Laplace-Operatoren auf Quantengraphen

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Fakultät für Mathematik
Professur für Analysis
Diplomarbeit
Laplace-Operatoren auf Quantengraphen
Carsten Schubert
Chemnitz, den 13. November 2006
Betreuer:
Prof. Peter Stollmann
PD Daniel Lenz
Carsten, Schubert
Laplace-Operatoren auf Quantengraphen
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
Aufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 Gemischte Grundlagen
1
3
1.1
Beschränkte und unbeschränkte lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.2
l2 -Summe
von Hilberträumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.3
Sesquilinearformen und quadratische Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.4
Lp -, Sobolevräume und ihre Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2 Definition von Quantengraphen
13
2.1
Metrische Graphen als Topologischer Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.2
Eine Metrik auf Metrische Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.3
Weitere Eigenschaften Metrischer Graphen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
2.4
Funktionen auf Quantengraphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
31
3.1
Knoten-Randbedingungen für den Laplace-Operator . . . . . . . . . . . . . .
31
3.2
Kirchhoff Knoten-Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.3
Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator . . . . . . . . . . .
39
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
50
4.1
Selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen . . .
50
4.2
Beispiele für Knoten-Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
4.3
Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Auswertung
68
Selbstständigkeitserklärung
69
Literaturverzeichnis
70
i
ii
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
In vielen Gebieten der Forschung werden für die fortwährenden Entwicklung neuer Techniken
und Verfahren auch neue Modelle benötigt. Es stellte sich heraus, dass neben den normalen
diskreten Graphen auch eine Art kontinuierlicher Graphen von Interesse ist. Dies sind Graphen, bei denen nicht nur die Knoten, sondern auch alle Punkte “auf den Kanten” wichtig
sind, und welche metrische Graphen genannt werden.
Dabei wird meistens - je nach Anwendung - nur ein spezieller Graph behandelt, und es
werden vereinfachte, angepasste Notationen verwendet, die auf anderen Klassen von Graphen
nicht benutzbar sind. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit eine Schreibweise entwickelt, die
allgemein ist und keine einschränkenden Anforderungen an die Graphen stellt. Unter anderem
sollen unendliche Graphen, unendlich lange Kanten, mehrfache Kanten und Schlaufen erlaubt
sein.
Um Funktionen und Funktionenräume auf diesen Graphen studieren zu können, sind gewisse Einschränkungen an den Graphen nötig. Werden dann Differentialoperatoren auf ihnen
betrachtet, werden sie als Quantengraphen bezeichnet.
Hier wird dies am Falle des negativen Laplace-Operators vorgestellt. Es wird beschrieben,
welche Anforderungen an Randbedingungen in den Knoten gestellt werden müssen, damit
diese die Selbstadjungiertheit des Operators gewähren. Mit Hilfe dieser Randbedingungen
werden dann erste spektrale Eigenschaften aufgezeigt.
Aufteilung
Das erste Kapitel beinhaltet notwendige Grundlagen, die noch nichts mit Quantengraphen
zu tun haben, aber für den Rest der Arbeit notwendig sind. Dies sind Eigenschaften unbeschränkter linearer Operatoren, die l2 -Summe von Hilberträumen als Grundlage für die
Funktionenräume über Quantengraphen, Sesquiliniearformen, quadratische Formen mit assoziiertem Operator und die Lp - und Sobolevräume mit einigen Eigenschaften.
Im zweiten Kapitel werden metrische Graphen unter dem Ziel eingeführt, dabei so allgemein
wie möglich zu bleiben. Bei deren anschließender Untersuchung auf topologische Eigenschaften
stellen sich bestimmte Einschränkungen als sinnvoll heraus, welche dann die Quantengraphen
definieren. Hier werden auch Funktionenräume über metrische Graphen und Quantengraphen
von Lp - bzw. Sobolevräumen über reellen Intervallen abgeleitet.
Damit sind alle notwendigen Voraussetzungen für Differentialoperatoren geschaffen. Das
1
2
Einleitung
dritte Kapitel beschäftigt sich mit Knoten-Randbedingungen für den negativen LaplaceOperator. Über quadratische Formen wird dann für endliche Quantengraphen bewiesen, dass
die Randbedingungen die Selbstadjungiertheit des Operators gewähren.
Unendliche Quantengraphen werden im vierten Kapitel behandelt. Mit Annahmen, die sich
aus der Beweisführung des endlichen Falls ergeben, wird das selbe Resultat mit den selben
Randbedingungen auch in diesem Fall gewonnen. Die bekannten Dirichlet-, Neumann- und
Kirchhoff-Randbedingungen werden in der hier verwendeten Form angegeben. Zuletzt werden
erste spektrale Eigenschaften behandelt.
1 Gemischte Grundlagen
Bevor mit der Definition von Quantengraphen begonnen werden kann, werden einige Grundlagen erwähnt oder bewiesen. Als erstes geht es um Differentialoperatoren und deren Spektrum.
Es wird gezeigt, dass diese unbeschränkt sind und ein Kriterium angegeben um Punkte im
Spektrum zu finden.
1.1 Beschränkte und unbeschränkte lineare Operatoren
Eine wichtige Unterscheidung von Operatoren ist die in beschränkte und unbeschränkte Operatoren.
Definition 1.1.1. Sei T ein linearer Operator, der aus dem normierten Raum (E, k · kE )
in den normierten Raum (F, k · kF ) abbildet mit Definitionsbereich D(T ) ⊂ T . Dann heißt
T beschränkt, falls ein c > 0 existiert, mit kT xkF ≤ ckxkE ∀ x ∈ D(T ). Wenn T nicht
beschränkt ist, dann heißt T unbeschränkt.
Funktionen auf einen Quantengraphen bilden die Intervalle (0, l) der reellen Zahlen in die
komplexen Zahlen ab. Auf diese Funktionen werden oft Differentialoperatoren angewendet
und diese sind meist unbeschränkt, wie folgendes Beispiel zeigt.
Beispiel 1.1.2. Sei der Funktionenraum L2 (0, l) aller quadratintegrierbaren Funktionen auf
(0, l) in die komplexen Zahlen gegeben und bezeichne ∇ den Differentialoperator der ersten Ableitung und −∆ den negativen Laplace-Operator, beide über dem Definitionsbereich
C ∞ (0, l) - den unendlich oft differenzierbaren Funktionen über (0, l). Angewendet werden
diese auf die Funktionen fn (x) = e−inx für x ∈ (0, l) und n ∈ N. Klar ist, dass fn in L2 (0, l)
enthalten ist, da
kfn k2L2 (0,l) =
Z
Z
|fn |2 dx =
(0,l)
1dx = l
(0,l)
endlich ist. Als Exponentialfunktionen liegen diese auch in C ∞ (0, l). Im Gegensatz zu den
Normen von fn hängen die Normen von ∇fn und −∆fn von n ab. Denn k∇fn k2L2 (0,l) ist
gleich
Z
| − ine−inx |2 dx =
(0,l)
und
k−
∆fn k2L2 (0,l)
Z
n2 dx = n2 l
(0,l)
Z
2
Z
| − ∆fn (x)| dx =
=
(0,l)
|n2 e−inx |2 dx = n4 l.
(0,l)
3
4
1 Gemischte Grundlagen
Damit gibt es für jedes c > 0 ein n1 bzw. n2 ∈ N, so dass k∇fn1 k > c kfn1 k bzw. k − ∆fn2 k >
√
c kfn2 k. Für n1 muss n1 > c gelten und für n2 reicht die Beziehung n2 > c aus. Also sind ∇
und −∆ auf C ∞ (0, l) unbeschränkte Operatoren.
Definition 1.1.3. Sei E ein normierten Raum E über dem Körper K und T : E → E,
D(T ) ⊂ E ein linearer Operator. Die Menge ρ(T ):= {λ ∈ K | (T − λI) ist invertierbar und
(T − λI)−1 ist beschränkt} heißt die Resolventenmenge und deren Komplement σ(T ):=
K \ ρ(T ) das Spektrum von T.
Die Spektraltheorie untersucht das Spektrum von Operatoren. Es geht darum, das Spektrum zu charakterisieren. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein bestimmter
Punkt im Spektrum liegt, wie sieht es in dessen Umgebung aus? Ein wichtiges Kriterium,
um die Beschränktheit und Existenz des inversen Operators zu überprüfen wird im folgenden
angegeben. Wenn dieses für einen Operator (T − λI) nicht erfüllt wird, liegt der zugehörige
Punkt λ im Spektrum von T . Dazu werden zwei allgemeine Sätze über beschränkte Operatoren angegeben.
Hilfssatz 1.1.4. Sind E und F normierte Räume und T : E → F , D(T ) = E ein linearer
Operator, so sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) T ist beschränkt,
(ii) T ist gleichmäßig stetig,
(iii) T ist stetig in 0.
Beweis. Aus der Beschränktheit und der Linearität von T folgt für x − y ∈ E:
kT x − T yk ≤ ckx − yk,
also die gleichmäßige Stetigkeit von T , da x − y ∈ E für alle x, y ∈ E. Aus der gleichmäßigen
Stetigkeit folgt die Stetigkeit und damit auch diese in 0. Aus der Definition der Stetigkeit im
Punkt Null, folgt für = 1, die Existenz eines δ > 0 mit kT (x − 0)k = kT xk ≤ 1 für alle x
mit kx − 0k ≤ δ. Für ein beliebiges x ∈ E \ {0} ergibt sich:
kxk 1
δkxk
δ
kT xk = T δ kxk x = δ T kxk x ≤ δ kxk,
δ δ
da T y ≤ 1 für kyk = kxk
x = kxk
kxk = δ. Somit ist T beschränkt.
Satz 1.1.5. Seien E, F normierte Räume und T : E → F , D(T ) = E ein linearer, surjektiver
Operator. Der inverse Operator T −1 existiert und ist stetig, genau dann wenn ein b > 0
existiert, so dass
kT xkF ≥ bkxkE ∀ x ∈ E.
1.2 l2 -Summe von Hilberträumen
5
Beweis. Sei kT xk ≥ bkxk für alle x ∈ E, dann ergibt sich aus x 6= 0: T x 6= 0, woraus folgt,
dass T injektiv ist. Damit ist T bijektiv und es existiert der inverse Operator T −1 . Wegen
kT −1 T xk = kxk ≤ b−1 kT xk ist T −1 beschränkt. Aus der Beschränktheit folgt nach Hilfssatz
1.1.4 die gleichmäßige Stetigkeit und daraus die Stetigkeit von T −1 .
Angenommen T −1 existiert und ist stetig, dann folgt aus der Stetigkeit im Punkt T x nach
Hilfssatz 1.1.4 die Beschränktheit von T −1 durch ein c > 0 und somit gilt kxk = kT −1 T xk ≤
ckT xk für alle x aus E. Die Konstante c−1 > 0 liefert die Beschränktheit nach unten von
T.
1.2 l2 -Summe von Hilberträumen
Die Räume, auf denen Spektraltheorie betrieben wird, sind Banach- und Hilberträume. Um
auf Graphen arbeiten zu können müssen mehrere Räume aneinander gesetzt werden können.
Eine Art, dies zu realisieren, wird im Folgenden beschrieben.
Hilfssatz 1.2.1. Seien (Hi , h·, ·ii ) Hilberträume für eine abzählbare Indexmenge I. Dann ist
die l2 -Summe dieser Hilberträume
(
)
X
Y
M
2
kfi ki < ∞ ⊂
Hi
H=
Hi = f | f = (fi )i∈I , fi ∈ Hi und
i∈I
i∈I
ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt h(fi ), (gi )i =
P
i∈I hfi , gi ii
i∈I
für (fi ), (gi ) ∈ H.
Beweis. Der zu betrachtende Raum ist offensichtlich ein Vektorraum. Die Eigenschaften des
Skalarproduktes folgen aus der Gültigkeit dieser in den einzelnen Komponenten. Dass das
Skalarprodukt nicht unendlich ist, folgt aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung in den
Komponenten und der Beschränkung auf eine endliche Summe der Normquadrate.
Darüber hinaus ist H vollständig. Um dies zu zeigen wird die Schreibweise der Funktionen
geändert. Sei (fn )n∈N eine Cauchy-Folge in H. Dann schreibt sich jede einzelne Funktion
(i)
(i)
(fn )i∈I , wobei für alle n ∈ N fn eine Funktion aus Hi ist. Dann gibt es für jedes > 0 ein
N , so dass
kfn − fm k2 =
X
(i) 2
kfn(i) − fm
ki ≤ (1.1)
i∈I
für alle n, m > N . Wenn nur über endlich viele Indices summiert wird, gilt dies natürlich
(i )
auch. Klar ist auch, dass (fn 0 )n∈N Cauchy-Folge in Hi0 ist. Diese konvergieren alle, da die
Q
Räume alle vollständig sind, also gibt es (f (i) )i∈I ∈ i∈I Hi , so dass für n gegen unendlich
(i)
(fn )n∈N gegen f (i) konvergiert, für alle i ∈ I. Damit folgt aus Ungleichung (1.1), wenn nur
über endlich viele Indices summiert wird und für m gegen unendlich
k
X
i=1
kfn(i) − f (i) k2i ≤ 6
1 Gemischte Grundlagen
∀ k ∈ N. Für k gegen unendlich ergibt dies
∞
X
kfn(i) − f (i) k2i ≤ i=1
(i)
für alle n > N . Dies zeigt, dass (fn − f (i) )i∈I und damit auch (f (i) )i∈I in H liegt. Also
konvergiert die Cauchy-Folge in H.
Die l2 -Summe von Hilberträumen ist also wieder ein Hilbertraum. Die hier zu Grunde
liegenden Räume werden immer mit dieser Methode gewonnen.
1.3 Sesquilinearformen und quadratische Formen
Um Eigenschaften eines Operators zu bestimmen und nachzuweisen, ist es manchmal einfacher, Sesquilinearformen und quadratische Formen zu betrachten, die mit dem Operator in
Verbindung stehen. Die dazu benötigte allgemeine Theorie wird im Folgenden beschrieben
und ist zum Beispiel in [BS87] oder [RS80] nachzulesen.
Zuerst werden Eigenschaften von Sesquilinearformen und quadratischen Formen definiert,
die erfüllt sein müssen, damit es eine geeignete Beziehung zwischen Form und Operator gibt.
Definition 1.3.1. Sei (H, h·, ·i) ein Hilbertraum. Eine hermitesche Sesquilinearform s, die
auf einer in H dichten Teilmenge D(s) definiert ist, heißt nach unten beschränkt, wenn es
ein M ∈ R gibt, so dass s[f, f ] ≥ M hf, f i für alle f ∈ D(s) gilt. Als größte untere Schranke
ergibt sich
m :=
inf s[f, f ].
f ∈D(s)
hf,f i=1
Wenn m positiv ist, dann heißt s positiv definit.
Die Abbildung s : D(s) → C, die f auf s[f, f ] abbildet wird quadratische Form genannt.
Die Bezeichnungen nach unten beschränkt und positiv definit gelten für diese analog.
Bemerkung 1.3.2.
• Wenn eine quadratische Form s über einem komplexen Hilbertraum
gegeben ist, dann gibt es eine eindeutige erzeugende Sesquilinearform s[f, g]. Gewonnen
wird sie über die Formel
s[f, g] =
1
(s[f + g, f + g] − s[f − g, f − g] + is[f + ig, f + ig] − is[f − ig, f − ig]) .
4
(1.2)
Der Beweis ergibt sich durch Nachrechnen.
• Wenn s positiv definit ist, dann ist s[f, g] ein Skalarprodukt und
p
s[f, f ] eine Norm
auf D(s).
Definition 1.3.3. Sei s[f, f ] eine positiv definite, quadratische Form, die auf D(s) definiert
ist. Diese heißt abgeschlossen, wenn (D(s), s) vollständig ist.
1.3 Sesquilinearformen und quadratische Formen
7
Definition 1.3.4. Sei H ein selbstadjungierter Operator mit D(H) ⊂ H und s eine abgeschlossene, positiv definite Form mit D(s) ⊂ H. Dann heißt H zu s assoziiert, wenn
D(s) ⊃ D(H) und hHf, gi = s[f, g], für alle f ∈ D(H), g ∈ D(h).
H ist dann positiv definit und als untere Schranke ergibt sich die untere Schranke von s.
Der folgende Satz zeigt wann diese Verbindung auftritt und ob sie eindeutig ist.
Hilfssatz 1.3.5. Zu jeder abgeschlossenen, positiv definiten Form s existiert genau ein selbstadjungierter, positiv definiter Operator H, der zu s assoziiert ist. Und umgekehrt existiert zu
jedem selbstadjungierten, positiv definiten Operator H, genau eine positiv definite, abgeschlossene Form s, die zu H assoziiert ist.
Der Beweis dazu ist nachzulesen in [BS87], im Abschnitt 10.1 Theorem 1 und Theorem 2.
Diese Definitionen und Beziehungen lassen sich auch auf nach unten beschränkte (nicht
positiv definite) Sesquilinearformen ausdehnen.
Hilfssatz 1.3.6. Sei s eine hermitesche Sesquilinearform auf D(s). Wenn s nach unten
beschränkt ist, mit größter unterer Schranke m, dann ist für alle α > |m|
sα [f, g] := s[f, g] + αhf, gi
p
ein Skalarprodukt und die Wurzel daraus, sα [f, f ], eine Norm auf D(s).
Beweis. Zuerst wird gezeigt, dass sα ein Skalarprodukt auf D(s) ist.
• sα ist hermitesch, da s und das vorhandene Skalarprodukt h·, ·i hermitesch sind und α
reel ist.
• Die Sesquilinearität ist klar.
• sα [f, f ] ∈ R folgt auch aus der Sesquilinearität und sα [f, f ] ≥ 0 aus α > |m|. sα [0, 0] =
s[0, 0]+αh0, 0i = s[0, 0] = 0, da aus s[f, f ] = s[f +0, f ] = s[f, f ]+s[0, f ] für alle f ∈ D(s)
folgt, dass s[0, f ] = s[f, 0] = 0. Sei sα [f, f ] = 0, dann folgt aus der Beschränktheit nach
unten und der Definition von α:
0 = s[f, f ] + αhf, f i ≥ mhf, f i + αhf, f i = (m + α)hf, f i ≥ 0.
Da m + α > 0 ist, muss dann f identisch zu null sein.
Damit sind alle Eigenschaften eines Skalarproduktes erfüllt.
p
| · |α = sα [·, ·] ist Norm auf D(s). Dies ist klar, da es die von sα erzeugte Norm ist. Für
die Dreiecksungleichung wird die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung in der Form |sα [f, g]| ≤
1
(sα [f, f ]sα [g, g]) 2 benötigt, welche aber für ein Skalarprodukt gilt.
Definition 1.3.7. Sei s mit D(s) ⊂ H eine nach unten beschränkte quadratische Form. Sie
heißt abgeschlossen, wenn sα für ein α > |m| abgeschlossen ist.
8
1 Gemischte Grundlagen
Bemerkung 1.3.8. Die Normen sα sind alle äquivalent. Damit ist s genau dann abgeschlossen,
wenn (D(s), sα ) für ein (und damit für alle) α > |m| vollständig ist.
Beweis. Seien 2 Normen sα und sβ gegeben und β > α. Offensichtlich ist sα kleiner oder
gleich sβ . Es gilt
β+m
α+m
sα [f, f ] =
β+m
β+m
s[f, f ] +
αhf, f i
α+m
α+m
und weiteres Umformen liefert
= s[f, f ] +
β+m
β + m − (α + m)
s[f, f ] +
αhf, f i.
α+m
α+m
Wird die Beschränktheit von s nach unten durch mhf, f i ausgenutzt, ergibt sich:
≥ s[f, f ] +
Dies ist aber gleich sβ [f, f ], da
β−α
β+m
mhf, f i +
αhf, f i.
α+m
α+m
β−α
α+m m
+
β+m
α+m α
gerade β ergibt. Die Ungleichungskette
β+m
sα [f, f ]
sα [f, f ] ≤ sβ [f, f ] ≤
α+m
zeigt die Äquivalenz der Normen.
Definition 1.3.9. Sei H ein selbstadjungierter Operator mit D(H) ⊂ H und s eine abgeschlossene, nach unten beschränkte Form mit D(s) ⊂ H. Dann heißt H zu s assoziiert, wenn
D(s) ⊃ D(H) und hHf, gi = s[f, g], für alle f ∈ D(H), g ∈ D(h) gilt. H ist dann nach unten
beschränkt mit der selben Konstanten wie s.
Wieder gibt es eine Beziehung zwischen assoziiertem Operator und Form.
Satz 1.3.10. Zu jeder abgeschlossenen, nach unten beschränkten Form s existiert genau ein
selbstadjungierter, nach unten beschränkter Operator H, der zu s assoziiert ist. Und umgekehrt, existiert zu jedem selbstadjungierten, nach unten beschränkten Operator H, genau eine
nach unten beschränkte, abgeschlossene Form s, die zu H assoziiert ist.
Beweis. Zu der Form sα existiert genau ein selbstadjungierter, positiv definiter Operator Hα .
Der Operator H = Hα − αI ist dann zu s assoziiert und eindeutig, da Hα eindeutig ist.
Zum Operator Hα = H + αI existiert genau eine assoziierte selbstadjungierte, positiv
definite Form sα . Die Form s[f, g] = sα [f, g] − αhf, gi ist dann zu H assoziiert und eindeutig,
da sα eindeutig ist.
Sei eine nach unten beschränkte, abgeschlossene Form s gegeben, dann ist der Definitionsbereich des assoziierten selbstadjungierten Operators D(H) im Definitionsbereich der Form
D(s) enthalten. Genauer besteht D(H) aus allen Funktionen aus D(s), die folgende Bedingung
erfüllen:
D(H) = {f ∈ D(s) | ∃ g ∈ H | ∀ φ ∈ D(h) ist hg, φi = s[f, φ]}.
1.4 Lp -, Sobolevräume und ihre Eigenschaften
9
Nachzulesen ist dies in [RS80], im konstruktiven Beweis VIII.15.
Ist umgekehrt ein selbstadjungierter, nach unten beschränkter Operator gegeben, dann
entspricht der Definitionsbereich der assoziierten Form gerade dem Definitionsbereich des
Operators H 1/2 .
1.4 Lp -, Sobolevräume und ihre Eigenschaften
Die Lp -Räume sind Funktionenräume und Grundlage für die Spektraltheorie kontinuierlicher Probleme. Allerdings beinhalten sie keine Differenzierbarkeit. Um dies zu gewährleisten,
werden Sobolevräume eingeführt, die Teilmengen der Lp -Räume sind und eine gewisse Differenzierbarkeit der Funktionen beinhalten.
Im Folgenden werden diese Räume definiert und wichtige Eigenschaften aufgelistet.
Definition 1.4.1. Sei Ω ein Gebiet (nicht leer, offen) in Rn . C0∞ (Ω) ist die Menge aller
unendlich oft differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger auf Ω. L1loc (Ω) ist der
Raum der Funktionen, die auf Ω definiert sind und in L1 (U ) liegen, für jedes offene U , so
dass U kompakt und U ⊂ Ω.
Bemerkung 1.4.2. C0∞ (Ω) ist dicht in Lp (Ω), wenn 1 ≤ p < ∞ - siehe zum Beispiel Korollar
2.30 in [AF03].
Definition 1.4.3. Sei u ∈ L1loc (Ω). Wenn es eine Funktion vα ∈ L1loc (Ω) gibt, so dass
R
R
u(x)Dα φ(x)dx = (−1)|α| vα φ(x)dx für jede Testfunktion φ (φ ∈ C0∞ (Ω)), dann heißt
Ω
vα
Ω
die schwache Ableitung von u. Sie wird bezeichnet mit Dα u = vα .
Wenn die übliche Ableitung von u existiert, dann ist diese gleich der schwachen Ableitung.
Es muss aber nicht immer die übliche Ableitung existieren, wenn die schwache Ableitung
existiert.
Definition 1.4.4. Der Raum der Funktionen über Ω ⊂ Rn , deren schwache Ableitungen bis
zur Ordnung m existieren und in Lp liegen, wird mit
W m,p (Ω) := {u ∈ Lp (Ω) | Dα u ∈ Lp (Ω) für 0 ≤ |α| ≤ m}
bezeichnet und Sobolevraum genannt.
Um Vollständigkeit dieses Raumes zu gewährleisten wird eine neue Norm definiert.
Definition 1.4.5. Es wird die Abbildung k · km,p : W m,p (Ω) → R+ definiert, wobei m eine
natürliche Zahl ist und 1 ≤ p ≤ ∞.
kukm,p =
X
0≤|α|≤m
kDα ukp
10
1 Gemischte Grundlagen
kukm,∞ = max kDα uk∞
0≤|α|≤m
Für p < ∞ ist dies die Summe aller
Lp -Normen
aller schwachen Ableitungen bis zur Ordnung
m. k · km,p ist eine Norm auf den Sobolevraum W m,p .
Analog wird für 0 ≤ j ≤ m und 1 ≤ p < ∞ das Funktional | · |j,p definiert als:
|u|j,p =
X
kDα ukp ,
|α|=j
die Summe über alle schwachen Ableitungen der Ordnung |α| = j. Diese Abbildung ist offensichtlich eine Seminorm für j > 0. (Eine konstante, von null verschiedene Funktion, wird auf
null abgebildet.)
Ein weiterer Funktionenraum, der wesentlich zur Vorstellung von W m,p (Ω) beiträgt, ist die
Vervollständigung des Raumes der m-fach differenzierbaren Funktionen:
H m,p (Ω) = Vervollständigung von {u ∈ C m (Ω) | kukm,p < ∞} unter k · km,p .
Folgende Aussagen über Sobolevräume sind wichtig und werden später verwendet:
Satz 1.4.6.
1. (W m,p (Ω), k · km,p ) ist ein Banachraum.
2. W m,2 (Ω) ist separabler Hilbertraum mit dem Skalarprodukt
X Z
hu, vim,2 =
Dα u(x)Dα v(x)dx.
0≤|α|≤m Ω
Im Folgenden wird W m,2 (Ω) mit H m (Ω) bezeichnet.
3. W m,p (Ω) = H m,p (Ω) für 1 ≤ p < ∞.
Die Aussagen sind in [AF03] zu finden als Theoreme 3.3, 3.6 und 3.17, wobei letzteres auch
unter dem Satz von Meyer & Serrin bekannt ist und zeigt, dass die glatten Funktionen über
dem Gebiet Ω dicht in W m,p (Ω) liegen.
Bisher hingen die Eigenschaften der Funktionsräume nicht vom Gebiet Ω ab. Um weitere
wichtige Eigenschaften zu gewähren, wird eine Anforderung an das Gebiet gestellt - welche
aber im Fall der Quantengraphen automatisch erfüllt sein wird.
Definition 1.4.7. Sei v ein von null verschiedener Vektor aus Rn , ρ > 0 und 0 < κ ≤ π.
Dann heißt die Menge
n
κo
C = x ∈ Rn | x = 0 oder 0 < |x| ≤ ρ, ∠(x, v) ≤
2
endlicher Kegel mit Öffnungswinkel κ, Höhe ρ, in Richtung v und Ursprung null.
1.4 Lp -, Sobolevräume und ihre Eigenschaften
11
Definition 1.4.8. Eine Menge Ω erfüllt die Kegeleigenschaft, wenn es einen endlichen
Kegel C gibt, so dass für alle x ∈ Ω eine beliebige Bewegung dieses Kegels zum Ursprung x
besteht, so dass Cx eine Teilmenge von Ω ist.
Mit Hilfe dieser Eigenschaft lassen sich weitere wichtige Eigenschaften der Sobolevräume
zeigen. Spezielles Augenmerk wird dabei auf die Räume W 1,2 = H 1 und W 2,2 = H 2 über
reellen Intervallen gelegt.
Ein Teil des Sobolev Einbettungssatzes besagt:
Satz 1.4.9. Sei Ω ein Gebiet im Rn , j ≥ 0 und m ≥ 1 ganze Zahlen und 1 ≤ p < ∞. Wenn
Ω die Kegeleigenschaft besitzt und mp > n oder m = n und p = 1 gilt, dann gibt es eine
Einbettung von
j
W j+m,p (Ω) in CB
(Ω).
Der Beweis ist als Teil des Einbettungssatzes in [AF03] als Theorem 4.12 nachzulesen.
Bemerkung 1.4.10. Für den Hilbertraum (H 2 (0, l), h·, ·i2,2 ) gilt:
• Das Gebiet (0, l) erfüllt die Kegeleigenschaft.
• Funktionen aus H 2 (0, l) sind einmal stetig differenzierbar.
Beweis.
• Es wird der Kegel C mit dem Öffnungswinkel κ = π2 , der Höhe ρ =
l
3
und der
Richtung v = 1 ∈ R konstruiert. Für jedes x ∈ (0, l) liegt der Kegel

x + C, für x ∈ (0, l ]
2
Cx =
x − C, für x ∈ ( l , l)
2
offensichtlich in (0, l).
• Da das Gebiet (0, l) die Kegeleigenschaft besitzt, gilt nach Satz 1.4.9 für m = j = n = 1
und p = 2: pm = 2 > 1 und damit sind die Funktionen aus W 1+1,2 (0, l) = H 2 (0, l) auch
1 (0, l), also einmal stetig differenzierbar und beschränkt.
Elemente von CB
Hilfssatz 1.4.11. Sei 1 ≤ p < ∞. Ω ⊂ Rn erfülle die Kegeleigenschaft. Dann gibt es eine
Konstante CK , die vom Öffnungswinkel und der Höhe des Kegels, und von n und p abhängt,
so dass für alle positiven < ρ gilt, wenn φ aus W 2,p (Ω) ist, dann ist
|φ|1,p ≤ CK |φ|2,p + −1 kφkp .
Diese Ungleichungen sind als Sobolev-Ungleichungen bekannt und Teil des Beweises der
Äquivalenz der k·km,p -Normen, zu den Normen, wenn nur über |α| = 0 und |α| = m summiert
wird. Der Beweis findet sich in [AF03] als Lemma 5.5.
12
1 Gemischte Grundlagen
Satz 1.4.12. Sei (a, b) ein beliebiges offenes Intervall in R und f eine Funktion aus dem Sobolevraum H m (a, b). Wenn a größer als −∞ ist, dann kann f (j) auf a stetig fortgesetzt werden
für alle j ∈ {0, 1, . . . , m−1}. Wenn a = −∞, dann existiert der Grenzwert limx→−∞ f (j) (x) =
0. Analog gilt das gleiche für b.
Bemerkung 1.4.13. Laut Satz 1.4.9 existieren alle Ableitungen f (j) im üblichen Sinne und sie
sind stetig. Der vollständige Beweis ist in [Wei80] als Theorem 6.27 zu finden.
Mit diesen Grundlagen können jetzt Quantengraphen eingeführt werden.
2 Definition von Quantengraphen
Die Basis von Quantengraphen bilden metrische Graphen, welche Graphen sind, deren Kanten eine Länge zugeordnet wird. Auf diesen werden Hilfsgrößen definiert und Eigenschaften
untersucht. Das ist wichtig, weil später bestimmte Annahmen an die Graphen gestellt werden,
für die hier gezeigt wird, dass dann auch alle nötigen Eigenschaften erfüllt sind.
Es wird eine Halbmetrik auf den zusammenhängenden metrischen Graphen eingeführt, sowie Eigenschaften, die gewähren, dass diese eine Metrik ist. Dabei zeigt sich auch, wann die,
durch die Metrik induzierte Topologie gleich der durch die stetigen Funktionen erzeugten Initialtopologie ist. Danach wird die Vollständigkeit und Kompaktheit von metrischen Graphen
untersucht.
Zuletzt werden Funktionen und Funktionenräume - Lp -Räume und Sobolevräume - auf
metrischen Graphen eingeführt. Dies bildet die Grundlage für die Betrachtung von Differentialoperatoren, welche in den folgenden Kapiteln benutzt werden. Die Definition von Quantengraphen, als sinnvolle Einschränkung von metrischen Graphen, folgt zum Schluss des Kapitels.
2.1 Metrische Graphen als Topologischer Raum
Definition 2.1.1. Ein metrischer Graph Γ = (E, V, l, i, j) besteht aus Mengen E, V und
Abbildungen l, i und j. Die Mengen E = {en } der Kanten und V = {vm } der Knoten sind
endlich oder abzählbar unendlich. l : E → (0, ∞] ist eine Abbildung, die jeder Kante eine
positive Länge zuordnet. Damit gibt es zu jeder Kante e ein offenes Intervall Ie := (0, l(e)).
Durch die Abbildungen i : E → V und j : E \ {e | l(e) = ∞} → V wird jeder Kante e ein
Anfangspunkt - i(e) - und jeder Kante mit endlicher Länge ein Endpunkt - j(e) - zugeordnet.
Dabei wird die Kante e mit i(e) = v und j(e) = w als Verbindung, bzw. als Kante im
üblichen Sinne eines Graphen, zwischen den Knoten v und w angesehen. Es spielt für eine
Kante keine Rolle welcher der Knoten Anfangs- oder Endpunkt ist. Unendlich lange Kanten, die erlaubt sind, haben keinen Endpunkt (für diese ist j(e) nicht definiert). Somit ist
gewährleistet, dass diese als Strahlen oder lose Enden aus dem Graphen herausragen, es gibt
also keine weitere Kante die das Ende der unendlich langen Kante als Anfangs- oder Endpunkt
hat. Schlaufen, also Kanten e für die i(e) = j(e) ist, können auch auftreten, sowie mehrfache
Kanten, d.h. Kanten deren Anfangs- und Endpunkte gleich sind. Also zum Beispiel e1 und e2
mit i(e1 ) = i(e2 ) und j(e1 ) = j(e2 ) oder mit i(e1 ) = j(e2 ) und j(e1 ) = i(e2 ).
13
14
2 Definition von Quantengraphen
Das Wort metrisch steht hier dafür, dass auf den Kanten eine Längenmessung eingeführt
wurde. Mit der natürlichen Metrik ist der Graph nicht immer ein metrischer Raum - wie
später noch zu sehen sein wird.
Auf metrischen Graphen sollen kontinuierliche Funktionen auf allen Kanten definiert werden, nicht wie im Falle eines kombinatorischen Graphen, bei dem Funktionen nur diskret auf
den Knoten definiert sind. Als erstes soll der metrische Graph in einen Topologischen Raum
transferiert werden. Dazu wird folgender Grundraum betrachtet:
Bezeichnung 2.1.2. Sei X definiert als die Menge
!
X :=
[
{e} × Ie
∪ V.
e∈E
Auf X soll eine Topologie gewählt werden, so dass alle Funktionen von X nach C, die im
üblichen Sinne stetig sind, auch in dieser Topologie stetig sind. Das beinhaltet alle Funktionen
die auf den in X enthaltenen Intervallen Ie (den Kanten) stetig sind und existente Grenzwerte
an beiden Enden jedes solchen Intervalls haben. Außerdem sollen die Grenzwerte in allen
Anfängen bzw. Enden aller Kanten, die in ein und dem selben Knoten beginnen bzw. enden,
gleich sein. Damit ist gewährleistet, dass die Funktionen auch in den Knoten stetig sind.
Bezeichnung 2.1.3. Sei C die Menge aller dieser Funktionen:
C := {φ : X → C | φ(e, ·) : (0, l(e)) → C ist stetig und hat links und rechts Limiten mit:
φ(i(e)) = lim φ(e, t), φ(j(e)) = lim φ(e, t) für alle e ∈ E}.
t&0
t%l(e)
Alle diese Funktionen sollen in der Topologie stetig sein, also wird für jede Funktion φ ∈ C
die auf X induzierte Topologie gebildet und die Supremumstopologie aller dieser - die Initialtopologie zu C - als Topologie auf X erzeugt. Sei τ die Topologie auf C und C = {fi | i ∈ I},
dann ist Gi := fi−1 (τ ) = {fi−1 (G) | G ∈ τ } die von fi auf X induzierte Topologie und die SuS
S
premumstopologie G :=
i∈I Gi
i∈I Gi der Durchschnitt über alle Topologien auf X, die
enthalten. Also ist (X, G) ein topologischer Raum.
Definition 2.1.4. Ein Topologischer Raum (T, G) heißt Hausdorff Raum, wenn es für
x 6= y ∈ T disjunkte, offene Umgebungen V (x) von x und W (y) von y aus der Topologie
G gibt.
Seien zx 6= zy ∈ X. Gibt es eine stetige Funktion f : X → C, für die f (zx ) 6= f (zy ), dann
gibt es disjunkte, offene Umgebungen in C von f (zx ) und f (zy ). Zum Beispiel Vx = {t ∈
C | |t − f (zx )| < } und Vy = {t ∈ C | |t − f (zy )| < } für 0 < <
auch
f −1 (V
x)
und
f −1 (V
y)
|f (zx )−f (zy )|
.
2
Dann sind
disjunkte, offene Umgebungen von zx und zy in X.
X ist also hausdorffsch, wenn sich für 2 beliebige, verschiedene Punkte eine stetige Funktion
f : X → C findet, deren Funktionswert in diesen Punkten nicht übereinstimmt. Wenn nur
2.2 Eine Metrik auf Metrische Graphen
15
einer der beiden Punkte nicht aus V ⊂ X ist, dann findet sich leicht eine solche Funktion:
O.B.d.A. sei zx = (ex , x) dieser Punkt. Sei f1 definiert durch:


0
∀ e ∈ E \ {ex }


f1 (e, t) = x1 t
e = ex und 0 < t ≤ x



 1 (l(e ) − t) e = e und x < t ≤ l(e )
x
x
x
l(ex )−x
f1 (v) =
∀v∈V
0
f1 (t)
1
0
x
l(ex ) t
Abbildung 2.1: f1 (t) auf Kante ex
Klar ist: Die Funktion ist stetig auf jedem Intervall (0, l(e)), alle Grenzwerte in Anfangsund Endpunkten existieren und sind null. Damit ist die Funktion in jedem Knoten v ∈ V mit
f (v) = 0 wohl definiert.
Für den Fall zx , zy ∈ V ⊂ X wird folgende Funktion definiert:

1


t
∀ e ∈ E | j(e) = zx

 l(e)
1
f2 (e, t) = l(e)
(l(e) − t) ∀ e ∈ E | i(e) = zx



0
sonst

1 v = z
x
f2 (v) =
0 v ∈ V \ {z }
x
Offensichtlich ist auch f2 stetig auf jeder Kante und die Grenzwerte existieren. Es ergibt
sich also f1 , f2 ∈ C. Für beide Funktionen ist der Funktionswert in zx gleich eins und der
Funktionswert in zy 6= 1.
Also gibt es für beliebige Punkte zx , zy ∈ X immer eine stetige Funktion f ∈ C, so dass
f (zx ) 6= f (zy ). Der topologische Raum (X, G) ist demnach immer hausdorffsch.
2.2 Eine Metrik auf Metrische Graphen
Auf X kann auch eine Halbmetrik definiert werden, welche aber nicht immer eine Metrik ist.
Wie sie definiert ist und wann sie eine Metrik ist, wird im Folgenden beschrieben. Zunächst
werden erst einige Hilfsgrößen eingeführt.
16
2 Definition von Quantengraphen
Definition 2.2.1. Auf einem metrischen Graphen Γ = (E, V, l, i, j) ist für jeden Knoten
v ∈ V der Grad des Knotens, dv , definiert, als die Anzahl der Kanten die v als Anfangsoder Endpunkt haben:
dv = |{e ∈ E | i(e) = v}| + |{e ∈ E | j(e) = v}|.
Dabei werden Schlaufen doppelt gezählt, was gewährleistet, dass - über den ganzen Graphen
betrachtet - jede Kante endlicher Länge doppelt und jede Kante unendlicher Länge, sowie
jeder Anfangs- und Endpunkt einfach gezählt wird.
Definition 2.2.2. Ein metrischer Graph heißt endlich, wenn die Menge seiner Knoten und
die Menge seiner Kanten unendlich ist. Ist mindestens eine der beiden Mengen abzählbar
unendlich, dann heißt er unendlich.
Wenn der Grad eines jeden Knotens endlich ist, dann ist ein metrischer Graph genau dann
endlich, wenn die Menge seiner Knoten endlich ist. Ansonsten kann die Menge der Knoten
endlich sein, während die Menge der Kanten unendlich ist.
Definition 2.2.3. Sei ein metrischer Graph Γ = (E, V, l, i, j) gegeben. Sei (ek , ok )k∈I (I =
{1, 2, . . . , n} oder I = ∅) eine Folge aus der Menge E × {−1, 1}. Wenn für zwei aufeinander
folgende Glieder der Folge, die zu ok bzw. ok+1 in der Tabelle angegebene Übereinstimmung
der Anfangs- bzw. Endpunkte zutrifft, dann heißt diese Folge Kantenzug auf dem metrischen
Graphen:
ok = \ ok+1 =
+1
-1
+1
j(ek ) = i(ek+1 )
j(ek ) = j(ek+1 )
-1
i(ek ) = i(ek+1 )
i(ek ) = j(ek+1 )
Dabei gibt ok die Richtung an, in der die zugehörige Kante “durchlaufen”wird, +1 entspricht:
von i(ek ) nach j(ek ) und -1: in umgekehrter Richtung. Schließt sich an ek mit ek+1 eine Kante
in passender Richtung an, dann ergibt sich ein Kantenzug.
Seien zx und zy Elemente aus X und (ek , ok )k∈I ein Kantenzug. (zx , e1 × o1 , . . . , en × on , zy )
heißt Polygonzug, wenn:


für I = ∅






i(e ) = z




1
x




z
∈
V


x


j(e ) = z




x




 1


j(e ) = z

n
y


sonst für zy ∈ V 



i(en ) = zy












zx = (ex , x) ∈ X \ V









z = (e , y) ∈ X \ V
y
y
zx = zy
für o1 = +1
für o1 = −1
gilt.
für on = +1
für on = −1
ex = e1
ey = en
2.2 Eine Metrik auf Metrische Graphen
17
Ein Polygonzug ist ein Kantenzug mit einem Start- und Endpunkt, die auf einer Kante liegen
oder aus der Knotenmenge sein dürfen. In der Fallunterscheidung wird garantiert, dass die
erste bzw. letzte Kante des Kantenzuges in die richtige Richtung durchlaufen wird - wenn der
jeweilige Punkt aus der Knotenmenge ist -, oder die erste bzw. letzte Kante mit der Kante
übereinstimmt, auf der der jeweilige Punkt liegt.
Die Länge des Polygonzuges |(zx , e1 × o1 , . . . , en × on , zy )| ist wie folgt definiert:
Für n ≥ 1 seien


x
y
zx = (ex , x) ∈ X \ V
zy = (ey , y) ∈ X \ V
tx :=
und ty :=
 −o1 +1 l(e ) z ∈ V
 on +1 l(e ) z ∈ V
1
x
n
y
2
2
definiert, dann ist
|(zx , e1 × o1 , . . . , en × on , zy )|



0


= |ty − tx |



 o1 +1 l(e ) − o t + Pn−1 l(e ) −
1
1 x
k
k=2
2
für zx = zy
für den Polygonzug (zx , e1 , zy ) .
on −1
2 l(en )
+ on ty
für n ≥ 2
Definition 2.2.4. Sei Γ = (E, V, l, i, j) ein zusammenhängender metrischer Graph, das
heißt, zwischen 2 beliebigen Punkten aus X gibt es mindestens einen Polygonzug.
Für x, y ∈ X ist die Abbildung ρ: X × X → [0, ∞) definiert als das Infimum der Längen
aller Polygonzüge von x nach y, p(x, y):
ρ(x, y) = inf {|p(x, y)|}.
p(x,y)
Dargestellt ist dies in Abbildung 2.2.
v3
y = v4
ω
v1
v2
x
v0
Abbildung 2.2: kürzester Polygonzug von x nach y
Dabei entspricht ρ auf jeder Kante der euklidischen Metrik, also der üblichen Längenmessung.
18
2 Definition von Quantengraphen
Bemerkung 2.2.5. ρ ist eine Halbmetrik:
(i) ρ(x, y) ist größer oder gleich null, da alle Längen positiv sind. ρ(x, x) = 0.
(ii) ρ(x, y) = ρ(y, x) gilt, da die Polygonzüge nur umgedreht werden und ihre Länge gleich
bleibt (ungerichtete Kanten).
(iii) ρ(x, z) ≤ ρ(x, y) + ρ(y, z): Mit der Annahme ρ(x, y) + ρ(y, z) < ρ(x, z) gäbe es einen
kürzeren Polygonzug von x nach z.
Wird das Infimum angenommen und liegt y auf einem der kürzesten Polygonzüge von
x nach z, dann gilt Gleichheit.
Dies ist nicht automatisch eine Metrik, da es Punkte x 6= y ∈ X geben kann, für die
ρ(x, y) = 0 gilt. Wobei in diesem Fall x, y immer Knoten des Graphen, also aus der Menge V ,
sind. Anderenfalls sei x ∈ X \ V , x = (ex , t). Dann gilt offensichtlich min{|ty − t|, t, l(e) − t} ≤
ρ(x, y) (wobei |ty − t| nur im Fall y = (ex , ty ), also ein Punkt auf der gleichen Kante, mit
einbezogen wird).
Für folgendes Beispiel ist ρ keine Metrik:
Beispiel B1. Sei V = {v1 , v2 }, E = {ek }k∈N , l(ek ) :=
1
k
und für jede Kante v1 der Anfangs-
und v2 der Endpunkt: i(ek ) = v1 , j(ek ) = v2 . Siehe auch Abbildung 2.3.
e1
e2
e3
e4
e5
v1 v2
Abbildung 2.3: Beispiel B1
In diesem Beispiel ist der Abstand von v1 und v2 gleich null:
ρ(v1 , v2 ) =
inf {|p(v1 , v2 )|} = inf {l(ek )} = 0.
p(v1 ,v2 )
k∈N
Damit ρ eine Metrik ist, müssen also solche Fälle ausgeschlossen werden. Aber selbst wenn
die Längen aller mehrfachen Kanten zwischen zwei Knoten nach unten beschränkt ist, also
∀ v, w ∈ V (v 6= w) gilt: inf {l(e) | i(e) = v, j(e) = w oder i(e) = w, j(e) = v} > 0
e∈E
(E1)
erfüllt ist, muss ρ noch keine Metrik sein:
Wie oben schon gesehen sind Punkte aus X \ V nicht interessant, da für diese immer
ρ(x, y) 6= 0 gilt (auch wenn einer der beiden Punkte aus V ist).
2.2 Eine Metrik auf Metrische Graphen
19
• Ist ρ eine Metrik, dann ist Eigenschaft (E1) offensichtlich erfüllt.
• Gelte (E1). Jeder Weg von v nach w führt über vollständige Kanten. Wenn es unendlich
viele adjazente Knoten zu v gibt, mit unendlich vielen Kanten von diesen zu w, dann
kann das Infimum über alle Infima null werden. Dies geschieht in Beispiel B2 (für v = v−1
und w = v0 ):
Beispiel B2. Sei V = {v−1 , v0 } ∪ {vn }n∈N , E = {en }n∈N und die Funktionen l, i und j
definiert durch:
1
l(en ) = n−1 2
+1

v
−1
i(en ) =
v n
2

v n+1
2
j(en ) =
v
n ungerade
n gerade
0
n ungerade
n gerade.
Eine Veranschaulichung ist in Abbildung 2.4 zu sehen.
v1
v2
e1
v3
e3
v4
e5
e7 e v5 e e8
10
9
e6
e4
e2
v−1 v0
Abbildung 2.4: Beispiel B2
Die Polygonzüge (v−1 , (e2k−1 , +1), (e2k , +1), v0 ) für k ∈ N haben die Länge
ergibt sich der Abstand von v−1 und v0 zu ρ(v−1 , v0 ) = inf k∈N
2
k
1
k
+ k1 . Damit
= 0. ρ ist somit keine Metrik.
Es wird also eine stärkere Eigenschaft benötigt, die aber in (E1) enthalten ist. Eine solche
Eigenschaft ist:
∀ v ∈ V ist inf {l(e) | i(e) = v oder j(e) = v} > 0,
e∈E
(E2)
welche erfordert, dass das Infimum der Längen aller Kanten die einen Knoten v als Anfangsoder Endpunkt haben größer als null ist. Dabei darf das Infimum von Knoten zu Knoten
unterschiedlich sein (es kann also durchaus das Infimum über die Längen aller Kanten gleich
null sein). Ist diese Eigenschaft erfüllt, dann ist ρ immer eine Metrik. Da im Abstand zweier
Knoten v und w immer das jeweilige Infimum in jedem Polygonzug von v aus enthalten ist und
dessen Länge somit ungleich null ist. Allerdings ist dies auch schon eine zu starke Anforderung
an einen Graphen, da es metrische Graphen gibt, auf denen ρ eine Metrik, (E2) aber nicht
erfüllt ist, wie in folgendem Beispiel:
Beispiel B3. Gegeben sei ein metrischer Graph mit V = {v0 , vn | n ∈ N}, E = {en | n ∈ N},
und l(en ) = n1 , i(en ) = v0 , j(en ) = vn für alle n ∈ N.
20
2 Definition von Quantengraphen
v1
e1
v6
v5
v0
e2
v2
e3
e4 v4
v3
Abbildung 2.5: Beispiel B3
Für den Abstand aller Knoten aus X gilt: ρ(v0 , vn ) =
1
n
und für n 6= m: ρ(vn , vm ) =
1
n
1
+m
.
Somit ist ρ eine Metrik, aber Eigenschaft (E2) ist für v0 nicht erfüllt, da
1
=0
n∈N n
inf {l(e) | i(e) = v0 oder j(e) = v0 } = inf
e∈E
gilt.
Es müssten also nur die Fälle ausgeschlossen werden, in denen Kanten, deren Längen gegen
null gehen, an unendlich vielen Verbindungen zwischen zwei Knoten beteiligt sind (in B3 gibt
es jeweils genau einen Weg zwei Knoten zu verbinden, ohne dass ein Knoten mehrfach besucht
wird). Aber selbst das ist zu viel. Es könnten “hinter”den Kanten mit inf l(e) = 0 noch Kanten
konstanter Länge kommen, womit das Infimum über die Längen der gesamten Polygonzüge
immer größer als null bleibt. Bei einer Modifikation von Beispiel B2 mit l(e2n ) = 1 ∀ n ∈ N
gibt es unendlich viele verschiedene Verbindungen zwischen v−1 und v0 , wobei immer eine
Kante der Länge eins enthalten ist. Damit ist ρ eine Metrik.
Es ist also keine genaue Charakterisierung möglich, wann genau ρ eine Metrik auf X ist.
Die einzige mögliche Einschränkung ist: ρ ist genau dann eine Metrik, wenn ρ(v, w) > 0 ist
für alle Knoten v 6= w.
Andere, handlichere Eigenschaften, die (E2) enthält, sind:
inf {l(e)} > 0
(E3)
∀ v ∈ V ist dv < ∞.
(E4)
e∈E
und:
Für beide Eigenschaften ist klar, dass, wenn sie erfüllt sind, auch (E2) gilt. In Beispiel B3
sind sie demnach nicht erfüllt. Es gibt aber metrische Graphen, die die Eigenschaften (E2)
und (E4) erfüllen, allerdings nicht Eigenschaft (E3):
Beispiel B4. Sei der folgende metrische Graph gegeben: E = {ek }k∈N , V = {vk }k∈N . l : E →
(0, ∞] sei definiert durch l(ek ) =
1
2k
∀ k ∈ N. Da es keine unendliche langen Kanten gibt, sind
die Funktionen i und j auf ganz E definiert. Sie sollen durch folgende Vorschriften gegeben
sein:
i(e1 ) = v1
i(ek ) = j(ek−1 ) = vk ∀ k ≥ 2
Der resultierende Graph ist in Abbildung 2.6 zu finden.
2.2 Eine Metrik auf Metrische Graphen
21
e1
e2
e3
v1
v2
v3
e4 e5
v4 v5 v6
Abbildung 2.6: Beispiel B4
Offensichtlich sind (E2) und (E4) erfüllt und damit ρ eine Metrik auf X. Allerdings gilt
(E3) nicht, da inf e∈E = inf k∈N
2
2k
= 0 ist. Es gib auch Beispiele von metrischen Graphen,
die (E3) nicht erfüllen, für die jedoch (E2) und (E4) gilt. Beispiel B3 mit l(ek ) = 1 wäre
ein solches. Die folgende Tabelle und das Mengendiagramm in Abbildung 2.7 geben noch
einmal einen Überblick darüber, für welche Graphen ρ eine Metrik ist und wann die einzelnen
Eigenschaften (E1) bis (E4) erfüllt sind.
Beispiel
ρ Metrik
(E1) erfüllt
(E2) erfüllt
(E3) erfüllt
(E4) erfüllt
Beispiel B1
nein
nein
nein
nein
nein
Beispiel B2
nein
ja
nein
nein
nein
Beispiel B3
ja
ja
nein
nein
nein
Beispiel B4
ja
ja
ja
nein
ja
zusammenhängende metrische Graphen
E1
ρ ist Metrik
B3
B4
E2
E3
E4
B2
B1
Abbildung 2.7: Mengendiagramm metrischer Graphen
Auf den meist benutzten Modellen - Gitter, wie Zd , oder Quantenbäumen - sind die Eigenschaften (E3) und (E4) immer erfüllt.
Für jeden beliebigen zusammenhängenden metrischen Graphen ist eine Metrik konstruier-
22
2 Definition von Quantengraphen
bar. Allerdings basiert diese dann nicht mehr auf den natürlichen Längen der Intervalle Ie .
Die Metrik wird so eingeführt, dass jeweils der Start- und Endpunkt einer Kante den Abstand 1 haben. Sei Γ1 = (V, E, l1 , i, j) dieser beliebige zusammenhängende metrische Graph.
Sei Γ2 = (V, E, l2 , i, j), wobei l2 (e) = 1 für alle Kanten e ∈ E gesetzt wird. Die Bijektion
γ : XΓ1 → XΓ2

(e , tx ) für x = (e , t ) 6∈ V
x l1 (ex )
x x
γ(x) =
x
für x ∈ V
bietet eine Identifikationsmöglichkeit von Punkten aus XΓ1 mit Punkten aus XΓ2 und umgekehrt.
Dann wird für x, y ∈ XΓ1 durch d(x, y)Γ1 = ρ(γ(x), γ(y))Γ2 eine Metrik auf XΓ1 definiert
(ρ ist Metrik auf XΓ2 , da für diesen (E4) gilt, und damit d auf XΓ1 ).
2.3 Weitere Eigenschaften Metrischer Graphen
In diesem Abschnitt werden weitere Eigenschaften metrischer Graphen untersucht. Wenn ρ
eine Metrik auf X ist, dann induziert diese eine Topologie. Es wird untersucht, wann diese
gleich der Initialtopologie G auf X ist. Danach geht es um Vollständigkeit des metrischen
Raumes (X, ρ) und Kompaktheit der Räume (X, G) und (X, ρ).
Zuerst wird das Hilfsmittel der Basen von Topologien eingeführt.
Definition 2.3.1. Sei (X, G) ein topologischer Raum und ∅ =
6 L ⊂ P(X). L heißt Basis der
Topologie, wenn L eine Teilmenge von G ist und es für jede offene Menge der Topologie,
S
G ∈ G, ein Familie {Bα } mit Bα ∈ L gibt, so dass G = α Bα gilt. Gleichzeitig ist jede
Basis auch eine Subbasis einer Topologie. ∅ 6= L ⊂ P(X) ist eine Subbasis von G, wenn der
Durchschnitt aller Topologien, die L enthalten, gerade G ist.
Bemerkung 2.3.2.
• Seien Gi (i ∈ I) Topologien auf X. Dann ist
(
)
\
0
L :=
Gi | I ⊂ I endlich, Gi ∈ Gi
i∈I 0
eine Basis der Supremumstopologie aller Gi .
• Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann bildet für jedes x ∈ X das System Ux = {Br (x) |
r ≥ 0}, Br (x) := {y ∈ X | d(x, y) < r} eine Umgebungsbasis von x ∈ X. Die VereiniS
gung aller Umgebungssysteme x∈X Ux bildet eine Basis zur von der Metrik induzierten
Topologie.
Hilfssatz 2.3.3. Seien G1 , G2 Topologien auf X mit den Basen L1 und L2 . Dann gilt:
G1 ⊂ G2 ⇐⇒ ∀ x ∈ B1 mit B1 ∈ L1 ∃ B2 ∈ L2 | x ∈ B2 ⊂ B1
2.3 Weitere Eigenschaften Metrischer Graphen
23
Beweis. =⇒ Sei G1 ⊂ G2 und x ∈ B ∈ L1 . Aus L1 ⊂ G1 ⊂ G2 folgt B ∈ G2 . Also gibt
S
es Mengen Bα ∈ L2 , so dass α Bα = B gilt. Somit gibt es eine Menge Bα0 , für die
x ∈ Bα0 ⊂ B wahr ist.
⇐= Sei B ∈ L1 . Dann gibt es für jedes x ∈ B eine Menge Bx ∈ L2 , so dass x ∈ Bx ⊂ B
S
gilt, womit die Vereinigung über alle diese Mengen Bx : x∈B Bx gerade B ergibt. Eine
beliebige Vereinigungen offener Mengen aus (X, G2 ) ist wieder eine offene Menge: B ∈
G2 . Dies gilt für jede Menge aus der Basis, womit L1 ⊂ G2 gezeigt ist. Da G1 die kleinste
Topologie ist, die L1 enthält, gilt auch G1 ⊂ G2 .
Wenn ρ eine Metrik auf X ist, dann wird mit % die von ρ auf X induzierte Topologie
bezeichnet.
Satz 2.3.4. Für jeden Knoten ist der Grad, dv , genau dann endlich, wenn ρ eine Metrik auf
X ist und die Topologie % mit der Initialtopologie G übereinstimmt.
Beweis.
• Sei dv < ∞ für alle Knoten v ∈ V . Dann ist natürlich in jedem Fall ρ Metrik
auf X. Offene Kreise mit Radius r sind definiert als Br (x) = {y ∈ X | ρ(x, y) < r}.
Sei G eine Menge aus der Basis von %. Dann ist G ein offener Kreis in der Metrik ρ um
einen inneren Punkt x: G = Br (x). Sei f : X → C folgender Maßen definiert:
f (y) = max{r − ρ(x, y), 0}
Dann ist klar, dass f ∈ C gilt. Und f −1 ({z ∈ C | |z −
r+2
2 |
<
r
2
+ 1}) = Br (x) ist eine
offene Menge aus der Basis von G, also gibt es ∀ y ∈ Br (x) eine Menge Gy := f −1 ({z ∈
C | |z −
r+2
2 |
<
r
2
+ 1}) aus der Basis von G, so dass y ∈ Gy ⊂ Br (x) gilt, woraus nach
Hilfssatz 2.3.3 % ⊂ G folgt.
Für eine beliebige Menge G aus der Basis der Initialtopologie, gibt es Funktionen fk ∈ C,
k = 1, 2, . . . n und offene Mengen Uk ⊂ C, so dass
G=
n
\
fk−1 (Uk )
k=1
gilt. Sei x ∈ G. Mit d(x, y) = |x − y| als Metrik in C gibt es zu jedem Uk eine offene Umgebung aus der Umgebungsbasis zu fk (x), so dass diese in Uk enthalten ist:
Brk (fk (x)) ⊂ Uk in C.
– Wenn x = (ex , t) kein Knoten ist, dann wird k gleich rk gesetzt. In der Definition
von C wurde gefordert, dass alle enthaltenen Funktionen stetig auf jedem Intervall
Ie sind. Also sind die Funktionen fk auf Iex im üblichen Sinne stetig. Das heißt, für
jedes k gibt es ein δk > 0, so dass |fk (x) − fk (y)| < k für alle y = (ex , ty ) ∈ Iex ,
24
2 Definition von Quantengraphen
die |t−ty | < δk erfüllen. Auf dem Intervall Iex gilt allerdings |t−ty | = ρ(x, (ex , ty )).
Das Minimum aller dieser Radien und der Abstände von t zum Rand der Kante
ex sei bezeichnet mit
δ := min{t, l(ex ) − t, δk | k = 1, 2, . . . , n}
und die Menge B ⊂ X definiert als die Umgebung um x mit dem Radius δ in der
Metrik ρ.
Dann gilt: für alle y ∈ B: |fk (x) − fk (y)| < rk , was fk (B) ⊂ Brk (fk (x)) ⊂ Uk
entspricht. Das Anwenden von fk−1 ergibt dann B ⊂ fk−1 fk (B) ⊂ fk−1 (Uk ), womit
eine Menge aus der Basis der Topologie % gefunden wurde, die x enthält und in G
enthalten ist.
– Wenn x ∈ V , dann seien e1 , e2 , . . . , em die Kanten mit i(e) = x oder j(e) = x.
Dabei gilt m ≤ dx , da es Schlaufen an diesem Knoten geben kann. k > 0 sei wieder
gleich rk . Da die auf den Intervallen Ies stetigen Funktionen ihren Grenzwert in
i(es ) bzw. j(es ) annehmen, gilt auch hier: für alle k > 0 gibt es ein δk,s mit
l(es ) > δk,s > 0, so dass für alle y = (es , ty ) ∈ Ies mit ρ(x, y) < δk,s auf der
Kante es gilt |fk (x) − fk (y)| < k . Wird wieder das Minimum aller δk,s gebildet,
dann ist dieses größer null, da sowohl m als auch n endlich ist. Für die Umgebung
B = Bδ (x) ⊂ X gelten dann die gleichen Beziehungen wie im ersten Fall, also
B ⊂ f −1 (Uk ).
Damit ist für jedes x ∈ G eine Umgebung von x aus der Umgebungsbasis zur Metrik ρ
gefunden, die in G enthalten ist. Es gilt also G ⊂ %. Für dv < ∞ wurde also gezeigt, dass
ρ eine Metrik auf X ist und die dadurch induzierte Topologie mit der Initialtopologie
übereinstimmt.
• Sei dv = ∞ für mindestens einen Knoten v0 ∈ V . Dann seien alle Kanten die an diesem
Knoten beginnen oder enden in der Menge Ev0 = {e ∈ E | i(e) = v0 oder j(e) = v0 }
zusammengefasst und durchnummeriert Ev0 = {en | n ∈ N}. Als Hilfsvariablen werden
mn := max{n, l(e2n ) } eingeführt. Die Funktion f


0






max{−mn t + 1, 0}



n
o
f (e, t) = max mn t − l(e2n ) + 1, 0





−mn t + 1

0 < t ≤ l(e2n )




m t − l(en ) + 1 sonst
n
2

1 v = v
0
f (v) =
.
0 sonst
: X → C ist definiert durch
für e 6∈ Ev0
e = en ∈ Ev0 , i(en ) = v0 , j(en ) 6= v0
e = en ∈ Ev0 , j(en ) = v0 , i(en ) 6= v0
e = en ∈ Ev0 und j(en ) = i(en ) = v0
2.3 Weitere Eigenschaften Metrischer Graphen
Sie ist also auf jeder Kante en spätestens im Abstand
25
1
n
von v0 aus null und bleibt es
auch, um so weiter sich davon entfernt wird. Das Urbild G := f −1 ({z ∈ C | |z − 1| < 1})
ist eine offene Menge in G, allerdings gibt es keine Menge aus der Basis von %, die in G
enthalten ist. Es könnte nur eine Menge aus der Umgebungsbasis zu v0 sein, aber egal
wie klein der Radius gewählt würde, es gäbe immer eine Kante en , für die
1
n
kleiner als
der Radius wäre. Aus Hilfssatz 2.3.3 folgt jetzt, dass G 6⊂ %.
Aus dv = ∞ folgt also, dass (ρ ist Metrik und % = G) nicht gilt. Dies impliziert, dass
aus (ρ ist Metrik und % = G) folgt: dv 6= ∞.
Um zu zeigen, dass % ⊂ G gilt, wurde die Annahme dv < ∞ nicht benutzt, diese Beziehung
gilt also auch, wenn es einen Knoten mit dem Grad unendlich gibt. Denn dafür ist lediglich
nötig, dass die Metrik stetig in der Topologie ist.
Der Beweis enthält eine noch stärkere Aussage: dv ist für alle Knoten v ∈ V genau dann
endlich, wenn (X, G) metrisierbar ist.
• Für den Fall dv < ∞ wurde eine Metrik angegeben.
• Gibt es einen Knoten v0 ∈ V mit dv0 = ∞, dann kann bei der Existenz einer Metrik d
auf X eine Funktion so gewählt werden, dass sie spätestens im Abstand d(x, v0 ) =
1
n
auf der Kante en identisch zu null ist. Dies wurde im Beweis für die Metrik d = ρ getan
und zeigt, dass es keine offene Umgebung mit Radius r um v0 in der Metrik d gibt, die
im Beweis konstruierten Urbild enthalten ist.
Bemerkung 2.3.5. Wenn ρ eine Metrik des metrischen Graphen ist, dann ist dieser nicht
automatisch vollständig.
Dazu wird Beispiel B4 betrachtet: Auf dem metrischen Graphen ist eine Cauchy-Folge in
X durch xn = vn gegeben. O.B.d.A. sei n < m, dann ist
n−1 m−1
m−1
X 1
1
1
ρ(xn , xm ) =
=
−
.
k
2
2
2
k=n
1
Offensichtlich findet sich
jedes > 0 ein
für
k ∈ N, so dass > 2k−1 . Damit gilt dann für alle
n−1
m−1 1
n, m ≥ k: ρ(xn , xm ) = 12
− 21
< .
≤ 2k−1
Allerdings gibt es kein x ∈ X, so dass xn in ρ gegen x konvergiert. (Sei x ∈ (ek × Iek ) ∪ {vk },
dann ist ρ(x, xn ) >
1
2k+1
für alle n ≥ k + 2.)
Hilfssatz 2.3.6. Wenn Eigenschaft (E3) erfüllt ist, dann ist (X, ρ) vollständig.
Beweis. Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in (X, ρ). Da es eine untere Schranke der Kantenlängen
c > 0 gibt, folgt: Für < c existiert ein N , so dass ρ(xn , xm ) ≤ für alle n, m > N . Alle
Folgenglieder xn mit n > N liegen dann nur noch auf bestimmten Kanten. Dabei können 2
unterschiedliche Fälle auftreten:
26
2 Definition von Quantengraphen
1. Ab diesem N liegen alle Folgenglieder nur noch auf einer Kante oder sind Anfangs- oder
Endpunkte dieser: xn ∈ (ek ×Iek )∪{i(ek ), j(ek )} für alle n > N . Wird i(ek ) = (ek , 0) und
i(ek ) = (ek , l(e)) gesetzt, dann ist dies äquivalent zu einem abgeschlossenem Intervall
(ek × [0, l(e)]) und die Metrik ρ auf diesem Intervall äquivalent zur euklidischen Metrik:
ρ(a, b) = |tb − ta | für a = (ek , ta ), b = (ek , tb ) und ta , tb ∈ [0, l(e)]. xn kann also
als (ek , tn ) geschrieben werden, wobei tn gegen ein t ∈ [0, l(e)] konvergiert, da [0, l(e)]
als abgeschlossene Teilmenge eines vollständigen Raumes (R) vollständig ist. Weil die
Abstände von tn zu tm gleich den Abständen von xn zu xm sind, ergibt sich (ek , t) als
Grenzwert von xn .
2. Die Glieder der Folge liegen nur noch auf Kanten an einem bestimmtem Knoten, d.h.
es gibt einen Knoten v ∈ V , so dass xn = v oder xn = (en , tn ) für alle n > N , wobei
i(en ) = v oder j(en ) = v gelten muss. Eventuell gibt es ein N2 > N , für welches Fall 1
für alle Folgenglieder xn mit n > N2 in Kraft tritt. Wenn es kein solches N2 gibt, dann
ist v der Grenzwert der Cauchy-Folge:
Sei
c
2
> > 0 beliebig. Dann gibt es ein N (), so dass ρ(xn , xm ) < für alle n,
m > N (). Wenn xn auf der Kante ex liegt, xn = (ex , t) mit n > N (), dann gibt es
ein k > N (), k 6= n mit xk 6= v, so dass xk nicht auf ex liegt (sonst träte Fall 1 auf).
Da aber ρ(xn , xk ) < ist, gilt offensichtlich auch ρ(xn , v) < . Denn v muss auf den
Polygonzügen von xk nach xv liegen, die das Infimum liefern - jeder andere Weg wäre
länger als , da jeweils noch bis zum anderen Ende der Kante gegangen werden müsste,
was mindestens
c
2
lang wäre. Also konvergiert die Cauchy-Folge gegen v.
Allerdings gibt es auch metrische Graphen die vollständig sind, bei denen (E3) nicht erfüllt
ist. Für Beispiel B3 kann mit der gleichen Argumentation wie im letzten Beweis gezeigt werden, dass, immer wenn Fall 2 auftritt, v0 der Grenzwert ist (kürzeste Verbindungen zwischen
2 verschiedenen Kanten enthalten immer v0 , da es gar keinen anderen Weg gibt).
Bemerkung 2.3.7. Meist ist (X, G) auch nicht kompakt:
(1) Für einen unendlichen metrischen Graphen ist der Topologische Raum (X, G) nicht
kompakt.
Beweis. Seien die Kanten mit Hilfe der natürlichen Zahlen durchnummeriert E =
2.3 Weitere Eigenschaften Metrischer Graphen
27
{en | n ∈ N}. Die Funktionen fn mit n ∈ N sind definiert als:
E1,n : = {e ∈ E | i(e) = i(en ) und j(e) 6= i(en ) und j(e) 6= j(en )}
E2,n : = {e ∈ E | i(e) = j(en ) und j(e) 6= i(en ) und j(e) 6= j(en )}
E3,n : = {e ∈ E | j(e) = j(en ) und i(e) 6= i(en ) und i(e) 6= j(en )}
E4,n : = {e ∈ E | j(e) = j(en ) und i(e) 6= i(en ) und i(e) 6= j(en )}
E5,n : = {e ∈ E | i(e) = j(e) = i(en ) oder i(e) = j(e) = j(en )}
E6,n : = {e ∈ E \ {en } | i(e) = i(en ) und j(e) = j(en )
oder i(e) = j(en ) und j(e) = i(en )}



1




3


t + 1}
max{0, − l(e)




3


max{0, l(e)
(t − 2l(e)

3 )}

fn (ek , t) = 

0 < t ≤ l(e)
− 3 t+1

3

 l(e)


l(e)
2l(e)


0

3 <t< 3







 3 (t − 2l(e) ) 2l(e) ≤ t < l(e )

k

3
3
l(e)



0

1 v = i(e ) oder v = j(e )
n
n
fn (v) =
0 sonst
für k = n
e ∈ E1,n ∪ E2,n
e ∈ E3,n ∪ E4,n
e ∈ E5,n ∪ E6,n
sonst
Offensichtlich ist fn ∈ C. Sei B1 (1) = {t ∈ C | |t − 1| < 1}, ein offener Kreis um
1 ∈ C mit Radius 1. Gn := fn−1 (B1 (1)) sind offene Teilmengen in (X, G) und ihre
S
Vereinigung ist gleich X: n∈N Gn ⊃ X, wobei (ek, l(e2k ) ) - der Mittelpunkt der Kante
ek - nur in Gk enthalten ist und in keiner weiteren Menge Gn mit n 6= k. Damit kann
aus dieser unendlichen Überdeckung keine endliche ausgesucht werden. (X, G) ist also
nicht kompakt für alle unendlichen metrischen Graphen.
(2) Wenn mindestens eine unendlich lange Kante in einem metrischen Graphen enthalten
ist, dann ist X nicht kompakt - sowohl als metrischer Raum (X, ρ), als auch als Topologischer Raum mit (X, G).
Sei eine der unendliche langen Kante mit e1 bezeichnet. In beiden Räumen kann eine
unendliche offene Überdeckung der Kante gefunden werden, so dass (e1 , n) ∈ X mit
n ∈ N in jeweils genau einer Menge aus der Überdeckung vorkommt. Es kann also keine
endliche Überdeckung ausgewählt werden.
28
2 Definition von Quantengraphen
(3) Für einen unendlichen metrischen Graphen auf dem ρ eine Metrik ist und für den ein
c > 0 existiert, so dass es unendlich viele Kanten gibt, die länger als c sind, ist X nicht
kompakt.
Wenn für jede Kante e1 , die länger als c ist, eine offene Umgebung der Form
x∈X |ρ
l(e1 )
e1 ,
2
l(e1 ) c
,x <
+
2
3
gewählt wird und eine weitere offene Umgebung, die alle restlichen Kanten bedeckt, aber
höchstens um
c
3
in eine dieser Kanten hineinragt, dann kann keine endliche Überdeckung
aus dieser ausgewählt werden, weil die Mittelpunkte dieser Kanten jeweils in genau einer
Menge enthalten sind.
Satz 2.3.8. Endliche metrische Graphen mit nur endlich langen Kanten sind immer kompakt.
Beweis. Für einen endlichen metrischen Graphen gelten offensichtlich (E3) und (E4), woraus
folgt, dass ρ eine Metrik und nach Hilfssatz 2.3.6 X vollständig ist. Aus Satz 2.3.4 ergibt sich:
Der Metrische Raum (X, ρ) ist genau dann kompakt, wenn der Topologische Raum (X, G)
kompakt ist, da beide Topologien übereinstimmen. Es bleibt nur noch zu zeigen, dass der
Graph total beschränkt ist.
Sei > 0. Es müssen endlich viele Punkte aus X gefunden werden, so dass die Vereinigung
der offenen -Umgebungen dieser Punkte ganz X überdecken. v1 , v2 , . . . , vn für jede Kante
e1 , e2 , . . . , em werden Punkte
ks es ,
2
2l(es )
mit ks = 1, 2, . . . ,
−1
gewählt. Diese überdecken jede Kante, da für ks =
l
2l(es )
m
− 1 : ks 2 > l(es ) −
2
gilt. Und es
sind nur endlich viele, weil l(es ) endlich ist. X ist also vollständig und total beschränkt, somit
also kompakt.
Zusammenfassend lässt sich über die metrischen Graphen sagen: Wenn Γ ein endlicher
metrischer Graph ist, dann sind automatisch (E3) und (E4) erfüllt, also ist ρ Metrik auf X,
die Initialtopologie ist gleich der durch die Metrik induzierten Topologie, (X, ρ) ist vollständig
und genau dann kompakt, wenn l(e) < ∞ für alle e ∈ E.
Für einen unendlichen metrischen Graphen, der (E3) und (E4) erfüllt, gilt: ρ ist Metrik
und die dadurch induzierte Topologie ist gleich zur Initialtopologie G, (X, ρ) ist vollständig
aber nicht kompakt.
Bemerkung 2.3.9. Metrische Graphen lassen sich auch als CW -Komplexe auffassen. Näheres
über diese findet sich zum Beispiel in [Rot88]
2.4 Funktionen auf Quantengraphen
29
2.4 Funktionen auf Quantengraphen
Auf kombinatorischen Graphen sind Funktionen nur auf den Knoten definiert. Im kontinuierlichen Fall des metrischen Graphen werden Funktionen auch auf allen Punkten der Kanten
definiert. Eine Funktion auf den metrischen Graphen in die komplexen Zahlen kann als zusammengesetzte Abbildung von Intervallen Ie = (0, l(e)) → C gesehen werden.
Für die Abbildungen der Kanten in die komplexen Zahlen wird wie gehabt die Lebesgueintegration eingeführt. Wobei für jede Kante (0, l(e)) der Maßraum gleich ((0, l(e)), B, µ) ist. B
ist das System der Borel Mengen über dem Intervall (0, l(e)), µ das Lebesguemaß, was einem
Intervall die übliche Länge zuordnet.
Damit können Funktionenräume für Funktionen f : (0, l(e)) → C über den Kanten eingeführt werden. Die Lp -Räume werden wie üblich als Räume der messbaren Funktionen mit
endlicher p-Norm definiert, es gilt also für p=2:



1
2




Z




2
2
L (Ie ) = f : f ist messbar und 
kf kC dµ(xe ) < ∞ .






(0,l(e))
Um einen Banachraum zu erhalten, wird eine Äquivalenzrelation auf den Funktionen eingeführt. Alle Funktionen, die sich nur auf Nullmengen unterscheiden werden als eine identifiziert. Als Menge der Äquivalenzklassen von L2 (Ie ) ergibt sich L2 (Ie ). Mit der L2 -Norm ist
R
dieser ein Banachraum und mit dem Skalarprodukt hf, giL2 (Ie ) = (0,l(e)) hf (x), g(x)iC dµ(x)
sogar Hilbertraum.
Als Raum L2 (Γ) werden alle auf allen Kanten messbaren und quadratintegrierbaren Funktionen mit endlicher L2 (Γ)-Norm bezeichnet:
(
)
Y
X
L2 (Ie ) |
kf k2L2 (Ie ) < ∞
L2 (Γ) := f ∈
e∈E
e∈E
!1
2
kf kL2 (Γ) :=
X
kf |e k2L2 (Ie )
.
e∈E hf, giL2 (Ie )
e∈E
Nach Hilfssatz 1.2.1 ist L2 (Γ), hf, giL2 (Γ) :=
P
ein Hilbertraum.
Die Funktionen in L2 (Ie ) sind im Allgemeinen nicht differenzierbar und nicht stetig. Um
Differentialoperatoren zweiter Ordnung auf Funktionen auf Γ anwenden zu können, werden
Funktionen aus dem Sobolevraum zweiter Ordnung betrachtet. Also alle messbaren Funktionen, die auf jeder Kante 2-mal schwach differenzierbar sind und die selbst, sowie ihre erste und
zweite Ableitung in L2 (Ie ) liegen. Aus Satz 1.4.6 folgt, dass H 2 (Ie ) mit dem Skalarprodukt
P
hf, giH 2 (Ie ) = 2n=0 hf (n) , g (n) iL2 (Ie ) ein Hilbertraum ist.
Die l2 -Summe aller dieser Sobolevräume über alle Intervalle Ie wird mit
M
H 2 (E) :=
H 2 (Ie )
i∈I
30
2 Definition von Quantengraphen
bezeichnet. Mit der zugehörigen Norm
!1
2
kf kH 2 (E) :=
X
kf |e k2H 2 (Ie )
<∞
e∈E
bzw. dem Skalarprodukt hf, giH 2 (E) =
P
e∈E hf, giH 2 (Ie )
ist dies wieder ein Banach- bzw.
Hilbertraum.
Eine Funktionen f ∈ H 2 (Ie ) kann laut Satz 1.4.12 stetig auf den Rand fortgesetzt werden,
d.h. die Grenzwerte der Funktion in den Randpunkten existieren. Sie werden in folgender
Weise bezeichnet: f (i(e)) := limt&0 f (t); für l(e) < ∞ ist f (j(e)) := limt%l(e) f (t) und für
l(e) = ∞ ergibt sich immer limt→∞ f (t) = 0. An dieser Stelle sei auch gleich die Menge aller
Kanten mit unendlicher Länge definiert als E∞ := {e ∈ E | l(e) = ∞}.
Laut Bemerkung 1.4.10 ist f ∈ H 2 (Ie ) auch einmal stetig differenzierbar, somit existiert
auch die erste Ableitung f 0 und auch diese ist stetig auf den Rand fortsetzbar. Um eine
einheitliche Schreibweise der Ableitungen in den Randpunkten der Intervalle Ie zu erhalten,
werden immer die aus den Randpunkten ausgehenden Ableitungen betrachtet. Für den Anfangspunkt ist dies die gewöhnliche Ableitung f 0 (i(e)) := limh&0
f (0+h)−f (i(e))
.
h
Ist l(e) < ∞,
e also kein Element von E∞ , dann ist die ausgehende Ableitung aus dem Endpunkt definiert
als f 0 (j(e)) := limh&0
limt→∞
f 0 (t)
f (l(e)−h)−f (j(e))
.
h
Weiterhin ist, nach Satz 1.4.12, für l(e) = ∞ immer
= 0 erfüllt.
Damit eine Funktion aus H 2 (E) als eine Funktion von
Q
e∈E Ie
→ C auf ganz Γ stetig wird,
müssen nur die Grenzwerte in den Knoten übereinstimmen. Das heißt, für jeden Knoten v ∈ V
gilt cv = f (i(ek )) = f (j(em )) für alle ek ∈ E mit i(ek ) = v und alle em ∈ E mit j(em ) = v.
Analog werden die Räume H 1 (Ie ) und H 1 (E) eingeführt. Funktionen aus H 1 (Ie ) sind stetig.
Definition 2.4.1. Ein zusammenhängender metrischer Graph Γ = (E, V, l, i, j), dessen Grad
der Knoten immer positiv und endlich ist, wird in dieser Arbeit als Quantengraph bezeichnet.
Die Definitionen und Bezeichnungen der Funktionenräume L2 (Ie ), L2 (Γ), H 2 (E) etc. und
die dazu gehörigen Normen k · kL2 (Ie ) , k · kL2 (Γ) etc. werden für Quantengraphen übernommen,
ebenso wird die Unterscheidung in endliche und unendliche Quantengraphen von den metrischen Graphen übertragen.
In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen eines Quantengraphen - manchmal
beinhalten sie nur den metrischen Graphen und manchmal noch etwas mehr, nämlich einen
selbstadjungierten Differentialoperator. Im nächsten Kapitel werden verschiedene selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf Quantengraphen eingeführt.
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf
Quantengraphen
In diesem Kapitel werden Laplace-Operatoren auf Quantengraphen betrachtet. Ziel ist es
Randbedingungen zu finden, die garantieren, dass der Operator selbstadjungiert ist. Aufbauend auf einem Resultat von Kostrykin und Schrader für einen Spezialfall, werden deren Randbedingungen erst auf beliebige endliche Quantengraphen erweitert. Dann wird mit Hilfe von
quadratischen Formen bewiesen, dass diese garantieren, dass der negative Laplace-Operator
auf dem Definitionsbereich aller Funktionen aus H 2 (E), die den Randbedingungen genügen,
selbstadjungiert ist.
Während dieses Prozesses stellt sich heraus, welche Anforderungen an unendliche Quantengraphen gestellt werden müssen, damit die selbe Technik wieder angewendet werden kann.
Die Vorgehensweise entspricht dabei der von Peter Kuchment in [Kuc04] verwendeten. Es
werden alle Details und Zwischenschritte angegeben, die zum Teil in der Veröffentlichung
fehlen.
3.1 Knoten-Randbedingungen für den Laplace-Operator
Sei ein beliebiger Quantengraph Γ = (E, V, l, i, j) gegeben, dann ist der Operator der negativen zweiten Ableitung auf dem ganzen Raum H 2 (E) nicht selbstadjungiert. Deshalb müssen
Randbedingungen gefunden werden, die dies realisieren. Üblicher Weise werden Anforderungen an die Funktionen und ihre(r) Ableitung(en) in den Randgebieten, die hier aus den Knoten
bestehen, gestellt. Diese werden hier Knoten-Randbedingungen genannt.
Allerdings existiert für eine Funktion aus L2 (Γ) kein Funktionswert in einem Punkt im
üblichen Sinne, da Funktionswerte auf einer Menge vom Maße null beliebig gewählt/verändert
werden können. Funktionen aus H 2 (E) sind jedoch stetig, wie auch ihre ersten Ableitungen.
Deshalb macht es für diese wieder Sinn von Funktionswerten und Ableitungen in den Knoten
bzw. den Anfangs- und Endpunkten der Kanten zu sprechen.
Definition 3.1.1. Sei f eine Funktion aus dem Raum H 2 (E). Der Vektor der Grenzwerte
der Funktion in den Anfangs- und Endpunkten, die dem Knoten v entsprechen, wird mit
[f (v)] := (f (·(e1 )), f (·(e2 )), . . . , f (·(edv )))T
bezeichnet, wobei · für die Funktionen i oder j stehen kann, so dass i(ek ) enthalten ist, wenn
31
32
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
i(ek ) = v gilt bzw. j(ek ), wenn j(ek ) = v. Analog sei
[f 0 (v)] = (f 0 (·(e1 )), f 0 (·(e2 )), . . . , f 0 (·(edv )))T
der Vektor der Werte der ausgehenden Ableitungen, f 0 (i(ek )) bzw. f 0 (j(ek )) mit i(ek ) = v
bzw. j(ek ) = v, des Knotens v.
Der Vektor [·(v)] existiert für jede Funktion aus H 1 (E) und ist ein Element von Cdv , da die
Ordnung eines Knotens gerade der Anzahl Anfangs- bzw. Endpunkte, für die i(e) = v oder
j(e) = v gilt, entspricht.
Diese Schreibweise als Zusammenfassung der Werte einer Funktion bzw. deren ausgehenden
Ableitung in allen Anfangs- und Endpunkten äquivalent v zu [f (v)] bzw. [f 0 (v)] wird später
oft verwendet.
Für einen Graphen der aus einem Knoten und n unendlich langen, ausgehenden Kanten
besteht wurde ein schönes Ergebnis gefunden:
Satz 3.1.2. Sei ein Quantengraph durch E = {e1 , e2 , . . . , en }, V = {v} und den Funktionen
)
l(ek ) = ∞
∀ k = 1, 2, . . . , n
i(ek ) = v
D(j) = ∅
gegeben. Seien weiterhin zwei n × n-Matrizen A und B gegeben, so dass der Rang der n × 2n
Matrix (A, B) gleich n ist. Betrachtet werden alle Funktionen f aus H 2 (E), die die Gleichung
A[f (v)] + B[f 0 (v)] = 0 erfüllen:
DA,B := {f ∈ H 2 (E) | A[f (v)] + B[f 0 (v)] = 0}.
Der Laplace-Operator mit dem Definitionsbereich DA,B ist genau dann selbstadjungiert, wenn
die Matrix AB ∗ selbstadjungiert ist.
Dies wurde von Kostrykin und Schrader in [KS99] gezeigt, Gleiches gilt natürlich für den
negativen Laplace-Operator.
Ziel ist nun, das Ergebnis auf beliebige Quantengraphen zu erweitern. Nahe liegend ist die
Vermutung, dass das Kriterium in jedem Knoten einzeln erfüllt sein muss. Sei also ein beliebiger Quantengraph Γ = (E, V, l, i, j) gegeben und seien für jeden Knoten v ∈ V Matrizen
Av und Bv der Größe dv × dv gegeben, so dass (Av , Bv ) Rang dv hat. Dann sollte der negative Laplace-Operator mit dem Definitionsbereich DA,B := {f | f ∈ H 2 (E) und Av [f (v)] +
Bv [f 0 (v)] = 0} selbstadjungiert sein, wenn alle Matrizen Av Bv∗ selbstadjungiert sind.
Dass dem so ist, wird in den folgenden Abschnitten bewiesen. Um die zugehörigen quadratischen Formen zu beschreiben, ist eine äquivalente Formulierung der Randbedingungen
nötig. Diese wird mit Hilfe der nächsten zwei Hilfssätze gewonnen.
Da die Randbedingungen von unterschiedlichen Knoten unabhängig sind, wird jeweils nur
ein Knoten betrachtet und die Indices der Matrizen, der Übersichtlichkeit halber, weggelassen.
3.1 Knoten-Randbedingungen für den Laplace-Operator
33
Definition 3.1.3. Für die Matrix B bezeichne im folgenden P die orthogonale Projektion
auf den Unterraum des Kerns der Matrix und Q1 die orthogonale Projektion auf das Bild.
Analog seien P1 und Q die orthogonalen Projektionen auf den Kern und das Bild von B ∗ .
Siehe auch Abbildung 3.1.
Q
Cd
P
im B ∗
ker B
im B
ker B ∗
Q1
Cd
P1
Abbildung 3.1: Projektionen auf Bild und Kern von B, B ∗
Dann gelten folgende Hilfssätze:
Hilfssatz 3.1.4. Seien A, B zwei d × d Matrizen, so dass rg(A, B) = d und AB ∗ selbstadjungiert ist. Dann gilt:
(1) A bildet das Bild von B ∗ in das Bild von B ab,
(2) P1 AP : ker B → ker B ∗ ist invertierbar,
(3) Q1 BQ : im B ∗ → im B ist invertierbar und die Inverse wird mit B −1 bezeichnet
(4) und die Matrix B −1 AQ ist selbstadjungiert.
Beweis.
(1) Laut Voraussetzung gilt AB ∗ x = BA∗ x für jedes x ∈ Cd . B ∗ x ist ein Element
aus dem Bild von B ∗ , und BA∗ x ein Element aus im B. Wenn x ganz Cd durchläuft,
dann durchläuft B ∗ x das ganze Bild von B ∗ und AB ∗ x liegt immer im Bild von B.
(2) Zuerst wird gezeigt, dass für einen linearen Operator T : Cd → Cd gilt: (im T )⊥ =
ker T ∗ :
– Sei y ∈ (im T )⊥ , dann gilt hy, T xi = 0 ∀ x ∈ Cd . Daraus folgt, dass hT ∗ y, xi =
0 ∀ x ∈ Cd . Da T ∗ y ein Element von Cd ist, gilt die letzte Gleichung auch für die
spezielle Wahl x = T ∗ y, also hT ∗ y, T ∗ yi = 0. Aus den Axiomen des Skalarproduktes
folgt, dass T ∗ y = 0 ist, was y ∈ ker T ∗ impliziert.
– Sei y ∈ ker T ∗ , dann gilt, dass T ∗ y = 0 ist. Also ist hT ∗ y, xi = 0 ∀ x ∈ Cd . Woraus
folgt, dass hy, T xi = 0 ∀ x ∈ Cd . Dies bedeutet, dass y senkrecht zur Menge T (Cd )
steht, also liegt y in (im T )⊥ .
34
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
Damit ist gezeigt, dass die beiden Unterräume ker T ∗ und im T von Cd senkrecht aufeinander stehen. Woraus für deren Dimensionen die Gleichung dim(ker T ∗ )+dim(im T ) = d
folgt. Allerdings gilt auch folgende Beziehung dim(ker T ) + dim(im T ) = d. Diese beiden
Beziehungen implizieren, dass die Dimensionen der Kerne und die Dimensionen der Bilder von T und T ∗ gleich sind. Hier also die Dimensionen der Bilder und Kerne von B und
B ∗ . Der Raum Cd wird einmal zerlegt in im B ∗ ⊕ ker B und einmal in im B ⊕ ker B ∗ . Sei
dim(im B ∗ ) = dim(im B) = r. Dann haben die Kerne ker B und ker B ∗ die Dimension
d − r.
Die Matrix (A, B) soll Rang d haben, was bedeutet, dass die Vektoren Bx und Ax für
gewisse x ∈ Cd wieder ganz Cd aufspannen müssen. Bx liegt immer im Bild von B, welches Dimension r hat. Also müssen die Vektoren Ax wenigstens den Komplementärraum
ker B ∗ aufspannen. Ein Vektor y ∈ Cd wird eindeutig dargestellt durch y = P y + Qy.
Für Ay = AQy + AP y liegt AQy immer im Bild von B. Folglich müssen die Vektoren
AP y ker B ∗ aufspannen. Da der Unterraum P (Cd ) = ker B, wie ker B ∗ , die Dimension
d − r hat, muss AP y als Abbildung von ker B nach ker B ∗ injektiv sein. Das heißt, AP y
liegt für alle y ∈ ker B ∗ und für P y 6= 0 gilt AP y 6= 0. Damit ist P1 AP y injektiv und
surjektiv (da der ganze Raum aufgespannt werden muss), also invertierbar.
(3) Offensichtlich liegt im Kern von BQ, für den Definitionsbereich im B ∗ , nur der Nullvektor. BQ liegt im Bild von B, also ist Q1 BQ = BQ und damit auch invertierbar. Für
die Inverse (Q1 BQ)−1 wird B −1 geschrieben.
(4) In diesem Teil des Beweises werden einige Eigenschaften orthogonaler Projektionen
verwendet. Jede orthogonale Projektion ist idempotent und sie ist selbstadjungiert, das
heißt QQ = Q und Q∗ = Q. Die Definitionen von Q1 und Q ergeben sofort, dass
Q1 B = B
(3.1)
QB ∗ = B ∗
(3.2)
gelten. Genauso folgt aus den Definitionen von P und P1 für alle y ∈ Cd
BP y = 0
(3.3)
B ∗ P1 y = 0
(3.4)
Ausgehend von der Voraussetzung AB ∗ = BA∗ kann die Behauptung gewonnen werden.
Es gilt für jedes x ∈ Cd :
AB ∗ x = BA∗ x.
Mit Hilfe der orthogonalen Projektionen kann x als P1 x+Q1 x und A∗ x als QA∗ x+P A∗ x
geschrieben werden, was
AB ∗ Q1 x + AB ∗ P1 x = BQA∗ x + BP A∗ x
3.1 Knoten-Randbedingungen für den Laplace-Operator
35
ergibt. Einsetzen von Gleichung (3.4) mit y = x und Gleichung (3.3) mit y = A∗ x liefert
AB ∗ Q1 x = BQA∗ x.
Einfügen von Gleichung (3.2) und (3.1) transformiert dies zu
AQB ∗ Q1 = Q1 BQA∗ .
Q ist idempotent, es darf also QQ an Stelle von Q geschrieben werden. Weiterhin wird
auf der linken Seite QB ∗ Q1 zu (Q1 BQ)∗ umgewandelt, wobei die Selbstadjungiertheit
der orthogonalen Projektionen ausgenutzt wird
AQ(Q1 BQ)∗ = Q1 BQQA∗ .
Wird mit den nach (3) existierenden Inversen (Q1 BQ)−1 von links und (Q1 BQ)−1
∗
von rechts multipliziert, ergibt dies unter Verwendung von T −1 = (T ∗ )−1
(Q1 BQ)−1 AQ = QA∗ (Q1 BQ)−1
∗
∗
,
was mit der Schreibweise von B −1 die Behauptung ergibt.
Hilfssatz 3.1.5. Seien A, B wieder zwei d × d Matrizen, so dass rg(A, B) = d und AB ∗
selbstadjungiert ist. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(i)
(ii)
(iii)
A[f (v)] + B[f 0 (v)] = 0
(R1)
P [f (v)] = 0 und LQ[f (v)] + Q[f 0 (v)] = 0,
)
!
(
!
[f (v)]
q
q ∈ im B ∗
∈ V (Q, L), wobei V (Q, L) =
mit
p ∈ ker B
[f 0 (v)]
−Lq + p
(R2)
(3.5)
wobei L der selbstadjungierte Operator B −1 AQ aus dem vorigen Hilfssatz ist.
[f (v)] und [f 0 (v)] sind hier nicht als Vektoren von Funktionswerten oder Ableitungen zu
sehen. Der Hilfssatz gilt allgemein für beliebige Vektoren x ∈ Cd , also auch für diese spezielle
Wahl. Um das zu verdeutlichen und die Schreibweise im Beweis zu vereinfachen, wird an
Stelle von [f (v)] - x und an Stelle von [f 0 (v)] - y geschrieben.
Beweis.!Zuerst wird die Äquivalenz von (i) zu (iii) gezeigt. Werden x und y zu einem Vektor
x
z=
zusammengefasst, dann ist (i) äquivalent zur Aussage, dass z in ker(A, B) liegt. (i)
y
und (iii) sind also äquivalent, wenn ker(A, B) = V (Q, L) gilt.
36
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
• Sei z =
q
−Lq + p
!
∈ V (Q, L). Dann ist
(A, B)z = Aq − BLq + Bp = Aq − B(Q1 BQ)−1 AQq + Bp
Laut Hilfssatz 3.1.4 (1) liegt AQq in im B, also ist BB −1 AQq = AQq = Aq. Weiterhin
ist Bp = 0, da p im Kern von B liegt. Somit ergibt sich (A, B)z = Aq − Aq + Bp zu
null, was z ∈ ker(A, B) bzw. V (Q, L) ⊂ ker(A, B) zeigt.
• Laut den Dimensionsbezeichnungen aus dem letzten Hilfssatz, spannen die Vektoren
q ∈ im B ∗ einen Vektorraum der Dimension r auf. Analog spannen die Vektoren p ∈
ker B einen Raum der Dimension d − r auf. Da die Vektoren −Lq in im B ∗ liegen,
welches senkrecht zu ker B steht, ist die Dimension des Raumes V (Q, L) größer oder
gleich r + (d − r) = d. Da (A, B) den Rang d hat, ist sowohl die Dimension des Bildes als
auch des Kerns von (A, B) gleich d. Damit ist die Dimension von V (Q, L), welches in
ker(A, B) enthalten ist, auch gleich d. Also stimmen die beiden Vektorräume überein.
(ii) ist äquivalent zu (iii):
!
q
∈ V (Q, L). Dann gilt P q = 0, da q aus dem Bild von B ∗ ist und
• Sei z =
−Lq + p
somit von P auf null abgebildet wird.
Analog bildet Q p auf null ab und A bildet ein Element aus dem Bild von B ∗ in das Bild
von B ab (3.1.4 (1)), was von B −1 zurück auf ein Element im Bild von B ∗ abgebildet
wird. Also liegt LQq schon in im B ∗ :
LQq + Q(−LQq + p) = Lq − Lq + Qp = 0.
Für x = q und y = −Lq + p sind damit die Gleichungen aus (ii) erfüllt.
• Seien x, y gegeben, so dass P x = 0 und LQx + Qy = 0 erfüllt sind. Dann liegt x im
Bild von B ∗ und y ist gleich P y + Qy =!P y − LQx, wobei P y immer ein Element aus
x
dem Kern von B ist. Demnach liegt
in V (Q, L).
y
Bemerkung 3.1.6. Durch V (Q, L) werden Q und L eindeutig bestimmt.
Beweis. Gegeben ist der Vektorraum V (Q, L), der von gewissen Q und L erzeugt wurde. Zu
zeigen ist, wie sich aus V (Q, L) Q und L eindeutig gewinnen lässt.
(
!
)
Qx
x beliebig
V (Q, L) =
mit
−LQx + p
p ∈ im(1 − Q) = ker B ∗
3.2 Kirchhoff Knoten-Randbedingungen
37
ist dabei Unterraum von C2d , die Projektion Πd : V (Q, L) → Cd auf die ersten d Komponenten
von v ∈ V (Q, L) ergibt gerade Q. Damit ist auch P = I − Q bestimmt.
Sei q ∈ im B ∗ beliebig, dann existiert v = (q, w)T ∈ V (Q, L) für ein gewisses w = −Lq + p.
Wird Q auf w angewendet wird der Teil aus ker B auf null abgebildet, also ist Πd w = −QLq =
−Lq (Lq liegt schon in im B ∗ ). Also ist auch L : im B ∗ → im B ∗ eindeutig bestimmt.
Damit lassen sich die Knoten-Randbedingungen der Form (R1) für beliebige Quantengraphen in die Form (R2) umwandeln.
Folgerung 3.1.7. Sei Γ = (E, V, l, i, j) ein beliebiger Quantengraph für den ein Satz von
Matrizen mit folgender Eigenschaft gegeben ist:
∀ v ∈ V gibt es zwei dv × dv Matrizen Av und Bv ,
rg(Av , Bv ) = dv ∀ v ∈ V,
Av Bv∗ ist selbstadjungiert ∀ v ∈ V,













Pv : Cdv → ker Bv und Qv : Cdv → im Bv∗ sind die orthogonalen Projektionen





∗

auf Kern und Bild von Bv und Bv





−1
und Lv der selbstadjungierte Operator Bv Av Qv laut Hilfssatz 3.1.4 (4)
(KS)
Aus den beiden Hilfssätzen 3.1.4 und 3.1.5 folgt unmittelbar für
DA,B := {f ∈ H 2 (E) | ∀ v ∈ V gilt Av [f (v)] + Bv [f 0 (v)] = 0}
DP,L := {f ∈ H 2 (E) | ∀ v ∈ V gilt Pv [f (v)] = 0 und Lv Qv [f (v)] + Qv [f 0 (v)] = 0} :
Eine Funktion f ∈ H 2 (E) liegt genau dann in DA,B , wenn sie in DP,L liegt.
Was bisher nicht betrachtet wurde, sind die unendlich langen Kanten. Deren Enden haben
keinen Endpunkt und demzufolge gibt es auch keinen Knoten der dem Ende entspricht. Es
gibt also keine Randbedingungen für diese Enden. Dies ist allerdings keine Einschränkung,
da für jede Funktion f ∈ H 2 (Ie ) mit l(e) = ∞ auf dem Intervall Ie laut Satz 1.4.12
lim f (t) = 0
t→∞
und
lim f 0 (t) = 0
t→∞
gilt. Für jede beliebige Wahl von Knoten-Randbedingungen der Form (R1) oder (R2) in einem
unendlichen Ende, wären diese für jede Funktion aus H 2 (E) automatisch erfüllt.
3.2 Kirchhoff Knoten-Randbedingungen
Betrachtet wird ein beliebiger Quantengraph Γ = (E, V, l, i, j). Die Kirchhoff Knoten-Randbedingungen sind Anforderungen an die Ableitung und die Funktionswerte der zu betrachtenden
38
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
Funktionen auf dem Rand des Definitionsbereiches. Für die Ableitungen soll gelten, dass die
Summe der ausgehenden Ableitungen in jedem Knoten gleich Null ist:
X
∀ v ∈ V ist
X
f 0 (i(e)) +
f 0 (j(e)) = 0,
(3.6)
e∈E | j(e)=v
e∈E | i(e)=v
dies entspricht auch der Anforderung, dass die Summe aller Einträge des Vektors [f 0 (v)] gleich
null ist. Weiterhin soll die Funktion über den ganzen Graphen stetig sein. Dazu müssen die
Grenzwerte - f (i(e)) bzw. f (j(e)) für alle Kanten mit i(e) = v bzw. j(e) = v - in jedem
Knoten übereinstimmen, das heißt, für jeden Knoten v ∈ V enthält der Vektor [f (v)] die
gleiche Konstante in jeder Komponente: [f (v)] = (cv , cv , . . . , cv )T .
Das Ziel ist zu zeigen, dass die Kirchhoff Knoten-Randbedingungen durch Knoten-Randbedingungen der Form (R1) - und damit auch in der Form (R2) - dargestellt werden können.
Die Menge der Funktionen aus H 2 (E), die die Kirchhoff Bedingungen erfüllen, wird mit
K(Γ) bezeichnet. Um das Ziel zu erreichen, müssen für jeden Knoten v ∈ V Matrizen Av und
Bv mit folgenden Eigenschaften gefunden werden:
• (Av , Bv ) hat vollen Rang,
• Av Bv∗ ist selbstadjungiert,
• die Menge K(Γ) und die Menge aller Funktionen f ∈ H 2 (E), die die Gleichung Av [f (v)]+
Bv [f 0 (v)] = 0 erfüllen, stimmen überein.
Für Knoten gleicher Ordnung können die gleichen Matrizen benutzt werden. Bezeichne n
die Ordnung der Knoten, In die Einheitsmatrix der Größe n × n und En die n × n Matrix mit
nur Einsen als Einträgen. Dann liefern folgende Matrizen, für die jeweilige Ordnung dv = n,
die benötigten Eigenschaften:
An = −n · In + En und Bn = En .




−2 1
1
1 1 1




Für n = 3 ergibt sich z.B.: A3 =  1 −2 1  und B3 = 1 1 1 .
1
1 −2
1 1 1
0
Sei An die n×n Matrix, deren letzte Spalte gleich einer Spalte von Bn ist und deren restliche
Spalten mit den Spalten von An übereinstimmen. Dann ist die Determinante von A0n offensichtlich gleich (−n)n−1 und somit ungleich 0. Damit enthält (An , Bn ) n linear unabhängige
Spalten, hat also den Rang n. An Bn∗ ist selbstadjungiert, da An Bn∗ = Bn A∗n = 0 gilt.
Wenn eine Funktion f , in K(Γ) liegt, dann gilt Adv [f (v)] = 0 in jedem Knoten v ∈ V , da
[f (v)] = (cv , cv , . . . , cv )T . Ebenso ist Bdv [f 0 (v)] = 0, da sich für jede Komponente
X
e∈E | i(e)=v
1 · f 0 (i(e)) +
X
e∈E | j(e)=v
1 · f 0 (j(e)) = 0
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
39
aus den Kirchhoff Bedingungen ergibt. Es gilt also Adv [f (v)]+Bdv [f 0 (v)] = 0 in jedem Knoten.
Erfülle jetzt f die Gleichung An [f (v)] + Bn [f 0 (v)] = 0. Der Vektor Bn [f 0 (v)] besteht
nur aus einer Konstanten, da je zwei Zeilen von Bn gleich sind. Es gilt also Bn [f 0 (v)] =
(Cv , Cv , . . . , Cv )T und damit An [f (v)] = −(Cv , Cv , . . . , Cv )T . Mit der Darstellung von An
und der Schreibweise [f (v)] = (F1 , F2 , . . . , Fn )T ergeben sich in jedem Knoten folgende n = dv
Gleichungen:
−(n − 1)F1 + F2 + F3 + . . . + Fn = −Cv
F1 − (n − 1)F2 + F3 + . . . + Fn = −Cv
...
F1 + F2 + F3 + . . . − (n − 1)Fn = −Cv .
Das Summieren der n Gleichungen ergibt auf der linken Seite null, und rechts −nCv . Die Konstante Cv ist demnach gleich null. Daraus folgt die erste geforderte Eigenschaft. Da Bn [f 0 (v)] =
0 gilt, ist die Summe über alle ausgehenden Ableitungen gleich null. Weil An nicht invertierbar
ist, gibt es keine eindeutige Lösung des Systems An [f (v)] = 0. Die Differenz der ersten beiden
Gleichungen aus obigem Gleichungssystem ergibt −(n − 1)F1 + F2 − F1 − (−(n − 1))F2 = 0.
Es gilt also F1 = F2 . Sukzessives Fortfahren mit weiteren Differenzen zweier aufeinander folgender Gleichungen ergibt F2 = F3 , F3 = F4 , . . ., Fn−1 = Fn . Damit ist gezeigt, dass [f (v)] in
jeder Komponente den Eintrag F1 enthält, was die Stetigkeit von f auf dem ganzen Graphen
liefert.
Der Spezialfall dv = n = 1 ist mit A1 = 0 und B1 = 1 auch enthalten. Der zweite Teil der
obigen Argumentation ist in diesem Fall so nicht möglich, da aber 0 · [f (v)] + 1 · [f 0 (v)] = 0
gilt, gelten die geforderten Bedingungen offensichtlich.
Damit ist die Äquivalenz der beiden Randbedingungen gezeigt. Dies ist nur eine mögliche
Wahl der Matrizen Av und Bv , es gibt auch andere Matrizen, die alle Anforderungen erfüllen.
Eine andere Wahl findet sich in [Kuc04].
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
In diesem Abschnitt wird die zum negativen Laplace-Operator auf endlichen Quantengraphen
gehörige Sesquilinearform beschrieben. Über die gleiche Form wird dann im unendlich dimensionalen Fall die Selbstadjungiertheit des Laplace-Operators gewonnen. Dafür wird zunächst
ein allgemeiner Hilfssatz über die Abschätzung eines Funktionswertes bewiesen.
Hilfssatz 3.3.1. Sei f ∈ H 1 [0, a] dann gilt:
2
|f (0)|2 ≤ kf k2L2 [0,a] + lkf 0 k2L2 [0,a]
l
für jedes l ≤ a, das heißt, der Randwert einer Funktion ist stetig in der Sobolevnorm.
40
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
Beweis. Die Standard-Integralrepräsentation liefert:
Zx
f (0) = f (x) −
f 0 (t)dt, x ∈ [0, l].
(3.7)
0
Aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt
a
2
Z
2
0
f (t)χ[0,x] dt ≤ kf 0 k2 2
L [0,a] kχ[0,x] kL2 [0,a] .
0
Ra
Auf der linken Seite χ auswerten und mit kχ[0,x] k2L2 [0,a] = 0 |χ[0,x] |2 dt = x für die rechte
Seite, gilt:
x
2
Z
f 0 (t)dt ≤ xkf 0 k2 2
L [0,a] .
0
Integrieren von 0 bis l nach x:
x
2
Z
f 0 (t)dt
2
0
≤
kf 0 k2L2 [0,a]
L [0,l]
Zl
xdx =
l2 0 2
kf kL2 [0,a] .
2
(3.8)
0
Durch Anwenden der L2 [0, l]-Norm auf die Gleichung (3.7) ergibt sich
Zx
kf (0)kL2 [0,l] = kf (x) −
f 0 (t)dtkL2 [0,l] .
0
Die Dreiecksungleichung liefert
Zx
kf (0)kL2 [0,l] ≤ kf (x)kL2 [0,l] + k
f 0 (t)dtkL2 [0,l] .
0
Quadrieren und die Beziehung (a + b)2 ≤ (a + b)2 + (a − b)2 = 2a2 + 2b2 ergeben
x
2
Z
2
2
0
kf (0)kL2 [0,l] ≤ 2kf (x)kL2 [0,l] + 2 f (t)dt
.
2
0
L [0,l]
Auswerten des Integrals auf der linken Seite und Abschätzen der L2 [0, l]-Norm des ersten
Summanden nach oben durch L2 [0, a] liefert
x
2
Z
2
2
0
(l − 0)|f (0)| ≤ 2kf (x)kL2 [0,a] + 2 f (t)dt
2
0
.
L [0,l]
Mit Hilfe der Ungleichung (3.8) wird der letzte Summand abgeschätzt. Dividieren durch l
ergibt die Behauptung:
2
|f (0)|2 ≤ kf k2L2 [0,a] + lkf 0 k2L2 [0,a] .
l
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
41
Für Kanten mit endlicher Länge kann dadurch der Grenzwert von Funktionen aus H 1 (Ie )
am Rand abgeschätzt werden: |f (i(e))|2 ≤
2
2
l kf kL2 (Ie )
+ lkf 0 k2L2 (Ie ) für jedes l ≤ l(e). Wird
auf jedem Intervall Ie g(x) = f (−x + l(e)) gesetzt, dann gilt dies analog für j(e): |f (j(e))|2 =
|g(0)|2 ≤
2
2
l kgkL2 (Ie )
+ lkg 0 k2L2 (Ie ) =
2
2
l kf kL2 (Ie )
+ lkf 0 k2L2 (Ie ) für jedes l ≤ l(e). Für Kanten
unendlicher Länge ist der Hilfssatz nicht anwendbar, allerdings gilt für diese offensichtlich
| limt→∞ f (t)|2 ≤ 2l kf k2L2 [0,∞) + lkf 0 k2L2 [0,∞) für alle 0 < l < ∞, da die linke Seite gleich null
ist.
Bezeichnung 3.3.2. Sei Γ ein endlicher Quantengraph. Da die Menge der Kanten des Graphen endlich ist, gibt es eine kürzeste Kantenlänge, welche für jeden Graphen mit u bezeichnet
wird.
Im Folgenden wird eine quadratische Form definiert, für die, mit den Werkzeugen aus Abschnitt 1.3, dann über die Beschränktheit nach unten nachgewiesen wird, dass der LaplaceOperator mit Knoten-Randbedingungen der Form (R2) der assoziierte Operator zur gegebenen Form ist.
Definition 3.3.3. Auf einem endlichen Quantengraphen Γ = (E, V, l, i, j) seien Operatoren
Pv und Lv nach (KS) gegeben. Die quadratische Form hL
X
X Z df 2
dx −
hLv [f (v)], [f (v)]i
hL [f, f ] :=
dx e∈E I
e
(3.9)
v∈V
sei auf der Menge D(hL ) = DP := {f | f ∈ H 1 (E) und Pv [f (v)] = 0 gilt in jedem Knoten v}
definiert.
Hilfssatz 3.3.4. Die hL erzeugende Sesquilinearform ist
X Z df dg
X
hL [f, g] =
dx −
hLv [f (v)], [g(v)]i.
dx dx
e∈E I
e
(3.10)
v∈V
Beweis. Da komplexe Hilberträume betrachtet werden, kann Gleichung (1.2) angewendet werden:
hL [f, g] =
1
(hL [f + g, f + g] − hL [f − g, f − g] + ihL [f + ig, f + ig] − ihL [f − ig, f − ig]) .
4
Summieren und Integrieren sind lineare Operationen sind, also können die vier Anteile jeweils
in eine Summe zusammengefasst werden:
42
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
1X
4
hL [f, g] =
Z
e∈E I
!
d(f + ig) 2
d(f − ig) 2
d(f + g) 2 d(f − g) 2
− i
dx
dx − dx + i dx
dx
e
1 X
−
hLv ([f (v)] + [g(v)]), [f (v)] + [g(v)]i − hLv ([f (v)] − [g(v)]), [f (v)] − [g(v)]i
4
v∈V
+ ihLv ([f (v)] + i[g(v)]), [f (v)] + i[g(v)]i
− ihLv ([f (v)] − i[g(v)]), [f (v)] − i[g(v)]i
(3.11)
Zuerst wird nur der Integrant, I, aus Gleichung (3.11) betrachtet. Die Ableitungen werden
gekürzt nur mit f 0 , g 0 und das Betragsquadrat |z|2 einer komplexen Zahl als das Produkt zz
geschrieben:
I = (f 0 + g 0 )(f 0 + g 0 ) − (f 0 − g 0 )(f 0 − g 0 ) + i(f 0 + ig 0 )(f 0 + ig 0 ) − i(f 0 − ig 0 )(f 0 − ig 0 )
Unter Verwendung der Eigenschaften des komplexen Konjugierens −z = −z und iz = −iz,
ergibt sich nach dem Ausmultiplizieren und Kürzen für I = 4f 0 g 0 . Damit ist der erste Teil
der Darstellung gezeigt. Durch Anwenden der Eigenschaften des Skalarproduktes, lässt sich
die zweite Summe zu 4hLv [f (v)], [g(v)]i kürzen. Womit die Darstellung bewiesen ist.
Damit es überhaupt einen assoziierten selbstadjungierten Operator zur Form gibt, muss
diese nach unten beschränkt und abgeschlossen sein.
Hilfssatz 3.3.5. Die quadratische Form hL ist nach unten beschränkt. Sei S = maxv {kLv k},
dann gilt
hL [f, f ] ≥ −4S max{2S, u−1 }hf, f iL2 (Γ) .
(3.12)
Beweis. Da L selbstadjungiert ist und das Skalarprodukt in Cd hermitesch, gilt
hLv [f (v)], [f (v)]i = h[f (v)], Lv [f (v)]i = hLv [f (v)], [f (v)]i.
Also ist hLv [f (v)], [f (v)]i eine reelle Zahl. Aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt:
|hLv [f (v)], [f (v)]i|2 ≤ hLv [f (v)], Lv [f (v)]ih[f (v)], [f (v)]i
und aus der Definition der Matrixnorm: hLv [f (v)], Lv [f (v)]i ≤ S 2 h[f (v)], [f (v)]i. Zusammen
ergibt dies
|hLv [f (v)], [f (v)]i|2 ≤ S 2 h[f (v)], [f (v)]i2 .
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
43
Da S und auch h[f (v)], [f (v)]i größer oder gleich Null sind, kann auf beiden Seiten der Ungleichung die Wurzel gezogen werden. Dies gilt für jeden einzelnen Knoten und ergibt summiert
über alle
X
|hLv [f (v)], [f (v)]i| ≤ S
v∈V
X
k[f (v)]k2 .
v∈V
Der Betrag der Summe ist kleiner oder gleich der Summe der Beträge:
X
X
hLv [f (v)], [f (v)]i ≤ S
k[f (v)]k2 .
v∈V
(3.13)
v∈V
Sei f ∈ D(h). Das Anwenden des Hilfssatzes 3.3.1 auf eine Kante ek liefert:
2
kf k2L2 [0,l(ek )] + ukf 0 k2L2 [0,l(ek )]
u
2
6 E∞
|f (j(ek ))|2 ≤ kf k2L2 [0,l(ek )] + ukf 0 k2L2 [0,l(ek )] für ek ∈
u
2
| lim f (t)|2 ≤ kf k2L2 [0,l(ek )] + ukf 0 k2L2 [0,l(ek )] für ek ∈ E∞
t→∞
u
|f (i(ek ))|2 ≤
(3.14)
(3.14a)
(3.14b)
da u ≤ l(ek ). Dabei ergänzen sich die beiden letzten Ungleichungen, so dass immer genau eine
von ihnen gilt. Wird über alle Kanten über Ungleichung (3.14) und die jeweils zutreffende
Ungleichung (3.14a) oder (3.14b) summiert, so ergibt sich:
X
|f (i(e))|2 +
e∈E
X
X
|f (j(e))|2 +
| lim f (t)|2 ≤ 2
e∈E∞
e∈E\E∞
t→∞
X2
e∈E
u
kf k2L2 [0,l(e)] + ukf 0 k2L2 [0,l(e)] ,
weil u untere Schranke der Längen aller Kanten ist. Da die Grenzwerte im Unendlichen gleich
P
null sind, ergibt sich die linke Seite mit Schreibweise von [f (v)] gerade zu v∈V k[f (v)]k2 .
Die Summe der L2 (Ie )-Normen auf der rechten Seite ist die L2 (Γ)-Norm:
X
2
2
2
0 2
k[f (v)]k ≤ 2
kf kL2 (Γ) + ukf kL2 (Γ) .
u
(3.15)
v∈V
Mit Ungleichung (3.13) liefert dies
X
X
hLv [f (v)], [f (v)]i ≤ S
v∈V
k[f (v)]k2 ≤ 2S
v∈V
2
kf k2L2 (Γ) + ukf 0 k2L2 (Γ) ,
u
also umgestellt
2Sukf 0 k2L2 (Γ) −
X
hLv [f (v)], [f (v)]i ≥ −
v∈V
4S
kf k2L2 (Γ)
u
(3.16)
Ist 2Su ≤ 1, dann gilt die Behauptung.
Wenn 2Su > 1 ist, dann gilt l(e) > u >
Ungleichung (3.14) mit
1
2S
1
2S
für jede Kante. In diesem Fall kann in
anstatt mit u gearbeitet werden. Dies ergibt in Ungleichung (3.16)
X
2S 0 2
4S
kf kL2 (Γ) −
hLv [f (v)], [f (v)]i ≥ − 1 kf k2L2 (Γ) ,
2S
2S
v∈V
44
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
also
hL [f, f ] ≥ −4S2Skf k2L2 (Γ) .
(3.17)
Die Ungleichungen (3.16) und (3.17) ergeben zusammen die Behauptung.
Natürlich sind die positiven, reellen Zahlen S und u−1 nach oben beschränkt, da das Maximum jeweils nur über endlich viele gebildet wird. Im Falle eines unendlichen Graphen müssen
Annahmen an diese gestellt werden.
Weitere Eigenschaften, die eine Form benötigt um einen selbstadjungierten assoziierten
Operator zu besitzen werden im nächsten Hilfssatz bewiesen.
Hilfssatz 3.3.6. hL ist eine abgeschlossene, dicht definierte Form.
Beweis. Zu zeigen ist, dass D(hL ) = DP dichter linearer Unterraum von L2 (Γ) ist. DP ist ein
Unterraum von L2 (Γ), da für α ∈ C und f1 , f2 ∈ DP ⊂ L2 (Γ) auch αf und f1 +f2 in DP liegen
(da P linear ist). Nach Bemerkung 1.4.2 ist C0∞ (Ie ) L2 -dicht in L2 (Ie ) und da nur endliche
Quantengraphen betrachtet werden, ist auch C0∞ (E) = {ξ ∈ L2 (Γ) | ξ ∈ C0∞ (Ie ) ∀ e ∈ E}
L2 -dicht in L2 (Γ). Offensichtlich ist C0∞ (E) enthalten in DP , damit ist auch DP dicht in
L2 (Γ).
hL [f, f ] ist genau dann eine abgeschlossene Form, wenn (DP , hL,α ) für ein α vollständig
ist. Wobei hL,α [f, f ] = hL [f, f ] + αhf, f i wie in Hilfssatz 1.3.6 definiert ist. Sei m die größte
untere Schranke von hL , dann gilt nach Hilfssatz 3.3.5, dass m ≤ −4S max{2S, u1 }, wobei
S das Maximum der Norm der Operatoren Lv ist. Bemerkung 1.3.8 zeigt, dass es egal ist,
welcher Multiplikator α benutzt wird, so lange er größer als die untere Schranke ist. Für
α = 2|m| + 1 wird die Äquivalenz der Normen hL,α und k · kH 1 (E) bewiesen:
• Aus der Definition der quadratischen Form ergibt sich für hL,α
h2L,α [f, f ] = kf 0 k2L2 (Γ) −
X
hLv [f (v)], [f (v)]i + αkf k2L2 (Γ) .
(3.18)
v∈V
Sei d := max{ u1 , 2S}. Wird in Ungleichung (3.15) mit d−1 ≤ u an Stelle von u abgeschätzt, dann gilt
X
1 0 2
2
hLv [f (v)], [f (v)]i ≤ 2S 2dkf kL2 (Γ) + kf kL2 (Γ) .
d
v∈V
Einsetzen in (3.18) liefert
2S 0 2
h2L,α [f, f ] ≤ kf 0 k2L2 (Γ) + 4Sdkf k2L2 (Γ) +
kf kL2 (Γ) + αkf k2L2 (Γ)
d
1
≤ α + 4S max d,
kf k2H 1 (E)
d
(3.19)
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
45
1
• Mit Ungleichung (3.19) und 2d an Stelle von d 2d
≤ d1 ergibt sich für hL,α :
1
h2L,α [f, f ] ≥ kf 0 k2L2 (Γ) − 2S 4dkf k2L2 (Γ) + kf 0 k2L2 (Γ) + αhf, f i
2d
S
= 1−
kf 0 k2L2 (Γ) + (α − 8Sd) kf k2L2 (Γ)
d
Es gelten folgende Beziehungen:
(i) α = 2|m| + 1 ≥ 8Sd + 1, also ist α − 8Sd ≥ 1.
(ii) Für 2Su ≤ 1 ist 1 −
S
d
= 1 − Su ≥ 12 .
(iii) Und für 2Su > 1 gilt 1 −
S
d
=1−
S
2S
≥ 21 .
Damit ergibt sich:
1
1
h2L,α [f, f ] ≥ kf 0 k2L2 (Γ) + kf k2L2 (Γ) ≥ kf k2H 1 (E) .
2
2
Also sind die Normen äquivalent. Es bleibt nur noch zu zeigen, dass DP unter der H 1 (E)Norm abgeschlossen ist. Sei fn eine Folge in DP , die gegen f ∈ H 1 (E) konvergiert:
!1
2
kfn − f kH 1 (E) =
X
kfn − f k2H 1 (Ie )
→ 0.
(3.20)
e∈E
Laut Hilfssatz 3.3.1 sind die Randwerte einer Funktion aus H 1 (0, l(e)) stetig in der H 1 -Norm,
also gilt auf jeder Kante |fn (i(e))| → |f (i(e))| bzw. |fn (j(e))| → |f (j(e))|. Da der Grad eines
jeden Knotens endlich ist, konvergiert [fn (v)] gegen [f (v)] in Cd . Weiterhin ist [fn (v)] ∈ im Bv∗
(Pv [fn (v)] = 0) und im Bv∗ ein abgeschlossener Unterraum von Cd , damit liegt auch [f (v)] in
diesem Unterraum, es gilt also Pv [f (v)] = 0 für jeden Knoten v ∈ V .
Jede Cauchy-Folge aus (DP , hL,α ) konvergiert, da sie in der H 1 (E)-Norm konvergiert. Und
der Grenzwert ist enthalten, also ist der Unterraum vollständig und damit auch hL,α .
Damit ist gezeigt, dass es zu hL einen assoziierten selbstadjungierten Operator gibt. Dieser
ist äquivalent zum negativen Laplace-Operator:
Satz 3.3.7. Seien Pv , Qv und Lv laut (KS) gegeben. Dann ist hL die assoziierte Form des
negativen Laplace-Operators HP,L = −∆ mit dem Definitionsbereich
D(HP,L ) = DP,L := {f ∈ H 2 (E) | Pv [f (v)] = 0 und Lv Qv [f (v)] + Qv [f (v)]0 = 0}.
Beweis. Nach den beiden letzten Hilfssätzen hat hL einen assoziierten, selbstadjungierten
Operator ML .
Der Beweis erfolgt in mehreren Schritten: Zuerst wird gezeigt, dass eine Funktion aus dem
Definitionsbereich des Operators HP,L auch im Definitionsbereich des zur Form assoziierten
46
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
Operators ML liegt - (i). Dann wird gezeigt, dass eine Funktion aus dem Definitionsbereich
von ML eine zweite schwache Ableitung besitzt, die in L2 (Γ) liegt - (ii). Und im letzten Teil
wird gezeigt, dass diese die restlichen Randbedingungen des Definitionsbereiches des LaplaceOperators erfüllt - dabei zeigt sich, dass auch ML als negativer Laplace-Operator wirkt (iii).
(i) Sei f ∈ D(HP,L ) = DP,L , dann ist f ∈ DP , da H 2 (E) ⊂ H 1 (E) und die Randbedingung
Pv [f (v)] = 0 erfüllt ist. Damit f auch in D(ML ) liegt, muss gezeigt werden, dass eine
Funktion g ∈ L2 (Γ) existiert, so dass für jede Funktion φ ∈ DP : hg, φiL2 (Γ) = hL [f, φ]
gilt. Dafür wird die Funktion g = HP,L f gesetzt, die offensichtlich in L2 (Γ) liegt. Es
ergibt sich jetzt
hg, φiL2 (Γ) = h−f 00 , φiL2 (Γ) .
Partielle Integration liefert:
hg, φiL2 (Γ) =
X
e∈E


Z
 f 0 φ0 dx + (−f 0 φ)|l(e)
.
0
Ie
Auf jeder Kante e ist:
−f 0 (0) = −f 0 (i(e))
φ(0) = φ(i(e))

0
−f 0 (l(e)) = lim −f 0 (t) =
f 0 (j(e))
t%l(e)

0
φ(l(e)) = lim φ(t) =
φ(j(e))
t%l(e)
l(e) = ∞
l(e) < ∞
l(e) = ∞
l(e) < ∞
Werden alle diese Beziehungen in die vorhergehende Gleichung eingesetzt, dann folgt:
hg, φiL2 (Γ) =
XZ
e∈E I
e
f 0 φ0 dx +
X
f 0 (i(e))φ(i(e)) +
e∈E
X
f 0 (j(e))φ(j(e)) +
e∈E\E∞
X
0.
e∈E∞
Da jedes Produkt f 0 (i(e))φ(i(e)) bzw. f 0 (j(e))φ(j(e)) genau einmal auftaucht, entspricht
dies in der üblichen Schreibweise mit [f (v)]:
XZ
X
hg, φiL2 (Γ) =
f 0 φ0 dx +
h[f 0 (v)], [φ(v)]i.
e∈E I
e
v∈V
Wobei [f 0 (v)] und [φ(v)] in ihre Komponenten in ker B und im B ∗ zerlegt werden können.
Aus f ∈ DP,L folgt dann Qv [f 0 (v)] = −Lv Qv [f (v)]. Es gilt also:
h[f 0 (v)], [φ(v)]i = h−Lv Qv [f (v)], [φ(v)]i + hPv [f 0 (v)], Pv [φ(v)]i + hPv [f 0 (v)], Qv [φ(v)]i.
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
47
Wobei die letzten beiden Skalarprodukte gleich null sind, da Pv [φ(v)] = 0 aus φ ∈ DP
folgt und hPv x, Qv yi = 0 immer gilt. Aus Pv [f (v)] = 0 folgt Lv Qv [f (v)] = Lv [f (v)] und
dies liefert insgesamt:
hg, φiL2 (Γ) =
XZ
f 0 φ0 dx −
e∈E I
X
hLv [f (v)], [φ(v)]i = hL [f, φ].
v∈V
e
g = HP,L f erfüllt also die Bedingungen und f liegt somit in D(ML ).
(ii) Sei f ∈ D(ML ). Das heißt, es gibt eine Funktion g ∈ L2 (Γ), so dass
hg, φiL2 (Γ) = hL [f, φ]
(3.21)
für jede Funktion φ ∈ DP gilt. Die Existenz von schwachen Ableitungen kann nur für
jede Kante einzeln gezeigt werden, da Γ kein Gebiet in Rn ist - es muss überhaupt keine
Einbettung in Rn existieren. Für die Existenz der zweiten schwachen Ableitung von f
auf jeder Kante e muss also eine Funktion q ∈ L1loc (Ie ) existieren, so dass:
Z
Z
f 0 ψ 0 dx = − qψdx
Ie
(3.22)
Ie
für jede Funktion ψ ∈ C0∞ (Ie ) gilt. Sei also ψ eine beliebige Funktion aus C0∞ (Ie ), dann
kann diese glatt auf ganz Γ zu ψΓ fortgesetzt werden, indem ψΓ auf jeder anderen Kante
identisch zu null gesetzt wird. Offensichtlich ist dann ψΓ ∈ DP - Gleichung (3.21) gilt
also auch für ψΓ :
hg, ψΓ iL2 (Γ) = hL [f, ψΓ ].
Mit der Definition der Form ergibt sich
XZ
X
hLv [f (v)], [ψΓ (v)]i.
hg, ψΓ iL2 (Γ) =
f 0 ψΓ0 dx −
e∈E I
e
v∈V
Da ψΓ kompakten Träger hat, ist die zweite Summe identisch zu null. Die restliche
Summe und die Skalarprodukte sind nur auf der Kante e nicht identisch zu null:
Z
Z
f 0 ψ 0 dx = hg, ψiL2 (Ie ) = − −gψdx
Ie
Ie
Da ψ genau dann in C0∞ (Ie ) und somit auch in DP liegt, wenn ψ in diesem Raum liegt,
fehlt zur Gewährleistung von (3.22) nur noch, dass −g eine Funktion aus L1loc (Ie ) ist.
R
Es muss also I = | − g|dx < ∞ gelten, für jedes offene U mit U ist Teilmenge des
U
Intervalls (0, l(e)) und kompakt. Um das L1 -Integral mit dem L2 -Integral abschätzen zu
können wird das Maximum von 1 und der zu analysierenden Funktion −g betrachtet.
Z
I ≤ max{1, | − g|}dx
U
48
3 Laplace-Operatoren und ihre Formen auf Quantengraphen
Weil aus |z| ≥ 1 : |z|2 ≥ |z| folgt und jedes Intervall U = (a, b) beschränkt ist, gilt:
Z
Zb
2
max{1, | − g| }dx ≤ (b − a) +
I≤
| − g|2 dx
a
U
Das Integral über (a, b) ist kleiner als die L2 (Ie ) Norm, was:
I ≤ (b − a) + kgkL2 (Ie ) < ∞
ergibt, da g eine Funktion aus L2 (Γ) ist. (Analog liegt auch f in L1loc (Ie ).) Damit existiert
die zweite schwache Ableitung von f (f 00 = q) und ihre L2 Norm ist kleiner als unendlich:
kqk2L2 (Γ) = kgk2L2 (Γ) ,
also liegt f auch in H 2 (Ie ) für jede Kante, was gerade der Definition der Elemente von
H 2 (E) entspricht.
(iii) Um im Definitionsbereich von HP,L zu liegen, muss f aus D(ML ) die Randbedingungen
(R2) erfüllen, wobei Pv [f (v)] = 0 in jedem Knoten automatisch gegeben ist. Da die
zweite schwache Ableitung von f existiert, darf in Gleichung (3.10) partiell integriert
werden:


hL [f, ψ] =
X
f 0 ψ|l(e)
0 −
e∈E
Die Summe
0 l(e)
e∈E f ψ|0
P
gleich der Summe
Z
f 00 ψdx −
X
hLv [f (v)], [ψ(v)]i.
v∈V
Ie
wird dabei wie in Teil (i) des Beweises behandelt und ist
P
v∈V h−[f
0 (v)], [ψ(v)]i
(dort stand −f 0 an Stelle von f 0 und φ an
Stelle von ψ):
hL [f, ψ] =
XZ
e∈E I
e
−f 00 ψdx −
X
h[f 0 (v)] + Lv [f (v)], [ψ(v)]i.
(3.23)
v∈V
Eine Funktion ξ ∈ C0∞ (E) = {ξ | ξ ∈ C0∞ (Ie ) ∀ e ∈ E} liegt offensichtlich in DP .
Außerdem liegt C0∞ (Ie ) L2 -dicht in L2 (Ie ) (siehe Bemerkung 1.4.2) und damit liegt
C0∞ (E) dicht in L2 (Γ), also liegt es auch relativ dicht in DP . Für jedes φ ∈ DP gibt
es also eine Folge φn ∈ C0∞ (E), die in der L2 -Norm gegen φ konvergiert. Werden die
Funktionen φn − φ in Gleichung (3.21) an Stelle von φ eingesetzt, ergibt sich, dass
hL [f, φn − φ] gegen null konvergiert, da hg, φn − φi → 0 aus der Cauchy-Schwarzschen
Ungleichung folgt:
|hL [f, φn − φ]| = |hg, φn − φiL2 (Γ) | ≤ kgkL2 (Γ) kφn − φkL2 (Γ) → 0.
Für sowohl ψ = φn als auch ψ = φ gilt Gleichung (3.23), also gilt sie auch für die
Differenz, die wie oben gezeigt gegen null konvergiert:
XZ
X
hL [f, φn − φ] =
−f 00 (φn − φ)dx −
h[f 0 (v)] + Lv [f (v)], [φn (v)] − [φ(v)]i → 0.
e∈E I
e
v∈V
3.3 Sesquilinearform und selbstadjungierter Laplace-Operator
49
L2 (Γ)
Die erste Summe konvergiert wieder gegen null, da φn −→ φ und f 00 ∈ L2 (Γ). Die Wahl
von φn liefert, dass [φn (v)] = 0 für alle n und jeden Knoten v ∈ V . Somit muss
X
h[f 0 (v)] + Lv [f (v)], [φ(v)]i = 0
(3.24)
v∈V
gelten für jedes φ ∈ DP . Dies zeigt mit Gleichung (3.23) (für ψ = φ), dass ML als
negativer Laplace-Operator wirkt.
Werden Funktionen φ ∈ DP gewählt, die nur in einer Umgebung eines Knotens v ungleich null sind (und null in jedem anderen Knoten), so ergibt sich
h[f 0 (v)] + Lv [f (v)], [φ(v)]i = 0
in jedem Knoten. Die übliche Zerlegung in Cd : x = Pv x + Qv x liefert:
hPv ([f 0 (v)] + Lv [f (v)]) + Qv ([f 0 (v)] + Lv [f (v)]), Pv [φ(v)] + Qv [φ(v)]i = 0,
wobei Pv [φ(v)] = 0 ist, da φ im Definitionsbereich von hL liegt und hP x, Qyi = 0 klar
ist. Es gilt also:
hQv ([f 0 (v)] + Lv [f (v)]), Qv [φ(v)]i = 0.
Da Qv [φ(v)] beliebig wählbar ist, kann es gleich Qv ([f 0 (v)] + Lv [f (v)]) gewählt werden,
also muss Qv [f 0 (v)] + Qv Lv [f (v)] = 0 gelten. Da aus Pv [f (v)] = 0 : Qv Lv [f (v)] =
Lv Qv [f (v)] folgt, erfüllt damit f ∈ D(ML ) auch den zweiten Teil der Randbedingungen
und liegt somit in DP,L .
Also sind die Definitionsbereiche von ML und HP,L gleich und beide agieren als negativer
Laplace-Operator.
Werden also auf einem endlichen Quantengraphen in jedem Knoten Randbedingungen der
Form (R2) gewählt und die Funktionen aus H 2 (E), die diese erfüllen, als Definitionsbereich,
dann ist der zugehörige negative Laplace-Operator - wie vermutet - selbstadjungiert.
Im nächsten Kapitel wird die selbe Methode auf unendliche Quantengraphen angewendet.
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen
Quantengraphen
4.1 Selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf unendlichen
Quantengraphen
Sei Γ ein unendlicher Quantengraph. Das Ziel ist wieder den Definitionsbereich des LaplaceOperators so einzuschränken, dass er selbstadjungiert ist. Dabei werden die selben KnotenRandbedingungen - (R2) -, wie im endlichen Fall benutzt. Um beweisen zu können, dass
die Sesquilinearform die benötigten Eigenschaften erfüllt, um einen assoziierten Operator zu
besitzen, müssen Annahmen an die Länge der Kanten des Graphen und an die Operatoren
der Randbedingungen gestellt werden.
Seien wieder Pv und Lv laut (KS) gegeben. Im Folgenden werden die nötigen Annahmen
angegeben.
Annahme 4.1.1. Die Längen der Kanten seien nach unten gleichmäßig beschränkt durch u
∀ e ∈ E gilt 0 < u ≤ l(e) ≤ ∞.
(4.1)
Annahme 4.1.2. Die Normen der Operatoren Lv seien gleichmäßig nach oben beschränkt
durch S
∀ v ∈ V gilt kLv k ≤ S < ∞.
(4.2)
Für die Randbedingungen der Form (R1) lautet die zweite Annahme
kBv−1 Av Qv k ≤ S < ∞.
Sind beide Annahmen erfüllt, dann ist die zu betrachtende quadratische Form wieder definiert durch:
X Z df 2
X
dx −
hL [f, f ] =
hLv [f (v)], [f (v)]i.
dx e∈E I
e
v∈V
Der Definitionsbereich der Form besteht aus allen Funktionen f ∈ H 1 (E), die die Randbedingungen Pv [f (v)] = 0 in jedem Knoten erfüllen.
Auch hier ergibt sich analog die zugehörige Sesquilinearform als
X Z df dg
X
hL [f, g] =
dx −
hLv [f (v)], [g(v)]i.
dx dx
e∈E I
e
50
v∈V
(4.3)
4.1 Selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
51
Bemerkung 4.1.3. Die quadratische Form ist korrekt definiert, da beide Summen konvergieren.
Beweis. Die erste Summe ist gerade gleich dem L2 (Γ)-Skalarprodukt der schwachen Ableitungen von f und g, für dessen Betrag gilt:
X Z df dg X
0 0
|hf , g iL2 (Γ) | = dx ≤
|hf 0 , g 0 iL2 (Ie ) |.
dx
dx
e∈E
e∈E
Ie
Die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung liefert jetzt:
X
X
X
|hf 0 , g 0 iL2 (Ie ) | ≤
kf 0 kL2 (Ie ) kg 0 kL2 (Ie ) ≤
kf 0 k2L2 (Ie ) + kg 0 k2L2 (Ie ) .
e∈E
e∈E
e∈E
Die Endlichkeit der H 1 -Normen der Funktionen aus dem Definitionsbereich beinhaltet auch
die Endlichkeit der Quadrate der L2 (Γ)-Normen der ersten schwachen Ableitung. Somit ist
die erste Summe absolut konvergent.
Da die Längen der Kanten durch u gleichmäßig nach unten beschränkt sind, gilt Ungleichung (3.15) analog auch im unendlich dimensionalen Fall:
X
X2
2
0 2
2
kf kL2 [0,l(e)] + ukf kL2 [0,l(e)] .
k[f (v)]k ≤ 2
u
v∈V
e∈E
Sei C1 := max{u, u2 }. Wird in obiger Ungleichung u und
mit der Definition der
2
u
durch C1 abgeschätzt, ergibt sich
H 1 -Norm:
X
k[f (v)]k2 ≤ 2C1
v∈V
X
kf k2H 1 (Ie ) .
(4.4)
e∈E
Aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung und Annahme 4.1.2 folgt für das Skalarprodukt
von Lv [f (v)] mit [g(v)]:
|hLv [f (v)], [g(v)]i| ≤ kLv [f (v)]kk[g(v)]k ≤ Sk[f (v)]kk[g(v)]k.
Summiert über alle Knoten ergibt dies
X
X
|hLv [f (v)], [g(v)]i| ≤ S
k[f (v)]kk[g(v)]k,
v∈V
v∈V
was weiter mit Beziehung (4.4) abgeschätzt werden kann, die analog auch für g gilt (mit der
selben Konstanten):
X
v∈V
|hLv [f (v)], [g(v)]i| ≤ S
X
k[f (v)]kk[g(v)]k
v∈V
1 X
≤ S
(k[f (v)]k2 + k[g(v)]k2 )
2
v∈V
X
≤ SC1
(kf k2H 1 (Ie ) + kgk2H 1 (Ie ) )
e∈E
< ∞.
52
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
Die Beschränktheit von S und die endlichen H 1 (E)-Normen von f und g liefern die absolute
Konvergenz der zweiten Summe in der Darstellung der Sesquilinearform.
Im obigen Beweis wird auch deutlich, warum die beiden Annahmen 4.1.1 und 4.1.2 nötig
sind. Bei jeder Anwendung von Hilfssatz 3.3.1 auf einen unendlichen Quantengraphen ist
die Annahme an die Längen der Kanten notwendig und die Annahme an die Normen der
P
P
Operatoren Lv bei jeder Abschätzung von v∈V hL[f (v)], [g(v)]i bzw. v∈V hL[f (v)], [f (v)]i.
Nun kann analog zum endlichen Fall bewiesen werden, dass unter diesen Annahmen der
negative Laplace-Operator mit Knoten-Randbedingungen der Form (R2) selbstadjungiert ist.
Satz 4.1.4. Seien Pv , Qv und Lv wieder laut (KS) gegeben und beide Annahmen erfüllt.
Sei HP,L der negative Laplace-Operator auf L2 (Γ) eingeschränkt auf alle Funktionen f , die
folgende Bedingungen erfüllen:
(i)
(ii)
f ∈ H 2 (E)
und für jeden Knoten v gelten die Knoten-Randbedingungen der Form (R2):
Pv [f (v)] = 0 und Lv [f (v)] + Qv [f 0 (v)] = 0.
Dann ist der Operator HP,L selbstadjungiert und assoziiert zur Form hL [f, f ].
Beweis. Damit die quadratische Form hL überhaupt einen assoziierten Operator besitzt, muss
gezeigt werden, dass sie dicht definiert, nach unten beschränkt und abgeschlossen ist:
• Die Form ist dicht definiert: C0∞ (Γ) := {f ∈ C0∞ (E) | f |Ie = 0 auf unendlich vielen
Kanten}, die glatten Funktionen mit kompaktem Träger, die nur auf endliche vielen
Kanten ungleich null sind, liegen dicht in L2 (Γ).
Sei f ∈ L2 (Γ) und > 0. Seien die Kanten des Graphen beliebig durchnummeriert. Da
die Norm von f über den ganzen Graphen endlich ist, konvergiert die Partialsummenfolge der Reihe
∞ Z
X
|f |2 dx
k=1I
ek
gegen kf k2L2 (Γ) . Das heißt: es existiert ein N (), so dass
Sn =
n Z
X
|f |2 dx ≥ kf k2L2 (Γ) −
k=1I
ek
2
für alle n ≥ N (). Für diese N () Kanten gibt es jeweils eine Folge aus C0∞ (Iek ), die
gegen f auf dieser konvergiert (da C0∞ (Ie ) dicht in L2 (Ie ) liegt). Also gibt es aus jeder
R
dieser Folgen einen Repräsentanten fek , für den
|f − fek |2 ≤ 2N() gilt. Werden diese
Iek
4.1 Selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
53
Funktionen auf den Intervallen Iek auf folgende Weise

f
auf Iek für k ≤ N ()
ek
fN () =
0
für ek ∈ E | k > N ()
zur Funktion fN () zusammengesetzt, dann gilt für diese:
XZ
|fN () − f |2 < .
e∈E I
e
Für eine Funktion aus L2 (Γ) findet sich in beliebig kleinem Abstand eine Funktion aus
C0∞ (Γ), also liegt diese Menge dicht in L2 (Γ). Da jede Funktion aus C0∞ (E) offensichtlich
auch in DP liegt und somit auch jede Funktion aus C0∞ (Γ), ist auch DP dicht in L2 (Γ).
• hL ist nach unten beschränkt: Der Beweis verläuft wie im endlichen Fall in Hilfssatz
3.3.5. Für die Abschätzungen ist wichtig, dass u nach unten (für Abschätzungen (3.14),
(3.14a) und (3.14b)) und S nach oben (rechte Seite in (3.13) ist endlich) beschränkt
ist. Weiterhin liefert die endliche H 1 (E)-Norm, einer Funktion f aus DP , die benötigte
Endlichkeit in der L2 (Γ)-Norm von f und f 0 in den Ungleichungen (3.16) und (3.17).
• Dass (DP , hL,α ) vollständig ist, wird wie im endlichen Fall in Hilfssatz 3.3.6 bewiesen.
Wieder werden die Beschränkungen von u, S und die Endlichkeit der H 1 (E)-Norm von
Funktionen aus DP benutzt.
Es existiert also wieder ein assoziierter selbstadjungierter Operator ML . Dieser ist gleich zum
Operator HP,L und dies wird wie im endlichen Fall in Satz 3.3.7 bewiesen.
• Für den ersten Teil ist wichtig, dass f aus H 2 (E) endliche H 2 -Norm besitzt, womit sich
sowohl für f endliche H 1 (E)-Norm als auch für HP,L f = −f 00 endliche L2 -Norm ergibt.
Im nächsten Teil wird die Existenz der zweiten schwachen Ableitung für eine Funktion
f ∈ DP gezeigt. Dabei erfolgt die Konstruktion von ψΓ analog und da die Endlichkeit
der L2 (Γ)-Norm der zweiten schwachen Ableitung −g ∈ L2 (Γ) gegeben ist, wie auch die
Endlichkeit der H 1 (E)-Norm, folgt daraus, dass kf kH 2 (E) < ∞ gilt.
Im dritten Teil ist wichtig, dass die Funktionen aus C0∞ (E), die nur auf endlich vielen
Kanten nicht äquivalent zu null sind, schon dicht in L2 (Γ) liegen. Damit liegt C0∞ (Γ)
relativ dicht in Dp und die Folge φn wird aus diesem Raum gewählt. Mit dieser Folge
funktioniert der Rest analog zum endlichen Fall.
Damit ergibt sich unter den Annahmen, das vermutete Resultat. Wenn die Längen der
Kanten eines Quantengraphen nach unten beschränkt sind und Knoten-Randbedingungen
54
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
der Form (R1) oder (R2) in jedem Knoten gewählt wurden, so dass die Operatornormen der
Operatoren Lv nach oben beschränkt sind, ist der zugehörige Operator der negativen zweiten
Ableitung auf den Funktionen, die den Bedingungen genügen, selbstadjungiert.
In den meisten Fällen, in denen Quantengraphen verwendet werden, ist auch die Anforderung an die Längen der Kanten erfüllt.
Ist der Grad der Knoten eines Quantengraphen gleichmäßig nach oben beschränkt und
werden in Knoten mit gleichem Grad die gleichen Randbedingungen gefordert, dass heißt, die
selben Matrizen An , Bn bzw. Operatoren Qn , Pn und Ln gewählt, dann ist die Bedingung an
die Normen kLn k automatisch erfüllt, denn es gibt nur endlich viele verschiedene Operatoren
Ln .
Für ein und die selbe Randbedingung können unterschiedliche Matrizen Av und Bv gewählt
werden (siehe Abschnitt 3.2). Allerdings kann dadurch die Norm der Operatoren Lv nicht
verändert werden, da diese laut Bemerkung 3.1.6 eindeutig bestimmt sind.
Es gibt aber durchaus Fälle, in denen die Normen der Operatoren Lv nicht nach oben
beschränkt sind - siehe folgendes Beispiel:
Beispiel 4.1.5. δ-Typ-Randbedingungen: Sei der negative Laplace-Operator Hα mit folgenden Randbedingungen gegeben:
D(Hα ) := {
f ∈ H 2 (E) | f ist stetig und
dv
P
für allen Knoten v gilt:
f 0 (·(ei )) = αv f (·(e1 )), wobei · (ei ) = v}
i=1
Für eine Funktion bedeutet dies: Sie ist stetig, hat also den gleichen Grenzwert auf allen
Kanten in einem Knoten und die Summe der ausgehenden Ableitungen in einem Knoten
ist gleich dem α-fachen des Funktionswertes in diesem.
Ähnlich wie bei den Kirchhoffschen Randbedingungen können hier dv × dv Matrizen
Av und Bv für jeden Knoten gewählt werden, so dass sich die Randbedingungen in der
Form (R1) schreiben lassen:

−(n − 1)
1


1
−(n − 1)


..
..
Av = 
.
.


1
1

−αv
0
...
1
1



0 0 ... 0

...
1
1
. .


 .. .. . . . ... 
.. 

,
Bv = 
.


0
0
.
.
.
0


. . . −(n − 1) 1

1 1 ... 1
...
0
0
wobei n = dv gesetzt wird. Für die Fälle dv = 2 und dv = 1 ergeben sich folgende
Matrizen:
Av =
−1
1
−αv 0
!
Bv =
0 0
1 1
!
Av = (−αv )
Bv = 1.
4.1 Selbstadjungierte Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
55


0
.. 
. 
, und diese ist genau dann selbstad
0 
0 . . . 0 −αv
jungiert, wenn αv eine reelle Zahl ist. Da für diese Randbedingungen für α = 0 den
0 ... 0
.
 .. . . . ...
Die Matrix Av Bv∗ ist gleich 

0 . . . 0
Kirchhoff Randbedingungen entsprechen, sei im folgenden αv ∈ R \ {0} für alle Knoten
v ∈V.
Damit die Matrizen Av und Bv den gleichen Definitionsbereich gewähren, muss gePv 0
f (·(ei )) = αv f (·(e1 )) genau dann gilt, wenn
zeigt werden, dass f stetig ist und di=1
Av [f (v)] + Bv [f 0 (v)] = 0 ist für dv × dv Matrizen, mit rg(Av , Bv ) = dv und Av Bv∗ ist
selbstadjungiert. Da αv reell ist, ist die Matrix Av Bv∗ immer selbstadjungiert. Wie im
Fall der Kirchhoff Randbedingungen ergibt sich rg(Av , Bv ) = dv .
• Sei f in D(Hα ). f ist stetig in jedem Knoten, also gilt [f (v)] = (f (v), f (v), . . . , f (v))T
und die zweite Eigenschaft liefert Bv [f 0 (v)] = (0, 0, . . . , 0, αv f (v))T . Wird Av auf
[f (v)] angewendet ergibt sich Av [f (v)] = (0, 0, . . . , 0, −αf (v)), womit Av [f (v)] =
−Bv [f 0 (v)] gezeigt ist.
• Sei Av [f (v)]+Bv [f 0 (v)] = 0 erfüllt. Dann gilt Bv [f 0 (v)] = (0, . . . , 0,
Pd
i=1 f
0 (·(e )))T ,
i
was mit Av [f (v)] = −B[f 0 (v)] ergibt, dass die ersten dv − 1 Komponenten von
Av [f (v)] gleich null sind. Mit der Schreibweise von (F1 , F2 , . . . , Fn ) = [f (v)] folgt
analog zum Kirchhoffschen Fall F1 = F2 = . . . = Fn−1 . Dies liefert mit der ersten Zeile von Av : F1 = Fn und damit die Stetigkeit von f in jedem Knoten.
Die letzten Komponenten der gleichen Vektoren Av [f (v)] = −Bv [f 0 (v)] entsprePv 0
f (·(ei )), was die zweite Forderung der Randbedingungen
chen −αv F1 = − di=1
gewährt.
Operatoren für Randbedingungen der Form (R2): Für die Operatoren Qv , Pv und Lv ergibt sich Folgendes: im Bv∗ entspricht allen Vektoren in Cd mit gleichem Eintrag in
jeder Komponente, im Bv∗ = {z ∈ Cd | z = (z1 , z1 , . . . , z1 ), z1 ∈ C}, und im Bv =
{(0, 0, . . . , 0, z) | z ∈ C}.
Für jedes z ∈ Cd mit Pv z = 0 gilt demzufolge z = Qv z bzw. z ∈ im Bv∗ , also z =
(z1 , z1 , . . . , z1 )T ∈ Cd . Wird darauf Av angewendet, folgt: Av Qv z = (0, 0, . . . , 0, −αv z1 )T .
Die Abbildung Q1 BQ : im B ∗ → im B bildet x = (x1 , x1 , . . . , x1 )T ∈ im B ∗ auf
Q1 BQ(x) = B(x1 , x1 , . . . , x1 )T = (0, 0, . . . , 0, d·x1 )T ab. Somit ist das Inverse (Q1 BQ)−1
eines Vektors (0, 0, . . . , 0, t) gleich d1 (t, t, . . . , t)T .
Für einen Vektor z, mit Pv z = 0 gilt für den Operator Lv : Lv Qz = Bv−1 Av Qv z =
−αv
T
dv (z1 , z1 , . . . , z1 ) . Ist f ∈ D(Hα ),
Lv Qv [f (v)] = − αdvv (cv , cv , . . . , cv )T .
dann ist [f (v)] = (cv , cv , . . . , cv )T und damit
56
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
Insbesondere liefert dies kLv k = sup kLv xk = sup k −
kxk=1
kxk=1
αv
dv xk
=
αv
dv .
Die Randbedingungen vom δ-Typ liefern eine einfache Möglichkeit die Operatornormen
der Operatoren Lv beliebig klein bzw. groß zu wählen.
Eigenfunktionen und Eigenwerte: Sei der Quantengraph Γ = (V, E, l, i, j) mit V = {v0 },
E = {e1 , e2 }, l(e1 ) = l(e2 ) = ∞, i(e1 ) = i(e2 ) = v0 und D(j) = ∅ gegeben. Dann ist
α
f (t) = exp(− t) ∀ e ∈ E
2
2
Eigenfunktion zum Eigenwert − α4 des Operators Hα
Beweis. Zuerst ist zu zeigen, dass f ∈ D(Hα ) liegt. Offensichtlich ist f 0 = − α2 f und
α2
4 f und alle drei Funktionen sind auf jeder Kante glatte Funktionen, liegen
∞
C (Ie ). Die L2 (Γ)-Normen von f , der ersten und der zweiten Ableitung ergeben
f 00 =
also
in
sich
zu:
• kf k2L2 (Γ) =
•
kf 0 k2L2 Γ
R
|f (t)|2 dt = 2
Γ
=k−
α
2
2 f kL2 (Γ)
2
=
• kf 00 k2L2 Γ = k α4 f k2L2 (Γ) =
R∞
0
α
2
| exp(− α2 t)|2 dt = 2
R∞
0
exp(−αt)dt = − α2 (0 − 1) =
2
α
α3
8
f liegt also in H 2 (E).
• lim f (t) = 1 auf beiden Kanten, f ist also stetig.
•
t&0
f 0 (i(e))
=
und somit gilt f 0 (i(e1 )) + f 0 (i(e2 )) = α = αf (i(e1 ))
α
2
damit liegt f im Definitionsbereich von Hα .
2
2
Hα f = −f 00 = − α4 f zeigt, dass − α4 Eigenwert zur Eigenfunktion f ist.
Wird die Funktion f auf jeder Kante nach einer Länge von a abgebrochen, so dass
R∞
Ra
|f (t)|2 dt ≥ 12 |f (t)|2 dt gilt und auf einem beschränktem Intervall glatt auf null
0
0
geführt, dann ergibt sich eine Funktion f˜. Für f˜ gilt:
2
1α ˜ 2
inf σ(Hα )kf˜k2L2 (Γ) ≤ hHα f, f iL2 (Γ) ≤ −
kf kL2 (Γ) .
2 4
Dadurch können die Kanten e1 und e2 auf eine endliche Länge beschränkt und der
Quantengraph erweitert werden. Werden mehrere solcher Quantengraphen mit unterschiedlichen αv aneinander gesetzt - zum Beispiel mit αk = k mit k ∈ N -, dann sind
die Normen der Operatoren Lk nicht nach oben beschränkt. Weiter kann eine Folge von
Funktionen f˜n konstruiert werden, die zeigt, dass Hα nicht nach unten beschränkt ist.
Dies verdeutlicht die Wichtigkeit der Annahme an die Operatornormen kLv k.
4.2 Beispiele für Knoten-Randbedingungen
57
Für Dirichlet, Neumann und Kirchhoff Knoten-Randbedingungen wird im nächsten Abschnitt gezeigt, dass Lv [f (v)] = 0 gilt für alle Funktionen aus dem Definitionsbereich der
Form. Bei dieser Wahl ist die Annahme an die Operatornormen somit keine Einschränkung.
4.2 Beispiele für Knoten-Randbedingungen
Sei Γ ein Quantengraph und die Länge aller seiner Kanten nach unten beschränkt. Es werden
verschiedene Randbedingungen selbstadjungierter Laplace-Operatoren betrachtet und deren
assoziierte Formen.
Beispiel 4.2.1.
1. Kirchhoff: Der negative Laplace-Operator mit Kirchhoff Knoten-Rand-
bedingungen, HK , besitzt alle stetigen Funktionen aus H 2 (E), deren Summe der ausgehenden Ableitungen in jedem Knoten gleich null ist, als Definitionsbereich:
2
D(HK ) = {f ∈ H (E) stetig |
dv
X
[f 0 (v)]k für alle Knoten v ∈ V }.
k=1
Wie im Abschnitt 3.2 gezeigt, kann dies mit der Wahl der Matrizen An = −nIn +En und
Bn = En für n = dv realisiert werden, für die alle notwendigen Anforderungen erfüllt
sind um die Selbstadjungiertheit zu gewähren. Da das Bild des Operators Bn∗ = Bn
nur aus den Elementen aus Cn besteht, die den gleichen Eintrag in jeder Komponente
haben - was gerade der Forderung der Stetigkeit von f ∈ D(HK ) entspricht -, gilt
Qv [f (v)] = [f (v)]. Für den Operator Lv gilt die Darstellung Lv = (Bv )−1 Av Qv , wobei
sich Av Qv [f (v)] = Av [f (v)] hier gerade zu null ergibt. Also ist auch Lv [f (v)] = 0, was
die assoziierte Sesquilinearform von der Gestalt (4.3) zu
XZ
f 0 g 0 dx = hf 0 , g 0 iL2 (Γ)
h[f, g] =
(4.5)
e∈E I
e
vereinfacht. Alle Elemente [f (v)] aus Cdv , für die Pv [f (v)] = 0 gilt, sind gerade aus dem
Bild von Bv∗ . Im Definitionsbereich der Form mit Kirchhoff Knoten-Randbedingungen,
DK , liegen also alle Funktionen aus H 1 (E), die auch in den Knoten stetig sind:
DK ={f ∈ H 1 (E) | [f (v)] = (cv , cv , . . . , cv )}
={f ∈ H 1 (E) | f ist stetig in jedem Knoten v ∈ V }.
2. Dirichlet: Im Fall der Dirichlet Knoten-Randbedingungen sollen alle Funktionswerte auf
dem Rand gleich null sein. Es werden keine Forderungen an die Ableitungen gestellt.
Offensichtlich haben An = In und Bn = 0 für n = dv alle nötigen Eigenschaften: An hat
Rang n, An Bn∗ = Bn A∗n = 0 ist selbstadjungiert und offensichtlich ist die Lösungsmenge
aller Funktionen f , für die Av [f (v)] = 0 ist, gleich der Menge aller Funktionen, die
58
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
die Dirichlet Randbedingungen erfüllen. Der negative Laplace-Operator mit Dirichlet
Knoten- Randbedingungen, HD , ist also selbstadjungiert mit dem Definitionsbereich
D(HD ) = {f ∈ H 2 (E) | [f (v)] = 0 in jedem Knoten v ∈ V }.
Dies sind allerdings die einzig möglichen Knoten-Randbedingungen, bei denen die Ableitungen in jedem Knoten egal sind, da dann Bn = 0 gilt und aus rg(An ) = dv und
An [f (v)] = 0 folgt, dass die einzig mögliche Lösung [f (v)] = A−1
n 0 = 0 lautet.
Auch hier gilt Lv [f (v)] = 0, da Av [f (v)] = [f (v)] = 0 in jedem Knoten gilt. Die
assoziierte Sesquilinearform hat also wieder die Gestalt von (4.5). Außerdem ist ker Bn =
Cn , die Projektion P ist also gleich der identischen Abbildung in Cn . Damit ergibt sich
der Definitionsbereich der assoziierten Form bei Dirichlet Randbedingungen zu
DD := {f ∈ H 1 (E) | [f (v)] = 0 in jedem Knoten v ∈ V }.
3. Neumann: Von den Neumann Knoten-Randbedingungen werden keine Anforderungen
an die Funktionswerte in den Knoten gestellt, dafür sollen alle Ableitungen in den
Knoten gleich null sein. Mit An = 0 und Bn = In ergeben sich hier analog zu den
Dirichlet Randbedingungen die Matrizen für n = dv . Der negative Laplace-Operator
mit Neumann Knoten-Randbedingungen, HN , hat also den Definitionsbereich
D(HN ) := {f ∈ H 2 (E) | [f 0 (v)] = 0 in jedem Knoten v ∈ V }.
Analog zu den Dirichlet Randbedingungen sind dies die einzigen, in denen die Funktionswerte nicht eingehen.
Und wieder ergibt sich für die Sesquilinearform Gleichung (4.5), da aus Av [f (v)] =
0 · [f (v)] = 0 folgt, dass Lv [f (v)] = 0 in jedem Knoten gilt. Weiterhin ist ker Bn = {0},
die Projektion P bildet also jeden Vektor aus Cn auf null ab. Für den Definitionsbereich
der Form ergeben sich also keine Einschränkungen:
DN = H 1 (E).
Bei Dirichlet und Neumann Randbedingungen tritt eine Entkopplung auf, weil Funktionen
auf einer Kante nicht von den Funktionswerten auf einer anderen Kante abhängig sind. Im
Falle der Kirchhoff Knoten-Randbedingungen ist das nicht der Fall, dort hängen sowohl Funktionswerte als auch deren Ableitungen in der Nähe der Knoten auf unterschiedlichen Kanten
voneinander ab.
Alle 3 Randbedingungen gewähren die gleiche Darstellung der nicht-negativen Form. Da
jeweils der assoziierte negative Laplace-Operator selbstadjungiert ist, können sich die Definitionsbereiche der Operatoren nicht enthalten. Für die Definitionsbereiche der assoziierten
Formen gelten die Inklusionen: DN ⊃ DK ⊃ DD .
4.2 Beispiele für Knoten-Randbedingungen
59
Diese Eigenschaften ermöglichen es Aussagen über Beziehungen zwischen Eigenwerten bzw.
Spektralwerten dieser drei Operatoren zu treffen.
Satz 4.2.2 (Min-Max-Prinzip). Für einen selbstadjungierten, nach unten beschränkten Operator H, D(H) mit assoziierter Form h, D(h) über einen Hilbertraum H sei eine Folge reeller
Zahlen definiert durch:
λn (H) :=
sup
inf
f1 ,...,fn ∈H f ∈D(h), kf k=1
f ⊥fi i=1,...,n−1
h[f, f ].
Dann gilt für jedes n:
• Entweder gibt es n Eigenwerte unter dem unteren Ende des wesentlichen Spektrums von
H und λn (H) ist der nte Eigenwert, gezählt mit Vielfachheit,
• oder λn (H) ist gleich dem Infimum des wesentlichen Spektrums von H:
λn (H) = inf σess (H).
Alle weiteren λk (H) für k > n sind gleich λn (H) und es gibt höchstens n − 1 Eigenwerte
kleiner als λn (H) - gezählt mit Vielfachheit.
Dieser Satz und sein Beweis finden sich in [RS78] im Abschnitt XIII.1.
Definition 4.2.3. Für zwei selbstadjungierte, nach unten beschränkte Operatoren H1 , D(H1 )
und H2 , D(H2 ) gelte die Beziehung H1 ≤ H2 , wenn
D(h1 ) ⊃ D(h2 ) und für alle f ∈ D(h2 ) : h1 [f, f ] ≤ h2 [f, f ]
für ihre assoziierten quadratischen Formen h1 , D(h1 ) und h2 , D(h2 ) gilt.
Hilfssatz 4.2.4. Für zwei selbstadjungierte, nach unten beschränkte Operatoren H1 , D(H1 )
und H2 , D(H2 ) mit H1 ≤ H2 gilt
λn (H1 ) ≤ λn (H2 ).
Beweis. Der Beweis folgt direkt aus der Definition:
λn (H1 ) =
sup
inf
f1 ,...,fn ∈H f ∈D(h1 ), kf k=1
f ⊥fi | i=1,...,n−1
h1 [f, f ].
Da die Definitionsbereiche sich enthalten, wird das Infimum höchstens größer, wenn anstatt
über den größeren D(h1 ) über den kleineren Definitionsbereich D(h2 ) minimiert wird. Und
h1 [f, f ] ist laut Voraussetzung auch immer kleiner als h2 [f, f ]:
≤
sup
inf
f1 ,...,fn ∈H f ∈D(h2 ), kf k=1
f ⊥fi | i=1,...,n−1
h2 [f, f ] = λn (H2 )
60
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
Folgerung 4.2.5. Für die Laplace Operatoren mit Neumann, Kirchhoff und Dirichlet KnotenRandbedingungen gilt HN ≤ HK ≤ HD , da die Definitionsbereiche der assoziierten Formen
sich entsprechend enthalten DN ⊃ DK ⊃ DD und auf den Durchschnitten immer gleich sind:
h∗ [f, f ] = hf 0 , f 0 iL2 (Γ) | f ∈ D ∗ und ∗ = N, K, D
Also gelten für die jeweiligen Eigen- bzw. Spektralwerte:
λn (HN ) ≤ λn (HK ) ≤ λn (HD ).
(4.6)
Der kleinste Eigenwert des negativen Laplace-Operators mit Neumann Randbedingungen
auf einem Quantengraphen ist also kleiner als der kleinste Eigenwert des gleichen Operators
mit Kirchhoff Randbedingungen, welcher wiederum kleiner ist als der kleinste Eigenwert für
Dirichlet Randbedingungen. Selbes gilt für die zweitkleinsten Eigenwerte und weiter bis hin
zum wesentlichen Spektrum.
Für jeden selbstadjungierten, negativen Laplace-Operator H? , dessen Randbedingungen
Lv [f (v)] = 0 für alle f ∈ D(H? ) und v ∈ V gewährt, liegt der Definitionsbereich der assoziierten Form h? zwischen den Definitionsbereichen der Formen zum Dirichlet und Neumann
Operator (DD ⊂ D(h? ) ⊂ DN ), da DN der größtmögliche und DD der kleinstmögliche Definitionsbereich ist. Damit gilt auch hier
λn (HN ) ≤ λn (H? ) ≤ λn (HD ).
(4.7)
Eine weitere Methode um Werte aus dem Spektrum zu betrachten, ist die der verallgemeinerten Eigenfunktion welche im nächsten Abschnitt angewendet wird.
4.3 Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen
Bekannt ist, dass Eigenfunktionen eines Operators H, D(H) in dessen Definitionsbereich liegen
und die Eigenwertgleichung Hf = λf für einen Eigenwert λ ∈ C bzw. λ ∈ R erfüllen.
Eine Verallgemeinerung sind Funktionen, die nicht mehr im DB des Operators liegen, nicht
einmal mehr eine endliche Norm haben, aber trotzdem die selbe Art Gleichung für einen
“größeren” Operator H2 , mit H2 |D(H) = H, erfüllen. Wenn diese Funktionen noch weitere
Eigenschaften besitzen, dann gibt es eventuell die gleiche Aussage, dass der zugehörige Wert λ
im Spektrum des Operators liegt. Unter den Eigenschaften sind zum Beispiel sub-exponentielle
oder polynomielle Wachstumsbedingungen.
Im Folgenden wird dies für eine sub-exponentiell beschränkte verallgemeinerte Eigenfunktion gezeigt. Dabei wird wie in [Kuc05] von Peter Kuchment vorgegangen. Es werden alle
Details und Zwischenschritte angegeben, die zum Teil in der Veröffentlichung fehlen.
Dazu werden Umgebungssysteme auf Quantengraphen benötigt, also auch die in Abschnitt
2.2 auf X eingeführte Metrik ρ.
4.3 Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen
61
Definition 4.3.1. Durch das Festsetzen eines beliebigen Knotens 0 als Wurzel wird ein
Abstand zum Ursprung (eine Art Norm) auf den Graphen gewonnen, ρ(x) = ρ(0, x). Mit Hilfe
dieses Abstandes kann ein abgeschlossener Kreis Br (0) mit Radius r ≥ 0 definiert werden:
Br (0) := {x ∈ X | ρ(0, x) ≤ r}.
Die Integration über solch eine Umgebung über eine Funktion φ ∈ L2 (Γ) wird definiert als:
Z
Br (0)
|φ(x)|2 dx =
Z
X
|φ(x)|2 dx.
ek ∈E{t | (e ,t)∈B (0)}⊂I
k
r
ek
Im Beweis wird es nötig sein Integrale über die Ableitung der verallgemeinerten Eigenfunktion mit Integralen über Funktion abzuschätzen. Dazu wird die folgende Abschätzung
verwendet.
Bemerkung 4.3.2. Laut Satz 1.4.11 gilt: Sei Ω ⊂ Rn ein Gebiet, dass die Kegeleigenschaft hat
und 1 ≤ p < ∞. Sei f ∈ W m,p (Ω), dann gilt für jedes positive ≤ ρ0 und j ∈ (1, 2, ..., m − 1)
die Sobolev-Ungleichung:
|f |1,p ≤ K |f |2,p + −1 kf kp .
Hier ist n = 1, womit sich die Anzahl der Ableitung einer Ordnung zu eins ergibt. Jedes
Intervall (0, l(e)) hat offensichtlich die Kegeleigenschaft für einen Öffnungswinkel κ = 0 und
ρ0 = u3 . Weiterhin ist p = 2. Damit ergibt sich:
|f |21,p
Zb
=
|f 0 |2 dx
a
|f |1,p
 
 b
 12
 12
 b
 21 
Z
Zb
Z


=  |f 0 |2 dx ≤ K   |f 00 |2 dx + −1  |f |2 dx  .
a
a
a
Sei Γ ein unendlicher Quantengraph dessen Kantenlängen nach unten beschränkt sind.
Q 2
Wenn φ eine verallgemeinerte Eigenfunktion aus
H (Ie ) zum negativen Laplace-Operator
e∈E
ist, dann gilt über jedem Intervall Ie = (0, l(e)): φ ∈ H 2 (Ie ) und −φ00 (x) = λφ(x) für fast alle
x ∈ (0, l(e)).
62
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
Die obige Ungleichung liefert für φ:
 

1

1 
1
2
2
2
l(e)
l(e)
l(e)
Z
Z
Z
 






0 2
−1
2
00
2

+
|φ|
dx
|φ
|
dx
 |φ | dx ≤ K 






0
0
0
 
1 

1
2
2
l(e)
l(e)
Z
Z

 



2
−1
2

|φ|
dx
+
=K
|
−
λφ|
dx






0
0


= K(|λ| + −1 ) 
1
2
Zl(e)

|φ|2 dx .
0
Dies ergibt
Z
|φ0 |dx ≤ Cλ
(0,l(e))
Z
|φ|2 dx
(4.8)
(0,l(e))
mit einer Konstanten Cλ , die nur von p = 2, n = 1, κ = 0, u und λ abhängt.
Es muss noch eine weitere Annahme an den Quantengraphen gestellt werden, um die Aussage beweisen zu können. Die Längen der Kanten des Graphen dürfen nicht unendlich lang
sein, es darf nicht einmal eine Folge von Kanten geben, deren Länge gegen unendlich geht.
Annahme 4.3.3. Für einen Quantengraphen Γ seien die Längen der Kanten nach oben
gleichmäßig beschränkt durch U , mit 0 < l(e) ≤ U < ∞.
Satz 4.3.4. Sei Γ ein unendlicher Quantengraph und die Annahmen 4.3.3, 4.1.1 und 4.1.2
seien erfüllt. Weiterhin seien für jeden Knoten beliebige Knoten-Randbedingungen der Form
(R1) oder (R2) gegeben. Dann ist der Differentialoperator HP,L =
−d2
dx2
mit dem Definitions-
bereich
DQ,L : = {f ∈ H 2 (E) | Pv [f (v)] = 0 und Lv [f (v)] + Qv [f 0 (v)] = 0 ∀ v ∈ V }
= {f ∈ H 2 (E) | Av [f (v)] + Bv [f 0 (v)] = 0 ∀ v ∈ V }
selbstadjungiert.
Sei λ ∈ R. Wenn eine Funktion φ(x) ∈
Q
H 2 (Ie ) existiert, mit den Eigenschaften:
e∈E
(i) Die Funktion φ(x) erfüllt alle Randbedingungen,
2
φ(x)
(ii) φ(x) erfüllt die Eigenwertgleichung − d dx
= λφ(x) für fast alle x ∈
2
Q
e∈E Ie ,
(iii) und φ(x) erfüllt eine sub-exponentielle Wachstumsbedingung, das heißt, für alle > 0
R
existiert ein C < ∞, so dass |φ(x)|2 dx ≤ C er gilt.
Br
4.3 Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen
63
Dann liegt λ im Spektrum des Operators HP,L .
Dabei muss die H 2 (E)-Norm oder gar die L2 (Γ)-Norm der Funktion φ nicht endlich sein
(dann wäre auf Grund der Eigenschaften (i) und (ii) die Aussage trivial).
Beweis. Natürlich ist HP,L laut Satz 4.1.4 selbstadjungiert.
Begonnen wird mit der Definition eines neuen Umgebungssystems des Wurzelknotens, bestehend aus Kanten. Für alle r > 0 ist kr definiert als:
kr := {({e} × Ie ) ∪ {i(e), j(e)} ⊂ X | i(e) ∈ Br (0) und j(e) ∈ Br (0)}.
Dabei muss kr keine Teilmenge von Br (0) sein. Offensichtlich ist kr aber in Br+U (0) enthalten
kr
kr+U
Br
Br+U
Abbildung 4.1: kr und kr+U
(siehe dazu auch Abbildung 4.1). Es gilt also
Z
X Z
|φ|2 dx ≤
|φ|2 dx ≤ C e(r+U ) = C eU er .
e×Ie ⊂kr I
e
Br+U (0)
Die sub-exponentielle Wachstumsbedingung ist damit auch für die Umgebungen kr erfüllt.
Das Integral über diese Umgebungen wird bezeichnet mit:
X Z
J(r) :=
|φ(x)|2 dx.
e×Ie ⊂kr I
e
Hilfssatz 4.3.5. Für jedes δ > 0 gibt es ein r(δ), so dass
J(r(δ) + U ) ≤ eδ J(r(δ))
gilt.
(r(δ))
64
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
Beweis des Hilfssatzes. Wird das Gegenteil angenommen, dann gibt es wenigstens ein δ > 0,
so dass es gar kein r > 0 gibt, für welches (r(δ)) erfüllt ist, so dass
J(r + U ) > eδ J(r) für alle r > 0
(4.9)
gilt. Die Parameter , r und k werden dann wie folgt gewählt:
• <
δ
U,
• r, so dass r > R und J(r) > C
• und k als natürliche Zahl, so dass k >
r
δ−U .
Zur Wahl von r: Sei r0 > U beliebig, dann gilt Beziehung (4.9) für r0 , r0 − U und alle
r > r0 . Außerdem ist J(r0 ) > 0, da sonst in (4.9) 0 = J(r0 ) > eδ J(r0 − U ) = 0 stehen würde.
Somit ist J(r0 + U ) > eδ J(r0 ) erfüllt und die Folge J(r0 + nU ) > enδ J(r0 ) wächst für n gegen
unendlich ins Unendliche. Also gibt es ein n0 , so dass J(r0 + n0 U ) > C , womit der passende
Wert für r mit r0 + n0 U gefunden ist.
Die angegebene Wahl von k ist möglich, da so ausgesucht wurde, dass δ − U > 0 gilt.
Daraus folgt kδ > (r + kU ), was zusammen mit mehrfacher Anwendung von Ungleichung
(4.9) auf J(r + kU )
J(r + kU ) > eδ J(r + (k − 1)U ) > . . . > ekδ J(r) > e(r+kU ) C
ergibt. Dies ist aber ein Widerspruch zur sub-exponentiellen Wachstumsbedingung.
Damit ist die Existenz der Radien r(δ) zu jedem δ > 0 mit der geforderten Eigenschaft
bewiesen.
Da kφkL2 (Γ) nicht beschränkt sein muss, werden approximierende Eigenfunktionen des Operators HP,L erzeugt. Dazu werden Abschneide-Funktionen θr(δ) (x) definiert. Sei θ(x) eine
beliebige, glatte Funktion über dem Intervall [0, u4 ], die gleich 1 in einer Umgebung von 0
und gleich 0 in einer Umgebung von u4 ist. Die Abschneide-Funktion θr(δ) (x) ist definiert auf
Q
e∈E Ie und identisch zu 1 auf allen Intervallen Ie , für die e×Ie ∈ kr(δ) ist. Auf allen Intervallen Ies , für die i(es ) 6∈ Br(δ) (0) und j(es ) 6∈ Br(δ) (0) ist, wird sie identisch zu null gesetzt. Die
restlichen Intervalle Iet gehören zu den Kanten et , die genau einen Knoten in Br(δ) (0) haben,
hier wird θr(δ) (x) wie folgt definiert: Bis zur Mitte des Intervalls (0, l(et )) ist θr(δ) (x) gleich 1,
dann folgt eine um l(et )/2 verschobene Kopie von θ(x) und danach ist θr(δ) (x) identisch zu
Null bis zum Ende des Intervalls - siehe auch


1



θr(δ) (x)|Iet := θ(x)



0
Abbildung 4.2 -:
l(et )
x ∈ 0, 2
h
i
x ∈ l(e2t ) , l(e2t ) + u4 .
x ∈ l(e2t ) + u4 , l(et )
4.3 Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen
65
θ x−
l(e)
2
1
θr(δ) (x)
0
0
l(e)
2
2l(e)+u
4
l(e)
x
Abbildung 4.2: Abschneide-Funktion über Kante e
Laut Definition ist θr(δ) eine glatte Funktion und es gilt θr(δ) ∈ C ∞ (Γ) = {f ∈
Q
C ∞ (Ie ) |
e∈E
kf kL2 (Γ) < ∞}.
Der Satz von Weierstraß besagt: Das Bild einer kompakten Teilmenge einer stetigen Funktion zwischen zwei metrischen Räumen ist kompakt.
h
0
00
Der Träger der glatten Funktionen θr(δ)
und θr(δ)
ist auf jedem Intervall Ie in Te =
i
l(e) 2l(e)+u
0
00
enthalten. Demzufolge ist für jede Kante θr(δ)
(Te ) und θr(δ)
(Te ) kompakt und
2 ,
4
damit beschränkt. Wobei dies unabhängig von r(δ) und der jeweiligen Kante ist, da alle ersten und zweiten Ableitungen von θr(δ) auf den Kanten, wenn sie nicht identisch zu null sind,
nur verschobene Kopien von θ0 bzw. θ00 enthalten. Seien 0 < Cθ1 < ∞ und 0 < Cθ2 < ∞
zwei Konstanten, so dass |θ0 (x)| ≤ Cθ1 und |θ00 (x)| ≤ Cθ2 gilt für alle x ∈ [0, u4 ]. Für
Cθ := max{Cθ1 , Cθ2 } gilt, dass
0
|θr(δ)
(x)| ≤ Cθ
00 (x)| ≤ C
|θr(δ)
θ
)
, unabhängig von r(δ) ∈ N und auf allen Intervallen Ie .
(4.10)
Durch φr(δ) (x) := θr(δ) (x)φ(x) sind die approximierten Eigenfunktionen des Operators
HP,L definiert. Da in jedem Knoten entweder [φ(v)] = [φr(δ) (v)] und [φ0 (v)] = [φ0r(δ) (v)]
oder [φr(δ) (v)] = 0 und [φ0r(δ) (v)] = 0 gilt, erfüllt φr(δ) die gleichen Randbedingungen wie φ.
Die Abschneide-Funktionen beschränken den Träger von φr(δ) , welches dann als Produkt
von φ|k(r(δ)+U ) und θr(δ) geschrieben werden kann. Diese beiden Funktionen liegen in H 2 (E)
und damit sie selbst sowie ihre ersten und zweiten (schwachen) Ableitungen in L2 (Γ), also
liefert die Hölder Ungleichung für φr(δ) , φ0r(δ) und φ00r(δ) die Zugehörigkeit zu L1 (Γ) ⊃ L2 (Γ)
und damit auch die zu H 2 (E) für φr(δ) . φr(δ) liegt also im Definitionsbereich von HP,L .
Das Integral J(r(δ)) über φ ist natürlich kleiner (oder gleich) als die L2 (Γ)-Norm von φr(δ) ,
66
4 Laplace-Operatoren auf unendlichen Quantengraphen
da φr(δ) = φ auf allen Intervallen aus kr(δ) gilt:
XZ
X Z
2
|φr(δ) (x)|2 dx = kφr(δ) k2L2 (Γ) .
|φ(x)| dx ≤
J(r(δ)) =
(4.11)
e∈E I
e∈kr(δ) I
e
e
Das Anwenden von HP,L − λ auf die approximierten Eigenfunktionen liefert:
(HP,L − λ)φr(δ) (x) = −
d2
θ (x)φ(x) − λθr(δ) (x)φ(x)
dx2 r(δ)
Aus der 2-fachen Benutzung der Produktregel
0
00
(x)φ0 (x) − θr(δ) (x)φ00 (x) − λθr(δ) (x)φ(x)
(x)φ(x) − 2θr(δ)
(HP,L − λ)φr(δ) (x) = −θr(δ)
und aus Voraussetzung (ii) folgt
0
00
(x)φ0 (x).
(x)φ(x) − 2θr(δ)
(HP,L − λ)φr(δ) (x) = −θr(δ)
Wird auf beide Seiten der Gleichung k · k2L2 (Γ) angewendet, ergibt sich:
XZ
2
00
0
0 2
00
0
k(HP,L − λ)φr(δ) kL2 (Γ) = k − θr(δ) φ − 2θr(δ) φ kL2 (Γ) =
|θr(δ)
φ + 2θr(δ)
φ0 |2 dx.
e∈E I
e
Aus der Abschätzung |a + b|2 ≤ 2(|a|2 + |b|2 ) folgt:
XZ 00
0
≤
2 |θr(δ)
φ|2 + |2θr(δ)
φ0 |2 dx.
e∈E I
e
0
00
Dann werden θr(δ)
und θr(δ)
auf ihrem Träger laut (4.10) mit Cθ abgeschätzt


Z
Z


≤ 8Cθ 
|φ|2 dx +
|φ0 |2 dx .
00
supp θr(δ)
0
supp θr(δ)
Da die Kanten, auf denen der Träger der Ableitungen von θr(δ) liegt, in {Ie | e ∈ kr(δ)+U \
kr(δ) } enthalten sind (Definition von θr(δ) ), folgt mit Hilfe der Ungleichung (4.8):
Z
X
≤ 8Cθ (1 + Cλ )
|φ(x)|2 dx.
e∈kr(δ)+U \kr(δ) Ie
Die Bezeichnung der Integrale über die Umgebungen kr und Beziehungen (r(δ)) und (4.11)
liefern:
≤ 8Cθ (1 + Cλ )(J(r(δ) + U ) − J(r(δ))) ≤ 8Cθ (1 + Cλ )(eδ − 1)kφr(δ) k2L2 (Γ) .
Es gilt also
k(HP,L − λ)φr(δ) k2L2 (Γ) ≤ C(eδ − 1)kφr(δ) k2L2 (Γ) ,
wobei die Konstante C nicht von δ und r(δ) abhängt. Es kann also C(eδ − 1) beliebig klein
gewählt werden, was die Behauptung liefert.
4.3 Spektrum und verallgemeinerte Eigenfunktionen
67
Dabei ist die Annahme an U wichtig, da sonst die Konstruktion der r(δ) für den Hilfssatz
4.3.5 nicht möglich wäre. Die sub-exponentielle Wachstumsbedingung aus (iii) ist nicht zwingend notwendig, es reicht wenn (r(δ)) erfüllt ist. Das heißt: Für jedes δ findet sich ein Radius,
so dass das Integral über die Schale zwischen den Radien r(δ) und r(δ) + U über φ höchstens
einen Anteil von eδ − 1 vom Integral über die Umgebung mit Radius r(δ) ausmacht.
Auswertung
Es wurde eine allgemeine Definition und Notation von metrischen Graphen und Quantengraphen erstellt, die viele Freiheiten lässt: unendlich lange Kanten, mehrfache Kanten und
Schlaufen. Dafür ist auch keine Einbettung in Rn oder als Gitter in Zn notwendig.
Bei der Untersuchung topologischer Eigenschaften zur Charakterisierung metrischer Graphen stellten sich gewisse Einschränkungen heraus um wichtige Eigenschaften zu gewährleisten: Die Endlichkeit des Grades der Knoten und die Beschränkung der Längen der Kanten
nach unten. In vielen Anwendungen sind diese automatisch erfüllt (z.B. bei Gittern und
Bäumen). Unter diesen Voraussetzungen ist der Quantengraph hausdorffsch, vollständig, im
endlichen Fall kompakt und die Initialtopologie der stetigen Funktionen stimmt mit der durch
die natürlichen Metrik induzierten Topologie überein.
Für einen Differentialoperator zweiter Ordnung ist der einfachste Ansatz für Randbedingungen αf (x0 )+αf 0 (x0 ) = 0 auf Randpunkten x0 , mit gewissen Koeffizienten α und β. Der gleiche
Ansatz ist für Quantengraphen auch möglich: Av [f (v)] + Bv [f 0 (v)] = 0, wobei hier die Knoten
die Randpunkte sind und sich Matrizen Av und Bv als Vorfaktoren ergeben. Damit der negative Laplace-Operator auf dem Quantengraphen mit diesen Knoten-Randbedingungen selbstadjungiert ist, müssen Av und Bv bestimmte Eigenschaften erfüllen. Es wurde das Resultat
von Kostrykin und Schrader - wie von Peter Kuchment - verallgemeinert, aber ausführlich mit
der Angabe von allen Details und Zwischenschritten. Dies ermöglicht einfache Konstruktionen
von Knoten-Randbedingungen, so dass der Operator selbstadjungiert wird, oder eine Kontrolle ob er mit gegebenen Knoten-Randbedingungen selbstadjungiert ist. Was am Beispiel
von Neumann, Kirchhoff und Dirichlet Randbedingungen verdeutlicht wurde.
Es wurde dabei auch klar herausgestellt, wann Einschränkung an Quantengraphen notwendig sind - vor allem im Fall unendlicher Graphen. Die Operatornormen kLv k in der
Äquivalenten Formulierung der Randbedingungen müssen gleichmäßig nach oben beschränkt
sein, um die Selbstadjungiertheit des negativen Laplace-Operators zu garantieren. Für gleiche
Randbedingungen können unterschiedliche Matrizen Av und Bv gewählt werden, was aber wie gezeigt - die Operatornormen kLv k nicht beeinflusst, da diese eindeutig bestimmt sind.
An einem Beispiel wurde auch verdeutlicht, dass für einen gewissen Quantengraphen und
Randbedingungen, so dass die Operatornormen kLv k nicht nach oben beschränkt sind, der
negative Laplace-Operator nicht nach unten beschränkt ist .
68
Selbstständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt, nicht anderweitig
zu Prüfungszwecken vorgelegt und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet
habe. Sämtliche wissentlich verwendete Textausschnitte, Zitate oder Inhalte anderer Verfasser
wurden ausdrücklich als solche gekennzeichnet.
69
Literaturverzeichnis
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[BS87]
M.S. Birman and M.Z. Solomjak. Spectral Theory of Self-Adjoint Operators in Hilbert
Space. D. Reidel Publishing Company, 1987.
[KS99] V. Kostrykin and R. Schrader. Kirchhoff’s Rule for Quantum Wires. J. Phys. A:
Math. Gen., 32:595–630, 1999.
[Kuc04] P. Kuchment. Quantum Graphs: I. Some basic structures,. Waves in Random Media,
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[Kuc05] P. Kuchment. Quantum Graphs II: Some spectral properties of quantum and combinatorial graphs. J. Phys. A: Math. Gen., 38:4887–4900, 2005.
[Rot88] Joseph J. Rotman. An Introduction to Algebraic Topology. Springer Verlag, 1988.
[RS78] Michael Reed and Barry Simon. Methods of modern mathematical physics IV: Analysis of Operators. Academic Press, 1978.
[RS80] Michael Reed and Barry Simon. Methods of modern mathematical physics I: Functional Analysis. Academic Press, 1980.
[Wei80] Joachim Weidmann. Linear Operators in Hilbert Spaces. Springer-Verlag, 1980.
70
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