PREDIGT „LICHT IM DUNKELN“ Oberentfelden, 11vor11, 30.10.2016 Liebe Gemeinde! Übermorgen fängt der November an. Kürzlich habe ich eine Umfrage gelesen, welches der unbeliebteste Monat ist bei den Schweizern. Da haben 47 % angegeben, es sei der November. Mir geht es auch so. Was ist das Problem des Novembers? Er ist grau, kalt, regnerisch, trostlos. Im November feiern wir den Ewigkeits- oder Totensonntag, die Katholiken haben am 1.Nov. Allerheiligen und denken an ihre Verstorbenen zurück. Zudem feiern immer mehr v.a. Jugendliche morgen Halloween, ein düsteres Gruselfest, bei dem es um die Mächte der Finsternis geht – als Einstimmung in den November. Vor uns liegt ein düsterer Monat. Und wenn man erst die aktuellen Nachrichten anschaut, wird dieser Eindruck noch verstärkt. Es ist ja fast nicht mehr zum Anschauen. Wir haben uns schon an den brutalen Bürgerkrieg in Syrien und im Irak gewöhnt, aber auch sonst in der Welt ist es nicht gemütlich, viele Orte, die man noch vor 10 Jahren bedenkenlos besuchen konnte, sind heute gefährlich … Wir leben in einer finsteren Welt. Mit dieser dunklen Zeit wollen wir heute befassen und schauen, ob es da einen Lichtblick gibt. 1. Dunkelheit 2. Lichtblick 3. Licht sein 1. Dunkelheit Nicht nur in unserer Welt ist es häufig finster, sondern auch in unserem Leben kann es finster sein oder werden – manchmal schneller als man denkt. Wenn wir Abschied nehmen müssen von einem lieben Mitmenschen kommt es einem vor, wie wenn eine ganze Welt zusammengekracht wäre. Die Trauer überwältigt einen, man hat das Gefühl, gar nicht mehr aus diesem finsteren Tal herauszukommen. Oder wenn man vor einem schwerwiegenden Entscheid steht und nicht weiss, ob man so oder so entscheiden soll, dann ist es, wie wenn man im Dunkel tappt, man irrt umher, weiss nicht, wo man ist. Es ist wie wenn man in der Nacht an einem unbekannten Ort herumirrt. In den Herbstferien waren wir auf einem Campingplatz, auf dem mitten in der Nacht die Strassenbeleuchtung ausgeschaltet wird. Ich bin bei beleuchteter Strasse aufs WC gegangen und als ich wieder herauskam, war es stockfinster, zudem war noch Neumond – ich sah also wirklich nichts und tappte mich sorgfältig zu unserem Wohnwagen zurück. Einmal wäre ich fast gestrauchelt. So ist es manchmal auch im Leben. Rundum ist es finster, wir können uns kaum orientieren und haben vielleicht auch noch Angst. Diese Dunkelheit ist sehr unangenehm, am liebsten würden wir ihr ausweichen, aber manchmal kommt sie unausweichlich auf uns zu – durch eine Krankheit, den Tod eines lieben Menschen, den Verlust der Arbeitsstelle oder Streit mit jemandem, der einem wichtig ist. Plötzlich sind wir in so einem finsteren Loch und sehen keinen Ausweg mehr, mitten am Tag ist es Nacht, trostlos wie der November. Vor lauter Finsternis sieht man die Wirklichkeit, das Leben gar nicht mehr, man nimmt nicht einmal mehr Mitmenschen wahr – habt ihr das auch schon erlebt? Das Schlimme daran ist: mit der Zeit gewöhnen wir uns so an die Dunkelheit in unserem Leben, dass wir meinen, das sei normal, dass wir gar nicht mehr realisieren, dass wir in der Dunkelheit sitzen, nicht einmal, wenn jemand von aussen uns darauf aufmerksam macht. Und trotzdem wollen wir da herauskommen. Was kann man da machen? Da gibt es verschiedene Hilfsmittel: Man kann den Fernseher anstellen, damit wieder etwas Licht ins Leben kommt, andere probieren, mit Alkohol oder mit irgendwelchen Tabletten gegen die Finsternis anzukämpfen oder verdrängen sie, indem sie wegschauen und der Auseinandersetzung ausweichen. Hilft dies weiter? Nein! Es bringt nichts, die Dunkelheit zu verdrängen – irgendwann kommt sie wieder zurück. Aber gibt es denn einen Lichtblick? 2. Lichtblick Bei der Vorbereitung der Predigt bin ich auf ein sehr spannendes Video gestossen: Vor 3 Jahren ist vor der Küste von Nigeria der Schlepper „Jascon 4“ gesunken mit 12 Mann an Bord. Holländische Bergungstaucher machten sich daran, die Todesopfer in dem Schlepper zu suchen, sie waren mit Kameras mit dem Kontrollschiff verbunden. Plötzlich taucht da im milchig trüben Atlantikwasser eine Hand auf – und sie packt nach den Fingern des erschrockenen Tauchers… und vom Kontrollraum schreit eine Stimme „Er lebt! Er lebt!“ Es war die Hand des Schiffskochs Harrison Odjegba Okene. Drei Tage lang hatte der Nigerianer Okene ausgeharrt, in 30 Metern Tiefe an Bord seines versunkenen Schiffes – eiskalt und stockfinster. Am Meeresgrund überlebte er, weil sich im Wrack eine Luftblase gebildet hatte. Könnt ihr euch vorstellen, wie der Taucher erschrocken ist, als ihm eine lebendige Hand entgegenkam? Er konnte ihm eine Sauerstoffmaske anziehen und musste ihn ganz langsam wieder an den „normalen“ Druck gewöhnen. Die Rettung dauerte 60 Stunden – niemand hätte daran geglaubt, dass da jemand überlebt hätte und Okene hat in der Finsternis nur noch die Psalmen gebetet, die ihm seine Frau beigebracht hatte. Es war eine Rettung von der Finsternis ans Licht, so unwahrscheinlich, dass heute viele von einem Wunder sprechen. Video anschauen https://www.youtube.com/watch?v=H_dmLqQgJTE Dieses Video hat mir sehr zu denken gegeben. Die Vorstellung in völliger Dunkelheit zu sitzen, ohne Aussicht auf Rettung, muss brutal gewesen sein. Aus eigener Kraft einen Ausweg aus dem Schiff zu finden, wäre unmöglich. In der Luftblase aber kann man nur für eine kurze Zeit bleiben, bis der Sauerstoff verbraucht ist. Doch wenn dann unverhofft die rettende Hand entgegengestreckt wird, hat man genau zwei Möglichkeiten: entweder sich bedingungslos der Person anzuvertrauen, die einen aus der Dunkelheit retten will, oder in der Dunkelheit zu bleiben und auf den sicheren Tod zu warten. Ist es nicht auch so in unserem Leben. In der Bibel lesen wir, dass wir in der Dunkelheit leben, in dieser Welt, die immer wieder neue Schreckensmeldungen bringt, aber auch in unseren persönlichen dunklen Stunden, verursacht durch Krankheit, Tod, Streit oder Schicksalsschläge. Und da kommt dann noch die geistliche Finsternis dazu, dass wir von Gott getrennt sind, weil wir es nicht schaffen, seine Gebote zu halten. Aus eigener Kraft können wir uns nicht retten – genausowenig wie Okene aus seinem Schiffswrack. Für ihn kam plötzlich ein Lichtschimmer in der Dunkelheit – er streckte seine Hand nach diesem Licht aus und fand die Hand des Tauchers. Genau dies können auch wir in unserer Dunkelheit. Die Erklärung finden wir in Joh 8,12, da sagt Jesus: „Ich bin das Licht für die Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht mehr in der Dunkelheit umherirren, sondern folgt dem Licht, das ihn zum Leben führt.“ Er streckt uns allen seine Hand hin. Er will nicht, dass wir „in der Dunkelheit umherirren“, sondern er will, dass wir leben und ans Licht kommen. Licht ist grundsätzlich stärker als Dunkelheit. Habt ihr schon mal versucht, an einem sonnigen Tag etwas Finsternis in den Garten zu bringen? Das geht nicht! Aber umgekehrt: wenn es stockfinster ist, reicht auch schon ein kleines Kerzlein, um die Finsternis zu brechen. Das kleine Licht kann die grosse Dunkelheit überwinden. So ist es auch mit Jesus Christus, dem Licht der Welt. Auch wenn es rundherum finster ist, kann er sein Licht leuchten lassen. Schliesslich ist er ja zusammen mit seinem Vater der Erfinder des Lichts, das lesen wir schon auf der 1. Seite der Bibel: „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.“ Er ist aber nicht nur der Erfinder des Lichts, das uns hilft, dass wir mit unseren Augen die Welt in ihrer ganzen Schönheit sehen können. Er will eben auch im übertragenen Sinne das Licht sein, das unser manchmal düsteres Herz erleuchtet, das uns in aussichtslosen Situationen wieder neue Hoffnung gibt. Wenn wir sein Licht in unserem Herzen haben, brauchen wir nicht betrübt in die Welt zu schauen. Das heisst nicht, dass uns nichts Trauriges mehr passieren wird. Aber gerade in traurigen Zeiten schenkt er uns, dass wir ein Licht am Ende des Tunnels sehen, er begleitet uns durchs finstere Todestal, wie wir in Ps 23,4 lesen. Er kann uns wieder aufrichten und wieder neue Lebensfreude geben. Auch Ps 27,1 berichtet von diesem Licht: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?“ Das finde ich genial! Wenn er unser Licht ist, wenn wir uns in sein Licht stellen, brauchen wir vor nichts mehr Angst zu haben. Weil sein Licht stärker ist als alle Finsternis dieser Welt. Manche Dunkelheit des Lebens verliert ihre Schrecken. Wir sind nicht allein. Auch in Angst, Sorge und Not ist er bei uns. Auch in Unsicherheiten und Zweifeln lässt er uns nicht los. Wir müssen uns nicht mit den Notlichtern und Irrlichtern dieser Welt zufrieden geben weil er selbst, das wahre Licht, uns den Weg zeigt. Und wie kommen wir zu diesem Licht, das uns unseren Lebensweg erhellt? Das haben wir vor der Predigt bereits gesungen, Ps 119,105: „Dein Wort ist eine Leuchte für meinen Fuss und ein Licht auf meinem Weg.“ Die Bibel, Gottes Wort zeugt von diesem Licht und leuchtet uns unseren Weg durch den Dschungel des Lebens – ich weiss jedenfalls keinen besseren und aktuelleren Lebensberater. Das haben wir ja in unserem Theater gesehen: „Du bisch e Gott, wo sicher füehrt, au we mer sich verirrt.“ Allerdings zeigt die Bibel uns auch, wo in unserem Leben noch finstere Flecken sind, wo wir auch versagt haben. Damit können wir 2 verschiedene Sachen machen: entweder geschickt unter den Teppich wischen und tun, wie wenn nichts wäre – aber irgendwann hat es keinen Platz mehr unter dem Teppich und das, was sich da angestaut hat, wird zu einer grossen Belastung. Oder wir können uns der Dunkelheit unseres Lebens stellen, sie ans Licht bringen. Das tut vielleicht im ersten Moment weh, aber das Geniale dabei ist, dass Jesus uns gerade das, was uns belastet wegnehmen kann und uns Vergebung schenkt – genau darum ist er ja schliesslich auf die Welt gekommen, damit wir ein helles, fröhliches Leben haben können, ein Leben in Fülle, wie wir in unserem LiFe-Seminar festgestellt haben. Und was können wir jetzt damit machen? 3. Licht sein Die Idee dieses Lichtes ist nicht, dass wir es für uns behalten und einfach für uns speichern wie eine Solarzelle das Sonnenlicht in einer Batterie speichert sondern eher so, wie der Mond das Sonnenlicht spiegelt und weitergibt an die Erde. Jesus hat nicht nur gesagt „Ich bin das Licht für die Welt“, sondern er sagte seinen Jüngern in der Bergpredigt auch (Mt 5,14): „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.“ Es heisst hier nicht „Ihr sollt das Licht der Welt sein“, sondern ihr seid das Licht. Wer sich Christ nennt, wer Jesus als sein Licht anerkennt und ihm nachfolgt, ist ein Licht, automatisch. Eben so wie der Mond in der Nacht automatisch leuchtet. Er kann gar nicht anders. So ist es auch die Idee unseres Glaubens, dass er ausstrahlt, dass wir unser Licht eben nicht irgendwo verstecken, sondern dass es so sichtbar ist wie eine Stadt oder eine Burg auf einem Berg. Vor gut 2 Wochen waren wir mit unserer Luther-Reise auf der Wartburg, die sieht man schon von weither. Wir können nicht Christ sein und gleichzeitig sagen: ich schaue nur für mich. Was ist gemeint mit „Licht sein“? Sollen wir den ganzen Tag mit einer leuchtenden Warnweste herumlaufen, dass alle uns sehen? Natürlich nicht. Es geht darum, in Liebe für die Welt dazusein, v.a. natürlich für die Menschen um uns herum. Da, wo wir gerade sind. Für die Trauernden, um sie zu trösten, für die Bedürftigen, Einsamen, Kranken und Ausgestossenen, um ihnen beizustehen... Nicht, um ihnen oder anderen zu imponieren, auch nicht um uns den Himmel zu verdienen – das hat Jesus ja schon für uns gemacht – sondern weil er uns zuerst geliebt hat und uns immer wieder neue Liebe gibt. Diese wird uns nie ausgehen, sondern im Gegenteil: je mehr wir geben, desto mehr werden wir bekommen – zum Weitergeben. Dies ist nicht nur die Aufgabe unseres diakonischen Projektes „Miteinander Not wenden“ oder von uns Pfarrern und Sozialdiakoninnen, sondern die automatische Frucht des Lebens als Christ. Der atl. Prophet Jesaja hat dies schon vor 2500 Jahren so geschrieben (Jes 58,10): „Öffne dem Hungrigen dein Herz und hilf dem, der in Not ist. Dann wird dein Licht in der Dunkelheit aufleuchten und das, was dein Leben dunkel macht, wird hell wie der Mittag sein.“ Da ist eine spannende Verheissung drin: wenn Du für andere Menschen in Liebe da bist, wirst Du selber aufleuchten und das Dunkle in Deinem Leben wird plötzlich taghell und verliert die Finsternis – ein cooler Nebeneffekt! Wer auf Jesus, das Licht der Welt schaut, und sein Gesicht ihm zuwendet, wird ein strahlendes Gesicht bekommen und dieses Strahlen wird sichtbar und steckt wieder andere an. Wir müssen nicht selber leuchten, sondern er will durch uns hindurch leuchten. Komm zu diesem Licht der Welt und Du wirst für andere ein Licht. Dies ist das beste Rezept gegen die Finsternis in dieser manchmal so düsteren Welt. AMEN Pfr. Andreas Wahlen GEBET MIT LIED Treuer Herr Jesus Christus. Du bist das Licht der Welt. Du bist gekommen, damit wir nicht in der Finsternis herumirren. Du siehst die Dunkelheit in unserer Welt, den Krieg und Streit, aber auch die vielen Krankheiten, den Tod und die Schicksalsschläge – erbarme Dich über diese Welt, schenk ihr wieder Licht, tröste die Traurigen und Niedergeschlagenen, richte die Kranken wieder auf und schenk Frieden, wo Streit und Krieg ist, v.a. im Nahen Osten. Sei auch bei den Opfern des Erdbebens in Italien. Du weisst auch um unsere geistliche Dunkelheit, dass wir es nicht schaffen, nach Deinen guten Geboten zu leben. Danke, dass Du uns Deine Hand hinstreckst und uns ins Licht führen willst. Hilf uns das Finstere in unserem Leben ans Licht bringen, damit Du es wegnehmen und Wunden heilen kannst. Danke, dass Du auch um alle unsere Ängste und Sorgen weisst – wenn wir in Deinem Licht sind, brauchen wir uns nicht zu fürchten, auch nicht vor irgendwelchen Menschen – wir danken Dir dafür. Hilf uns, in dieser manchmal so finsteren Welt ein Licht zu sein, etwas auszustrahlen von Deiner grossen Liebe und Güte, gerade gegenüber denjenigen Menschen, die es nicht so gut haben wie wir. Zeig uns die Menschen, die gerade in unserem Umfeld Dein Licht brauchen, weil sie traurig, einsam, krank oder ausgestossen sind. Öffne unser Herz für die Menschen am Rand unserer Gesellschaft. Hilf uns auf Dich zu schauen, damit Du durch uns hindurch leuchten kannst und anderen ein Licht sein können und damit unser Strahlen andere ansteckt. Komm jetzt auch mit uns in diesen So und in die neue Woche. Wir brauchen Dein Licht und Deine Liebe und auch deinen Segen. Wir singen gemeinsam: Bist zu uns wie ein Vater