Einführung in das Recht Frank Fechner 1 von 28 Verbindung zum Skript Kommentare des Autors Literaturempfehlung: • • Haug, Volker „Staats- & Verwaltungsrecht“, 6. Auflage, 2006 Detterbeck – Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler Für Klausur erforderlich: • • • • Grundgesetz (GG) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) Vertrag über die Europäische Union (EUV) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Für Klausur wichtig: • • • • • • • • • • 50% Theorie, 50% Fälle erste 19 Grundrechte kennen, also vom Titel her Verwaltungsakt Auslegungsmethoden statt „Es besteht der und der Vorwurf“ lieber „es könnte der und der Vorwurf vorliegen, weil... Fazit: Ja der und der Vorwurf besteht“ schreiben Blätter nur einseitig beschreiben rechts großzügigen Rand (min. 7 cm) Wirkungsweise des Rechts, Methoden des Rechts – Kernpunkt kein Verwaltungsrecht ab H/1/3 nicht mehr – werden wir nicht mehr schaffen Aufbau wissenschaftlicher (juristischer) Arbeiten 1. Deckblatt Thema der Arbeit Grund für die Anfertigung der Arbeit (z-b. Hauptseminar) Semester oder Datum Name 2. Gliederung / Inhaltsverzeichnis (mit Seitanzahlangabe) 3. Text 4. Literaturverzeichnis Merke: Alle übernommenen Gedanken sind nachzuweisen (zu zitieren). Hierzu dienen die Fußnoten. Einführung in das Recht Frank Fechner 2 von 28 1. Vorlesung – 17.10.07 A – Einführung • Juristische Fachbegriffe haben einen eindeutigen Begriffsinhalt # Alltagssprache z.B. Eigentum/Besitz, Leihe/Miete → I / 1 Normen → II / 1 Müssen Sollen Seinsgesetz Sollensordnung Sittlichkeit Gewissen (Ethos, Moral) innere Zustimmung der einzelnen Menschen • Sitte,Moral bestimme Gruppen der Gesellschaft (§826 BGB) Recht ordnet Zusammenleben der Menschen Rechtsnormen - können vom Staat erzwungen werden - kein Anspruch auf Geltung im Inneren der Menschen Rechtsnormen können von Behörden zwangsweise durchgesetzt werden Einführung in das Recht Frank Fechner 3 von 28 2. Vorlesung – 24.10.07 Abgrenzungstheorien – Öffentliches Recht / Privatrecht → II / 2&3 1. Interessentheorie (dient dem öffentlichen oder privaten Interesse?) 2. Subjektionstheorie (Über-/Unterordnungsverhältnis oder Gleichordnung?) 3. Subjektstheorie (auschließlich ein Hoheitsträger berechtigt oder verpflichtet?) Arbeitsrecht eigentlich Über-/Unterordnungsverhältnis, aber trotzdem Zivilrecht Interessentheorie Subjektionstheorie (Subordinationstheorie) Subjektstheorie Öffentliches Recht Entscheidung über das OB dem öffentlichen Interesse dienende Rechtssätze Über- / Unterordnungverhältnis Zuordnungssubjekt des Rechtssatzes kann ausschließlich ein Träger hoheitlicher Gewalt sein Privatrecht Entscheidung über das WIE dem privaten Interesse Gleichordnungsverhältnis dienende Rechtssätze der Rechtssubjekte nicht lediglich Hoheitsträger berechtigt oder verpflichtet → II / 3 Privatrecht Bürgerliches Recht = Zivilrecht (gilt für jedermann) Sonderprivatrecht (gilt für bestimmte Personengruppen; z.B. das Handelsrecht für Kaufleute Öffentliches Recht Verwaltungsrecht Staatsrecht, Verfassungsrecht Staatsorgane Grundgesetz materielles Verwaltungsrecht allgemeines Verwaltungsrecht Verwaltungsverfahren, Verwaltungsorganisation, Recht der öffentlichen Sachen Rechtswissenschaft → IV / 1 • • • • • • Rechtsgeschichte Rechtsvergleichung Rechtssoziologie Rechtspolitik Rechtsphilosophie Rechtslogik / Rechtsdogmatik formelles Verwaltungsrecht, Verwaltungsprozessrecht besonderes Verwaltungsrecht Polizeirecht, Kommunalrecht, Baurecht, etc. Europarecht, Völkerrecht & andere Gebiete Einführung in das Recht Frank Fechner 4 von 28 3. Vorlesung – 07.11.07 Wichtige Methoden der Rechtsfindung • • • • Subsumtion Auslegung Lückenfüllung Analogie Bindung des Richters an das Gesetz • • • Rechtseinheitlichkeit Rechtssicherheit Rechtsgleichheit (Art. 33 GG) Gleichheitssatz Wesentlich Gleiches ist gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (Art. 3 Abs. 1 GG). Ergänzung durch die Billigkeit (Ermessen/Strafrahmen). Das heißt: Keine willkürlichen Entscheidungen! Subsumtion → IV / 2 Anwendung einer allgemeinen Norm auf einen konkreten Sachverhalt Rechtsnorm: Tatbestand Wenn x Rechtsfolge dann y Einführung in das Recht Frank Fechner 5 von 28 4. Vorlesung – 14.11.07 Tatbestand Rechtsfolge Beispiel: § 242 1 StGB Diebstahl ... wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weg nimmt, die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen... x = Diebstahl y = Bestrafung Sachverhalt: A. hat das Gesetzbuch seines Nebensitzers E. in seine Aktentasche gesteckt, um Geld für die Anschaffung eines eigenen Exemplars zu sparen. Subsumtion: Tatbestand Objektiver Tatbestand Subjektiver Tatbestand Rechtswidrigkeit Schuldhaft Rechtswidrigkeit Schuld 1. Fremde bewegliche Sache → Buch des E. 2. Wegnahme (Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig eigenen Gewahrsams) → A. Hat das Buch des E. In seine Aktentasche gesteckt A ist gemäß §242 Abs. 1 StGB mit Geldstrafe 3. Zueignungsabsicht → A. will Buch behalten, oder mit Freiheitsstrafe um Geld zu sparen zu bestrafen 4. kein Rechtfertigungsgrund 5. kein Schuldausschluss Schwierigkeiten bei der Subsumtion • • Unklarheiten des Gesetzestextes Lücken im Gesetz ➢ ➢ ➢ Lücke: kein Tatbestand einer Norm stimmt mit den Merkmalen des zu beurteilenden Falles überein Analogie: Übertragung der für einen Tatbestand im Gesetz gegebenen Regel auf einen anderen, nicht geregelten „ähnlichen“ Tatbestand Analogie dient der Auffindung eines neuen, im Gesetz nicht enthaltenen Rechtssatzes Voraussetzungen: • • Vorliegen einer regelungswidrigen Lücke (Auslegung) Feststellung übereinstimmender Interessenlage Auslegungsmethoden → IV / 3 1. Grammatisch: Wortlaut • (z.B. Art. 2,7,8 GG) • wenn eindeutig, braucht man nicht weiter prüfen → nicht weiter interpretieren • sonst andere Methoden heranziehen 2. Systematisch: Zusammenhang der Norm, Kontekt (z.B. Art. 5 Abs. 2,3 GG; Abs. 3 stärker als Abs. 1) • wo befinden wir uns im Grundgesetz §83ff ← also hier Zusammenhang der Norm entscheidend • bei Normanwendung: was steht in der Norm davor/danach; was steht in Überschrift des Abschnitts 3. Historisch: Entstehungsgeschichte der Norm • Frage des historischen Zusammenhangs z.B. Art. 5 Abs. 1 GG • Was würde Gesetzgeber tun, wenn er das Gesetz heute erlassen würde → gegenwartsbezogen 4. Teleologisch: Sinn und Zweck der Norm • Gefahr: Missbrauch der Methode • tatsächlichen Willen des Gesetzgebers nähern Einführung in das Recht Frank Fechner 6 von 28 Verfassungskonforme Auslegung Methode der Gesetzesauslegung, nicht der Verfassungsauslegung Das Gebot der verfassungskonformen Auslegung verlangt von mehreren, nach Wortlaut und Gesetzeszweck möglichen Normdeutungen, von denen die eine zu einem verfassungswidrigen, die andere zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, diejenige vorzuziehen, die sich mit dem Grundgesetz vereinbaren lässt (BverfGE 36, S. 264(271)). • • • sollte keine der Normen verfassungsgemäß sein, ist das Gebot verfassungswidrig kann durch BverfG aufgehoben werden, solange ist es noch gültig z.B. nach Urteil des BverfG: Gesetz gilt noch bestimmte Zeit, danach muss neues Gesetz ausgearbeitet worden sein Hilfsmittel des Juristen → I / 2 • • • • • • • • Gesetzestexte Kommentare Entscheidungssammlungen Lehrbücher Monographien Zeitschriften Festschriften / Tagungsbände etc. Internetdienste (z.B. Juris, Celex) Juristische Falllösung 1. Fallfrage herausarbeiten: Wer verlangt was von wem? 2. Anspruchsgrundlage suchen, Norm im einschlägigen Gesetz? / Gewohnheitsgesetz? (§433 Abs. 2 BGB) 3. Subsumtion, häufig verbunden mit einer Interpretation der Norm 4. eventuell weitere Normen / Anspruchsgrundlagen? 5. Ergebnis formulieren: besteht der Anspruch oder besteht er nicht? Beachte bei der Falllösung: Gutachtenstil nicht Urteilsstil („könnte“ und nicht „ist“) Einführung in das Recht Frank Fechner 7 von 28 5. Vorlesung – 21.11.07 Methoden der Auslegung → IV / 3 1. Allgemeine Auslegungsregeln 1. 2. 3. 4. Auslegung nach dem Wortlaut (grammatisch) Auslegung nach dem Zusammenhang (systematisch) Auslegung nach der Entstehungsgeschichte (historisch) Auslegung nach dem Sinn und Zweck (teleologisch) 2. Spezielle Verfassungsinterpretation 1. Einheit der Verfassung 2. Prinzip praktischer Konkordanz (nicht ein Grundrecht zu Ungunsten eines anderen Grundrechtes ausspielen) 3. Prinzip optimaler Verwirklichung der Verfassungsgebote (insbesondere der Grundrechte) 3. „Verfassungskonforme Auslegung“ Einfache Gesetze müssen so ausgelegt werden, dass sie mit der Verfassung übereinstimmen. Lässt das Gesetz mehrere Auslegungen zu, so ist es so auszulegen, dass es mit der Verfassung vereinbar ist. Fallbeispiel 1 Vor dem BH-Club kommt es zu einer Schlägerei, bei welcher der aggressive ADORNO (A) den schmächtigen und harmlosen CLAUSEWITZ (C) grundlos gegen die Gebäudewand des BH-Clubs wirft. Staatsanwalt plädoyiert nach §224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu schwerer Körperverletzung. Wird abgewiesen, da eine Hauswand keine Waffe ist. KLAUSUR: • Auslegung mit Wortlaut des Gesetzes beginnen • im Strafrecht keine Analogien zu Lasten des Angeklagten!!!!! • Analogie fängt dort an wo äußerste Grenze des Wortlautes erreicht wird • Art. 103 Abs. 2 GG • unbewegliche Sachen = keine Waffen Fallbeispiel 2 ADORNO (A) betreibt Unternehmen, das Artikel für Punk-Szene herstellt. Unter anderem ein T-Shirt mit Hakenkreuz das von einem Umweltmännchen in eine Mülltonne geworfen wird. Landgericht verurteilt A zu einer Geldstrafe wegen Verwendung verfassungswidriger Symbole. • • • • §86 a StGB tritt in Kraft Gesetz zum Staatsschutz nach 2. Weltkrieg aufgekommen → historische Auslegung spielt bei dem Gesetz große Rolle Wenn das zugelassen würde, würden immer mehr T-Shirts in Umlauf kommen und Gerichte müssten darüber entscheiden wie groß Verhältnis zwischen Umweltmännchen und Hakenkreuz sein muss um noch akzeptiert zu werden → nicht wirklich praktikabel nur absolutes TABU bringt wirkliche Eindämmung der besorgniserregenden Gruppen KLAUSUR: • eigentliche Entscheidung nicht so wichtig aber teleologische Auslegung anbringen! • aber auch Art.5 (Meinungsfreiheit) als praktische Konkurdanz oder Einheit der Verfassung mit anbringen • in Klausur immer folgende Sachen betrachten: ○ vom Wortlaut ausgehen ○ nach Systematik fragen ○ Historie ○ Sinn und Zweck der Verfassung Einführung in das Recht Frank Fechner 8 von 28 Fallbeispiel 3 • • • • • • • • • 24.091,99 € monatliches Grundgehalt für Bundespräsidenten nach Studie verdient er nur 15% der üblichen Gehälter für Spitzenpositionen in Privatwirtschaft Rechtsausschuss prüft: Soll Bundespräsidenten Nebenberuf gestattet werden? Zweifel ob „Berufsverbot“ mit Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar ist Bundespräsident geregelt im Art. 55 GG Art. 12 schützt auch 2., 3. Beruf etc. aber Berufsdefinition beachten: Beruf = auf Dauer angelegte Tätigkeit, die auf Erzielung eines Einkommens gerichtet ist um den Lebensunterhalt zu ermöglichen Warum soll BP keinen 2. Beruf ausführen? ○ Unbefangenheit ○ kein böser Schein ○ Überparteilich ○ Arbeitsbelastung systematische Auslegung: für Bundespräsident soll was besonderes gelten, deswegen extra geregelt (nicht mit in Art. 12) → Art. 12 gilt nicht → Grundrechtsverzicht Fallbeispiel 4 • • • • • • • • • • • • • • • • Regierungskoalition will ihre Verteidigungspolitik durch Volksabstimmung bestätigen lassen Entwurf eines „Gesetzes über die Volksabstimmung zu Bundeswehr-Auslandseinsätzen“ Bestehen verfassungsrechtliche Bedenken? Art. 76 GG Art. 79 GG Art. 29 GG zwecks Volksabstimmung erwähnen wenn für Neugliederung extra geregelt, dann ansonsten NEIN → Umkehrschluss Erst-recht-argument: wenn über sowas einfaches abgestimmt, dann auch über wichtigeres deshalb 29 unbrauchbar Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG bezüglich Abstimmung erwähnen zwingend erforderlich Volksabstimmung = Abstimmung in Sachfragen GG gegenüber Volksabstimmungen äußerst kritisch historisch: Volksabstimmungen in Weimarer Zeit „missbraucht“ → deshalb auf Ausnahmen begrenzen teleologisch: Volksabstimmung = Konkurrenz zum Bundestag/-rat Fazit: materiell nicht Verfassungsgemäß → Parlament macht Gesetze und übt souveräne Gewalt aus → deshalb keine Konkurrenz durch Volksabstimmung möglich Einführung in das Recht Frank Fechner 9 von 28 6. Vorlesung – 28.11.07 Zwecke des Rechts → III 1. Gerechtigkeit • ausgleichende und austeilende Gerechtigkeit 2. Friede • Befriedungsfunktion 3. Freiheit • ohne Friede keine Freiheit 4. Rechtssicherheit • hat Vorrang vor Gerechtigkeit • z.B. §932 BGB • wenn Restaurator ein Bild das er von Kunden A erhalten hat an anderen Kunden B verkauft, kann A nichts dagegen machen, da §932 BGB in Kraft tritt Grenzen des Rechts • • • • • Beweisnot Beklagter nicht auffindbar Beklagter nicht zahlungsfähig Rechtsbeugung Rechtsbehinderung (Prozessverschleppung, Beeinflussung von Zeugen) Gründe, warum bestehende Ansprüche häufig nicht vor Gericht durchgesetzt werden • • • • Psychologische Gründe (Scheu vor Gerichten) mangelnde Rechtskenntnisse Finanzielle Gründe (beachte aber: Prozesskostenhilfe) Angst vor Ansehensverlust / negative Werbung Rechtsquellen → II / 4 • Verfassungsrecht (GG / Landesverfassung) Gesetze (Bundes- / Landesgesetze) Rechtsverordnungen (des Bundes: Art. 80 GG und der Länder) aufgrund eines Gesetzes von der Exekutive erlassen Satzungen autonom gesetztes Recht (z.B. Grundordnung einer Universität) Gewohnheitsrecht Richterrecht Vertrag • Verfassung hat Vorrecht vor Gesetzgeber (z.B. Art. 20 GG Abs. 3) • • • • • • Wesentlichkeitstheorie: Dem Gesetzgeber obliegt die Verpflichtung, die für die Gesellschaft wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Verwaltung zu überlassen. Wesentlich sind insbesondere solche Entscheidungen, die in Grundrechte der Bürger eingreifen. Cic - culpa in contrahendo: Beim Eintritt in Vertragsverhandlungen entsteht ein vertragsähnliches Verhältnis zwischen den Beteiligten, das zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verpflichtet und bei schuldhafter Verletzung der Sorgfaltspflicht zu einer vertragsähnlichen Haftung führt. (Entwicklung der Rechtssprechung seit Januar 2002 vergl. §311 Abs. 2, 3 und §241 Abs. 2 BGB) Sprich: Wenn im Kaufhaus kleines Kind von Linoleumrolle erschlagen wird, muss Kaufhaus haften. Einführung in das Recht Frank Fechner 10 von 28 Die Normenpyramide → II / 5 Europarecht Bundesrecht Landesrecht - Wenn sich 2 Gesetze widersprechen, gilt neueres Gesetz !!! - Spezielles Recht geht allgemeinerem Recht vor !!! Verfassung Gesetze Rechtsverordnungen (Art. 80 GG) z.B. StVO Satzungen - Bei Streitfällen zum richtigen Gericht gehen, sonst wird die Klage abgewiesen Europarecht Art. 31 GG: Bundesrecht bricht Landesrecht! Bundesrecht Grundgesetz Bundesgesetz Bundesrechtsverordnungen (Art. 80 GG) Satzungen Landesrecht (Art. 31 GG) Landesverfassung Landesgesetz Landesrechtsverordnungen (Art. 80 GG) Satzungen Thüringen Bayern Sachsen Die Normenpyramide ergänzende Kollisionssätze 1. Das neuere Recht geht dem älteren Recht vor 2. das speziellere Recht geht dem allgemeineren Recht vor. Gesetzesbegriff • • Gesetz im materiellen Sinne: jeder positive Rechtssatz (z.B. StVo) Gesetz im formellen Sinne: Anordnungen von Gesetzgebungsorganen im verfassungsmäßig festgelegten förmlichen Gesetzgebungsverfahren (z.B. Haushaltsgesetz) B - Staatsprinzipien Definition des Staates - Drei-Elementen Lehre (Georg Jellinek) 1. Staatsvolk Methoden zur Bestimmung der Staatsangehörigkeit • Abstammung: ius sanguinis • Geburt auf dem Territorium des Staates: ius soli 2. Staatsgebiet 3. Staatsgewalt etc. Einführung in das Recht Frank Fechner 11 von 28 7. Vorlesung – 05.12.07 Sealand ist kein eigener Staat Staatstypen - Regierungsformen nach Aristoteles Idealform 1. Herrschaft des Einzelnen Königtum Entartung Tyrannis 2. Herrschaft einer Gruppe Aristokratie Oligarchie 3. Herrschaft des Volkes Poltiteia Demokratie Staatsaufgaben 1. Gewährleistung von Schutz und Sicherheit der Bürger nach Innen und Außen: Frieden 2. Austeilung von Gerechtigkeit: Justizgewalt 3. Ermöglichung von Wohlfahrt: soziale Gerechtigkeit 4. Verantwortung des Staates für Bildung und Ausbildung sowie Förderung von Kultur und Wissenschaft: Kulturzweck 5. Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen: Umweltschutz Die Weimarer Reichsverfassung (1919) • • • • • • damit erste deutsche Republik gegründet monarchisches durch demokratisches System abgelöst aber auf Grundlage der Verfassung nationalsozialistische Diktatur möglich starke Stellung des Volkes starke Stellung des Reichspräsidenten Grundrechte im zweiten Hauptteil, lediglich Programmsätze, keine Geltung gegenüber dem Gesetzgeber • waren nicht erzwingbar • waren durch Gesetz einschränkbar Die Weimarer Reichsverfassung wird formell nie abgeschafft, aber 1933 faktisch außer Kraft gesetzt. Entstehung der nationalsozialistischen Diktatur • • • • • • 30.01.1933: Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 01.02.1933: Auflösung des Reichstages → Neuwahlen, die faktisch nicht frei sind 04.02.1933: „Notverordnung zum Schutz des Deutschen Volkes“: gegen Presse- und Versammlungsfreiheit 28.02.1933: „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“: die wichtigsten Grundrechte werden außer Kraft gesetzt 24.03.1933: Ermächtigungsgesetz „zur Behebung von Not in Volk und Staat“ ... (da war er viel zu schnell, scheint aber nicht so wichtig zu sein) Entstehung des Grundgesetzes • • • • • • • • 08.05.1945: Kapitulation August 1948: „Verfassungskonvent“ in Herrenchiemsee September 1948 – Mai 1949: Parlamentarischer Rat in Bonn 08.05.1949: Schlussabstimmung im Parlamentarischen Rat 12.05.1949: Genehmigung der Besatzungsmächte keine Legitimation der Verfassung durch Volksabstimmung 23.05.1949: Verkündung des Grundgesetzes im Bundesgesetzblatt 24.05.1949: In Kraft treten des Grundgesetzes Einführung in das Recht Frank Fechner 12 von 28 Zentraler Gehalt des Grundgesetzes 1. Würde des Menschen als oberster Wert Individualität des Menschen und einzelner Mensch steht im Vordergrund 2. Grundprinzipien der Verfassungsordnung sind unabänderlich: „Ewigkeitsgarantie“ Art. 1, 20 GG 3. starke Rolle des Parlaments (einziges vom Volk direkt legitimiertes Staatsorgan) Wesentlichkeitstheorie 4. Bundespräsident auf repräsentativ-symbolische Funktionen beschränkt 5. Einrichtung des Bundesverfassungsgerichtes • deutliche Stärkung der Legislative gegenüber der Exekutive, aber auch gestärkte Postion der Judikative (läuft alles richtig im Staat?) Wiedervereinigung • • • • • • 09.11.1989: Fall der Mauer 18.03.1990: Freie Wahlen in der DDR bereiten Weg zur Wiedervereinigung 01.07.1990: Währungs-, Wirtschafts-, und Sozialunion mit BRD 22.07.1990: Verfassungsgesetz zur Bildung der Länder in der DDR (Ländereinführungsgesetz) 12.09.1990: Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland (Zwei-plus-VierVertrag) → Deutschland erlangt volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten 03.10.1990: Beitritt der DDR zur BRD Sicherung zur Verfassungsdurchsetzung 1. Unmittelbarkeit der Verfassung: Art. 1 Abs. 3 GG • Art. 79 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 GG • Staatsprinzipien in Art. 20 GG, Art. 28 GG (Rechtsstaat) • Art. 79 Abs. 3 kann nicht abgeschafft werden: soll Verfassung schützen und Norm die das macht kann ich nicht einfach aushebeln 2. Prinzip der rechtsstaatlichen Bindung: Art. 20 Abs. 3 GG 3. Rechtsweggarantie: Art. 19 Abs. 4 GG • gibt es verfassungswidriges Verfassungsrecht? z.B. jemand ändert Verfassung so das es im Widerspruch mit Art. 79 Abs. 3 steht kann mit 2/3 Mehrheit erlassen werden, aber Bundesverfassungsgericht würde es wieder aushebeln z.B. Normpyramide: Landesverfassungsebene: wenn da jemand was erlässt (z.B. Todesstrafe einführt) wäre das verfassungswidriges Verfassungsrecht (ist aber ungültig, da Bundesrecht bricht Landesrecht Art. 31 GG) Prinzipien der Verfassungsinterpretation (zusätzlich zu den herkömmlichen Auslegungsmethoden) • • • Einheit der Verfassung Harmonisierung der Verfassung (Prinzip praktischer Konkordanz) optimale Verwirklichung der Verfassung Staatsprinzipien 1. Republik • Gegensatz zur Monarchie • alles was keine Monarchie ist wird unter dem Begriff zusammengefasst • obere Vertreter gelangen durch Wahlen an ihre Position (vom Volk legitimiert) nicht durch Ernennung Einführung in das Recht Frank Fechner 13 von 28 8. Vorlesung – 12.12.07 weiter zu Staatsprinzipien: 2. Demokratie → B / 1 Elemente direkter Demokratie Volksbefragung • Verfassungswidrig • wird nicht offiziell eingesetzt • nur als Hinweis von Forschungsinstituten in welche Richtung Meinung geht Volksbegehren • muss im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde etc. liegen • muss so ausgelegt sein das mit Ja oder Nein geantwortet werden kann • vom Gemeindeorgan darf dann keine Entscheidung mehr getroffen werden Volksentscheid • im GG schwach ausgeprägt • Art. 29 Abs. 2 GG • hat die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderates • • • formale Elemente der Demokratie 1. Wahlen zu den Volksvertretungen (regelmäßig, frei, gleich und geheim) • wäre eine Wahlpflicht von Vorteil? • Art. 38 GG 2. Bestehen einer Volksvertretung 3. Mehrheitsprinzip (einschließlich der Chance der Minderheit, Mehrheit zu werden) 4. Prinzip der Rechtsgleichheit 5. staatsfreie Bildung der öffentlichen Meinung (Für Medien soll es möglich sein, Fehler und Missstände der Regierung aufzuzeigen) 6. Mehrparteiensystem (zuviele Parteien vermeiden → Splittersystem → keine Mehrheitsbildung mehr möglich) materielle Elemente der Demokratie 1. freiheitliche Demokratie (Art. 21 Abs.2 GG) 2. rechtsstaatliche Demokratie 3. föderative Demokratie (Frankreich ist z.B. nicht föderativ) 4. soziale Demokratie 5. gewaltengegliederte Demokratie (entspricht Gewaltenteilung) 6. repräsentative Demokratie 7. abwehrbereite Demokratie (Art. 18,19 GG) 3. Förderalismus Einheitsstaat • • • Nur dieser hat Staatlichkeit er genießt Souveränität (das von niemandem abgeleitete Recht des Staates zur Ordnung seiner Angelegenheiten) grundsätzliche Befugnis zur Selbstregierung Bundesstaat • Gesamtstaat, dessen Staatsgewalt auf einem Zentralstaat (Bund) und auf mehreren Gliedstaaten (Länder) aufgeteilt ist Staatenverbund • EG/EU Staatenbund • • • • Völkerrechtlicher Vertrag Organe des Staatenbundes haben keine eigenen Staatsbefugnisse die Souveränität der Mitglieder bleibt unangetastet z.B. UNO Einführung in das Recht Frank Fechner 14 von 28 Bundesstaat → B / 2 Keine einzelstaatliche völkerrechtliche Souveränität, nur der Zentralstaat ist souverän Rest an Eigenständigkeit bei den Gliedstaaten Nachteil: Uneinheitlichkeit der Lebensverhältnisse Vorteile: Wahrung kultureller Eigenart vertikale Gewaltenteilung Wettbewerb zwischen den Bundesländern Chance der Minderheitsparteien auf Bundesebene in den Ländern Regierungsverantwortung zu übernehmen • • • • Prinzip des bundesfreundlichen Verhaltens (Bundes(staats)treue): • • • Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Rahmen der bundesstaatlichen Ordnung: Länder-Bund, Bund-Länder, Länder untereinander Homogenitätsprinzip (Art. 21 Abs. 2 GG) Unabdingbarkeit bestimmter staatlicher Grundentscheidungen für die Bundesländer C – Gesetzgebungskompetenzen Gesetzgebungskompetenzen • • Art. 30, 70, 73, 74, 83 GG Art. 73 Abs. 1 Nr. 7: Inhalte des Rundfunks nicht umfasst 1. Ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes: Art. 71, 73 GG → (1) 2. Konkurrierende Gesetzgebung: Art. 72, 74 GG → (3) 3. Ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen des Bundes → (6) (Kompetenz kraft Sachzusammenhang / Kompetenz kraft Natur der Sache) 4. Auffangkompetenz der Bundesländer: Art. 70 GG → (7) Beispiele: • Art. 21 Abs. 3 GG → alles was Parteien angeht, vom Bund geregelt • Art. 73 Abs. 1 Nr. 6 GG → wer darf Regelungen über Raumfahrt übernehmen? → natürlich Bund • wer regelt Sitz der Hauptstadt? GG sagt nichts dazu → ist wieder dem Bund vorbehalten Einführung in das Recht Frank Fechner 15 von 28 9. Vorlesung – 19.12.07 Verwaltungskompetenzen 1. Landeseigenverwaltung Art. 83 ff. GG (Länder führen Bundesgesetze aus) 2. Auftragsverwaltung: Art. 85 GG 3. Bundeseigenverwaltung: Art. 87 f. GG 4. Gemeinschaftsaufgaben: Art. 91a GG (Grundsatz: Verbot der Mischverwaltung) wieder weiter zu Staatsprinzipien: 4. Rechtsstaatsprinzip 1. Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, insbesondere der Verwaltung (Art. 20 Absatz 3 GG) a) Vorrang der Verfassung Gesetzgeber ist an Verfassung gebunden, insbesondere Grundrechte (nur an manchen darf er werkeln / einschränken) b) Vorrang des Gesetzes ("kein Handeln gegen das Gesetz") Bsp: im Gesetz steht Gebühr von 10€, Behörde verlangt 15€ → Verstoß c) Vorbehalt des Gesetzes ("Handeln nur mit Gesetz") Behörde muss sagen können, warum sie Eingriff in Rechte einer Person vornimmt (muss Gesetz / Norm nennen können) Bsp: im Gesetz steht nichts von Gebühr, Behörde verlangt 15€ → Verstoß 2. Bestimmtheitsprinzip • gilt vor allem im Strafgesetz • Verwaltungsakt / Gesetze darf nicht zweideutig sein • Gesetzeslücken können legal genutzt werden („keine Strafe ohne Gesetz“) • keine Analogien im Strafrecht 3. Rechtssicherheit Ordnungen und Gesetze müssen verkündet werden 4. Vertrauensschutz (insbesondere Rückwirkungsverbot) Rückwirkung echte Rückwirkung Sachverhalt in der Vergangenheit zum Abschluss gekommen, wird nun mit neuen (ungünstigeren) Rechtsfolgen versehen grundsätzlich unzulässig Ausnahmen: - mit Änderung war zu rechnen - Rechtslage war unklar und verworren - (Wohl der Allgemeinheit) z.B. Steuernachforderung für bereits abgeschlossenes Jahr unechte Rückwirkung geregelter Tatbestand hat in der Vergangenheit begonnen, ist aber noch nicht zum Abschluss gekommen grundsätzlich zulässig Ausnahmen: - schutzwürdiges Vertrauen im Einzelfall - Abwägung: Vertrauensinteresse / Wohl der Allgemeinheit 5. Verhältnismäßigkeit 1. Geeignetheit Mittel Zwecktauglichkeit 2. Erforderlichkeit Zweck Mildestes Mittel 3. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn Mittel-ZweckRelation Zumutbarkeit Einführung in das Recht Frank Fechner 16 von 28 5. Sozialstaatsprinzip 1. Verpflichtung des Gesetzgebers, dem Sozialstaatsprinzip konforme Regelungen zu erlassen 2. Bei der Auslegung der Gesetze (Auch durch die Verwaltung zu beachten) 3. Ausnahmsweise: Anspruch des Bürgers (insbesondere in Verbindung mit der Menschenwürde: Existenzminimum) 6. Gewaltenteilung • • • • • • • • Legislative (Gesetzgebung) Exekutive (vollziehende Gewalt) Judikative (Jurisdiktion, Rechtssprechung) 1. Gewalt 2. Gewalt 3. Gewalt Art. 20 Absatz 2 GG müssen alle unabhängig voneinander sein, aber keine strikte Trennung der Gewalten Regierung hat keine eigene Staatsgewalt Art. 80 GG (Erlass von Rechtsverordnungen): Typisches Beispiel für legislative Aufgabenbearbeitung der Exekutive wird ergänzt durch Inkompatibilitäten: Eine Person alleine darf nicht Inhaber aller/mehrerer Ämter sein und damit zu viel Macht erlangen → Bundesverfassungsrichter darf z.B. nicht mit in Legislative sitzen und dann über eigenes Gesetz entscheiden, was er gerne hätte Art. 31 BverfGG → greift damit unmittelbar in Legislative ein Kontrollbefugnisse zwischen Gewalten durch Wahlen kein Eingriff in den Kernbereich einer anderen Gewalt Sinn und Zweck der Gewaltenteilung 1. Gegenseitige Kontrolle der Gewalten, Verhinderung von Machtmissbrauch 2. Sachgerechte Zuordnung staatlicher Funktionen und Kompetenzen 3. Teilhabe möglichst vieler Personen an der Ausübung von Staatsgewalt Einführung in das Recht Frank Fechner 17 von 28 10. Vorlesung – 09.01.08 D – Oberste Staatsorgane Bundestag → I 1. Bedeutung • • • • • • Abschnitt 3 im GG, besonders Art. 38, 39 Art. 63, 68 GG starke Stellung im Staat wesentlichen Organ der Gesetzgebung Wahl des Bundespräsidenten Grundsatz der Diskontinuität: alle Verfahren die vom Bundestag begonnen wurden, sind mit Neuwahl eines Bundestages erledigt, d.h. alle begonnenen Verfahren müssen komplett neu begonnen werden 2. Wahl des Bundestags • • vom Volk direkt gewählt Legislaturperiode beträgt 4 Jahre 3. Rechte und Aufgaben des Bundestags a) Geschäftsordnungsautonomie b) Rechte der Gesetzgebung • ohne Bundestag kommt kein Gesetz zustande • Wesentlichkeitstheorie • Art. 80 GG c) Wahl und gegebenfalls Abberufung des Bundeskanzlers • Misstrauensvotum Art. 67 GG • kein Misstrauensvotum gegen einzelne Minister möglich • Bundeskanzler hat eigentlich schwache Stellung im Vergleich zum Bundestag d) Beteiligung an der Wahl des Bundespräsidenten (Art. 54 GG) • Art. 61 e) Budgetrecht • Haushaltsgesetz • finanziell umgesetztes Regierungsprogramm • Art. 110 Abs. 2 GG f) Kontrolle der Regierung durch das Parlament g) Feststellung des Verteidigungsfalls h) Untersuchungsausschüsse • Enquêterecht: Art. 44 • Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses muss rechtmäßig sein 1. Mehrheitsenquête: freiwillig durch die Mehrheit des Bundestages → zweifelhaft, das sich Regierung selber überprüft 2. Minderheitsenquête: Antrag von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundestages 3. Hinreichend bestimmter Antrag 4. Untersuchungsrecht bezieht sich nur auf Gegenstände, die im Zuständigkeitsbereich des Bundestages liegen → Untersuchungsausschuss darf private Firma in die Mangel nehmen, wenn es z.B. um den Missbrauch von Steuergeldern geht 4. Stellung der Abgeordneten • • • Freies Mandat: Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG: Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen unterworfen, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden kein Fraktionszwang Immunität und Indemnität: ■ Indemnität: Art. 46 Abs. 1 GG: Abgeordnete können wegen der im Bundestag getätigten Abstimmunfg oder Äußerungen nicht strafrechtlich verfolgt werden (Ausnahme: verleumderische Beleidigungen i.S.d. § 187 StGB) ■ Immunität: Art. 46 Abs. 2 GG: Verfolgung einer mit Strafe bedrohten Handlung nur mit Genehmigung des Bundestages. Auch außerhalb des Parlaments begangene Straftaten → Einführung in das Recht • • • Frank Fechner 18 von 28 sprich: ich kann nicht kurz vor einer Entscheidung einen Minister eine Straftat anhängen, damit er in U-haft kommt, nicht an der Wahl teilnimmt und diese zu meinen Gunsten ausfällt Ausnahmen: ■ Bundestag erteilt die Genehmigung ■ Täter wird auf frischer Tat festgenommen ■ Strafverfolgung nach Ende der Legislaturperiode ■ Grund: Wahrung der Funktionsfähigkeit und des Ansehens des Parlaments Abgeordnete sind Vertreter des ganzen Volkes, nicht nur ihrer Partei Parteiausschluss hat keinen Mandatsverlust zur Folge → wird nur Fraktionslos → kann sich dann z.B. anderer Partei anschließen Stellung politischer Parteien • • • • verfassungsrechtliche Stellung der Parteien: Art. 21 GG Nähere Ausgestaltung: Parteiengesetz Chancengleichheit der politischen Parteien: Der Staat hat alles zu unterlassen, was die Chancen der Parteien untereinander beeinträchtigt (besonderer Fall des Gleichheitsgrundsatzes) Einzelheiten: § 5 PartG Abs. 1 Bundesrat → II 1. Funktion und Rechtsgrundlagen • • • • • • • • Abschnitt 4 im GG Art. 50, 51 GG oberstes Staatsorgan des Bundes aus Bundeshaushalt finanziert besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder Stimmen pro Land können nur einheitlich abgegeben werden → Mitglieder sind an Weisungen ihrer Regierung gebunden Mitglieder können jederzeit von Landesregierung gewechselt werden Anzahl der Stimmen hängt von Einwohnerzahl ab; jedes Land hat mindestens 3 Stimmen 1. Mitglieder des Bundesrates werden von den Landesregierungen entsandt (Art. 51 Abs.3 Satz 1 GG). Mitglieder sind an Weisungen ihrer Regierung gebunden. 2. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich abgegeben werden: Art. 51 Abs. 3 Satz 2 GG Zahl der Mitglieder sagt nichts über Stimmenzahl aus: 1 Vertreter eines Landes kann alle Stimmen seines Landes abgeben, muss nur einheitlich sein 3. Imperatives Mandat (im Gegensatz zum freien Mandat der Bundestagsabgeordneten). Abgabe der Stimmen durch einen „Stimmführer“. 4. Grundsatz der Diskontinuität parlamentarischer Arbeit gilt nicht für den Bundesrat. Zuständigkeit: Bundesrat ist oberstes Bundesorgan, daher nur für Aufgaben zuständig die dem Bund selbst zustehen. Das Gesetzgebungsverfahren 1. Gesetzesinitiative → ausformulierter Gesetzestext (Art. 76 GG) 2. Beschlussfassung durch Bundestag und Bundesrat 3. Ausfertigung und Verkündung Einspruchs- und Zustimmungsgesetze Einspruchsgesetze: Sind alle Gesetze, die das Grundgesetz nicht als Zustimmungsgesetz bezeichnet: „Einfache Gesetze“. Weist der Bundestag den Einspruch des Bundesrates zurück, so kommt das Gesetz ungeachtet des Einspruchs des Bundesrates zu Stande. Zustimmungsgesetz: nur solche Gesetze, die vom Grundgesetz als Zustimmungsgesetze bezeichnet werden. Der Bundesrat kann durch Verweigerung seiner Zustimmung das beabsichtigte Gesetz verhindern. Einführung in das Recht Frank Fechner 19 von 28 11. Vorlesung – 15.01.08 Bundesregierung → III 1. Bedeutung • • • oberste Staatsleitung trifft politische Grundentscheidungen macht grundlegende Planungsentscheidungen 2. Mitglieder • • • • • • • besteht aus Bundeskanzler und Bundesministern (Art. 62 GG) Bundesrat wählt Kanzler (Art. 63 GG) auf Vorschlag des Präsidenten ■ Kanzler muss absolute Mehrheit auf sich vereinigen, sonst nicht gewählt (Art. 63 Abs. 2 GG) ■ Mehrheit = Mehrheit aller Mitglieder, nicht nur der die gerade anwesend sind Minister auf Vorschlag des Kanzlers vom Präsidenten ernannt und entlassen (Art. 64 GG) ■ d.h. Ohne Vorschlag keine wirksame Ernennung Kanzler legt Geschäftsbereiche und Zahl der Ministerien fest Amt des Kanzlers/Ministers endet spätestens mit Zusammentritt eines neuen Bundestages konstruktives Misstrauensvotum (Art. 67 GG): Minister können sich gegen Kanzler „verbünden“ und neuen Kanzler wählen ■ soll Regierungsstabilität wahren Kanzler kann Vertrauensfrage stellen (Art. 68 GG): kann testen ob Mehrheit der Minister noch hinter ihm steht ■ Präsident kann auf Vorschlag des Kanzlers Bundestag auflösen und entscheiden ob Neuwahlen stattfinden oder Minderheitsregierung weiter regiert ■ Problem: Vertrauensfrage nur gestellt um Neuwahlen herbei zu führen 3. Minister • • jeder Minister hat eigenen Geschäftsbereich (Art. 67 Satz 2 GG) → Ressortprinzip Regierung entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Ministern und über alle Gesetzesentwürfe und Verordnungen → Kollegialitätsprinzip (Art. 65 Satz 3,4 GG) 4. Kanzler • • • Kanzlerprinzip (Art. 65 Satz 1) Kanzler gibt Richtlinien der Politik vor und trägt dafür Verantwortung (Art. 85 GG) Richtlinien = allgemeine Grundsätze und Ziele der Regierungsarbeit Bundespräsident → IV 1. Bedeutung • • • • • Staatsoberhaupt der BRD in erster Linie repräsentative Aufgaben vertritt BRD nach außen soll sich politisch neutral verhalten schwächere Stellung als Reichspräsident damals 2. Wahl • • BP durch Bundesversammlung gewählt (Art. 54 GG) Bundesversammlung kommt nur zur Wahl zusammen ■ besteht aus Mitgliedern des Bundestages und aus gleicher Anzahl von Wahlmännern die von Landesparlament gewählt werden 3. Aufgaben • Anordnungen und Verfügungen vom BP müssen durch Kanzler und zuständigen Minister gegengezeichnet werden (Art. 58 Satz 1 GG) Einführung in das Recht • Frank Fechner Hat BP Prüfungsrecht im Gesetzgebungsverfahren? ■ Muss nach GG zustande gekommen Gesetze gegenzeichnen und veröffentlichen (Art. 82 GG) ■ darf er auch Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes prüfen (materielles Prüfungsrecht) und eventuell Ausfertigung verweigern ■ hat auf jeden Fall formelles Prüfungsrecht nach Art. 82 GG ■ darf auch Zweckmäßigkeit eines Gesetzes überprüfen ■ ob er auch materielles Prüfungsrecht hat ist strittig ➢ hat eins bei schwerwiegenden und offensichtlichen Verfassungsverstößen E – Grundrechte Bedeutung der Grundrechte → I • • • • • • • 20 von 28 stehen am Anfang der Verfassung → daraus ergibt sich fundamentale Bedeutung innerhalb der Grundrechte steht Menschenwürde an erster Stelle dienen als Abwehrrechte gegen den Staat stellen aber auch Individuelle Rechte des Einzelnen dar Gesetzgeber ist an Grundrechte gebunden prozessuale Durchsetzbarkeit der Grundrechte: Art. 19 Abs. 4 GG ○ Mittel zur Durchsetzung ist die Verfassungsbeschwerde Unterscheide: ○ Menschenrechte: gelten für alle unabhängig von Rasse oder Staatsangehörigkeit ○ Deutschengrundrechte (Bürgerrechte): stehen nur Deutschen zu Einführung in das Recht Frank Fechner 21 von 28 12. Vorlesung – 23.01.08 Einteilung von Grundrechten • • • Abwehrrechte / Teilhaberechte → des Bürgers gegenüber dem Staat Bundesgrundrechte / Landesgrundrechte ○ Bundesgesetz (Grundgesetz) geht Landesgesetz vor, aber Schutz kann erweitert werden (Lernmittelfreiheit) Freiheitsgrundrechte (Art. 2, 4, 5, 6, 13 GG) / Gleichheitsgrundrechte (Art. 3, 33 GG) ○ stehen im Gegensatz zueinander (viel Freiheit ↔ wenig Gleichheit) Aufbau des Grundrechtssystems Menschenwürde Art. 1 Abs. 1 GG Allgemeines Freiheitsgrundrecht Art. 2 Abs. 1 GG Allgemeines Gleichheitsgrundrecht Art. 3 Abs. 1 GG Spezielle Freiheitsgrundrechte z.B. Art. 5 Abs. 1 GG Spezielle Gleichheitsgrundrechte z.B. Art. 33 Abs. 1,2 GG spezielleres Grundrecht geht dem allgemeineren Grundrecht vor → vom speziellen zum allgemeinen Recht prüfen Fallaufbau bei Freiheitsgrundrechten 1. Schutzbereich (≡ Tatbestand, z.B. Waffen bei Demo sind Widerspruch zur Versammlungsfreiheit) Fallbeispiel: Passantrag für Ausreise aus Deutschland wurde abgelehnt → Art. 11 GG → „Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet“ → nicht Ausland 2. Eingriff hat ein Eingriff des Staates überhaupt statt gefunden? → in Zweifel „Ja“ 3. verfassungsrechtliche Rechtfertigung durfte Staat eingreifen? Einschränkung von Grundrechten möglich (z.B. Freiheit der Kunst) Fallaufbau bei Gleichheitsgrundrechten 1. Feststellung der Ungleichbehandlung (Gleichbehandlung) Gleiches ist gleich zu behandeln, Ungleiches ungleich 2. verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung (Gleichbehandlung) Anwendungsbereich der Grundrechte → II • • • • • • • Grundrechtsfähigkeit: Fähigkeit, einer natürlichen oder juristischen Person, Träger von Grundrechten zu sein Grundrechtsmündigkeit: Fähigkeit natürlicher Personen, Grundrechte selbstständig ausüben zu dürfen Grundrechtsadressaten (Grundrechtsverpflichtete): Jeder Träger öffentlicher Gewalt (Art. 1 Abs. 3 & Art. 20 Abs. 3 GG) → III „keine Flucht ins Privatrecht“ öffentlicher Verkehr → AGs Gefängnis: Lesen der Post der Gefangenen ↔ Briefgeheimnis ○ früher: kein Gesetz, nur Anordnung → BverfG, Anordnung unzulässig ○ heute: Gesetz → erlaubt (Art. 10 Abs. 2 GG) ○ Art. 19 GG → Einschränkung von Grundrechten möglich, aber nur durch Gesetze Geltung der Grundrechte auch in „Sonderstatusverhältnissen“ Einführung in das Recht • • Frank Fechner 22 von 28 haben keine unmittelbare Drittwirkung Ausgang: Bürger ↔ Staat, Arbeitnehmer ↔ Arbeitgeber, Kinder ↔ Eltern Grundrechtswirkungen Staat Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen des Staat Bürger Bürger Keine unmittelbare „Drittwirkung“ → IV, jedoch: Grundrechte als Wertordnung mit Bedeutung für alle Bereiche des Rechts (insbes. über die „Generalklauseln“) Grundrechtsschranken Grundrechte mit Gesetzesvorbehalt z.B. Art. 8, 10 GG „geschlossene Grundrechte“ (ohne Gesetzesvorbehalt) Schranken-Schranken (Einschränkungen der Gesetzgebung bei Grundrechtsänderungen/-einschränkungen) 1. Verbot von Einzelfallgesetzen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG 2. Zitiergebot Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG 3. Wesengehaltsgarantie Art. 19 Abs. 2 GG 4. Wechselwirkungslehre Einschränkung von Grundrechten möglich, aber in „schonender“ Weise Schranken: - Grundrechte Dritter - andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte (z.B. Jugendschutz) Geschlossene Grundrechte • • z.B. Kunstfreiheit Art. 5 Abs. 3 GG ohne Schrankenvorbehalt Begrenzung nur durch: ○ Grundrechte Dritter ○ andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte ○ Einfache Gesetze allein reichen zur Begrenzung nicht aus!!! Grundrechtsgleiche Rechte • • werden in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG (Verfassungsbeschwerde) den Grundrechten gleichgestellt einige grundrechtsgleiche Rechte sind: ○ gleiche staatsbürgerliche Rechte Art. 33 Abs. 1 GG ○ Wahlrecht Art. 38 Abs. 1 GG ○ „Justizgrundrechte“ Art. 101ff GG insbes.: Anspruch auf rechtliches Gehör Art. 103 Abs. 1 GG keine Strafe ohne Gesetz Art. 103 Abs. 2 GG Verbot der Doppelbestrafung Art. 103 Abs. 3 GG Rechtsgarantien bei Freiheitsentziehung Art. 104 GG Einführung in das Recht Frank Fechner 23 von 28 13. Vorlesung – 30.01.08 Beispielklausur 1. Worin unterscheidet sich eine Rechtsnorm im Wesentlichen von Normen der Sittlichkeit und der Moral? (2 Punkte) • Rechtsnormen sind vom Staat durchsetzbar 2. Welches sind die typischen Elemente einer Rechtsnorm? Verdeutlichen Sie Ihre Antwort an eine m Beispiel! (3 Punkte) • • Tatbestand und Rechtsfolge Bsp: § 211 Mord – lebenslange Freiheitsstrafe 3. Nennen Sie einen Rechtsbereich, der dem Privatrecht zuzuweisen ist, aber nicht dem Bürgerlichen Recht (Zivilrecht)! (2 Punkte) • • normales Privatrecht: gilt für alle Bürger Sonderprivatrecht: z.B. HGB – Handelsgesetz 4. Welches ist die jeweilige Zielsetzung der Rechtsgeschichte und der Rechtsvergleichung? (2 Punkte) • • Rechtsgeschichte = Methode des juristischen Arbeitens; woraus hat sich Gesetz entwickelt Rechtsvergleichung = verschiedene nationale Rechte werden gegenübergestellt 5. Welches sind die beiden wichtigsten Voraussetzungen einer Analogiebildung im Recht? (2 Punkte) • • Lücke im Gesetz speziell planwidrige Regelungslücke (wenn es geplant wäre, das bestimmter Bereich nicht geregelt wird, dann gäbe es ja kein Problem) vergleichbarer Sachverhalt (nicht Äpfel mit Birnen vergleichen) 6. Nennen Sie zwei Fallbereiche, in denen dem Rechtsfrieden Vorrang vor der Gerechtigkeit eingeräumt wird. (2 Punkte) • • Verjährung Strafmilderung, bei Aussagen gegen/für andere laufende Verfahren 7. Dem Abgeordneten A. des deutschen Bundestages wird vorgeworfen, er habe einen Mord begangen. Staatsanwalt S. möchte bei Richter R. einen Haftbefehl erwirken. Was hat R hierbei staatsrechtlich zu beachten? (2 Punkte) • Immunität: Art. 46 Abs. 2 8. Ist das Haushaltsgesetz (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG) ein Gesetz im formellen oder im materiellen Sinne oder beides? Begründen Sie Ihre Antwort unter Erläuterung der Begriffe! (3 Punkte) • • • Gesetze im formellen Sinne = für Verfahren materielles Gesetz = stellt Ausführung dar; aus diesen entstehen Pflichten/Rechte für den Bürger Haushaltsgesetz = formelles Gesetz 9. Welche Staatsformen stellt Aristoteles dem Königtum, der Aristokratie und der Politeria als deren Entartungsformen jeweils entgegen? (3 Punkte) Idealform Entartung Königtum Tyrannis Aristokratie Oligarchie Poltiteia Demokratie Einführung in das Recht Frank Fechner 24 von 28 10.Ordnen sie die Begriffe Staatenverbund, Staatenbund, Einheitsstaat und Bundesstaat nach der Intensität des Zusammenschlusses. Was soll der Begriff des Staatenverbundes aussagen? (4 Punkte) • • • • • Einheitsstaat, Bundesstaat, Staatenverbund, Staatenbund Einheitsstaat – alles zentralistisch - nach oben in einem Punkt zusammengefasst Bundesstaat – Staatlichkeit der Länder, dennoch Bund starke Kompetenzen Staatenverbund – geprägt für EU / EG – EU hat eigene Rechtlichkeit Staatenbund – z.B. UNO – jedes Mitgliedsland hat noch eigene Souveränität 11.Stellen Sie sich vor, der Bund plant für die Durchführung der Olympiade in Leipzig ein „OlympiaFörderungsgesetz“. Auf welche Kompetenz könnte sich der Bund hierfür berufen? Würde es sich um ein Zustimmungs- oder Einspruchsgesetz handeln? (4 Punkte) • • • besteht Bundeskompetenz? (Art. 71-74 GG) wenn das nicht zutrifft dann Art. 70 GG – Auffangkompetenz der Bundesländer es geht um Außendarstellung von Deutschland - Bund hat Kompetenz kraft Natur der Sacheauswärtige Kompetenz 12.Erläutern Sie stichwortartig die Wahlrechtsgrundsätze für die Bundestagswahl! Wo sind diese geregelt? Welche Norm des GG macht die Anwendung dieser Grundsätze auf Landtagswahlen erforderlich? (7 Punkte) • • Art. 38 Art. 28 13.A liest in der Zeitung die Anzeige der Ilmenauer Lebensmittelgroßhandlung L: „Angebot der Woche: 500g Erdbeeren 1,50€“. A geht zu L und sagt: „ich nehme ihr Angebot aus der Zeitung an und kaufe zwei Schalen Erdbeeren“. Die Verkäuferin erklärt ihm, die Erdbeeren seien bereits ausverkauft. A ist der Auffassung L müsse den mit ihm geschlossenen Vertrag erfüllen, indem er Erdbeeren nachkauft und zu dem vereinbarten Preis verkauft. Trifft L diese Pflicht? (4 Punkte) • Anzeige = Aufforderung ein Angebot abzugeben, ist kein Angebot im juristischen Sinne, damit ist kein Vertrag zustande gekommen und L hat keine Pflicht (§ 433 BGB) Einführung in das Recht Frank Fechner 25 von 28 G – Überblick Europarecht • • EU war zuerst EWG - also nur Wirtschaftszusammenschluss EU besteht aus 3 Säulen: → Seite 33 ○ EG – Europäische Gemeinschaft ■ Zollunion ■ Binnenmarkt ■ Gemeinsame Agrarpolitik ■ Strukturpolitik ■ Wirtschafts- und Währungsunion ○ Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ○ Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik (Polizei und Strafjustiz) Organe der EU 1. Europäischer Rat (Art. 4 EUV) • • • • • • Leitorgan der EU - „Richtlinienkompetenz“ Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und Kommissionspräsident rechtlich gesehen kein Organ der EU tagt zweimal halbjährlich (EU-Gipfel) Verständigung über allgemeine politische Zielvorstellungen auf „höchster Ebene“ koordiniert die weitere Entwicklung der EU und gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik 2. Rat der EU (Ministerrat) Art. 202ff EGV • • • • • Sitz: Brüssel Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten = nationale Interessen der Mitgliedstaaten werden vertreten Gesetzgebungsorgan der EU Stimmenverteilung nach der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten Ratspräsidentschaft wechselt halbjährlich Einführung in das Recht Frank Fechner 26 von 28 14. Vorlesung – 06.02.08 3. Europäische Kommission, Art. 211 ff. EGV • • • • • • Sitz: Brüssel Kommissionspräsident + 26 Kommissare Exekutivorgan der EU – setzt Beschlüsse des Ministerrats und des europäischen Parlaments um daneben Initiativrecht für Rechtsvorschriften Kontrollaufgaben: „Hüterin der Verträge“ → überwacht gemeinsam mit dem EuGH die Einhaltung der Verträge durch die Mitgliedstaaten „Vertreterin“ der Gemeinschaft; handelt auf internationaler Ebene in den Bereichen Handel und Zusammenarbeit internationale Übereinkommen aus 4. Europäisches Parlament, Art. 189 ff. EGV • • • • Sitz: Straßburg einziges durch Direktwahl legitimiertes Organ der EU Legislativorgan ohne eigenes Initiativrecht Kontrolle der Kommission (Misstrauensvotum → Rücktritt der Kommission) 5. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Art. 220 ff. EGV • • • • Sitz: Straßburg Judikative überprüft Rechtsakte der Organe der EU und das Verhalten der Mitgliedstaaten zur Entlastung wurde das Europäische Gericht als 1. Instanz geschaffen weitere Organe • • • • Europäische Zentralbank – Währungsbehörde Europäischer Rechnungshof – prüft die ordnungsgemäße Verwendung von Einnahmen und Ausgaben der Institutionen der EG Wirtschafts- und Sozialausschuss – Anhörung bei Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik Ausschuss der Regionen – Schutz von regionalen Belangen H – Überblick über die privatrechtlichen Rechtsgebiete Privatrecht Bürgerliches Recht = Zivilrecht (gilt für jedermann) Sonderprivatrecht (gilt für bestimmte Personengruppen; z.B. das Handelsrecht für Kaufleute Übersicht über das BGB → I / 1 1. Buch – Allgemeiner Teil • enthält grundlegende Regelungen, die für nachfolgende Bücher gelten 2. Buch – Recht der Schuldverhältnisse 3. Buch – Sachenrecht 4. Buch – Familienrecht 5. Buch – Erbrecht Einführung in das Recht Frank Fechner 27 von 28 Vertragsrecht → I / 2 • • • • • Vertrag: Willenseinigung von mindestens zwei Personen Jeder der beteiligten Personen muss eine Willenserklärung (WE) abgegeben haben. Die Willenserklärungen der Partner müssen inhaltlich übereinstimmen Eine bestimmte Form ist grundsätzlich nicht erforderlich Eine WE ist eine private Äußerung eines Willens, die auf Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Eine WE besteht aus zwei Elementen: • • dem inneren Willen der Äußerung des Willens Vertragsschluss • • • • • • Ein Vertrag wird durch Angebot und Annahme abgeschlossen Das Vertragsangebot ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung Eine Aufforderung, ein Angebot abzugeben (invitaio ad offerendum) ist selbst kein Angebot Durch die Annahme wird das Einverständnis mit dem Angebot zum Vertragsschluss erklärt. Annahme und Angebot müssen miteinander übereinstimmen Stimmen die WE der Vertragsschließenden überein, so kommt ein Vertrag zustande. Liegt demgegenüber ein Dissens vor, so richtet such das Zustandekommen des Vertrags nach dem §§ 154 f. BGB Kaufvertrag §§433 ff. BGB Pflichten des Verkäufers: • Übergabe der Kaufsache an den Käufer • Verschaffen des Eigentums an der Kaufsache an den Käufer (§ 433 Abs. 1 BGB) Pflichten des Käufers: • Zahlung des vereinbarten Kaufpreises • Abnahme der Sache (§433 Abs. 2 BGB) Eigentumsvorbehalt: • bei Ratenkauf: erst wenn Kaufpreis vollständig bezahlt wandert Eigentum vom Verkäufer zum Käufer Abstraktionsprinzip → I / 2 (Seite 37) • • • Ein Verpflichtungsgesetz ist ein Rechtsgeschäft, durch das Verpflichtung zu einer Leistung begründet wird. Ein Verfügungsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht unmittelbar übertragen, geändert oder aufgehoben wird. (Durch das Verfügungsgeschäft vermindern sich unmittelbar die Aktiva des Verfügenden.) §§ 929, 932, 935 BGB Rechtssubjekte → I / 2 (Seite 38) • • Rechtsfähigkeit: Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein Geschäftsfähigkeit: Fähigkeit, wirksame Rechtsgeschäfte vornehmen zu können (§ 104 BGB) Geschäftsfähigkeit: • Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig: § 105 Abs. 1 BGB • Minderjährige sind beschränkt geschäftsfähig: § 106 BGB • Die Wirksamkeit eines ohne Einwilligung geschlossenen Vertrages hängt von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab: § 108 Abs. 1 BGB. Bis zur Erteilung der Genehmigung ist das Rechtsgeschäft „schwebend unwirksam“ (§ 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB) Einführung in das Recht Frank Fechner 28 von 28 Formbedürftigkeit von Rechtsgeschäften → I / 2 (Seite 38) • • • • Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich formlos wirksam Formbedürftig sind sie wenn: ○ eine bestimmte Form gesetzlich vorgeschrieben ist ○ oder zwischen den Parteien vereinbart worden ist Funktion der Formvorschriften: ○ Beweisfunktion ○ Beratungsfunktion ○ Warnfunktion Wird eine vom Gesetz vorgeschriebene Form nicht beachtet, so ist das Rechtsgeschäft nichtig: § 125 Satz 1 BGB Nichtigkeit von Rechtsgeschäften → I / 2 (Seite 39) Nichtigkeitsgründe sind: • Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot: § 134 BGB ○ z.B. Strohmann-Geschäfte • Verstoß gegen die guten Sitten: § 138, insbesondere Abs. 2 BGB: Wucher Ansprüche → I / 2 (Seite 40) Ein Anspruch ist das subjektive Recht einer Person, von einer anderen Person ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB) Ein Anspruch setzt immer eine Anspruchsgrundlage voraus: ohne Anspruchsgrundlage kein Anspruch! Anspruchsgrundlage kann eine Rechtsnorm sein, sie kann sich aber auch aus einem Rechtsgeschäft ergeben. Ansprüchen können Gegenrechte entgegenstehen.