Grenzwert von Folgen

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Prof. Dr. W. Rosenheinrich
Fachbereich Grundlagenwissenschaften
Fachhochschule Jena
23.08.2005
Studien- und Übungsmaterial: Grenzwert von Folgen
0. Inhalt und Vorbemerkungen
1. Definitionen
2. Sätze und Herleitungen
3. Aufgaben
4. Lösungen
5. Verwendung der Differential- und Integralrechnung
5.1. Taylor - Formel
5.2. Regel von l’Hospital
5.3. Integralsummen
1
2
8
23
25
34
34
38
39
0. Inhalt und Vorbemerkungen
... Aber diese Abende, das war wohl das Schlimmste: über den Büchern hocken
und auf Formeln und Gleichungen starren - mein Gott, was ist das eigentlich?
Und wenn der Bissigste aus der Lehrermeute hier wäre, er könnte ein paar
erläuternde Worte sagen, und schon wüßte man Bescheid, was los ist, und wie
man die Gleichung löst; so aber glotzt man Stunde um Stunde auf die Arbeit,
und der Kopf wird schwerer und schwerer.
K. C̆apek, Die erste Kolonne
Dieses Studien- und Übungsmaterial verfolgt mehrere Ziele:
1. Es ist eine gewisse Wiederholung des Vorlesungsstoffes; man könnte eine Lücke im Konspekt damit
nachträglich füllen.
Dieses Ziel wird jedoch nur bedingt erreicht, da dieses Material in Umfang und Detailreichtum beträchtlich über die Vorlesung hinausgeht.
2. Es ist eine Vertiefung der Vorlesung; der interessierte Leser1 findet Begründungen und Querverbindungen, die in der doch mehr rezeptorientierten Vorlesung eingespart werden mußten. Damit kann er ein
besseres Verständnis erreichen.
3. Es soll mathematisches Denken vermittelt werden, und zwar so, daß es auch in anderen Bereichen
dieses Faches (und anderer Fächer) anwendbar ist. Deshalb sind auch (einige) Beweise angegeben.
Natürlich kann ein Student dann auch gleich ein mathematisches Lehrbuch in die Hand nehmen. Dagegen
habe ich nichts einzuwenden. Wenn ich diesem Material etwas zugute halten will, so ist es der Umstand,
daß ich versucht habe, es halbwegs am Inhalt der Vorlesung zu orientieren. So sind einige Begriffe ausgespart (beispielsweise Infimum und Supremum), auf die ein reguläres Lehrbuch nicht verzichten kann.
(Im vorliegenden Text zwang dieser Verzicht zu einigen Umwegen.)
Es wurde versucht, den Text möglichst einfach und verständlich zu halten, auf drastische Abstriche am
Inhalt aber verzichtet. So bin ich mir klar darüber, daß mancher Satz2 einige Zeit und allerhand Nachdenken erfordert, bis er verstanden wird - der erwähnte interessierte Student sollte sich darauf einstellen
und nicht sofort verzweifeln.
Ein schlichtes Überfliegen erscheint mir gänzlich unangebracht. Nicht einmal aufmerksames Lesen reicht
aus - man sollte versuchen, den jeweiligen Sachverhalt selbst aufzuschreiben.
4. Wer es dennoch eilig hat - die Aufgaben kann man auch ohne Lektüre des theoretischen Teils in Angriff
nehmen. Wenn man allerdings auch gleich die Lösungen liest, so tut man sich nicht viel Gutes.
Auf einfache Standardaufgaben, wie sie in den Übungen behandelt werden, wurde verzichtet.
1 Es
wird hier im Interesse der Lesbarkeit die männliche Form stellvertretend verwendet.
im grammatischen Sinne, nicht als’Lehrsatz’ gemeint.
2 ’Satz’
1
1. Definitionen
das Dau gebar das eine
das eine gebar die zweizahl
die zweizahl gebar die dreizahl
aus der dreizahl wurde die vielzahl
der dinge vielzahl
getragen vom Yin, umfangen vom Yang
geeint werden sie durch den allumfassenden krafthauch
Laudse, Daudedsching
Das Erst wär so, das Zweite so
Und drum das Dritt und Vierte so,
Und wenn das Erst und Zweit nicht wär,
Das Dritt und Viert wär nimmermehr.
J. W. Goethe, Faust I
Unter einer Folge wird nachstehend eine numerierte Menge reeller Zahlen verstanden.
Im allgemeineren Sinne kann man auch Folgen von komplexen Zahlen, von Vektoren, Funktionen usw.
betrachten; die dabei entstehenden Fragen können aber vielfach auf die Analyse von Folgen reeller Zahlen
zurückgeführt werden.3
Eine Folge kann ebenso als eine Funktion f angesehen werden, die allen (oder fast allen) natürlichen
Zahlen n eine relle Zahl an zuweist: an = f (n).
an ist die Bezeichnung für das (allgemeine)4 n-te Folgenglied; ’n’ ist sein Index. Er durchläuft die Menge
der natürlichen Zahlen 0, 1, 2, ... . Viele Folgen beginnen nicht mit n = 0, sondern mit n = 1. Es können
auch weitere Indizes fehlen:
Beispiel 1:
an =
√
n − 5.5 ,
bn =
2
,
n(n − 1)(n − 3)
cn = tan
nπ
10
sind Folgen, in denen Glieder fehlen. Im Falle von an sind sie erst für n ≥ 6 definiert, es fehlen b0 , b1 und
b3 , und in cn sind alle Glieder undefiniert, deren Index bei Division durch 10 den Rest 5 läßt.
Im Weiteren haben Folgen immer unendlich viele Glieder.
Die Formulierung ’Fast alle Folgeglieder haben die Eigenschaft ...’ soll hier bedeuten, daß höchstens
endlich viele Glieder existieren können, die diese Eigenschaft nicht besitzen.
Die Aussage: ’Fast alle Glieder der Folge an = n sind größer als eine Million.’ ist richtig, denn sie trifft
für unendlich viele Glieder zu und ist, was wichtiger ist, nur für die endliche Zahl von 1 000 001 Gliedern
falsch (wenn man bei Null beginnt).
Demgegenüber ist die Aussage: ’Fast alle Glieder der Folge an = n sind keine Quadratzahlen.’ falsch; sie
trifft zwar meist zu (unter den Gliedern der Folge an = n bis n = 1 000 000 sind nur 1 001 Quadratzahlen:
0, 1, 4, 9, ... 106 . Das sind etwa 0.1%, oder, anders gesagt: 99.9% sind keine Quadratzahlen), aber aus
dieser Regel gibt es unendlich viele Ausnahmen und das ist bei dieser Formulierung ’fast alle’ nicht
zulässig.
Wenn fast alle Glieder einer Folge an eine gewisse Eigenschaft haben, so muß eine Indexschranke N
existieren, so daß alle Folgeglieder mit n > N diese Eigenschaft besitzen. - In der Tat, es gibt nur endlich
viele Folgeglieder ohne die betrachtete Eigenschaft und eines von diesen hat den größten Index dieser
Gemeinschaft; nennen wir ihn N . Danach kommt keine Ausnahme mehr. Für alle n > N trifft also die
Eigenschaft zu.
Die Folgeglieder können durch explizite oder implizite Formeln gegeben sein: an = ϕ(n) oder Φ(n, bn ) = 0.
Hierbei bezeichnen ϕ oder Φ Formelausdrücke, beispielsweise an = n/(n + 2) oder bn + ln bn − n = 0. Die
letzte Formel kann nicht nach bn aufgelöst werden, aber sie definiert trotzdem die Glieder einer Folge,
deren Werte sich zumindest numerisch berechnen lassen:
b0 = 0.5671 ,
b1 = 1 ,
b2 = 1.5571 ,
b3 = 2.2079 . . . .
Daneben können die Werte einer Folge auch rekursiv definiert werden. Im einfachsten Fall ergibt sich cn
aus seinem Vorgängerwert cn−1 nach einer Vorschrift cn = Ψ(cn−1 ). Damit die Folgeglieder bestimmt
sind muß ein Anfangswert c0 definiert sein.
3 In der technischen Literatur werden manche Folgen mit dem Namen Reihe bezeichnet (z. B. die Normzahl-Grundreihen).
Man verwechsle diese Folgen nicht mit den in der Mathematik verwendeten Reihen, die gänzlich andere Objekte darstellen!
4 In Klammern gesetzte Adjektive oder Erklärungen im folgenden Text sind zumeist strenggenommen überflüssig. Sie
wurden eingefügt, um Mißverständnisse sicher auszuschließen.
2
Bekannt ist die arithmetische Folge mit der Schrittweite d: cn = cn−1 + d; dies ist eine solche rekursive
Definition. Mit der Angabe von c0 und d sind prinzipiell alle Folgeglieder bestimmt.
Bei rekursiver Berechnung muß man, wenn man sich z. B. für c100 interessiert, die 99 Folgeglieder
c1 , c2 , . . . , c99 ermitteln, die ggfs. eigentlich nicht gebraucht werden. Ein expliziter oder impliziter
Formelausdruck liefert dagegen c100 direkt.
Bekanntlich kann man aus der Definitionsgleichung cn = cn−1 + d der arithmetischen Folge eine explizite
Vorschrift gewinnen: cn = c0 + nd.
1202 formulierte Leonardo Pisano alias Fibonacci in seinem Mathematikbuch Liber Abacci eine
schlichte Rechenaufgabe, aus der heutzutage eine weitverzweigte mathematische Theorie hervorgegangen ist. Diese Aufgabe führt zu einer Rekursion, wobei sich cn aus seinen zwei Vorgängern ergibt:
cn = cn−1 + cn−2 . Setzt man c0 = c1 = 1, so wird c2 = 2, c3 = 3, c4 = 5, c5 = 8, . . . .
Die explizite Formel ist hier etwas komplizierter:

√ !n+1 
√ !n+1
1− 5
1  1+ 5
 .
−
cn = √
2
2
5
Die Folge dn , die durch die Festlegung ’Sei d0 = 1 und jedes weitere Folgeglied die Summe aller seiner
Vorgänger’ bestimmt wird, ergibt sich aus einer Rekursion, bei der keine feste Zahl von schon ermittelten
Folgegliedern eingeht, sondern eine wachsende:
dn
=
n−1
X
dn ,
d0 = 1 .
k=0
Man überlegt sich leicht, daß hier für n > 0 die Darstellung dn = 2n−1 gilt.
Einige Begriffe:
Eine Folge heißt von oben beschränkt, wenn eine Zahl M existiert, so daß für alle Werte von n gilt:
an ≤ M . Der Wert M wird obere Schranke der Folge genannt.
Beispiel 2:
a) Die Folge an = cos nα ist von oben beschränkt, denn mit M = 3 gilt stets: an = cos nα ≤ 3.
Die Schranke M = 3 ist zulässig, aber sicher übertrieben. Eine sinnvollere Schranke wäre M = 1.
Überlicherweise gibt man eine möglichst kleine obere Schranke an; für den reinen Fakt der Beschränktheit
von oben ist es aber
√ nur wichtig, daß irgendeine obere Schranke existiert.
b) Die Folge bn = 3 n + 2 ist nicht von oben beschränkt.
Angenommen,
√ es gäbe eine obere Schranke M (die dann positiv sein muß). Dann müßte für alle n die
Ungleichung 3 n + 2 ≤ M gelten, oder, nach Übergang zur dritten Potenz, wobei die Ungleichung erhalten
bleibt, n ≤ M 3 − 2.
Rechts steht eine feste reelle Zahl und zu jeder reellen Zahl gibt es eine (sogar unendlich viele!) natürliche
Zahl(en), die größer ist. Die letzte Ungleichung kann also nicht für alle n gelten. Folglich ist die getroffene
Annahme von der Existenz einer oberen Schranke unhaltbar.
Eine Folge heißt von unten beschränkt, wenn eine Zahl m existiert, so daß für alle Werte von n gilt:
an ≥ m. Der Wert m wird untere Schranke der Folge genannt.
Eine Folge heißt (einfach) beschränkt, wenn sie sowohl von unten als auch von oben beschränkt ist.
Man beachte, daß Folgeglieder gleich der Schranke sein können. Ist das der Fall, so kann die Schranke
nicht mehr ’verbessert’ werden. Man spricht dann von einer scharfen Schranke.
Es ist auch möglich, daß eine scharfe (also nicht mehr verbesserbare) Schranke von keinem Folgeglied
angenommen wird. Betrachten wir die Folge an = 1/n. Alle Folgeglieder sind größer als Null; Null ist also
eine untere Schranke. Und es gibt keine größere untere Schranke als Null, denn jeder positive Bewerber m
für eine untere Schranke würde von einem an mit n > 1/m > 0 wegen dann an = 1/n < m unterboten.
Man erhält die folgende Negation der Beschränktheit:
Eine Folge an ist nicht von oben beschränkt, wenn zu jeder Zahl M ein Index n = n(M ) existiert,
so daß an > M gilt.
Mit M sind hier große positive Zahlen gemeint; je nach der Wahl von M existiert ein anderer Wert von
n, der folglich - was die Schreibweise ausdrücken soll - von M abhängt.
Beispiel 3:
a) Die Folge an = ln n ist nicht von oben beschränkt; wählt man M = 1, so ist bei n = 3 > e mit
an = ln 3 = 1.0986 . . . > 1 diese Schranke übertroffen.
Die größere ’Schranke’ M = 10 wird ebenfalls überschritten, man muß nur n größer als e10 = 22 026.466
3
wählen. Bereits n = 22 027 wäre ausreichend, aber auch n = 100 000 wäre ein Beispiel dafür, daß M = 10
für diese Folge keine Schranke ist.
Kann man die Folge mit M = 100 ’einfangen’ ?
Zunächst sind alle Logarithmen von n viel kleiner als 100, aber wenn man Geduld hat und ausnutzt, daß
es unendlich viele natürliche Zahlen gibt, man also Material zum Suchen hat, so wird man feststellen,
daß der Logarithmus von
n = 26 881 171 418 161 354 484 126 255 515 800 135 873 611 119
den Wert M = 100 zwar nur ganz geringfügig, aber immerhin überschreitet.5
Damit ist auch 100 keine Schranke für die ganze Folge.
Drei Beispiele sind nicht ausreichend, um die Unbeschränktheit der Folge sicher zu zeigen. Das muß allgemein geschehen. Man nutzt aus, daß die Ungleichung ln n > M (also das Überschreiten einer beliebigen
positiven Schranke M ) nach n lösbar ist: n > eM .
Der rechts stehende Wert ist für beliebige M definiert und eine größere natürliche Zahl läßt sich zu jedem
konkreten reellen Wert finden. Also ist die Unbeschränktheit allgemein bewiesen.
b) Die Folgeglieder bn seien für n > 0 definiert als die Anzahl der Teiler von n.
Es ist b1 = 1, b2 = 2, b3 = 2, b4 = 3, b5 = 2, b6 = 4, b7 = 2, . . ..
Allgemein ist bn = 2 gleichbedeutend mit dem Umstand, daß n eine Primzahl ist.
Die Folge ist von unten beschränkt mit ihrem Anfangsglied b1 = 1 als größtmögliche untere Schranke.
Aber es gibt keine obere Schranke: Zu jeder natürlichen Zahl p gibt es eine natürliche Zahl n = p ! und
diese hat (mindestens) p Teiler (praktisch wesentlich mehr, so hat 4!=24 die 8 > 4 Teiler 1, 2, 3, 4, 6, 8,
12, 24).
Nun kann p beliebig groß werden, folglich gibt es keine obere Schranke zu dieser Folge.
Analog zur Nicht-Beschränktheit von oben gibt es eine von unten:
Eine Folge an ist nicht von unten beschränkt, wenn zu jeder Zahl m ein Index n = n(m) existiert,
so daß an < m gilt.
Zum Begiff der Monotonie:
Eine Folge heißt monoton wachsend, wenn für alle n gilt: an+1 ≥ an , und monoton fallend, wenn
für alle n gilt: an+1 ≤ an .
Die zulässigen n-Werte müssen ggfs. eingeschränkt werden; beispielsweise ist die Folge bn aus Beispiel 1
erst ab n = 4 monoton fallend.
Eine konstante Folge an = a ist also sowohl monoton wachsend als auch monoton fallend.
Eine (ab a0 definierte) monoton wachsende Folge ist offenbar von unten beschränkt mit der scharfen
unteren Schranke m = a0 . Entsprechend ist jede monoton fallende Folge von oben durch ihr erstes Glied
(oder jeden größeren Wert) beschränkt.
Eine Folge heißt streng monoton wachsend, wenn für alle n gilt: an+1 > aa , und streng monoton
fallend, wenn für alle n gilt: an+1 < an .
Kommen wir nun zum zentralen Begiff dieses Textes:
Man sagt, die Folge an konvergiere gegen den Grenzwert A, wenn zu jeder noch so kleinen positiven
Genauigkeitsschranke ε eine - i. a. von diesem ε abhängige - Indexgrenze N = N (ε) existiert, so daß für
alle Indizes n > N die Folgeglieder an von A einen Abstand haben, der kleiner als ε ist.
Der Formelausdruck für diesen Sachverhalt ist
lim an
=
n→∞
A.
In mathematischer Kurzschrift lautet die Definition
lim an = A
n→∞
⇐⇒
∀ε > 0 ∃N = N (ε) :
∀n > N :
| an − A| < ε
.
Den Sachverhalt der Konvergenz kann man folgendermaßen veranschaulichen:
Die Menge aller Zahlen x mit |x − A| < ε nennt man eine ε-Umgebung von A. Das ist ein (offenes)
Intervall (A − ε, A + ε) mit dem Mittelpunkt A und der Gesamtbreite 2ε.
Die Konvergenz bedeutet also, daß in jeder noch so kleinen ε-Umgebung fast alle Folgeglieder liegen;
(vielleicht) mit Ausnahme von endlich vielen.
Wie groß die Zahl der Ausnahmen ist hängt von der Breite des Intervalls ab - je schmaler es ist, desto
5 Das
sind 26 Septillionen usw..
4
mehr werden i. a. draußen liegen.
Es sind aber stets nur endlich viele - und unendlich viele liegen drin.6
Man beachte, daß die Definition zwei Begriffe erklärt:
I) Die Folge hat die Eigenschaft zu konvergieren. - Eine solche Folge wird konvergent genannt.
II) Die Zahl A wird unter allen reellen Zahlen ausgezeichnet als dasjenige Ziel, dem die konvergente Folge
zustrebt. - Sie heißt Grenzwert oder Limes der Folge.
Beispiel 4:
a) Die konstante Folge an = 2 ∀n ≥ 0 ist konvergent. Ihr Grenzwert ist A = 2.
In der Tat, wählt man N = 0, so gilt ∀ε > 0 und ∀n > N = 0 die Abschätzung |an − A| = |2 − 2| = 0 < ε.
Hier tritt der Ausnahmefall ein, daß N (ε) in Wirklichkeit nicht von ε abhängt und konstant gewählt
werden kann.7
b) Sei β > 0 ein fester Wert. Die Folge an = n−β konvergiert. Ihr Grenzwert ist A = 0.
Man wählt ein beliebiges, für die Dauer der Betrachtung aber als fest angesehenes ε > 0.
Die Frage ist, ob zu diesem ε ein N (ε) existiert, so daß ∀n > N (ε) die Bedingung |an − 0| < ε erfüllt ist.
Diese Bedingung wird nach n aufgelöst; da die Folgeglieder positiv sind kann man auf den absoluten
Betrag verzichten:
1/β
1
1
1
.
⇐⇒ n >
|an − 0| = an = n−β = β < ε ⇐⇒ nβ >
ε
ε
n
Es wurde ausgenutzt, daß eine Ungleichung zwischen positiven Zahlen erhalten bleibt, wenn man beide
Seiten mit dem positiven Exponenten 1/β potenziert.
Aus der letzten Ungleichung gewinnt man den Wert N (ε), indem man ihn definiert als die größte natürliche
Zahl, die ε−1/β nicht übersteigt (der sogenannte ’größte ganze Teil’). Bei der positiven Zahl 271.473 772
würde das einfach das Weglassen der Nachkommastellen bedeuten: 271. Aus 56.000 000 dagegen erhält
man mit dieser Operation 56.
Die so definierte Zahl N (ε) existiert dank der Voraussetzung ε > 0 und β > 0. Sie ist weniger als Eins
kleiner als ε−1/β . Wenn also n > N (ε) gefordert wird, so gilt n ≥ 1 + N (ε) (eine echte Ungleichung
zwischen natürlichen Zahlen bedeutet mindestens den Abstand 1) und es folgt
1/β
1
.
n ≥ 1 + N (ε) > ε−1/β =
ε
Nach der obigen Ungleichungskette ist damit aber |an − 0| < ε gewährleistet.
Der Wert ε war als positiv, ansonsten aber beliebig vorausgesetzt worden. Also existiert ein solches N (ε)
für jedes ε > 0.8 Folglich ist die Bedingung der Definition erfüllt, mithin konvergiert diese Folge an , und
Null ist ihr Grenzwert. Die Behauptung ist bewiesen.
Ist vielleicht auch A = 0.1 Grenzwert dieser Folge?
Nein; das sei für den Fall β = 1, also an = 1/n, gezeigt.
Bei ε = 0.2 geht die ε-Umgebung des vermuteten Grenzwerts 0.1 von -0.1 bis 0.3 (ohne diese beiden
Werte selbst).
Die ersten drei Folgeglieder a1 = 1, a2 = 0.5, a3 = 0.333 . . . liegen außerhalb dieses Intervalls, alle
weiteren aber drin.
Bei ε = 0.11 liegen die an ab N = 4, also mit a5 = 0.2 beginnend, im Bereich (-0.01,0.21).
Wählt man aber ε noch kleiner: ε = 0.05, so enthält die ε-Umgebung (0.05,0.15) von 0.1 zwar die
Folgeglieder a7 = 0.14 . . . bis a19 = 0.0526 . . ., aber die nachfolgenden liegen allesamt außerhalb dieses
Bereichs. Zu diesem ε = 0.05 gibt es also keine Schranke N , so daß für alle n > N die Ungleichung
|an − 0.1| < ε erfüllt ist.
Folglich ist 0.1 nicht der Grenzwert von an = 1/n. 9
6 Unserem Milchstraßensystem eine Masse von 5 · 1041 kg zugebilligt und unterstellt, es bestehe aus Teilchen von der
Masse eines Elektrons (9 · 10−31 kg), so könnte man dieses gewaltige System also aus rund 6 · 1071 der winzigen Teilchen
errichten.
Diese (natürliche) Zahl - halbe Elektronen soll es nicht geben - ist endlich. Fast alle natürlichen Zahlen sind größer
als diese. Eine Ausnahme bilden nur die 6 · 1071 ersten.
Der zu M = 100 gehörende Wert n aus Beispiel 3 ist übrigens verschwindend klein im Vergleich zu 6 · 1071 .
7 Dieses Beispiel zeigt u. a., daß die bisweilen geäußerte Meinung, eine konvergente Folge habe sich ihrem Grenzwert nur
platonisch zu nähern, ohne ihn je konkret zu erreichen, irrig ist. Die vorliegende Folge befindet sich - wie Frau Igel - vom
Anfang an in ihrem Ziel!
8 Ich weise nochmals darauf hin: ’existiert ein solches N (ε) für jedes ε > 0’ bedeutet nicht ’existiert ein universelles N ’,
sondern je nach dem gewählten ε gibt es ein anderes, von der Größe von ε abhängiges N .
9 Beachten Sie diese Formulierung! Es ist nicht gesagt, daß a = 1/n nicht konvergiert, sondern nur, daß 0.1 nicht der
n
Grenzwert dieser Folge ist.
5
Nachstehend ist der Anfang der Folge für verschiedene Werte von β tabelliert:
β
n=1
2
3
4
5
6
7
8
0.2
1
3
1.000
1.000
1.000
0.871
0.500
0.125
0.803
0.333
0.037
0.758
0.250
0.016
0.725
0.200
0.008
0.699
0.167
0.005
0.678
0.143
0.003
0.660
0.125
0.002
Man sieht, daß die Geschwindigkeit des ’Gegen-Null-Gehens’ mit wachsenden β zunimmt.
Das hat Auswirkungen auf die Wahl der N (ε) - bei einer langsam konvergierenden Folge dauert es länger,
bis sich die Folgeglieder endgültig in einer konkreten ε-Umgebung versammelt haben. Diese N -Werte sind
in der folgenden Tabelle für einige Fälle angegeben:
β
0.2
1
3
ε = 0.1
5
10
10
2
0.01
0.001
10
1015
1000
10
10
100
4
c) (Immer noch Beispiel 4):
Die Folge an = (−1)n konvergiert nicht, und dementsprechend besitzt sie keinen Grenzwert.
Begründung: Wir nehmen an, sie konvergiere und hätte den Grenzwert A.
Die Folgeglieder sind abwechselnd +1 und -1, also gilt - was offensichtlich ist |an+1 − an | = |(−1)n+1 − (−1)n | = |(−1) · (−1)n − (−1)n | = |(−1)n · (−1 − 1)| = |(−1)n | · | − 2| = 2 .
Wählen wir ε = 1. Nach Voraussetzung der Konvergenz gibt es dazu ein N1 , so daß ∀n > N1 die Bedingung
|an − A| < ε = 1 erfüllt ist.
Dann folgt andererseits, da mit n > N1 auch n + 1 > N1 gilt,
|an+1 − an | = |(an+1 − A) − (an − A)| ≤ |an+1 − A| + |an − A| < 1 + 1 = 2 .
Man erhält die unmögliche Beziehung 2 < 2; also war die getroffene Annahme der Konvergenz dieser
Folge falsch.
Eine Folge heißt divergent, wenn sie nicht konvergiert.
Die Folge aus Beispiel 4 c) war also divergent.
Es erweist sich als sinnvoll, verschiedene Arten von Divergenz zu unterscheiden. Die Glieder des letzten
Beispiels sprangen immer zwischen +1 und -1 hin und her und wurden nicht langsam stationär.
Ebenfalls divergent ist die unbeschränkte Folge aus Beispiel 3 b), aber das Verhalten der Folgeglieder ist
hier chaotischer: Es tauchen immer wieder Primzahlen n auf, die den Wert 2 liefern, und andererseits
Zahlen n mit einer großen Anzahl von Teilern.
Demgegenüber liefert die Bildungsvorschrift an = n2 die Folge {0, 1, 4, 9, 16, 25, . . .}, die ebenfalls divergent ist, allerdings haben ihre Glieder die Eigenschaft, schön regelmäßig und unbegrenzt zu wachsen.
In diesem Fall spricht man von bestimmter Divergenz zu einem uneigentlichen Grenzwert.
Man sagt, die Folge an divergiere gegen +∞, wenn zu jeder noch so großen Schranke M eine von
M abhängige Zahl N = N (M ) existiert, so daß für alle Werte n > N die Bedingung an > M
erfüllt ist. +∞ ist der uneigentliche Grenzwert dieser Folge.
Die Folge ’nähert’ sich ihrem uneigentlichen Grenzwert im folgenden Sinne:
+∞ ist von jeder existierenden Zahl unendlich weit entfernt; die Folgeglieder kommen ihm also trotz
allen Wachstums irgendwie nicht näher. Um einen Fortschritt zu registrieren mißt man also den ’Abstand
zu +∞’ als Abstand zur Null und erklärt einen weiter in positiver Richtung von Null entfernten (also
einfach größeren Wert) als näher an (plus) Unendlich.
Anstelle der ε-Umgebung von A betrachten wir hier also die Umgebung (M, +∞) von Unendlich. Je
größer M , desto ’kleiner’ ist diese Umgebung.
Zeigen wir die bestimmte√Divergenz von an = n2 : Sei M ≥ 0 eine beliebige
Schranke; wählen wir N als
√
die größte ganze Zahl ≤ M , dann ist bei n > N die Bedingung n > M erfüllt. Es folgt (alles ≥ 0 !)
an = n2 > M , und das für alle n > N .
Man sagt, die Folge an divergiere gegen −∞, wenn zu jeder noch so kleinen (negativen) Schranke
m eine von m abhängige Zahl N = N (m) existiert, so daß für alle Werte n > N die Bedingung
an < m erfüllt ist. −∞ ist der uneigentliche Grenzwert dieser Folge.
Um es noch einmal zu betonen: Konvergez führt immer zu einem eigentlichen Grenzwert - einer (endlichen) reellen Zahl; Divergenz dagegen kann unbestimmt sein oder aber bestimmt, im letzten Fall erfolgt
6
sie zu einem uneigentlichen Grenzwert +∞ oder −∞.
Eine konvergente Folge mit dem Grenzwert Null wird Nullfolge genannt. Man beachte, daß ihre Glieder
im allgemeinen von Null verschieden sind!
Die betrachtete Folge an = n−β mit β > 0 ist eine wichtige Nullfolge.
Es seien an und bn zwei Nullfolgen; fast alle Glieder dieser beiden Folgen seien von Null verschieden.
Wenn die Folge cn = an /bn ihrerseits Nullfolge ist, so bedeutet dies wegen an = cn · bn , daß die Glieder
an aus den - wegen der Nullfolgeneigenschaft - kleinen10 Gliedern bn hervorgehen, indem man sie mit den
ebenfalls kleinen Werten cn multipliziert.
Deshalb sagt man, die Folge an gehe schneller gegen Null als bn . Umgedreht geht bn langsamer gegen
Null als an .
Gibt es dagegen positive Konstanten C1 und C2 : 0 < C1 < C2 derart, daß ∀n > N0 die Einschließung
C1 |an | ≤ |bn | ≤ C2 |an | gilt, so sagt man, die beiden Folgen seien von gleicher Konvergenzordnung. (an
und bn sind nach wie vor Nullfolgen.)
Dividiert man die vorige Ungleichungskette durch C1 und C2 , so folgt einerseits |bn |/C2 ≤ |an | und
andererseits |an | ≤ |bn |/C1 . Mit den neuen Konstanten 0 < C1∗ = 1/C2 < C2∗ = 1/C2 folgt also sie
Einschließung von an : C1∗ |bn | ≤ |an | ≤ C2∗ |bn |.
Beispiel 5:
Sei an = 1/n und bn = 3n/(5n2 + 4) (beides sind Nullfolgen), dann ist bei n ≥ 1 auch 4n2 ≥ 4, also
bn =
3
3n
1 1
3n
=
≥ 2
= · ,
9n
3 n
5n2 + 4
5n + 4n2
mithin ist bn von unten durch 31 an abschätzbar.
Umgekehrt gilt
3n
3 1
3
3n
< 2 = · = an .
bn = 2
5 n
5
5n + 4
5n
Damit befindet sich bn stets zwischen an /3 und 3an /5 einschließlich dieser Grenzen.
Umgedreht befindet sich an immer zwischen 35 bn als untere und 3bn als obere Grenze.
Im Unterschied zum Begriff der Schranke sind diese Grenzen aber nicht fest, sondern jeweils von n abhängig.
Noch eine Bemerkung zum Begriff ’existiert’, der in einigen Definitionen (Beschränktheit, Konvergenz)
auftaucht: Existenz bedeutet nicht, daß man - oder irgendeine rezente Person - diesen Wert kennt oder
berechnen kann. Es reicht aus, daß es ihn unvermeidlich geben muß.
Wenn 38 Menschen in einem Raum sind, so existiert darin ein Paar von Menschen, deren Nachname mit
demselben Buchstaben (des lateinischen Alphabets) beginnt.
Tatsächlich, es kann nicht anders sein als daß ein solches Paar existiert, denn ansonsten müßte es mindestens 38 verschiedene Buchstaben geben.
Die vorhandene Information (38 Menschen in einem Raum) liefert also den Fakt der Existenz eines solchen
Paares.
Wer konkret ein solches Paar ausmacht ist aus der gegebenen Informationsmenge nicht zu ermitteln.
Und es gibt offenbar mehr als ein Paar, vielleicht sogar zwei Siebenergruppen ... Aber es war ja nicht
gesagt: ’Es gibt genau ein Paar ...’.
... But behind the ten Sefirot stands the great entity that is God. The entity is
so large, so supreme, so far beyond description, that it is given the only name
the Kabbalists could possibly use to describe it: Ein Sof. The two words mean
Infinity. God is infinite. The Ein Sof is the ultimate concept in all of Kabbalah.
The first Kabbalist to use the name Ein Sof for God was the twelfth century
rabbi Issac the Blind. It took a blind man to conceive of the idea of an infinite
light.
Amir D. Aczel, The Mystery of the Aleph
10 ’klein’ im Sinne von ’nahe Null’. - Beim Begriff ’klein’ muß man aufpassen, er kann auch - wie z. B. in der letzten
Definition - ’weit im negativen Bereich’, also betragsmäßig groß, bedeuten.
7
2. Sätze und Herleitungen
... He shut his his eyes as if resting, and sent a sending of his spirit over the
hills and fields of Roke, nothwards, to the sea-assaulted cape where the Isolated
Tower stands.
’Kurremkarmerruk,’ he said in spirit, and the Master Namer looked up from
the thick book of names of roots and herbs and leaves and seeds and petals
which he was reading to his pupils, and said ’I am here, my lord.’
Then he listened, a big, thin, old man, white-haired under his dark hood; and
the students at their writing tables in the tower room looked up at him and
glanced at one other.
’I will come,’ Kurremkarmerruk said, and bent his head to his book again,
saying, ’Now the petal of the flower of moly hath a name, which is iebera, and
so also the sepal, which is partonath; and stem and leaf and root hath each his
name...’
Ursula K. Le Guin, Earthsea, III
In diesem Punkt werden einige Sätze zur Konvergenz und Divergenz von Folgen formuliert und teilweise
bewiesen. Ich empfehle das sorgfältige Studium der Beweise all denjenigen, die nicht nur lernen, sondern
auch verstehen wollen - die Beweise sind Anwendungen der Definitionen und demonstrieren typische
Denkweisen. Obendrein sind sie eine Wiederholung des Rechnens mit Ungleichungen. Die Beweise werden
mit dem Zeichen abgeschlossen.
Weiterhin werden die Sätze benutzt, um wesentliche Grenzwerte zu ermitteln.
Satz I: Eine konvergente Folge hat nur einen einzigen Grenzwert.
Beweis: Angenommen, die Folge an konvergiert gegen die beiden verschiedenen Grenzwerte A und B; es
bezeichne A den kleineren der beiden Werte.
Dann ist B − A > 0; wir wählen die konkrete positive Genauigkeitsschranke ε0 = (B − A)/3 > 0.
Nach Voraussetzung der Konvergenz existiert ein NA derart, daß ∀n > NA die Bedingung |an − A| < ε0
erfüllt ist. Analog gibt es ein NB , so daß ∀n > NB die Ungleichung |an − B| < ε0 gilt.
Sei n ein Index, der sowohl größer als NA als auch NB ist; dann ist also an < A + ε0 = C und an >
B − ε0 = D.
Nach der konkreten Wahl des ε0 teilen die Punkte C und D den Abschnitt [A, B] in drei disjunkte Teile
und nach den obigen Ungleichungen liegt dieses an sowohl im linken wie auch im rechten.
C
D
.............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................
.
.
.
.
.
.
A − ε0
A + ε0 B − ε 0
B + ε0
A
B
Das ist unmöglich; also ist damit die getroffene Annahme unzulässig und eine konvergente Folge kann
folglich nur einen einzigen Grenzwert haben.
Satz II: Es seien an und bn konvergente Folgen mit den Grenzwerten A bzw. B.
Dann konvergieren auch die Folgen mit den Gliedern an +bn , an −bn und an ·bn , und ihre Grenzwerte
sind entsprechend A + B, A − B und AB.
Falls B 6= 0 gilt, so konvergiert auch die Folge an /bb . Sie hat den Grenzwert A/B.
Beweis: Er soll nur für den Fall der Summe geführt werden.
Wir wählen ein beliebiges ε > 0. Nach Voraussetzung existiert dann ein NA derart, daß ∀n > NA
die Bedingung |an − A| < ε/2 erfüllt ist. Analog gibt es ein NB , so daß ∀n > NB die Ungleichung
|an − B| < ε/2 gilt.
Sei nun N der größere der beiden Werte NA und NB und sei n > N . Dann gilt
ε ε
+
= ε.
|(an + bn ) − (A + B)| = |(an − A) + (bn − B)| ≤ |an − A| + |bn − B| <
2 2
Es läßt sich also zu jedem beliebigen ε > 0 ein N finden, so daß ∀n > N die Bedingung |(an + bn ) − (A +
B)| < ε erfüllt ist. Folglich konvergiert an + bn gegen A + B.
Der Beweis für die Differenz ist analog; bei Produkt und Quotient kommen einige Details technischer
Natur dazu. Darauf sei verzichtet.
Bemerkung 1: Sei limn→∞ bn = B 6= 0, dann existiert ein N0 , so daß ∀n > N0 die Ungleichung bn 6= 0
gilt.
In der Tat, wählen wir ε0 = |B|/2 > 0 und sei N0 diejenige Schranke, ab der ∀n > N0 die Bedingung
|bn − B| < ε0 erfüllt ist.
8
Dann gilt für diese n:
|bn | = |B + (bn − B)| ≥ |B| − |bn − B| > |B| − ε0 > |B| −
|B|
|B|
=
> 0.
2
2
Also ist bn 6= 0.
Zumindest ab diesem N0 haben übrigens alle bn dasselbe Vorzeichen wie B.
(k)
Bemerkung 2: Es seien an mit 1 ≤ k ≤ m verschiedene konvergente Folgen (m Stück, m fest in n) mit
den entsprechenden Grenzwerten A(k) , dann gilt mit beliebigen festen (in n) Koeffizienten λk :
lim
n→∞
m
X
k=1
λk a(k)
=
n
m
X
λk A(k)
,
k=1
lim
n→∞
m
Y
k=1
a(k)
=
n
m
Y
A(k) .
k=1
(1)
(2)
(3)
Der Beweis wird für die Summe und m = 3 geführt; die drei Folgen seien an , an und an mit den
Grenzwerten A(1) , A(2) und A(3) entsprechend.
Die in n festen Werte λk können aufgefaßt werden als Glieder konstanter Folgen; damit konvergieren
(1)
sie gegen λk und z. B. λ1 an ist damit das Produkt zweier konvergenter Folgen und hat den Grenzwert
(1)
λ1 An .
(1)
(2)
Laut Satz konvergiert die Summe λ1 an + λ2 an gegen λ1 A(1) + λ2 A(2) , also gilt für die Summe dreier
Folgen:
(2)
(3)
(2)
(1)
λ1 a(1)
= (λ1 a(1)
n + λ2 an + λ3 an
n + λ2 an ) + λ3 an ,
und sie konvergiert gegen
(λ1 A(1) + λ2 A(2) ) + λ3 A(3) = λ1 A(1) + λ2 A(2) + λ3 A(1) .
Weitere Summanden können per Induktion angehängt werden. - Für das Produkt verläuft der Beweis
analog.
Schlußfolgerung: Für jede konvergente Folge an mit dem Grenzwert A und für jedes natürliche m > 0
gilt wegen am
n = an · an · . . . · an (m mal) die Formel
lim am
n
=
n→∞
Am .
Im Falle A 6= 0 gilt die vorstehende Formel sogar für alle ganzen Werte von m.
Schlußfolgerung: Man kann einen konstanten (in n) Faktor aus dem Grenzwert ’herausziehen’ oder ihn
’hineinbringen’:
lim λan = λ lim an .
n→∞
n→∞
Diese Aussage verallgemeinert sich - falls λ 6= 0 ! - im folgenden Sinne auf uneigentliche Grenzwerte: Bei
λ > 0 bleibt der uneigentliche Grenzwert von an unverändert, bei λ < 0 wechselt er sein Vorzeichen.
Man kann Folgen (im gewissen Sinne) auffassen als unendlichdimensionale Vektoren.
Genau wie normale Vektoren kann man sie addieren und mit Konstanten multiplizieren - jeweils gliedweise. (Unterstellt, alle Folgeglieder seien definiert.)
Sei F die Menge aller Folgen a = {an }∞
n=0 . Dann ist mit a ∈ F und b ∈ F auch a + b ∈ F und λa ∈ F .
Die Menge aller Folgen ist also eine lineare Menge, d. h. eine Menge, deren Elemente addiert oder mit
Skalaren multipliziert werden können, wobei das Resultat dieser Operation wieder in dieser Menge liegt.
Sei weiterhin Fg die Menge aller konvergenter Folgen. Laut Satz II ist dann mit a ∈ Fg und b ∈ Fg auch
a + b ∈ Fg und λa ∈ Fg .
Die Menge aller konvergenter Folgen ist also auch eine lineare Menge.
Die Operation ’lim’ ist eine Abbildung G, die jedem Element a ∈ Fg eine relle Zahl A (ihren Grenzwert)
zuordnet: G(a) = limn→∞ an = A.
Laut Satz II ist diese Abbildung linear: G(a + b) = G(a) + G(b) , G(λa) = λG(a).
Darüber hinaus, sei F0 die Menge aller Nullfolgen. Offenbar ist dann mit a ∈ F0 und b ∈ F0 auch a+b ∈ F0
und λa ∈ F0 .
Die Menge aller Nullfolgen ist also ebenfalls eine lineare Menge.
Es gilt die (mengentheoretische) Einschließung F0 ⊂ Fg ⊂ F .
Bemerkung 3: Im Satz ist die Konvergenz der Folgen an und bn die Voraussetzung und daraus wird die
Konvergenz von deren Summe usw. geschlußfolgert.
Der Satz läßt sich nicht umkehren; wenn z. B. an + bn konvergiert, so bedeutet dies nichts bezüglich des
9
Verhaltens von an und bn .
Wenn an + bn und an konvergieren, so folgt wegen bn = (an + bn ) − an auch die Konvergenz von bn , im
Falle der Konvergenz von an + bn können also an und bn nur zusammen konvergieren.
Für das Produkt und den Quotienten gilt das allerdings schon nicht mehr: Die Folge an = n divergiert,
bn = n−1 dagegen konvergiert, aber das Produkt der Folgeglieder ist die konstante und folglich konvergente Folge 1.
Andererseits können an und bn beide divergieren, aber eine konvergente Summe ergeben: an = (−1)n · n
und bn = (−1)n−1 · n divergieren beide (und nicht einmal bestimmt), ihre Summe ist aber konstant Null.
Bemerkung 4: Der vorstehende Satz läßt sich - mit einer Vielzahl von Einschränkungen - auf den Fall
uneigentlicher Grenzwerte übertragen. Nachfolgend werden einige Fälle angegeben:
a) Es haben an und bn denselben uneigentlichen Grenzwert (beide +∞, oder beide −∞). Dann hat die
Folge an + bn denselben Grenzwert.
b) Es habe an den uneigentlichen Grenzwert +∞ und bn habe den uneigentlichen Grenzwert −∞. Dann
hat die Folge an − bn den uneigentlichen Grenzwert +∞.
c) Es habe an einen uneigentlichen Grenzwert und bn sei eine beschränkte Folge. Dann hat die Folge
an ± bn denselben uneigentlichen Grenzwert wie an .
d) Es habe an einen uneigentlichen Grenzwert und bn sei eine konvergente Folge mit dem Grenzwert
B 6= 0. Dann haben im Falle B > 0 die Folgen an · bn und an /bn denselben uneigentlichen Grenzwert wie
an und bei B < 0 den uneigentlichen Grenzwert mit entgegengesetzten Vorzeichen.
Beispiel 6:
Unter der Voraussetzung ap · bq 6= 0, p und q natürliche Zahlen, gilt11

0



ap np + ap−1 np−1 + ap−2 np−2 + . . . + a2 n2 + a1 n + a0
ap /bq
=
lim
+∞
n→∞ bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0



−∞
,
,
,
,
falls
falls
falls
falls
p<q
p=q
p > q und ap · bq > 0
p > q und ap · bq < 0
Beweis: Wir betrachten zunächst den Fall p = q; der Bruch wird mit np gekürzt:
ap np + ap−1 np−1 + ap−2 np−2 + . . . + a2 n2 + a1 n + a0
=
bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0
=
ap + ap−1 n−1 + ap−2 n−2 + . . . + a2 n−(p−2) + a1 n−(p−1) + a0 n−p
bq + bq−1 n−1 + +bq−2 n−2 + . . . b2 n−(p−2) + b1 n−(p−1) + b0 n−p
.
Der erste Summand in Zähler und Nenner ist konstant in n, also konvergent, und die anderen Summanden
sind jeweils vom Typ n−β , mithin Nullfolgen.
Der Zähler hat folglich den Grenzwert ap + 0 + 0 + . . . + 0 + 0 + 0 = ap und der Nenner entsprechend bq .
Diese beiden Werte sind nach Voraussetzung von Null verschieden. Speziell wegen bq 6= 0 kann also der
vorige Satz angewandt werden und es folgt für p = q:
ap np + ap−1 np−1 + ap−2 np−2 + . . . + a2 n2 + a1 n + a0
ap
=
.
n→∞ bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0
bq
lim
Weiterhin können p und q beliebige natürliche Werte annehmen.
Im Zähler wird np−q ausgeklammert:
ap np + ap−1 np−1 + ap−2 np−2 + . . . + a2 n2 + a1 n + a0
=
bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0
=
np−q (ap nq + ap−1 nq−1 + ap−2 nq−2 + . . . + a2 nq−p+2 + a1 nq−p+1 + a0 nq−p )
=
bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0
= np−q ·
ap nq + ap−1 nq−1 + ap−2 nq−2 + . . . + a2 nq−p+2 + a1 nq−p+1 + a0 nq−p
.
bq nq + bq−1 nq−1 + bq−2 nq−2 + . . . + b2 n2 + b1 n + b0
Der zweite Faktor (der Bruch) ist eine konvergente Folge mit dem von Null verschiedenen Grenzwert
ap /bq .
11 a und b sind hier Koeffizienten von Polynomen in natürlichen Zahlen, keine Folgeglieder!
p
q
Der Fall p = q = 0 ist uninteressant und wird hier nicht betrachtet; das Resultat bleibt aber auch dafür gültig.
10
.
Im Falle q > p ist der vordere Faktor np−q eine Nullfolge, das Produkt folglich ebenfalls.
Bei q < p divergiert np−q bestimmt gegen +∞, das Produkt hat mithin denjenigen uneigentlichen Grenzwert, der sich aus dem letztlichen Vorzeichen des zweiten Faktors ergibt.
Bemerkung 5: Es seien p und q beliebige natürliche Zahlen; es gelte λ0 < λ1 < . . . < λp und µ0 < µ1 <
. . . < µq und aq · bq 6= 0, dann ist
p
X
lim
n→∞
ak nλk
k=0
q
X
bk n
µk




0
ap /bq
=
+∞



−∞
falls
falls
falls
falls
λp
λp
λp
λp
< µq
= µq
> µq und ap · bq > 0
> µq und ap · bq < 0
.
k=0
Der Beweis verläuft völlig identisch zu dem des Beispiels. Man erhält somit eine Verallgemeinerung auf
den Fall beliebiger reeller Exponenten.
Erkenntnis: Die Art des Grenzwerts wird in erster Linie durch das Verhältnis der höchsten Exponenten
bestimmt. Deren Vorfaktoren beeinflussen gegenenfalls das Vorzeichen, und nur falls die größten Exponenten gleich sind auch noch den Grenzwert.
Die Faktoren bei den kleineren Exponenten spielen überhaupt keine Rolle.12
Satz III: Die Folge an ist genau dann eine Nullfolge, wenn die Folge |an | eine Nullfolge ist.
Beweis: Es genügt zu bemerken, daß |an − 0| < ε und ||an | − 0| < ε identisch sind.
Beispiel 7:
Wir betrachten die Folge q n für |q| < 1.
Bei q = 0 sind die Folgeglieder konstant Null; das ist offensichtlich eine Nullfolge.
Sei nun q 6= 0. Wegen |q n | = |q|n kann man q > 0 voraussetzen.
Sei ε > 0 beliebig, aber zunächst fest. Es soll die Hypothese bewiesen werden, daß q n eine Nullfolge ist.
Unterstellt, sie ist es, so müßte irgendwann ∀n die Ungleichung |q n − 0| = q n < ε erfüllt sein.
Die Logarithmusfunktion ln x ist streng monoton wachsend; bei ihrer Anwendung bleibt also diese Ungleichung erhalten: ln(q n ) < ln ε.
Wegen 0 < q < 1 ist ln q < 0 und bei Division durch diesen Wert kehrt sich das Ungleichheitszeichen um:
ln(q n ) = n · ln q < ln ε
⇐⇒
n >
ln ε
.
ln q
(ε > 0 ist beliebig, aber es interessieren nur kleine Werte; bei ε < 1 ist auch der Zähler des letzten Bruchs
negativ und der gesamte Bruch also positiv.)
Die letzte Ungleichung wird als Konstruktionsvorschrift aufgefaßt und die Betrachtung umgekehrt: Sei
N die größte ganze Zahl, die ln ε/ ln q nicht übersteigt. (Bei ε > 1 wird N = 0 gesetzt.) Dann folgt aus
n > N durch rückwärtigen Schluß mit obiger Ungleichungskette die Gültigkeit von |q n − 0| < ε.
ε > 0 war beliebig, also ist Null der Grenzwert der genannten Folge.
Satz IV: Die Folge an konvergiert genau dann gegen A, wenn die Folge an − A eine Nullfolge ist.
Beweis:
I) Wenn an gegen A konvergiert, dann kann man Satz II anwenden (bn = A ∀n).
II) Wenn an − A eine Nullfolge ist, dann konvergiert wegen Satz II auch an = (an − A) + A.
Die Konvergenz gegen Null ist oftmals einfach zu beweisen. Dieser Satz begründet, weshalb die Folgen
mit dem Grenzwert Null aus der Menge aller konvergenter Folgen hervorgehoben werden.
Satz V: Es sei an eine konvergente oder divergente Folge. Die folgenden Operationen ändern weder die
jeweilige Eigenschaft der Konvergenz oder Divergenz noch ggfs. den eigentlichen oder uneigentlichen
Grenzwert:
- das Hinzufügen von endlich vielen Gliedern und/oder
- das Weglassen von endlich vielen Gliedern und/oder
- das Vertauschen beliebig vieler Glieder.
Beweis: Betrachten wir zunächst den ersten Fall: es werden in die Folge an beliebigen Stellen insgesamt
m0 Werte eingefügt. Es entsteht eine neue Folge bn , deren Glieder fast alle aus der Folge an stammen
und jetzt nur neue, in der Regel größere Nummern haben.
12 MILLER: ... Ich laufe zum Herzog. Der Leibschneider ...lernt die Flöte bei mir. Es kann mir nicht fehlen beim Herzog.
PRÄSIDENT: Beim Herzog, sagst du? - Hast du vergessen, daß ich die Schwelle bin, worüber du springen oder den Hals
brechen mußt? ...
F. Schiller, Kabale und Liebe
11
Wenn an gegen A konvergierte, so gilt für ein beliebig gewähltes ε, daß ein N (ε) existiert, so daß ∀n > N (ε)
die Einschließung |an − A| < ε zutrifft.
Da nur endlich viele (m0 ) Glieder eingefügt werden ist unter diesen eines mit dem größten Index in bn ;
sei er N0 . Für alle Glieder bn mit n > N0 gilt einfach: bn = an−m0 . Sei nun N ∗ der größere der beiden
Werte N0 und N (ε) + m0 , dann ist für alle n > N ∗ wegen dann notwendigerweise n − m0 > N (ε):
|bn − A| = |an−m0 − A| < ε.
ε war als beliebig vorausgesetzt; ein geeignetes N ∗ läßt sich dazu immer finden - also konvergiert auch
bn gegen A.
Bei bestimmter Divergenz von an ist der Beweis analog; ist z. B. der uneigentliche Grenzwert +∞, so ist
nur die Bedingung |bn − A| < ε durch bn > M zu ersetzen.
Die sonstige Divergenz von an stellen wir zunächst zurück und betrachten erst einmal den Fall, daß endlich viele Glieder irgendwo in an weggelassen werden. Genau wie oben folgt, daß ab einem bestimmten N0
die Folgeglieder nach wie vor in der alten Reihenfolge und ohne Lücken stehen; nur ihre (neu vergebenen)
Indizes sind um m0 verringert.
Wenn an konvergiert, so ist zu einem beliebigen ε > 0 ab einem gewissen N (ε) die Bedingung |an −A| < ε
erfüllt; wenn obendrein n > N0 verlangt wird gilt dieselbe Ungleichung jetzt auch für die Glieder der
neuen Folge. Also konvergiert auch diese und obendrein zum selben Grenzwert.
Bestimmte Divergenz beweist sich in derselben Weise.
Kommen wir nun zurück zum Fall, daß die Ausgangsfolge ohne uneigentlichen Grenzwert divergierte,
und fügen wir endlich viele Glieder ein. Angenommen, die neu entstandene Folge konvergiert nun, oder
sie divergiert bestimmt. Läßt man die eingeschobenen Glieder wieder weg, so würde jetzt die entstehende
- d. h. die ursprüngliche Folge an - diese Eigenschaft behalten. Das widerspricht aber der Voraussetzung
der unbestimmten Divergenz; also war die Annahme falsch und auch bn divergiert ohne uneigentlichen
Grenzwert.
Umgekehrt bleibt unbestimmte Divergenz auch beim Weglassen von endlich vielen Folgegliedern erhalten
- zum Beweis füge man sie einfach wieder ein!
Betrachten wir nun den Fall einer Folge dn , die durch beliebig viele Vertauschungen der Folgeglieder an
hervorgeht. Sei zunächst an konvergent.
Es ist zu einem beliebigen ε > 0 ab einem gewissen N (ε) die Bedingung |an − A| < ε erfüllt; vor (bis
einschließlich) N (ε) liegen nur endlich viele Folgeglieder. Diese lassen sich in der ’geschüttelten’ Folge dn
wiederfinden. Unter ihnen gibt es eines mit größtem Index N0 ; dann ist ∀n > N0 : |dn − A| < ε. Mithin
konvergiert auch dn .
Bestimmte Divergenz überträgt sich analog.
Sei nun an einfach divergent; wenn es durch die Vertauschung zu dn konvergent oder bestimmt divergent
würde, so könnte man dn entsprechend zu an zurücktauschen, wobei es die neue Eigenschaft beibehielte.
Das ist widersinnig, folglich ist auch dn einfach divergent.
Nun sei angenommen, daß aus einer konvergenten Folge endlich viele Glieder entfernt und endlich viele
neu dazugenommen werden, worauf man noch Vertauschungen ausführt. Dann bleibt bei jeder dieser
Teiloperationen der Charakter der Konvergenz erhalten, also ist auch das Endresultat eine konvergente
Folge.
Dasselbe gilt für bestimmte oder unbestimmte Divergenz.
Bemerkung 6: Es ist wichtig, daß nur endlich viele Folgeglieder eingefügt oder gestrichen werden dürfen.
Betrachten wir die simple Nullfolge {0, 0, 0, 0, 0, . . .}. Fügt man in diese unendlich viele Einsen ein:
{0, 1, 0, 1, 0, 1, . . .}, so erhält man daraus eine divergente Folge.
Umgekehrt kann man durch Streichung aller unendlich vieler Einsen (oder Nullen!) die letzte Folge konvergent machen.
Satz VI: (Majorantenkriterium): Es sei bn eine Nullfolge und es existiere eine Zahl n0 derart, daß für
alle n > n0 die Abschätzung |an | ≤ bn gelte. Dann ist auch an eine Nullfolge.
Beweis: Wir wählen ein beliebiges ε > 0. Laut Voraussetzung existiert dann ein Nb = Nb (ε) derart, daß
∀n > Nb die Bedingung |bn − 0| = |bn | < ε erfüllt ist.
Sei n der größere der beiden Werte Nb und n0 . Dann ist bei n > N der Wert bn wegen 0 ≤ |an | ≤ bn
nichtnegativ. Es gilt andererseits wegen n > Nb : |an − 0| = |an | ≤ bn = |bn | < ε.
Es existiert also zu jedem ε > 0 ein N , so daß ∀n > N die Bedingung |an − 0| < ε erfüllt ist.
Die Folge bn heißt Majorante (’die Größere’) zur Folge an .
Statt |an | ≤ bn kann man auch eine nicht-vorzeichenkonstante FNullfolge bn verwenden und |an | ≤ |bn |
fordern. Allerdings - was hindert einen, in diesem Fall |bn | zu bn zu erklären?
12
Beispiel 8:
a) Gesucht sei der Grenzwert der Folge an = (n + sin2 nα)−1 .
Es wird eine Majorante konstruiert, indem man die Folgeglieder durch Weglassen des nichtnegativen
Summanden sin2 nα im Nenner vergrößert oder aber zumindest gleich läßt:
|an | = an =
1
1
≤
= bn .
2
n
n + sin nα
Diese Folge bn ist bekanntermaßen eine Nullfolge.
b) Gesucht sei der Grenzwert der Folge an = (n + sin nα)−1 .
Jetzt kann man nicht einfach den Sinus weglassen, denn er kann negativ sein und damit würde man das
betreffende Folgeglied nicht verkleinern, sondern vergrößern.
Für n > 2 gilt sin nα > −n/2; fügt man statt des Sinus also −n/2 ein, so wird der Nenner kleiner, der
Bruch bleibt aber positiv:
|an | = an =
2
1
1
<
n = n = bn .
n + sin nα
n−
2
Diese Folge bn ist ebenfalls eine Nullfolge, also ist die Nullfolgeneigenschaft von an bewiesen.
Typisch für die Anwendung des Majorantenkriteriums ist, daß man die gegebene Folge gefühlvoll vergrößert. Letzteres bedeutet: Man achtet darauf, daß die resultierende Folge Nullfolge bleibt.
1
= 1. - Die Abschätzung von |an | durch die
Bei n > 2 ist sin nα > 1 − n, mithin ist |an | < n+(1−n)
konstante Folge 1 ergibt aber keine verwertbare Aussage; die Vergrößerung der Folgeglieder war hier zu
radikal und ergab eine obere Schranke, die keine Nullfolge mehr ist. - Soviel zum Begriff ’gefühlvoll’.
c) Die Folge an = nα · q n ist bei |q| < 1 Nullfolge, und zwar unabhängig vom Wert von α.
Beweis: Betrachten wir zunächst die Quotientenfolge bn = |an+1 /an |. Dabei wird q 6= 0 vorausgesetzt;
bei q = 0 ist die obige Behauptung offensichtlich richtig.
Es gilt
α
an+1 (n + 1)α |q|n+1
n+1
= lim
= |q| lim
lim
= |q| .
n→∞
n→∞
n→∞ an nα |q|n
n
Hierbei wurde ausgenutzt, daß der Ausdruck in der runden Klammer gegen 1 geht (Beispiel 6) und damit
geht auch die feste α-te Potenz dieses Ausdrucks gegen 1.
p
Die (positive) Folge bn strebt also gegen den Wert |q|. Definieren wir Q = |q|, dann gilt bekanntlich
wegen 0 < |q| < 1 die Einschließung 0 < |q| < Q < 1.
Der Abstand Q − |q| = ε0 ist positiv; es muß eine Schranke N0 geben, so daß ∀n > N0 die Bedingung
|bn − |q|| < ε0 gilt. Das ist gleichbedeutend mit −ε0 < bn − |q| < ε0 und betrachtet man den rechten Teil
dieser Kette, so folgt nach Addition von |q|: 0 < bn < q + ε0 = Q.
Sei n > N0 , dann ist also |an | = |bn−1 | · |an−1 | = (|an |/|an−1 |) · |an−1 | < Q|an−1 |.
Weiter wird |an | < Q|an−1 | < Q[Q|an−2 |] = Q2 |an−2 | usw., allgemein ist dann |an | < Qm |an−m |. Zuletzt
wird mit n − m = N0 + 1, also m = n − N0 − 1, die Ungleichung |an | < Qn−N0 −1 |aN0 +1 | erfüllt.
Es resultiert für n > N0 die Abschätzung durch die Majorante
|an | < Qn−N0 −1 |aN0 +1 | = Qn ·
(N0 + 1)α · |q|N0 +1
= C · Qn ,
QN0 +1
C =
(N0 + 1)α · |q|N0 +1
.
QN0 +1
Man beachte, daß C ein fester (bzgl. n) Wert ist; wegen 0 < Q < 1 ist die Folge C · Qn eine Nullfolge.
Da sie |an | majoriert ist auch diese eine Nullfolge.
Die letzte Folge ist noch in folgender Weise lehrreich: Sei z. B. an = n10 · 0.99n . Diese Folge erfüllt die
Voraussetzungen, obendrein sind ihre Glieder bei n > 0 allesamt positiv. Sie beginnt mit den Werten
a1 = 0.99, a2 = 1 003.6224, a3 = 57 295.2, . . ..
Welches Glied dieser Folge ist das größte?
Offenbar ist die Forderung an+1 < an gleichbedeutend mit an+1 /an < 1:
10
10
n+1
1
an+1
(n + 1)10 · 0.99n+1
n+1
< 1 ⇐⇒
<
1
⇐⇒
·0.99
<
1
⇐⇒
<
,
an
n
n
0.99
n10 · 0.99n
und weiter ist wegen des monotonen Wachstums von xc bei c > 0:
n+1
<
n
√
10
1
0.99
⇐⇒
√
10
0.99(n+1) < n ⇐⇒
√
10
0.99 < n(1−
13
√
10
√
10
0.99) ⇐⇒ n >
0.99
√
= 994.492 .
1 − 0.99
10
Tatsächlich ist a994 = 4.317 648 · 1025 , a995 = 4.317 670 · 1025 und a996 = 4.317 648 · 1025 .
Wir haben es hier also mit einer Folge zu tun, deren Glieder bis zum 995. monoton wachsen.
Sie erreichen einen Wert, der größer ist als die Loschmidtsche Zahl.
Hernach besinnen sie sich, gehen in sich und gegen Null.
Natürlich läßt sich das überbieten: Die Nullfolge (!!!) n100 · 0.9999n wächst fast bis zu ihrem millionsten
Index und erreicht den unvorstellbaren Wert von a999 950 = 3.7015 · 10556 .
(Das ist etwa (6 · 1071 )8 ; vgl. Fußnote 6 auf Seite 4!)
Moral: Durch aufmerksames Betrachten der ersten 20 (oder 200, oder 2000 ...) Folgeglieder kann man zu
einem völlig falschen Bild kommen.
Dieses Beispiel ist sicher in irgendeinem Sinne lehrreich, für den Praktiker ist eine solche Folge aber eher
bedeutungslos.
Es gibt eine Anzahl von Rechenvorschriften, in denen Folgeglieder tatsächlich rekursiv ausgerechnet
werden, worauf man ein gewisses Glied als nahe genug beim Grenzwert für diesen akzeptiert. Auf dieser
Vorgehensweise basiert beispielsweise das Ziehen der Quadratwurzel.
Diese Vorschrift zur Ermittlung der Folgeglieder kann aber so formuliert werden, daß man beim fünften
Folgeglied bereits eine Übereinstimmung mit dem Grenzwert im Rahmen der ersten 20 Dezimalstellen
hat. Kurzum, die praktisch interessanten Folgen konvergieren zumeist schnell und ohne solchen Unfug
anzustellen.
Bemerkung 7: Die Anwendung des Majorantenkriteriums setzt einen gewissen Bestand an Nullfolgen für
Vergleichszwecke voraus. Wichtige Vertreter:
n−β (β > 0) ,
nα · q n
und speziell q n (|q| < 1) .
Schlußfolgerung: Sei an eine Nullfolge und bn eine beschränkte Folge, dann ist auch die Folge an · bn eine
Nullfolge.
In der Tat, sei ∀n : |bn | ≤ M , dann gibt es zu an · bn die Majorante
|an · bn | = |an | · |bn | ≤ |an | · M .
Die Forderung der Beschränktheit von bn ist schwächer als die nach der Konvergenz; insofern ist diese
Schlußfolgerung allgemeiner als die entsprechende Aussage in Satz II.
Die Beschränktheit von bn ist unverzichtbar; sei an = n−2 - das ist eine bekannte Nullfolge.
Wenn bn die unbeschränkte Folge bn = n ist, so ist an · bn eine Nullfolge.
Wenn bn die unbeschränkte Folge bn = n2 ist, so ist an · bn eine konvergente Folge mit dem Grenzwert 1.
Wenn bn die unbeschränkte Folge bn = n3 ist, so ist an · bn eine divergente Folge.
Erkenntnis: Bei unbeschränkten Faktoren bn ist alles möglich - also kann man keine allgemeine Aussage
formulieren, was eintreten wird.
Aus dem Umstand, daß ein Faktor im Folgeglied gegen Null geht, kann also nichts geschlußfolgert werden.
(Zumindest bevor man nicht den Rest des Produkts untersucht hat!)
Bemerkung 8: Es sei |bn | eine bestimmt divergente Folge. Dann ist an = 1/bn eine Nullfolge.
Beweis: Sei ε > 0 beliebig. Nach Voraussetzung existiert ein N = N (ε) derart, daß ∀n > N die Bedingung
|bn | > 1/ε gilt. (Damit sind all diese bn von Null verschieden.)
Bei |bn | > 1/ε gilt - nach Übergang zum Kehrwert - die Ungleichung |an | = |1/bn | < ε. Damit ist |an |
Nullfolge und auch an selbst. .
Bemerkung 9: Analog zum Majorantenkriterium kann man auch ein Minorantenkriterium zur bestimmten
Divergenz formulieren:
Die Folge bn habe den uneigentlichen Grenzwert +∞ und ∀n > n0 gelte an ≥ bn , dann hat auch an den
uneigentlichen Grenzwert +∞.
Die Folge bn habe den uneigentlichen Grenzwert −∞ und ∀n > n0 gelte an ≤ bn , dann hat auch an den
uneigentlichen Grenzwert −∞.
Beispiel 9: Wegen n! ≥ n divergiert auch n! gegen +∞. (Folglich ist 1/n! Nullfolge.)
Satz VII: (Sandwichtheorem)13
Es seien bn und cn konvergente Folgen mit dem (gemeinsamen) Grenzwert A; es existiere eine Zahl N0 ,
so daß für alle n > N0 die Einschließung bn ≤ an ≤ cn gelte.
Dann konvergiert auch an gegen A.
13 Der Satz ist benannt nach einer Erfindung, die John Montague, 4-th Earl of Sandwich, (1718-92) in seinem
Todesjahr machte; bn und cn repräsentieren die Brotscheiben, an den Belag.
14
Beweis: Sei ε > 0 ein beliebiger Wert.
Nach Voraussetzung existiert ein Nb = Nb (ε) derart, daß ∀n > Nb die Bedingung |bn − A| < ε, also
speziell A − ε < bn , gilt.
Umgekehrt kann man ein Nc = Nc (ε) finden, mit dem ∀n > Nc : |cn − A| < ε, mithin cn < A + ε ist.
Sei nun N = N (ε) die größte der drei Zahlen N0 , Nb und Nc , dann gilt bei n > N die Einschließung
A − ε < bn ≤ an ≤ cn < A + ε, also |an − A| < ε.
ε war beliebig und ein zugehöriges N immer findbar, also konvergiert an gegen A.
Beispiel 10:
√
Gesucht sei der Grenzwert der Folge an = n n, n > 0.
Typisch für das Sandwichtheorem ist, daß man eine Hypothese für den Grenzwert A braucht. Hier wird
A = 1 vermutet.
Als untere Einschließung nehmen wir einfach bn = 1 ≤ an .
Es genügt, n > 1 zu betrachten, dann ist an = 1 + dn mit offenbar dn > 0.
Nach Definition der n-ten Wurzel gilt (den binomischen Satz benutzt und n ≥ 2 vorausgesetzt):
n X
n n−k k
n(n − 1) 2 n(n − 1)(n − 2) 3
n
dn +
dn + . . . + dnn >
n = (1 + dn ) =
1
· dn = 1 + ndn +
2
3!
k
k=0
n(n − 1) 2
dn .
2
Beim Bilden der letzten Ungleichung wurden in der Summe einfach alle Summanden außer dem dritten
weggelassen, was sie verkleinerte.
Nun ergibt
r
2
2
n(n − 1) 2
2
dn =⇒
> dn =⇒
> dn .
n >
2
n−1
n−1
√
(Es wurde das monotone Wachstum der Funktion x ausgenutzt.)
√
n−0.5 ist bekanntlich eine Nullfolge, nach Satz
die ’verschobene’ Folge 2 · (n − 1)−0.5 eine
√ V ist auch
solche. Wegen Satz IV konvergiert dann 1 + 2 · (n − 1)−0.5 gegen 1.
Es folgt
r
2
1 < an = 1 + dn < 1 +
n−1
und damit, da beide Grenzen gegen 1 gehen, ist auch
√
lim n n = 1 .
>
n→∞
Schlußfolgerung: Wegen
√
ln n
= ln n n
n
√
folgt aus der Stetigkeit der Logarithmusfunktion und weil n n gegen 1 geht die Konvergenz von (ln n)/n
gegen Null.
√
n
n
=
e(ln n)/n
=⇒
Schlußfolgerung: Sei α > 0, dann gilt
ln n
α · ln n
1 ln nα
=
=
·
.
nα
α · nα
α nα
Wegen
d ln x
d 1
ln x
1
1 − ln x
=
· ln x = − 2 + 2 =
dx
x
dx x
x
x
x2
ist die Funktion (ln x)/x für x > e streng monoton fallend, aber stets positiv.
Sei nα so groß, daß mit einer ganzen Zahl m die Einschließung e < m ≤ nα < m + 1 gilt.
Der Wert (ln nα )/nα liegt nun wegen der gezeigten Monotonie zwischen den Werten (ln m)/m und (ln(m+
1)/(m + 1).
Wächst n gegen Unendlich, so tut das auch das so definierte m. Die Grenzen der obigen Einschließung
gehen dann bekanntermaßen gegen Null, folglich auch (ln nα )/nα .14
Quintessenz:
ln n
lim
= 0
∀α > 0 .
n→∞ nα
14 Bei einem ordentlichen mathematischen Lehrbuch baut alles aufeinander auf und Ableitungen werden nach den Folgen
betrachtet. Wenn dagegen ein Ingenieur ein Problem rechnend behandelt, so muß er natürlich nicht beim Urschleim beginnen,
sondern kann alle verfügbaren Mittel benutzen. So wurde auch hier vorgegangen.
15
Erkenntnis: Die Logarithmusfunktion wächst langsamer als jede noch so kleine positive Potenz von n.
Potenziert man die letzte Beziehung nun mit β > 0, so folgt also für beliebige positive Zahlen β und
γ =α·β
lnβ n
= 0
∀α > 0 .
lim
n→∞ nγ
Bemerkung 10: Das Sandwichtheorem ist ein machtvolles Hilfsmittel bei der Konvergenzuntersuchung.
Allerdings muß man den Grenzwert erahnen, um die beiden einschließenden Folgen zu konstruieren.
Nun soll die Technik, die bei der Analyse der vorstehenden Folge (ln n)/nα angewandt wurde, nochmals
allgemein ausgeführt werden:
Satz VIII: Es sei eine für x > x0 definierte monotone Funktion und sei limn→∞ an = +∞.
Falls eine der Folgen f (n) oder f (an ) zu einem Grenzwert B konvergiert, so konvergiert auch die andere,
und zwar zum selben Grenzwert.
Beweis: Sei f (x) monoton wachsend; für monoton fallende Funktionen ist der Beweis analog.
Da f (x) nach Voraussetzung monoton wächst ist ∀x > x0 die Abschätzung f (x) ≤ B erfüllt.
(Tatsächlich, falls für irgendein x∗ der Fall f (x∗ ) > B eintritt, so wäre auch fürderhin bei n > x∗ wegen
f (n) ≥ f (x∗ ) stets f (n) − B ≥ f (x∗ ) − B > 0, mithin |f (n) − B| = f (n) − B ≥ f (x∗ ) − B von unten
durch einen festen positiven Wert abgeschätzt. Folglich könnte B nicht der Grenzwert der Folge f (n)
sein. Verwendet man statt n die Werte an , so ist die Ungleichungskette dieselbe.)
Nehmen wir zuerst an, daß f (n) gegen B konvergiert. Sei ε > 0 eine beliebige Genauigkeitsschranke. Ziel
ist es zu zeigen, daß dann ein N1 existiert, so daß ∀n > N1 die Abschätzung |f (an ) − B| < ε gilt.
Es existiert ein N0 , so daß ∀n > N0 die Einschließung |f (n) − B| < ε, d. h. −ε < f (n) − B < ε, erfüllt
ist. Sei obendrein N0 > x0 .
Wegen limn→∞ an = +∞ existiert ein N1 , so daß ∀n > N1 die Abschätzung an > N0 zutrifft. Sei nun
n > N1 , so gibt es eine natürliche Zahl m mit m ≤ an < m+1. m und N1 sind beides natürliche Zahlen; aus
den gemachten Voraussetzungen folgt m > N0 . Es resultiert dann −ε < f (m) − B ≤ f (an ) − B ≤ 0 < ε.
Folglich ist |f (an ) − B| < ε für alle n > N1 und ein solches N1 existiert zu jedem noch so kleinem Wert
ε. Damit ist die Konvergenz von f (an ) zu B bewiesen.
Nun soll die Umkehrung gezeigt werden. Jetzt wird vorausgesetzt, daß f (an ) gegen B konvergiert. Sei
wiederum ε > 0 eine beliebige Genauigkeitsschranke.
Es existiert ein N0 , so daß ∀n > N0 die Ungleichung |f (an ) − B| < ε erfüllt ist. Es bezeichne n∗
eine beliebige natürliche Zahl mit n∗ > N0 und N1 eine mit N1 > an∗ . Für jedes n > N1 ist dann
−ε < f (an∗ ) − B ≤ f (n) − B ≤ 0 < ε, also |f (n) − B| < ε. Damit ist - wegen der nachgewiesenen
Existenz eines passenden N1 zu jedem ε > 0 - die Konvergenz der Folge f (n) zu B bewiesen.
Satz IX: Jede monotone beschränkte Folge konvergiert.
Beweis: Sei eingespart; hierzu muß man etwas weiter in der Theorie ausholen.
Man veranschauliche sich den Sachverhalt; dadurch müßte er eigentlich klar sein.
Im Satz ist nicht festgelegt, ob die Folge wächst oder fällt. Das ist unwesentlich. Bei z. B. einer wachsenden
Folge muß man nur die Beschränktheit von oben fordern; von unten ist sie dank der Monotonie beschränkt.
Bei einer fallenden Folge ist es umgekehrt.
Beispiel 11:
Wir betrachten die Folge an , die sich mit Hilfe des binomischen Satzes in eine Summe überführen läßt:
n
n n
X
X
1
n
1
n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1) 1
an = 1 +
=
· 1n−k · k =
·
.
n
k
n · n · n · ...n
k!
n
k=0
k=0
Sämtliche Summanden sind positiv; wir schätzen diese folglich notwendigerweise positive Summe - und
damit an - nach oben ab. Dazu wird der vordere Bruch zu 1 vergrößert und in k! = 1 · 2 · 3 · 4 · . . . · k
werden alle Faktoren, die größer als 2 sind, durch diese ersetzt: k! < 1 · 2 · 2 · . . . · 2 = 2k−1 . Der erste
Summand muß dabei extra geschrieben werden:
0 < an =
n
n
n−1
X
X
X 1
n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1) 1
n · n · n · ... · n 1
·
< 1+
· k−1 = 1+
.
n · n · n · ...n
k!
n · n · n · ...n 2
2k
k=0
k=1
k=0
Mit der Summenformel für die geometrische Folge kann man die letzte Summe ausdrücken, und vergrößert
man noch den Zähler zu 1, so resultiert die endgültige Abschätzung
an < 1 +
1
1 − 2−(n+1)
< 1+
= 1+2 = 3.
1
1
1−
1−
2
2
16
Erkenntnis: Diese Folge ist mit der oberen Schranke 3 beschränkt.
Jetzt wird die Monotonie untersucht:
!
!
n+1
n
X (n + 1) · n · (n − 1) · . . . · (n − k + 2) 1
X
n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1) 1
an+1 −an =
·
−
·
.
(n + 1) · (n + 1) · (n + 1) · . . . (n + 1) k!
n · n · n · ...n
k!
k=0
k=0
Der letzte Summand der ersten Summe wird extra geschrieben; danach haben beide Summen gleichviele
Summanden und man kann sie durch die Summe über die Differenzen der Summandenpaare schreiben.
Die erste Differenz (zu k = 0) wird Null und kann weggelassen werden:
n
an+1 −an =
X
1
+
(n + 1)!
n
n−1
n−k+2 n n−1 n−2
n−k+1 1
n+1
·
·
· ... ·
− ·
·
· ... ·
· =
n+1 n+1 n+1
n+1
n
n
n
n
k!
n−1
n−k+2 n−1 n−2
n−k+1
n
·
· ... ·
−
·
· ... ·
n+1 n+1
n+1
n
n
n
k=1
n
X
1
=
+
(n + 1)!
k=1
·
1
.
k!
Nebenrechnung: Offenbar ist n2 > n2 − 1, also n · n > (n + 1)(n − 1). Dividiert man durch n(n + 1), so
folgt
n−1
n−1
n−2
n
>
, und analog
>
, usw.
n+1
n
n+1
n
Die beiden Produkte in der runden Klammer enthalten gleichviele Faktoren und die des ersten Produkts
sind alle größer als die entsprechenden Faktoren des zweiten.
Also ist jede dieser Differenzen positiv.
Also ist die Summe und letztlich die ganze rechte Seite der Gleichung positiv.
Folglich ist an+1 − an > 0, oder an+1 > an > 0.
Damit ist diese Folge streng monoton wachsend.
Da sie beschränkt ist muß sie mithin konvergent sein.
In der nachstehenden Tabelle sind einige Werte von an aufgeführt; man sieht, daß sie mit n wachsen:
n
1
2
3
4
5
an
2
2.25
2.370
2.441
2.488
10
100
1 000
10 000
100 000
1 000 000
2.594
2.704
2.7169
2.718 146
2.718 268
2.718 280 46
15
Der Grenzwert heißt Eulersche Zahl . Sie ist eine mindestens ebenso wichtige Konstante wie π.
Ihr Zahlenwert ist e =2.718 281 828 459... .
Die Annäherung der genannten Folge an an diesen Grenzwert ist nicht sehr schnell. Bei n =1 000 000
stimmen erst fünf Nachkommastellen des Folgegliedes mit denen des Grenzwertes überein.
Bemerkung 11: Die Funktion f (x) = (1 + 1/x)x ist für x > 0 definiert; sie erweist sich als monoton
wachsend. Der direkte Nachweis, selbst mit Diskussion der Ableitung, ist recht aufwendig. Im Punkt 5
(Taylor-Formel) wird darauf eingegangen.
Es sei bn eine bestimmt divergierende Folge mit dem uneigentlichen Grenzwert +∞, dann gilt nach Satz
VIII
b
1 n
lim 1 +
= e.
n→∞
bn
Umgekehrt, sei cn eine Nullfolge mit cn > 0 ∀n, so ist
lim (1 + cn )1/cn
n→∞
= e.
Für die weiteren Betrachtungen werden einige technische Abschätzungen benötigt.
Sei prinzipiell 0 < q < 1.
Dann ist 1 − q 2 < 1, also (1 − q)(1 + q) < 1, und nach Division durch den positiven Wert 1 − q gelangt
man zu einer ersten Abschätzung: 1/(1 − q) > 1 + q.
Weiter, sei p > 1. Jetzt wird q so gewählt, daß 0 < q < (p − 1)/p gilt. Hieraus folgt pq < p − 1 oder
0 < p − 1 − pq, nach Multiplikation mit q > 0 wird 0 < pq − q − pq 2 = (1 + pq)(1 − q) − 1 bzw.
(1 + pq)(1 − q) > 1. Man erhält die Abschätzung 1/(1 − q) < 1 + pq, die an die Bedingung geknüpft ist,
daß q > 0 kleiner als (p − 1)/p bleibt.
Nun kann der vorstehende Grenzwert weiter verallgemeinert werden. Jetzt unterstellen wir bn eine bestimmte Divergenz gegen −∞. Ab einem bestimmten Index n0 sind dann alle Glieder dieser Folge negativ;
15 Leonhard
Euler (1707-1783), führte die Bezeichnung e für diesen Wert ein.
17
sei weiterhin n > n0 . Wir schreiben bn = −dn mit dn > 0; die Folge dn divergiert offensichtlich gegen
+∞ und ihre Kehrwerte gehen gegen Null.
b
−dn
1 n
1
1
1+
= 1−
= dn
bn
dn
1
1−
dn
Sei nun zunächst 1/dn < 1 erfüllt. Es muß ein N1 existieren, so daß ∀n > N1 diese Ungleichung erfüllt
ist. (Ich erinnere daran: Es gilt 0 < 1/dn .)
Weiterhin wird irgendein Wert p > 1 gewählt. (Interessant sind solche Werte, die nur wenig über 1
liegen.) Da 1/dn gegen Null geht gilt ab einem gewissen, von p abhängigen N2 für alle n > N2 die
Abschätzung 1/dn < (p − 1)/p. Sei also n > N1 und N > n2 , dann ist auf Grund der beiden hergeleiteten
Abschätzungen
1
p
1
<
< 1+
.
1+
1
dn
dn
1−
dn
Beim Potenzieren mit dem positiven Exponenten dn bleibt die Ungleichungskette erhalten:

dn
"
dn
dn
dn /p #p
p
p
1
 1 
< 
< 1+
=
1+
.
1+
1 
dn
dn
dn
1−
dn
Die Folge dn /p divergiert ebenfalls gegen +∞, der Ausdruck in den eckigen Klammern geht mithin gegen
e. Es folgt, daß die linke Seite der Ungleichungskette gegen e geht und die rechte gegen ep . Es wird nun
behauptet, daß der mittlere Ausdruck ebenfalls gegen e geht.
Sei also ε > 0 eine beliebige Genauigkeitsschranke. Es existiert ein N3 , so daß ∀n > N3 die Bedingung
dn
1
e−ε< 1+
dn
erfüllt ist.
Sei andererseits p = ln(e + ε/2) ein Wert größer 1 und ∀n > N4 gelte (bei Einhaltung der sonstigen
Bedingungen)
"
dn /p #p
ε
ε ε
p
ε
= eln(e+ε/2) +
= e+
= e+ε.
1+
≤ ep +
+
dn
2
2
2
2
Wird nun N (ε) als der größere der Werte N1 bis N4 gewählt, so gilt ∀n > N die Einschließung
"
dn /p #p
p
e−ε <
1+
< e+ε.
dn
Damit ist die Konvergenz gegen e bewiesen: Für alle divergenten Folen uk , für die |uk | → +∞ bei k → ∞
gilt, ist
u n
1
lim 1 +
= e.
k→∞
un
Bemerkung 12: Betrachten wir für x 6= 0 die Folge
x
x x(n/x)
x n/x
x n
1+
= 1+
=
1+
.
n
n
n
Je nach dem Vorzeichen von x divergiert die Folge n/x bestimmt gegen +∞ oder −∞, deshalb konvergiert
der Ausdruck in der eckigen Klammer gegen e und das Ganze gegen ex .
Bei x = 0 sind die Folgeglieder konstant 1 und ihr Grenzwert ist 1 = e0 .
In jedem Fall gilt mithin
x n
= ex .
lim 1 +
n→∞
n
Ein noch allgemeinerer Grenzwert (sei α · γ 6= 0):
γn+δ
γ(n+β)+δ−γβ
(γ·α)(n+β)/α+(δ−γβ)
α
α
α
1+
= 1+
= 1+
=
n+β
n+β
n+β
18
"
=
α
1+
n+β
(n+β)/α #γ·α · 1+
α
n+β
δ−γβ
.
Der Ausdruck in der eckigen Klammer konvergiert gegen e, dieser gesamte Faktor also gegen eγ·α .
Die Basis der Potenz im zweiten Faktor - also der Wert in der runden Klammer - geht gegen 1 und im
Unterschied zum vorigen Faktor ist hier die zugehörige Potenz δ − γδ fest. Damit konvergiert der gesamte
zweite Faktor gegen 1.
Resultat:
γn+δ
α
= eγ·α .
lim 1 +
n→∞
n+β
Die Parameter β und δ haben auf den Grenzwert keinen Einfluß.
Bemerkung 13: Man kann diesen Grenzwert nutzen, um hohe Potenzen von Werten nahe Eins zu überschlagen:
Wenn ein Gerät 2000 gleiche Bauteile enthält, die alle zu seiner Funktion notwendig sind, und wenn die
Ausfallwahrscheinlichkeit eines Bauteiles in einem bestimmten Zeitraum nur 0.3% beträgt - wie groß ist
dann die Ausfallwahrscheinlichkeit des ganzen Gerätes?
Der Ausfall des Gerätes ist das komplementäre Ereignis seines ’Durcharbeitens’ und die Wahrscheinlichkeit dafür ist - auf diese Bauteile bezogen; um andere Ereignisse geht es hier nicht - (1 − 0.003)2000 =
(1 + (−3)/1000)2·1000 .
Nimmt man 1000 als ’fast unendlich’
und rechnet man mit obigem Grenzwert, so resultiert etwa e(−3)·2 =
√
−3
−6
−6·0.43
−2.58
e ≈ 10
= 10
≈ 10 · 10 ≈ 0.003.
Die genauen Werte sind (1 − 0.003)2000 = 0.0024564 und e−6 = 0.0024787 (0.9% zuviel); der grobe
Schätzwert (Kopfrechnung!) weicht um 22% ab.
In jedem Fall: Eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 99.75% oder 99.7% (geschätzt) ergibt sicher dieselbe
negative Entscheidung bezüglich des Einsatzes.
Satz X: Es seien an und bn konvergente Folgen mit den Grenzwerten A und B entsprechend.
Für alle n an einem gewissen n0 gelte an ≤ bn , dann ist A ≤ B.:
Beweis: Angenommen, die Voraussetzungen gelten, aber es sei A > B.
Wir wählen ε = (A − B)/2 > 0. Ab einem gewissen Na ist dann |an − A| < ε und bei n > Nb gilt
|bn − B| < ε.
Wir betrachten ein konkretes n, das größer ist sowohl als n0 , Na und Nb :
Aus |an − A| < ε folgt an > A − ε = A − (A − B)/2 = (A + B)/2.
Aus |bn − B| < ε folgt bn < B + ε = B + (A − B)/2 = (A + B)/2.
Wir haben also die Ungleichungskette an > (A + B)/2 > bn , aber nach Voraussetzung hat an ≤ bn zu
gelten.
Die getroffene Annahme A > B ist folglich unzulässig und damit muß A ≤ B sein.
Faktisch wurde der eben formulierte Sachverhalt bereits im Beweis von Satz VIII benutzt.
Bemerkung 14: Aus an < bn folgt nicht unbedingt A < B, sondern allgemein nur A ≤ B.
Tatsächlich, die Folge −1/n hat nur negative Glieder und 1/n nur positive; beide haben aber denselben
Grenzwert Null, der weder negativ noch positiv ist.
Satz XI: Jede konvergente Folge ist beschränkt.
Beweis: Sei limn→∞ an = A; wir wählen ε = 1.
Nach Voraussetzung der Konvergenz existiert ein N1 derart, daß ∀n > N1 die Abschätzung |an − A| < 1,
also A − 1 < an < A + 1 gilt.
Unter den Folgegliedern an mit n ≤ N1 gibt es (mindestens) ein größtes (a+ ) und (mindestens) ein kleinstes (a− ).
Tatsächlich, das sind endlich viele Werte und diese könnte man alle vergleichen und das (oder ein) kleinste(s) bzw. größte(s) Glied herausfinden.
Jedenfalls ist mithin kein Folgeglied größer als der größere der beiden Werte a+ und A + 1 und umgekehrt
kleiner als der kleinere der beiden Werte a− und A − 1.
Das sind untere und obere Schranken.
Umkehrung des Satzes: Eine unbeschränkte Folge kann nicht zu einem eigentlichen Grenzwert konvergieren.
Satz XII: Die Folge an konvergiert genau dann, wenn zu jeder Genauigkeitsschranke ε eine Zahl N =
N (ε) existiert, so daß für alle m und n mit m > N und n > N die Abschätzung |am − an | < ε gilt.
Beweis: Darauf sei verzichtet; er erfordert etwas Theorie der reellen Zahlen. Der Satz bringt eine wichtige
Eigenschaft dieser Zahlen zum Ausdruck.
19
In der Richtung ’Konvergenz =⇒ Abschätzung’ ist der Satz allerdings offensichtlich.
Die Bedeutung dieses Satzes - der fast genau wie die Definition der Folgenkonvergenz aussieht - besteht
darin, daß der Grenzwert der Folge in ihm nicht vorkommt.
Er besagt also: Es gibt einen Grenzwert, wenn sich die Folgeglieder einfach nur untereinander annähern.
Die Annäherung ist so zu verstehen, daß die Folgeglieder allen späteren Gliedern nahekommen, nicht nur
dem jeweils darauffolgenden.
Satz XIII: Es sei an eine Folge mit dem eigentlichen oder uneigentlichen Grenzwert A; sei weiterhin die
Folge sn definiert durch
n
1X
sn =
ak .
n
k=1
Dann konvergiert oder divergiert auch sn zu A.
Beweis: Wir betrachten zuerst den Fall, daß A ein eigentlicher Grenzwert ist, daß also an konvergiert.
Wir wählen ein beliebiges ε > 0; nach Voraussetzung existiert dann ein N0 , so daß |an − A| < 2ε ∀n > N0
ist.
Sei nun n > N0 , dann gilt
!
N0
n
n
X
1X
1 X
ak +
sn =
ak =
ak .
n
n
k=1
k=1
k=N0 +1
Die erste Summe hat die feste obere Grenze N0 ; damit hängt sie von ε ab, aber nicht von n. Nennen wir
diese Summe σ.
Aus |an − A| < 2ε folgt speziell an > A − 2ε . Damit kann die zweite Summe von unten abgeschätzt werden:
ε
"
#
n
X
1h
ε i
ε σ−N A− 2
1
ε
σ+
=
σ + (n − N ) A −
=A− +
.
sn >
A−
n
2
n
2
2
n
k=N0 +1
Der Zähler des letzten Bruches ist fest in n. Damit existiert ein N1 , so daß der Betrag dieses Bruches
∀n > N1 den Wert 2ε nicht überschreitet.
Insgesamt ist dann, wenn n sowohl größer als N0 als auch N1 ist,
sn > A −
ε ε
−
= A−ε.
2 2
In derselben Weise schätzt man von oben ab und erhält sn < A + ε, also insgesamt |sn − A| < ε.
ε war beliebig (positiv) gewählt. Damit ist für den Fall des eigentlichen Grenzwerts bewiesen, daß auch
sn gegen A konvergiert.
Sei nun z. B. limn→∞ = +∞. Wir wählen ein beliebiges M > 0; nach Voraussetzung existiert dann ein
N0 , so daß an > M + 1 ∀n > N0 ist.
Für n > N0 gilt
!
"
#
N0
n
n
n
X
X
1X
1
1 X
σ + (n − N0 )(M + 1)
sn =
+ak
ak >
ak =
σ+
(M + 1) =
=
n
n
n
n
k=1
k=1
k=N0 +1
k=N0 +1
σ − N0 (M + 1)
.
n
Der letzte Bruch strebt mit n → ∞ gegen Null; ab einem bestimmten N1 ist sein Wert damit notwendigerweise größer als -1 und folglich ist dann auch stets sn > M .
Es resultiert, daß mithin auch sn gegen +∞ divergiert.
Der uneigentliche Grenzwert −∞ wird analog behandelt.
=M +1+
Bemerkung 15:
1. Die Summation in sn muß nicht unbedingt bei k = 1 beginnen; k = 0 (oder ein anderer fester Wert)
ergäbe dasselbe Resultat bezüglich Konvergenz und Grenzwert.
2. Sei an = 1 + (−1)n ; diese Folge divergiert, und das nicht einmal bestimmt. Dann ist s1 = 0, s2 = 1,
s3 = 2/3, s4 = 1 usw. und allgemein ist sn bei geraden Werten von n Eins, bei ungeraden dagegen
(n − 1)/n. Jedenfalls konvergiert sn gegen Eins.
Dieses Beispiel zeigt, daß sich die Aussage des Satzes nicht umkehren läßt - aus der Konvergenz der sn
folgt nicht die Konvergenz der an .
20
3. Im vorstehenden Beispiel sind die an abwechselnd 0 oder 2; diese Werte pendeln um einen Mittelwert
1 herum und genau diese Zahl kam als Grenzwert der sn heraus.
Damit gelingt es, einen allgemeineren Begriff als den klassischen Grenzwert zu konstruieren. Den Limes
A der Folge sn kann man als eine Kennziffer zur Charakterisierung der Ausgangsfolge an auffassen. Falls
an konvergiert, so ist A gerade ihr Grenzwert. Für viele divergente Folgen an erhält man mit A aber
eine Verallgemeinerung des Durchschnitts ihrer Werte. Diese Zahl kann bisweilen nutzbringend verwandt
werden, z. B. bei den Fourierreihen.
Beispiel 12:
Es ist (im Grundintervall −π < x < π)

∞
1, 0 < x < π
X
π 
sin(2k + 1)x
0, x = kπ
=
·
f (x) =
.
2k + 1
4 
−1, −π < x < 0
k=0
Die Ableitung der Funktion f (x) ist in den Punkten x = kπ nicht definiert, ansonsten aber gleich Null.
Differenziert man die Reihe formal, so entsteht ein Gebilde
g(x)
=
∞
X
cos(2k + 1)x ,
k=0
dem im klassischen Sinne kein Wert zuzuordnen ist. Die Summanden dieser Reihe bilden für kein einziges
x eine Nullfolge; die Reihe ist mithin
Pm stets divergent.
Betrachten wir die Folge Sm = k=0 cos(2k + 1)x der Partialsummen
Pndieser Reihe; sie ist - wie gesagt divergent. Aus ihr wird nach der obigen Vorschrift die Folge sn = n1 m=0 Sm gewonnen.
Im Fall x = 0 sind alle Summanden in Sm gleich 1, also wird Sm = m + 1. Damit folgt
sn =
n
n+1
1 X
1 X
1 (n + 1)(n + 2)
n2 + 3n + 2
(m + 1) =
m =
·
=
.
n m=0
n m=1
n
2
2n
Diese Folge divergiert bestimmt gegen +∞. - Beim (wachsenden) Duchgang durch x = 0 springt der
Wert der Funktion f (x) von −π/4 hoch auf +π/4 - sehr grob gesprochen bedeutet dies einen senkrechten
Verlauf der Funktionskurve, also einen unendlich großen Anstieg. Das Ergebnis ist folglich nicht direkt
widersinnig.
Sei nun 0 < |x| < π, dann ist e2jx 6= 1 und man kann die Summenformel über einen endlichen Abschnitt
der geometrischen Folge nutzen. Weiterhin beachte man, daß der Realteil einer Summe die Summe der
Realteile der Summanden ist - und umgekehrt.
!
m
m
n
n
n
m
X
1 X X
1 X X
1 X
j(2k
+
1)x
j(2k
+
1)x
sn =
cos(2k + 1)x =
Re e
=
Re
e
=
n m=0
n m=0
n m=0
k=0
k=0
k=0
!
m h
n
n
ik
X
1 X
1 X
1 − e2(m + 1)jx
jx
2jx
jx
=
Re e ·
e
=
Re e ·
=
n m=0
n m=0
1 − e2jx
k=0
n
1 X
(cos x + j sin x)[1 − cos 2(m + 1)x − j sin 2(m + 1)x](1 − cos 2x + j sin 2x
=
Re
.
n m=0
(1 − cos 2x)2 + sin2 2x
!
Der Nenner ist einfach 2 − 2 cos 2x und der Zähler vom Realteil des Summanden wird
Z = cos x{[1 − cos 2(m + 1)x](1 − cos 2x) + sin 2(m + 1)x · sin 2x}−
− sin x{[1 − cos 2(m + 1)x] sin 2x − sin 2(m + 1)x(1 − cos 2x)} =
= cos x{1 − cos 2(m + 1)x − cos 2x + cos 2(m + 1)x · cos 2x + sin 2(m + 1)x · sin 2x}−
− sin x{sin 2x − cos 2(m + 1)x · sin 2x − sin 2(m + 1)x + sin 2(m + 1)x · cos 2x} .
Nun ist cos α cos β + sin α sin β = cos(α − β) und sin α cos β − cos α sin β = sin(α − β); damit folgt
Z = cos x{1 − cos 2(m + 1)x − cos 2x + cos 2mx} − sin x{sin 2x − sin 2(m + 1)x + sin 2mx} .
Weiter wird analog
Z = cos x−cos x cos 2(m+1)x−cos x cos 2x+cos x cos 2mx−sin x sin 2x+sin x sin 2(m+1)x−sin x sin 2mx =
21
= cos x−(cos x cos 2(m+1)x−sin x sin 2(m+1)x)−(cos x cos 2x+sin x sin 2x)+(cos x cos 2mx−sin x sin 2mx) =
= cos x − cos(2m + 3)x − cos x + cos(2m + 1)x = cos(2m + 1)x − cos(2m + 3)x =
= cos[(2m + 2)x − x] − cos[(2m + 2)x + x] = 2 sin(2m + 2)x · sin x .
Mit der Formel für den Kosinus des doppelten Winkels wird nun - mit einem erneuten Ausflug in den
Bereich der komplexen Zahlen, die offensichtliche Zwischenrechnung überspringend sn =
n
n
n
1 X sin(2m + 2)x · sin x
1 X sin 2(m + 1)x
1 X sin(2m + 2)x · sin x
=
=
=
n m=0
1 − cos 2x
n m=0
n m=0
sin x
sin2 x
n+1
n+1
X
X
1
1
1
=
sin 2mx =
Im e2jmx =
Im
n · sin x m=1
n · sin x m=1
n · sin x
!
2j(n + 1)x
1
−
e
1
Im e2jx
=
=
n · sin x
1 − e2jx
e2jx
n
X
!
e2jmx
=
m=0
cos x[cos2 x − cos2 (n + 2)x] + sin x[sin(n + 2)x cos(n + 2)x − sin x cos x]
.
n · sin2 x
Der Betrag des Zählers übersteigt nie den Wert 4; insgesamt gilt damit - bei 0 < |x| < π - die Abschätzung
=
|sn (x)|
4
1
· ,
sin2 x n
≤
und |sn (x)| wird folglich - bei einem festen Wert von x - durch eine Nullfolge in n abgeschätzt.
Resultat:
+∞ , x = 0
lim sn (x) =
.
0 , 0 < |x| < π
n→∞
(Der Fall |x| = π müßte auch noch betrachtet werden.) Es ergibt sich ein Bild, das recht gut zu der Ableitung der eingangs definierten Funktion f (x) paßt. Damit gelingt es, der formal gewonnenen divergenten
Reihe noch einen gewissen Sinn zuzuweisen.
22
3. Aufgaben
1. Gegeben ist eine gewisse Eigenschaft E der reellen Zahlen. Unter den natürlichen Zahlen, die E
besitzen, gibt es keine kleinste. Was bedeutet das?
2. Welche der nachstehenden Folgen ist von unten oder oben beschränkt?
√
√
2n − n + 1
b) sin nα + 2 sin 2nα + 3 sin 3nα
a)
c)
√
n
n!
3. Es sei an eine von oben beschränkte Folge mit der oberen Schranke M und bn eine von unten
beschränkte mit der unteren Schranke m.
Was läßt sich dann (in Bezug auf Beschränktheit) über die Folgen an + bn , an − bn und bn − an
sagen?
4. Eine Folge hat den Wert µ als untere und als obere Schranke.
Was bedeutet das?
5. Die Folge an ist nicht von oben beschränkt. Folgt hieraus, daß sie streng monoton wächst?
6. Die Folge an wächst streng monoton. Folgt hieraus, daß sie nicht von oben beschränkt sein kann?
7. Die Folge an habe den uneigentlichen Grenzwert +∞, die Folge bn habe weder einen eigentlichen
noch einen uneigentlichen Grenzwert.
Kann man etwas über das Verhalten der Folge an + bn aussagen?
8. Was bedeutet es für eine gegebene konvergente Folge, wenn das N (ε) aus der Definition der Konvergenz in ihrem Falle als von ε unabhängig gewählt werden kann?
9. Es sei an eine Nullfolge mit nur positiven Gliedern.
Zeigen Sie: Es gibt Nullfolgen bn und cn mit nur positiven Gliedern derart, daß bn /an und an /cn
Nullfolgen sind.
Mit anderen Worten, zu jeder (derartigen) Nullfolge an gibt es eine schneller (bn ) und eine langsamer
(cn ) konvergente Nullfolge.
Folglich gibt es keine (nichttriviale) schnellste und keine langsamste Nullfolge.
10. Warum gilt die Formel
lim am
n
n→∞
=
Am
im Falle eines beliebigen A nicht auch für m = 0?
11. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
a) lim
n→∞
2
1+
n + 13
n2 −7n+2
,
b) lim
n→∞
2
1+ 2
n + 13
n+2
,
c) lim
n→∞
2
1+
n + 13
−7n+2
n23n+5
12. Die Folge an habe den uneigentlichen Grenzwert +∞.
Welche der nachstehenden Folgen konvergieren dann und zu welchem Grenzwert?
bn = a2n − 2an ,
fn =
cn =
√
n
an + 1
,
an − 2
an ,
dn =
n
gn = a1/a
,
n
4an + 223
,
en = an+1 − an−1 ,
a3/2
n +1
2an −7
an + 4
hn =
an + 1
13. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
a)
5n − 3−n
,
n→∞ 4n + 10n
lim
b)
5n − 3−n
,
n→∞ 4n + n2 · 5n
lim
c)
5n − 3−n
n→∞ 5n + 3n
lim
14. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
a)
ln(23n4 − 7n2 − 7n + 144)
,
n→∞
ln(2n5 + 18n − 1)
lim
b)
ln(2 · 3n + 4)
,
n→∞ ln(5 · 3n + 22)
lim
23
c)
ln(4n + 11n + 22)
lim p
n→∞
7n2 − 8n + 154
15. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
2
n
2
a)
lim n
−
, b)
n→∞
2n + 13 n + 5
lim sin
n→∞
n2 + 1
π
n+1
,
lim an mit a5n + nan = 2
c)
n→∞
16. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
n
a)
lim
n→∞
3 · n!
,
nn
b)
lim
n→∞
n−3
n−2
n−1
+
+
2n + 1 3n − 2 6n + 1
p
2n2 + 4n + 3
17. Bestimmen Sie die Parameter a und b so, daß gilt:
lim
n→∞
4n4 + an3 + bn2 + 3n − 5
4n4 + 5n3 − 5n2 − 5n + 11
18. Berechnen Sie die folgenden Grenzwerte!
Z 1
√
1 + 2x + ex · xn dx ,
a)
lim
n→∞
c)
lim
n→∞
2π
=
2
Z
b)
0
Z
2n2 −5n−7
lim
n→∞
√
5
4
!
1 + 2x + ex · xn dx ,
0
p
2 + 3x2 + 4x3 · sin nx dx
0
19. Berechnen Sie die Grenzwerte der Determinanten!
2n−3
2n+3
n+4
n+44
,
a)
lim
n
2n
n→∞ 2
4
1+ n
1+ n
b)
lim n→∞ 2n2 +3
n+4
n−3
n+44
4n2 +5
n+8
2n+11
n+1
20. Berechnen Sie die Grenzwerte der durch die folgenden Rekursionen definierten Folgen!
a) an+1 =
an
+ 2 , a0 = 0 ,
3
b) an+1 =
Welchen Einfluß haben die Anfangswerte auf die Grenzwerte?
24
√
2an + 2 , a0 = 0 .
3.2. Lösungen
Eine praktische Bemerkung vorab: U.a. um Platz zu sparen lasse ich das limn→∞ in den Formeln weitgehend weg und betrachte nur das jeweils n-te Folgeglied. Konsequenz hieraus ist aber, daß am Ende der
Rechnung der Grenzwert nicht einfach mit einem Gleichheitszeichen angehängt werden kann, denn diese
Gleichheit an = A gilt i. a. nicht. Vielmehr ist dort dann an −→n→∞ A zu schreiben.
1. Es gibt keine natürliche Zahl, die die Eigenschaft E besitzt.
Tatsächlich, nehmen wir an, es gebe eine natürliche Zahl n0 mit E. Wenn n0 = 0 gilt, so ist sie die
kleinste natürliche Zahl mit E und das ist lt. Voraussetzung nicht möglich.
Bei n0 > 0 kann man (zumindest theoretisch) die natürlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . n0 − 1 überprüfen.
Hat keine von ihnen E, so ist n0 die kleinste Zahl mit dieser Eigenschaft, ansonsten findet man in
dieser Liste die kleinste. In jedem Fall kommt man in einen Widerspruch zur Voraussetzung.
Also gibt keine natürliche Zahl, die die Eigenschaft E besitzt.
Was nicht irgenwann einmal anfängt zu existieren, das existiert nie.
Eine solche Eigenschaft reeller Zahlen x könnte z. B. die Forderung cos πx = 0 sein - sie wird von
unendlich vielen Zahlen erfüllt, aber von keiner natürlichen.
Diese Aussage hat wesentlich damit zu tun, daß die natürlichen Zahlen separiert liegen. Bei den
stetig verteilten reellen Zahlen ist die Situation anders: Die Eigenschaft x > 0 wird erfüllt, aber es
gibt keine kleinste reelle Zahl mit dieser Eigenschaft.
2. Die angegebenen Ungleichungen gelten zumindest für genügend große Werte von n:
√
√
√
√
√
√
√
√
2n − n + 1 > 2n − 1.5n = ( 2 − 1.5) n > 0.189 n
a)
Die Folge ist nach oben unbeschränkt; eine untere Schranke ist a0 = −1.
b) | sin nα + 2 sin 2nα + 3 sin 3nα| ≤ | sin nα| + 2| sin 2nα| + 3| sin 3nα| ≤ 1 + 2 + 3 = 6
Die Folge ist also (absolut) beschränkt.
Die Schranke 6 wird allerdings in Wirklichkeit nicht erreicht; man könnte sie auf etwas 5.352 verringern.
c) Die Folgeglieder sind (mit n > 0) allesamt positiv, also von unten beschränkt.
Betrachten wir den Fall eines geraden Wertes n = 2k; dann gilt
p
√
k
k! = 2m 1 · 2 · 3 · . . . (m − 1) · m · (m + 1) · . . . · (2m − 1) · 2m >
p
√
√
> 2m (m + 1) · (m + 2) · . . . · (2m − 1) · 2m > 2m m · m · . . . · m · m = m
Dieser Wert wächst unbeschränkt, also ist die gesamte Folge nach oben unbeschränkt.
Vergleichen wir nun zwei beliebige aufeinander folgende Glieder; das (noch unbekannte) Vergleichszeichen sei >. Die Umformungen werden so ausgeführt, daß sie für jede Gleichung wie Ungleichung
gelten würden:
p
√
n
n! > n+1 (n + 1)! ⇐⇒ (n!)n + 1 > [(n + 1)!]n = [(n!) · (n + 1)]n = (n!)n · (n + 1)n ⇐⇒
n! > (n + 1)n
Zwischen
beiden Ausdrücke gehört offensichtlich das Symbol <, durch Rückwärtsschließen
√ diesep
folgt n n! < n+1 (n + 1)!.
Die Folge ist mithin streng monoton wachsend; sie divergiert also insgesamt gegen +∞, da nachgewiesenermaßen die geraden Folgeglieder unbegrenzt wachsen und wegen der Monotonie ist jedes
Glied mit ungeradem Index wertmäßig zwischen seinen beiden Nachbarn.
3. a) Im Falle an + bn kann man nichts aussagen.
Tatsächlich, sei an = −n2 (ist von oben beschränkt mit an ≤ 0) und bn = n (ist von unten
beschränkt mit bn ≥ 0). Dann ist an + bn = n − n2 = −n(n − 1) von oben beschränkt mit der
Schranke 0, aber nicht von unten.
Umgekehrt, sei an = −n (ist von oben beschränkt mit an ≤ 0) und bn = n2 (ist von unten
beschränkt mit bn ≥ 0). Dann ist an + bn = −n + n2 = n(n − 1) von unten beschränkt mit der
Schranke 0, aber nicht von oben.
Da beide Fälle möglich sind kann man also keinen ausschließen.
Es ist möglich, eine Summenfolge zu konstruieren, die in beide Richtungen unbeschränkt ist: Sei an
25
der Reihe nach -1, 0, -3, 0, -5, 0, -7, ... und bn entsprechend 0, 2, 0, 4, 0, 6, ... , dann hat an + bn
die Werte -1, 2, -3, 4, -5, 6, ... .
b) an − bn ist von oben beschränkt, denn wegen an ≤ M und bn ≥ m folgt zunächst −bn ≤ −m
und nach Addition der beiden Ungleichungen wird an + (−bn ) ≤ M + (−m), also an − bn ≤ M − m.
an − bn muß nicht von oben beschränkt sein.
c) bn − an ist von unten beschränkt, denn wegen bn ≥ m und an ≤ M folgt zunächst −an ≥ −M
und nach Addition der beiden Ungleichungen wird bn + (−an ) ≥ m + (−M ), also bn − an ≥ m − M .
bn − an muß nicht von unten beschränkt sein.
4. Es müssen für alle an die Ungleichungen an ≤ µ und an ≥ µ gelten.
Also ist an = µ eine konstante Folge.
5. Nein. Die Folge an = n[1 + (−1)n ] hat die Glieder 0, 0, 4, 0, 6, 0, 8, 0, 10, 0, ... .
Sie ist offenbar unbeschränkt; es gilt aber für k > 0 die Ungleichung a2k > a2k+1 einer- und
a2k+1 < a2k+2 andererseits.
6. Nein. Es ist 1/2 < 2/3 < 3/4 < 4/5 < ... streng monoton wachsend (an = n/(n + 1)), aber alle
Folgeglieder sind kleiner als 1, also von oben beschränkt.
7. Die Folge an + bn ist unbeschränkt nach oben.
Zum Beweis nehmen wir an, sie sei nach oben beschränkt: an + bn ≤ M .
Hieraus folgt bn ≤ M − an . - Wählen wir ein beliebiges m; wegen der bestimmten Divergenz von
an existiert ein N , so daß ∀n > N die Ungleichung an > M − m gilt. Es folgt −an < m − M und
nach Addition der beiden Ungleichungen wird bn ≤ M + (−an ) < M + (m − M ) = m.
Also existiert zu jedem m ein N derart, so daß bn < m gilt bei beliebigen n > N .
Folglich ist bn bestimmt divergent gegen −∞. Das widerspricht aber der Voraussetzung, daß bn
keinen (eigentlichen oder) uneigentlichen Grenzwert haben soll.
Damit war die angenommene Beschränktheit von an + bn von oben unzutreffend.
Weitergehende Aussagen sind nicht möglich:
Das Beispiel an = n und bn = (−1)n ergibt eine Summe, die von unten beschränkt ist.
Im Falle an = n und bn = [(−1)n − 1]n ist die Summe in beide Richtungen unbeschränkt.
8. Die Glieder der betrachteten Folge sind ab einem gewissen Index N0 konstant und damit gleich dem
Grenzwert.
Dann kann man allgemein N (ε) = N0 = konstant setzen, denn mithin ist bei n > N stets |an −A| =
|A − A| = 0 < ε.
Andere Fälle sind nicht möglich: Angenommen, die Folge werde nie konstant, aber das N ist konstant
zu nehmen. Dann gibt es mit einem gewissen n∗ > N ein Folgeglied an∗ 6= A und wählt man
ε = |an∗ − A|/2, so hat man einen Widerspruch zur Forderung |an∗ − A| < ε.
√
9. Sei z. B. bn = a2n und cn = an , dann gilt
a2
bn
= n = an
an
an
und
√
an
an
= √
= an ,
cn
an
und beide (bn sowohl als cn ) sind Nullfolgen.
10. Die Formel wird im Falle A = 0 sinnlos. Falls alle (oder fast alle) an von Null verschieden sind, so
steht links der Grenzwert über eine Folge, die konstant 1 ist, und rechts der undefinierte Wert 00 .
11. a) Es wird ein innerer e-Grenzwert gebildet und die bestimmte Divergenz wird von unten abgeschätzt:
n2 −7n+2
n n−7+2/n
2
2
,
an = 1 +
=
1+
n + 13
n + 13
der Ausdruck in den eckigen Klammern strebt gegen e2 . Mithin ist er irgendwann größer als 7 < e2
und dann gilt
an > 7n−7+2/n .
Damit haben wir eine Abschätzung von unten durch eine bestimmt gegen +∞ divergierende Folge.
Resultat:
n2 −7n+2
2
lim 1 +
= +∞
n→∞
n + 13
26
b) Es wird das Sandwich - Theorem angewandt:
bn =
2
1+ 2
n + 13
"
n+2
=
2
1+ 2
n + 13
n2 #1/n+2/n2
,
der Ausdruck in den eckigen Klammern strebt gegen e2 . Mithin ist er irgendwann kleiner als 3 und
es gilt dann
2
1 < bn < 31/n+2/n −→n→∞ 30 = 1 .
Resultat:
lim
n→∞
c)
2
1+
n + 13
−7n+2
n23n+5
=
2
1+ 2
n + 13
2
1+
n + 13
n+2
n−7+2/n
3+5/n
= 1
=
1+
2
n + 13
2
n 1−7/n+2/n
3+5/n
−→n→∞ [e2 ]1/3 = e2/3 .
12. bn = a2n − 2an = an (an − 2) - jeder der beiden Faktoren divergiert bestimmt gegen +∞, ihr Produkt
also erst recht.
cn =
an + 1
(an − 2) + 3
3
=
=1+
−→ 1 + 0 = 1 für n → ∞
an − 2
an − 2
an − 2
223
4+
4an + 223
an
−→ 0 für n → ∞
=
dn = 3/2
1
1/2
an + 1
an +
an
Für en ist keine Aussage möglich. Die Folge an = n erfüllt die Voraussetzung der bestimmten
Divergenz und dann ist en = (n + 1) − (n − 1) = 2 konstant und mithin konvergent. Andererseits
ergäbe an = n2 die bestimmt divergente Folge en = (n + 1)2 − (n − 1)2 = 4n. Und das Beispiel
an = [2 + (−1)n ] · n2 liefert eine Folge en , die nicht einmal nach√unten beschränkt ist.
Für fn ist keine Aussage möglich: Die Folge an = n ergibt fn = n n (Beispiel 8) mit dem Grenzwert
1. Andererseits liefert an = nn die bestimmt divergente Folge fn = n.
Die Folge an = q n mit q > 1 erzeugt eine gegen q konvergente Folge fn - man kann also jeden
Grenzwert >1 erzielen.
gn ist analog zum Beispiel 8 und hat den Grenzwert 1.
2an −7 2an −7 2an −7
an + 4
(an + 1) + 3
3
hn =
=
= 1+
−→n→∞ e3·2 = e6
an + 1
an + 1
an + 1
13.
a)
5n (1 − 0.6−n )
1 1 − 0.6−n
5n − 3−n
= n·
−→n→∞ 0 · 1 = 0
n
n =
n
n
4 + 10
10 (0.4 + 1)
2
0.4n + 1
b)
5n − 3−n
1
1 − 0.6−n
−→n→∞ 0 · 1 = 0
2
n = n2 ·
4 +n ·5
0.4n /n2 + 1
n
c)
14.
a)
=
5n − 3−n
1 − 0.6−n
−→n→∞ 1
n
n =
5 +3
1 + 0.6n
ln(23n4 − 7n2 − 7n + 144)
ln[n4 (23 − 7/n2 − 7/n3 + 144/n4 )]
=
=
5
ln(2n + 18n − 1)
ln[n5 (2n + 18/n4 − 1/n5 )]
ln n4 + ln(23 − 7/n2 − 7/n3 + 144/n4 )
4 ln n + ln(23 − 7/n2 − 7/n3 + 144/n4 )]
=
=
5
4
5
ln n + ln(2 + 18/n − 1/n )
5 ln n + ln(2 + 18/n4 − 1/n5 )
=
b)
4 + ln(23 − 7/n2 − 7/n3 + 144/n4 )/ ln n
4
−→n→∞
5
5 + ln(2 + 18/n4 − 1/n5 )/ ln n
ln(2 · 3n + 4)
ln[3n · (2 + 4 · 3−n )]
n ln 3 + ln(2 + 4 · 3−n )
=
=
=
n
n
−n
ln(5 · 3 + 22)
ln[3 · (5 + 223 · 3 )]
n ln 3 + ln(5 + 223 · 3−n )]
27
1
ln(2 + 4 · 3−n )
n
ln 3 +
=
c)
1
ln 3 + ln(5 + 223 · 3−n )]
n
−→n→∞
ln 3
= 1
ln 3
n ln 4 + ln(1 + 11n · 4−n + 22 · 4−n )
ln(4n + 11n + 22)
p
p
=
=
n 7 − 8/n + 154/n2
7n2 − 8n + 154
=
ln 4
ln 4 + ln(4 + 11n · 4−n + 22 · 4−n )/n
p
−→n→∞ √
7
7 − 8/n + 154/n2
15.
2
1
(2n + 10) − (2n + 13)
−3n2
3
a) n
−
= n2
=
−→n→∞ −
2n + 13 n + 5
(2n + 13)(n + 5)
(2n + 13)(n + 5)
2
2
2
n +1
[n + n] + [−n − 1] + 2
2
b) sin
π = sin
π = sin (n − 1)π −
π =
n+1
n+1
n+1
2
2
π
n+1
Bei x > 0 ist sin x < x, also kann die Folge betragsmäßig durch eine Nullfolge abgeschätzt werden:
− cos(n − 1)π · sin 2 π < 2
n+1 n
= − cos(n − 1)π · sin
Der Grenzwert ist demzufolge Null.
c) Die Folgeglieder sind implizit definiert. Diese Gleichung ist nicht nach an auflösbar, man muß
also abschätzen.
an und a5n haben dasselbe Vorzeichen, also müssen sie hier beide positiv sein, um den Wert 2 zu
ergeben. Mithin gilt
2 = a5n + nan > nan > 0
=⇒
2
> nan > 0
n
Es handelt sich also um eine Nullfolge. Bei den resultierenden kleinen Werten von an lann man die
fünfte Potenz als unbedeutend vernachlässigen und erhält in guter Näherung an ≈ n2 .
Davon ausgehend läßt sich die Darstellung noch präzisieren: Man kann also an ansehen als an =
2
n + bn mit einer recht schnell gegen Null gehenden Folge bn . Eingesetzt in die Definitionsgleichung
wird
5
2
80
40
10
2
32 80
2 = a5n + nan =
+ bn + n
+ bn = 5 + 4 bn + 3 b2n + 2 b3n + b4n + b5n + 2 + nbn
n
n
n
n
n
n
n
Wie gesagt ist bn sehr klein, man kann also seine höheren Potenzen vernachlässigen. So sei verfahren,
es verbleibt eine lineare Gleichung für bn , wobei ab jetzt bn nicht mehr die wahre Korrektur von
2/n zu an bedeutet, sondern nur noch eine Näherung dazu:
0 =
32
80
+ 4 bn + nbn
n5
n
=⇒
bn = −
80
+n
n4
−1
·
32
32n4
32
= − 5
≈ − 6 .
5
n
n (80 + n5 )
n
Möchte man die Genauigkeit weiter erhöhen, so steht dem nichts im Wege: Die nächstfeinere Kor32n4
rektur sei cn und man setzt an = n2 − n5 (80+n
5 ) +cn (oder, was einfacher ist und ggfs. ein geringfügig
anderes cn liefert, an = n2 − n326 + cn ) in die Definitionsgleichung ein, vernachlässigt die höheren
Potenzen von cn usw..
Faktisch gewinnt man auf diese Weise eine Entwicklung von an nach Potenzen von 1/n und das
völlig ohne Differentialrechnung. Derartige Methoden wurden bereits in der Antike benutzt. Heutzutage kann man auch die Taylorsche Formel verwenden; als Konkurrenzunternehmen sei auch dieser
Weg präsentiert:
a5
Aus a5n + nan = 2 wird nn + an = n2 . Fürs Differenzieren benötigt man eine kontinuierlich definierte
Funktion, keine separierten Werte an . Schreiben wir für 1/n den Wert x, der die reellen Zahlen
in Richtung Null durchläuft und statt an wird die implizit definierte Funktion a(x) betrachtet:
28
x · a5 (x) + a(x) = 2x, x > 0.
Setzt man x0 = 0 für x ein, so folgt sofort a(0) = 0.
Die vorstehende Gleichung ist für alle x identisch erfüllt, also haben beide Seiten dieselbe Ableitung
nach x. Die Gleichung wird nun differenziert, wobei die Abhängigkeit von a(x) berücksichtigt wird.
Danach setzt man jeweils x = 0 und benutzt die bereits bekannten Werte von a(0), a0 (0) usw.:
(xa5 + a)0 = (2x)0
(a5 +x·5a4 ·a0 +a0 )0 = (2)0
=⇒
1 · a5 + x · 5a4 · a0 + a0 = 2
a0 (0) = 2
=⇒
=⇒ 5a4 ·a0 +1·5a4 ·a0 +x·20a3 ·(a0 )2 +x·5a4 ·a00 +a00 = 0
=⇒
a00 (0) = 0
Auf eine Fortsetzung sei verzichtet - die Rechnung ist problemlos, aber recht langweilig. Das vorstehende Resultat zeigt, daß bis zur sechsten Ableitung auch nichts Interessantes passiert - die
Ableitungen haben alle den Wert Null bei x = 0.
Diese drei gewonnenen Werte ergeben zumindest
a(x) = 0 + 2 · x +
0 2
x + ... = 2 + ...
2!
=⇒
an ≈
2
.
n
16. a) Die Folgeglieder sind allesamt positiv. Es wird das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Werte
betrachtet; das ist ein probates Mittel zur Entschärfung von Fakultäten:
n
n
n
−1
3n+1 · (n + 1)! · nn
3 · nn
an+1
=
3
=
3
1
+
=
=
an
(n + 1)n
n+1
n+1
(n + 1)n+1 · 3n · n!
−→n→∞ 3e−1 = 1.1036 . . .
Ab einem gewissen N gilt mithin an+1 /an > 1.1 oder an+1 > 1.1an . Sei n = N + m > N , so ist
folglich
aN +m > 1.1m · aN
von unten durch eine bestimmt divergente Folge abgeschätzt. Es resultiert der uneigentliche Grenzwert +∞.
Schneller und bequemer ist die Anwendung der Stirlingschen Näherungsformel für die Fakultät.
Nachstehend wird sogar exakt gerechnet:
√
√
3n · n! · 2πn · nn · e−n
n!
3n · 2πn · nn · e−n
3n · n!
√
=
=
·√
.
an =
nn
nn
nn · 2πn · nn · e−n
2πn · nn · e−n
Nach Stirling geht der hintere Bruch gegen 1; der vordere kürzt sich zu
√
n
√
√
3
3n · 2πn · nn · e−n
2πn
·
= 2π · n1/2 · 1.1036 . . .n ,
=
n
n
e
und dieser Ausdruck divergiert fraglos gegen +∞.
b)
=
n−3
n−2
n−1
+
+
2n + 1 3n − 2 6n + 1
p
2n2 + 4n + 3
=
p
2n2 + 4n + 3
n + 1/2 − 7/2 n − 2/3 − 4/3 n + 1/6 − 7/6
+
+
2n + 1
3n − 2
6n + 1
p
2n2 + 4n + 3
1
7/2
1
4/3
1
7/6
=
−
+ −
+ −
2 2n + 1 3 3n − 2 6 6n + 1
p
2n2 + 4n + 3
1
21
8
7
= 1−
+
+
6 2n + 1 3n − 2 6n + 1
=
Faßt man den Ausdruck in der eckigen Klammer zusammen, so steht im Zähler ein quadratisches
und im Nenner ein kubisches Polynom in n. Der Bruch ist also in etwa proportional zu 1/n. Der
Proportionalitätsfaktor ergibt sich durch Ausmultiplikation, wobei man nur die Faktoren vor der
29
jeweils höchsten Potenz beachtet. Verzichtet man dann noch im Exponenten auf den Kleinkram, so
folgt letztlich
p
2n2 + 4n + 3
n−3
n−2
n−1
=
+
+
2n + 1 3n − 2 6n + 3
p
2n2 + 4n + 3
2
1 (21 · 3 · 6 + 8 · 2 · 6 + 7 · 2 · 3)n + . . .
= 1−
=
6
2 · 3 · 6n3 + . . .
p
p
2n2 + 4n + 3
n 2 + 4/n + 3/n2
43n2 + . . .
516n2 + . . .
= 1−
≈
= 1−
216n3 + . . .
18n3 + . . .
√
n 2
√
43
≈ 1−
−→n→∞ e−43 2/18
18n
Ist diese grobe Überlegung gerechtfertigt?
Nun, seien λ und µ beliebige positive Werte (sinnvollerweise klein). Fakt ist, daß (43n2 +. . .)/(18n2 +
. . .) gegen 43/18 konvergiert;
dieser Bruch ist also √
irgendwann kleier als 43(1 + λ)/18. Weiter ist
p
ab einenm gewissen N 2 + 4/n + 3/n2 < (1 + µ) 2, dann gilt für diese großen Werte von n die
Abschätzung
p
√
2n2 + 4n + 3
n 2(1 + µ)
2
√
43(1 + λ)
43n + . . .
−43(1+λ) 2(1+µ)/18
>
1
−
1−
.
−→
e
n→∞
18n3 + . . .
18n
Resultat: Irgendwann liegen alle Glieder der betrachteten Folge über diesem Wert.
Schätzt man in analoger Weise von oben ab, so bekommt man
p
2n2 + 4n + 3
2
√
43n + . . .
−43(1−λ) 2(1−µ)/18
1−
<
e
.
18n3 + . . .
λ und µ kann man nun beliebig nahe an Null heranbringen und damit verengt sich dieser Schlauch
immer
weiter. Die Folge muß also einen Grenzwert haben und der kann weder unter noch über
√
−43 2/18
e
liegen.
17. Berechnen wir erst einmal den Grenzwert. Der Bruch geht gegen 1 und der Exponent gegen +∞, es
handelt sich also um einen e-Grenzwert. Im Exponent ist der dominierende Term von der Ordnung
n2 , die Abweichung des Bruchs von 1 sollte also proportional zu 1/n2 sein. Ist sie nur von der
Ordnung 1/n, so ist der Grenzwert (je nach Vorzeichen des resultierenden Faktors vor dem 1/n)
entweder Null oder +∞. Beides kommt nicht in Frage.
Ist die Abweichung dagenen von der Ordnung 1/n3 oder kleiner, so wird der Grenzwert 1.
Also wird eine Polynomdivision gemacht
4n4 + an3 + bn2 + 3n − 5
4n4 + 5n3 − 5n2 − 5n + 11
2n2 −5n−7
=
(a − 5)n3 + (5 + b)n2 + 8n − 16
1+
4n4 + 5n3 − 5n2 − 5n + 11
2n2 −5n−7
.
Das n3 im Zähler muß verschwinden, folglich ist a = 5.
Der Grenzwert von
2n2 −5n−7
(5 + b)n2 + 8n − 16
1+ 4
4n + 5n3 − 5n2 − 5n + 11
ist nun e2(5+b)/4 und aus
e2(5+b)/4 =
5
4
folgt
5+b
5
= ln
2
4
=⇒
b = 2 ln
5
−5.
4
18. Alle drei Integrale haben die Eigenschaft, daß sich keine (elementare) Stammfunktion des Integranden angeben läßt. Der klassische Weg ’Formel für das allgemeine Folgeglied gewinnen ... Grenzwert
berechnen’ ist also versperrt.
30
Was bleibt? Mutterwitz, Intuition und Abschätzungen ...16
√
a) Die Wurzel ist auf dem Integrationsintervall eine monoton wachsende Funktion, die von 2 auf
√
3 + e ansteigt.
Für die x-Werte mit 0 ≤ x < 1 geht xn gegen Null.
Der (nichtnegative) Integrand geht also im gesamten Integrationsintervall (außer x = 1) mit n → ∞
gegen Null. Das bestimmte Integral über Null ist Null.
Wir haben es also vermutlich mit einer Nullfolge zu tun. Schätzen wir den Integranden von oben mit
einer bequem integrierbaren Funktion ab, indem wir die Wurzel durch ihren Maximalwert ersetzen.
Der ist fest und macht keine Probleme:
Z 1
Z 1
Z 1
√
√
√
1 + 2x + ex · xn dx ≤
3 + e · xn dx = 3 + e
xn dx
0<
0
0
0
√
1
√
xn+1 3+e
=
=
3+e
−→n→∞ 0
n + 1 0
n+1
b) Der Integrand ist derselbe wie in a), aber das Integrationsintervall reicht jetzt bis 2. Damit gibt
es x > 1 und dann ist xn → ∞. Diese Divergenz ist recht schnell, jedenfalls kann man den uneigentlichen Grenzwert +∞ erwarten.
Also wird von unten abgeschätzt, schnell und radikal: Die Wurzel wird zu 1 verkleinert, vom Integrationsintervall lasse ich nur [1.5,2] und die dortigen x-Werte werden alle auf 1.5 verringert. Dann
wird der Integrand konstant und das Integral offensichtlich:
Z 2
Z 2
Z 2
√
√
n
n
x
x
1 · 1.5n dx = (2 − 1.5) · 1.5n
1 + 2x + e · x dx >
1 + 2x + e · x dx >
1.5
0
1.5
c) Partielle Integration, die (im Integrationsintervall stets positive) Wurzel ist v(x) und der Sinus
wird u0 (x) mit u(x) = − cosnnx :
Z 2π p
Z 2π
p
cos nx 2π
cos nx
12x2 + 6x
2
3
2
3
√
dx =
2 + 3x + 4x ·sin nx dx = − 2 + 3x + 4x ·
·
+
2
3
n
n
0
2 2 + 3x + 4x
0
0
Z 2π
p
1 √
12x2 + 6x
√
=
2 − 2 + 12π 2 + 32π 3 +
· cos nx dx
(∗)
n
2 2 + 3x2 + 4x3
0
Bei a < b gilt stets die Abschätzung
Z
Z b
b
f
(x)
dx
≤
|f (x)| dx ,
a
a
damit wird
Z 2π
12x2 + 6x
12x2 + 6x
√
· cos nx dx ≤
· | cos nx| dx ≤
2 2 + 3x2 + 4x3
2 2 + 3x2 + 4x3
0
0
Z 2π
12x2 + 6x
√
dx .
≤
2 2 + 3x2 + 4x3
0
Der letzte Ausdruck ist eine - berechenbare, aber den Wert braucht man im Rahmen der Fragestellung nicht - Konstante bzgl. n.
Der Ausdruck in der eckigen Klammer in (*) ist also eine beschränkte Folge und vor ihr steht als
Faktor eine Nullfolge.
Die Integrale gehen folglich bei n → ∞ gegen Null.
Z
2π
√
19. Grundsätzlich: Der Wert einer Determinante ergibt sich durch Additionen, Subtraktionen und Multiplikationen aus ihren Elementen.
Diese sind hier Folgeglieder; wenn sie konvergieren, so ergibt sich der Grenzwert der Determinanten
durch dieselben Operationen aus den Grenzwerten der Elemente.
2n+3
2n−3
n+4
n+44
= 2 2 a)
lim 2n
n→∞
e4 e4 1+ 4 n
1+ 2
n
n
16 ...
und ordentliches Lesen des Aufgabentextes. (Darauf weise ich auch vor und in jeder Klausur hin!)
Nach dem allgemeinen Folgeglied ist nicht gefragt, nur nach dem Grenzwert. Ersteres wäre also nur Mittel zum Zweck und
nicht der Zweck selbst.
31
Die beiden Spalten sind gleich, der Grenzwert ist also Null.
b) Hier ist diese Methode nicht anwendbar, denn die Elemente divergieren. Mit uneigentlichen
Grenzwerten kann man nicht rechnen wie mit eigentlichen, speziell kann man sie nicht subtrahieren.
Also werden die Folgedeterminanten ausgedrückt und betrachtet:
2n2 +3
n−3 2
2
n+4
n+44 = 2n + 3 · 2n + 11 − n − 3 · 4n + 5 =
4n2 +5 2n+11 n+4
n+1
n + 44 n + 8
n+8
=
n+1
(2n2 + 3)(2n + 11)(n + 44)(n + 8) − (n − 3)(4n2 + 5)(n + 4)(n + 1)
(n + 4)(n + 1)(n + 44)(n + 8)
Im Nenner steht ein Polynom, das mit n4 beginnt. Im Zähler hat man formal ein Polynom fünften
Grades. Primär steht die Frage, ob der Koeffizient vor n5 verschwindet. Falls dies nicht geschieht,
so divergiert die Folge.
Man erkennt leicht, daß im ersten Produkt 4n5 entsteht und im zweiten ebenso. Diese Terme heben
sich weg, folglich existiert ein endlicher Grenzwert.
Dieser bestimmt sich aus dem Faktor vor n4 und um diesen zu bestimmen muß man in jedem
der beiden Produkte den Faktor von n2 mit jeweils zwei Faktoren vor den anderen n und dem
Absolutglied des restlichen Produkts kombinieren:
2[2 · 1 · 8 + 2 · 44 · 1 + 11 · 1 · 1] − 4[1 · 1 · 1 + 1 · 4 · 1 − 3 · 1 · 1] = 222
Damit ist alles geklärt:
2n2 +3
n+4
n−3
n+44
4n2 +5
n+8
2n+11
n+1
4
= 222n + . . . −→n→∞ 222 .
n4 + . . .
20. Unterstellt, die Glieder an der Folgen konvergieren gegen einen Grenzwert, so nähern sie sich auch
untereinander an. Mithin, an eingesetzt in die rechte Seite, erhält man links den fast identischen
Wert an+1 . Hieraus folgt: Setzt man den Grenzwert selbst ein, so reproduziert er sich exakt.
Damit hat man eine Bestimmungsgleichung für den (erwarteten) Grenzwert.
a) A = A3 + 2 =⇒ A = 3
√
√
√
b) A = 2A + 2 =⇒ A1 = 1 + 3 = 2.731 . . . , A2 = 1 − 3 = −0.732 . . .
A2 ist aber nur eine formale Lösung der resultierenden quadratischen Gleichung; da die Wurzel und
damit die Rekursion für n > 0 nur nichtnegative Werte liefert kommt A2 als Grenzwert nicht in
Betracht.
Das es sich tatsächlich jeweils um den Grenzwert der so konstruierten Folge handelt muß allerdings
noch bewiesen werden.
a) Variante 1:
Ganz simple Vorgehensweise: Es werden einige Folgeglieder berechnet, hieraus versucht man eine
allgemeine Formel abzuleiten, die man dann bezüglich des Grenzwertes diskutiert.
a0 = 0, a1 = 2, a2 = 8/3, a3 = 26/9, a4 = 80/27, a5 = 242/81, . . .
Im Nenner stehen fortlaufende Potenzen von 3 und der Exponent ist um eins kleiner als der Index
des Folgegliedes.
Die Zähler erweisen sich bei eingehender Betrachtung jeweils um 1 kleiner als der Nenner des nächsten Gliedes. Mithin legen die Resultate die Vermutung an = (3n − 1)/3n−1 = 3 − 31−n nahe. Der
sofort ablesbare Grenzwert ist offenbar 3.
Die allgemeine Formel ist noch zu beweisen, wofür sich die vollständige Induktion anbietet. Bei
n = 0 trifft die Formel zu; dann ist an+1 = [3 − 31−n ]/3 + 2 = 3 − 31−(n+1) , was mit dem Bildungsgesetz übereinstimmt.17
Variante 2:
17 Diese Rekursionsvorschrift zur Berechnung von a
n+1 aus an ist eine sogenannte Differenzengleichung, zu deren Lösung
(d. h. zur Gewinnung der expliziten Formel für an ) eine einfache Vorschrift existiert. Nun kann der gewaltige Apparat der
Mathematik zur Lösung unzähliger Gleichungstypen unmöglich in der Grundausbildung vermittelt werden. Ein Ingenieur
wird sich also nicht selten mit Gleichungen herumplagen, zu denen es längst eine praktikable Theorie gibt. Zum Suchen
oder Nachfragen fehlt oftmals die Zeit, also sollte er wenigstens wissen, wie er sich mit Hausmitteln behelfen kann.
32
Betrachten wir den Abstand des ’neuen’ Folgeglieds an+1 zum vermuteten Grenzwert und vergleichen wir ihn mit dem des alten an :
a
a
an − 3 n
n
= |an − 3| .
|an+1 − 3| = + 2 − 3 = − 1 = 3
3
3 3
Der Abstand verringert sich also pro Schritt auf ein Drittel, strebt folglich gegen Null.
Die vorstehende Erkenntnis ist allgemeingültig und offenbar nicht von der Wahl des Gliedes a0
abhängig.
b) Zunächst ist die Fordeung an ≥ −2 für alle Folgeglieder und speziell für den Startwert a0 zu
fixieren. Die beiden Werte A1 und A2 erfüllen übrigens diese Bedingung.
Die Variante 1 des vorigen Falles entfällt hier, denn aus den Darstellungen ist keine allgemeine
Formel ablesbar. Also bleibt nur eine ähnliche Vorgehensweise wie in Variante 2.
Analysieren wir nun das einzig in Frage kommende A1 :
√
( 2a + 2 − [1 + √3])(√2a + 2 + [1 + √3]) √
n
n
√
|an+1 − A1 | = |an+1 − [1 + 3]| = √
=
2an + 2 + [1 + 3]
√
(2a + 2) − [1 + √3]2 2a − 2 − 2√3 an − (1 + 3)
n
n
√ = √
√ = √ =
= √
√
2an + 2 + [1 + 3] 2an + 2 + 1 + 3 0.5[ an + 2 + 1 + 3] =
|an − A1 |
√ .
√
0.5( an + 2 + 1 + 3)
Damit ist die Konvergenz der Folge gegen A1 für a0 = 0 und überhaupt für alle erlaubten Werte a0 ,
d. h. a0 ≥ −2, bewiesen. Tatsächlich, in jedem Fall ist a1√≥ 0 und√von jetzt an verringert sich die
Abweichung pro Schritt wenigstens um den Faktor 1/0.5( 2 + 1 + 3) = 0.482 . . .. In der Nähe von
A1 wird die Konvergenz noch etwas schneller; die Verbesserung erfolgt mit dem Faktor 0.4075... .
33
5. Verwendung der Differential- und Integralrechnung
Hier sollen die Betrachtungen im Zusammenhang mit Satz VIII verallgemeinert werden und sie erhalten
eine praktikablere Form.
Typisch ist, daß die Formel an = f (n) jetzt nicht nur in den natürlichen Zahlen n betrachtet wird, sondern über die rellen Zahlen x > 0. Es wird angenommen, daß die relle Funktion f (x) für x → +∞ einen
Grenzwert besitzt. Dann hat die oben definierte Folge an denselben Grenzwert.
Um ihn zu finden werden nun die Techniken zur Untersuchung der Grenzwerte von Funktionen herangezogen.
Bemerkung 16:
1. Im Rahmen dieses Punktes entfällt beispielsweise eine Festlegung der Art: an sei die Anzahl der
verschiedenen Teiler von n, denn diese Definition der Folgeglieder ist nicht auf reelle Zahlen zu verallgemeinern.
2. Wenn es limx→∞ f (x) nicht geben sollte, so ist noch nichts über limn→∞ an gesagt. Beispielsweise hat
f (x) = sin πx für x → ∞ keinen Grenzwert, aber an = sin nπ ist konstant Null und mithin konvergent.
5.1. Taylor - Formel
Mit Hilfe der Taylor - Formel können Funktionen näherungsweise in Polynome verwandelt werden.
Mit Polynomen kann man in vielen Fällen recht bequem rechnen; bei n → ∞ gehen die Näherungsformeln
dann in die exakten Grenzwerte über.
Vorher bekommt man oftmals nützliche Informationen über die Geschwindigkeit der Annäherung an den
Grenzwert (das asymptotische Verhalten für n → +∞).
Die benötigten Näherungsformeln kann man den Tafelwerken entnehmen; es sind die Anfänge der gängigen Potenzreihenentwicklungen. Durch geeignete Umformung der vorliegenden Formel muß man diese
Näherungsformeln ins Spiel bringen.
Die Technik soll nachfolgend an einigen Anwendungen demonstriert werden.
Beispiel 13: Detailliertere Betrachtung des e- Grenzwerts:
Wegen der Stetigkeit der Exponentialfunktion exp(x) = ex ist
n
1
1
1
= lim exp n · ln 1 +
= exp lim n · ln 1 +
.
lim 1 +
n→∞
n→∞
n→∞
n
n
n
Für x nahe Null (was bei x = 1/n für große Werte von n gut zutrifft) wird der natürliche Logarithmus
durch jede Partialsumme seiner Potenzreihe
ln(1 + x)
=
x−
x2
x3
x4
+
−
+ ...
2
3
4
angenähert; es folgt
1
1
1
1
1
1
1
1
−
+ 3 − 4 + ... = 1 −
+
− 3 + ... .
n · ln 1 +
= n·
n
n 2n2
2n 3n2
3n
4n
4n
Sei nun
1
1
1
+ 2 − 3 + ... ,
2n 3n
4n
dieser Wert liegt ebenfalls nahe Null. Mit der Potenzreihe für die Exponentialfunktion
x
=
−
x2
x3
x4
ex = 1 + x +
+
+
+ ...
2
3!
4!
resultiert
1
exp n · ln 1 +
= e1 + x = e1 · ex =
n
"
#
2
3
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
=e 1+ −
+
− 3 + ... +
−
+
− 3 + ... +
−
+
− 3 + ... + ...
2n 3n2
2
2n 3n2
3!
2n 3n2
4n
4n
4n
"
#
2
3
1
1
1
1
2
2
1
2
2
=e 1−
+
− 3 + . . . + 2 −1 +
−
+ ... +
−1 +
−
+ ... + ... .
2n 3n2
3n 4n2
3n 4n2
4n
8n
48n3
Nun gilt (die zweite Klammer wird nacheinander mit den Summanden aus der ersten multipliziert)
2 2
2
2
1
2
1
−1 +
−
+ . . . = −1 +
−
+ . . . · −1 +
−
+ ... =
3n 4n2
3n 2n2
3n 2n2
34
2
2
2
2
1
2
1
4
1
4
5
+ 2 − 3 + ... −
+ 2 − 3 + ... + 2 − 3 + 4 + ... = 1 −
+ 2 + ...
3n 2n
3n 9n
3n 9n
5n
6n
2n
6n
4n
und damit
#
"
2
1
1
4
1
1
1
1
− 3 + ... + 2 1 −
(−1 + . . .) + . . . =
exp n · ln 1 +
= e 1−
+
+ ... +
n
2n 3n2
3n
4n
8n
48n3
1
11
7
= e 1−
+
−
+ ... .
2n 24n2
16n3
=1−
In den . . . sind nur Potenzen von 1/n ab 4 und größer enthalten. Bei n >> 1 ist 1/n4 << 1/n3 <<
1/n2 << 1/n; Potenzen ab 1/n4 seien künftig vernachlässigt. Damit entsteht eine Folge von immer
besseren (genaueren) Näherungsformeln:
n
1
≈ e
an = 1 +
n
n
1
1
an = 1 +
≈ e 1−
= bn
n
2n
n
1
1
11
≈ e 1−
= cn
an = 1 +
+
n
2n 24n2
n
1
7
1
11
an = 1 +
−
= dn
≈ e 1−
+
n
2n 24n2
16n3
Man erhält die folgenden Resultate:
n
1
10
100
1000
10000
100000
an
bn
cn
dn
2.00000000000000
2.59374246010000
2.70481382942153
2.71692393223589
2.71814592682523
2.71826823717450
1.35914091422952
2.58236773703609
2.70469041931675
2.71692268754482
2.71814591436762
2.71826823704990
2.60502008560659
2.59482652874986
2.70481500723389
2.71692393342399
2.71814592682641
2.71826823717449
1.41577178565575
2.59363728044991
2.70481381798559
2.71692393223474
2.71814592682523
2.71826823717449
Die Tabelle der Abweichungen zu an ist instruktiver:
n
1
10
100
1000
10000
100000
bn − an
cn − an
dn − an
-0.64085908577048
-0.01137472306391
-0.00012341010478
-0.00000124469108
-0.00000001245760
-0.00000000012459
0.60502008560659
0.00108406864986
0.00000117781236
0.00000000118809
0.00000000000119
-0.00000000000001
-0.58422821434425
-0.00010517965009
-0.00000001143594
-0.00000000000115
-0.00000000000000
-0.00000000000001
Die 1 rechts unten ist bereits ein Rundungsfehler.
Aus der Näherungsformel für bn erkennt man z. B., daß an (!) für n = 100 von e um etwa ein halbes
Prozent nach unten abweicht.
Hat man mehr Geduld (oder ein geeignetes Formelmanipulationsprogramm), so kann man die Darstellung
noch genauer machen:
11
7
2447
1
959
238043
an ≈ e · 1 −
+
−
+
−
+
+
.
.
.
2n 24n2
5760n4
2304n5
580608n6
16n3
Beispiel 14: Ein ähnlicher Grenzwert, etwas komplizierter:
lim
n→∞
3n2 + 7n − 11
3n2 − 6n2 − 4
2n − 3
Allgemein gilt für a > 0 die Formel a = eln a . Damit wird der Wert in der Klammer umgeformt. Er nähert
sich 1. Für den natürlichen Logarithmus nahe 1 hat man die Reihe
ln(1 + x)
=
x2
x3
x4
+
−
+ ... .
2
3
4
35
x−
In der Darstellung
3n2 + 7n − 11
3n2 − 6n2 − 4
2n − 3
3n2 + 7n − 11
= exp (2n − 3) · ln 2
3n − 6n2 − 4
wird jetzt der Exponent (das Argument von ’exp’) betrachtet. Zunächst ist (den Bruch durch 3n2 gekürzt)
1
7
11
3n2 + 7n − 11
·
.
=
1
+
−
2
4
3n 3n2
3n2 − 6n2 − 4
1− − 2
n 3n
Zähler und Nenner des Bruchs sind nahe 1; mit der Formel für die Potenzreihe des natürlichen Logarithmus
ln(1 + x) wird
6
3n2 + 7n − 11
11
4
7
−
ln
1
−
=
ln 2
−
−
=
ln
1
+
3n 3n2
3n 3n2
3n − 6n2 − 4
#
"
2
3
1 7
1 7
7
11
11
11
+
+ ... −
=
−
−
−
−
3n 3n2
2 3n 3n2
3 3n 3n2
"
#
2
3
2
1
1
4
2
4
2
4
− − − 2 −
+
+ ... =
− − 2
− − 2
n 3n
2
n 3n
3
n 3n
7
49
77
343
11
=
−
+
.
.
.
+
+
.
.
.
+
.
.
.
−
− 2 −
3n 3n
18n2
9n3
81n3
2
4
2
8
8
− − − 2 −
+
+
.
.
.
+
.
.
.
+
−
+
.
.
.
=
n 3n
n2
3n3
3n3
1
1 77 343 8 8
13
55
1468
1 7
11 49 4
+2 + 2 − −
+ +2 + 3
+
+ +
+... =
−
+
+...
=
2
n 3
n
3
18 3
n
9
81
3 3
3n 18n
81n3
Es soll letztlich die Asymptotik bis hin zu denjenigen Abweichungen ausgerechnet werden, die proportional
zu n−2 sind - schneller abnehmende Terme seien vernachlässigt. Da noch eine Multiplikation mit 2n − 3
ansteht ist zunächst auch die Potenz n−3 mitzunehmen.
Im Argument der Exponentialfunktion steht demzufolge
13
55
55
7357
1468
26 55 1468 13
26 172
(2n − 3)
−
−
+
+ 2 +... =
−
+
+
+
.
.
.
=
−
+... .
3n 18n2
162n3
3
9n 81n2
n
6n
3
9n
162n2
Ähnlich wie im vorigen Beispiel ist dann
7357
7357
26 172
172
26/3
−
+
+
exp
+ ... = e
· exp −
+ ... =
3
9n
162n2
9n
162n2
#
"
2
7357
1
172
172 36941
172
26/3
26/3
+
+ ... +
−
+ ... + ... = e
1−
+
+ ... .
= e
1+ −
9n
162n2
2
9n
9n
162n2
Der Grenzwert der betrachteten Folge ist mithin e26/3 = 5806.113 . . .; die weiteren Terme im obigen
Ausdruck beschreiben die Annäherung der Folge an diesen Limes. Bei n = 100 hat der Klammerausdruck
die Gestalt
172
36941
1−
+
= 1 − 0.191 + 0.023 .
900 1620000
In erster Näherung hat man also die Erkenntnis, daß das 100. Folgeglied vom Grenzwert etwa 19% nach
unten abweicht; genauer betrachtet kommt man auf rund 17 bzw. 16.8%.
Der wahre Folgewert ist 4817.439 = 5806.113 · (1 − 0.1703), die verbleibende Differenz zum vorigen Resultat resultiert aus den weggelassenen Termen mit 1/n3 usw..
Dieses Resultat kann rein rechnerisch überprüft werden und (mit gewissen Einschränkungen) sogar gewonnen! Die vorstehende umständliche Rechnung ist also ggfs. überflüssig und ersetzbar durch das ganz
’mechanische’ Auswerten von Zahlenresultaten. Das soll nachfolgend demonstriert werden:
Man berechnet eine gewisse Anzahl von Folgegliedern an . Bei Betrachtung des Ausdrucks für an erwartet
man einen Grenzwert der Gestalt ex und wegen der ganzzahligen Koeffizienten ist der Exponent sicher
eine rationale Zahl. Es lohnt sich jedenfalls, auch ln an zu ermitteln.
36
n
10
100
1 000
10 000
100 000
1 000 000
an
1250.551482
4817.438747
5696.463754
5795.030446
5805.003866
5806.002386
ln an
7.131340
8.479998
8.647601
8.664756
8.666476
8.666648
Der Grenzwert in der unteren Zeile ist vemutlich 8.6666666 . . . oder 8 23 = 26
3 , also ist A = limn→∞ an =
e26/3 .
Dividiert man nun die an durch dieses A und zieht man vom Quotienten 1 ab, so erhält man die relativen
Abweichungen:
n
100
1 000
10 000
100 000
1 000 000
an /A
0.8297183434
0.9811148034
0.9980911671
0.9998089117
0.9999808891
an /A − 1
-0.1702816566
-0.0188851966
-0.0019088329
-0.0001910883
-0.0000191109
n(an /A − 1)
-17.0282
-18.8852
-19.0883
-19.1088
-19.1109
Die Abweichungen verringern sich von Spalte zu Spalte auf etwa ein Zehntel, sie sind also (ungefähr)
indirekt proportional zu n. Der Proportionalitätsfaktor ergibt sich zu rund 19.111. Hieraus den Bruch
172/9=19.111111... zu rekonstruieren grenzt schon an Kaffeesatzlesen, aber immerhin bekommt man ein
recht ordentliches Resultat.
Addiert man nun 19.111/n zu n(an /A − 1), so folgt
n
100
1 000
10 000
100 000
1 000 000
n(an /A − 1) + 19.111
n[n(an /A − 1) + 19.111]
2.08283
208.28343
0.22580
225.80340
0.02267
226.70659
0.00217
216.89832
0.00012
116.90708
Die Werte in der unteren Zeile scheinen sich zunächst zu stabilisieren, der letzte aber tanzt wieder aus der
Reihe. Ursache hierfür ist einerseits der nicht exakte Koeffizient 19.111 und andererseits der Umstand,
daß bei den hier auftretenden sehr geringen Differenzen (die anschließend mit dem großen Wert n2 multipliziert werden!) die unvermeidlichen Rundungsfehler bereits einen merklichen Einfluß haben.
Der letzte Wert ist also zu verwerfen; schätzt man den Grenzwert aus der letzten Zeile zu 225, so bekommt
man die Näherungsformel
19.111 225
an ≈ e26/3 · 1 −
+ 2 .
n
n
Immerhin kann man mit dem Schätzwert 225 doch den berechneten Quotienten 36941/162 = 228.031 als
gewiß richtig bestätigen.
Beispiel 15:
√
√
Die in den Vorlesungen oder Übungen regelmäßig zitierte Nullfolge
√ an = √ n + 1 − n wird üblicherweise
umgeformt, indem man sie als Bruch schreibt und diesen mit n + 1 + n erweitert:
√
√
√
√ √
√
√
√
n+1− n
( n + 1 − n)( n + 1 + n)
(n + 1) − n
1
√
n+1− n =
=
= √
√
√ = √
√ .
1
n+1+ n
n+1+ n
n+1+ n
In der letzten Form erkennt man unschwer, daß es sich bei an um eine Nullfolge handelt. Man kann
noch mehr ablesen: √
Für große Werte von n läßt sich die 1 im Nenner vernachlässigen und man erhält die
Näherung an ≈ 1/2 n.
Die durchgeführte
hatte primär das Ziel, die Berechnung der Differenz zu ermöglichen, die
√ Umformung
√
in der Gestalt n + 1 − n nicht möglich ist.
Mit Hilfe der Taylor - Formel kann man Funktionsausdrücke in (Näherungs-)Polynome (oder Potenzeihen)
verwandeln, die sich bequem kombinieren lassen, z. B. voneinander abziehen:
s !
r
√
√
√
√
√
1
1
1
1
1
n + 1− n =
n 1+
− n = n
1+ −1 = n 1+
−
+
+ ... − 1 =
n
n
2n 8n2
16n3
1
1
1
− 3/2 +
+ ... .
1/2
2n
8n
16n5/2
Hierbei wurde von der für |x| ≤ 1 gültigen binomischen Reihe
=
√
1+x
=
1+
x3
x x2
−
+
+ ...
2
8
16
ausgegangen.
Man bekommt umgehend Näherungsformeln beliebigen Genauigkeitsgrades.
37
Beispiel 4: Es ähnelt dem vorigen:
an
2n −
=
p
3
8n3 − 5n2 .
Zur ’klassischen’ Berechnung wird diesmal statt der 3. binomischen Formel die Beziehung
a3 − b3
a−b
a2 + ab + b2
=
(a 6= b)
benutzt. Sie resultiert leicht aus der bekannten Summenformel für die geometrische Folge.
Es sei q = a/b 6= 1, dann ist bekanntlich
1+q+q
2
q3 − 1
=
q−1
=⇒
a a 2
1+ +
=
b
b
a 3
−1
b
a
−
1
b
.
Nach Multiplikation beider
Seiten dieser Beziehung mit b2 erhält man die obige Formel.
√
3
Sei nun a = 2n und b = 8n3 − 5n2 , so wird
p
√
√
√
p
(2n − 3 8n3 − 5n2 ) · (4n2 + 2n 3 8n3 − 5n2 + 3 (8n3 − 5n2 )2 )
2n − 3 8n3 − 5n2
3
3
2
p
√
2n− 8n − 5n =
=
=
1
4n2 + 2n 3 8n3 − 5n2 + 3 (8n3 − 5n2 )2
=
5n2
8n3 − (8n3 − 5n2 )
p
p
√
√
=
=
3
3
4n2 + 2n 8n3 − 5n2 + 3 (8n3 − 5n2 )2
4n2 + 2n 8n3 − 5n2 + 3 (8n3 − 5n2 )2
=
5
5
p
p
−→n→∞
.
12
4 + 2 3 8 − 5/n + 3 (8 − 5/n)2
Die Verwendung der Taylor - Formel erspart das Erkennen einer geeigneten Umformung und liefert obendrein eine Asymptotik, die die Geschwindigkeit der Annäherung beschreibt. Jetzt basiert die Rechnung
auf der binomischen Reihe
√
x x2
5x3
3
1+x = 1+ −
+
+ ... .
3
9
81
Man erhält
s
!
r
p
5
5
3
3
2n − 8n3 − 5n2 = 2n − 3 8n3 1 −
=
= 2n 1 − 1 −
8n
8n
5
25
625
5
25
625
= 2n 1 − 1 −
−
−
+
.
.
.
=
+
+
+ ... .
2
3
24n 576n
41472n
12 288n 20736n2
Allgemein gilt: Voraussetzung dieser Rechenweise ist, daß sich an in Summen von natürlichen Potenzen
von 1/n zerlegen läßt. Das ist gleichbedeutend mit der Existenz eines Taylor - Polynoms in der MacLaurin
- Form bezüglich x = 1/n.
5.2. Regel von l’Hospital
Zur Analyse von limx→∞ f (x) kann man die Techniken zur Ermittlung des Grenzwertes von Funktionen
anwenden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist hierbei die Regel von l’Hospital.
Besondere Ausführungen hierzu sind nicht nötig, es seien nur zwei bekannte Grenzwerte in einer speziellen
Variante nachvollzogen.
Beispiel 16:
a2 n2 + a1 n + a0
lim
,
a2 · b2 6= 0 .
n→∞ b2 n2 + b1 n + n0
Statt der Folge wird die Funktion
f (x)
=
a2 x2 + a1 x + a0
b2 x2 + b1 x + n0
betrachtet. Bei x → ∞ hat man es mit einem Grenzwert des Typs ∞ : ∞ zu tun, der (meist) erfolgreich
mit der Regel von l’Hospital behandelt werden kann. Im vorliegenden Fall muß sie zweimal angewandt
werden:
a2 x2 + a1 x + a0
2a2 x + a1
2a2
a2
lim
= lim
= lim
=
.
2
x→∞ b2 x + b1 x + n0
x→∞ 2b2 x + b1
x→∞ 2b2
b2
38
Beispiel 17:
lim
n→∞
√
n
n = lim e(ln n)/n = lim e(ln x)/x = elimx→∞ (ln x)/x = elimx→∞ (1/x)/1 = e0 = 1
n→∞
x→∞
5.3. Integralsummen
Die Funktion f (x) sei auf dem Abschnitt [a, b] definiert und stetig, dann gilt
Z b
n−1 b−a X
(b − a)k
lim
f a+
=
f (x) dx .
n→∞
n
n
a
k=0
Diese Formel muß nicht kompliziert begründet werden: Unter der Voraussetzung der Stetigkeit von f (x)
existiert das rechts stehende Riemann - Integral und ist der Grenzwert der Summe über jede sich unbegrenzt verfeinernde Unterteilung des Abschnitts, also speziell die angegebene.
Ergänzt oder verringert man diese Summe um eine feste Anzahl von endlich vielen Summanden, so ändert
dies wegen des gegen Null gehenden Vorfaktors (b − a)/n den Grenzwert nicht, man kann also ebenso
n
n
X
X
(b − a)k
(b − a)k
oder
usw.
f a+
f a+
n
n
k=1
k=0
betrachten.
Beispiel 18:
n
1 X
k
n→∞ n2
lim
k=1
Dieser Grenzwert kann problemlos mit ’klassischen’ Formeln berechnet werden, indem man für die Summe
ihren bekannten Formelausdruck einsetzt:
n
1 X
1 n(n + 1)
n+1
1
lim 2
k = lim 2 ·
= lim
=
.
n→∞ n
n→∞ n
n→∞ 2n
2
2
k=1
Mit Hilfe einer Integralsumme läßt sich dasselbe Ergebnis gewinnen: Sei a = 0, b = 1 und schreibt man
für k/n den Ausdruck 0 + (1 − 0)k/n, so wird mit der Funktion f (x) = x
1
Z 1
n
n
n 1 X
1Xk
1−0 X
12 02
1
(1 − 0)k
x2 lim 2
k = lim
= lim
=
−
= .
0+
=
x dx =
n→∞ n
n→∞ n
n→∞
n
n
n
2
2
2
2
0
0
k=1
k=1
k=1
Beispiel 19:
lim
n→∞
n
1 X√
n3/2
k
k=1
Im vorigen Beispiel war die Methode der Integralsumme möglich, aber nicht notwendig, da es für die
Summe √einen geschlossenen Formelausdruck gab. Hier fehlt dieser und nun kommt man nicht umhin,
f (x) = x zu setzen:
r
Z 1
n
n r
n
√
1 X√
1X k
1−0 X
(1 − 0)k
lim 3/2
k = lim
0+
x dx =
= lim
=
n→∞ n
n→∞ n
n→∞
n
n
n
0
k=1
k=1
k=1
1
2x3/2 2 · 13/2
2 · 03/2
2
=
=
−
= .
3 0
3
3
3
Dieser Grenzwert liefert eine Näherungsformel für die Summe der Wurzeln. Für große Werte von n ist
n
1 X√
n3/2
k ≈
k=1
2
3
=⇒
n √
X
k ≈
k=1
2n3/2
.
3
Man erhält die folgenden konkreten Werte:
1
n3/2
n
Pn
1
√
k=1
3/2
2n
3
k
10
100
1.00000 0.71051 0.67146
1000
0.66716
0.667
21.082
666.667 21081.851
1.000
22.468
671.463 21097.456
Differenz
−0.333
−1.386
−4.796
−15.605
Verhältnis
0.66667 0.93829 0.99286
39
0.99926
Pn
k=1
√
k
Wie man sieht liefert die vorstehende Formel keine Näherung in dem Sinne, daß die Differenz
n √
X
2n3/2
k
−
3
k=1
mit wachsendem n kleiner wird - sie nimmt im Gegenteil zu und geht offenbar gegen Unendlich.
’Näherung’ bedeutet hier die Verringerung der relativen Abweichung und das trifft zu, da das Verhältnis
n √
X
2n3/2
k
:
3
k=1
erkennbar gegen 1 konvergiert.
Beispiel 20:
Es soll ein möglicher Zugang zu der nützlichen Formel von Stirling
n!
≈
√
2πn · nn · e−n
oder, exakt formuliert,
lim √
n→∞
n!
= 1
2πn · nn · e−n
angedeutet werden.
Eine wesentlich genauere (und dank tieferer Theorie auch elegantere) Herleitung findet man z. B. im
zweiten Band des Lehrgangs der Differential- und Integralrechnung von G. M. Fichtenholz.
Betrachten wir
"
#
n
n
n
n
X
X
X
1X k
k
= n ln n +
ln
.
ln(n!) =
ln k = n · ln n +
(ln k − ln n) = n · ln n +
ln
n
n
n
k=1
k=1
k=1
k=1
Den hinteren Ausdruck in der eckigen Klammer kann man für große Werte von n näherungsweise ersetzen
durch
Z 1
n
1X k
1
ln
≈
ln x dx = (x ln x − x)|0 .
n
n
0
k=1
Es resultiert ein uneigentliches Integral, denn der Integrand ist in x = 0 unstetig. Man muß also eine
positive untere Grenze a einsetzen und diese gegen Null streben lassen. Dabei kann man auf den Grenzwert
von (ln n)/n zurückgreifen. Jedenfalls resultiert für das Integral der Wert -1 und insgesamt wird
ln(n!) ≈ n [ln n − 1] ,
also
n! ≈ exp (n [ln n − 1]) = en·ln n−n = (eln n )n · e−n = nn · e−n .
√
Die Herleitung war sehr grob. Im Resultat fehlt noch der langsam wachsende Faktor 2πn, zu dessen
Gewinnung die Annäherung der Summe durch das Integral genauer zu untersuchen wäre. Der Faktor
(n/e)n , der das extrem schnelle Wachstum der Fakultät wesentlich beschreibt, ist aber gewonnen.
40
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