Prof. Dr. J. Ebert PD Dr. T. Timmermann Übung zur Analysis 1 Blatt 12 Abgabe bis Do, 22.01., 12 Uhr Aufgabe 1 zur Bearbeitung in der Übung Aufgaben 2-4 zur selbständigen Bearbeitung Aufgabe 1. Der Tangens ist definiert durch tan : R \ {π(n + 21 ) : n ∈ Z} → R, x 7→ sin x . cos x Zeigen Sie: (a) lim tan(x) = −∞ und lim tan(x) = ∞ sowie tan((− π2 , π2 )) = R; x&−π/2 x%π/2 Lösung: Die Limites folgen daraus, dass cos(x) ≥ 0 für x ∈ (− π2 , π2 ) und lim cos(x) = 0 = lim cos(x), x→−π/2 x→π/2 lim sin(x) = −1, x→−π/2 lim sin(x) = 1. x→π/2 Mit dem Zwischenwertsatz folgt, weil tan auf (− π2 , π2 ) stetig ist, tan((− π2 , π2 )) = R. (b) tan0 (x) = cos12 x = 1 + tan2 x, und der Tangens wächst auf (− π2 , π2 ) streng monoton; Lösung: Wir rechnen sin0 (x) · cos(x) − sin(x) · cos0 (x) tan (x) = cos2 (x) cos2 (x) + sin2 (x) 1 = = = 1 + tan2 (x) > 0, 2 cos (x) cos2 (x) 0 und mit dem Mittelwertsatz folgt, dass tan auf (− π2 , π2 ) streng monoton wächst. (c) der Tangens auf (− π2 , π2 ) hat eine differenzierbare Umkehrfunktion arctan : R → 1 (− π2 , π2 ), und arctan0 (x) = 1+x 2 für alle x ∈ R. Lösung: Nach (a) und (b) bildet der Tangens (− π2 , π2 ) bijektiv auf R ab. Nach Vorlesung ist die Umkehrabbildung ist differenzierbar und erfüllt arctan0 (tan(x)) = 1 1 = , 0 tan (x) 1 + tan2 (x) also arctan0 (y) = 1/(1 + y 2 ). P∞ Aufgabe 2. (a) Eine Reihe komplexer Zahlen mit zn = xn + iyn , P∞ n=0 zn P xn , yn ∈ R, konvergiert dann, wenn n=0 xn und ∞ n=0 yn konvergieren, P∞ genau P ∞ und dann gegen n=0 xn + i n=0 yn . Zeigen Sie, dass für alle y ∈ R gilt: ∞ X 1 (iy)n = cos y + i sin y. n! n=0 1 Prof. Dr. J. Ebert PD Dr. T. Timmermann Lösung: Nach Definition ist ∞ ∞ ∞ X X X 1 1 1 n n 2n (iy) = (−1) y + i (−1)n y 2n+1 = cos y + i sin y. n! (2n)! (2n + 1)! n=0 n=0 n=0 P P∞ (b) Für zwei Reihen ∞ Zahlen ist das Cauchyn=0 an und Pn=0 bn komplexerP ∞ n Produkt definiert n−k . Man kann P∞ als die Reihe P∞ n=0 cn mit cn = k=0 ak bP zeigen: falls n=0 |an | und n=0 |bn | konvergieren, so auch n cn und es ist ! ∞ ! ∞ ∞ X X X an bn = cn , n=0 n=0 n=0 siehe z.B. Forster, Analysis 1, S. 78. Zeigen Sie, dass für alle z, w ∈ C gilt: ! ∞ ! ∞ ∞ X X wn X zn (z + w)n = . n! n! n! n=0 n=0 n=0 Lösung: Die rechte Seite ist das Cauchy-Produkt der Faktoren links, denn nach dem binomischen Satz gilt n n X 1 X n k n−k (z + w)n z k wn−k = z w = . k! (n − k)! n! k n! k=0 k=0 (c) Zeigen Sie mit Hilfe von (a) und (b), dass für alle x, y ∈ R gilt: x e (cos y + i sin y) = ∞ X (x + iy)n n=0 n! . Lösung: Das folgt sofort aus (b) mit z = x und w = iy und mit (a). Aufgabe 3. Zeigen Sie, dass die Funktion ( x2 sin x12 , x 6= 0, g : R → R, x 7→ 0, x = 0, differenzierbar ist, ihre Ableitung g 0 auf [−1, 1] aber weder stetig noch beschränkt ist. Lösung: Für x 6= 0 ist g 0 (x) = 2x sin 1 1 1 2 1 1 − 2x2 3 cos 2 = 2x sin 2 − cos 2 2 x x x x x x und für x = 0 ist h2 sin h12 1 = lim h sin 2 = 0, h→0 h→0 h h g 0 (0) = lim weil | sin h12 | ≤ 1 für h 6= 0. Somit ist g differenzierbar. Auf [−1, 1] ist g 0 nicht beschränkt, weil dort zwar 2x sin x12 beschränkt ist, aber nicht − x2 cos x12 — für xn := (2nπ)−1/2 ist limn→∞ x2 cos x12 = limn→∞ 2(2nπ)1/2 = ∞. Insbesondere kann g 0 nicht stetig sein, sonst wäre g 0 auf dem kompakten Intervall [−1, 1] beschränkt. 2 Prof. Dr. J. Ebert Aufgabe 4. PD Dr. T. Timmermann (a) Zeigen Sie, dass die Dirichlet-Funktion ( 1, x ∈ Q, χ : [0, 1] → R, x 7→ 0, x 6∈ Q, nicht Riemann-integrierbar ist. Lösung: Seien g, h Treppenfunktionen auf [0, 1] und g ≤ χ ≤ h. Dann muss, weil Q und R \ Q in R dicht liegen, auf jedem offenen Intervall, auf dem g und h konstant sind, g ≤ 0 und 1 ≤ h gelten, woraus Z 1 Z 1 g(x) dx ≤ 0 und 1 ≤ h(x) dx 0 0 folgt. Der Abstand der Integrale ist also mindestens 1 und nicht beliebig klein. für k = 0, . . . , n. Wir (b) Sei f : [a, b] → R monoton, n ∈ N und xk = a + k b−a n definieren Treppenfunktionen g, h : [a, b] → R durch g(a) = f (a) = h(a), g(x) = f (xk+1 ), h(x) = f (xk ) für x ∈ (xk , xk+1 ]. Zeigen Sie, dass Z b Z b = |f (b) − f (a)| b − a g(x) dx − h(x) dx n a a und dass f Riemann-integrierbar ist. Lösung: Zunächst ist Z b Z g(x) dx − a b h(x) dx = a n−1 X k=0 n−1 f (xk+1 ) b−a X b−a − f (xk ) n n k=0 = (f (b) − f (a)) b−a . n Falls f monoton wächst, ist g(x) ≤ f (x) ≤ h(x) für alle x ∈ [a, b]; falls f monoton fällt, ist h(x) ≤ f (x) ≤ g(x) für alle x ∈ [a, b]. Ist > 0 gegeben, so finden wir n ∈ N mit (f (b) − f (a)) b−a < , und dann sind g und h zwei n Treppenfunktionen, zwischen denen f verläuft und für die der Abstand der Integrale kleiner ist. Somit ist f Riemann-integrierbar. Zusatzaufgabe 5. (a) Bezeichne S 1 := {(x, y) ∈ R2 : x2 + y 2 = 1} den Einheitskreis. Zeigen Sie, dass die Abbildung f : [0, 2π) → S 1 , t 7→ (cos t, sin t), surjektiv ist. Lösung: Sei (x, y) ∈ S 1 und y ≥ 0. Wegen x ∈ [−1, 1], cos(0) = 1, cos(π) = −1, der Stetigkeit des Kosinus und √ dem Zwischenwertsatz existiert ein t ∈ p 2 2 [0, π] mit cos(t) = x. Wegen y = 1 − x = 1 − cos (t) = sin(t) folgt (x, y) = (cos t, sin t). Der Fall y < 0 wird ähnlich behandelt. 3 Prof. Dr. J. Ebert PD Dr. T. Timmermann (b) Zeigen Sie, dass die komplexe Exponentialfunktion z 7→ exp(z) ein surjektiver Homomorphismus der Gruppe (C, +) auf die Gruppe (C \ {0}, · ) ist und den Kern {2πin : n ∈ Z} hat. Hinweis: für x, y ∈ R gilt |ex+iy | = ex , hierbei bezeichnet |z| der Absolutbetrag von z ∈ C. Lösung: Ein Homomorphismus ist exp nach Aufgabe 2(b) und 2(c). p x2 + y 2 . Dann ist Surjektivität: Sei z = x + iy ∈ C \ {0} und r := (x/r, y/r) ∈ S 1 und nach (a) x/r = cos t, y/r = sin t für ein t ∈ R. Wegen der Surjektivität von exp : R → (0, ∞) existiert s ∈ R mit exp(s) = r. Nach 2(c) gilt exp(s + it) = exp(s)(cos t + i sin y) = r(x/r + iy/r) = x + iy = z. Kern: Falls exp(s + it) = 1, folgt exp(s) = | exp(s + it)| = 1, also s = 0, und cos t = 1 und sin t = 0, also t ∈ 2πZ. 4