Pränataldiagnostik Die meisten Kinder kommen gesund zur Welt und fast alle Schwangerschaften verlaufen normal. Im Rahmen der gesetzlichen Mutter-Kind-Paß (MKP) Untersuchungen sind nur BasisUltraschalluntersuchungen vorgesehen, die die allgemeine Entwicklung und das Wachstum des ungeborenen Kindes kontrollieren. Diese haben nicht die Aufgabe, die Frage von Organfehlbildungen oder genetischen Erkrankungen wie etwa Chromosomenstörungen zu klären. Meistens kann die spezielle Pränataldiagnostik zur Beruhigung der werdenden Eltern beitragen. Im Falle einer diagnostizierten Fehlbildung kann der weitere Verlauf durch die Schwangere/das Paar beeinflußt werden, und das betreuende medizinische Team kann den Ausgang der Schwangerschaft durch intensivere Kontrollen und die Geburt des Kindes an einem spezialisierten Zentrum optimieren. Es ist hinlänglich bewiesen, dass die Pränatale Diagnose zu einer Verbesserung des „Outcome“ führt. Diese Untersuchungen auf Fehlbildungen und Chromosomenanomalien erfolgen durch spezialisierte Ultraschalluntersuchungen, nämlich das Ersttrimesterscreening bzw. den Combined-Test sowie das Organscreening. Interdisziplinäre Zusammenarbeit Spezifische Erkrankungen brauchen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener ExpertInnen. Als leitende Oberärztin für Geburtshilfe und Pränatalmedizin an der Universitätsfrauenklinik Salzburg habe ich die Möglichkeit, Sie im Falle einer Problemschwangerschaft am Zentrum weiter zu betreuen und entsprechende Kooperationen mit Experten aus anderen Fachdisziplinen aufzubauen. Ersttrimesterscreening – Combinedtest – Präeklampsiescreening Zwischen der 12. Schwangerschaftswoche (11+0) und der 14. Schwangerschaftswoche (13+6) ist es möglich, eine Reihe, sehr spezieller Untersuchungen durchzuführen. Basis dieser ist das sogenannte ERSTTRIMESTERSCREENING (früher auch Nackenfaltenmessung), bei dem das Baby erstmalig „von Kopf bis Fuß“ genau untersucht werden kann. Bei der Nackenfalte handelt es sich um eine umschriebene Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Kindes, welche bei allen Kindern zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche vorhanden und messbar ist. Abhängig von der Schwangerschaftswoche kann eine erhöhte Nackenfaltendicke ein Hinweis auf eine organische kindliche Fehlbildung oder eine chromosomale Erkrankung (z. B. Down- Syndrom) sein. Zusätzlich kann die Darstellbarkeit des Nasenbeins, der Blutfluss über der rechten Herzklappe („Trikuspidalklappe“) und das Flussmuster im Abschnitt der Nabelvene („Ductus venosus“), welche im Bauch des Kindes verläuft, uns noch genauere Information liefern. Grobe Auffälligkeiten können so schon sehr früh ausgeschlossen werden. Zudem kann eine Risikoeinschätzung bezüglich schwerer genetischer Störungen (Down Syndrom, Trisomien) getroffen werden. Fügt man dieser Untersuchung noch das Ergebnis von zwei mütterlichen Blutwerten (freies ß – HCG und PAPP-A) hinzu, so spricht man vom COMBINEDTEST. Hier wird die Risikoeinschätzung bezüglich Trisomien noch einmal etwas genauer. Wird noch ein mütterlicher Blutwert hinzugenommen (PLGF: Placental Growth Factor), so kann man in Kombination mit einer Ultraschalluntersuchung der Gefäße der Gebärmutter und vom mütterlichen Blutdruck einschätzen, wie hoch das Risiko der Schwangeren auf eine sogenannte „Schwangerschaftsvergiftung“ ist. Dies wird im Fachausdruck als PRÄEKLAMPSIESCREENING bezeichnet. Zur individuellen Risikoberechnung für Chromosomenstörungen können folgende Parameter herangezogen werden: Alter der Mutter Größe des Kindes Dicke der Nackenfalte Vorhandensein oder Fehlen des Nasenbeins Vorhandensein von Auffälligkeiten Trikuspidalklappenfluss und fetale Herzfrequenz Ductus venosus mütterliche Blutabnahme für freies ß – HCG und PAPP-A (= Combined Test) Am Ende des Ersttrimesterscreenings bzw. Combined Test steht eine Risikoverhältniszahl. Ein niedriges Risiko bzw. ein unauffälliges Ersttrimesterscreening ist keine Garantie für ein gesundes Kind, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch. Die Blutwertanalyse für den Combined Test bzw. das Präeklampsierisiko erfolgt in Zusammenarbeit mit dem medizinischen Labor Dr. Mustafa – Dr. Richter (www.medilab.at). Um die Ergebnisse so genau wie möglich zu bekommen, müssen Sie vor der Ultraschalluntersuchung zur Blutabnahme direkt in das Labor gehen. Praeeklampsiescreening Wird den Blutwerten des COMBINEDTEST noch ein weiterer mütterlicher Blutwert hinzugefügt (PLGF) so kann man in Kombination mit einer Untersuchung der Gefäße der Gebärmutter und vom mütterlichen Blutdruck einschätzen, wie hoch das Risiko der Schwangeren auf eine sogenannte „Schwangerschaftsvergiftung“ ist. Dies wird im Fachausdruck als PRAEEKLAMPSIESCREENING (früher auch „Gestose“) bezeichnet. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass dem Mutterkuchen (der Plazenta) eine zentrale Rolle in der Entwicklung von Schwangerschaftskomplikationen zukommt. Man weiß, dass die Entwicklung des Mutterkuchens in zwei großen Schritten stattfindet. Wenn der zweite Schritt nicht optimal verläuft, so steigt das Risiko an, im weiteren Verlauf der Schwangerschaft ernste Erkrankungen wie Bluthochdruck, Eiweißverlust, Ödembildung und eine Mangelversorgung des Kindes zu entwickeln. Die Einnahme von niedrig dosiertem ASPIRIN® vor der 16. Schwangerschaftswoche kann das Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie deutlich vermindern. Nun kann man natürlich nicht jeder schwangeren Frau ASPIRIN® empfehlen. Nur Frauen mit einem erhöhten Risiko profitieren von einer Einnahme. Ob ein erhöhtes Risiko vorliegt oder nicht, kann beim PRAEEKLAMPSIESCREENING herausgefunden werden. Dazu werden die Gefäße, welche die Gebärmutter mit Blut versorgen mittels einer Ultraschallmessung (sog. Dopplersonografie) untersucht. Eine Kombination dieser Untersuchung mit der individuellen Vorgeschichte der Schwangeren, deren Blutdruck und spezifischen Blutwerten, welche vom Mutterkuchen gebildet werden (freies ß – HCG, PAPP- A, PLGF) erlaubt die Einschätzung, ob die werdende Mutter ein erhöhtes Präeklampsierisiko hat oder nicht. Im Falle einer Erhöhung kann rechtzeitig mit der Einnahme von ASPIRIN® begonnen und so das erhöhte Risiko für eine Schwangerschaftserkrankung gesenkt werden. NIPT: HarmonyTM Prenatal Test von Ariosa Diagnostics Die neueste pränataldiagnostische Untersuchung ist die nicht invasive Pränataldiagnostik (NIPT). Hier wird Erbinformation des Kindes, welche im Blutkreislauf der Mutter „schwimmt“ durch hochkomplizierte Methoden gesammelt. Damit wird eine genetische Untersuchung des ungeborenen Kindes erstmals durch eine simple Blutabnahme bei der Schwangeren möglich, ohne das Kind durch eine Punktion (Fruchtwasseruntersuchung/Mutterkuchenuntersuchung) zu gefährden. Derzeit können allerdings nur wenige Chromosomenstörungen (Trisomie 21, Trisomie 13, Trisomie 18 und Geschlechtschromosomenstörungen) mit dieser Methode untersucht werden. Dies stellt einen erheblichen Unterschied zur klassischen Fruchtwasseruntersuchung oder der Mutterkuchenprobe dar. Bei einem auffälligen Ergebnis von NIPT muss zur Bestätigung noch eine Punktion durchgeführt werden. Ein unauffälliges Ergebnis schließt eine Trisomie 21 praktisch aus. Für die Trisomien 13 und 18 ist der Test derzeit noch minimal weniger genau. Organscreening Bei dieser Ultraschalluntersuchung in der 20-24 Schwangerschaftswoche (SSW) wird besonderes Augenmerk auf die genaue Untersuchung der kindlichen Organe gelegt. Die allermeisten Kinder kommen gesund und ohne (angeborene) Probleme zur Welt. Es gibt aber Erkrankungen des wachsenden Kindes, vor allem Herzfehler, deren Kenntnis (vor der Geburt) in hohem Masse zu einer Verbesserung der Versorgung des Kindes beiträgt. Liegt eine Fehlbildung vor, erlaubt deren Kenntnis eine bessere Geburtsplanung, die ggf. notwendige Entbindung in einem Spezialkrankenhaus oder ermöglicht notwendige diagnostische / therapeutische Schritte (Fruchtwasser- oder Nabelschnurpunktion, Beiziehen eines Kinderchirurgen, oder Herzspezialisten). Auch wenn ein unauffälliges Organscreening keine Garantie auf ein gesundes Kind ist, so trägt es sehr zur Beruhigung der werdenden Eltern bei. Nicht alle Kinder zeigen bei einer Untersuchung alle Strukturen optimal und so kann es sein, dass aufgrund der Kindslage nur eine eingeschränkte oder unvollständige Aussage zu machen ist und wir Ihnen eine Kontrolluntersuchung empfehlen müssen. Weitere Situationen, wo nur eine eingeschränkte Aussagekraft der Untersuchung gegeben ist, können eine stark schallabsorbierende mütterliche Bauchdecke sein, was bei Übergewicht der Fall sein kann. Wir klären Sie natürlich auch über etwaige Einschränkungen in der Aussagekraft der Untersuchung auf. Manche Erkrankungen oder Auffälligkeiten entwickeln sich auch erst im Laufe der Schwangerschaft. Das kann erklären, warum auch bei einem unauffälligen Organscreening später in der Schwangerschaft oder nach der Geburt Auffälligkeiten vorhanden sein können. Dopplersonografie Die Dopplersonografie ermöglicht Untersuchungen der Durchblutung und damit der Versorgung des Mutterkuchens und des Kindes. Es hat sich gezeigt, dass sie vor allem bei Risikoschwangerschaften zur Überwachung der kindlichen Versorgung von Nutzen ist, deshalb sollte sie auch vor allem hier zum Einsatz kommen. Die Doppleruntersuchung ermöglicht mit Hilfe spezieller Ultraschall-Technologie eine Beurteilung der Blutflussqualität in Blutgefäßen des mütterlichen und kindlichen Kreislaufs. Diese lassen Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf der Schwangerschaft zu. Die Dopplersonografie zeigt vor allem in der Gruppe der sogenannten Risikoschwangerschaften ihre Wirkung in der Vermeidung von kindlicher Mangelversorgung und der Verhinderung von vorgeburtlichen kindlichen Todesfällen. Wachstumsschall – Fetal Wellbeing Scan Während des mittleren und letzten Drittels der Schwangerschaft kann ein Ultraschall zur Bestätigung des kindlichen Normalzustandes gemacht werden. Neben der Abmessung des kindlichen Kopfes, Bauches und Oberschenkelknochens werden die Fruchtwassermenge und die Durchblutung der Nabelschnur und der Gehirnarterien untersucht. Ziel ist die Bestätigung des Normalbefundes. 3D/4D-Ultraschall 3D und 4D Untersuchungen sind meistens vor allem ein Erlebnis für das werdende Elternpaar („Babyfernsehen“) und nur bei Spezialfragestellungen in der Hand von Spezialisten haben sie zunehmend größere diagnostische Bedeutung. 3D Moderne Ultraschallgeräte bieten die Möglichkeit einer dreidimensionalen Darstellung von Untersuchungen. Was den diagnostischen Wert angeht, sind diese Untersuchungen meistens nicht der zweidimensionalen Ultraschalluntersuchung überlegen, allerdings hat man mit der 3 D Sonografie die Möglichkeit, sein zukünftiges Baby eindrucksvoll zu sehen. Voraussetzungen für ein schönes 3 D Photo sind allerdings entsprechend gute Schallbedingungen und eine gewisse „Kooperation“ des Kindes (es sollte optimalerweise in Richtung des Schallkopfes schauen und vor dem Gesicht sollte Fruchtwasser sein). Einen reine 3 D Darstellung des Babys sollte nicht mit einem Organscreening oder einer Fehlbildungsdiagnostik verwechselt werden, da es sich bei der 3 D Darstellung um reines „Babyfernsehen“ handelt. 4D Die 4 D Untersuchung ist von der diagnostischen Wertigkeit der 3 D Untersuchung gleichzustellen. Allerdings wird die 4. Dimension (= Zeit) noch ergänzt und so kann man bewegte Bilder des Babys erhalten, also einen ersten Film des Kindes. Diagnostisch bleibt diese Untersuchung auch sehr speziellen Fragestellungen vorbehalten. Zusammenfassend muss man also klarstellen: 2 D ist gut für die Diagnostik, aber 3 D und 4 D sind nicht „besser“ und „am besten“, sondern ein Erlebnis für das werdende Elternpaar und nur bei ganz wenigen Spezialfragestellungen in der Hand von Spezialisten von größerer diagnostischen Wertigkeit. Fetale Echocardiografie – die vorgeburtliche Herzuntersuchung Die Untersuchung des kindlichen Herzens ist ein zentraler Punkt der speziellen Ultraschalluntersuchungen. Das Herz und die zu und abführenden großen Gefäße werden systematisch analysiert. Auch der Blutfluss im Herzen wird zur Darstellung gebracht. Das kindliche Herz entwickelt sich in einem hoch komplexen Faltprozeß aus einen zunächst vom Kopf zum Steiss ziehenden Blutgefäss. Dieser Entwicklungsprozeß ist nach der 7. Schwangerschaftswoche weitgehend abgeschlossen. Von da an beginnt der Feinausbau und das Wachstum des Herzens. Aufgrund der komplizierten Entwicklung des Herzens sind angeborene Herzfehler eine sehr häufige Fehlbildung. Bei weitem nicht alle angeborenen Herzfehler müssen im weiteren Leben des Kindes eine Bedeutung haben. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass das Erkennen von kindlichen Herzfehlern vor der Geburt sehr positive Auswirkungen auf das weitere (Über)leben des Kindes haben. Invasive Pränataldiagnostik - Punktionen Um die größtmögliche Gewissheit über eine genetische Erkrankung des Kindes zu haben, oder eine solche möglichst sicher ausschließen zu können, muss Erbinformation des Kindes gewonnen werden. Bei der Chorionzottenbiopsie (Mutterkuchenpunktion) werden ab 11+0 Schwangerschaftswochen unter Ultraschallsicht Plazentazotten mittels Nadel über die Bauchdecke oder den Gebärmutterhals gewonnen. Bei der Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) wird ab 15+0 Schwangerschaftswochen unter Ultraschallsicht Fruchtwasser mittels einer dünnen Nadel aus der kindlichen Fruchthöhle abgesaugt. Die so gewonnen Zellen können dann in einem genetischen Labor analysiert werden. Die Zeit bis zur vollständigen Auswertung einer Chromosomenanalyse beträgt etwa zwei Wochen. Ein Schnelltest gibt aber schon nach 2-3 Tagen Auskunft über das Vorliegen der häufigsten Chromosomenstörungen. Das Ergebnis wird in Form eines beratenden Gesprächs mitgeteilt. Gewisse Fragestellungen können nur invasiv, das heißt mit einer Punktion geklärt werden. Dabei besteht ein rund 1%iges Risiko einer Fehlgeburt. Daher muss vor allem von den werdenden Eltern sehr gut überlegt werden, ob sie diese Untersuchungen machen lassen