Dr. Marie-Luise Wünsche: Lehrveranstaltungen im WS 2012/2013 0203102 Mo. 14-16 Uhr, Raum ?, 2 SWS, ab 15.10.12 Seminar innerhalb des Moduls 5: Ästhetik und Didaktik der Miniaturen am Beispiel von Aphorismen und anderen ‚kleinen Literaturen‘ Goethes, der Schlegel-Brüder, Nietzsches und Kafkas. Einführung in das Thema: „Ich brauche nichts als ein Stück Papier und ein Schreibwerkzeug, und ich werde die Welt aus den Angeln heben“, so lautet ein Aphorismus bei Nietzsche, der in gewisser Weise schon etwas Zentrales dieser Gattung thematisiert, die Gattungsgrenzen zum Verschwimmen bringt: kurz, knapp und bündig niedergeschrieben, lassen sich aus diesen Erzählungen ohne Erzähler während des Leseprozesses ganze Welten anders perspektivieren, ins Wanken bringen oder gar Phönix gleich regenerieren. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man die entsprechenden kulturellen Techniken erlernt hat, und etwa auf alle Fälle Lust am Sprachspiel hat, an der Literarizität auch, was immer das sein mag. Insofern erstaunt es, dass die Literaturdidaktik diese Brosamen noch nicht wirklich (systematisch) entdeckte, auch, dass die Mediendidaktik nicht ihre Möglichkeiten innerhalb neuer Medien, also neuer Kommunikationszusammenhänge erkannte. Facebook oder Blogpoesie, zum Beispiel mit einem Kommentar zu folgendem Sloterdijk, das wäre sicherlich ein Beispiel dafür, wie Literatur und Philosophie auch noch in Zeiten des I-Pod und Internet oder gerade in diesen Zeiten eine Einladung zu unterhaltenden Nachdenkereien sein könnten: “Jeder Mensch verkörpert eine Silbe, ein einmaliges, unverwechselbares Gewächs aus Konsonanten und Vokalen, eine lebende Silbe, unterwegs zum Wort, zum Text.“ Vor dem entsprechenden kulturhistorischen Kontext sollen vor allem Bonmots aus der Feder Goethes und der Schlegel-Brüder, aus der Schreibmaschine Nietzsches und endlich aus dem Füllfederhalter Kafkas thematisiert werden. Natürlich schließt das nicht Aphorismen und andere ‚kleine Literaturen‘ anderer Zeiten und anderer Autoren aus. Da richtig Lesen eigentlich immer heißt, im Anschluss daran selbst Schreiben zu können, so etwa auch Niklas Luhmanns These, werden wir erstens selbst sehr viel Lesen und Schreiben und zweitens diese kulturellen Techniken unter ästhetischen und didaktischen Gesichtspunkten thematisieren. Ziele: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollen grundlegende Kenntnis literaturhistorischer Epochen und Strömungen am Beispiel dieser „Ideenparadiese“ (Gerhard Neumann) handlungs- und produktionsorientiert erschließen. Sie sollen differente ästhetische und anthropologische Modelle erkennen und in ihrer Relevanz einschätzen lernen, auch in ihrer Relevanz für Kulturwissenschaft, vor allem auch für Ästhetik als Theorie und Praxis und Literatur- und Sprachdidaktik als Aspekte einer solchen Kulturwissenschaft. Literatur: Fieguth, Gerhard (Hrsg.): Deutsche Aphorismen. Philipp Reclam. Stuttgart 1978 oder später; Friedman Spieker (Hrsg.): Aphorismen der Weltliteratur. Reclam Bibliothek. Stuttgart, 2. erweiterte Auflage 1996; Meier, Albert: Klassik-Romantik. Philipp Reclam, Stuttgart 2008; Neuhaus, Gerhard: Ideenparadiese. Aphoristik bei Lichtenberg, Novalis, Friedrich Schlegel und Goethe; Wilhelm Fink Verlag 1976; Neuhaus, Stefan: Grundriss der Literaturwissenschaft. Tübingen und Basel, 3. Auflage 2009; Mahne, Nicole: Transmediale Erzähltheorie. Eine Einführung. Göttingen 2009; Abraham, U. und Kepser, M.: Literaturdidaktik Deutsch. Eine Einführung. Erich Schmiedt Verlag, Berlin, neueste Ausgabe; Steinig, W. und Huneke, H.-W.: Sprachdidaktik Deutsch. Eine Einführung, Erich Schmiedt Verlag. Berlin, neueste Ausgabe; Frederking, Volker, Krommer, Axel und Maiwald, Klaus: Mediendidaktik Deutsch. Eine Einführung. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2012. Studierendenleistungen: Übernahme von Kurzreferaten, Bereitschaft zu konzentrierter Schreib- Lese und Diskussionsarbeit vor, nach und während der Seminarzeit, schriftliche Hausarbeit.