Polynome und Polynomgleichungen Gymnasium Immensee Vertiefungskurs Mathematik Bettina Bieri 24. Juli 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Polynomgleichungen 1.1 Polynomfunktionen . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Polynomgleichungen . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Anzahl Nullstellen eines Polynoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Lösungsmethoden für spezielle Polynomgleichungen 2.1 Lösungsverfahren mit Polynomdivision . . . . . . . . 2.1.1 Faktorisierung von Polynomen . . . . . . . . . 2.1.2 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Lösungsverfahren mit Polynomdivision . . . . 2.1.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 1 1 2 2 2 . . . . . . 3 4 4 5 6 6 8 Kapitel 1 Polynomgleichungen 1.1 Polynomfunktionen Polynome sind Funktionen, die schöne Eigenschaften haben: Sie sind z.B. stetig, beliebig oft differenzierbar und einfach integrierbar. In der Numerik gibt es deshalb verschiedene Methoden, wie man kompliziertere Funktionen durch Poynomfunktionen annähern kann. 1.1.1 Definition Allgemein ist eine Polynomfunktion gegeben durch f (x) = Pn i=0 ai x i x∈R Dabei sind an 6= 0, an−1 , an−2 , ..., a1 , a0 ∈ R die Koeffizienten des Polynoms. Die Zahl n, wird als Grad des Polynoms bezeichnet. Der Grad des Polynoms ist also die grösste im Polynom vorkommende Potenz der Variablen. 1.1.2 Beispiel Durch die Vorschrift f (x) = 12x5 + 5x3 − 3x2 − x + 44 wird ein Polynom vom Grad 5 mit den Koeffizienten a5 = 12, a4 = 0, a3 = 5, a2 = −3, a1 = −1, a0 = 44 definiert. 1 1.2 Polynomgleichungen Bei der Lösung von Polynomgleichungen werden die Nullstellen von Polynomfunktionen gesucht. 1.2.1 Definition Eine Gleichung f (x) = 0, deren linke Seite ein Polynom f (x) = vom Grad n ist, heisst Polynomgleichung vom Grad n. Pn i=0 ai xi Der Definitionsbereich einer Polynomgleichung ist D = R. 1.2.2 Anzahl Nullstellen eines Polynoms Ein Polynom f vom Grad n hat nöchstens n Nullstellen. Dabei ist bei einem Polynom mit ungeradem Grad mindestens eine Nullstelle reell. Polynome mit geradem Grad können auch keine reelle Nullstelle haben, wie das Beispiel der Gleichung x2 + 1 = 0 zeigt. 2 Kapitel 2 Lösungsmethoden für spezielle Polynomgleichungen Bisher habt ihr zwei spezielle Typen von Polynomgleichungen kennengelernt: 1. Lineare Gleichungen sind Polynomgleichungen vom Grad 1: a1 x + a0 = 0 2. Quadratische Gleichungen sind Polynomgleichungen vom Grad 2: a2 x2 + a1 x + a0 = 0. Für diese beiden Gleichungstypen gibt es Lösungsverfahren, die immer zum Ziel führen. Für Polynomgleichungen vom Grad 3 und 4 gibt es auch noch solche Verfahren, die aber sehr aufwändig sind und daher hier nicht behandelt werden. Für Polynomgleichungen, die Grad 5 oder höher haben, gibt es keine allgemeingültigen Lösungsverfahren mehr. Eine direkte Lösung ist nur noch in speziellen Fällen möglich. Für Polynome mit verschiedenen Struktureigenschaften sind verschiedene Lösungsverfahren möglich. Das folgende Verfahren zeigt, wie es möglich ist - mit etwas Glück und Geschick - Polynomgleichungen vom Grad 3 und hher zu lösen. 3 2.1 Lösungsverfahren mit Polynomdivision 2.1.1 Faktorisierung von Polynomen Es ist bekannt, dass ein Polynom faktorisiert werden kann. Beispiel Es gilt: x3 + 4x2 + x − 6 = (x − 1)(x2 + 5x + 6) = (x − 1)(x + 2)(x + 3) Faktorisierung allgemein Allgemein können wir also sagen: an xn +an−1 xn−1 +...+a2 x2 +a1 x+a0 = (x−x1 )(bn−1 xn−1 +...+b2 x2 +b1 x+b0 ) = (x − x1 )(x − x2 )(x − x3 )...(x − xn ) Es sollte also möglich sein, einzelne Nullstellen abzuspalten und so den Grad des Polynoms und damit auch den Lösungsaufwand zu verkleinern. Sei also pn (x) ein Polynom vom Grad n, dann gilt: pn (x) = (x − x1 ) · pn−1 (x), bzw. pn (x) : (x − x1 ) = pn−1 (x). Bemerkung Die Zahlen x1 , x2 , ...xn sind die Nullstellen des Polynoms. Nicht jedes Polynom hat n reelle Nullstellen. Allerdings hat jedes Polynom vom Grad n, n komplexe Nullstellen. Da uns hier aber die Zeit fehlt, komplexe Zahlen zu behandeln, werden wir im Folgenden immer Polynome anschauen. Welche so viele reelle Nullstellen haben, wie wir für die Aufgabenstellung brauchen. 4 2.1.2 Polynomdivision Um pn (x) : (x − x1 ) berechnen zu können, brauchen wir die Polynomdivision. Diese funktionniert ähnlich, wie das schriftliche Dividieren, welches ihr in der Primarschule für ganze Zahlen gelernt habt. Beispiel 1 x3 + 4x2 + x − 6 : x − 1 = x2 + 5x + 6 − x3 + x2 5x2 + x − 5x2 + 5x 6x − 6 − 6x + 6 0 Beispiel 2 x3 + 5x2 + 9x + 5 : x + 1 = x2 + 4x + 5 − x3 − x2 4x2 + 9x − 4x2 − 4x 5x + 5 − 5x − 5 0 Beispiel 3 Auch Polynomdivisionen, die nicht aufgehen, können durchgeführt werden: 1 x3 − x + 1 : x − 1 = x2 + x + x−1 − x3 + x2 x2 − x − x2 + x 5 2.1.3 Lösungsverfahren mit Polynomdivision Zur Lösung der Polynomgleichung pn (x) = 0 ist folgendes Verfahren anwendbar: 1. Auf heuristische Weise (z.B. durch Raten) wird eine Lösung x1 der Polynomgleichung pn (x) = 0bestimmt. 2. Durch Polynomdivision wird das Polynom pn−1 (x) = pn (x) x−x1 berechnet. Die Lösungsmenge der Polynomgleichung pn (x) = 0 besteht aus x1 und aus den Lösungen der Polynomgleichung pn−1 (x) = 0, die um einen Grad kleiner ist, als die ursprüngliche Gleichung. Das Problem wird also vereinfacht. 2.1.4 Beispiele Beispiel 1 Die Gleichung x3 − 6x2 + 11x − 6 = 0 hat x1 = 1 als Lösung und es gilt: x3 − 6x2 + 11x − 6 : x − 1 = x2 − 5x + 6 − x3 + x2 − 5x2 + 11x 5x2 − 5x 6x − 6 − 6x + 6 0 Die Lösung der Gleichung x3 − 6x2 + 11x − 6 = 0 sind also neben x1 = 1 alle x ∈ R, welche Lösungen der quadratischen Gleichung x2 − 5x + 6 = 0 sind. Diese Lösungen sind nun einfach mit Hilfe der Lösungsformel oder durch faktorisieren zu finden: x2 − 5x + 6 = (x − 2)(x − 3). Die Lösungen der quadratischen Gleichung sind also x2 = 2 und x3 = 3. Wegen: x3 − 6x2 + 11x − 6 = (x − 1)(x − 2)(x − 3) sind die Lösungen der obigen kubischen Gleichung x1 = 1, x2 = 2, x3 = 3. 6 Bemerkung Jedes Polynom lässt sich in ein Produkt aus Polynomen vom Grad eins und zwei zerlegen, wobei die quadratsichen Polynome nicht immer reelle Nullstellen haben. Beispiel 2 Die Gleichung x4 + 5x3 + 8x2 + x − 15 = 0 hat x1 = 1 als Lösung und es gilt: x4 + 5x3 + 8x2 + x − 15 : x − 1 = x3 + 6x2 + 14x + 15 − x4 + x3 6x3 + 8x2 − 6x3 + 6x2 14x2 + x − 14x2 + 14x 15x − 15 − 15x + 15 0 Damit sind noch die Lösungen der Gleichung x3 + 6x2 + 14x + 15 = 0 zu finden. Durch Ausprobieren ergibt sich x2 = −3 als Lösung. Daher folgt: x3 + 6x2 + 14x + 15 : x + 3 = x2 + 3x + 5 − x3 − 3x2 3x2 + 14x − 3x2 − 9x 5x + 15 − 5x − 15 0 Die Gleichung x2 + 3x + 5 = 0 hat keine reelle Lösung. Daher gilt: x4 + 5x3 + 8x2 + x − 15 = (x − 1)(x + 3)(x2 + 3x + 5) und die Lösungen der obigen Gleichung sind x1 = 1 und x2 = −3. 7 2.2 Aufgaben Löse die folgenden Polynomgleichungen. a) x2 − 1 = 0 b) t3 − 5t2 + 3t + 9 = 0 c) u3 − 3u2 − 91 u + 1 3 =0 d) x3 − 2x = −1 e) z 3 − 13 2 z 6 + 32 z − 1 3 =0 f) x4 − x3 − 34x2 − 56x = 0 g) y 6 + 23 y 5 − 5y 4 + 4y 2 = 6y 3 8 9 10 Literaturverzeichnis E. Cramer, J. Nes̆lehová, Vorkurs Mathematik, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 2009 11