Landesdirektion Sachsen Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf „Verwaltungsfachangestellte/r“ vom 14. Mai 2013 bis 17. Mai 2013 1. Prüfungsaufgabe: Arbeitszeit: Wirtschafts- und Sozialkunde 90 Minuten Die Prüfungsaufgabe setzt sich aus den Teilen Staatsrecht, Bürgerliches Recht und Wirtschaft mit folgender Punkteverteilung zusammen: Staatsrecht 24 Punkte Bürgerliches Recht 44 Punkte Wirtschaft 27 Punkte Stil, Aufbau, Argumentation 5 Punkte Hinweis Bitte geben Sie zu Beginn Ihrer Ausführungen den Bearbeitungsstand Ihrer VSV an! Beantworten Sie die Fragen und begründen Sie Ihre Antworten mit den einschlägigen Rechtsvorschriften! Die Aufgabe besteht aus 4 Blatt! Teil Staatsrecht (24 Punkte) Auf der Homepage des Bundesrates ist folgende Pressemitteilung vom 23.11.2012 zu lesen: „Bundesrat verweigert Jahressteuergesetz 2013 die Zustimmung Das Jahressteuergesetz 2013 kann vorerst nicht in Kraft treten. Die Länder versagten ihm heute die Zustimmung. Die Länder hatten bei der Sitzung des Bundesrates am 23.11.2012 über das Jahressteuergesetz 2013 abgestimmt und verweigerten die erforderliche Zustimmung. Die Plenarsitzung wurde vom Präsidenten des Bundesrates einberufen und geleitet.“ Aufgaben: 1. Nennen Sie die Funktion des Bundesrates! (5) 2. Erläutern Sie kurz die Zusammensetzung des Bundesrates! (5) 3. Erläutern Sie die verfassungsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus der Verweigerung der Zustimmung zum Jahressteuergesetz 2013 ergeben! Welche Möglichkeit besteht für den Bundestag und für die Bundesregierung um evtl. doch noch die Zustimmung des Bundesrates zu erhalten? Teil Bürgerliches Recht (14) (44 Punkte) Der Freiberufler Bruno Buy benötigte ein neues Auto für seine Außentermine. Er schloss mit dem KFZ- Händler Sigmar Sell einen Kaufvertrag über einen Neuwagen der Marke Flitz zum Preis von 25.000 €. Bruno Buy und Sigmar Sell vereinbarten, dass das Fahrzeug am 30.01.2013 an Buys Wohnort geliefert wird. Bruno Buy wies Sigmar Sell darauf hin, dass wegen bereits vereinbarter wichtiger Außentermine der Liefertermin unbedingt eingehalten werden müsse. Am 30.01.2013 wartete Bruno Buy vergeblich auf die Lieferung des Fahrzeugs. Eine Mitarbeiterin des Sigmar Sell erklärte auf telefonische Nachfrage, dass ihr Chef in Urlaub sei, und sie nicht Bescheid wisse. Bruno Buy mietete daraufhin ein Auto bei der Fa. Hinz. Nach Rückkehr Sigmar Sells stellte sich heraus, dass er vergessen hatte, die Auslieferung des Autos während seiner Abwesenheit zu veranlassen. Bruno Buy entstanden Mietwagenkosten in Höhe von 500 €. Sigmar Sell will die Kosten für den Mietwagen nicht erstatten. Er ist der Meinung, dass Bruno Buy ihn hätte mahnen müssen. Außerdem habe er die Nichtlieferung nicht zu vertreten, denn etwas zu vergessen, könne jedem passieren. Sollte Bruno Buy auf der Übernahme der Mietwagenkosten bestehen, so fühle er sich jedenfalls nicht mehr an den Kaufvertrag gebunden. Aufgaben: 1. Prüfen Sie, ob Bruno Buy einen Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten in Höhe von 500 € gegen Sigmar Sell hat! 2. (36) Erläutern Sie kurz, ob Sigmar Sell mit seiner Ansicht recht hat, dass er nicht mehr an den Vertrag gebunden ist, falls Bruno Buy die Mietwagenkosten verlangt! Teil Wirtschaft (8) (27 Punkte) 1. Aufgabe (18) Es wird unterstellt, dass die Nachfrage lediglich vom Preis abhängt und alle anderen Bestimmungsgrößen konstant bleiben. a) Formulieren Sie ausgehend von den angegebenen Bedingungen eine Gesetzmäßigkeit für das Verhältnis von Preis und Nachfrage! b) Zeichnen Sie in das untenstehende Diagramm eine Angebotskurve (A) und eine Nachfragekurve (N) ein! Benennen Sie die Achsen! c) Markieren Sie im obenstehenden Diagramm den Gleichgewichtspreis (GP) und die Gleichgewichtsmenge (GM)! d) Nennen Sie 3 Funktionen des GP! 2. Aufgabe (9) Die Geldpolitik der EZB ist ein wichtiger Faktor für die Wirtschaftspolitik der EU - Länder. a) Nennen Sie die Hauptaufgabe der EZB! b) Erläutern Sie kurz das Prinzip der Mindestreservepolitik! Gehen Sie dabei von den unterschiedlichen Zielsetzungen der EZB und der Geschäftsbanken aus! Lösungsskizze Staatsrecht (24) 1. Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit, Art. 50 GG. (5) 2. Der Bundesrat setzt sich aus Mitgliedern der Regierungen der Länder zusammen, Art. 51 Abs.1 Satz 1 GG. (5) 3. Das Jahressteuergesetz 2013 kann damit nicht in Kraft treten. Bei Zustimmungsgesetzen ist zwingend die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Bundestag und Bundesregierung haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Sollte im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt werden, so hat der Bundestag erneut Beschluss zu fassen, Art. 77 Abs. 2 u. 2a) GG. (14) Teil Bürgerliches Recht Zu Aufgabe 1 Bruno Buy könnte einen Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens in Höhe der Mietwagenkosten von 500 € gegen Sigmar Sell aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB haben. (5) Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen des Tatbestandes des § 280 Abs. 1 BGB. 1. Zwischen Buno Buy und Sigmar Sell müsste ein Schuldverhältnis bestehen. Bruno Buy und Sigmar Sell hatten einen Kaufvertrag gem. § 433 BGB über das KFZ Marke XY zum Preis von 25.000 € durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Antrag und Annahme, §§ 145 ff. geschlossen. (4) 2. Weiterhin müsste eine Pflichtverletzung durch eine Verzögerung der Leistung vorliegen. Durch das Schuldverhältnis ist Bruno Buy berechtigt von Sigmar Sell eine Leistung zu fordern, § 241 Abs.1 Satz 1 BGB. Die Leistung ist noch nachholbar gewesen. Sigmar Sell hat das Auto geliefert.(5) Die Forderung müsste durchsetzbar gewesen sein. Die Leistung war am 30.1.2013 fällig. Einreden bestehen nicht. Die Forderung war somit durchsetzbar. (2) Der Schuldner müsste nicht geleistet haben. Nach § 433 Abs.1 BGB ist Sigmar Sell zur Übergabe und Eigentumsverschaffung am Fahrzeug verpflichtet. Diese Verpflichtung hat Sigmar Sell verletzt, indem er das Auto nicht geliefert hat. (2) § 280 Abs. 2 BGB bestimmt, dass im Falle des Schadensersatzes wegen Verzögerung der Leistung die zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB vorliegen müssen. (2) Grundsätzlich hätte Bruno Buy gem. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB Sigmar Sell mahnen müssen. Die Mahnung wäre aber gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war. Beide vereinbarten den 30.1.2013 als Liefertermin; die Leistung war nach dem Kalender bestimmt. Die Mahnung war entbehrlich. (5) Sigmar Sell hat die Nichtleistung nach §§ 276, 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auch zu vertreten, da er durch das „ Vergessen“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und somit fahrlässig nach § 276 Abs. 2 BGB gehandelt hat. (auch vertretbar § 286 Abs.4 BGB). (5) Bruno Buy verlangt Ersatz des Schadens, der durch die Verspätung entstanden ist. Hätte Sigmar Sell rechtzeitig geleistet, so wäre Bruno Buy nicht gezwungen gewesen, einen Mietwagen für 500 € zu mieten.. Es handelt sich daher bei den Kosten für den Mietwagen um einen Verzögerungsschaden. (4) Die Voraussetzungen für den Ersatz des Verzögerungsschadens liegen damit vor. Bruno Buy hat einen Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens in Höhe von 500 € für die Mietwagenkosten gegen Sigmar Sell aus § 280 Abs.1, 2, 286 BGB. (2) Zu Aufgabe 2 Sigmar Sell hat die Verpflichtung auf Übergabe des Autos sowie Eigentumsverschaffung daran aus dem Kaufvertrag nach § 433 Abs.1 BGB. Dabei handelt es sich um die sog. Hauptleistungspflicht. Der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens besteht neben dem Anspruch auf die Hauptleistung. Sigmar Sell hat mit seiner Ansicht unrecht! (8) Lösungsskizze Teil Wirtschaft zu 1) a) Je niedriger der Preis, desto größer die Nachfrage. Bei steigenden Preisen sinkt die Nachfrage. (4) b - c) A Preis ---------------------------------- GP N GM Menge (8) d) Funktionen des GP: - Verteilungs- und Lenkungsfunktion - Ausgleichs- oder Markträumungsfunktion - Informationsfunktion - Selektionsfunktion - Bewertungsfunktion 2 a) Sicherung der Preisstabilität im EU - Raum (6) (2) b) Unterhaltung von Sichtguthaben durch die privaten Geschäftsbanken bei der EZB. (1% aller liquiden Mittel) Dadurch Beeinflussung des Geldmengenangebots - liquiditätspolitisches Instrument der EZB. Ziele EZB: Steuerung der Liquidität der Geschäftsbanken > Erhöhung der Reserve entzieht Geld, Senkung der Reserve führt Geld zu. Ziele GB: Sind auf Zentralbankgeld angewiesen > stabile niedrige Geldmarktsätze, günstige Bedingungen im Kreditgeschäft (7)