4 Punktmechanik Ist das Elektron ein Massenpunkt ? 4.1 Kinematik eines Massenpunktes Kinematik: geometrische Beschreibung der Bewegung im dreidimensionalen Euklidischen Raum Gegensatz zur Dynamik (Ursache der Bewegung, Kräfte) Punktmechanik: Idealisierte Repräsentation des bewegten Objektes durch einen Punkt Gesamtmasse in einem Punkt konzentriert kein Eigenvolumen, keine inneren Anregungen Bahnkurve (Trajektorie) eines Massenpunktes t1 Ortsvektor r r (t1 ) t2 Beschreibung der Bewegung erfordert ein Bezugssystem r r (t2 ) Koordinatensystem Ursprung und Basis Ursprung 1 4.1 Koordinatensysteme Zur Angabe eines Punktes im Raum sind 3 Größen erforderlich. kartesische Koordinaten Zylinderkoordinaten P (ρ ,ϕ , z ) r r r ex , e y , ez bilden ein Rechtssystem x = ρ cosϕ ρ = x2 + y2 y = ρ sin ϕ ϕ = arctan z=z z=z y x 4.1 Kugelkoordinaten x = r cosϕ sin ϑ y = r sin ϕ sin ϑ z = r cosϑ r = x2 + y2 + z2 y x ϕ = arctan x2 + y2 + z2 ϑ = arccos z 2 4.1 Ortsvektoren und Trajektorien r () Zeitabhängiger Ortsvektor r t beschreibt Lage des Massenpunktes willkürlich fixiertes Koordinatensystem Bahnkurve in kartesischen Koordinaten x (t ) r r r r r (t ) = y (t ) = x (t ) ⋅ e x + y (t ) ⋅ e y + z (t ) ⋅ e z z (t ) r l = r (t ) = x 2 + y 2 + z 2 4.1 Vektorrechnung Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar r A r 3 A=? ax 3 ax r 3 A = 3 ay = 3 ay a 3a z z Addition von Vektoren r A r −B r B Multiplikation mit einem Skalar ändert den Betrag des Vektors a b a − bx r r r x x x C = A + − B = a y − by = a y − by a b a −b z z z z ( ) Skalarprodukt von zwei Vektoren – Inneres Produkt r r r r A B = a x bx + a y by + a z bz = A B cos γ AB r B γ AB Skalarprodukt von zwei Vektoren liefert einen Skalar r A Anschaulich: Projektion 3 4.1 Geschwindigkeit im Raum r r r P1 P2 r (t + ∆ t ) − r (t ) ∆ r (t ) r = = = v (t ) ∆t ∆t ∆t P1 Geschwindigkeit ist eine gerichtete Größe. P2 r v (t ) zeigt in Richtung der Tangente der Bahnkurve ∆ t → 0, P2 → P1 Momentangeschwindigkeit r r r r (t + ∆ t ) − r (t ) d r r& r v (t ) = lim = = r (t ) ∆t → 0 dt ∆t Die Geschwindigkeit eines Massepunktes ist die Ableitung seines Ortsvektors nach der Zeit. 4.1 Infinitesimalrechnung mit Vektoren r A(t ) r r r r r r ∆ A = A(t 2 ) − A(t1 ) r& dA ( ) (t1 ) A t − A 2 Ableitung A = : = lim ∆ t →0 r dt ∆t r A(t 2 ) A(t1 ) r r r& r& d λ (t ) ⋅ A = λ& (t ) ⋅ A + λ (t ) ⋅ A Produktregeln: B (t ) = dt r r r& r r r& d A⋅B = B ⋅ A + B ⋅ A dt Ableitung eines von dem Parameter t abhängigen Vektors ( ( ) ) Integration eines von dem Parameter t abhängigen Vektors r& A(t 2 ) t2 r r 2 t1 r& A(t1 ) r & ∫ A(t ) dt = A(t ) − A(t ) Beispiel: 1 r r A(t ) = r (t ) Ortsvektor Integration über Geschwindigkeit liefert Ortsvektor 4 4.1 Beschleunigung Auch Beschleunigung ist eine gerichtete Größe. Beschleunigungsvektor ist die zeitliche Ableitung des Geschwindigkeitsvektors. Zur Berechnung der Komponenten des Beschleunigungsvektors bildet man die Ableitungen der Komponenten der Geschwindigkeit nach der Zeit a x = v& x = &x&; a v x ( t ) v& x d r d r v (t ) = a= v y ( t ) = v& y dt dt v z ( t ) v& z y = v& y = &y&; a z = v& z = &z& 4.1 Eindimensionale Bewegung Beispiel: Senkrechter Wurf Anfangsbedingungen 0 0 0 r r r r (t = 0 ) = 0 , v (t = 0 ) = 0 , a = 0 z v − g 0 0z Bewegung auf der z-Achse 0 r r (t ) = 0 1 − g t 2 + v0 z t + z0 2 5 4.1 Freier Fall Die Beschleunigung wächst nicht mit der Zeit. Die Beschleunigung ist konstant Erdbeschleunigung a = g = 9.81 m s −2 Die Geschwindigkeit wächst linear mit der Zeit Der Weg wächst quadratisch mit der Zeit 4.1 Konstante Beschleunigung dv = const dt a dt = dv Separation der Variablen a=g= t v t0 = 0 v0 ∫ a dt = ∫ dv Integration a t = v − v0 ⇒ v = a t + v0 dx a t + v0 = dt a t dt + v0 dt = dx t ∫ t0 = 0 a t ′ dt ′ + t x t0 = 0 x0 ∫ v0 dt ′ = ∫ dx a 2 t + v0 t = x − x0 2 ⇒ x= a 2 t + v0 t + x0 2 6 4.1 Superpositionsprinzip Bewegung in 3 Koordinatenrichtungen sind unabhängig voneinander ! Beispiel: Schiefer Wurf Anfangsbedingungen 0 v0 x 0 r r r r (t = 0) = 0 , v (t = 0 ) = 0 , a = 0 h v − g 0z Bewegung in der x-z-Ebene Elimination von t v0 x t r 0 r (t ) = 1 − g t 2 + v0 z t + h 2 x (t ) = v0 x t ⇒ t = ⇒ z(x ) = − 1 x (t ) , z (t ) = − g t 2 + v0 z t + h 2 v0 x 1 g 2 v0 z x + x+h v0 x 2 v02x 4.1 Schiefer Wurf Bahnkurve ist eine Parabel Scheitel bei xS: z(x ) = − 1 g 2 v0 z x + x+h v0 x 2 v02x dz ( x ) g v ! = 0 ⇒ − 2 xS + 0z = 0 ⇒ dx x = x S v0 x v0 x xS = Wurfweite xW: xS = v0 z v 0 x g v0 cos ϕ v0 sin ϕ v02 = sin 2ϕ 2g g 1 g v ! z ( xW ) = 0 ⇒ − 2 xW2 + 0 z xW + h = 0 2 v0 x v0 x v v v v xW = 0 z 0 x ± 0 z 0 x g g 2 2v02x h + g v02 2gh xW = sin 2ϕ 1 + 1 + 2 2 2g v0 sin ϕ 7 4.1 Schiefer Wurf: Wurfweite Bei welchem Abwurfwinkel erreicht man die maximale Wurfweite ? xW (ϕ ) = 2gh v02 sin 2ϕ 1 + 1 + 2 2 2g v0 sin ϕ h=0 ⇒ xW (ϕ ) = v02 sin 2ϕ g ! dx (ϕ ) 0= W dϕ v02 cos 2ϕ g ⇒ ϕ max = 45° 0=2 4.1 Test des Superpositionsprinzip Affenschuss frei fallender „Affe“ Bahnkurve des „Pfeils“ Affe und Pfeil starten zum gleichen Zeitpunkt t=0 Wohin muss der Jäger zielen ? v0 x t r ! rPfeil (t ) = g = v0 z t − t 2 2 xA r rAffe (t ) = g h − t2 2 2 2 xA xA g xA g xA = h − ⇒ t= − , v0 z v0 x v0 x 2 v0 x 2 v0 x ⇒ v0 z h = v0 x x A Auf den Affen ! 8 4.1 Nicht konstante Beschleunigung Als Funktion der Zeit ändert sich der Betrag und die Richtung der Geschwindigkeit Zerlegung der Beschleunigung Tangentialkomponente Normalkomponente r a (t ) in zwei Komponenten: r r a t (t ) || v (t ) r r a n (t ) ⊥ v (t ) r v r Änderung der Richtung von v Änderung des Betrags von 4.1 Gleichförmige Kreisbeschleunigung Spezialfall der beschleunigten Bewegung r r v = konstant ⇒ a = 0 t ds dϕ ∆s ∆ϕ v= = R = = R dt dt ∆t ∆t Definition der Winkelgeschwindigkeit ω = dϕ dt [ω ] = r R cos ω t r r d r − Rω sin ω t , v (t ) = = r (t ) = dt Rω cos ω t R sin ω t r r r d v − Rω 2 cos ω t Beschleunigung = −ω 2 r (t ) = a (t ) = 2 zum Mittelpunkt dt − Rω sin ω t Umlaufperiode T= 2π ω Umlauffrequenz υ= rad s v2 a =ω R = R 2 1 ω = T 2π 9 4.2 Dynamik eines Massenpunktes Dynamik: Frage nach der Ursache der Bewegung Einführung der Begriffe Masse und Kraft zur Beschreibung der Bewegung Galileo Galilei (1564-1642) stellte fest: Eine geradlinig gleichförmige Bewegung einer Masse mit konstanter Geschwindigkeit bedarf keiner Ursache, sondern geht aus sich heraus immer weiter. → Trägheitsprinzip Ruhe ist nur ein Spezialfall der geradlinig gleichförmigen Bewegung Um die Geschwindigkeit einer Masse zu verändern, muss auf die Masse eine Kraft wirken. 4.2 Newtonsche Prinzipien Newton 1686 „Mathematische Prinzipien der Naturphilosophie“ I. Trägheitsprinzip Jeder Körper verharrt im Zustand der Ruhe oder der geradlinig gleichförmigen Bewegung, wenn er nicht durch äußere Kräfte gezwungen wird, diesen Zustand zu ändern. II. Aktionsprinzip Ein frei beweglicher Körper der Masse m erfährt durch eine Kraft eine Beschleunigung a, die der wirkenden Kraft proportional ist. F r r F =ma Isaac Newton (1643-1727) III. Reaktionsprinzip Wirken zwischen zwei Körpern Kräfte, so ist die Kraft F12, die der Körper 1 auf den Körper 2 ausübt, dem Betrag nach gleich, der Kraft F21, die vom Körper 2 auf den Körper 1 wirkt, aber entgegengesetzt groß 10 4.2 Trägheitsprinzip und Impuls Maß für den Bewegungszustand eines Körpers, der berücksichtigt, wie leicht sich die kinematischen Größen, Geschwindigkeit und Beschleunigung eines Körpers, ändern lassen Definition: Impuls r r p := m v Damit lautet das Trägheitsprinzip: Der Impuls eines Körpers auf den keine äußere resultierende Kraft wirkt ist zeitlich konstant Da es keine absolute Geschwindigkeit gibt ist auch der Impuls keine absolute Größe Der Wert hängt vom Bezugssystem ab 4.2 Versuch: Trägheit Die Masse ist ein Maß für den Widerstand (Trägheit) eines Objektes gegen eine Änderung seines Bewegungszustandes. Bewegung der Münze hängt von der Geschwindigkeit des Papiers ab Es gibt keinen Unterschied zwischen schwerer und träger Masse, da Masse durch die Beschleunigung aufgrund einer wirkenden Kraft definiert ist, wobei es egal ist, ob die Kraft aufgrund der Gravitation, oder anderer fundamentaler Wechselwirkungen (z.B. elektromagnetische Wechselwirkung) wirkt. 11 4.2 Aktionsprinzip – Definition der Kraft Die auf einen Massenpunkt wirkende Kraft ist identisch mit der Änderung seines Impulses r d pr F := dt r r d pr d mvr r d m dv = =v +m F= dt dt dt dt klassische Mechanik r v dm dv r =0 ⇒ F =m =ma dt dt 4.2 Reaktionsprinzip Wirken zwischen zwei Körpern Kräfte, so ist die Kraft F12, die der Körper 1 auf den Körper 2 ausübt, dem Betrag nach gleich, der Kraft F21, die vom Körper 2 auf den Körper 1 wirkt, aber entgegengesetzt groß r r F12 = − F21 m1 m2 dp1 dp =− 2 dt dt dp1 dp2 + =0 dt dt p = p1 + p2 = konstant Im einem abgeschlossenen System wirken keine äußeren Kräfte und somit gilt Erhaltung des Gesamtimpulses 12 4.2 Wo ist hier die Gegenkraft ? FN 5 kg FG Vorsicht bei der Unterscheidung von Kräftegleichgewicht und Reaktionsprinzip ! → Rasterkraftmikroskop → Reibung Reaktionsprinzip bezieht sich auf zwei gegengleiche Kräfte der gleichen Wechselwirkungsart Gravitation, elektromagnetische Kräfte, schwache Kraft, starke Kraft zwischen zwei Körpern 4.3 Kräfte Impulsänderung r d pr F := dt [F ] = 1 kg m2 = 1 N s Da Masse durch Prototyp festgelegt ist ist die Kraft eine abgeleitete Größe. Kräfte sind über Masse, Länge und Zeit definiert. Fundamentale Wechselwirkungen Gravitation, Elektromagnetische Wechselwirkung, Schwache Wechselwirkung, Starke Wechselwirkung Scheinkräfte Corioliskraft Dynamik bei Beobachtung in Nicht-Inertialsystemen 13 4.3 Versuch: Kraftmessung Dynamische Kraftmessung: Messung der Beschleunigung → Gravimeter Statische Kraftmessung: Messung durch Kräftegleichgewicht Torsionsfederwaage Federwaage 4.3 Rasterkraftmikroskopie Positionierung „Cantilever“ Spitze Probenoberfläche Atome einer 7x7 rekonstruierten Si(111) Oberfläche 14 4.3 Addition von Kräften Greifen an einer Masse mehrere Kräfte an, so gibt es zwei mögliche Fälle: Wenn die vektorielle Summe der Kräfte null ist, dann verharrt die Masse in Ruhe oder gradlinig gleichförmiger Bewegung. r F1 r F4 r F3 r F1 r F2 r F4 r F2 r F3 Verbleibt eine resultierende Kraft dann beschleunigt diese die Masse. n r ∑F i ∑F i i =1 =0 i =1 Wichtiges Prinzip in der Statik r FR r r = FR = m ⋅ a r n r m⋅a r F2 r F1 4.3 Vorsicht im Umgang mit Kräften Trägheit ist keine Gegenkraft → Trägheitsprinzip Kraft und Reaktionskraft greifen nicht am gleichen Körper an → Actio = Reactio → Wechselwirkungen Die Fliehkraft ist nicht die Gegenkraft zur Zentripetalkraft → Gleichförmige Kreisbewegung → Scheinkräfte → Kräfte am Pendel Kraftrichtung und Bewegungsrichtung sind selten identisch → Senkrechter Wurf, Schiefer Wurf 15 4.3 Fundamentale Wechselwirkungen Kraft Reichweite Relative (m) Stärke Wechselwirkung Gravitationskraft zwischen Massen Gravitationsladung (Anziehend) „Schwache“ Kraft Wechselwirkung beim β-Zerfall schwache Ladung Coulombkraft „Starke“ Kraft ∞ 10-22 ≤ 10-17 10-14 zwischen elektrischen Ladungen (Anziehend und Abstoßend) ∞ 10-2 zwischen den Kernbausteinen starke Ladung (Farbladung) ≤ 10-15 1 4.4 Impuls Suche nach einer gerichteten (vektoriellen) Erhaltungsgröße in einem abgeschlossenen System (ohne äußere Kräfte). Es wirken innere Kräfte (Wechselwirkung) aber keine äußeren Kräfte. Die Gesamtgeschwindigkeit wird nicht erhalten. Aber für die Produkte aus Massen und Geschwindigkeiten finden wir Das Produkt r r p = mv r r m1 v1 + m2 v 2 = konstant nennt man Impuls Der Impuls ist ein Vektor „Impuls“ ist uns aus der Alltagserfahrung wenig vertraut. Im Sprachgebrauch heißt es soviel wie „Anstoß“. Der physikalische Begriff kommt wohl aus der Beobachtung bei Stößen. 16 4.4 Versuch: Stoß auf Luftkissenschiene Modell einer Wechselwirkung Es wirken innere Kräfte (Magneten) aber keine äußeren Kräfte (Schwerkraft ist senkrecht zur Bewegungsrichtung). Die Gesamtgeschwindigkeit wird nicht erhalten. 4.4 Impulserhaltung Die Impulserhaltung ist grundlegend in der Physik → Energieerhaltung → Reaktionsprinzip Die vektorielle Summe aller Impulse in einem abgeschlossenen System wird erhalten r r p = ∑ m i v i = konstant i Impulserhaltungssatz ist hilfreich, um Aussagen über den Bewegungszustand nach einer Wechselwirkung zu machen, ohne die Bahnen der Massen während der Wechselwirkung zu kennen. vorher r p r mi vi nachher interne Kräfte wirken r mi vi r p 17 4.4 Schwerpunkt Behandlung eines Systems von r ri n Schwerpunkt r rS = ∑m i i =1 n ∑m n Massenpunkten mi massengewichtete Durchschnittskoordinate i i =1 r r ∑ pi dr r v S = S = i =1 dt mtotal n r r p S = ∑ pi n Die Bewegung des Schwerpunktes wird durch die Schwerpunktsgeschwindigkeit beschrieben Der Schwerpunktsimpuls ist Summe der Einzelimpulse Der Schwerpunkt bewegt sich so, als ob die Gesamtmasse mtot am Ort des Schwerpunktes unter dem Einfluss aller äußeren Kräfte steht i =1 r r d pS = ∑ Fextern dt extern 4.5 Arbeit, Energie, Potential Arbeit wird verrichtet wenn eine Masse angehoben wird. „Steine auf den Berg schleppen ist anstrengend.“ Arbeit wird aber nicht verrichtet beim Erzeugen einer Kompensationskraft zur Gewichtskraft, d.h. beim Halten einer Masse. Widerspricht Alltagserfahrung: „Steine halten ist auch anstrengend.“ Man kann die Steine auf einen Tisch legen, der die Kompensationskraft erzeugt. Der Tisch verrichtet dabei keine Arbeit, sondern es wirken nur Kräfte. Arbeit wird verrichtet, wenn man eine Masse gegen eine Kraft verschiebt. Keine Arbeit wird verrichtet bei waagerechtem Verschieben auf einer Luftkissenschiene, weil keine Kraft in diese Richtung wirkt. Beim Verschieben der „Steine auf dem Tisch“ wird Arbeit verrichtet, da die Verschiebung gegen die Reibungskraft verläuft. 18 4.5 Definition der Arbeit Arbeit = Kraft · Weg r r W = F ⋅s [W ] = 1 Nm = 1 J Die Arbeit ist eine skalare Größe. Sie wird aus zwei Vektoren berechnet. → Skalarprodukt r r r r F ⋅ s = F s cos α Das Skalarprodukt berücksichtigt nur die Komponente des einen Vektors, die in die Richtung des anderen Vektors zeigt und multipliziert mit dem Betrag des anderen Vektors. r F α r F⊥ r F|| r s 4.5 Arbeit bei ortsabhängiger Kraft Die Verschiebung muss in kleine Stücke zerlegt werden. Die Arbeit wird für jedes Stück berechnet und aufsummiert. r r2 r ∆s r F r r1 Grenzübergang zu W= r r r W = ∑ F ⋅ ∆s ∆s → 0 liefert Integral r ∫ F ⋅ ds Die Arbeit ist das Wegintegral der Kraft Kurve 19 4.5 Kinetische Energie Arbeit wird an einem Massenpunkt verrichtet Dies impliziert, dass die Arbeit noch irgendwie in dem Massenpunkt steckt Ein Massenpunkt werde aus der Ruhelage mit einer konstanten Kraft beschleunigt Die verrichtete Arbeit nach der Strecke Gleichzeitig gilt: a= s= W= 1 m v2 2 F m 1F 2 t 2m s ist dann W = Fs F t m 2ms ⇒ t= F ⇒ v= 2F s 2W = ⇒ v = m m Beziehung gilt auch für nicht gleichförmige Beschleunigung Kinetische Energie 4.5 Leistung Time is money Knowledge is power Power is work per time Money is work per knowledge Physikalische Definition: Leistung P := Verrichtete Arbeit pro Zeit Dimension P= dW dt kg m 2 [W ] = 1 3 = 1 N m = 1 J = 1W s s s James Watt (1736 – 1819) r r r dW d r r d r d s d r r = ∫ F ⋅d s = ∫ F ⋅ d t = ∫ F ⋅v d t = F ⋅v P= dt dt dt dt dt 20 4.5 Leistung beim Beschleunigen Beschleunigung mit konstanter Kraft: Differentialgleichung integrieren: r r F2 r r t + v0 ⋅ F ⇒ P (t ) = F ⋅ v (t ) = m r d 2 r (t ) r m =F dt2 r r d r (t ) r F r = v (t ) = t + v0 dt m r r F 2 r r r (t ) = t + v0 t + r0 2m Die Leistung steigt quadratisch mit der beschleunigenden Kraft, aber linear mit der Zeit an 4.5 Kraftfelder Die Kraft auf eine Masse kann an verschiedenen Orten unterschiedlich sein. Zur vollständigen Angabe muss für jeden Ort angegeben werden. → Kraftfeld Kraftlinien verlaufen so, dass in jedem Punkt der Tangente an die Kraftlinie hat. r r = ( x, y , z ) der Kraftvektor rr r r die Kraft F(r) die Richtung r F = ( Fx , Fy , Fz ) r r F (r ) = ( Fx ( x, y, z), Fy ( x, y, z), Fz ( x, y, z)) Kraftfelder sind etwas Reales. In einem Gravitationsfeld bzw. einem elektromagnetischen Feld ist Energie gespeichert. Mit dem Aktionsprinzip kann man die r Beschleunigung r r einer Masse am Ort r in einem Kraftfeld F (r ) direkt berechnen. 21 4.5 Konservative Kraftfelder Beispiel: schiefe Ebene ohne Reibung (konstante Kraft) r r2 r F r ∆s r r1 Wenn die verrichtete Arbeit unabhängig vom Verlauf des Weges r r zwischen zwei beliebigen Punkten r1 und r2 ist, nennt man das Kraftfeld konservativ. Hier zählt nur die Aufwärtskomponente des Weges, d.h. die Komponente der Verschiebung in Richtung der Kraft. 4.5 Konservative Kraftfelder Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn die verrichtete Arbeit entlang jeder geschlossenen Kurve gleich Null ist. r r F ∫ ⋅ ds = 0 (Linienin tegral) Auch folgende Formulierung ist äquivalent: Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn in jedem Punkt die Wirbelstärke gleich Null ist. (Wirbelstärke wird r dem r mit r mathematischen Operator rot F = ∇ × F berechnet.) r In einem Wirbelfeld ( rot F ≠ 0 ) wird auf einer geschlossenen Bahn Arbeit verrichtet. 22 4.5 Vektorrechnung: Kreuzprodukt Kreuzprodukt zweier Vektoren liefert wieder einen Vektor a b − a z by r r y z A × B := a z bx − a x bz a b − a b y x x y r r (A × Br )⋅ A = a (a x y Kreuzprodukt ist nur im ù3 definiert ! γ AB r B r A bz − a z b y ) + a y (a z bx − a x bz ) + a z (a x b y − a y bx ) = 0 r r r A × B steht senkrecht auf A r B r r A×B und r B Vektorprodukt entspricht der Fläche des aufgespannten Parallelogramms r A r r r r A × B = A B sin γ AB 4.5 Vektoranalysis: Rotation r r r Was bedeutet rot F = ∇ × F ? ∂ ∂x r ∂ Differentialoperator „Nabla“ ∇= ∂y ∂ ∂z ∂Fz ∂Fy ∂ − y z ∂ ∂ ∂ x F r r ∂ x ∂Fx ∂Fz ∇× F = − × F = ∂y y ∂z ∂x ∂ Fz ∂Fy ∂Fx ∂x − ∂y ∂z 23 4.5 Vektoranalysis: Rotation II Wegintegral r r F ∫ ds Γ entspricht anschaulich der „Zirkulation“ des Vektorfeldes Zerlegung von Γ in zwei geschlossenen Kurven Γ1 und r r r r r r F d s = F d s + F ∫ ∫ ∫ ds Betrachtung einer infinitesimalen geschlossenen Kurve Γ Γ1 r r F ∫ d s = Fx (12) dx − Fx (34) dx + Fy (23) dy − Fy (41) dy Γ2 Γ2 dFy dFy dFx dFx dx dy dy dx + dx dy = − dy dx dy dx r r = ∇ × F z da Rotation liefert lokale Zirkulation =− ( ) 4.5 Vektoranalysis: Satz von Stokes r r r r F ∫ ds = ∇×F ( Für infinitesimalen geschlossenen Weg in xy-Ebene gilt Verallgemeinerung: r r r r ∫Γ F d s = ∫∫ (∇ × F ) da r ) z da Satz von Stokes S Drehsinn und Vorzeichen gemäß Rechter-Hand-Regel 24 4.5 Dissipative Kraftfelder Beispiel: schiefe Ebene mit Reibung r r2 r F r ∆s r r1 Die verrichtete Arbeit ist wegabhängig ! Ein Teil der Arbeit wird in Reibungswärme umgewandelt und liegt nicht mehr als mechanische Energie vor. 4.5 Potentielle Energie Voraussetzung: konservatives Kraftfeld Verrichtete Arbeit hängt nur von Startpunkt nicht vom Wegverlauf dazwischen. Die Arbeit, die verrichtet werden muss, um den Körper vom Startpunkt zum Endpunkt im Kraftfeld (z.B. Schwerefeld) zu verschieben Hier ist eine Haltekraft r r r1 und Endpunkt r2 ab, r r2 r r r W = − ∫ F (r ) ⋅ d s r r1 r r r r − F (r ) auf den Körper wirksam, die F (r ) kompensiert, damit Körper nicht beschleunigt wird. Vorzeichen: So gewählt, dass dem Körper zugeführte Arbeit positiv ist. r Wählt man den Startpunkt als Referenzpunkt rRef , kann man jedem Ort eine potentielle Energie zuordnen. r r r r r ( ) E pot r = − ∫ F ⋅ ds r rRef 25 4.5 Bestimmung der Kraft aus dem Potential Umkehrung zur Berechnung der potentiellen Energie → Ableitung des Potentials r r r r r F (r ) = − grad E pot (r ) = −∇ E pot (r ) Gradient in kartesischen Koordinaten r grad ϕ ( x,y,z ) = ∇ϕ ( x,y,z ) ∂ϕ ( x,y,z ) ∂ϕ ∂x ∂x ∂ϕ ( x,y,z ) ∂ϕ ϕ ( x,y,z ) = = ∂y ∂y ∂ϕ ( x,y,z ) ∂ϕ ∂z ∂z Der Gradient gibt Richtung und Betrag der Steigung eines Skalarfeldes an. Anschauliche Vorstellung: → Gradient zeigt bergauf r Potentielle Energie = Berglandschaft Kraft wirkt bergab = r − ∇ E pot (r ) 4.5 Vektoranalysis: Gradient r Was bedeutet grad Φ = ∇ Φ ? → Skalarfeld Φ “F Kurve Φ (2 ) − Φ (1) = ? Γ ds→ (1) Zerlegung des Weges in infinitesimale Wegstücke Änderung von Φ auf Wegstück ds→ Integration liefert: (2) ds→ r r dΦ = ∇Φ ⋅ ds : (2 ) r r Φ (2 ) − Φ (1) = ∫ ∇Φ ⋅ d s (1) Γ Linienintegrale über Gradienten von Skalarfeldern sind wegunabhängig r r ∇ × ∇Φ = ? ( ) → Vektoranalysis: Divergenz 26 4.5 Energieerhaltung Mechanische Gesamtenergie eines Massenpunktes am Ort r r r E ges (r ) = E pot (r ) + E kin (r ) r r Energieerhaltung: In einem konservativen Kraftfeld ist an jedem Raumpunkt die Summe aus potentieller und kinetischer Energie eines Massenpunktes konstant Erhaltung der Energie ist von grundlegender Bedeutung in der Physik. Wenn das Kraftfeld nicht konservativ ist, geht mechanische Energie bei Bewegung verloren. Reibungskräfte z.B. verwandeln kinetische Energie in Wärmeenergie, d.h. in Bewegungsenergie einzelner Gasmoleküle oder in Schwingungsenergie von atomaren Bausteinen in Festkörpern. Energiebilanz stimmt nur, wenn alle Energieformen betrachtet werden. 4.5 Anwendung des Energieerhaltungssatzes Der Energiesatz ist praktisch, um z.B. den Betrag der Geschwindigkeit zu berechnen ohne die genaue Bahnkurve bestimmen zu müssen. freier Fall Pendel E kin 1 = m v2 2 E pot = m g h E pot = m g h E pot = m g h r v h r v 1 E kin = m v 2 2 In beiden Fällen erhält man aus dem Energiesatz den gleichen Wert r v . Beim Fadenpendel wirken zusätzliche Kräfte (Fadenspannung), die r die Richtung von v ändern, aber keine Arbeit verrichten. r Die Fadenspannung steht immer senkrecht zu v und r r damit auch zum Weg ∆s = v ∆t . 27 4.6 Raketen Rakete ändert ihre Masse durch den Ausstoß von verbranntem Treibstoff. Berechnung im Bezugssystem Erde Im Zeitintervall dt stößt die Rakete die Masse dmT mit Relativgeschwindigkeit r r r u = vT − v R aus. Der Impulsübertrag auf den Treibstoff ist r r d pT = d mT u r u r r d pT d mT r =− FAntrieb = − u dt dt r Resultierende r d vR r r = FAntrieb + m R g beschleunigende Kraft im F = m R dt Schwerefeld Auf die Rakete wirkt die Reaktionskraft mR r vR d mT r vT mT Einsetzen liefert: r 1 d mT r r 1 d mR r r d vR =− u+g= u+g dt mR d t mR d t d mT = −d mR 4.6 Integration der Differentialgleichung r d vR 1 d mR r r = u+g dt mR d t r t t 1 dm r r d vR ′ = d t ∫0 d t ′ ∫0 mR (t ′) d tR u + g d t ′ r r r v R (t ) − v R (0) = u mR (t ) t 1 r d mR′ + ∫ g d t ′ ∫ mR′ m (0 ) 0 r r r r v R (t ) − v0 = u ( ln m R (t ) − ln m0 ) + g t r r r m (t ) r m (t ) v R (t ) = v0 + u ln R + g t; ln R < 0. m0 m0 Endgeschwindigkeit hängt nur von der Ausstoßgeschwindigkeit und vom Verhältnis Nutzlast / Startmasse ab. u 28 4.6 Warum haben Raketen Brennstufen ? Raketengleichung: m (t ) r r r m (t ) r v R (t ) = v0 + u ln R + g t; ln R < 0. m0 m0 Typischer Energiegehalt des Brennstoffes: Abschätzung der maximalen Ausstoßgeschwindigkeit vT (Komplette Umwandlung in kinetische Energie der Verbrennungsprodukte) Realistische Ausstoßgeschwindigkeiten wT ≈ 107 J kg-1 vT = 2 wT ≈ 4500 m s −1 vT = 2 wT ≈ 2000 m s −1 4.6 Stöße Anwendung von Impuls und Energieerhaltung Energie- und Impulserhaltungssatz sind ideal, um Aussagen über den Bewegungszustand nach einer Wechselwirkung zu machen, ohne die Bahnen der Massen während der Wechselwirkung zu kennen. 29 4.6 Stoßgesetze keine Kräfte r v1 Elastischer Stoß konservative Kräfte keine Kräfte r u1 r v2 nicht konservative Kräfte r u2 Inelastischer Stoß gilt für elastische und inelastische Stöße Impulserhaltungssatz r r r r m1v1 + m2 v 2 = m1u1 + m2 u2 und Elastische Stöße: Erhaltung der kinetischen Energie Energieerhaltungssatz 1 1 1 2 2 = 1 2 2 m1 v1 + m2 v 2 m1 u1 + m2 u2 2 2 2 >2 Inelastischen Stöße: Umwandlung von mechanischer Energie in andere Energie (z.B. Wärme) 4.6 Dezentraler Stoß Dreidimensionale Bewegung r π z Es gelten beide Erhaltungssätze mit vektoriellen Geschwindigkeiten. r r r r m1v1 + m2 v2 = m1u1 + m2 u2 1 r 2 1 r 2 1 r 2 1 r m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2 2 2 2 2 2 Komponentenschreibweise: Jede Komponente des Impulses wird erhalten m1v1i + m2 v2i = m1u1i + m2 u2i , i = x, y , z 1 1 1 1 2 2 2 2 m1 ∑ v1i + m2 ∑ v2i = m1 ∑ u1i + m2 ∑ u2i 2 i = x, y,z 2 i = x, y, z 2 i = x, y,z 2 i = x, y, z 4 Gleichungen mit 6 Unbekannten u1x , u1y , u1z , u2x , u2y , u2z . Ergebnis hängt von der Geometrie des Stoßes ab. → Berechnung der Bahnen aus der Kenntnis des Stoßparameters πx, πy 30 4.6 Stoß im Schwerpunktsystem Wahl des Koordinatensystems führt zur Vereinfachung. Jedes Inertialsystem zur Beschreibung physikalischer Vorgänge geeignet. (Inertialsystem =geradlinig-gleichförmig bewegtes Bezugssystem) Der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen Systems wird erhalten, r r r r r p gesamt = ∑ mi r&i = M r&S = M v S = p S i also bewegt sich der Schwerpunkt geradlinig-gleichförmig. Wahl eines Inertialsystems mit Schwerpunkt als Ursprung. Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem: r r r r p1 + p2 = m1v1 + m2 v2 = 0 Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null, da der Schwerpunkt nun im Ursprung ruht. 4.6 Energieübertrag beim Stoß Impulserhaltung: r r ∆ p1S = − ∆ p2 S r ∆ p1S = ∆ pS r r = mi uiS − viS , i = 1,2 ∆ p S = 2 m v cos θS 2 Energieerhaltung bei elastischem Stoß: r 2 1 r 2 1 r 2 1 r 2 1 m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2 2 2 2 2 r 2 r 2 r 2 r 2 m1 v1 − u1 = m2 v 2 − u2 r r r r r r r r mi ( vi − ui )( vi + ui ) = 0 wegen m1 v1 = m2 v2 = m1 u1 = m2 u2 ( ) ( ) Kein Energieübertrag ! Meinungsumfrage: Hängt Energieübertrag vom Bezugssystem ab ? 31 4.6 Energie- und Impulsübertrag beim Stoß Impulserhaltung: r r ∆ p1S = − ∆ p2 S r ∆ p1S = ∆ pS r r = mi uiS − viS , i = 1,2 Impulsänderung: ∆ p S = 2 m v cos θS 2 Energieerhaltung bei elastischem Stoß: r 2 1 r 2 1 r 2 1 r 2 1 m1 v1 + m2 v2 = m1 u1 + m2 u2 2 2 2 2 r 2 r 2 r 2 r 2 m1 v1 − u1 = m2 v2 − u2 r r r r r r r r mi ( vi − ui )( vi + ui ) = 0 wegen m1 v1 = m2 v2 = m1 u1 = m2 u2 ) ( ) ( Kein Energieübertrag ! Meinungsumfrage: Hängt Energieübertrag vom Bezugssystem ab ? 4.6 Transformation ins Laborsystem r r r r r r r r r r ∆ p L = mi (uiL − viL ) = mi (uiS + wLS − (viS + wLS )) = mi (uiS − viS ) = ∆ p S 32 4.6 Energieübertrag im Laborsystem 1 r r ∆ E L = mi uiL 2 − viL 2 2 1 r r 2 r r 2 = mi (uiS + wLS ) − (viS + wLS ) 2 1 r 2 r 2 r r r 2 r 2 r r = mi uiS + wLS + 2 uiS wLS − viS − wLS − 2 viS wLS 2 1 r 2 r 2 r r r = mi uiS − viS + mi ( uiS − viS ) wLS 2 rr = ∆ E S + ∆ p wLS rr = ∆ p wLS ( ) ( ) ( ( ) ) Energieübertrag ist vom Bezugssystem abhängig ! Spezialfall: m2 vor Stoß im Laborssystem in Ruhe Maximaler Energieübertrag: ∆E E = 4 m1 m2 (m1 + m2 )2 Maximaler Energieübertrag bei m2=m1 4.6 Inelastischer Stoß im Schwerpunktsystem Der Gesamtimpuls im Schwerpunktsystem ist Null r ∑p =0 i i Durch Energieumwandlung wird die kinetische Energie kleiner. Nach dem Stoß muss immer noch gelten: r ∑ p′ = 0 i i Aber die einzelnen Impulse können kleiner sein. Im Extremfall können alle Einzelimpulse Null werden. Umwandlung der gesamten kinetischen Energie der Relativbewegungen. Vom anderen Koordinatensystem aus gesehen: Der „Schwerpunktimpuls“ und die „Schwerpunktenergie“ bleiben übrig: r r pS = M v S ES = 1 r M vS 2 2 33 4.6 Stoß an Wänden Das System ist nicht abgeschlossen. Äußere Kräfte der Wand. Elastischer Stoß: Die Wand bleibt in Ruhe, also kein Energieübertrag auf die Wand. 1 2 mv 2 = 12 mu 2 ⇒ r r v =u r u Keine Kräfte parallel zur Wand r v mv|| = mu|| Folglich: mv ⊥ = −mu ⊥ Inelastischer Stoß: 1 2 mv 2 > 12 mu 2 ⇒ r r v >u r u Keine Kräfte parallel zur Wand r v mv|| ≈ mu|| Folglich: mv ⊥ > − mu ⊥ 4.7 Drehimpuls und Drehmoment Definition: r Drehimpuls L einer Punktmasse r r r L=r×p [Lr ] = 1 kg m Drehimpuls steht senkrecht auf der von 2 s −1 = 1 J s r r r und p aufgespannten Fläche Drehimpuls von Wahl des Koordinatensystems abhängig ! (wichtig ist dabei die Lage des Ursprungs) Bei Bewegung in einer Ebene zeigt der Drehimpuls immer in die Normalenrichtung der Ebene r r r r r r L = r × ( p r + p⊥ ) = r × p⊥ 34 4.7 Gleichförmige Kreisbewegung Erinnerung: Winkelgeschwindigkeit dϕ v =rω =r dt r L = m r v = m r 2ω ω Definition des Vektors der r Winkelgeschwindigkeit ω : r ω = dϕ dt Richtung = Richtung der Drehachse r r r v =ω ×r r r r r und p senkrecht ! r 2 r Drehimpuls für gleichförmige Kreisbewegung L = m r ω Winkelgeschwindigkeit ω steht ebenfalls auf 4.7 Drehmoment Zusammenhang zwischen Drehimpuls und Kraft r r r L=r×p r r r dL d r r r d p r r r r r r = × p + r × = (v × p ) + r × F = r × F dt dt dt r r dL r r =r ×F M= Definition des Drehmomentes dt ( ) Eine auf den Massenpunkt wirkende nichtradiale Kraft erzeugt ein Drehmoment, das den Rotationszustand, d.h. den Drehimpuls ändert. 35 4.7 Drehimpulserhaltung in Zentralkraftfeldern r r r Kraft wirkt ausschließlich in Zentralkraftfeld: F (r ) = F (r ) er radialer Richtung r r ⇒ F || r r ⇒ D=0 r ⇒ L = konstant → Gravitationsfeld → Coulombfeld Drehimpulserhaltung Folgerung aus der Drehimpulserhaltung: mr 2ω = const Drehimpulserhaltung ⇒ r ω = const dϕ ⇒ r2 = const dt ⇒ r 2 dϕ = const ⋅ dt ⇒ dA = const ⋅ dt 2 Flächensatz: In gleichen Zeiten überstreicht der Ortsvektor gleiche Flächen → 2. Keplersches Gesetz 4.7 Kinetische Energie der Kreisbewegung 1 1 2 2 1 2 Ekin = mv 2 = mr {ω = J ω 2 2 2 := J Definition: Trägheitsmoment des Massenpunktes Rotation E rot = 1 J ω2 2 J := mr 2 Translation Ekin = 1 m v2 2 Analoge Form der Gleichung ! 36 4.7 Translation – Rotation Lineare Bewegung Rotationsbewegung Ortskoordinate Winkelkoordinate θ Winkelgeschwindigkeit ω= Trägheitsmoment J = mr 2 x r r dr v= dt Geschwindigkeit Masse m Impuls Kraft Kinetische Energie r r p = mv r d pr F= dt 1 E kin = m v 2 2 r dθ dt r r r r L = m r ×v = J ω r r dL r r Drehmoment M= = r ×F dt 1 Kinetische Energie E kin = J ω 2 2 Drehimpuls 4.8 Bewegung im Zentralpotential Massenpunkt in Zentralkraftfeld (wirbelfreies Kraftfeld) r r r F (r ) = F (r ) er Es gilt: Energieerhaltung E kin + E pot = konst Drehimpulserhaltung r r m r × v = konst Beispiel: Zweidimensionales Federpendel Potentielle Energie [will. Einh.] y-Achse x-Achse 37 4.8 2D-Federpendel in Zylinderkoordinaten r r ma=F Bewegungsgleichung in Zylinderkoordinaten Drehimpuls L = m ρ 2 ϕ& m (ρ&& − ρ ϕ& 2 ) = − k ′ρ bleibt erhalten ⇒ aϕ = a z = 0 r L = m r v = m r 2ω ( ) m ρ&& − m ρ ϕ& 2 = −k ′ρ m ρ&& − Reduktion auf eindimensionales Problem mit effektiver Kraft F`(ρ) lässt sich durch Gradient eines Potentials darstellen L2 = − k ′ρ mρ 3 m ρ&& = −k ′ρ + F ′(ρ ) = − L2 = F ′(ρ ) mρ 3 Zentralkraft ! d d k′ L2 Φ ′(ρ ) = − ρ 2 + dρ dρ 2 2 mρ 2 4.8 Äquivalentes eindimensionales Potential m = 1 kg L = 1 kg m 2 s −1 = 1N m s k ′ = 1N m −1 k′ 2 L2 ρ + 2 2 mρ 2 k′ 2 ρ 2 L2 2 mρ 2 38 4.9 Gravitation Aus astronomischen Beobachtungen der Planetenbewegungen kann das Gravitationsgesetz abgeleitet werden. Pythagoräer: Planeten kreisen um die Sonne Kopernikus: Heliozentristisches Weltbild Von 1573-1601 sammelte Tycho Brahe mit bloßem Auge (ohne Fernrohr) sehr präzise Daten der Planetenbewegungen. Kopernikus (1473-1543) Brahe (1546-1601) Johannes Kepler hat mit Hilfe dieser Daten die Keplerschen Gesetze abgeleitet. Kepler erkannte nicht das Gravitationsgesetz, das aus seinen Gesetzen abgeleitet werden kann. Kepler (1571-1630) 4.9 Keplersche Gesetze 1. Gesetz: Die Planetenbahnen sind Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. 2. Gesetz: Die Verbindungslinie r zwischen Sonne und Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. (Flächensatz) 3. Gesetz: Die Quadrate der Umlaufzeiten T zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen a ihrer Bahnen. 2 3 T1 a = 13 2 T2 a2 39 4.9 Newton und die Gravitation Ursprünglich fand Newton 1665 das Gravitationsgesetz aus folgender einfachen Abschätzung: Ein Apfel, der vom Baum fällt, wird durch die Gravitation mit ca. 10 m s-2 (g) beschleunigt. 2 Auf den Mond wirkt die Zentripetalbeschleunigung aZ = v Mond . rMondbahn 2 v m = 0.00273 2 beschleunigt. r s rMondbahn 60 Verhältnis der Radien: ≈ rErde 1 a Mond 1 1 ≈ = 2 Verhältnis der Beschleunigungen: g 3600 60 Er wird demnach mit a= Daraus zog Newton den kühnen Schluss, dass Isaak Newton (1643 – 1727) F ∝ r-2 4.9 Gravitationsgesetz Ableitung aus dem 3. Keplerschen Gesetz Annahme (zur Vereinfachung): Planetenbahnen sind Kreisbahnen Zentripetalbeschleunigung 3. Keplerschen Gesetz az = ω2r = 1 c = 3 , c = konstant 2 T r ⇒ az = 4π 2 c r2 ⇒ 4π 2 c m = FG = m a z = r2 Kraft 4π 2 r T2 Wegen dem Reaktionsprinzip muss die Kraft auch von der zweiten Masse M (Sonne) abhängen Kraft fällt mit r-2 ab und ist proportional zur Masse m des Planeten Gravitationsgesetz: FG = − G M ⋅m r2 40 4.9 Messung der Gravitationskonstante An der Erdoberfläche wird eine Masse m mit der Kraft FG angezogen FG = − G m ⋅ mErde r2 G ist die am wenigsten genau bekannte Naturkonstante. G = 6.673(10) 10-11 m3 kg-1 s-2 (CODATA 1998) Der Erdradius ist direkt messbar, nicht aber die Erdmasse ! Aus einer Messung der Kraft Produkt FG kann nur das G⋅ mErde bestimmt werden ! Die Gravitationskonstante ist also nicht aus Planetenbewegungen ableitbar, da Massen der Sonne und der Planeten unbekannt ist. Gravitationskonstante G ist nur messbar, wenn beide beteiligten Massen separat ausgemessen werden können. 4.9 Messung der Fallbeschleunigung z.B. Messung der Fallzeit: (gleichmäßig beschleunigte Bewegung) x (t ) = a 2 t 2 ⇒ t= 2x a daraus Bestimmung der Fallbeschleunigung Mittlerer Wert: g = 9.81 m g s-2 Versuch: Periodendauer eines Fadenpendels (→ Schwingungen) Präzisionsmessung mit Gravimeter: Absolutbestimmung von g mit Fallversuch Ortsmessung x(t) mit Laserinterferometer und Atomuhr Zurückführung auf Ort- und Zeitmessung ergibt hohe Genauigkeit Relativer Fehler: 10-9 41 4.9 Anwendungen der Gravimetrie Geophysikalische Einflüsse auf die Fallbeschleunigung: Periode Effekt Größe [nm s-2] 0.1s –20 s Seismik < 10000 1min –1h Oszillationen der Erde < 10 4h – 8h Slichter Moden 0.1 8h-∞ Tidenhub < 3000 Erdkernschwingungen 0.01 Diurnal Free Wobble (NDFW) 0.1 Luftdruckschwankungen < 300 1min-1a -3 hPa-1 Grundwasserschwankungen 100 365 d Jahrestide 30-60 436 d Polbewegung < 80 Geoforschungszentrum Potsdam www.gfz-potsdam.de 4.10 Gravitationsfeld Es wird die Kraft auf eine kleine Masse in der Nähe der Masse M gemessen. Der Betrag der Kraft ist m r→ m⋅M FG = G r2 M Die Richtung der Kraft zeigt auf → Masse M, d.h. in Richtung von -r . → r r m⋅M r m⋅M r FG = −G r 2 ⋅ r = −G r 2 ⋅ er r r r FG Um das Feld unabhängig von der Masse m des Probekörpers zu machen, führt man die Feldstärke g ein. r r r r F (r ) M r = − G r 2 er . g(r ) = m r 42 4.10 Darstellung des Feldes durch Feldlinien Jede Feldlinie beginnt im Unendlichen und endet an einer Masse. Die Richtung der Feldlinie stimmt an jedem Punkt mit der Richtung der Kraft auf eine Probemasse überein. Die Dichte der Feldlinien pro Flächeneinheit (bei senkrechtem Durchstoßen) ist proportional zum Betrag der Kraft. Feldlinie Äquipotentiallinie 4.10 Gravitationspotential Gravitationsfeld ist ein Zentralkraftfeld → Feld lässt sich als Gradient eines Potentials darstellen r r r r r FG (r ) = − grad Φ G (r ) = −∇ Φ G (r ) Zu zeigen, dass r Φ G (r ) = −G Mm r das Gravitationspotential ist: ∂ ∂x r r1 ∂ r 1 − ∇Φ G (r ) = G M m ∇ = G M m 2 ∂y r x + y2 + z2 ∂ ∂z x r GMm r =− y = −G M m r 3 r (x 2 + y 2 + z 2 )3 2 z 43 4.10 Potential einer Punktmasse r Φ G (r ) = −G Mm r 4.10 Bewegungsgleichung r r Ausgehend vom Startpunkt r (t = 0 ) = r0 r r mit Startgeschwindigkeit v (t = 0 ) = v 0 wird in jedem Moment folgendes berechnet: aus der Kraft die Beschleunigung = Änderung der Geschwindigkeit, r r r&& F ( r ) r= m → r r r& F ( r ) r v= = a. m daraus die neue Geschwindigkeit = Änderung des Ortsvektors, r r r r r FG (r (t )) r (t ) v (t + ∆t ) − v (t ) = ∆ t = −G M r 3 ∆ t m r (t ) r r r r (t ) v (t + ∆t ) = −G M r 3 ∆ t + v (t ) r (t ) r r r daraus der neue Ort: r (t + ∆t ) − r (t ) = v (t )∆ t r r r r (t + ∆t ) = v (t )∆ t + r (t ) 44 4.10 Äquivalentes eindimensionales Potential − äquivalente potentielle Energie GM m L2 + r 2m r2 Rotationsenergie L2 2m r2 − GM m r potentielle Energie 4.10 Bahnkurven im Gravitationspotential Zentralkraftpotential – somit gelten: Energieerhaltung Drehimpulserhaltung E kin + E pot = konst r r m r × v = konst Lösungen des Zweiköperproblems liegen in Ebene → 1 1 Mm Ekin = m v 2 = m ( ρ& 2 + ρ 2ϕ& 2 ), E pot = −G , 2 2 ρ 1 1 L2 GMm Energieerhaltung: m ρ& 2 + − = Etot 2 2 2 mρ ρ Eliminieren von ρ2 Zylinderkoordinaten r L = L = m ρ 2ϕ& t dϕ L = dt m ⇒ dϕ L = 2 dt ρ m ⇒ d ρ d ρ dϕ d ρ L = = dt dϕ dt dϕ ρ 2 m 2 GM m 1 L2 d ρ 1 L2 − = Etot + 4 2 2 ρ m dϕ 2 m ρ ρ 45 4.10 Kegelschnitte 2 1 L2 d ρ 1 L2 GM m − = Etot + 4 2 2 ρ m dϕ 2 m ρ ρ Lösung der Differentialgleichung liefert: ρ= L2 1 2 Etot L2 , mit ε = 1 + G M m 2 (1 + ε cos(ϕ )) G 2 M 2 m3 ε Etot >1 >0 1 0 <1 0 Hyperbel Parabel <0 2 − 2 G M m 2 L2 Ellipse 3 Kreis 4.10 Warum heißen die Bahnen Kegelschnitte ? Kreis Winkel der Schnittebene zur „Senkrechten“ ist größer als der halbe Öffnungswinkel des Kegels Ellipse Parabel Hyperbel Kegelschnitte Winkel der Schnittebene zur „Senkrechten“ ist gleich dem halben Öffnungswinkel des Kegels Winkel der Schnittebene zur „Senkrechten“ ist kleiner als der halbe Öffnungswinkel des Kegels → Rutherfordstreuung 46 4.10 Bahnen im äquivalenten 1D Potential Hyperbel Parabel Ellipse Kreis 4.10 Reduzierte Masse Bei bisheriger Behandlung der Dynamik von zwei Massenpunkten wurde die Impulserhaltung verletzt da Masse M als ortsfest angenommen wurde r r r r12 = r1 − r2 m1 r r1 r R m2 r r2 Schwerpunkt ( ) ( r m1 rr1 + m2 rr2 R= m1 + m2 ) r& r 2 1 r& r 2 1 r 1 r 1 Ekin = m1r&12 + m2 r&22 = m1 R + r&1′ + m2 R + r&2′ 2 2 2 2 r& r& 1 1 m m r 1 = (m1 + m2 )R 2 + 1 2 r&122 = (m1 + m2 )R 2 + 2 2 m1 + m2 2 44244 1 3 14243 Ekin der =µ reduzierte Masse Schwerpunktbewegung 1 r& 2 µ r12 2 23 1 Ekin der Relativbewegung Reduktion des Zweikörperproblems auf effektives Einkörperproblem 47 4.10 Potential mehrerer Punktmassen Bei mehreren Massen werden die Potentiale addiert → Superpositionsprinzip y ϕ x 4.11 Wechselwirkungen und Kräfte Kraft Wechselwirkung Gravitationskraft zwischen Massen Gravitationsladung (Anziehend) „Schwache“ Kraft Wechselwirkung beim β-Zerfall schwache Ladung Coulombkraft „Starke“ Kraft Reichweite Relative (m) Stärke ∞ 10-22 ≤ 10-17 10-14 zwischen elektrischen Ladungen (Anziehend und Abstoßend) ∞ 10-2 zwischen den Kernbausteinen starke Ladung (Farbladung) ≤ 10-15 1 48 4.11 Elektromagnetische Kraft Kraft zwischen elektrisch geladenen Objekten q, [ q ] = 1 A s = 1 C r r 1 q1 ⋅ q2 r12 Gleiche Form wie Gravitationskraft ⋅ r FC = 4 π ε 0 rr12 2 r12 Elektrische Ladung Kraft kann entsprechend der Ladungen Vorzeichen wechseln ! q1 q2 > 0 Abstoßung zwischen gleichartig geladenen Objekten q1 q2 < 0 Anziehung zwischen gegengesetzt geladenen Objekten Warum ziehen sich neutrale Objekte an ? 4.11 Van der Waals Kraft In elektrisch neutralen Körpern können elektrische Kräfte durch wechselseitige Ladungsverschiebung (Polarisation) auftreten Diese Dipol-Dipol-Wechselwirkung folgen der van der WaalsBeziehung A B E pot ∝ ∝ r 12 − r6 A r12 B ∝− 6 r Bei sehr kleinen Abständen r < R0: abstoßend Kürzere Reichweite als die Coulombkraft 49 4.12 Bezugssysteme und Scheinkräfte Physikalische Vorgänge kann man von verschiedenen Standpunkten aus beobachten. Koordinatensysteme mit gegeneinander verschobenem Ursprung sind gleichberechtigt. → Inertialsysteme Geradlinig-gleichförmig gegeneinander bewegte Koordinatensysteme sind auch gleichberechtigt. → Inertialsysteme Physikalische Vorgänge in beschleunigten Koordinatensystemen verhalten sich anders. → Nicht - Inertialsysteme Beobachtungen aus Inertialsystemen führen immer auf die gleichen physikalischen Gesetze. Aus physikalischen Messungen innerhalb eines Inertialsystems kann man nicht feststellen, wo es sich befindet und wie schnell es sich bewegt. 4.12 Galileitransformation Das Koordinatensystem mit Strich bewege sich mit der Geschwindigkeit v0 gegen das andere, dann transformieren sich die Koordinaten wie: x´= x − v0t Für die Geschwindigkeit bedeutet das r r d r´ r r v´ = = v − v0 dt Für die Beschleunigung bedeutet das r r r r dv ´ dv dv 0 r = − =a a´ = dt dt dt y´= y z´= z t´= t In beiden Systemen treten die gleichen Beschleunigungen und damit auch Kräfte auf 50 4.12 Transformation von Energie und Impuls Ist das System abgeschlossen wird aus jedem Inertialsystem die gleiche potentielle Energie beobachtet (potentielle Energie hängt nur von Relativkoordinaten ab) Die kinetische Energie hängt von Wahl des Inertialsystems ab (Erinnerung: Energieübertrag beim Stoß) ′ = Ekin r2 1 r m v (t ) − u 2 Der Impuls hängt von Wahl des Inertialsystems ab r r r p′ = m ( v − u ) Energie und Impuls bleibt nicht erhalten beim Übergang von einem Inertialsystem zum Anderen. Innerhalb von jedem Inertialsystem gelten die Erhaltungssätze 4.12 Frei fallende Bezugssysteme Im Gravitationsfeld frei fallende Systeme sind Inertialsysteme. Geradlinig beschleunigte Systeme sind nicht zu unterscheiden von Systemen, die im Gravitationsfeld ruhen. (Gleichheit von träger und schwerer Masse) r (| g |= 0) Frei fallende Systeme sind zwar beschleunigt, aber Gravitation und Beschleunigung kompensieren sich gerade. → Schwerelosigkeit r a 51 4.12 Scheinkräfte Inertialsysteme: Keine Scheinkräfte Beschleunigte Bezugssysteme: Ein Experimentator im fensterlosen Labor beobachtet „unerklärliche“ Kräfte. Äußere Kräfte oder Kräfte durch Beschleunigung des Koordinatensystems geradlinig beschleunigte Systeme: Trägheitskraft rotierende Systeme: Zentrifugalkraft, Corioliskraft 4.12 Zentrifugalkraft Beobachtung aus ruhendem System: Kreisbewegung der Kugel → Es wirkt eine Zentripetalkraft Im rotierenden Bezugsystem ist Kugel in Ruhe ! Im rotierenden Bezugsystem wirkt eine Scheinkraft, die Zentripetalkraft genau kompensiert Scheinkraft, die unabhängig von der Geschwindigkeit des Objektes im rotierenden Bezugssystem ist. 52 4.12 Zentrifugalkraft Beobachtung aus ruhendem System: Kreisbewegung der Kugel → Es wirkt eine Zentripetalkraft Im rotierenden Bezugssystem ist Kugel in Ruhe ! Im rotierenden Bezugssystem wirkt eine Scheinkraft, die Zentripetalkraft genau kompensiert Scheinkraft, die unabhängig von der Geschwindigkeit des Objektes im rotierenden Bezugssystem ist. 4.12 Beobachtung im rotierenden Bezugssystem Beschreibung eines rotierenden Massenpunktes in ruhendem Inertialsystem x-y-z Geschwindigkeit des Massenpunktes r r r vin = ωin × rin Beschreibung des Massenpunktes im mitrotierenden System x*-y*-z* (gleicher Ursprung, z=z*) Im System r r r r x*-y*-z* ist der Massenpunkt in Ruhe: v rot = 0 = vin − ωin × rin Es gilt allgemein die Transformation: r r r r r ∂ rrot r r v rot = vin − ω × rin = − ω × rrot ∂t Änderung des Ortsvektors bezogen auf statisches Koordinatensystem Änderung des Ortsvektors aufgrund der Variation der Basisvektoren im rotierenden Bezugssystem 53 4.12 Scheinkräfte in rotierendem Bezugssystem r ∂v rot r r r a rot = − ω × v rot ∂t r r r r r r = ain − 2(ω × v rot ) − ω × (ω × rrot ) Für Beschleunigung gilt die analoge Beziehung Umformen liefert r a rot r r r r r r r r Frot = ma rot = Fin − 2m(ω × v rot ) − mω × (ω × rrot ) Corioliskraft Zentrifugalkraft Geschwindigkeitsabhängig Ortsabhängig Senkrecht zur Geschwindigkeit Parallel zum Ortsvektor Verschwindet für Bewegungen parallel zur Drehachse 4.13 Foucaultsches Pendel r r Nach der Zeit ∆t: s = v ∆t r r r r v aC d = 12 aC ∆ t 2 r d r s mit Coriolisbeschleunigung: r r r a C = 2 ( v × ω ) = 2vω sin α Breite r d = 12 ( 2vω sin α Breite ) ∆ t 2 Ablenkwinkel: ∆ϕ ≈ d v ω sin α Breite ∆t 2 = s v ∆t Winkelgeschwindigkeit der Pendeldrehung: ωP = ∆ϕ = ω ⋅ sin α Breite ∆t 54 4.13 Prinzipien der Mechanik “It is increasingly clear that the symmetry group of nature is the deepest thing that we understand about nature today.” Steven Weinberg Erhaltungssätze (abgeschlossenes System ohne äußere Kräfte) Energieerhaltung Impulserhaltung Drehimpulserhaltung ∑ (E + E ) = konstant r ∑ p = konstant r ∑ L = konstant i pot i kin i i i i i Erhaltungssätze sind mit grundlegenden Symmetrien der „Natur“ verknüpft → Symmetrien in der Natur Die Verknüpfung von Erhaltungssätzen und Symmetrien geschieht durch das Noether-Theorem Zur Verknüpfung von Erhaltungssätzen und Symmetrien wird ein Extremalprinzip benötigt → Prinzip der kleinsten Wirkung 4.13 Das Prinzip der kleinsten Wirkung Was ist eine Wirkung ? t2 Definition: S = ∫ (Ekin (t ) − E pot (t ))dt t1 Einheit: [S ] = Js Maß der Veränderung engl. action → Hollywood Es gibt eine kleinste Wirkung: Wirkungsquantum h = 1.054 ⋅ 10 −34 Js Wirkung beim freien Fall: Masse 1kg E pot = m g h Das Prinzip der kleinsten Wirkung Die Wirkung wird minimal für die tatsächliche Trajektorie 55 4.13 Impulserhaltung Kräftefreie Bewegung eines Teilchens von 1 nach 3 via 2 Symmetrie: Invarianz gegen Verschiebung a ∆a S = S123 − S1*2*3* ≡ 0 Wirkung: 1 ( x − x1 ) 1 ( x3 − x 2 ) S123 = m 2 + m (t2 − t1 ) 2 (t3 − t2 ) 2 2 2 Festhalten von Punkt 1 und 3 Variation von Punkt 2 um dx2 Prinzip der kleinsten Wirkung: ∆a S = ∆S11* + ∆S 22* + ∆S 33* = ∆S11* + ∆S11* = − ∆S 33* ⇒ dS123 dS = − 123 dx1 dx3 dS123 =0 dx2 dS123 a + ∆S 33* = ∆S11* + ∆S 33* dx2 (x − x1 ) = m ( x3 − x2 ) ⇒ m 2 (t3 − t2 ) (t2 − t1 ) Impulserhaltung 4.13 Erhaltungssätze in der Physik Die Erhaltungssätze folgen aus den Symmetrien von Zeit und Raum, also ihrer Homogenität und Isotropie Erhaltungssätze sind Folgen von Invarianzeigenschaften Invarianz bei: Translationen im Raum Drehung im Raum Zeittranslationen → → → Impulserhaltung Drehimpulserhaltung Energieerhaltung Galileotransformation Lorentztransformation → → Schwerpunktsgeschwindigkeit Energie-Impulstensor Eichtransformationen → Ladungserhaltung (elektrisch, stark, schwach) 56 4.16 Weiterführende Literatur Brownsche Motoren R.D. Astumina, Scientific American July (2001) 57 Satelliten-Gravimetrie „GRACE Measurements of Mass Variability in the Earth System“ B. D. Tapley et al., Science 305 (2004) 503 Dreikörperproblem M.C. Gutzwiler, „Moon-Earth-Sun: The oldest three-body problem“, Rev.Mod. Phys. 70 (1998) 589 P. Hut, J.N. Bahcall, „Binary-single star scattering“ Astrophysical Journal, 268 (1983) 319 van der Waals Kräfte E. Arzt et al., „From micro to nano contacts in biological attachment devices“, Proc. Nat. Acad. Sci. 100 (2003) 10603 Corioliskraft: www.kidsnewsroom.org/elmer/infocentral/frameset/meterology/Bad/BadCoriolis.html www.physics.ohio-state.edu/~dvandom/Edu/index.html 57