Praxiswissen Pkw-Klimaanlagen 1 1. Aufgaben der Klimaanlage In erster Linie kommt der Klimaanlage die Aufgabe zu, die Temperatur im Fahrzeuginnenraum bei entsprechend hohen Außentemperaturen auf ein für die Insassen komfortables Niveau abzusenken. Mit dem Abkühlungsprozess sinkt physikalisch bedingt allerdings nicht nur die Temperatur der Luft, sondern auch der darin enthaltene Feuchtigkeitsanteil. Dieser Nebeneffekt trägt insbesondere bei Wetterlagen mit hoher Luftfeuchtigkeit (zum Beispiel Schwüle) dazu bei, dass sich nicht nur ein kühles, sondern auch ein ,trockenes’ und damit wohlbefindliches Innenraumklima einstellt. Darüber hinaus verhindert das Entfeuchten der Luft ein Beschlagen der Scheiben. Mit dem Klimatisieren des Fahrgastraums erhöht sich auch die aktive Sicherheit. Behält der Fahrer schließlich aufgrund angenehmer Umgebungstemperaturen im wahrsten Sinne des Wortes ei- 1.0 Nicht mehr wegzudenken: Moderne Klimaanlagen gewährleisten ein angenehmes Innenraumklima und tragen zur Verkehrsicherheit bei. Bild: Valeo © Krafthand Verlag 15 1 Aufgaben der Klimaanlage Kühlmodul Lithium-Ionen-Zellen Batteriemanagementsystem Kältemittelanschluss Hochvoltanschluss Zellspannungsüberwachung nen ‚kühlen Kopf’, bleibt seine Konzentrationsfähigkeit länger erhalten. Wobei aus gesundheitlichen Gründen (Erkältungsgefahr) darauf geachtet werden sollte, dass die Temperatur in der Fahrgastzelle maximal 6 °C unter der Außentemperatur liegt. 1.1 Kühlungsbedürftig: Die im Bild zu sehende Hochvoltbatterie des Mercedes-Benz S 400 Hybrid ist in den Kältemittelkreislauf integriert. Bild: Mercedes-Benz 1.1 Zusatzaufgaben einer Klimaanlage in Hybrid- und Elektrofahrzeugen Für die Funktionsfähigkeit von Hybridund Elektrofahrzeugen spielt das Thermomanagement und damit die Klimaanlage eine maßgebliche Rolle. Bei vielen dieser Fahrzeuge muss die Hochvoltbatterie während bestimmter Betriebsbedingungen gekühlt werden. Eine Aufgabe, die direkt oder indirekt von der Klimaanlage (mit)erfüllt wird. Auf welche Art und Weise dies erfolgt, findet sich im Abschnitt 4.7. 16 © Krafthand Verlag Praxiswissen Pkw-Klimaanlagen 2 2. Physikalische Grundlagen zur Kühltechnik Beispiele aus dem Alltag: Dieses Kapitel beschreibt die physikali1. Schmelzen von Eis: Nimmt man ein Stück schen Vorgänge, die beim Kühlen und AbEis in die Hand, geht das ‚gefrorene Waskühlen von Umgebungsluft beziehungsser’ aufgrund des Temperaturunterschieds weise flüssigen oder gasförmigen Medien in den flüssigen Aggregatzustand über. im Allgemeinen ablaufen. Diese theoretiDurch den Schmelzschen Grundlagen vorgang wird der sind notwendig, um Physikalisch gesehen basiert das Hand Wärme entzodas FunktionsprinKühlen beziehungsweise Abgen, was zur Abkühzip und die Abläufe kühlen von Stoffen auf dem lung führt. in einer Klimaan2. Verdunstung Entziehen und Abtransporlage zu verstehen. von Flüssigkeit: Vertieren von Wärme. ResultieZudem kann der dunstet auf der Kfz-Profi mit dierend daraus gilt: Wärme fließt sem HintergrundHaut befindliche immer vom wärmeren zum kältewissen Problemen Flüssigkeit, entzieht ren Stoff. sie durch Übergang beim Klimaservice, bei Reparaturarbeiten und vor allem bei der mitunter komplexen Fehlersuche vorbeugen. Denn letztendlich gilt: Ohne grundlegende Kenntnisse zum Aufbau und zur Funktionsweise eines Gesamtsystems, wird die Fehlersuche meistens zur reinen Glückssache. ! 2.1 Physikalische Gesetzmäßigkeiten Erreicht wird das Entziehen von Wärme unter anderem, indem Flüssigkeiten beziehungsweise Gase ihren Aggregatzustand von fest in flüssig und von flüssig in gasförmig ändern. © Krafthand Verlag 2.0 Gesetzmäßigkeit zur Kühlung: Ändert ein Stoff seinen Aggregatzustand von fest zu flüssig – im Bild das Schmelzen von Eis in der Hand – und von flüssig zu gasförmig, entzieht er der Umgebung Wärme. 19 2 Physikalische Grundlagen zur Kühltechnik in den gasförmigen Zustand dem Körper Wärme. Ein Effekt über den der menschliche Organismus bei hohen Außentemperaturen und/oder Anstrengungen seine Körpertemperatur regelt. Schließlich wird über die Bildung von Schweiß und dessen Verdunstung Wärme abtransportiert. schnell (Sieden) vonstatten geht hängt von der Höhe der Temperatur ab. Verdampft eine Flüssigkeit, entzieht sie bei diesem Vorgang der Umgebung Wärme. Siedepunkt Der Siedepunkt ist die Temperatur, bei der ein Stoff (zum Beispiel Wasser oder ein entsprechendes Kältemittel in der Klimaanlage) verdampft. Bei welcher Temperatur dies erfolgt, ist vom jeweils herrschenden Druck abhängig. Je höher der Druck, desto höher der Siedepunkt und umgekehrt. Beispielsweise beträgt die Siedetemperatur von Wasser auf Meereshöhe (1,013 bar) 100 °C. Herrscht nur noch ein Druck von 0,023 bar, verdampft Wasser schon bei 20 °C. Senkt man den Druck auf 0,015 bar, liegt der Siedepunkt bei exakt 12,7 °C. Wie im Kapitel 7.5.2 ‚Absaugen, Evakuieren’ gezeigt wird, spielt diese 2.2 Wichtige Begriffe zur Funktion der Klimaanlage Nachfolgend werden einige grundlegende Begriffe, die zum Verständnis des Wirkprinzips einer Klimaanlage beitragen, erklärt. Verdampfen Als Verdampfen wird das Übergehen einer Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand durch Erwärmen bezeichnet. Ob dieser Prozess langsam (Verdunsten) oder P bar 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,1 flüssig dampfförmig 0 20 2.1 Im Kontext: Anhand der Dampfdruckkurve von Wasser lässt sich nachvollziehen, in welchem Zusammenhang Siedepunkt und Umgebungsdruck stehen. Grafik: Krafthand 10 20 30 40 50 60 70 80 90 t °C © Krafthand Verlag Praxiswissen Pkw-Klimaanlagen 2 Gesetzmäßigkeit beim Entziehen von Feuchtigkeit aus der Klimaanlage eine zentrale Rolle. Abkühlung durch Entspannung/ Ausdehnung (Expansion) von Gasen Entspannt sich ein unter Druck stehendes Gas (zum Beispiel Luft oder das Kältemittel) schlagartig (Volumenänderung), sinkt zum einen der Siedepunkt. Zum anderen kühlt sich das entsprechende Medium durch das abrupte Ausdehnen ab. Beispielsweise dürfte jeder Kfz-Profi beim Luftablassen aus einem Rad schon festgestellt haben, dass sich die dabei ausströmende Luft kühler anfühlt als die Außentemperatur. Unter Umständen (entsprechende Außentemperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit vorausgesetzt) lässt sich dabei sogar eine minimale Eisbildung am Ventil beobachten. © Krafthand Verlag Bei der Klimaanlage führt das schlagartige Expandieren des Kältemittels zu dessen Abkühlung und zu einem niedrigeren Siedepunkt. Diese beiden Gegebenheiten sind die Voraussetzung, dass es in den gasförmigen Zustand übergehen und der Umgebung Wärme entziehen kann. Kondensieren Das Wechseln von Gasen in den flüssigen Aggregatzustand durch Abkühlung wird als Kondensation bezeichnet. Bei der Klimaanlage wird dieser Effekt genutzt, um verdichtetes und stark aufgeheiztes, gasförmiges Kältemittel zu verflüssigen. 21