Vorstufe der Berufsoberschule Alle Ausbildungsrichtungen GESCHICHTE Fachprofil: Die Schüler der Vorstufe haben die Hauptschule und eine berufliche Ausbildung abgeschlossen. Der Geschichtsunterricht dieser Stufe baut deshalb auf dem Geschichtslehrplan der Hauptschule bzw. der Berufsaufbauschule auf. Hier werden grundlegende Entwicklungen in Deutschland und Europa ab dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erarbeitet und analysiert. Der Unterricht dieser Stufe soll eine Grundlage für den folgenden Geschichtsunterricht darstellen und u. a. wesentliche Arbeitstechniken und Erkenntnismethoden fördern. Im Geschichtsunterricht soll dem Schüler bewusst gemacht werden, dass Entwicklungen nicht geradlinig verlaufen, sondern sich aus dem Gegen- und Miteinander verschiedener Interessen, Wertvorstellungen und Handlungen ergeben. Geschichtliche Ereignisse sind in ihrer Komplexität zu erfassen, damit einseitige Erklärungsversuche, vereinfachende Ursache-Folge-Beziehungen und Manipulationen geschichtlicher Wahrheit durchschaut werden können. Die Schüler sollen lernen, politische Ereignisse und Aussagen aus ihrer Entstehung und Entwicklung heraus zu erfassen. Damit sollen sie auch die Gegenwart besser verstehen lernen. Lerngebiete: V.1 V.2 Deutschlands Weg zum Nationalstaat - Europa im Zeitalter des Imperialismus Deutschland 1919 - 1932: Die Weimarer Republik LERNZIELE LERNINHALTE HINWEISE ZUM UNTERRICHT Nation und Nationalstaat - zielgerichtete Entwicklung oder Konstruktion? Längsschnittbetrachtung: Revolution und restaurative Kräfte in Europa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - Politik und bür- V.1 Deutschlands Weg zum Nationalstaat - Europa im Zeitalter des Imperialismus V.1.1 Die Schüler lernen, die nationale Einigung 1871 und die damit verbundenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der folgenden Jahrzehnte zu erfassen. Sie erkennen den Zusammen-hang zwischen wachsendem Nationalismus und Militarismus und der Ausgrenzung von Minderheiten. Es wird ihnen bewusst, dass gesellschaftliche Entwicklungen nicht geradlinig verlaufen und dass gegensätzliche Trends gleichzeitig vorkommen können. gerliche Kräfte bis 1871 Reichsgründung unter preußischer Führung und Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung Nationalstaatsbildung und Demokratisierung - ein europäischer Vergleich des Grads der Durchsetzung der Demokratie in verschiedenen Ländern (Querschnittsuntersuchung) Parallelen zu einzelnen Aspekten der Nationalen Einigung Italiens (Sprache, Rolle der Monarchie, kriegerische Auseinandersetzungen) Prinzipien der Reichsverfassung, innere Konflikte (Kulturkampf, Kampf gegen die Sozialdemokratie) und Konfliktparteien Hinweis auf Besonderheiten einzelner Länderverfassungen, z. B. auf Dreiklassenwahlrecht in Preußen Längsschnitt- und Querschnittbetrachtung: Entwicklung der Parteien in Europa im 19. Jahrhundert Rolle des Militärs im Kaiserreich - sein Einfluss auf das geistige Leben, auf Verbände und Vereine Patriotismus, Nationalismus und die Entfaltung der bürgerlichen Kultur Hinweis auf Ideengut und Wirkungsweise z. B. des Alldeutschen Verbands, der Turn- und Gesangsvereine im Kaiserreich, der Burschenschaften, Schützenvereine - Vergleich mit der Funktion und Rolle von Verbänden heute Hinweis auf die Kontroverse in der zeitgenössischen Literatur, auf die Auseinandersetzung zwischen militaristisch-nationalistischen Kräften und pazifistisch-internationalistischen Gegenkräften Auswirkungen der Industrialisierung in Deutschland auf Arbeitswelt, Wirtschaft und Gesellschaft Behandlung in Abstimmung mit Sozialkunde, LG 2 und 3 Schichtspezifischer Wandel von Erwerbstätigkeit und Rolle der Frau; Frauenbewegung Längsschnittbetrachtung: Die Aufklärung und die Erfindung eines strikten Geschlechterdualismus; "Erfindung" der Kindheit und der mütterlichen Fürsorge bei gleichzeitigem Streben nach neuer Selbstständigkeit durch die Frauen Emanzipation der Juden und pseudowissenschaftlich begründeter Antisemitismus Längsschnittbetrachtung: Jüdische Geschichte in Europa zwischen Reglementierung und Verfolgung seit dem Mittelalter - Unter- schiede zwischen West- und Osteuropa; Hinweise auf die regionale und ggf. lokale Geschichte jüdischer Gemeinden V.1.2 Die Schüler erkennen den Ersten Weltkrieg als Folge imperialistischer Bestrebungen und des Strebens nach innenpolitischer Befriedung. Sie erfassen die Auswirkungen der Friedensverträge von Versailles und Trianon für den beginnenden Bedeutungsverlust der Weltmacht Europa und für die Kriege des 20. Jahrhunderts. Zielsetzungen und Entwicklungslinien der deutschen, britischen, russischen und französischen Außenpolitik bis 1914 - internationale Krisen Diskussion: Das Jahr 1914 als Beginn einer neuen europäischen Epoche? Diskussion der Rolle des Pangermanismus und des Panslawismus sowie der Rolle Russlands und Österreich-Ungarns bei Vorbereitung, Ausbruch und Fortführung des Krieges Der Erste Weltkrieg als prägendes historisches Ereignis Diskussion verschiedener Theorien zur Kriegsschuldfrage mit Quellenarbeit Quellenarbeit: Feldpostbriefe; Kriegsberichterstattung, Kriegsalltag in den Zeitungen Die Rolle der Frau im Krieg Der Krieg im Spiegel der Karikatur Massenvernichtungstechnik als neues Potenzial Der Sturz des autoritären Regimes: Die Russische Revolution 1917, Durchsetzung des Sozialismus, Begründung der UdSSR Längsschnittbetrachtung: Politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung Russlands, Merkmale und Auswirkungen der Revolution 1917 Wirtschaftliche, soziale und politische Auswirkungen des Kriegs auf die teilnehmenden Staaten Revolution in Deutschland - Dolchstoßlegende Querschnittbetrachtung: Vergleich der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in den beteiligten europäischen Staaten Regionale und lokale Ausprägungen der Novemberrevolution Quellenarbeit mit lokalen Zeitungen vom Nov./Dez. 1918 - Vergleich mit zeitgleichen Entwicklungen in Rußland Versailler Vertrag und Vertrag von Trianon territoriale Bestimmungen für Deutschland und Österreich, neue Staaten und Grenzen in Ostmittel- und Südosteuropa Längsschnittbetrachtung: Der Friedensvertrag von Trianon als eine der Ursachen der Konflikte in Osteuropa bis heute Bedeutungsrückgang Europas - die USA als Längsschnittbetrachtung: Grundlegende politische und wirtschaft- V.2 neue Vormacht liche Entwicklungen in den USA vom Ende des Sezessionskrieges bis zum 1. Weltkrieg im Zusammenhang mit ihrem außenpolitischen Engagement - Widerspruch zwischen Isolationspolitik und engen wirtschaftlichen Verflechtungen Die Weimarer Verfassung und die sich bald anbahnende "Tradition" der Durchbrechung der Verfassung ("Ermächtigungsgesetz" 1923, Ausrufung des Notstands, Reichsexekutionen, Notverordnungen, Präsidialdiktatur) Vergleich der Weimarer Verfassung mit dem Grundgesetz, aber auch mit den zeitgenössischen Verfassungen in Frankreich und den USA Querschnittbetrachtung: Frauenwahlrecht in Europa und USA Längsschnittbetrachtung: Volksentscheide in der europäischen und amerikanischen Geschichte und ihre Auswirkungen auf die Durchsetzung politischer wirtschaftlicher und sozialer Neuerungen Heranziehen literarischer Zeugnisse (z. B. Th. Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen) zur "Republik ohne Demokraten" Quellen zur Einstellung der Intellektuellen zu Demokratie und Republik Längsschnittbetrachtung: Politische Justiz 1920 - 1932 Phasen der wirtschaftlichen Schwäche, der Konsolidierung und des erneuten Zusammenbruchs im Gefolge der Weltwirtschaftskrise Querschnittbetrachtung: Die Wirtschaftskrise und ihre Auswirkungen in den USA und in Europa; Verhinderung des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich und seine Folgen Wirtschaftspolitik in Europa - Abwertung als Kampfmittel; Abschottung der Märkte Soziale Folgen der wirtschaftlichen Krise: Arbeitslosigkeit, soziales Absinken ganzer Berufsgruppen; sozialer Abstieg großer Teile des Kleinbürgertums Quellenarbeit: soziale Deklassierung weiter Teile des Mittelstands und sein Niederschlag in Aufrufen und Parteiprogrammen sowie in lokalen Zeitungen Deutschland 1919 - 1932: Die Weimarer Republik Die Schüler erfassen die Weimarer Republik als temporäre Durchsetzung der Demokratie. Sie erkennen den Zusammenhang zwischen dem Scheitern bei der Lösung der wirtschaftlichen Probleme und der Durchsetzung der Diktatur. Es wird ihnen bewußt, daß eine "Demokratie ohne Demokraten" zum Scheitern verurteilt ist. "Demokratie ohne Demokraten": Antidemokratische und autoritäre Einstellungen, Nationalismus, Antisemitismus Längsschnittbetrachtung: Reichstagswahlen und Wahlerfolge rechter Parteien seit 1919 Wahltendenzen der Zeit in anderen europäischen Ländern Diskussion kontroverser Deutungen des Scheiterns der Weimarer Republik Quellenarbeit: Resolutionen und Verlautbarungen von Burschenschaften, Studentenverbindungen u. ä. Zirkel