Pavillon soll ermöglichen, kreativ zu
sein: Von der Malerei und Bildhauerei über das Schreiben und die
Musik bis hin zur Wahrnehmung der verschiedenen Sinne. Der gewünschte Ort des zweistöckigen, insgesamt etwa 500 Quadratmeter
großen Pavillons ist der Platz zwischen der Psychiatrischen Poliklinik
und der Mensa. Der Bau soll auch ein Café beherbergen, um Kunstwerke ausstellen zu können und Begegnungen möglich zu machen. Nun
sucht der Verein Ideen, tatkräftige Unterstützung, Mitglieder und
Spenden. Kontonummer 900121475 bei der Sparkasse Hannover,
BLZ 25050180.
Kontakt: Vera Stankovic, Station 53b, Telefon: (0511) 532-3525
E-Mail: [email protected]
13
Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie
Abteilungsleiter: Professor Dr. Friedhelm Lamprecht
(bb) Die 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mhh-Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie befassen sich mit dem Erkennen, der
psychotherapeutischen Behandlung, Vorbeugung und Rehabilitation
von Krankheiten, die maßgeblich durch psychosoziale Faktoren wie
beispielsweise durch lang andauernden Stress entstehen. Dies betrifft
seelisch verursachte Essstörungen ebenso wie körperliche Symptome
ohne organische Ursachen, beispielsweise Herzschmerzen oder chronische Funktionsstörungen des Dickdarms.
Darüber hinaus kümmern sich die Beschäftigten um Menschen, die
traumatische Erlebnisse hatten oder Angststörungen bzw. depressive
Störungen haben. Ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet ist es, Menschen psychodiagnostisch zu untersuchen und psychotherapeutisch
zu unterstützen, die chronische Erkrankungen bewältigen müssen –
zum Beispiel einen Hörsturz, Schuppenflechte und Neurodermitis –
oder einen schwerwiegenden medizinischen Eingriff wie eine Organtransplantation vornehmen lassen mussten.
Klinische Psychiatrie und Psychotherapie
Abteilungsleiter: Professor Dr. Dr. Hinderk M. Emrich
(bb) Die mhh-Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie ist Teil
der gemeindepsychiatrischen Konzeption von Hannover. Ihre 49 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich um psychisch kranke
Menschen, die im Norden und Osten Hannovers leben. Dabei sind multiprofessionelle Teams mit Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeutinnen
und -therapeuten, Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Ergo- und Kunsttherapeutinnen und -therapeuten sowie Pflegekräften für die Diagnostik, Therapie und Lebensplanung zuständig.
Für Einwohnerinnen und Einwohner anderer Stadtbereiche Hannovers
sind die Nervenklinik Langenhagen, das Landeskrankenhaus Wunstorf
und die Wahrendorffschen Kliniken in Ilten zuständig.
In der mhh-Abteilung werden hauptsächlich Patientinnen und Patienten behandelt, die Schizophrenien, affektive Psychosen, neurotische
Entwicklungen, dementielle Erkrankungen, Persönlichkeitsstörungen
oder Suchterkrankungen haben. Zudem existieren spezielle Arbeitsbereiche für Neurokognition und Sexualmedizin. Bei der Therapie auf
den Stationen werden psychotherapeutische und medizinisch-pharmakologische Therapieansätze nicht gegeneinander gesetzt, sondern
miteinander verbunden. Zudem wird eine Gleichrangigkeit von Teammitgliedern und Patienten im Sinne der »therapeutischen Gemeinschaft« angestrebt – zum Beispiel trägt keiner einen Kittel.
Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Abteilungsleiter: Professor Dr. Wielant Machleidt
(bb) Die Sozialpsychiatrie hebt das soziale Ausmaß psychischer
Störungen hervor. Sie tritt dafür ein, dass psychisch kranke Personen in ihren Gemeinden psychiatrisch versorgt werden. Deswegen
arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mhh-Abteilung
Sozialpsychiatrie und Psychotherapie in der Nähe der Menschen,
die sie betreuen.
Bei ihrer Arbeit beachten die Beschäftigten der Abteilung insbeson-
14
dere die sozialen Bedingungen, unter denen eine psychische Störung
entsteht, verläuft, therapiert und rehabilitiert wird.
Sozialpsychiatrie ist eine spezialisierte Disziplin der Psychiatrie, die
eigene Institutionen in der Lehre, Forschung und Krankenversorgung
sowie im Öffentlichen Gesundheitsdienst bildet. Diese Einrichtungen
arbeiten zusammen mit den biologisch oder klinisch ausgerichteten psychiatrischen Disziplinen und gleichzeitig bilden sie ihr eigenes Profil.
mhh Info Februar/März 2005
Titel
Was heißt es, »psychisch krank« zu sein?
Über fließende Grenzen zwischen den Gemütszuständen
Psychische Gesundheit und Versagen der Psyche stehen nicht
völlig isoliert und unvermittelt einander gegenüber: Vielmehr
gibt es Zwischenzustände und Übergänge.
Psychisch krank – auch diejenigen Menschen, die völlig
unauffällige psychische Funktionen aufweisen, können Aspekte dieses Gemütszustands an sich selbst in Krisen- und
Ausnahmesituationen erleben. So kennt vermutlich jeder von
uns Ängste, Trauer und emotionale Enthemmungen sowie
das Erlebnis »überglücklich« zu sein. Deshalb sollte es für
Außenstehende auch möglich sein, sich in psychiatrische
Erkrankungen und dadurch bedingtes Leid ein bisschen
einzufühlen.
Für die psychisch kranken Menschen ist es besonders
schwierig, mit dem negativen Image psychiatrischer Untersuchungsergebnisse (Diagnosen) umzugehen: Schizophrenie,
Demenz, Borderline und depressiven Psychosen wird oft ein
abwertender Charakter zugewiesen. Obwohl Diagnosen in
der Psychiatrie in der Regel nicht denselben naturwissenschaftlich-biologischen Stellenwert haben wie in anderen
medizinischen Disziplinen, sind sie als Grundlage für die
therapeutischen Maßnahmen unverzichtbar. Dabei unterscheiden Psychiater zwischen Anpassungs- und Persönlichkeitsstörungen. Letztere stammen vorwiegend aus der frühen
Kindheit, beispielsweise Borderline-Persönlichkeitsstörungen – dabei sind die Betroffenen ihren eigenen Gefühlszuständen weitgehend ausgeliefert und können diese nicht gut
selbst steuern. Zu den seelischen Verarbeitungsstörungen aus
der späteren Kindheit gehören die Neurosen: Angststörungen, Depressionen und Zwangserkrankungen. Ein Schwerpunkt in der psychiatrischen Diagnostik und Therapie sind
die so genannten endogenen Psychosen. Hierbei erleben die
Patienten Nervenzusammenbrüche, die weitgehend auf ihrer
biologischen Konstitution beruhen. Dazu gehören unter
anderem Schizophrenie, die manisch depressiven Erkrankung
(bipolare Störungen) und monopolare Depressionen, bei
Professor
Dr. Dr. Hinderk Emrich
denen es in der Regel einen genetischen Hintergrund in der
Familie gibt. Darüber hinaus sind die Suchterkrankungen
und die durch Hirnfunktionsstörungen bedingten psychoorganischen Psychosen zu erwähnen. Dazu gehört Altersverwirrtheit.
Wichtig ist es, zu betonen, dass psychiatrische Diagnostik
nicht der Abstempelung von Patienten dienen darf, sondern
dynamisch bleiben muss. Die ersten Untersuchungsergebnisse sind als therapeutische Basis zu sehen, die für die psychologische, psychophysiologische und neurodiagnostische
Untersuchung wichtige Aspekte enthalten – sich aber durchaus im Laufe der Behandlung verändern können. Dies ist
sogar wahrscheinlich, da behandelte psychiatrische Erkrankungen therapeutisch oft ganz hervorragende Prognosen aufweisen: Bei 70 Prozent der akut Erkrankten hat sich deren
Zustand nach ungefähr vier Wochen bereits gut oder sehr
gut gebessert. Schon aus diesem Grunde sind die Grenzen
zwischen Normalität und Funktionsstörungen fließend.
Hinderk Emrich, Direktor der
Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie
Kontakt:
Professor Dr. med. Dr. phil. Hinderk Emrich
Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie
Telefon: (0511) 532-6572
E-Mail: [email protected]
15
Titel
mhh Info Februar/März 2005
Wahnsinnig gut?
Vor- und Nachteile von Medikamenten bei Psychosen
Erst seit 1950 gibt es die ersten wirksamen Medikamente zur
Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen – die so
genannten Neuroleptika. Zuvor standen Patienten, deren
Angehörige und Ärzte einer akuten Psychose weitgehend hilflos gegenüber: Beispielsweise bekamen manisch-depressive
oder schizophrene Patienten Beruhigungsmittel, wurden isoliert und zum Teil sogar lebenslang »weggeschlossen«.
Die Einführung der ersten Neuroleptika führte bei den
Ärzten zu einer Aufbruchsstimmung in der psychiatrischen
Therapie. Viele Patienten, die zuvor jahrelang in Anstalten
betreut worden waren, konnten diese nun nach einigen
Wochen oder Monaten verlassen: Die Medikamente brachten
die Krankheitssymptome unter Kontrolle. In dieser Euphorie
übersah man jedoch, dass die damals noch neuen Mittel bei
hoher Dosierung ernste und teilweise bleibende Nebenwirkungen hatten, die dem Parkinson-Syndrom ähneln.
Psychopharmaka: Ein Medikamentenschrank in der MHH
Erst in den neunziger Jahren stand eine Vielfalt verschiedener,
besser verträglicher Psychopharmaka zur Verfügung. Aber
auch moderne Medikamente zur Psychosebehandlung haben
spezifische Vor- und Nachteile: Von Patient zu Patient unterschiedlich, kommen Gewichtszunahmen, Störungen der Beweglichkeit, Unregelmäßigkeiten des weiblichen Zyklus und
Erektionsstörungen bei Männern vor.
Eine ähnliche Entwicklung nahmen die Antidepressiva.
Die erste Medikamentengeneration wirkte schon sehr gut,
aber es traten auch unerwünschte Symptome auf – unter
anderem Mundtrockenheit, Herz-Rhythmus-Störungen und
Blasenstörungen. Doch sie konnten im Verlauf der Entwicklung immer weiter reduziert werden. Auch ältere oder körperlich erkrankte Menschen können heute wirksam und
sicher medikamentös antidepressiv behandelt werden. Ebenso ist die Gefahr, an einer Überdosis zu sterben, bei den neuen
Antidepressiva kaum mehr vorhanden, da sie weniger toxisch
als ihre Vorgänger sind.
Besonders schwer zu ertragen ist für viele Patienten die
Aussicht, für einen längeren Zeitraum Medikamente einnehmen zu müssen. Die Chancen, dank einer schnell begonnenen
medikamentösen Therapie ein normales Leben ohne wesentliche Beeinträchtigung durch psychisches Leid führen zu
können, sind heute jedoch so gut wie nie zuvor. Die Vielfalt
verschiedener zugelassener Arzneimittel ermöglicht heute
eine immer bessere, individuell abgestimmte Behandlung.
Um diese Möglichkeiten nutzen zu können, bedarf es eine
vertrauensvollen Beziehung und Zusammenarbeit zwischen
Patient und Arzt, sowie umfangreiche Kenntnisse über die
Wirkung und die Vor- und Nachteile der Medikamente.
Stefan Kropp
Kontakt:
Privatdozent Dr. Stefan Kropp
Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie
Telefon: (0511) 532-6561, E-Mail: [email protected]
Bausteine der Behandlung
Sozio- und Psychotherapeutische Behandlung im Zentrum Psychologische Medizin
Psychische Störungen wie Depressionen, Psychosen, Angstoder Abhängigkeitserkrankungen wirken oftmals schwerwiegend auf das Leben der Betroffenen und ihrer Familien.
Es kann zu Partnerschaftskonflikten, Verlust des Arbeitsplatzes und möglicherweise sogar der Wohnung kommen. Soziotherapie, wie sie zum Beispiel die Therapeutenteams auf
der Soziotherapiestation (51a) und in der Tagesklinik (51b)
anbieten, verfolgt das Ziel, dass Betroffene ihre Alltagsfertigkeiten wieder entdecken, ihre sozialen Bindungen stärken
und sich zum Experten ihrer Erkrankung machen.
Dabei vermitteln Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Pflegekräfte und Ergotherapeuten den Patienten Wissen über
ihre Erkrankung, beraten Angehörige, leiten Menschen mit
psychischen Störungen in der Arbeitstherapie an und informieren sie über Möglichkeiten der Wiedereingliederung in die
Gesellschaft. Die Hilfestellung reicht von der Suche nach
einer Wohnung bis zur Körperpflege und Wohnungshygiene.
Gemeinsam mit anderen Betroffenen lernen sie auch, wieder
zwischenmenschliche Beziehungen zu knüpfen.
Soziotherapeutische Qualifikationen und eine psychotherapeutische Grundhaltung werden seit 1972 in der mhh
während der zweijährigen, berufsbegleitenden Sozialpsychiatrischen Zusatzausbildung (SPZA) vermittelt. Bis zu 18 Personen können daran teilnehmen. Die Ausbildung wendet sich
an alle psychosozialen Berufsgruppen, die in psychiatrischen
Einrichtungen im Großraum Hannover tätig sind. Kontakt:
[email protected]
In der Psychotherapie wendet sich der Therapeut mehr
dem inneren Erleben, den Gefühlen und unbewussten Handlungsmotiven des Patienten zu: Eine bessere Kenntnis der
eigenen, lebensgeschichtlich erworbenen Handlungs- und
Denkmuster soll Betroffene davor schützen, sich immer
wieder in Konflikte zu verstricken. Die psychische Störung
wird als »Notlösung« der Psyche in Überforderungssituationen verstanden. Je nach Störung steht mal das erlernte Ver-
halten (Verhaltenstherapie), mal das Erkunden der inneren,
uns verborgenen Gefühle und Überzeugungen (tiefenpsychologische Psychotherapie) oder die Familie (Familientherapie)
im Vordergrund der Betrachtung.
Wie Psychotherapie wirkt, ist nach wie vor Gegenstand der
Forschung. Psychotherapie bedient sich in erster Linie des
gesprochenen Wortes im geschützten, vertrauensvollen Gespräch. Kunst-, tanz-, musik- und körpertherapeutische Verfahren erleichtern dabei den Zugang zum emotionalen
Erleben der Betroffenen. Die »psychotherapeutische Grundhaltung« aller Therapierichtungen setzt eine zwischenmenschliche Basis voraus, in der sich der Patient mit seinen
Gefühlen, Gedanken, seinem Erleben und Verhalten angenommen, verstanden und respektiert fühlt. Auf dieser Grundlage macht er neue Erfahrungen, gewinnt neue Einsichten und
lernt neue Verhaltensweisen.
Seit mehr als 25 Jahren bietet das mhh-Zentrum Psychologische Medizin psychotherapeutische Aus-, Fort- und
Weiterbildung an. Im Jahr 2000 wurde das »Institut für Psychotherapeutische Aus- und Weiterbildung (IPAW)« gegründet. Dort werden Psychologen, angehende Psychiater und
Ärzte anderer Fachrichtungen in tiefenpsychologisch orientierter Psychotherapie ausgebildet. Ein Vertiefungsgebiet Verhaltenstherapie ist in Vorbereitung.
Detlef Bartschies
Kontakt:
Dr. Claudia Wilhelm-Gößling
Telefon: (0511) 532-3175
E-Mail: wilhelm-gö[email protected]
Dr. Detlef Bartschies
Telefon: (0511) 532-5168
E-Mail: [email protected]
Professor Dr. Gerhard Schmid-Ott
Telefon: (0511) 532-2633
E-Mail: [email protected]
17
Titel
mhh Info Februar/März 2005
Alkohol, Depressionen & Co
Wer war zuerst da? Über Abhängigkeit, menschliche Psyche und die Wechselwirkungen
Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen haben – abgesehen
vom schweren Leidensdruck der Betroffenen – auch eine
enorme gesundheitspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung. Nach Schätzungen der Deutschen Hauptstelle für
Suchtfragen (DHS) entstehen der Wirtschaft in Deutschland
jährliche Kosten in Höhe von zirka 40 Milliarden Euro, unter
anderem durch Produktionsausfälle, wegen hoher Fehlzeiten
süchtiger Arbeitnehmer oder frühzeitiger Berentungen.
In den psychiatrischen Kliniken ist jeder dritte stationär
aufgenommene Patient ein Suchtkranker. In Allgemein-Krankenhäusern werden zirka 15 bis 20 Prozent der Kranken aufgrund ihrer Alkoholabhängigkeit stationär behandelt. Nach
Schätzungen der DHS sterben 40.000 Menschen pro Jahr an
den Folgen ihrer Alkoholsucht, bei den Rauchern sind es
sogar drei Mal so viele.
Das Wort »Sucht« leitet sich sprachgeschichtlich vom
Begriff »Siech, Siechtum« ab, kennzeichnet also einen Krankheits- oder Leidenszustand. »Sucht« findet sich in der deutschen Sprache in vielen Wörtern wieder, die ein Leiden, Laster
oder Fehlverhalten charakterisieren: Habsucht, Eifersucht,
Geltungssucht. Da der Begriff im medizinischen Zusammenhang zu ungenau ist, wurde er 1964 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch die Bezeichnung Abhängigkeit
ersetzt. Deren zentrales Merkmal ist der so genannte Kontrollverlust, beispielsweise das »Nicht-mehr-aufhören-können«
eines Alkoholikers nach Beginn des Trinkens.
Sucht: Auch Alkohol kann abhängig machen
18
Auf die Frage, wie Abhängigkeit entsteht, gibt es keine allgemeingültige Antwort – die Ursachen sind sehr komplex.
Neben sozialen und psychologischen Erklärungsmodellen
spielen auch neurobiologische Faktoren – Prozesse, die sich
im Gehirn abspielen – eine wichtige Rolle. Aus tierexperimentellen Untersuchungen ist bekannt, dass ein »Belohnungssystem« im Gehirn existiert. Es dient unter anderem der Aufrechterhaltung lebenswichtiger Verhaltensweisen wie Fortpflanzung
oder der Bewertung von Ereignissen. Aber auch Rauschmittel,
Nervenkitzel wie Bungee-Jumping, Fallschirmspringen oder
Glückspiel können das »Belohnungssystem« aktivieren: Es
entsteht ein Glücksgefühl, das im »Normalzustand« nicht
erreicht werden kann.
Häufig leiden Abhängige unter zusätzlichen psychischen
Störungen: Alkoholkranke haben überdurchschnittlich oft depressive- oder Angststörungen. Auch Raucher weisen häufiger
psychische Auffälligkeiten auf als die Allgemeinbevölkerung.
Für dieses komplexe Bedingungsgefüge gibt es unterschiedliche Erklärungsmodelle: Nach dem so genannten Zufallsmodell treten zwei oder mehrere Störungen unabhängig voneinander bei einer Person auf. Entsprechend einer anderen Modellvorstellung kann die Suchterkrankung die Ursache einer
psychischen Störung sein oder auch umgekehrt. Es ist eine
wichtige therapeutische Aufgabe, durch längere Gespräche mit
dem Betroffenen herauszufinden, wie sich die Situation bei ihm
darstellt. Für die Therapie ist es wichtig, ob der Patient beispielsweise mit dem Trinken begonnen hat, weil er depressiv ist,
oder ob die Gemütserkrankung Folge des Alkoholkonsums ist.
In den vergangenen Jahrzehnten gab es erhebliche Fortschritte in der Behandlung von Suchtkranken. Neben differenzierten psychotherapeutischen Verfahren und soziotherapeutischen Maßnahmen werden auch zunehmend Psychopharmaka eingesetzt. Beispielsweise liegt die Abstinenzrate
alkoholkranker Patienten, nach einer qualifizierten Entgiftung und Entwöhnung, bei zirka 50 Prozent. In der Abteilung
Klinische Psychiatrie und Psychotherapie gibt es ein umfangreiches Behandlungsprogramm für suchtkranke Menschen
mit den Schwerpunkten Alkohol, illegale Drogen und Medikamente. Neben ambulanten Beratungen, stationärer Behandlung und verschiedenen Nachsorgegruppen gibt es ein
spezifisches Angebot für Frauen.
Hans Udo Schneider
mhh Info Februar/März 2005
Titel
Ein Teil des Teams: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stationen 37a und 52
Essstörungen, Ängste
und Traumata
Depressionen,
Anpassungsstörungen, Burn-Out
Station 37a versorgt Patienten mit schweren
psychosomatischen und psychischen Störungen
Beschäftigte der Station 52 bieten
Psychotherapie bei seelischen Konflikten an
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Station 37a behandeln Patientinnen und Patienten mit schweren psychosomatischen und psychischen Störungen, so genannte funktionelle Leiden und Traumafolgekrankheiten. Zu den schweren psychosomatischen und psychischen
Störungen gehören Essstörungen wie Magersucht und Bulimie. Funktionelle Leiden sind Körperbeschwerden, bei denen keine organischen
Ursachen vorliegen. Folgen von Traumata sind schwere Ängste,
Depressionen und Persönlichkeitsstörungen.
Auf der Station arbeiten eine Ärztin, ein Psychologe und sieben speziell ausgebildete Krankenpflegekräfte. Den Kern des stationären Behandlungskonzeptes bildet die psychoanalytisch orientierte Gruppenpsychotherapie, die dreimal pro Woche zwei Stunden lang obligatorisch
stattfindet. Die erlebnis- und körperorientierten Gruppenangebote wie
Gestaltungstherapie, Tanz und Bewegung, Körperwahrnehmungs- und
Entspannungstraining bilden mit insgesamt zehn Behandlungsstunden pro Woche den zweiten Schwerpunkt des Therapie-Angebotes.
Eine dritte Säule ist die Verhaltenstherapie: Vor Beginn des stationären Aufenthaltes vereinbaren Therapeut und Patient konkrete Ziele,
beispielsweise den Abbau einer bestimmten Angst. Bei der Durchführung des Angstbewältigungstrainings wird der Betroffene durch
zusätzliche Einzeltherapiegespräche unterstützt. Im Durchschnitt verweilen Patientinnen und Patienten zwei Monate auf der Station 37a.
Vor einer stationären Aufnahme sind eine Überweisung und eine
ambulante Voruntersuchung in der psychosomatischen Poliklinik der
mhh erforderlich. Anmeldung unter Telefon: (0511) 532-6569.
Eine stationäre Psychotherapie ist bei seelischen Schwierigkeiten dann
sinnvoll, wenn eine ambulante Behandlung nicht ausreicht oder durch
Belastungen im alltäglichen Umfeld erschwert wird.
Auf der Station 52, die zur Abteilung Klinische Psychiatrie und Psychotherapie gehört, arbeiten: ein Oberarzt, eine Stationsärztin, zwei
Psychologinnen, eine Sozialarbeiterin, eine Krankengymnastin, fünf
therapeutische Pflegekräfte sowie eine Ergotherapeutin. Sie alle bieten ihren Patientinnen und Patienten eine integrative Psychotherapie
mit Gruppenschwerpunkt an. Menschen mit psychischen Problemen
haben dort die Möglichkeit, die Ursachen und Folgen psychischer
Symptome genauer zu betrachten, gemeinsam mit den Therapeutinnen und Therapeuten mögliche Lösungsansätze zu entwickeln und
neue Wege im Denken und Handeln auszuprobieren. Dabei ist auch die
Erfahrung in der Gruppe wichtig, deren Mitglieder sich gegenseitig
unterstützen und neue Perspektiven ermöglichen. Zudem arbeiten die
Patienten auf ihr persönliches, mit den Therapeuten vereinbartes Therapieziel hin.
Das Angebot richtet sich insbesondere an Menschen mit Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen, in Lebenskrisen sowie mit
beruflichen oder Beziehungskonflikten, Burn-Out-Syndromen und so
genannten Persönlichkeitsstörungen. Nicht behandelt werden können
akut Selbstmordgefährdete sowie Patienten mit Essstörungen oder
Drogen- und Medikamentenabhängige.
Das Therapiekonzept vereint tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Elemente und gewährleistet so ein Eingehen auf individuelle Bedürfnisse. Einzelgespräche, Ergotherapie, Entspannungsverfahren, Physiotherapie und Sportprogramm sind Bestandteile der
Behandlung.
Interessierte können ohne Voranmeldung jeden Mittwoch um 16 Uhr
eine Vorbereitungsgruppe auf der Station besuchen. Es handelt sich
hierbei um eine Informationsveranstaltung, in der den möglichen künftigen Patienten die Therapiekonzepte dargestellt werden und in der sie
sich kurz vorstellen.
Thomas Huber
Kontakt: ?????????
Kontakt:
PD Dr. Huber, Telefon: (0511) 532-2404
19
Der Schock steckt im Körper
Die EMDR-Methode: Dr. Sack
bewegt seine Hand vor dem Gesicht
der Patientin hin und her, sie folgt
ihr mit den Augen und erzählt dabei
ihr traumatisches Erlebnis
In die Traumasprechstunde der Abteilung Psychosomatik
und Psychotherapie kommen rund 300 Menschen pro Jahr
(bb) Angst, Hilflosigkeit, Ohnmachtsgefühle, Verstörung –
das alles kann ein traumatisches Erlebnis verursachen. Mehr
noch, es löst häufig auch psychische und psychosomatische
Erkrankungen aus: »In unserer Abteilung Psychosomatik
und Psychotherapie berichten mehr als zwei Drittel der Patientinnen und Patienten über mindestens eine traumatische
Erfahrung. Von ihnen hat ein Drittel sexuelle Gewalt erfahren«, erklärt Dr. Martin Sack. Deswegen hat der Psychotherapeut mit seiner Kollegin Elke Baumann und seinem Kollegen Dr. Wolfgang Lempa eine spezielle Traumasprechstunde
eingerichtet. Sie informieren Betroffene, die in der Regel vom
Hausarzt oder psychiatrisch bzw. psychotherapeutisch tätigen Kolleginnen und Kollegen überwiesen werden, über
Behandlungsmöglichkeiten, stellen Weichen für die weitere
ambulante oder stationäre Therapie. »Dies ist wichtig, da
Menschen mit sehr schweren oder langdauernden Traumatisierungen in der Kindheit eine andere Behandlung benötigen,
als Menschen, die im Erwachsensenalter ein einmaliges Trauma erlebt haben«, sagt Dr. Sack.
Die moderne Traumatherapie geht davon aus, dass bei
einem traumatischen Erlebnis zu viele Informationen auf den
Menschen einprasseln, so dass er sie nicht verarbeiten kann.
»Doch diese Informationsstörung kann aufgehoben werden,
sagt Dr. Sack. Beispielsweise mit Hilfe des Traumabearbeitungsverfahrens Eye Movement Desensitization and Reprocessing, kurz EMDR.« Der Abteilungsleiter Professor Dr.
Friedhelm Lamprecht hat es 1996 eingeführt. Bei dieser
Methode bewegt die Ärztin oder der Arzt seine Hand vor dem
Gesicht des Kranken hin und her, der Patient folgt mit den
Augen und erinnert sich dabei an sein Erlebnis. »Die Augenbewegung führt zu einer körperlichen Entspannung, so dass
man sich leichter mit seinen belastenden Erinnerungen konfrontieren und diese durcharbeiten kann«, erläutert Dr. Sack.
Oft werde das Erlebte dabei viel detailgenauer wiedergegeben
als in normalen Erzählungen. Das Verfahren könne auch
20
Jahrzehnte nach dem Trauma noch wirken. Das Wichtigste
in der therapeutischen Arbeit sei jedoch, zuvor die Ressourcen der Patienten zu stärken, damit sie psychisch ausreichend
stabil sind: »Der Patient muss zunächst lernen, gute Gefühle
wachzurufen und zu festigen, damit er den Alltag bewältigen
und mit seinen Problemen wie Ängsten oder sich aufdrängenden Traumaerinnerungen umgehen kann«, sagt Dr. Sack.
Das könne manchmal viel therapeutische Arbeit in Anspruch
nehmen. »Ohne ausreichende Stabilisierung besteht die Gefahr, dass die Traumaexposition überfordert und die Ängste
verschlimmert«, führt er aus.
Hartmut Berg*, der vor ein paar Wochen in die Traumasprechstunde kam, war von Anfang an psychisch stabil genug
für diese Therapie. Er wurde acht Wochen zuvor von einem
Unbekannten überfallen und mit einem Messer in den
Rücken gestochen. Seitdem quälten ihn schwere Schlafstörungen und Alpträume – der Schock steckte in seinem Körper. Die Erinnerungen drängten sich ungewollt immer wieder
auf, beim Anblick eines Messers zitterte er und brach in
Schweiß aus. Dr. Sack wendete drei Mal im Abstand von je
einer Woche die EMDR-Methode bei ihm an. Schon beim
ersten Erzählen verdrängte Hartmut Berg keine Einzelheit des
Erlebten mehr. Er schlief besser und konnte Messer sogar
anfassen. Bei der zweiten Sitzung nahm die Belastung weiter
ab. »Nach der dritten Stunde war das Ziel erreicht«, erinnert
sich Dr. Sack. Ihm waren alle Informationen bewusst geworden und er konnte seine Geschichte erzählen, ohne dass sie
ihn emotional überschwemmte. Die auf die Überfallerinnerung bezogenen Ängste waren völlig verschwunden.
* Name von der Redaktion geändert
mhh Info Februar/März 2005
Titel
»Wir sind Menschen mit Gesichtern«
Ulrich Weinert kam jahrelang zur Behandlung seiner Schizophrenie in die mhh – ein Erfahrungsbericht
»Psychisch krank – ich persönlich habe diesen Zustand lange
Zeit als emotionale Gefangenschaft erlebt. Meine psychiatrische Diagnose lautet Schizophrenie. Es ist eine Gespaltenheit
der Persönlichkeit, die meiner Meinung nach in meiner Erziehung begründet ist. Meine Persönlichkeit ist in meinem
Elternhaus zu kurz gekommen. Es ging nur darum, dass ich
Besucht die MHH täglich:
Ulrich Weiner
funktioniere. Der Weg zum Besseren hatte kurz nach dem
Abitur begonnen. Meine Eltern hatten mich bis dahin auf ihre
Linie gezwungen, mir eingeschärft, was für mich wichtig sein
sollte. Vor der Behandlung in der mhh fühlte ich mich nie als
Person richtig anerkannt – es war, als lebte ich in einer
falschen Welt.
Bei der Bundeswehr fiel ich 1976 auf, weil ich dort eine
einmalige Essstörung hatte. Nach einer Untersuchung beim
Nervenarzt wurde ich jedoch vom Militärdienst befreit. 1977
folgte mein erster Psychiatrieaufenthalt in Langenhagen. Mit
22 Jahren kam ich dann 1978 zum ersten Mal in die der Psychiatrie der mhh. Dort verbrachte ich vier Monate tagsüber
auf der Station 51b: Das ist eine tagesklinische Station, auf
der man von morgens bis nachmittags behandelt wird und
danach wieder in die eigene Wohnung zurück fährt. Mit der
Unterstützung des Teams begann sich mein Leben zu ändern:
Hier lernte ich, mit Hilfe von Gruppengesprächen und Einzeltherapie, meine Persönlichkeit zu stärken und meine Probleme – auch mit Hilfe von Psychopharmaka – im Großen
und Ganzen zu meistern. Ich durchlebte insgesamt dreizehn
Klinikaufenthalte in der mhh, manche davon waren teilweise
stationär – sowohl in der Sozialpsychiatrie als auch in der
Klinischen Psychiatrie.
Zu meinem Krankheitsbild gehört, dass ich Stimmen höre.
Für mich sind es Zeichen aus einer Welt, die ich beachten
muss. Manchmal kann ich diese Stimmen auch bestimmten
Menschen zuordnen, die mich umgeben. Dann ist es, als
würde ich ,Gedanken lesen‘ – dabei sprechen die Menschen
in Wirklichkeit nicht mit mir, ich höre jedoch ihre Botschaften. Die Stimmen hören sich an wie geflüstert. Aber ich kann
damit gut umgehen, für mich gehören sie zu meinem Leben
dazu. Die Psychopharmaka, die ich täglich einnehme, vertrage ich gut. Für mich sind sie fast nebenwirkungsfrei. Ich weiß,
dass viele andere Patienten sie mit sehr gemischten Gefühlen
einnehmen, aber für mich sind es ,Gesundheitsmittel‘ geworden. Sie helfen mir, zusammen mit den Therapiegesprächen,
meine Aufgabe für die Gesellschaft zu leisten: Dazu gehört
meine Arbeit im Niels-Stensen-Haus, einer Werkstatt für
behinderte Menschen der Caritas. Ich bin dort seit sechs
Jahren Pförtner und Telefonist.
Nach Feierabend komme ich jeden Tag in die mhh, hier
besuche ich den Andachtsraum, bete meinen Rosenkranz im
Flur der Psychiatrie zwischen den Stationen und der Poliklinik, trinke einen Kirschsaft. Hier kommt meine Welt für mich
in Ordnung, hier fühle ich mich wohl. Oft komme ich auch
mit anderen Menschen ins Gespräch, etwa in der Straßenbahn, auch in der mhh. Wenn ich ihnen von meiner
Krankheit erzähle, passiert es nur ganz selten, dass sie mich
spontan ablehnen. Bislang ist das erst zwei Mal geschehen.
Dank solcher Gespräche bekommen psychisch Kranke für
Gesunde ein Gesicht. Die so genannten Normalen bleiben
nicht an ihren Vorurteilen hängen, sondern können sich ihr
eigenes Bild machen. Psychiatrie-Patienten sind wie alle Menschen auf die Anerkennung der Gesellschaft angewiesen, sie
benötigen sie zur Bewältigung ihrer Krankheit sogar noch
mehr als gesunde Menschen. Psychiatrie-Patienten benötigen
zur Bewältigung ihrer Lebenssituation die Anerkennung ihrer
Person umfassender als gesunde Menschen. Sie brauchen die
Stärkung ihrer Selbstachtung besonders. Ich wünsche mir für
die Zukunft, dass ich das Leben noch mehr genießen kann.
Wer will nicht gerne in Frieden leben, in seiner Freizeit angenehme Kontakte haben? Man müsste nur den Mut haben, in
das gesunde Leben einzutreten, dann wäre alles einfacher.«
Aufgeschrieben von Kristina Weidelhofer
in Zusammenarbeit mit Ulrich Weinert
21
Titel
mhh Info Februar/März 2005
Perspektiven für psychisch Kranke
Die mhh war Wegbereiterin für die Reform der Psychiatrie
Verfolgt man die Geschichte seelischen Leidens und blickt
dabei zurück ins vergangene Jahrhundert, so wird rasch
deutlich, dass dessen soziale und psychologische Dimension
speziell in der Psychiatrie zu lange vernachlässigt wurde:
Bis ins 20. Jahrhundert waren psychisch Kranke weitgehend
sozial ausgegrenzt – als »Verrückte« abgestempelt, in so
genannte Irrenhäuser abgeschoben, oft ohne Hoffnung auf
Freiheit und menschliche Behandlung. Diese unselige Entwicklung in der Medizin und in der Gesellschaft fand ihren
katastrophalen Tiefpunkt mit der Vernichtung »unwerten
Lebens« im Dritten Reich.
Im Jahr 1975 legte der Deutsche Bundestag die so genannte
Psychiatrie-Enquête vor: Eine internationale Expertenkommission nahm darin die Verhältnisse der psychiatrischen Versorgung kritisch in Augenschein. Desolate, ja unwürdige und
unmenschliche Verhältnisse – vor allem auch in den psychiatrischen Anstalten – wurden aufgedeckt, auch in Deutschland. Von der Bundesregierung wurde daraufhin 1978 beschlossen, neue Formen einer menschenwürdigen Versorgung
psychisch Kranker zu entwickeln und zu erproben. Ein Ziel
sollte sein, diese Menschen in die Gesellschaft zurückzuholen, sie zu integrieren.
Die Psychiatrie der mhh nahm damals, in der Gründungszeit der Sozialen Psychiatrie, eine wegbereitende Funktion
ein. Die beiden psychiatrischen Abteilungen der Hochschule
hatten bereits vor der Verabschiedung der Psychiatrie-Enquête
die Versorgungsverpflichtung für die hannoverschen Stadtteile Kirchrode, Misburg, Kleefeld, Zooviertel, List und
Lahe übernommen. In kleinen überschaubaren Einheiten in
der stationären, der tagesklinischen und der ambulanten offenen Krankenversorgung sollte die angemessene Wahrnehmung der Patienten, die Entwicklung einer therapeutischen
Beziehung und Gemeinschaft und der Umgang mit dem sozialen Umfeld ermöglicht werden. Dies aus der Überzeugung,
dass nur so durch das ganze Spektrum seelischen Leidens und
22
Krankseins erkennbar und behandelbar werden kann. Diese
leitende Idee beseelte die Gründer der Medizinischen Hochschule Hannover und mit ihnen die Begründer der hiesigen
Psychiatrie, Karl Peter Kisker und Erich Wulff.
Die Stadt und der Landkreis Hannover entschlossen sich
in den frühen 70er Jahren ebenfalls zur Gründung einer
Sozialen Psychiatrie. Die psychiatrischen Krankenhäuser in
Langenhagen, Ilten und Wunstorf beteiligten sich an diesem
Reformprozess – sowohl in ihrem Inneren als auch in ihrer
Kooperation mit den neuen psychosozialen Diensten. Komplementäre Einrichtungen im Bereich der sozialen Fürsorge,
des Wohnens und der Arbeitsrehabilitation wurden im Rahmen dieses Reformprozesses ebenfalls eingerichtet. So wurde
Hannover zur Modell-Region im Rahmen des Reformprogramms der Bundesregierung nach der Psychiatrie-Enquête.
In all diesen Jahren entwickelte sich ein kreativer wissenschaftlicher Austausch mit verschiedenen Reforminitiativen
in anderen Ländern, innerhalb und außerhalb Europas, der
sich bis heute als fruchtbar erweist.
Die hiesige Soziale Psychiatrie ist heute unter gewandelten
Zeitbedingungen in verschiedenster Weise innovativ: zum
Beispiel bei der Verwirklichung offener beziehungsorientierter ambulanter und stationärer Behandlungsformen, bei
integrierten Versorgungskonzepten mit personenzentriertem
Zuschnitt und in der Umsetzung selbstbestimmter sozialer
Teilhabe für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen auch im hohen Alter. Zudem bemühen wir uns seit
langem um die interkulturelle Wahrnehmung der Patienten
und ihres sozialen Umfeldes.
Wielant Machleidt und Johann Pfefferer-Wolf
Bunt: Die Therme hat der Patient angemalt
Die Kluft zwischen Wille und Tat
In akuten psychischen Krisen entscheiden Mediziner und Juristen, ob eine klinische Behandlung nötig ist
(bb) Vor der Tür des fünfstöckigen Hauses tritt Dr. Stefan
Bartusch mit hochgezogenen Schultern von einem Fuß auf
den anderen, es schneit. Der Oberarzt der Sozialpsychiatrischen Poliklinik der mhh wartet auf die Vormundschaftsrichterin Elke Hindrichs*. Sie entscheiden heute, ob Klaus
Lesser* stationär aufgenommen werden muss. Er hat manisch-depressive Tendenzen, ist zwischen den Krankheitsphasen aber ganz normal. Seit kurzem ist er wieder ganz
anders, nun schläft und isst er wenig, trifft wahllos Bekannte,
konsumiert Drogen und malt großflächige Bilder. Als sein
Bruder dies bemerkte, schaltete er die Poliklinik und das Vormundschaftsgericht ein.
Deswegen kommt auch die Richterin. Sie geht gemeinsam
mit Dr. Bartusch in den dritten Stock und klopft an seine
Tür – Klaus Lesser weiß von dem Besuch, sie haben sich
schriftlich angekündigt. Die Wohnung ist aufgeräumt und
warm, Stühle stehen bereit, Klaus Lessers Bruder ist bei ihm.
Der Fernseher läuft, die Programmzeitung ist aufgeschlagen,
alles ist ganz normal – bis auf die Farben: Bunte Pinselstriche
zieren Tischdecke, Herd und Kühlschrank.
Es begann im Sommer vor acht Jahren, nachdem er viele
Jahre in einer Gärtnerei gearbeitet hat. Plötzlich ging der
zuverlässige, pflichtbewusste Mann nicht mehr gärtnern. Er
vernachlässigte seinen Körper, genoss das Leben ohne Maßen,
rauchte und trank. Solange, bis er depressiv wurde und in
stationäre Behandlung musste. Als sich sein Zustand wieder
gebessert hatte, konnte er wieder arbeiten. Doch bald wiederholte sich alles, insgesamt dreimal – bis er seine Arbeit verlor.
Zwischen den Krankheitsphasen war er gesund und half in
der Familie: Er pflegte seine Mutter bis zu ihrem Tod. Seit
einigen Wochen muss Klaus Lesser nun wieder ambulant
psychiatrischen beraten und behandelt werden, doch er hielt
die Termine nicht ein. Deshalb sind Elke Hindrichs und
Dr. Bartusch bei ihm. Sie setzen sich und reden mit ihm
über Schulden und Termine, über Medikamente, die seine
Stimmungen regulieren. Klaus Lesser schaut angespannt.
Er trägt Badelatschen, Tennissocken und Jeans. Seine Arme
hängen herunter zwischen den Beinen – ein kleiner Mann mit
rundem Bauch. »Mir geht es gut«, sagt er. Aber er möchte
niemandem Kummer machen, schon gar nicht seinem Vater
oder Bruder. »Arbeitsamt? Jaja, da muss ich schon hin. Ich
habe es vergessen«, gibt er schuldbewusst zu. Er möchte
Künstler sein, Dinge aus seinem Keller anmalen und eine
Ich-AG gründen, die Sachen verkaufen.
»Ich fürchte, das wird leider nur ein kurzes Feuer – so
etwas wie eine Theateraufführung«, sagt Dr. Bartusch. Er
weiß, dass bei seinem Patienten bald eine Depression folgen
kann und befürwortet eine rechtliche Betreuung. »Eine Betreuung ist der erste Schritt, eine Art Hilfe zur Selbsthilfe«,
erklärt die Richterin. Der zweite Schritt wäre dann der
Klinikaufenthalt. Sie entscheidet sich für Dr. Bartuschs Vorschlag: Eine gesetzlich eingesetzte Betreuerin soll für ein
halbes Jahr ihre professionelle Hilfe anbieten: Die Finanzen
von Klaus Lesser regeln, sich darum kümmern, dass er Medikamente nimmt und sich beim Arbeitsamt meldet. »Sie sind
der Arzt und Sie sind die Richterin – ich sträube mich gegen
die Entscheidung nicht«, sagt Klaus Lesser. Den Termin am
kommenden Tag bei Dr. Bartusch verspricht er auch einzuhalten.
»Ich kenne Herrn Lesser seit fast zehn Jahren, ich glaube
zu 80 Prozent, dass er kommt. Er will es auf jeden Fall, es ist
nur die Frage, ob er die Kluft zwischen Wille und Tat überwindet«, sagt Dr. Bartusch, als er wieder draußen vor der Tür
steht. Die Antwort steht am nächsten Tag vor seiner Tür:
Klaus Lesser ist pünktlich.
* Name geändert
23
mhh Info Februar/März 2005
Hinterm Tresen: Helga Erhardt verkauft immer
mittwochs und freitags für jeweils drei Stunden
im »Lädchen« (links) An der Bandsäge: Die
Ergotherapeutin Christiane Neuperger und der
Werkzeugmacher Werner Berwitz. Zum Team
gehört noch Karen Kretzschmar (oben)
Das »Lädchen« in der Ladenpassage
Ein Schaufenster zur Psychiatrie
(mc) Im »Lädchen« der Ladenpassage gibt es Dinge, die den
Alltag verschönern: Windmühlen für den Garten oder watschelnde Pinguine aus Holz. Diese Werke stammen nicht aus
industrieller Massenproduktion, sondern aus der mhh: Es
sind wertvolle Materialien, denen kreative Menschen ein liebevolles Design gegeben haben. Alle Dinge tragen das Kürzel
ET/AT – es steht für Ergotherapie und Arbeitstherapie. Denn
das »Lädchen« bezieht seine Produkte aus einer Werkstatt der
mhh-Psychiatrie, einem Ort, an dem sich Kunst, produktive
Arbeit und soziale Therapie verbinden. Das »Lädchen« ist
das Aushängeschild der Werkstätte und die Menschen, die
dort arbeiten, möchten damit Kontakte pflegen. Für den
Austausch zwischen Psychiatrie-Patientinnen und -Patienten,
Gästen, Beschäftigten und Kranken von anderen Stationen
sorgt auch die Cafeteria der mhh-Psychiatrie. Sie befindet
sich im Sockelgeschoss, in der Nähe des Ausganges zur
Mensa, und hat wochentags von 12 bis 13.30 Uhr geöffnet.
Dort finden jeden Donnerstag um 19 Uhr auch Tanzabende
statt. Darüber hinaus hat jeder die Möglichkeit, an den
vierteljährig stattfindenden Konzerten im großen Gemeinschaftsraum neben der Cafeteria teilzunehmen oder das
Weihnachts- und Sommerfest der Psychiatrie zu genießen.
Sozialpsychiatrische Poliklinik
Die Sozialpsychiatrische Poliklinik der mhh behandelt Menschen mit
psychischen Störungen oder in psychosozialen Krisen in ihrem Lebensraum. Dabei unterstützt das aus mehreren Berufsgruppen bestehende
Therapeutenteam psychisch erkrankte Menschen bei ihrer sozialen
Integration. Mit dieser Arbeit können viele Krankenhausbehandlungen
vermieden werden. Zu den ergänzenden Hilfestellungen gehören
ambulant betreutes Wohnen, therapeutische Wohnheime, Werkstätten
für seelisch behinderte Menschen sowie Selbsthilfe- und Angehörigengruppen.
Die Sozialpsychiatrische Poliklinik der mhh in der Walderseestraße gibt
es seit mehr als dreißig Jahren. Sie ist zuständig für Menschen mit
Wohnsitz in der List, im Zooviertel, in Klein-Buchholz sowie in Teilen von
Groß-Buchholz. Für Menschen mit schweren psychischen Störungen
bietet sie eine umfassende psychiatrisch-psychotherapeutische Be-
24
handlung an. Das Therapeutenteam berät darüber hinaus Menschen in
akuten Krisen und macht bei Bedarf Hausbesuche. Weiterhin bestehen
mehrere gruppentherapeutische Angebote; unter anderem die tägliche
Arbeitstherapie. Die Poliklinik übernimmt auch gesundheitsamtliche
Aufgaben für die Region Hannover. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen unter anderem, ob psychisch auffällig gewordene Personen
im Notfall zur Krankenhausbehandlung eingewiesen werden müssen.
Stefan Bartusch und Bernd Brüggemann
Kontakt:
Ina Mogilewska
Telefon: (0511) 962-900
E-Mail: [email protected]
mhh Info Februar/März 2005
Titel
Ansprache im Alltag
mhh-Sozialarbeiterin Anke Pagendarm unterstützt psychisch Kranke dabei, selbständig zurechtzukommen
(ina) Es ist früher Nachmittag, als Anke Pagendarm, Sozialarbeiterin der Sozialpsychiatrischen Poliklinik in der Walderseestraße, an der Tür von Hannelore Jensch* klingelt. Die
65-Jährige wartet bereits – der heiße Tee steht dampfend in
der Kanne auf dem Wohnzimmertisch, daneben eine Dose
mit Keksen.
Seit sieben Jahren kennt Anke Pagendarm die psychisch
kranke Frau schon: Hannelore Jensch hat seit 1978 psychotische Schübe: manische Phasen, in denen sie teilweise auch
unter Wahnvorstellungen leidet. Sie hat schon reichlich Psychiatrie-Erfahrungen hinter sich. Doch momentan ist alles in
Ordnung. Ihre Wohnung ist aufgeräumt, Hannelore Jensch
macht einen ausgeglichenen Eindruck. Sie plaudert über ihre
Enkelkinder, ihre Tochter, ihren Sohn. Die Familie steht im
Mittelpunkt ihrer Erzählungen. »Keine kritischen Anzeichen«,
sagt später Anke Pagendarm. Eine nahende Psychose erkennt
die Mitarbeiterin schnell: »Wenn sie in ihren Gedanken hin
und her springt, wenn ihre verstorbene Mutter plötzlich wieder an Bedeutung gewinnt und die Wohnung unordentlich
wird.« Außerdem verhält sich Frau Jensch in solchen Phasen
angespannt und gereizt: »Sie selbst bemerkt dies aber nicht
an sich.«
Ein solcher Besuch ist eher die Ausnahme. In der Regel
kommt Hannelore Jensch einmal pro Monat zu Anke Pagendarm in die Walderseestraße. Dann sprechen sie über alles,
was die Patientin gerade bewegt: ob sie mit ihren Medikamenten gut zurechtkommt, wie sie ihren Alltag bewältigt.
Die Beschäftigten der Sozialpsychiatrischen Poliklinik arbeiten im so genannten Tandem-Prinzip: »Je ein eine Ärztin
oder ein Arzt und ein weiteres Teammitglied sind für jeden
einzelnen Patienten zuständig«, erklärt Anke Pagendarm. Im
Team arbeiten Ärzte, Pflegekräfte, Sozialpädagogen und
Ergotherapeuten zusammen. Die Tandemtherapeuten versorgen ihre Patienten umfassend – vorbeugend, nachsorgend
und in Notfallsituationen. Im Fall von Hannelore Jensch
kooperieren sie eng mit dem »Gemeinnützigen Verein zur
Förderung sozialer Beziehungen«. Er wurde 1991 von Waltrud Knittel gegründet, die bis zum Jahr 2000 als Sozialarbeiterin in der Sozialpsychiatrischen Poliklinik gearbeitet hat.
Vier Mal pro Woche kann Hannelore Jensch am gemeinsamen Frühstück des Vereins teilnehmen. Im Anschluss daran
stehen Ausflüge, Werkangebote oder Spiele-Runden auf dem
Programm. Außerdem finden Einzelstunden statt.
Hannelore Jensch ist erleichtert, dass sie Dank der ambulanten Hilfen seit langer Zeit nicht mehr in die Klinik musste.
»Mein letzter stationärer Aufenthalt ist schon drei Jahre her«,
sagt sie: »Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe.«
Nach einer halben Stunde kann Anke Pagendarm beruhigt
die Wohnung ihrer Patientin verlassen. »Bis zum nächsten
Mal in der Walderseestraße.«
* Name von der Redaktion geändert
ten diese nun nach einigen Wochen oder Monaten verlassen: Die M
25
Herunterladen