Dokument_8.

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Modellierung des Avalancheeffekts
in InAlAs/InGaAs-HeterobipolarTransistoren
Der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
zur Erlangung des Grades
DOKTOR-INGENIEUR
vorgelegt von
Oliver Weiß
Erlangen - 2005
.
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der Einreichung : 2. Januar 2006
Tag der Promotion : 19. Mai 2006
Dekan : Prof. Dr.-Ing. Alfred Leipertz
Berichterstatter : Prof. Dr.-Ing. Robert Weigel,
Prof. Dr.-Ing. Franz-Josef Tegude
Modellierung des Avalancheeffekts
in InAlAs/InGaAs-HeterobipolarTransistoren
Erlangen - 2005
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1
2 Stand der Technik
3
2.1
Aufbau eines Heterobipolar-Transistors . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.2
Beschreibung des Avalancheeffekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.2.1
Phänomenologische Beschreibung des Avalancheeffekts . . . . . .
9
2.2.2
Physikalisches Modell nach Poon und Meckwood . . . . . . . . . .
11
2.2.3
Der Übergang vom physikalischen Modell zum Kompaktmodell . .
13
Kompaktmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.3.1
Ebers-Moll-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.3.2
SPICE-Gummel-Poon-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.3.3
VBIC-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
2.3.4
MEXTRAM-Modell
23
2.3.5
Modellierung des Avalancheeffekts in Kompaktmodellen
2.3
2.4
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
26
Problemstellung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
31
3.1
Ionisationskoeffizienten in InGaAs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3.1.1
Messungen der Ionisationskoeffizienten in InGaAs . . . . . . . . .
32
3.1.2
Modelle für Ionisationskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
3.1.3
Diskussion der Messungen anhand der Modelle . . . . . . . . . . .
35
Vergleich der physikalischen Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
3.2
i
ii
Inhaltsverzeichnis
3.3
3.4
Eigener Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
3.3.1
Ionisationskoeffizientenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
3.3.2
Parametrisierung der Breite der Raumladungszone . . . . . . . . .
44
3.3.3
Analytische Entwicklung des physikalischen Modells nach Lee . .
46
3.3.4
Zusammenfassung des eigenen Ansatzes . . . . . . . . . . . . . . .
47
Diskussion der Modellparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
4 Messung des Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren 53
4.1
Transistoraufbau und Messumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
4.2
Verifikation des Kompaktmodells bei niedriger Kollektorstromdichte . . .
61
4.3
Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung . . . . . . . . . . .
63
4.3.1
Separation mittels Gleichstrommessungen
. . . . . . . . . . . . .
66
4.3.2
Separation mittels Wechselstrommessungen . . . . . . . . . . . . .
72
4.3.3
Korrektur der Ausgangskennlinie um Selbsterwärmungseffekte . .
76
Messung des Avalanchestroms bei hoher Kollektorstromdichte . . . . . .
80
4.4.1
Linearer Ansatz für thermische Effekte . . . . . . . . . . . . . . .
81
4.4.2
Gleichstromkorrektur und Wechselstromkorrektur . . . . . . . . .
84
4.4.3
Gepulste Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
4.4
4.5
5 Einordnung und Ausblick
91
6 Zusammenfassung
95
7 Summary
97
Literaturverzeichnis
99
Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen
107
1 Einführung
Die Nachteile der Vakuumröhre lösten Mitte der vierziger Jahre eine gezielte Forschung
nach Alternativen aus, die 1947 in der Erfindung des Transistors (transfer resistor) durch
Shockley, Bardeen und Brattain mündete [1]. Die ersten theoretischen Beschreibungen
durch die Erfinder selbst [2] wurden im Folgenden kontinuierlich ergänzt und weitere Effekte berücksichtigt, um das Verhalten des Transistors so genau wie möglich vorhersagen
zu können.
In den siebziger Jahren führte die Verfügbarkeit von Rechnern zur Entwicklung von
elektrischen Transistormodellen, um schon vor der Herstellung einer Schaltung das elektrische Verhalten der Transistoren zu simulieren. Dabei wurden damals wie heute physikalische und skalierbare Modelle bevorzugt, da sie auch bei einer Änderung der Prozessparameter der Technologie oder der Geometrie des Transistors zu Voraussagen fähig
sind.
Die Entwicklung von Hochfrequenzschaltungen stellt besonders hohe Anforderungen
an die Genauigkeit der Transistormodelle. Speziell bei einer Steigerung der Schaltfrequenz oder bei der Verwendung neuer Materialsysteme müssen in den Transistormodellen zusätzliche Effekte wie z.B. der Avalancheeffekt berücksichtigt werden, die zuvor zur
Begrenzung der Rechenzeit vernachlässigt wurden.
In modernen Bipolar-Transistoren ermöglichen dünnere Epitaxieschichten, höhere Kollektordotierungen und größere Stromdichten eine Steigerung der Schaltfrequenzen. Diese
Vorteile müssen allerdings durch eine gleichzeitig niedrigere Durchbruchspannung erkauft
werden. Außerdem deckt sich der Arbeitsbereich hoher Ströme, bei dem diese BipolarTransistoren ihre höchste Schaltfrequenz erreichen, gerade mit dem verstärkten Auftreten des Avalanche-Effekts, woraus sich die zunehmende Notwendigkeit einer präzisen
Beschreibung dieses Effekts herleitet.
Ziel dieser Arbeit ist es, eine kompakte und doch ausreichend genaue Beschreibung des
Avalanche-Effekts und des thermischen Verhaltens von InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-
2
1 Einführung
Transistoren für Kompaktmodelle zu erarbeiten, um eine möglichst genaue und damit
erfolgversprechende Schaltungssimulation im Bereich des Transistordurchbruchs schon in
der Entwicklungsphase von Hochfrequenzschaltungen zu ermöglichen.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt: Das anschließende Kapitel gibt einen
Überblick über den Stand der Technik bezüglich physikalischer Modelle des Avalancheeffekts und von Kompaktmodellen. In Kapitel 3 führt die Diskussion der Ionisationskoeffizientenmodelle, der physikalischen Modelle und der Parametrisierung des elektrischen
Feldes zum Ansatz für ein verbessertes Modell des Avalancheeffekts. Die herausragenden
Eigenschaften des Modells - nämlich die Beschreibung des anomalen Ionisationskoeffizienten von InGaAs bei niedrigen elektrischen Feldstärken und die Erweiterung des Gültigkeitsbereichs hinsichtlich der Stromdichten - werden in Kapitel 4 experimentell bestätigt.
Bezüglich des zweiten Aspektes wird insbesondere die Separation des Avalancheeffekts
von thermischen Effekten anhand von Messungen mit vier unterschiedlichen Methoden
untersucht. Schließlich werden die gewonnenen Ergebnisse hinsichtlich ihres Anwendungspotentials diskutiert und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.
2 Stand der Technik
2.1 Aufbau eines Heterobipolar-Transistors
Abbildung 2.1 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Bipolartransistors. Die Schichten werden entweder mittels Molekularstrahlepitaxie oder metallorganisch-chemischer Gasphasenepitaxie auf das Substrat aufgewachsen. Daraus kann man Schritt für Schritt den
Transistor herausätzen (nicht-planarer Prozess) oder mittels Ionenimplantation Bereiche
voneinander isolieren und Kontakte zu den tiefergelegenen Schichten herstellen (planarer
Prozess).
Der große technologische Vorteil von Bipolartransistoren gegenüber den Feldeffekttransistoren liegt darin, dass die Schichten reproduzierbar sehr dünn aufgewachsen werden
können bis in den Bereich von wenigen 10 nm. Bei Feldeffekttransistoren müssen die entsprechenden Strukturen photolithographisch geschrieben werden, deren Ausmaße man
nur mit hohem Aufwand auf unter 100 nm reduzieren kann.
Abbildung 2.1 zeigt die Struktur eines gängigen Bipolartransistors, dessen Emitter
oben liegt. Auch die umgekehrte Variante mit einem obenliegenden Kollektor ist möglich.
Sie hat aber den Nachteil, dass die meisten freien Ladungsträger, die vom Emitter aus
a)
B
Passivierung
E
C
S
b)
E
B
Isolation
Isolation
Emitter
Basis
Kollektor
Emitter
B
Basis
C
Kollektor
Subkollektor
Subkollektor
Substrat
Substrat
C
Abbildung 2.1: Aufbau eines a) planaren und eines b) nicht-planaren HeterobipolarTransistors. Die geschwärzten Flächen stellen Metallkontakte dar.
3
4
2 Stand der Technik
in die Basis eintreten, in den Basiskontakten aufgesammelt werden und nicht bis zum
zentral und oben gelegenen Kollektor gelangen. Liegt der Kollektor jedoch unten, dann
erstreckt er sich über die gesamte Breite der Basis, so dass die Mehrzahl der freien in
die Basis eintretenden Ladungsträger in den Kollektor diffundiert. Der Transistor mit
obenliegendem Emitter hat demnach eine höhere Injektionseffizienz.
Die Idee, einen Emitter mit größerer Bandlücke zu verwenden um die Leistungsfähigkeit von Bipolartransistoren zu verbessern wurde 1951 von Shockley vorgeschlagen [3]
und später von Kroemer umgesetzt [4]. Solch ein Heteroübergang kommt durch die Wahl
zweier verschiedener Schichtmaterialien für Basis und Emitter zustande. Ist der Bandabstand im Emitter größer als in der Basis, dann verringert die dadurch gebildete Valenzbandbarriere die Injektion von Löchern von der Basis in den Emitter (Abbildung 2.2).
In konventionellen Bipolartransistoren ist dies der dominierende Anteil des Basisstroms,
so dass in Heterobipolar-Transistoren bei gleicher Verstärkung höhere Dotierungskonzentrationen der Basis möglich sind. Die hohe Basisdotierung lässt ihrerseits eine dünne
Basisschicht zu, die zu einer kleinen Basis-Transitzeit und somit zu einer hohen Transitfrequenz von Heterobipolar-Transistoren führt. Eine vergleichsweise kleine Basis-Bandlücke
resultiert zudem in einer niedrigen Schwellspannung, die hinsichtlich der Reduzierung der
Leistungsaufnahme hilfreich ist.
Als Standardmaterial hat sich das Paar AlGaAs/GaAs als Emitter- bzw. Basismaterial
auf GaAs-Substraten herausgebildet, da deren Gitterkonstanten und Ausdehnungskoeffizienten sehr ähnlich sind. Auf InP-Substraten dominiert die in dieser Arbeit verwendete
Abbildung 2.2: Typische Bandstruktur eines Heterobipolar-Transistors (nach [5]). Der
Unterschied ∆EG zwischen Emitter-Bandlücke EGE und Basis-Bandlücke
EGB resultiert in der Leitungsbanddiskontinuität ∆EL und der Valenzbanddiskontinuität ∆EV (∆EG = EGE − EGB = ∆EV + ∆EL ).
Bandlücke [eV]
2.1 Aufbau eines Heterobipolar-Transistors
5
2,8
Direct
Direkt
Indirect
Indirekt
AlP
2,4
2,0
AlAs
GaP
AlSb
1,6
InP
GaAs
1,2
0,8
GaSb
0,4
InSb
InAs
0,0
5,4
5,5
5,6
5,7
5,8
5,9
6,0
6,1
6,2
6,3
6,4
6,5
Gitterkonstante [Å]
Abbildung 2.3: Bandlücke und Gitterkonstante der typischen Materialien für
Heterobipolar-Transistoren (nach Bashar [6]).
Kombination InAlAs/InGaAs und das Materialsystem InP/InGaAs [5]. Diese Technologien haben Vorteile aufgrund einer höheren Beweglichkeit der freien Ladungsträger,
größeren Bandlückenunterschieden und niedrigerer Oberflächenrekombinationsraten. Die
Nachteile sind eine geringere Durchbruchspannung, höhere Leckströme und ein komplizierterer und damit fehleranfälligerer Herstellungsprozess, insbesondere aufgrund der
zusätzlich nötigen Anpassung der Gitterkonstanten (Abbildung 2.3). Zu nennen ist auch
das SiGe-Materialsystem. Es weist niedrige Oberflächenrekombinationsströme auf und
ermöglicht somit selbst bei niederigen Kollektorströmen eine hohe Stromverstärkung. Zu
berücksichtigen ist, dass auch auf das breite Wissen der Prozessierung des verwandten
Siliziums zurückgegriffen werden kann. Tabelle 2.1 fasst einige Materialkonstanten der
gängigsten Halbleitermaterialien zur Herstellung von Heterobipolar-Transistoren zusammen. Die physikalischen Eigenschaften der Verbindung In0,53 Ga0,47 As werden umfassend
von Adachi [7] diskutiert.
Die Wahl der Dicke und der Dotierung der Kollektorschicht hängt vom Kompromiss
zwischen zwei widersprüchlichen Forderungen ab. Einerseits verlangt eine große Stromtragfähigkeit eine hochdotierte und dünne Kollektorschicht. Andererseits erfordert eine hohe Durchbruchspannung genau das Gegenteil, nämlich einen niedrigdotierten und
dicken Kollektor. Eine geringe Dotierung würde zudem gewährleisten, dass das elektrische
6
2 Stand der Technik
Material
Bandlücke
spezifische ther-
Elektronen-
mische Leitfähig-
Beweglichkeit
Gitterkonstante
keit
cm2 V−1 s−1
eV
W K−1 m−1
In0,53 Ga0,47 As
0,75 [8]
5 [9]
Si0,85 Ge0,15
1,00 [11]
Si
1,12 [13]
In0,22 Ga0,78 As
1,20 [15]
InP
1,35 [13]
80 [16]
4600 [13]
5,87 [13]
GaAs
1,42 [13]
46 [13]
8500 [13]
5,65 [13]
Al0,3 Ga0,7As
1,80 [15]
150 [14]
Å
5,86 [10]
500 [12]
5,46 [13]
1500 [13]
5,43 [13]
5,70 [6]
5,65 [13]
Tabelle 2.1: Materialkonstanten bei Raumtemperatur der gängigsten Materialien zur Herstellung von Heterobipolar-Transistoren.
Feld nahezu konstant über den gesamten Kollektor ist und somit keine Spitzenfeldstärken
auftreten, die den Avalancheeffekt begünstigen würden.
Abbildung 2.4 stellt in einer eindimensionalen Betrachtung die hinsichtlich der BasisKollektor-Raumladungszone möglichen Betriebsarten dar. Im Sättigungsbereich zeigt sich
eine Injektionszone. Ist der Strom dabei kleiner als der für die Geschwindigkeitssättigung
kritische Grenzstrom Ilim , dann ist die Feldstärke im Rest des epitaktischen Kollektors
konstant, was einem ohmschen Verhalten gleichkommt. Übersteigt der Kollektorstrom
jedoch Ilim , dann tritt Geschwindigkeitssättigung auf, so dass das elektrische Feld im
Rest des Kollektors eine negative Steigung aufweist.
In der aktiv-normalen Betriebsart dehnt sich die Basis-Kollektor-Raumladungszone
mit zunehmender Kollektorspannung in Richtung Subkollektor aus1 . Erreicht der
Kollektorstrom schließlich den kritischen Strom IF D , dann hat die Basis-KollektorRaumladungszone den gesamten epitaktischen Kollektor erfasst. Bei noch höheren Kol1
Dies gilt zumindest, wenn Uce größer als die Grenzspannung Ulim zwischen niedrigen und hohen Kollektorströmen ist (vgl. Abbildung 2.4). In diesem Fall ist die Ausbreitungstendenz der
Basis-Kollektor-Raumladungszone (begründet in der mit dem Kollektorstrom abnehmenden NettoRaumladungsdichte) stärker als die Kontraktionstendenz der Basis-Kollektor-Raumladungszone (begründet im Spannungsabfall über dem ohmschen Teil der Epitaxie).
2.1 Aufbau eines Heterobipolar-Transistors
7
Abbildung 2.4: Betriebsarten des Transistors. Die Schemata stellen jeweils den Verlauf
des elektrischen Feldes in der Basis (linker Bereich), dem epitaktischen
Kollektor (mittlerer Bereich) und dem Subkollektor (rechter Bereich) dar.
lektorströmen überhalb von Ikirk bildet sich schließlich auch außerhalb des Sättigungsbereichs eine Injektionszone aus (Kirk-Effekt).
Die folgende Diskussion der Betriebszustände des Transistors und der jeweils relevanten
Parameter folgt der Argumentation von Liou [5].
Das elektrische Feld des Basis-Kollektor-Übergangs leitet sich aus der eindimensionalen
Poissongleichung
dE(x)/dx = (1/)(qNc − Jc /νs )
(2.1)
ab. Dabei bezeichnet = r 0 das Produkt aus relativer Dielektrizitätskonstante r und
der Influenzkonstante2 0 , q die Elementarladung, Nc die Kollektordotierung, Jc = Ic /Ae
die Kollektorstromdichte und νs die Sättigungsgeschwindigkeit der Elektronen. Es muss
nach drei Fällen unterschieden werden. Solange die Raumladungszone noch nicht das
gesamte Kollektorgebiet erfasst hat (x2 − x1 < wc , vgl. Abbildung 2.5) ergibt sich das
2
0 ≈ 8, 8 · 10−12
C
Vm
8
2 Stand der Technik
N
P
N
wc
E
C
x
x1
x2
0
B
UBE
UCB
Abbildung 2.5: Lage der Basis-Kollektor-Raumladungszone (schattiert) in einem npnTransistor im Normalbetrieb.
elektrische Feld
E(x) = (q/)(Nc − Jc /qνs )(x2 − x)
(2.2)
durch Integration der Gleichung 2.1. Der rechte Rand der Raumladungszone berechnet
sich nach Bowler und Lindholm [17] gemäß
x2 = x1 + x0
s
1 − (Jc /Johm )
.
1 − (Jc /Jlim )
(2.3)
Dabei bezeichnet x0 die Breite der Raumladungszone ohne Kollektorstrom, die mit dem
konventionellen Verarmungsmodell berechnet werden kann (siehe beispielsweise Snowden [18]). Die Konstanten sind als Jlim = Ilim /Ae = qNc νs und Johm = Iohm /Ae =
qNc µn UCB /wc definiert, wobei µn die Beweglichkeit der Elektronen und UCB die angelegte Basis-Kollektor-Spannung darstellen.
Bei steigender Basis-Kollektor-Spannung dehnt sich die Raumladungszone weiter aus,
bis sie sich über den gesamten Kollektor erstreckt (x2 − x1 = wc ). Dies geschieht, sobald
die Kollektorstromdichte den Wert
JF D =
IF D
1 − (wc /x0 )2
=
Ae
Jlim − Johm (wc /x0 )2 /(Jlim Johm )
(2.4)
überschreitet3 [5]. In diesem Fall hat das elektrische Feld die Form [19]
EF D (x) =
1 qwc Jkirk 1 qwc Jc q
Jc Nc −
+
Nc −
− Nc −
x − x1 .
2 qνs
2 qνs
qνs
(2.5)
Wird die Basis-Kollektor-Spannung weiter erhöht, so tritt schließlich eine Basisaufwei3
der Index von JF D steht für full depletion.
2.2 Beschreibung des Avalancheeffekts
9
tung4 auf. Die dafür kritische Stromdichte
Jkirk = Ikirk /Ae =
Ilim
UCB + Ubi,bc
+ 2νs
Ae
wc2
(2.6)
erhält man durch Integration von Gleichung 2.2 und Ausnutzung der Grenzbedingung
E(x1 ) = 0. Dabei ist Ubi,bc die Diffusionsspannung5 der Basis-Kollektor-Diode. Muller
und Kamins [20] geben für die Basisaufweitung den Ausdruck
∆wb = wc 1 −
r
Jkirk − Jlim
Jc − Jlim
!
(2.7)
an. Bei Basisaufweitung lautet das elektrische Feld [21]
Ekirk (x) =
0, 5q(wc − ∆wb )/ (Nc − Jc /qνs )
+ 0, 5q(wc2/)(Nc − JF D /qνs ) /(wc − ∆wb )
−(q/)(Nc − Jc /qνs )(x − XjC − ∆wb ).
(2.8)
2.2 Beschreibung des Avalancheeffekts
2.2.1 Phänomenologische Beschreibung des Avalancheeffekts
Der Avalancheeffekt tritt in Halbleitern bei hohen elektrischen Feldstärken auf, also zum
Beispiel in der Raumladungszone eines in Sperrichtung gepolten pn-Übergangs. Bei ausreichend hohen Feldstärken kann ein freies Elektron soviel kinetische Energie von dem
elektrischen Feld aufnehmen, dass es bei einer Kollision mit einem gebundenen Elektron
ein Elektron-Loch-Paar erzeugt. Da diese neuen freien Ladungsträger nun ihrerseits zum
Strom beitragen und selber weitere Elektron-Loch-Paare erzeugen können, entsteht eine
lawinenartige Multiplikation freier Ladungsträger - der Avalancheeffekt.
In einem Heterobipolar-Transistor wird im Normalbetrieb der Basis-Kollektor-Übergang in Sperrichtung betrieben. Ist die Sperrspannung groß genug, dann fließen die in
der Basis-Kollektor-Raumladungszone durch den Avalancheeffekt erzeugten Elektronen
in den Kollektor und bewirken dort einen starken Anstieg des Kollektorstroms. Auf der
4
dies wird auch als Kirk-Effekt, Basisausdehnung, base widening, induzierte Basis, induced base oder
base push out bezeichnet.
5
Der Index steht für built-in potential.
10
2 Stand der Technik
E
IC‘
IE
∆ Ib
Ib0
IC‘
IC
C
∆I‘c
B
Abbildung 2.6: Schematische Darstellung der Ströme in einem npn-Transistor. Der
Avalanche-Effekt erzeugt in der Basis-Kollektor-Raumladungszone einen
durch die Basis abfließenden Löcherstrom ∆Ib und einen über den Kollektor abfließenden Elektronenstrom ∆Ic0 .
anderen Seite driften die neuerzeugten Löcher in die Basis und von dort weiter zum Basiskontakt, da die Zahl der von der Basis in den Emitter injizierbaren Löcher durch die
Basis-Emitter-Spannung begrenzt ist (Abbildung 2.6). Sollte der durch den Avalancheeffekt hervorgerufene Löcherstrom größer als der reguläre Basisstrom Ib0 sein, dann ist
der effektive Basisstrom negativ (reverse base current phenomenon bzw. snap back effect) [22]. Es sei hier noch angemerkt, dass neben diesem elektrischen Snap-Back-Effekt
für Feldeffekt-Transistoren auch ein thermischer Snap-Back-Effekt nachgewiesen wurde,
bei dem der zusätzliche Löcherstrom nicht durch den Avalancheeffekt verursacht wird,
sondern durch eine außergewöhnlich hohe Temperatur am pn-Übergang, wie sie beispielsweise bei großen Leistungstransistoren auftritt [23].
Da der in der Basis-Kollektor-Raumladungszone erzeugte Strom vergleichbar dem regulären Basisstrom eine Verstärkung erfährt, ist der durch den Avalancheeffekt verursachte zusätzliche Kollektorstrom ∆Ic um den Faktor der Stromverstärkung größer als der
in die Basis fließende Löcherstrom ∆Ib . Der ursprüngliche Transferstrom6 In erhöht sich
demnach bei Auftreten des Avalancheeffekt um das Produkt aus der Stromverstärkung
und dem Avalanchestrom auf Ic0 . Als Avalanchestrom wird in dieser Arbeit der in der
Basis-Kollektor-Raumladungszone durch Stoßionisation erzeugte Strom bezeichnet, dessen Löcherstromanteil ∆Ib in die Basis abfließt.
Der Kollektorstrom kann letztlich so groß werden, dass er den Transistor thermisch
zerstört (Durchbruch). Abbildung 2.7 zeigt schematisch die Ausgangskennlinien für verschiedene Betriebsarten des Transistors. Der gängige Wert zur Charakterisierung des
6
Der Transferstrom besteht aus den aus dem Emitter in die Basis emittierten Elektronen, die die
basisseitige Grenze der Basis-Kollektor-Raumladungszone erreichen.
2.2 Beschreibung des Avalancheeffekts
11
Durchbruchs ist die Spannung Ubr,CEO , gegen die alle Durchbruchskennlinien bei hohen
Kollektorströmen streben. Die Spannung Ubr,CEO ist die mit offener Basis (Ib = 0) maximal erreichbare Kollektorspannung. Sie stellt daher eine untere Grenze für die tatsächliche
Durchbruchspannung des Transistors dar, da die an die Basis angeschlossene Impedanz
nicht wie hier angenommen unendlich ist, sondern in der Praxis Werte zwischen 50 Ω und
200 Ω aufweist. In diesen Fällen liegen die beobachteten Durchbruchspannungen ungefähr
eineinhalb bis zweimal höher als Ubr,CEO [24].
Ic
Ib>0
Ib=0
Ib<0
Ube=0
Ubr,CEO Ubr,CER
Ubr,CEK Uce
Abbildung 2.7: Durchbruchskennlinien im Ausgangskennlinienfeld (nach [25]). Bei einem
positiven Basisstrom zeigt sich die gewöhnliche Ausgangskennlinie, die
aufgrund des Durchbruchs (breakdown) bei Ubr,CEO divergiert. Dies ist
genau die Spannung, bei der der Transistor trotz offener Basis (Ib = 0)
durchbricht. Schaltet man zusätzlich einen Widerstand zwischen Basis
und Emitter, erhöht sich die Durchbruchspannung auf Ubr,CER . Sobald
diese Spannung erreicht wird, fließt ein negativer Basisstrom und sorgt
somit für die negative Steigung. Reduziert man schließlich den Widerstandswert bis zum Kurzschluss ergibt sich der Grenzfall für Ube = 0 mit
der zugehörigen Durchbruchspannung Ubr,CEK .
2.2.2 Physikalisches Modell nach Poon und Meckwood
Bei einem Transistor im Normalbetrieb können hohe Feldstärken in der in Sperrichtung
gepolten Basis-Kollektor-Diode auftreten, wenn die anliegende Kollektor-Basis-Spannung
UCB entsprechend hoch ist. Der Avalancheeffekt bewirkt die Vervielfältigung eines Stromes in einem definierten Halbleiterbereich durch Bildung von Elektron-Loch-Paaren per
12
2 Stand der Technik
Stoßionisation. Der durch diese Vervielfältigung erzeugte Avalanchestrom
IAvl = (M − 1)In
(2.9)
lässt sich durch einen Multiplikationsfaktor M und den ursprünglich injizierten Strom In
beschreiben.
Poon und Meckwood [26] gehen von den Ionisationskoeffizienten für Elektronen (Index
n) bzw. für Löcher (Index p)
αn/p
Bn/p = An/p exp −
E(x)
(2.10)
in der Form von Chynoweth [27] aus, wobei An/p den Avalanchekoeffizienten und Bn/p die
kritische Feldstärke für Stoßionisation darstellen. Poon und Meckwood entwickeln daraus
den Avalanchestrom
IAvl = In
Z
x2
x1
An exp
Bn −
dx
E(x)
(2.11)
unter der Bedingung, dass der Kollektorstrom viel größer als der Avalanchestrom ist.
Das Integral läuft über die Basis-Kollektor-Raumladungszone, die für die Gültigkeit von
Gleichung 2.11 sehr viel größer als die mittlere freie Weglänge der Ladungsträger sein
muss. Da in Heterobipolar-Transistoren in der Praxis die Basis sehr viel stärker dotiert
ist als der Kollektor, kann in guter Näherung die untere Integrationsgrenze mit der Grenze
zwischen der Basis und dem Kollektor gleichgesetzt werden (vgl. Abbildung 2.5).
Aus Gleichung 2.11 ist ersichtlich, dass in diesem Modell der Avalanchestrom proportional zum injizierten Kollektorstrom In sein muss. Das Modell von Poon und Meckwood
beschreibt daher lediglich den schwachen Avalancheeffekt, bei dem die sekundäre Stoßionisation vernachlässigbar ist. Die in diesem Modell vorausgesetzte Bedingung, dass der
Kollektorstrom viel größer als der Avalanchestrom sein muss, bedeutet jedoch nicht, dass
die Änderung des Kollektorstroms aufgrund des Avalancheeffekts nicht beträchtlich sein
kann. Der Avalanchestrom muss zwar niedrig sein, kann aber, da er selber verstärkt wird,
eine deutliche Erhöhung des Kollektorstroms verursachen.
In jüngerer Zeit beschäftigten sich sowohl Kloostermann und de Graaf [28, 29] als
auch Schröter [30] eingehend mit dem Modell von Poon und Meckwood. Ihre darauf
aufbauenden Arbeiten bilden die Grundlage für die Avalanchemodellierung in den Kompaktmodellen VBIC, MEXTRAM und HICUM7 .
7
Akronym für HIgh CUrrent Model.
2.2 Beschreibung des Avalancheeffekts
13
2.2.3 Der Übergang vom physikalischen Modell zum Kompaktmodell
Die ersten Arbeiten zur Modellierung des Avalancheeffekts stammen von Poon und Meckwood [26]. Sie idealisieren das elektrische Feld unter der Annahme eines abrupten BasisKollektor-Übergangs und für Basisdotierungen, die weit höher als die Kollektordotierung
sind. Es ergibt sich eine Verteilung des elektrischen Feldes, die ihr Maximum in der Nähe
der Basis-Kollektor-Grenze hat. Durch die Näherung das elektrische Feldes mittels einer
Potenzreihe kann das Integral von Gleichung 2.11 berechnet werden. Der sich ergebende Multiplikationsfaktor hängt dann vom maximalen elektrischen Feld Em und von der
Breite der Basis-Kollektor-Raumladungszone wd ab.
Für die Simulation von Bipolartransistoren sind derzeit vier Modelle allgemein
verfügbar, nämlich SPICE-Gummel-Poon (SGP), VBIC, MEXTRAM und HICUM. Eine Zusammenfassung der Ersatzschaltbilder und Modellgleichungen findet sich in der
Arbeit von Berkner [31]. Im SGP-Modell ist der Avalancheeffekt nicht berücksichtigt.
Das HICUM und das MEXTRAM-Modell besitzen zwischen Basis und Kollektor eine
Avalanchestromquelle. Das VBIC-Modell beinhaltet praktisch auch eine Avalanchestromquelle, die jedoch in die Basis-Kollektordiode integriert ist. Alle diese Kompaktmodelle
beruhen indirekt auf der Arbeit von Poon und Meckwood. Es folgt eine Übersicht über
die bei der Implementierung des Avalancheeffekts in die verschiedenen Kompaktmodelle
verwendeten Grundlagen.
Das VBIC-Modell beruft sich auf die Arbeit von Kloosterman und de Graaf [28] aus
dem Jahre 1989. Diese gehen vom Ionisationskoeffizienten in der Form von Chynoweth
aus. Da nur der schwache Avalancheeffekt berücksichtigt wird, kann man den durch den
Avalancheeffekt erzeugten zusätzlichen Kollektorstrom
IAvl = In
Z
x2
x1
αn exp
−B n
|E|
dx
(2.12)
als proportional zum injizierten Kollektorstrom ansetzen. Zur Berechnung des Integrals
idealisieren Kloosterman und de Graaf die Verteilung des elektrischen Feldes entsprechend
Abbildung 2.8 a. Um das Integral lösbar zu machen, nähern sie diese Feldverteilung mit
der Potenzreihe
1
1
x
=
1+
+ ...
|E|
Em
wd
(2.13)
um den Maximalwert des elektrischen Feldes, wobei wd die Breite der Basis-KollektorRaumladungszone darstellt. Sie begründen dieses Vorgehen damit, dass der Bereich um
14
2 Stand der Technik
den Basis-Kollektor-Übergang das Integral dominiert. Unter Vernachlässigung des 2. Exponentialterms ergibt die Auswertung des Integrals auf diese Weise
−Bn An
wd Em exp
.
Bn
Em
(2.14)
Im Vergleich zu Poon und Meckwood ersetzen Kloosterman und de Graaff die
Abhängigkeit der Variablen Em und wc von der Kollektor-Basiss-Spannung und dem
Kollektorstrom durch eine Abhängigkeit von der Kollektor-Basis-Sperrschichtkapazität.
Basis
elektrisches Feld
elektrisches Feld
Das Kompaktmodell vereinfacht sich dadurch von 4 Parameter auf 2 Parameter.
Kollektor
Em
a)
Basis
Kollektor
Subkollektor
Em
b)
wd
x
wd
λ
x
Abbildung 2.8: Idealisierte elektrische Felder von Kloosterman zur Berechnung des Integrals über die Basis-Kollektor-Raumladungszone a) von 1989 (Grundlage des VBIC-Modells) und b) von 2000 (Grundlage des MEXTRAMModells). Die gestrichelten Linien stellen jeweils die Näherung durch eine
Potenzreihe dar.
Im Jahr 2000 publizierten Kloosterman et al. eine verbesserte Variante dieses Modells [29], das zur Grundlage des MEXTRAM-Kompaktmodells avancierte. Abbildung 2.8b zeigt den dabei verwendeten Ansatz für das elektrische Feld. Darin geht die
endliche Ausdehnung des epitaktischen Kollektors ein, indem das elektrische Feld nur
über ebendiesen epitaktischen Kollektor integriert wird.
Wiederum nähern sie das idealisierte elektrische Feld mit einer Potenzreihe an. Der
zugehörige Parameter ist aber jetzt λ. Der Avalanchestrom hat in diesem Fall die Form
IAvl
−B
An
−Bn wd n
= Ic Em λ exp
− exp
1+
.
Bn
Em
Em
λ
(2.15)
Unter Vernachlässigung des 2. Exponentialterms und für die Wahl λ = wd ist dieses
Modell identisch mit der Fassung von 1989.
2.3 Kompaktmodelle
15
Erwähnenswert ist, dass Kloosterman in der verbesserten Variante bei der Herleitung
der Ausdrücke für Em , wd und λ zwischen niedrigen und hohen Strömen unterscheidet und
einen möglichst stetigen Übergang zwischen den beiden Extremfällen wählt. Die Grenze
zwischen diesen beiden Fällen ist der in Abschnitt 2.1 eingeführte kritische Strom für die
Geschwindigkeitssättigung Ilim . Ist der Strom niedriger, dehnt sich die Basis-KollektorRaumladgunszone erst mit Erreichen des Stroms IF D bis zum Subkollektor aus. Ist der
Kollektorstrom höher als Ilim , wird der epitaktische Kollektor stets vollständig durch die
Basis-Kollektor-Raumladungszone erfasst - und zwar unabhängig von der Kollektorspannung (vgl. Abbildung 2.4).
Es sei hier betont, dass die verbesserte Beschreibung bei hohen Strömen nicht mit
der Beschreibung des starken Avalancheeffekts verwechselt werden darf. Schon der auf
Poon und Meckwood zurückgehende Ansatz des Avalanchestroms als proportional zum
injizierten Kollektorstrom beschränkt die Gültigkeit der gängigen Kompaktmodelle auf
den schwachen Avalancheeffekt, d.h. der erzeugte Avalanchestrom muss immer deutlich
kleiner als der injizierte Kollektorstrom sein.
Schröter et al., deren Arbeit [30] die Grundlage für das HICUM-Kompaktmodell bildet, gehen genauso wie Kloostermann und de Graaf 1989 vor. Das maximale elektrische
Feld berechnen sie jedoch unter der Annahme eines abrupten Übergangs aus der Diffusionsspannung des inneren Basis-Kollektor-Übergangs. Die Breite der Basis-KollektorRaumladungszone wd ersetzen sie durch die spannungsabhängige innere Kollektor-BasisSperrschichtkapazität.
2.3 Kompaktmodelle
Im Hinblick auf die Modellierung des Avalancheeffekts ist in Kompaktmodellen in erster
Linie die explizite Modellierung des Avalanchestroms relevant. Dieser Aspekt wird im abschließenden Abschnitt dieses Kapitels vorgestellt. Unabhängig davon spielt jedoch auch
die Beschreibung des zugrundeliegenden Kollektorstroms eine wichtige Rolle, da dieser
erst die Stoßionisation im Kollektor auslöst. Der Aufbau der wichtigsten Kompaktmodelle
für Bipolartransistoren ist daher in den kommenden Abschnitten kurz dargestellt, wobei
der Schwerpunkt auf der spezifischen Formulierung des Kollektorstroms in Abhängigkeit
von der Stromstärke liegt.
16
2 Stand der Technik
2.3.1 Ebers-Moll-Modell
Eines der ersten und einfachsten Modelle zur Beschreibung eines npn-Transistors ist das
Ebers-MollI -Modell [32], das in Abbildung 2.9 in der nichtlinearen Hybrid-π-Form dargestellt ist. Es bildet den Kern auch aller weiteren Bipolar-Transistormodelle. Daher soll
es hier diskutiert werden, um davon ausgehend die Wirkung zusätzlicher Terme in erweiterten Modellen interpretieren zu können.
Zwei ideale Dioden mit den Strömen
ICC
IS qUbe
kT
−1
=
e
βf
βf
und
IEC
IS qUbc
kT
−1
=
e
βR
βR
(2.16)
repräsentieren den Emitter-Basis- und den Basis-Kollektor-Übergang. IS bezeichnet dabei
den Sättigungssperrstrom des Transistors, βf und βR die Stromverstärkung8 in Vorwärtsbzw. Rückwärtsrichtung und UT die Temperaturspannung9 . Eine spannungsgesteuerte
Stromquelle beschreibt die Kopplung der beiden Übergänge, den Transferstrom
qUbe
qUbc
IT = ICC − IEC = IS (e kT − 1) − (e kT − 1) .
(2.17)
Die zentrale physikalische Größe zur Beschreibung des Avalancheeffekts ist der Kollektorstrom, der im Folgenden hergeleitet wird. Da er experimentell über die Ausgangs8
in Emitterschaltung
9
UT =
kT
q
(≈ 25, 9mV bei 300 K) mit der Boltzmannkonstante k, der Temperatur T und der Elemen-
tarladung q.
C
IEC / βR
Ic
DC
B
Ib
DE
ICC / βF
ICC - IEC
Ie
E
Abbildung 2.9: Ersatzschaltbild des EMI -Modells bestehend aus zwei idealen Dioden und
einer spannungsgesteuerten Stromquelle.
2.3 Kompaktmodelle
17
kennlinie bestimmt wird, soll zudem Stromsteuerung angenommen werden, also gerade
die Bedingung, die bei der Aufnahme der Ausgangskennlinie vorherrscht.
Aus dem Ersatzschaltbild 2.9 ergibt sich der Kollektorstrom Ic = (ICC −IEC )−IEC /βR ,
durch dessen Auswertung man zu
qU
ce
βf Ib (1 + βR ) + IS (1 + βR + βf ) e− kT + βf βR Ib + (1 + βf + βR )IS
Ic = −
qUce
βR + βf e− kT
(2.18)
gelangt. Der Kollektorstrom hängt dabei von den beiden Variablen Uce und Ib ab. Bei
Uce = 500 mV beträgt der Term exp(−qUce E/kT ) jedoch bereits nur noch 4·10−9 und
fällt weiter mit mehr als 16 dB pro 100 mV. Er kann also bei größeren Spannungen in
guter Näherung mit 0 identifiziert werden. Gleichung 2.18 reduziert sich in diesem Fall
auf
Ic = βf Ib +
1 + βf + βR
IS
βR
(2.19)
und weiter auf Ic = βf Ib , wenn der Sättigungsstrom IS vernachlässigbar ist.
Das Ebers-Moll-Modell kann das Verhalten der Ausgangskennlinie im Sättigungsbereich gut beschreiben. Es vernachlässigt jedoch die Beiträge zum Kollektorstrom durch
den Earlyeffekt und den Avalancheeffekt. Die Steigung der Ausgangskennlinie konvergiert
daher außerhalb des Sättigungsbereichs gegen null (Abbildung 2.10).
Ic
U bc = 0
3I b
3β fIb
2I b
2β fIb
Ib
β fIb
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 2.10: Ausgangskennlinie gemäß dem Ebers-Moll-Modell. Außerhalb des Sättigungsbereiches ist die Ausgangskennlinie konstant bei Ic = βf Ib .
18
2 Stand der Technik
B
E
&
&
5
Bi
&
,
,
,
&
&
,
Kollektor
S
5
,
Isolation
5
Ei
Basis
Isolation
Emitter
C
Ci
Subkollektor
&
Substrat
Abbildung 2.11: Großsignal-Ersatzschaltung des SGP-Modells eingezeichnet in einen vertikalen Bipolartransistor nach [31]. Drei Widerstände trennen die inneren von den äußeren Knoten. Neben einer Stromquelle umfasst es vier
Sperrschichtkapazitäten, zwei Diffusionskapazitäten und je zwei ideale
bzw. nichtideale Dioden.
2.3.2 SPICE-Gummel-Poon-Modell
Gummel und Poon veröffentlichten 1970 ihr Modell [33], dessen Gleichungen sie gegenüber
dem Ebers-Moll-Modell unter anderem um die Basisaufweitung erweitert hatten. Mit
wenigen Abänderungen wurde dieses Modell in den Schaltungssimulator SPICE10 integriert [34]. Nicht zuletzt weil SPICE von der University of Berkeley frei erhältlich war,
wurde dieses SGP-Modell für mehr als 20 Jahre zum Industriestandard.
Das SGP-Modell ist in der Literatur häufig und ausführlich beschrieben (siehe beispielsweise [31, 32]). Es wird hier zunächst kurz vorgestellt und dann in Bezug auf den
Avalancheeffekt diskutiert. Die Nomenklatur folgt hier wie auch bei den anschließenden
Modellen Berkner [31].
Abbildung 2.11 stellt das Großsignal-Ersatzschaltbild vor dem Hintergrund des geometrischen Aufbaus eines vertikalen Bipolartransistors dar. Die Großsignal-Ersatzschaltung
zeigt, dass sich der Kollektorstrom Ic = IT −IBCI −IBCN aus dem Gesamttransferstrom so-
wie dem idealen und dem nichtidealen Basis-Kollektor-Diodenstrom zusammensetzt. Da
10
Akronym für Simulation Program with Integrated Circuit Emphasis
2.3 Kompaktmodelle
19
im Allgemeinen die Basisströme gegenüber dem Gesamttransferstrom vernachlässigbar
sind, folgt Ic ≈ IT . Der Gesamttransferstrom bildet sich aus der Differenz der (normierten idealen) Vorwärts- und Rückwärts-Transferströme IT F =
IF
qB
und IT R =
IR
.
qB
Durch
Einsetzen der Definitionen gelangt man zu
IF IR
IS
UBiEi IS
UBiCi Ic ≈ IT = IT F −IT R =
−
=
exp
−1 −
exp
−1 (2.20)
qB qB
qB
NF UT
qB
NR UT
mit der normierten Basisladung qB , den Modellparametern IS (Sättigungsstrom), NF
(Emissionsfaktor Vorwärtsbetrieb) und NR (Emissionsfaktor Rückwärtsbetrieb).
Mit Hilfe der Modellgleichungen für die normierte Basisladung werden im SGP-Modell
sowohl die Basisweitenmodulation (Early-Effekt) als auch Hochstromeffekte modelliert.
Die normierte Basisladung ist definiert als
i
UBEI
IF
IR
q1 h p
UBCI
−
und q2 =
+
, (2.21)
qB =
1 + 1 + 4q2 mit q1 = 1/ 1 −
2
VAF
VAR
IKF IKR
wobei VAF bzw. VAR und IKF bzw. IKR die Modellparameter für die Early-Spannungen
und Knickströme im Vorwärts- bzw. Rückwärtsbetrieb darstellen.
Bei der Basisweitenmodulation steigt im Normalbetrieb der Kollektorstrom linear mit
der Kollektorspannung. Tritt der Avalancheeffekt auf, muss der Kollektorstrom jedoch
stärker ansteigen. Dies ist im Rahmen des SGP-Modells nicht möglich. Zudem beinhaltet
das SGP-Modell nicht die Selbsterwärmung, die erst in den Modellen VBIC, HICUM und
MEXTRAM berücksichtigt ist.
2.3.3 VBIC-Modell
Um unter anderem diese Nachteile des SGP-Modells zu überwinden, stellte 1995 eine firmenübergreifende Arbeitsgemeinschaft das VBIC-Modell (Vertical Bipolar Inter
Company) vor [35, 36]. Das SGP-Modell wurde vor allem um einen parasitären Substrattransistor, den Avalancheeffekt und die Selbsterwärmung erweitert und die Modellierung der Hochfrequenzeigenschaften und der Temperatureffekte verfeinert [36]. Für
eine vollständige Beschreibung sei auf die Arbeit von Berkner [31] verwiesen. Im Folgenden werden die für die Modellierung des Avalancheeffekts relevanten Aspekte des
VBIC-Modells vorgestellt.
Abbildung 2.12 zeigt das Großsignal-Ersatzschaltbild vor dem Hintergrund des geometrischen Aufbaus eines vertikalen Bipolartransistors. Der Kollektorstrom ergibt sich
daraus zu Ic = IT − IBC − IBCP − IBEP . Die Ströme IBCP und IBEP sind parasitäre
20
2 Stand der Technik
"
!
#
Abbildung 2.12: Großsignal-Ersatzschaltung des VBIC-Modells eingezeichnet in einen
vertikalen Bipolartransistor (nach [31]).
Basisstromanteile und werden hier nicht weiter berücksichtigt. Der Gesamttransferstrom
IT ist analog zum SGP-Modell definiert (siehe Gleichung 2.20), lediglich der Rückwärtstransferstrom ist um den Faktor ISRR erweitert11 , um unterschiedliche Sättigungsströme
für den Vorwärts- und den Rückwärtsbetrieb zu ermöglichen.
Damit der Kollektorstrom Ic bei hohen Kollektorspannungen dennoch einen exponentiellen Anstieg aufweist, beinhaltet der Basis-Kollektorstrom IBC = IBCI + IBCN − IGC mit
IGC einen negativen exponentiellen Term (IBCI und IBCN stellen den idealen und den
nichtidealen Anteil der Basis-Kollektordiode dar). Der Basis-Kollektor-Avalanchestrom
ist definiert als
IGC = (IT − IBC )AV C1 (PC − UBiCi )exp[−AV C2 (PC − UBiCi )MC −1 ]
(2.22)
mit den Modellparametern AV C1 , AV C2 (Basis-Kollektor-Durchbruchskoeffizient 1 und
2), PC (Basis-Kollektor-Diffusionsspannung) und MC (Basis-Kollektor-Gradationskoeffizient). Abbildung 2.13 stellt den Basisstroms Ib über die Basis-Kollektor-Spannung Ubc
dar. Darin entspricht der Avalanchestrom der Abweichung des Basisstroms von dem konstanten Wert Ib0 , den er bei niedrigen Kollektorspannungen annimmt.
Die Definition des Avalanchestroms im VBIC-Modell beruht auf dem physikalischen
Modell des Avalancheeffekts von Kloosterman und de Graaff [28]. Ausgehend von der
11
ab VBIC Version 1.2
2.3 Kompaktmodelle
21
empirischen Relation für den Ionisationskoeffizienten von Chynoweth [27] benutzten sie
als Näherung für den Avalanchestrom
IGC = In
−B An
n
wd Em exp
,
Bn
Em
(2.23)
wobei In der Kollektorstrom ohne Avalancheeffekt ist, wd die Breite der Raumladungszone und Em das maximale elektrische Feld um den Basis-Kollektor-Übergang. Aus Abschnitt 2.2.2 ist der Avalanchekoeffizient An und das kritische Feld Bn bereits bekannt.
Die beiden Größen wd und Em leiten Kloosterman und de Graaff aus der Basis-KollektorSperrschichtkapazität ab und erhalten
IGC = In
An
(PC − UBiCi )exp − AV L (PC − UBiCi )MC −1
Bn (1 − MC )
(2.24)
0 Bn Ab (1 − MC )
,
C0C PCMC
(2.25)
mit
AV L =
wobei 0 die Influenzkonstante, Ab die Basisfläche und C0C die Basis-Kollektor-Sperrschichtkapazität bei 0 V ist.
Aus dem Koeffizientenvergleich zwischen den Gleichungen 2.22 und 2.24 ergibt sich die
physikalische Definition von sowohl dem 1. Durchbruchsparameter AV C1 = An / Bn (1 −
MC ) als auch dem 2. Durchbruchsparameter AV C2 = AV L . Da jedoch IGC stark von
AV L abhängt, schlugen bereits Kloosterman und de Graaff vor, AV L als zusätzlichen
Ib [µA]
Modellparameter zu belassen, um die Genauigkeit des Modells zu gewährleisten.
500
I b0
U bc [V]
0
1
I GC
2
-500
Abbildung 2.13: Abfall des Basisstroms durch den Avalancheeffekt. IGC ist der durch den
Avalancheeffekt induzierte Anteil des Basisstroms.
22
2 Stand der Technik
Zur Bestimmung der Durchbruchsparameter AV C1 und AV C2 kann die Ausgangskennlinie bei gleichzeitiger Bestimmung des Basisstroms gemessen werden. Die Durchbruchsparameter erhält man dann durch Anpassung des simulierten an den gemessenen Basisstrom. Dabei muss natürlich gewährleistet sein, dass die sonstigen für die Ausgangskennlinie relevanten Modellparameter schon vorher extrahiert wurden (Widerstände, Kapazitäten, Aufteilungsfaktoren und Temperaturabhängigkeit).
Statt dieser Optimierung kann man die Durchbruchsparameter auch direkt extrahieren. Diese von Celi [37] für das HICUM-Modell vorgeschlagene Methode wird hier auf
das VBIC-Modell übertragen. Sie erfordert zunächst die Messung der Größen Ic und Ib .
Der Avalanchestrom IGC ergibt sich aus der absoluten Abweichung des gemessenen Basisstroms von Ib0 (vgl. Abbildung 2.13). Mit der Hilfsvariablen UJ = PC − UBiCi geht
Gleichung 2.22 über in
ln
IGC
= ln(AV C1 UJ ) − AV C2 UJMC −1 ,
Ic
(2.26)
wenn man bei der Berechnung des Kollektorstroms Ic = IT − IBC − IBCP − IBEP die para-
sitären Basisströme IBCP und IBEP vernachlässigt. Abbildung 2.14 zeigt die Auftragung
des linksseitigen Terms ln IGC
über UJMC −1 . Bei dieser Variablenwahl hat Gleichung 2.26
Ic
die Form einer Geradengleichung. Der im konstanten Anteil enthaltene 1. Durchbruchsparameter AV C1 ist so aus dem y-Achsenabschnitt des Diagramms 2.14 ablesbar. Der
ln(IGC/Ic )
Absolutwert der Geradensteigung stellt direkt den 2. Durchbruchsparameter AV C2 dar.
ln(A VC1 U J )
-A VC2
UJ
M c -1
Abbildung 2.14: Direkte Extraktion der Durchbruchsparameter aus der Auftragung
ln(IGC /Ic ) über UJMC −1 . Der 1. Durchbruchsparameter ist im yAchsenabschnitt und der 2. Durchbruchsparameter in der Geradensteigung enthalten.
2.3 Kompaktmodelle
23
2.3.4 MEXTRAM-Modell
Das MEXTRAM-Modell, dessen Name ein Akronym für Most EXquisite TRAnsistor
Model ist, war zunächst ein firmeninternes Modell des Unternehmens Philips. Ab 1994
(Version 503) stellte Philips es jedoch allgemein zur Verfügung. Die aktuelle Version von
Dezember 1999 ist die Version 504 [38]. Hinsichtlich der Beschreibung des Avalancheeffekts ist das MEXTRAM-Modell das am weitesten fortgeschrittene Kompaktmodell.
Abbildung 2.15 zeigt das Großsignal-Ersatzschaltbild vor dem Hintergrund des geometrischen Aufbaus eines vertikalen Bipolartransistors. Der Kollektorstrom
Ic = IC1C2 =
EC + UC1C2
RCV
(2.27)
mit
EC = UT K0 − KW − ln
K0 + 1
KW + 1
und K0/W =
s
1 + 4 exp
UB2C2/C1 − VDC
UT
(2.28)
errechnet sich aus den anliegenden Spannungen und den durch die Modellparameter RCV
(variabler Kollektorwiderstand) und VDC (Basis-Kollektor-Diffusionsspannung) festgelegten Widerständen. Die Hilfsvariablen K0 und KW stellen die Löcherdichten im epitaktischen Kollektor an der Grenze zur Basis bzw. an der Grenze zum Subkollektor dar,
aufgrund derer sich die Korrekturspannung EC zur Verringerung des Widerstands im
B
E
C
S
Thermisches
Netzwerk
CBEO
CBCO
XIEX
XISUB
B1
XQTEX
+XQEX
ISUB
RB1B2
QBC QTC QEPI
IEX+
IB3
QTEX+
QEX
IB1+IB2
B2
IAVL
C2
C1
ISF
QTS
IN
IC1C2
QTH
RTH
GND
RCC
Subkollektor
Isolation
Isolation
RBC
QTES
Kollektor
E1
IB1SQB1B2 QBE QTE QE
IDISS
RE
Basis
Emitter
DT
ITZF
Substrat
Abbildung 2.15: Großsignal-Ersatzschaltung des MEXTRAM-Modells eingezeichnet in
einen vertikalen Bipolartransistor (nach [31]).
24
2 Stand der Technik
Kollektor wegen der Löcherinjektion aus der Basis (Kirk-Effekt) berechnet. Diese Korrektur des Kollektorstroms aufgrund des variablen arbeitspunktabhängigen Kollektorwiderstands deckt sich mit der Formulierung im Rahmen des VBIC-Modells, außer dass
der im VBIC-Modell frei verfügbare Parameter für die Epitaxie-Dotierung GAM M im
MEXTRAM-Modell auf den Wert 4 festgelegt ist.
Für den Avalanchestrom existieren im MEXTRAM-Modell zwei Ansätze, zwischen
denen man wählen kann. Der erste Ansatz ist nur für geringe Stromdichten (IC1C2 < IHC )
gültig, wobei der Modellparameter IHC den kritischen Grenzstrom Ilim beschreiben soll.
Im Folgenden wird daher der zweite Ansatz erläutert.
Die Berechnung des Avalanchestroms benötigt im MEXTRAM-Modell 14 Gleichungen.
Dabei wird zunächst die Ausdehnung der Kollektor-Raumladungszone wd bestimmt, gefolgt von der Verteilung des elektrischen Feldes. Daraus ergibt sich der Generationsfaktor
GEM , aus dem sich der Avalanchestrom IAvl berechnet.
Ausgangspunkt der Berechnung ist der Feldstärkegradient
dE/dx0 =
2VAV L
,
2
WAV
L
(2.29)
der auf die Modellparameter VAV L (Bezugsspannung für das Avalanchemodell) und WAV L
(Epitaxiedicke für das Avalanchemodell) zurückgreift. Daraus ergibt sich die Sperrschichtweite
xd =
r
2
dEdx0
s
VDC − UB2B1
.
1 − IICAP
HC
(2.30)
Neben der Basis-Kollektor-Diffusions-Spannung (VDC ) geht darin auch der Hilfsstrom

 IHC IC1C2 für I
C1C2 > 0
Ilim +IC1C2
ICAP =
(2.31)
 IC1C2
für IC1C2 ≤ 0
ein, der stets kleiner als der Kirk-Strom ist und sich diesem asymptotisch nähert.
Für kleine Stromdichten (Ic IHC ) stellt die Sperrschichtweite die Breite der Raum-
ladungszone dar. Bei höheren Stromdichten muss man allerdings den Kirk-Effekt berücksichtigen. Die effektive Weite des Kollektors
wef f
2
xi
= WAV L 1 −
2 wc
(2.32)
hängt dann von der Injektionsweite xi in den Kollektor aus der Basis ab. Die Injektrionsweite wird auf die geometrische Ausdehnung des Kollektors wc normiert. Ein stetiger
2.3 Kompaktmodelle
25
Übergang zwischen den beiden Grenzfällen ist durch die Wahl
xd wef f
wd = q
2
x2d + wef
f
(2.33)
garantiert. Der Ansatz für das mittlere elektrische Feld lautet
Eav =
VDC − UB2B1
,
wd
(2.34)
der unter Berücksichtigung des Feldstärkegradienten dEdx0 zur Feldstärke am BasisKollektor-Übergang
1
ICAP
E0 = Eav + wd dEdx0 1 −
2
IHC
(2.35)
führt. Bei der Bestimmung des elektrischen Feldes an der Grenze zum Subkollektor
!
1 + SF H
IC1C2
1
−
(2.36)
Ew = Eav + wd dEdx0
2
1 + 2SF H
I
1 + 2S
1 + 2x /w
HC
FH
i
epi
findet die mehrdimensionale Stromausbreitung im Kollektor mit dem Stromausbreitungsfaktor SF H Berücksichtigung. Das maximale elektrische Feld lautet
1
E0 + Ew +
Em =
2
r
(E0 + Ew
)2
+ 0, 1Eav
I
2 CAP
IHC
.
(2.37)
Unter Ausnutzung des bereits in Abbildung 2.8 vorgestellten Parameters
Em wd
2(Em − Eav )
(2.38)
An
Bn
Bn wef f =
Em λ exp −
− exp −
1+
Bn
Em
Em
λ
(2.39)
λ=
sind alle nötigen Werte zur Berechnung des Generationsfaktors
GEM
vorhanden. An und Bn sind Modellkonstanten. Der effektiv wirksame Generationsfaktor
soll aber weder 1 noch den Wert
Gmax =
überschreiten.
Dabei
UT
qb
RE
+
+
IC1C2 (RBC + RB2 ) BF
RBC + RB2
kommen
die
Modellparameter
BF
(2.40)
(ideale
Vorwärts-
Stromverstärkung), RBC (äußerer Basiswiderstand) und der Emitterwiderstand RE
zur Anwendung. Einige weitere Parameter wie die normierte Basisladung qb und der
26
2 Stand der Technik
Basiswiderstand RB2 ergeben sich aus dem sonstigen MEXTRAM-Modell. Der Ansatz
für den Avalanchestrom
IAvl = IC1C2
GEM Gmax
GEM Gmax + GEM + Gmax
(2.41)
erfüllt die oben erwähnte Bedingung an den Generationsfaktor.
2.3.5 Modellierung des Avalancheeffekts in Kompaktmodellen
Tabelle 2.2 fasst die Modellgleichungen für den Avalancheanteil des Basis-Kollektorstroms
in den gängigen Kompaktmodellen zusammen. Tabelle 2.3 zeigt eine Übersicht über die
in diesen Kompaktmodellen enthaltenen Ausprägungen des Avalancheeffekts. Das VBICModell und das HICUM-Modell beschreiben jeweils nur den schwachen Avalancheeffekt.
Für das HICUM-Modell wurde bei der Integration in Schaltungssimulatoren zur Vermeidung einer zwar unwahrscheinlichen aber möglichen numerischen Instabilität im Falle von
Ubi,bc −Ubici = 0 die Ersetzung des linksseitigen Terms durch die relative Verarmungskapa-
zität CjCi (Ubici /CjCi0) vorgeschlagen. Für ein treppenförmiges Dotierungsprofil des Basis-
Kollektor-Übergangs lautet der Gradationskoeffizient MC = 0, 5. In diesem Fall sind die
Avalanchegleichungen des VBIC-Modells und des HICUM-Modells praktisch identisch.
Der im Rahmen des MEXTRAM-Modells zu bestimmende Generationsfaktor G entspricht M − 1. Das MEXTRAM-Modell berücksichtigt zusätzlich den Snap-Back-Effekt12
und beschreibt ausführlich die bei hohen Strömen nötigen Anpassungen.
12
Der Snap-Back-Effekt resultiert aus der Aktivierung des parasitären Transistors aufgrund des vom
Avalanche-Prozess generierten Löcherstroms, sh. z.B. Chung [23].
SGP
-
VBIC
IGC = (IT − IBC )AV C1 (PC − UBiCi )exp[−AV C2 (PC − UBiCi )MC −1 ]
h
i
−QAV L
IAvl = FAV L IT F (VDCI − UBiCi ) exp CJ CI (VDCI −UBiCi )
HICUM
MEXTRAM
EM GM AX
IAvl = IC1C2 GEM GMGAX
+GM AX
+GEM
An
Bn
mit GEM = B
λE
exp
−
−
exp
−
m
Em
n
Bn
Em
1+
wef f λ
Tabelle 2.2: Übersicht über die Modellgleichungen für den Avalancheanteil des BasisKollektorstroms.
2.3 Kompaktmodelle
Modell
27
schwacher
starker
Kirk-
Snap Back
Stand
der
Avalancheeff.
Avalancheeff.
Effekt
Effekt
AvalancheModellierung
SGP
-
-
-
-
-
VBIC
+
-
-
-
1989 [28]
HICUM
+
-
-
-
1998 [30]
MEXTRAM
+
-
+
+
2000 [29]
Tabelle 2.3: Übersicht über die in Kompaktmodellen berücksichtigten Effekte.
Einen Überblick über die temperaturabhängige Anpassung der Avalancheparameter
in den verschiedenen Kompaktmodellen gibt Tabelle 2.4. Im MEXTRAM-Modell sind
alle Koeffizienten festgelegt, nur in den anderen beiden Modellen steht jeweils ein frei
wählbarer Parameter für die Anpassung der Temperaturabhängigkeit zur Verfügung. Das
VBIC-Modell verwendet eine lineare Gleichungsform, das HICUM-Modell eine Exponentialfunktion und das MEXTRAM-Modell ein Polynom 2. Ordnung. Betrachtet man einen
Temperaturbereich von ∆T = 100 K um die nominale Temperatur T0 , dann stellt praktisch jedoch auch die HICUM-Gleichung eine lineare Näherung dar. Die Ersatzwerte für
ALF AV = 8, 25 · 10−5 bzw. AF QAV = 1, 92 · 10−4 oder eine vergleichbare Wahl dieser
Parameter in der gleichen Größenordnung führt nämlich dazu, dass der Betrag des Ex-
ponenten der Exponentialfunktion stets kleiner als 0,02 ist und demnach nur minimal
variiert. Die MEXTRAM-Gleichung hingegen weist bereits über diesen Temperaturbereich eine merkliche Krümmung auf. Die temperaturabhängige Korrektur weicht bereits
ab einer Temperaturerhöhung von 37 K um 10 % von der linearen Näherung um die
Nominaltemperatur ab.
SGP
-
VBIC
AV C2 (T ) = AV C2 (T0 ) 1 + TAV C ∆T
HICUM
FAV L (T ) = FAV L (T0 ) exp(ALF AV ∆T )
MEXTRAM
QAV L (T ) = QAV L (T0 ) exp(ALQAV ∆T )
−4
−6
2
BN (T ) = BN (T0 ) 1 + 7, 2 · 10 (T /K − 300) − 1, 6 · 10 (T /K − 300)
Tabelle 2.4: Temperaturabhängigkeit der Avalancheparameter verschiedener Kompaktmodelle.
28
2 Stand der Technik
2.4 Problemstellung und Zielsetzung
In den neunziger Jahren wurde der Bedarf für genauere Transistormodelle klar erkannt
und mit der Bereitstellung komplexerer Kompaktmodelle beantwortet. So weist beispielsweise das VBIC-Modell 108 Parameter im Vergleich zu 41 Parametern des SPICEGummel-Poon-Modells auf. Geht man entsprechend einer Extraktionsstrategie des SGPModells vor, so bleibt das System der VBIC-Modellgleichungen deutlich unterbestimmt.
Eine Möglichkeit, diese zusätzlichen Freiheiten zu nutzen, besteht darin, durch numerische Anpassungen der Parameter eine möglichst gute Übereinstimmung mit den für die
Modellbildung vorliegenden Messdaten herzustellen. Diese mathematische Methode hat
zwei große Nachteile. Zum Einen berücksichtigt die mathematische Optimierung nicht
die physikalische Bedeutung der einzelnen Parameter, so dass die Einflüsse aufgrund
thermischer Effekte, des Early-Effekts oder des Avalancheeffekts nicht voneinander unterscheidbar sind. Dies führt dazu, dass technologische Probleme nicht mehr eindeutig
zugeordnet werden können. Außerdem ist diese Methode nicht reproduzierbar, da das
Modell jeweils von den für die Modellbildung vorliegenden Messdaten abhängt.
In modernen Hochgeschwindigkeitsschaltungen jenseits von 80 Gb/s wie z.B. in Taktund Datenrückgewinnungssystemen, spannungsgesteuerten Oszillatoren oder phasengekoppelten Schleifen kommen häufig Heterobipolar-Transistoren zum Einsatz. Diese erreichen ihre maximale Schaltfrequenz bei der höchstmöglichen Stromdichte. Begrenzt
werden die Stromdichten jedoch durch den Avalancheeffekt, dessen anhaltendes unkontrolliertes Auftreten schließlich zu einer thermischen Zerstörung des Bauelements führt.
Bei der Schaltungsentwicklung muss daher ein möglichst genaues Modell für den Avalancheeffekt vorliegen, um die maximale Leistungsfähigkeit des Transistors bei gleichzeitiger Einhaltung der zulässigen Betriebsgrenzen vollständig ausnutzen zu können. Das
Ziel dieser Arbeit ist daher die Entwicklung eines präzisen Kompaktmodells für den Avalancheeffekt in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren.
Bisherige Arbeiten zur Modellierung des Avalancheeffekts in Bipolartransistoren basierten auf BiCMOS-Technologien, deren hervorragende Wärmeleitfähigkeit die Vernachlässigbarkeit thermischer Effekte gewährleistete. In GaAs- oder InP-Technologien
hingegen muss die Selbsterwärmung aufgrund der niedrigen thermischen Wärmeleitfähigkeit berücksichtigt werden.
Entsprechend der soeben erwähnten Herausforderung ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit
2.4 Problemstellung und Zielsetzung
29
die Trennung zwischen dem Avalancheeffekt und der Selbsterwärmung. Der so ermittelte
Avalanchestrom soll unter Wahrung des Zusammenhangs zwischen den Modellparametern
und den physikalischen Material- und Geometrieparametern auch bei möglichst großen
Stromdichten beschrieben werden. Der Vorteil dieser Methode ist die daraus erwachsende
Möglichkeit, aufgrund der Transistorstruktur schon vor der Produktion eine Vorhersage
über den zu erwartenden Avalancheeffekt treffen zu können. Liegt der Transistor bereits
vor, so kann zudem eine physikalisch motivierte Anpassung der Parameter des Kompaktmodells erfolgen, was neben einer höheren Präzision des Kompaktmodells auch noch
Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten im Aufbau des Transistors zulässt.
3 Herleitung des Ansatzes für das
Kompaktmodell des Avalancheeffekts
in InAlAs/InGaAs-HeterobipolarTransistoren
Um den Avalancheeffekt in einem Kompaktmodell zu beschreiben, muss ein physikalisches
Modell für den Avalancheeffekt so komprimiert und angepasst werden, dass es in der nötigen Geschwindigkeit berechenbar ist und dennoch hinreichend nah an den tatsächlichen
charakteristischen Verlauf des Avalancheeffekts heranreicht. Ein physikalisches Modell für
den Avalancheeffekt greift in der gleichen Weise auf ein Modell für die Ionisationskoeffizienten in einem Halbleiter zurück. Abbildung 3.1 stellt die Abhängigkeiten der Modelle
zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen dar.
Modellhierarchie
Beispiel
Kompaktmodell
VBIC MEXTRAM HICUM
physikalisches Modell
Poon&Meckwood
Modell für Ionisationsraten
Chynoweth
Objekt
Okuto
Lee
SGP
Transistor
Halbleiterübergang
Halbleiter
Abbildung 3.1: Übersicht über die verschiedenen Ebenen der Modellhierarchie.
31
32
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
3.1 Ionisationskoeffizienten in InGaAs
Ein gutes physikalisches Modell für den Avalancheeffekt muss notwendigerweise auf einem
präzisen Modell für die Ionisationskoeffizienten beruhen. Daher sollen zunächst Messungen der Ionisationskoeffizienten speziell in InGaAs betrachtet und mit den bestehenden
Modellen für die Ionisationskoeffizienten verglichen werden.
3.1.1 Messungen der Ionisationskoeffizienten in InGaAs
Die Bestimmung der Ionisationskoeffizienten beruht in der Regel entweder auf Messungen an Photodioden oder an Bipolartransistoren. Der Nachteil der Messungen an Photodioden ist die Unsicherheit des primären Photostroms, sowohl hinsichtlich der Größe als
auch bezüglich des Ortes, an dem er erzeugt wird. Bei Messungen an Bipolartransistoren
αp [1/cm]
E [105 V/cm]
Fit (Chynoweth)
Fit (Okuto)
Buttari
uncorrected
data
Buttari
corrected
data
1/E [10-6 cm/V]
Abbildung 3.2: Messungen des Ionisationskoeffizienten für Löcher in InGaAs von Osaka [39], Pearsall [40], Urquhart [41], Shamir [42] und Buttari [43] nach
Buttari [43]. Die lang-gestrichelte bzw. die durchgezogene dicke Linie
stellt den Fit gemäß der Modelle von Chynoweth bzw. Okuto bei inversen
Feldstärken zwischen 3 und 6 · 10−6 cm/V dar.
3.1 Ionisationskoeffizienten in InGaAs
33
hingegen ist der in die Basis-Kollektor-Raumladungszone injizierte Strom gut messbar.
Als schwierig stellt sich jedoch die Bestimmung des Leckstromanteils im GleichstromKollektorstrom heraus, der den durch Stoßionisation hervorgerufenen Strom überlagert.
Dies zeigt sich in den in Abbildung 3.2 dargestellten Messungen von Buttari et al. [43]
in der großen Differenz zwischen unkorrigierten und korrigierten Daten. Die frühen Messungen von Pearsall [40] werden im folgenden nicht berücksichtigt, da sie sich signifikant
von allen anderen veröffentlichten Messungen unterscheiden.
Eine vergleichbare Zusammenfassung der Messungen des Ionisationskoeffizienten von
Elektronen in InGaAs findet sich bei Ng et al. [44] (Abbildung 3.4).
"
!
!
α
α
Abbildung 3.3: Messungen des Ioni-
Abbildung 3.4: Messungen der Ionisationskoeffizi-
sationskoeffizienten
enten für Elektronen und Löchern
für
in
in InGaAs von Ng [44] (Symbo-
InGaAs von Ritter
le), Urquhart [41] (gepunktete Li-
et al. [45].
nien), Ritter [45] (gestrichelte Li-
Elektronen
nie) und Buttari [43] (durchgezogene Linie) nach Ng [44].
Bei der Betrachtung der Temperaturabhängigkeit der Ionisationskoeffizienten erwartet
man eine Reduktion bei steigenden Temperaturen, da dann die mittlere freie Weglänge
und auch die mittlere Geschwindigkeit von Elektronen und Löchern abnimmt und demnach bei konstantem elektrischen Feld weniger Teilchen ionisiert werden. Dieses Verhalten
wird als negative Temperaturabhängigkeit bezeichnet, weil der Ionisationskoeffizient bei
steigenden Temperaturen sinkt. Die Temperaturabhängigkeit der Ionisationskoeffizien-
34
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
ten in InGaAs galt lange als anomal, weil sie bei Messungen der Ionisationskoeffizienten
mittels Heterobipolar-Transistoren eine positive Abhängigkeit zwischen Temperatur und
Ionisationskoeffizient aufzuweisen schien [45–47]. Yee et al. [48] zeigten jedoch, dass bei
diesen Messungen nicht die Temperaturabhängigkeit des Ionisationskoeffizienten der dominierende Effekt war sondern die Leckströme des Transistors. Ihre Untersuchungen an
Diodenstrukturen mittels frequenzmodulierter Lichtsignale, bei denen dass Messsignal
sehr gut von sonstigen Strömen separiert werden kann, ergaben eine Reduktion des Ionisationskoeffizienten von etwa 2,5% bei einer Temperaturerhöhung von 100K. Dies entspricht einer negativen Abhängigkeit der Ionisationskoeffizienten von der Temperatur, wie
es angesichts dem eingangs erwähnten Modell auch nachvollziehbar ist. In einer theoretischen Untersuchung wiesen Groves et al. [49] darauf hin, dass die Temperaturabhängigkeit
der Ionisationskoeffizienten direkt abhängt von der Härte“ der Minimalenergie für die
”
Stoßionisation. Ihnen zufolge sollte daher InGaAs innerhalb der von ihnen untersuchten
Materialgruppe (Si, GaAs, InP und InGaAs) die niedrigste Temnperaturabhängigkeit
aufweisen.
3.1.2 Modelle für Ionisationskoeffizienten
Der erste Ansatz für ein Modell der Ionisationskoeffizienten
Bn/p
αn/p = An/p exp −
E(x)
(3.1)
von Chynoweth [27] aus dem Jahr 1958 wurde bereits in Abschnitt 2.2.2 vorgestellt. Er
ist gültig unter der Annahme, dass sich das elektrische Feld nicht sehr stark ändert im
Vergleich zur mittleren freien Weglänge von Elektronen und Löchern. Die Parameter An
und Bn müssen empirisch gewonnen werden. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wird
bei der Anpassung an Messdaten in der Literatur häufig die Form
Bn/p mn/p
αn/p = An/p exp −
E(x)
(3.2)
mit einem zusätzlichen Exponentialfaktor mn/p verwendet [44, 45, 50]. Dieser zusätzliche
Exponentialfaktor ist selbstverständlich redundant und erschwert lediglich den Vergleich
unterschiedlicher Messungen.
Ansätze für ein physikalisches Modell der Ionisationskoeffizienten wurden von Shockley
für niedrige Feldstärken [51]
α(E) ∼
qE
exp
Er
−
Ei
qEλ
!
(3.3)
3.1 Ionisationskoeffizienten in InGaAs
35
und von Wolff für hohe Feldstärken [52]
α(E) ∼ exp
3Er Ei
−
(qEλ)2
!
(3.4)
entwickelt. Dabei ist Ei die Mindestenergie für das Auftreten von Stoßionisation, Er
der durchschnittliche Energieverlust bei Streuung an optischen Phononen und λ die
(temperaturabhängige) mittlere freie Weglänge bezüglich der Streuung an optischen Phononen.
Baraff löste die in diesen Theorien enthaltene zeitabhängige Transportgleichung von
Boltzmann unter der Annahme, dass die Streuung an optischen Phononen dominiert [53].
Er zeigte außerdem, dass sein Modell für alle Feldstärken anwendbar ist. Darauf aufbauend schlugen Okuto und Crowell [54] mit
qE
Ei 1,14
α(E) =
exp 0, 217
−
Ei
Er
s
Ei 1,14 2 Ei 2
0, 217
+
Er
qEλ
!
(3.5)
eine einfache analytische Gleichung für Ionisationskoeffizienten vor vor. Dieser Ansatz
beinhaltet nicht nur die für niedrige Feldstärken gültige Gleichung 3.3 und die bei hohen
Feldstärken anwendbare Gleichung 3.4 sondern auch noch den Grenzfall unendlich hoher
elektrischer Felder. Die Diskussion von Gleichung 3.5 ergibt, dass der Parameter Ei /qλ
die Steigung des Ionisationskoeffizienten bei niedrigen Feldstärken bestimmt, Er /qλ das
Feld darstellt, ab der eine signifikante Krümmung zu beobachten ist und Ei den asymptotischen Wert von α gegenüber 1/E definiert, wenn E Ei /qλ erfüllt ist.
3.1.3 Diskussion der Messungen anhand der Modelle
Meist werden Messungen von Ionisationskoeffizienten mittels des Ansatzes von Chynoweth [27] beschrieben (Gleichung 3.1). Diese Gleichung ist jedoch aufgrund der simplifizierenden Annahmen lediglich innerhalb eines begrenzten Feldstärkebereichs gültig. Die
Extrapolation von αn und αp in Feldstärkebereiche außerhalb der in den Messungen betrachteten ergibt daher häufig falsche Tendenzen, wie Chau und Pavlidis ausführen [50].
Das Modell von Okutound Crowell [54] hingegen ist für unterschiedliche Materialien über
einen großen Feldstärkebereich hinweg gültig und erlaubt zudem eine physikalische Interpretation der Parameter.
Ritter et al. wiesen erstmals auf den anomalen Verlauf des Ionisationskoeffizienten für
Elektronen in InGaAs hin [45]. Die auch bei anderen Materialsystemen zu beobachtende
36
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
starke Abhängigkeit des Ionisationskoeffizienten αn von der Feldstärke ist in InGaAs nur
bei hohen elektrischen Feldern von über 2 · 105 V/cm (1/E< 5 · 10−6 cm/V) gegeben (vgl.
Abbildung 3.3). Bei einem niedrigeren elektrischen Feld fällt die Abhängigkeit des Ionisa-
tionskoeffizienten jedoch deutlich geringer aus. Bestätigt wurden die Beobachtungen von
Ritter et al. durch Messungen an npn-Heterobipolar-Transistoren von Canali et al. [55]
und durch Photomultiplikationsmessungen mit pin-Photodioden [39, 41, 44].
Aufgrund der Anomalie des Ionisationskoeffizienten in InGaAs schlägt die sonst übliche Anpassung des Modells von Chynoweth an die Messdaten fehl. Auch das Modell von
Okuto kann das anomale Verhalten bei niedrigen Feldstärken nicht beschreiben. Abbildung 3.5 zeigt die Parametrisierung von αn für verschiedene Materialsysteme nach dem
Okuto-Modell (eine Übersicht dieser Parameter für eine Vielzahl von Materialsystemen
findet sich in der Arbeit von Chau und Pavlidis [50]). Die einzelnen Parameter sind durch
verschiedene anderweitige Beobachtungen hinsichtlich ihrer physikalischen Validität abgesichert. Die stetige Fortsetzung der Parameter beim Übergang zu InGaAs (Abbildung 3.6)
ergibt eine Kurve, die mit den Messergebnissen für hohe Feldstärken übereinstimmt, aber
die Anomalie von αn bei niedrigen Feldstärken nicht beschreiben kann, wie aus Abbildung 3.5 ersichtlich ist.
αn [1/cm]
1000000
100000
10000
1000
100
GaP
InGaP
InP
InGaAs
10
0
1
2
3
4
5
6
inverses E-Feld [10-6 cm/V]
Abbildung 3.5: Ionisationskoeffizienten für Elektronen entsprechend dem Modell von
Okuto. Parameter für GaP, InGaP und InP von Neo [56]. Die Kurve für
InGaAs wurde an die Messungen von Ritter et al. [45] (gestrichelte Linie), Urquhart et al. [41] (gepunktete Linie) und Ng et al. [44] (Symbole)
angepasst.
3.2 Vergleich der physikalischen Modelle
37
50
5
40
4
30
3
20
2
Er [meV]
o
λ [A]
Ei [eV]
Egap [eV]
10
1
0
0
GaP
InGaP
InP
InGaAs
Abbildung 3.6: Vergleich der Okuto-Parameter für die Materialien GaP, InGaP und InP
von Neo [56] und dem an Messdaten angepassten Parametersatz für InGaAs.
In InGaP, AlGaAs und GaAs treten weder für Elektronen noch für Löcher bei niedrigen elektrischen Feldern anomale Ionisationskoeffizienten auf [57]. In InAs, InSb und InP
wurde hingegen ein anomaler Ionisationskoeffizient bei niedrigen elektrischen Feldern beobachtet [58, 59].
Die Ionisationskoeffizienten für Elektronen und Löcher in InGaAs unterscheiden sich
also nicht nur quantitativ sondern aufgrund des anomalen Ionisationskoeffizienten für
Elektronen auch qualitativ. Daher muss bei der Entwicklung eines Kompaktmodells insbesondere auch berücksichtigt werden, ob ein npn-Heterobipolar-Transistor mit elektronendominierter Leitung oder ein pnp-Heterobipolar-Transistor mit Löchern als dominanten Ladungsträgern im Emitter beschrieben werden soll.
Tabelle 3.1 fasst Parametersätze für Anpassungen an die in Ng [44] für Elektronen und
in Buttari [43] für Löcher zusammengefassten Messdaten der Ionisationskoeffizienten in
InGaAs zusammen.
3.2 Vergleich der physikalischen Modelle
Das bereits in Abschnitt 2.2.2 vorgestellte Modell nach Poon und Meckwood bildet die
Grundlage für die derzeit gängigen Kompaktmodelle VBIC, HICUM und MEXTRAM.
Noch älter ist ein Vorschlag von Lee et al. für eine andere Beschreibung des Avalanche-
38
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
Modellpar.
für
für
Einheit
Chynoweth
Elektr.
Löcher
A
-
2,5·106
B
-
1,9·106
m
-
1
Modellpar.
für
für
Einheit
Okuto
Elektr. Löcher
1/cm
Ei
1,0
1,0
eV
V/cm
Er
30
145
meV
λ
32
58
Å
Tabelle 3.1: Verwendete Parametersätze bei einer Anpassung der Modelle von Chynoweth bzw. Okuto an die in Ng et al. [44] (Elektronen) und in Buttari et
al. [43] (Löcher) zusammengefassten Messdaten der Ionisationskoeffizienten
in InGaAs.
effekts in einer Halbleiterzone mit definierten Grenzen [60]. Ihre Beschreibung war die
Erste überhaupt, die bei der Entwicklung des physikalischen Modells zwischen Elektronen und Löchern unterscheidet. Sie gehen von der Erhaltung des gemischten Stroms aus
Löcherleitung und Elektronenleitung aus und gelangen so zu einer allgemeinen Darstellung des Multiplikationsfaktors. Unter der Bedingung eines reinen Elektronen-Stroms
berechnen sie den Multiplikationsfaktor für Elektronen zu
Mn =
1−
R x2
x1
αn exp −
1
Rx
.
0 dx
(α
−
α
)dx
n
p
x1
(3.6)
Im Falle identischer Ionisationskoeffizienten für Elektronen und Löcher α = αn = αp
reduziert sich Gleichung 3.6 auf [13]
Mn =
1−
1
R x2
x1
αn dx
.
(3.7)
Die Bedingung für den Durchbruch ist, dass der Multiplikationsfaktor gegen unendlich
strebt. Das Integral muss dazu 1 werden.
Der folgende Vergleich der beiden physikalischen Modelle soll Möglichkeiten zur Verbesserung der Beschreibung des Avalancheeffekts in Kompaktmodellen aufdecken. Aus
den Gleichungen 2.9 und 2.11 ergibt sich der Ansatz für den Multiplikationsfaktor
Mn = 1 +
Z
x2
αn dx
(3.8)
x1
von Poon und Meckwood. Wie bereits erwähnt ist in diesem Fall der Avalanchestrom
Iavl = (M − 1)In proportional zum injizierten Kollektorstrom In . Vernachlässigt wird
dabei die sekundäre Stoßionisation, d.h. Elektronen-Loch-Paare, die durch vorher selber
3.2 Vergleich der physikalischen Modelle
39
per Stoßionisation erzeugte Elektronen oder Löcher produziert wurden. Der Multiplikationsfaktor Mn ist daher auch unabhängig vom Ionisationskoeffizienten für Löcher αp .
Der Ansatz von Lee et al. [60] für den Multiplikationsfaktor (Gleichung 3.6) hingegen
berücksichtigt auch den Effekt der sekundären Stoßionisation, und zwar in dem Term
R
x
0
exp − x1 (αn − αp )dx (vgl. Canali [61]).
Abbildung 3.7 zeigt eine Auftragung der Multiplikationsfaktoren gemäß der beiden
physikalischen Modelle. Man erkennt darin gut die Bedingung für einen Durchbruch im
Modell von Lee, nämlich die Polstelle bei α = 1/wd, bei der der Multiplikationsfaktor
gegen unendlich strebt. Das Integral des Ionisationskoeffizienten α über die Länge der
Raumladungszone wd = x2 − x1 muss demnach 1 oder größer sein, damit ein Durchbruch
stattfindet.
Ebensogut ersichtlich ist in Abbildung 3.7, dass der Multiplikationsfaktor im Modell
von Poon und Meckwood die Näherung des Multiplikationsfaktors von Lee im Punkt
α = 0 in 1. Ordnung darstellt. Absolutwert und Steigung stimmen also in diesem Punkt
überein. Die Multiplikationsfaktoren unterscheiden sich aber verstärkt mit zunehmendem
Ionisationskoeffizienten α.
Abbildung 3.8 zeigt den Multiplikationsfaktor nach Lee bei unterschiedlichen
Ionisationskoeffizienten für Elektronen und Löcher. Das vereinfachte Modell aus Abbildung 3.7 für identische Ionisationskoeffizienten αn = αp findet sich hier entlang der
M
5
0
nach Lee
nach Poon&Meckwood
-5
0
1
2
α [1/wd]
Abbildung 3.7: Multiplikationsfaktoren gemäß der Modelle von Poon und Meckwood und
von Lee gegenüber der Ionisationsrate α in Einheiten der inversen Breite
der Basis-Kollektor-Raumladungszone wd . Das Modell von Lee ist hier
unter der Annahme identischer Ionisationskoeffizienten α = αn = αp
berechnet.
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
40
Diagonalen von links vorne nach rechts hinten wieder. Selbstverständlich ist weder der
Ionisationskoeffizient für Elektronen noch der Ionisationskoeffizient für Löcher ausgezeichnet. Die Asymmetrie in dem Graphen lässt sich dadurch erklären, dass der analog
herzuleitende Multiplikationsfaktor für Löcher die gleiche Abhängigkeit von den beiden
Ionisationskoeffizienten aufweist, aber mit vertauschten Rollen. Der Durchbruch ist genau
dann gegeben, sobald einer der beiden Multiplikationsfaktoren unendlich groß wird, also
entweder bei
Zx2
x1
αn exp −
Zx
x1
0
(αn − αp )dx dx = 1
oder bei
Zx2
x1
αp exp
Zx
x1
(αn − αp )dx0 dx = 1.
Abbildung 3.9 zeigt eine Darstellung, in der jeweils das Maximum aus den Multiplikationsfaktoren Mn bzw. Mp ausgewählt ist. Bei unterschiedlichen Ionisationskoeffizienten
tritt der Durchbruch offensichtlich immer früher auf als bei gleichen Ionisationskoeffizienten.
Der Vergleich verschiedener Messungen der Ionisationskoeffizienten in InGaAs von
Ng [44] zeigt, dass der Ionisationskoeffizient für Löcher geringer ist als der Ionisationskoeffizient für Elektronen. Bei einer Feldstärke von 200 kV/cm ist der Unterschied in
etwa eine Größenordnung. Bei größeren Feldstärken steigen die Ionisationskoeffizienten
α
α
Abbildung 3.8: Multiplikationsfaktor Mn gemäß Lee gegenüber den Ionisationskoeffizienten für Elektronen αn und Löcher αp (jeweils in Einheiten der inversen
Breite der Basis-Kollektor-Raumladungszone wd ).
3.2 Vergleich der physikalischen Modelle
41
für Elektronen und Löcher erwartungsgemäß und nähern sich einander an, da der Ionisationskoeffizient für Löcher schneller steigt als der Ionisationskoeffizient für Elektronen.
Eine verlässliche Aussage darüber, ob und bei welchen Feldstärken die Ionisationskoeffizienten gleich groß werden, lässt sich aber aus den veröffentlichten Messungen nicht
ableiten.
Aus den bisher erläuterten Gründen und aus den Abbildungen 3.7 und 3.9 ist klar
die Notwendigkeit ersichtlich, bei höheren Ionisationskoeffizienten das Modell von Lee
gegenüber dem Modell von Poon und Meckwood zu bevorzugen, da dort die Abweichung
aufgrund der Vereinfachungen von Poon und Meckwood signifikant werden.
α
α
Abbildung 3.9: Das Maximum der Multiplikationsfaktoren Mn und Mp nach Lee gegenüber den Ionisationskoeffizienten für Elektronen αn und Löcher
αp (jeweils in Einheiten der inversen Breite der Basis-KollektorRaumladungszone wd ).
42
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
3.3 Eigener Ansatz
Die gängigen Kompaktmodelle für Bipolartransistoren (VBIC, HICUM und MEXTRAM)
benutzen die folgenden Annahmen, um das Kompaktmodell herzuleiten:
• Ionisationskoeffizientenmodell nach Chynoweth
• Physikalisches Modell nach Poon und Meckwood
• Idealisiertes elektrisches Feld
• Potenzreihenentwicklung des elektrischen Feldes
• Vernachlässigung des 2. Exponentialterms bei der Lösung des Integrals
Diese Annahmen werden im Folgenden diskutiert und wo nötig dem Bedarf der Modellierung des Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren angepasst.
3.3.1 Ionisationskoeffizientenmodell
InGaAs weist - ebenso wie beispielsweise InAs, InSb und InP - einen anomalen Ionisationskoeffizienten bei niedrigen elektrischen Feldstärken auf. Das Modell von Chynoweth
ist daher nur entweder oberhalb oder unterhalb inverser elektrischer Felder von 3 · 10−6
cm/V gut an die gemessenen Ionisationskoeffizienten anpassbar [62].
Auch Yang et al. [63] zeigten, dass der Niedrigfeld-Anteil des Ionisationskoeffizienten
von Elektronen nicht vernachlässigt werden darf. Sie verwendeten daher einen Ansatz
α = αHF + αLF ,
(3.9)
aus unterschiedlichen Ionisationskoeffizienten für den Niedrigfeldanteil (LF) und den
Hochfeldanteil (HF) unter der Annahme αn = αp . Auch die Abschätzung des maximalen
physikalisch
beschreibt InGaAs
integrierbar
Chynoweth
Chynoweth HF+LF
Okuto
Tabelle 3.2: Eigenschaften der Modelle für Ionisationskoeffizienten.
3.3 Eigener Ansatz
43
elektrischen Feldes in der in dieser Arbeit verwendeten Technologie und von Kloosterman et al. [29] (Emax jeweils bis zu 300 kV/cm) zeigt deutlich die Notwendigkeit, den
Ionisationskoeffizienten bei niedrigen Feldstärken korrekt zu modellieren.
Das dritte zur Auswahl stehende Modell für den Ionisationskoeffizienten ist das Modell
nach Okuto. Dieser Ansatz würde zwar eine systematische Rückführung des Resultats auf
physikalische motivierte Parameter ermöglichen, erfasst aber die Anomalie von InGaAs
bei niedrigen elektrischen Feldern nicht und ist zudem in beiden physikalischen Modellen
nicht integrierbar.
Tabelle 3.2 fasst die Eigenschaften der unterschiedlichen Ionisationskoeffizientenmodelle zusammen. Ein nach niedrigen und hohen elektrischen Feldern aufgeteilter Ansatz
für den Ionisationskoeffizienten gewährleistet nicht nur die korrekte Beschreibung des Ionisationskoeffizienten in InGaAs bei niedrigen elektrischen Feldern sondern ermöglicht
gleichzeitig auch noch die nötige Integrabilität des physikalischen Modells. Die Forderung nach einer physikalischen Motivation des Ansatzes ist zwar wünschenswert, aber im
Rahmen der zur Verfügung stehenden Alternativen nicht umsetzbar.
Wang et al. [64] wendeten den Ansatz aus Gleichung 3.9 auf die Messungen von Osaka
et al. [39] und Meneghesso et al. [65] an und erhielten den in Tabelle 3.3 wiedergegebenen
Parametersatz. Diese Parametrisierung stimmt auch hervorragend mit den Messungen
α [1/cm]
10000
HF
LF+HF
1000
LF
100
10
3
4
5
6
inverses E-Feld [10-6 cm/V]
Abbildung 3.10: Der zweigeteilte Ansatz für den Ionisationskoeffizienten nach Wang et
al. vor dem Hintergrund unterschiedlicher Messungen des Ionisationskoeffizienten für Elektronen in InGaAs (vgl. Abbildung 3.4).
44
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
von Ng et al. [44] überein (Abbildung 3.10). Der Anteil für hohe elektrische Felder gibt
das klassische Bild des Ionisationskoeffizienten wieder, wie er auch mit dem Modell von
Okuto beschrieben wird. Der Anteil für niedrige elektrische Felder hingegen stellt die
besondere Anomalie des Ionisationskoeffizienten in InGaAs dar. Keiner der beiden Anteile vermag alleine den tatsächlichen Ionisationskoeffizienten zu beschreiben. Erst die
Superposition der beiden Anteile charakterisiert den Ionisationskoeffizienten in InGaAs
korrekt. Im eigenen Modell wird daher ein für hohe und niedrige Felder getrennter Ansatz
entsprechend Gleichung 3.9 verwendet.
Modellparameter
Wert
Einheit
AHF
3,50·105
1/cm
BHF
1,22·106
V/cm
ALF
1,57·103
1/cm
BLF
2,00·105
V/cm
Tabelle 3.3: Parameter von Wang et al. [64] für einen zweigeteilten Ansatz des Ionisationskoeffizienten für Elektronen in InGaAs bei einer Temperatur von 300 K.
3.3.2 Parametrisierung der Breite der Raumladungszone
Kloosterman et al. [29] machen bei der Definition der effektiven Breite der Raumladungszone wd eine Fallunterscheidung. Sie definieren zunächst die Breite der Raumladungszone
s
2 Ucb + Ubi
xd =
(3.10)
qNc 1 − I Ic
lim
für niedrige Kollektorströme Ic Ilim . Da jedoch die Breite der Raumladungszone durch
die Kollektordicke begrenzt ist wählen sie einen stetigen Übergang der Form

 √xd wc
für Ic < Ilim
x2d +wc2
wd =
 w
für Ic ≥ Ilim .
c
(3.11)
Dieser Ansatz berücksichtigt die Basisaufweitung bei hohen Strömen noch nicht. Die
Basisaufweitung kann man mit dem Ansatz
wd =


√xd wc


 x2d +wc2
für Ic < Ilim
wc
für Ilim ≤ Ic < Ikirk

q


 wc Jkirk −Jlim für Ic ≥ Ikirk
Jc −Jlim
(3.12)
3.3 Eigener Ansatz
45
einbeziehen. Die Berechnung der Kollektorweite für hohe Ströme oberhalb des KirkStroms Ikirk beruht auf dem bereits in Gleichung 2.7 vorgestellten Ausdruck von Muller
und Kamins [20].
Kloosterman et al. [29] berechnen das elektrische Feld am Basis-Kollektor-Übergang
E0 und an der Grenze zum Subkollektor Ew aus dem mittleren elektrischen Feld Eav
Ucb + Ubi,bc
Ic
c
w
1
−
,
, ∆E = qN
d
2
Ilim
wd
E0 = Eav + ∆E,
Ew = Eav − ∆E.
(3.13)
Eav =
(3.14)
Bei niedrigen Strömen befindet sich das maximale elektrische Feld an der Basis-KollektorGrenze. Bei hohen Strömen tritt es hingegen am Subkollektor auf. Das maximale elektrische Feld
p
1
2
Em =
E0 + Ew + (E0 + Ew ) + K
2
mit
K = 0, 1Eav 2
Ic
Ic + Ilim
(3.15)
beschreibt diesen Übergang. Einen Überblick über die Abhängigkeiten der Material- und
Geometrieparameter gibt Abbildung 3.11.
υs
Ae
Ubi NC
NC
Ilim
Ilim
εr
εr
wC
xd
Ikirk wC
xd
Ikirk wd
∆(
Eav
Abbildung 3.11: Überblick über die Abhängigkeiten der Material- und Geometrieparameter zur Modellierung des elektrischen Feldes.
Die Veränderungen durch die Erweiterung des Ausdrucks für die Kollektorweite gemäß
Gleichung 3.12 zeigt Abbildung 3.12. Das maximale elektrische Feld berechnet nach Kloosterman et al. [29] steigt oberhalb des kritischen Stroms Ilim linear an. Bei der von
Kloosterman et al. durchgeführten Bauteilsimulation hingegen schwächt sich der Anstieg
des maximalen elektrischen Feldes zunehmend ab, so dass es sich stetig einer oberen
Grenze annähert. Dieses Verhalten kann das erweiterte Modell qualitativ reproduzieren. Der schwächere Anstieg von Em im erweiterten Modell resultiert aus der Tatsache,
dass die Breite der Raumladungszone wd in die Steigung des elektrischen Feldes (∆E,
46
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
Gleichung 3.13) eingeht. Ab Kollektorströmen von mindestens Ikirk wächst daher ∆E im
erweiterten Modell schwächer. Teilweise - aber eben nicht vollständig - wird dies durch ein
größeres mittleres elektrisches Feld Eav ausgeglichen, so dass im Endeffekt das maximale
elektrische Feld Em des erweiterten Modells besser als das eindimensionale Modell von
Kloosterman et al. mit der Bauteilsimulation übereinstimmt. Im eigenen Modell kommt
Gleichung 3.12 zur Parametrisierung der Breite der Basis-Kollektor-Raumladungszone
E [105 V/cm]
zum Einsatz.
5
4
Em
3
2
Eav
1
0
-1
-2
∆E
-3
-4
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Ic/Ilim[-]
Abbildung 3.12: Das maximale elektrische Feld Em in Abhängigkeit des Kollektorstroms
Ic . Erweitertes Modell (durchgezogene Linien); Modell (gestrichelte Linien) und Bauteilsimulation (Symbole) von Kloosterman et al. [29].
3.3.3 Analytische Entwicklung des physikalischen Modells nach Lee
Anstatt das Modell von Poon und Meckwood zur Berechnung des Multiplikationsfaktors
heranzuziehen kann man alternativ das Modell von Lee verwenden. Wie in Abschnitt 3.2
bereits ausgeführt besitzt es einen größeren Gültigkeitsbereich als das konventionelle Modell von Poon und Meckwood.
Im Modell von Lee lautet der Multiplikationsfaktor für Elektronen
Mn (x) =
1−
R x2
x1
αn exp −
1
Rx
.
0 dx
(α
−
α
)dx
n
p
x1
(3.16)
3.3 Eigener Ansatz
47
Wie in vielen anderen Materialsystemen auch ist in InGaAs die Stoßionisation durch
Elektronen viel größer als die Stoßionisation aufgrund von Löchern (αn αp , siehe z.B.
Ng et al. [44], Abb. 3.4). Außerdem ist gerade bei dünnen Kollektoren - wie beispielsweise
die in dieser Arbeit untersuchten - die sekundäre Stoßionisation vernachlässigar, worauf
Buttari et al. [66] explizit hinwiesen. Das Integral in der Exponentialfunktion des Nenners
in Gleichung 3.16 kann daher vernachlässigt werden. Der Avalanchestrom schreibt sich
in diesem Fall
1
IAvl = (Mn − 1)In = In
1−
R x2
x1
αn dx
!
−1 .
(3.17)
Die Berücksichtigung des zweigeteilten Ansatzes für den Ionisationskoeffizienten (Gleichung 3.9) führt auf
IAvl = In
1
1−
R x2
x1
!
−1 .
αn,HF + αn,LF dx
(3.18)
Die Separierbarkeit des Integrals ermöglicht die Entwicklung zu
IAvl = In
!
1
Rx
Rx
−1 .
1 − x12 αn,HF dx − x12 αn,LF dx
(3.19)
Die beiden Integrale können nun einzeln analog zur Vorgehensweise von Kloosterman und
de Graaf [29] gemäß
Z x2
−B
An,HF/LF
−Bn,HF/LF wd n,HF/LF
αn,HF/LF dx =
Em λ exp
− exp
1+
Bn,HF/LF
Em
Em
λ
x1
(3.20)
ausgewertet werden (vgl. Abschnitt 2.2.3).
3.3.4 Zusammenfassung des eigenen Ansatzes
Ausgehend von der Arbeit von Kloosterman et al. [29] zeigten die vorangehenden
Ausführungen Verbesserungen hinsichtlich
• dem Ionisationskoeffizientenmodell (Ansatz für niedrige und hohe elektrische Felder)
• der Modellierung des elektrischen Feldes und der Kollektorbreite insbesondere bei
hohen Strömen
48
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
• dem physikalischen Modell (Modell nach Lee anstatt nach Poon und Meckwood)
Die bisherigen Ausführungen diskutierten die einzelnen Schritte, die bei der Berechnung des Avalanchestroms notwendig sind. Es folgt eine Zusammenfassung über den
vollständigen Satz der dafür nötigen Definitionen und Gleichungen.
Die kritischen Ströme sind
Ilim = Ae qNc νs
Ikirk = Ilim + 2νs
und
(3.21)
Ucb + Ubi,bc
,
Ae wc2
(3.22)
wobei sich die Diffusionsspannung gemäß [12]
Ubi,bc ≈ UT ln(Nb Nc /n2i )
(3.23)
aus den Dotierungskonzentrationen und der intrinsischen Ladungsträgerdichte ni ergibt.
Das elektrische Feld berechnet sich gemäß den Gleichungen
s
2 Ucb + Ubi
xd =
,
qNc 1 − I Ic
lim
wd =
Eav =


√xd2wc 2


 xd +wc
für Ic < Ilim
wc
für Ilim ≤ Ic < Ikirk

q


 wc Jkirk −Jlim für Ic ≥ Ikirk ,
Jc −Jlim
Ucb + Ubi,bc
,
wd
∆E =
E0 = Eav + ∆E,
qNc
Ic wd 1 −
,
2
Ilim
Ew = Eav − ∆E,
p
1
Ic
2
und Em =
E0 + Ew + (E0 + Ew ) + K mit K = 0, 1Eav 2
.
2
Ic + Ilim
Das elektrische Feld kann man durch eine Potenzreihe
x
Em
E(x) = Em 1 −
≈
λ
1 + x/λ
mit
(3.24)
λ=
Em wd
2(Em − Eav )
(3.25)
(3.26)
(3.27)
(3.28)
(3.29)
(3.30)
3.3 Eigener Ansatz
49
annähern. Unter Verwendung des Ansatzes für den Ionisationskoeffizienten
α = αHF + αLF
mit
αHF/LF = AHF/LF exp
(3.31)
−
BHF/LF
E(x)
(3.32)
ist das Integral des physikalischen Modells
Z x2
−B
AHF/LF
−BHF/LF wd HF/LF
αHF/LF dx =
Em λ exp
− exp
1+
. (3.33)
BHF/LF
Em
Em
λ
x1
lösbar. Außerdem ist das Integral separierbar
Z x2
Z x2
Z
αdx =
αHF dx +
x1
x1
x2
αLF dx
(3.34)
x1
und führt unter Berücksichtigung des physikalischen Modells nach Lee et al. zu einer
geschlossenen Gleichung für den Avalanchestrom
IAvl = (Mn − 1)In = In
1
1−
R x2
x1
αdx
!
−1 .
(3.35)
Aufgetragen wird der Avalanchestrom entweder über die in den Gleichungen zur Anwendung kommende Kollektor-Basis-Spannung Ucb oder über die bei der Messung von
IAvl [bel. Einh.]
Ausgangskennlinienfeldern verwendete Kollektor-Emitter-Spannung Uce = Ucb + Ube .
A, B
Nc
wC
U ce [bel. Einh.]
Abbildung 3.13: Qualitativer Einfluss der Parameter Nc , wc und der Ionisationskoeffizienten auf den Avalanchestrom: Nc skaliert die Amplitude, wc ist proportional zur Krümmung und die Ionisationskoeffizienten kontrollieren den
Abstand zwischen den Kurven.
50
3 Herleitung des Ansatzes für das Kompaktmodell des
Avalancheeffekts in InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
Die elementaren Materialparameter lauten r , ni , Nb , Nc und νs . Die elementaren Geometrieparameter sind Ae und wc .
Das in diesem Abschnitt vorgestellte Modell wurde in [67] veröffentlicht.
3.4 Diskussion der Modellparameter
Abbildung 3.13 stellt die qualitativen Auswirkungen der Parameter Nc , wc und der
Avalanchekoeffizienten A und B auf den Avalanchestrom dar. Der Einfluss der Kollektordotierung Nc ist relativ gering. Abbildung 3.14 zeigt den Avalanchestrom gemäß dem
Modell bei Variation der Kollektordotierung. Bei einer Erniedrigung des bei dem für den
in dieser Arbeit untersuchten Transistor vorliegenden Wertes von 1016 cm−3 bleibt der
Avalanchestrom praktisch unverändert. Eine Erhöhung der Kollektordotierung führt hingegen zu einer Vergrößerung des Avalanchestroms. Diese Beobachtungen decken sich mit
den Ergebnissen der Messungen von Yang et al. [63], die die Ausgangskennlinienfelder
IAvl [mA]
von InGaAs-Transistoren mit unterschiedlichen Kollektordotierungen untersucht haben.
8
Kollektordotierung
KollektordotierungNNc c
16
-3-3
4·10
cm
1017 cm
16
-3
-3
1·10
cm
1016 cm
15
15 cm
-3-3
1·10
10 cm
4
0
0
1
2
3
U ce [V]
Abbildung 3.14: Veränderung des aus dem Modell berechneten Avalanchestroms bei Variation der Kollektordotierung Nc . Jeder der drei Äste entspricht einem
bestimmten Basisstrom.
Die Variation der Kollektordicke zeigt Abbildung 3.15. Der Einfluss der Kollektordicke
ist größer als der Einfluss der Kollektordotierung. Die Variation der Kollektordicke um
IAvl [mA]
3.4 Diskussion der Modellparameter
51
10
Kollektordicke
wc
Kollektordotierung
175 nm
Nc
200
1017nm
cm-3
16
-3
225
10 nm
cm
5
1015 cm-3
0
0
1
2
3
U ce [V]
Abbildung 3.15: Veränderung des aus dem Modell berechneten Avalanchestroms bei Variation der Kollektordicke wc . Jeder der drei Äste entspricht einem bestimmten Basisstrom.
ein Achtel übersteigt bereits die Abweichung, die bei einer Änderung der Dotierungskonzentration um mindestens einen Faktor vier entsteht.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-HeterobipolarTransistoren
In Bipolar-Transistoren überlagert der Avalanchestrom nach dem Superpositionsprinzip
den Basisstrom. Der Basisstrom ist um den Faktor β der Stromverstärkung kleiner als der
in den Kollektor injizierte Strom, der den Avalanchestrom auslöst. In den bisherigen Arbeiten zur Bestimmung des Avalanchestroms von Kloosterman et al. [29] und von Schröter
et al. [30] wurde der Avalanchestrom aus Messungen des Basisstroms in Basisschaltung extrahiert. Beide Gruppen verwendeten Transistoren aus BiCMOS-Technologien, die einen
vergleichsweise geringen thermischen Widerstand aufweisen (232K/W bei Kloosterman et
al.). In InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren liegt der thermische Widerstand hingegen typischerweise um eine Größenordnung darüber, so dass die Variation der Stromverstärkung aufgrund der Temperatur nicht mehr vernachlässigbar ist. Die Abbildungen 4.1 und 4.2 zeigen Messungen des Basisstroms in Basisschaltung von Transistoren
der Hughes Research Laboratories (HRL) im Vergleich zu den Messungen von Kloosterman et al. [29].
In den Messungen der Gruppe um Kloosterman fällt der anfänglich konstante Basisstrom stets ab einer gewissen Kollektor-Basis-Spannung aufgrund des zunehmenden
Avalanchestroms ab. Das gleiche Verhalten lässt sich in den Messungen an den HRLTransistoren bei niedrigen Basisspannungen und entsprechend kleinen Basisströmen beobachten. Ab 700 µA ist jedoch die dissipierte Leistung und der damit verbundene
Temperaturanstieg aufgrund der Selbsterwärmung so hoch, dass die Variation des Basisstroms aufgrund der Temperaturabhängigkeit der Stromverstärkung im Vergleich zum
Avalanchestrom dominiert. Eine verlässliche Aussage über den Avalanchestrom ist demnach mit dieser Methode nur erzielbar, wenn die Kollektorströme so klein sind, dass keine
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
,E>$@
Ib [A]
54
10-2
10-3
10-4
10-5
0
1
2
3
4
5
6
U cb [V]
8FE>9@
Abbildung 4.1: Messung des Basisstroms Ib
in Basisschaltung an HRL-
Abbildung 4.2: Messung des Basisstroms
Transistoren der Größe 1 ×
Ib in Basisschaltung von
20 µm2 . Die Basisspan-
Kloosterman [29]. Die Ba-
nung lag bei den Werten
sisspannung varriiert zwi-
520 mV, 575 mV, 625 mV
schen 750 und 1050 mV in
und 650-800 mV in 50 mV-
50 mV-Schritten.
Schritten.
merkliche Selbsterwärmung einsetzt.
Das im vorangehenden Kapitel hergeleitete Modell für den Avalanchestrom zeichnet
sich sowohl durch die Berücksichtigung der Anomalie des Ionisationskoeffizienten bei niedrigen elektrischen Feldstärken im Kollektor aus als auch durch einen erweiterten Gültigkeitsbereich hinsichtlich der Stromdichten. Nach der Vorstellung des Aufbaus und der
grundlegenden Eigenschaften des in dieser Arbeit untersuchten Transistors im anschließenden Abschnitt soll zunächst die Validität des Modells bei niedrigen Stromdichten und
damit einhergehenden niedrigen Feldstärken geprüft werden. Unter diesen Bedingungen
ist die Selbsterwärmung vernachlassigbar, so dass die konventionelle Methode zur Bestimmung des Avalanchestroms in Basisschaltung anwendbar ist.
Die Charakterisierung bei höheren Stromdichten bedingt schließlich die Berücksichtigung der Selbsterwärmung. In Abschnitt 4.3 ist daher eine neue Methode zur Separation
von thermischen Effekten und dem Avalanchestrom und die entsprechende Korrektur der
Ausgangskennlinie um thermische Effekte dargestellt. Abschnitt 4.4 vergleicht die mit
dieser Vorgehensweise gewonnenen Ergebnisse mit weiteren Methoden zur Korrektur um
Selbsterwärmungseffekte.
4.1 Transistoraufbau und Messumgebung
55
4.1 Transistoraufbau und Messumgebung
Von den Hughes Research Laboratories (HRL) standen für diese Arbeit npn-SingleHeterobipolar-Transistoren der 2. Generation (G2) mit einer Transistorgröße1 von 1 ×
5 µm2 zur Verfügung [68] [69]. Der Prozess beinhaltet eine selbstjustierten2 Basismetallisierung sowie eine Polyimid-Planarisierung. Tabelle 4.1 zeigt den mit molekularer
Strahlepitaxie erzeugten Schichtaufbau. Der Kollektor besteht aus In0,53 Ga0,47 As. Die
regulären Betriebsgrenzen sind 10 mW Leistung oder 10 mA Kollektorstrom oder 2 V
Kollektorspannung. Sowohl die Transitfrequenz ft als auch die maximale Schwingfrequenz
fmax liegen bei ca. 150 GHz.
Dicke Komposition
Funktion
Dotierung
100 nm InGaAs
Kontakt
70 nm InAlAs
120 nm InAlAs
Kontakt
Emitter
n=1·1019 cm-3
n=1·1019 cm-3
n=8·1017 cm-3
30 nm InAlAs/InGaAs Grading
Spacer
p=2·1018 cm-3
50 nm InGaAs
200 nm InGaAs
Basis
Kollektor
p=5·1019 cm-3
700 nm InGaAs
Subkollektor
n=1·1019 cm-3
Puffer
n=0
10 nm InGaAs
10 nm InGaAs
InP
n=1·1016 cm-3
Substrat
Tabelle 4.1: Schichtaufbau der untersuchten Heterobipolar-Transistoren der 2. Generation
von den Hughes Research Laboratories (Quellen: Hafizi et al. [68] und Sokolich
et al. [69]).
Feldverteilung
Gerade bei der Untersuchung des Avalancheeffekts ist die Verteilung des elektrischen
Feldes besonders wichtig, da die maximal auftretende Feldstärke ein entscheidender Faktor für das Einsetzen der Stoßionisation ist. In Abschnitt 2.1 wurden bereits die kritischen Ströme und Spannungen hergeleitet und das sich daraus ergebende Bild der unterschiedlichen Betriebsarten eines Transistors allgemein dargestellt (Abbildung 2.4). Unter
Ausnutzung der Geometrie- und Materialparameter (Tabelle 4.1 und 4.2) teilt sich das
Ausgangskennlinienfeld eines HRL-Transistor entsprechend Abbildung 4.3 auf. Bei dem
1
Als Maß für die Transistorgröße dient die gezeichnete Emitterfläche.
2
self-aligned.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
56
relatives maximales
elektrisches Feld
I [mA]
4 E m 3,5 E m
3 Em
2,5 E m
10
2 Em
I kirk
8
6
1,5 E m
4
2
I lim
0
Em
I ohm
0
1
2
3
U ce [V]
Abbildung 4.3: Die kritischen Grenzströme Ilim und Ikirk eingezeichnet in das Ausgangskennlinienfeld eines HRL-Transistors. Die weiteren Linien kennzeichnen
die Entwicklung des maximalen elektrischen Feldes bei einer konstanten
Kollektor-Basis-Spannung Ucb .
Kollektorstrom Ic = Ilim =0,8 mA ist das elektrische Feld über den gesamten Kollektor
hinweg konstant (Ulim = 0, 15 V). Steigt der Kollektorstrom, so bildet sich das maximale elektrische Feld am Übergang zwischen Kollektor und Subkollektor aus und die
Feldstärke am Basis-Kollektor-Übergang sinkt entsprechend. Sobald der Kollektorstrom
Ikirk erreicht verschwindet das elektrische Feld am Basis-Kollektor-Übergang. Eine weitere Zunahme des Kollektorstromes führt schließlich zur Ausbildung einer Injektionszone
und einer entsprechenden Aufweitung der Basis.
Das elektrische Feld im Kollektor wird von der Kollektor-Basis-Spannung verursacht.
Ein und dieselbe Kollektor-Basis-Spannung kann aber aus unterschiedlichen Feldverteilungen resultieren. Das maximale elektrische Feld ist besonders stark von der Feldverteilung abhängig. Am kleinsten ist das maximale elektrische Feld Em , wenn das elektrische
Feld entlang des Kollektors konstant ist, also bei Ic = Ilim . Für diesen Fall ergibt sich
E(x) =
Ubi,bc + Ucb
= const. = Em .
wc
(4.1)
Bei Ic = Ikirk steigt das elektrische Feld von der Basisseite des Kollektors bis zum Sub-
4.1 Transistoraufbau und Messumgebung
5
E [V/cm]
1,0⋅⋅10
5
1,2⋅⋅10
5
1,4⋅⋅10
5
10
9
8
Ic [mA]
0,8⋅⋅10
57
7
6
5
4
3
2
1
0
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0
U CE [V]
Abbildung 4.4: Die Einteilung des Ausgangskennlinienfeldes eines HRL-Transistors entsprechend dem mittleren elektrischen Feld berechnet mittels Eav = (Ucb +
Ubi,bc )/wc,ef f und Gleichung 2.7.
kollektorübergang gerade von 0 bis zum maximalen elektrische Feldwert. Das maximale
elektrische Feld ist in diesem Fall genau doppelt so hoch wie bei Ic = Ilim . Bei höheren
Kollektorströmen weitet sich die Basis in den Kollektor hinein aus, so dass sich die effektive Kollektorbreite verringert. Für Ic < Ilim bildet sich das maximale elektrische Feld
am basisseitigen Rand des Kollektors aus. Da das elektrische Feld in diesem Fall nicht
gleichmäßig entlang des Kollektors verteilt ist, ist der maximale Wert des elektrischen
Feldes bei gegebener Spannung über den Kollektor auch höher.
Das Ausgangskennlinienfeld eines Transistors kann man durch Linien mit einem bestimmten mittleren elektrischen Feld einteilen. Abbildung 4.4 zeigt diese Einteilung für
einen HRL-Transistor. Die bei der Berechnung verwendeten Materialkonstanten sind in
Tabelle 4.2 aufgeführt. Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass im Betrieb innerhalb
der regulären Betriebsgrenzen3 das mittlere elektrische Feld maximal einen Wert von
1 · 105 V/cm erreicht. Gut erkennbar ist auch der Kollektorstrombereich um Ilim , bei dem
die Durchbruchspannung am geringsten ist weil das elektrische Feld entlang des Kollektors konstant ist und demnach das maximale elektrische Feld relativ gering ausfällt (vgl.
3
10 mW Leistungsaufnahme oder 10 mA Kollektorstrom oder 2 V Kollektorspannung.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
58
auch Scott und Low [70]). Der theoretische Wert beträgt Ilim = qNc νs Ae = 800 µA. Dieser
Strom dient auch als Kriterium für die Unterscheidung zwischen niedrigen Stromdichten,
bei denen die Selbsterwärmung vernachlässigt werden kann, und hohen Stromdichten, bei
denen unter anderem der Kirk-Effekt zu berücksichtigen ist (vgl. Abbildung 2.4).
Parameter
Symbol
Wert
Quelle
relative Dielektrizitätskonstante
r
13,1
[10]
Beweglichkeit der Elektronen (theoretisch)
µn
15 · 103 cm2 /(Vs)
[10]
Sättigungsgeschwindigkeit der Elektronen
νs
1, 0 · 107 cm/s
[63]
intrinsische Ladungsträgerdichte
ni
1 · 1012 cm−3
[71]
intrinsische Ladungsträgerdichte bei 400 K
ni
1 · 1014 cm−3
[71]
Diffusionsspannung Basis-Kollektor
Ubi,bc
0, 30 V
[12]
Diffusionsspannung Basis-Kollektor bei 400 K
Ubi,bc
0, 20 V
[12]
Tabelle 4.2: Materialkonstanten für In0,53 Ga0,47 As bei Raumtemperatur.
Messaufbau
Der Messaufbau besteht aus den Kontaktköpfen, Bias-Tees, einem Netzwerkanalysator
und einer kombinierten Gleichstrom-Quelle und -Messeinheit4 . Die verwendeten Kontaktköpfe der Firma Picoprobe weisen eine GSG-Konfiguration auf, die Signalspitze ist
also symmetrisch von Masseleitungen umgeben. Der Mittenabstand der Spitzen beträgt
100 µm.
Als Bias-Tees kam - wo nicht explizit anders erwähnt - das Modell 8810-KMF2 der
Firma Aeroflex-Inmet zum Einsatz, das eine spezifizierte Bandbreite von 50 kHz bis
40 Ghz aufweist.
Vor
S-Parameter-Messungen
wurde
das
Messsystem
mittels
des
TOSM-
Kalibrierverfahrens5 kalibriert. Dieses Kalibrierverfahren ist in dem für diese Arbeit
benutzten Netzwerkanalysator ZVR der Firma Rohde&Schwarz integriert. Die Bandbreite des Netzwerkanalysators reicht von 9 kHz bis 4 GHz. Als Zwischenfrequenz
(IF-Frequenz) wurden Werte zwischen 10 Hz und 100 Hz verwendet.
4
SMU (source monitor unit).
5
Der Name TOSM setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der bei diesem Verfahren verwendeten Kalibrierstandards through, open, short und match zusammen.
4.1 Transistoraufbau und Messumgebung
59
Als Kalibriersubstrat kam das von der Firma Cascade hergestellte ISS 101-190B zum
Einsatz. Die 50 Ω-Lastwiderstände sind lasergetrimmt und haben eine Gleichstromgenauigkeit von ±0, 3 %. Der sogenannte Through“-Standard hat eine physikalische Länge von
”
200 µm, so dass die Messspitzen für die Kalibrierung und die eigentliche Messung in derselben Position verbleiben können.
Der Kalibrierung ging die horizontale Ausrichtung des Kalibriersubstrats voraus. Nach
dem Aufsetzen der Messspitzen auf der Positionierungsmarke konnte so mittels des halbautomatischen Probers das Substrat maschinell um die nötigen Weglängen seitlich zwischen den Kalibrierstrukturen verschoben werden. Der elektrische Messaufbau und insbesondere die Kabel blieben auf diese Weise vom Beginn der Kalibrierung bis zum Ende
der Messung selber unangetastet, so dass Messfehler in dieser Hinsicht minimiert sind.
Als Gleichstrom-Quelle und -Messeinheit kam das Gerät 4142B der Firma Agilent zum
Einsatz. Die Steuerung und das Auslesen des 4142B und des Netzwerkanalysators erfolgte
mittels der Software ICCAP über den General Purpose Interface Bus“ (GPIB).
”
Abbildung 4.5 zeigt die zwei in dieser Arbeit verwendeten Schaltungsvarianten.
In Basisschaltung wird bei vorgegebener Emitter-Basis-Spannung die Kollektor-BasisSpannung variiert und die sich ergebenden Ströme gemessen. Da in Basisschaltung gerade der Basisstrom zu messen ist und daher nicht direkt mit Masse verbunden werden
darf, kamen für die Kontaktierung in Basisschaltung drei einzelne Nadeln zum Einsatz.
Dies wurde auch durch die Tatsache ermöglicht, dass in Basisschaltung keine S-Parameter
gemessen werden mussten.
Die Aufnahme des Ausgangskennlinienfeldes Ic (Uce ) erfolgt in Emitterschaltung (Abbildung 4.5b). Eine Ausgangskennlinie ergibt sich bei einem Durchlauf von Uce bei konstan-
a)
b)
E
Ie
Ueb
A
C
Ic
B
Ib
B
C
E
A
Ic
Ib
A
Ucb
Abbildung 4.5: Aufbau zur Charakterisierung des Transistors in
a) Basisschaltung und b) Emitterschaltung.
Uce
A
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
60
tem Ib . Das Ausgangskennlinienfeld erhält man durch Aufnahme mehrerer Ausgangskennlinien bei Variation von Ib . Bei der Messung in Emitterschaltung kamen die Kontaktköpfe
der Firma Picoprobe zum Einsatz.
Deembedding
Die Kalibrierung definiert die Messspitzen als Bezugsebene. Das Messergebnis sollte daher bei einer idealen Kalibrierung das Signal an den Messspitzen wiedergeben. Um die
Signalform am Transistor selber zu erhalten muss die Wirkung der zwischen Messspitze
und Transistor liegenden parasitären Elemente aus dem Messergebnis herausgerechnet
werden. Dieser Vorgang nennt sich Deembedding.
Im Folgenden wird das in dieser Arbeit verwendete Zwei-Schritt-Deembedding beschrieben [72]. Es benötigt neben dem Testobjekt selber die Messung einer Open-Struktur und
einer Short-Struktur (Abbildung 4.6), die sich - wie im vorliegenden Fall - auf demselben
Träger oder zumindest auf demgleichen Trägermaterial befinden müssen. Vom Messergebnis wird zunächst der Einfluss der parallelen Leitwerte G in Form von Admittanz(Y−)Parametern subtrahiert

YA = YM − YOP EN = 
Bm
Cm
*
YM 11 YM 12
YM 21 YM 22
=
D
−
*
E
Em
Gb + Gbc
−Gbc
Cm
*
*

Bm
*

Em
Gc + Gbc
(4.2)
Cm
=
*
.
Bm
*
=
=
−Gbc

*
F
B
TO
E
=
C
=
Em
Abbildung 4.6: Ersatzschaltungen der für das Zwei-Schritt-Deembeddig benötigten Messobjekte. a) Open-Struktur bestehend aus parallelen Leitwerten G; b)
Short-Struktur mit miteinander verbundenen seriellen Impedanzen Z; c)
eigentliche Messstruktur mit Testobjekt (TO) im Zentrum der parasitären
Elemente.
*
4.2 Verifikation des Kompaktmodells bei niedriger
Kollektorstromdichte
61
Anschließend ist auch noch der Effekt der seriell angeordneten Impedanzen auszugleichen. Die seriellen Impedanzen ergeben sich aus der Differenz zwischen der Open- und der
Short-Messung (YSHORT −OP EN = YSHORT − YOP EN ). Da die Impedanzen seriell angeordnet sind, müssen sie in Form von Impedanz-(Z-)Parametern vom Messergebnis abgezogen
werden [73]. Man erhält so die Signale direkt am Testobjekt - also die Z-Parameter des
intrinsischen Transistors
Zi = ZA − ZSHORT −OP EN ,
(4.3)
wobei ZA die in Z-Parameter Transformierte von YA darstellt.
Das Ein-Schritt-Deembedding korrigiert die Messergebnisse lediglich um die parallelen
Leitwerte G. Dies ist für die vorliegende Arbeit nicht ausreichend, da die im Zwei-SchrittDeembedding berücksichtigten seriellen Impedanzen auch dissipative Anteile beinhalten,
so dass sich bei einer nicht um die seriellen Impedanzen bereinigten Berechnung eine zu
geringe Leistungsverstärkung ergäbe.
4.2 Verifikation des Kompaktmodells bei niedriger
Kollektorstromdichte
In Kapitel 3 wurde das Kompaktmodell für den Avalanchestrom in InGaAs hergeleitet,
das unter anderem auch die Anomalie des Ionisationskoeffizenten dieses Materials bei
niedrigen elektrischen Feldern berücksichtigt. Dieser Abschnitt soll die Gültigkeit dieses Modells für den untersuchten Transistor bei niedrigen Stromdichten und demnach
vernachlässigbarer Selbsterwärmung dokumentieren.
Für den Fall, dass keine signifikanten thermischen Effekte auftreten, kann man die konventionelle auf der Basisschaltung beruhende Methode zur Bestimmung des Avalanchestroms aus dem Basisstrom anwenden, wie sie in Abschnitt 2.3.3 beschrieben wurde. Um
sicherzustellen, dass die Selbsterwärmung tatsächlich vernachlässigbar ist, wird aus Abbildung 4.1 eine obere Grenze für die Basisströme abgeschätzt. Die Basisstromkennlinie
mit einem anfänglichen Basisstrom Ib0 von 650 µA weicht weder nach oben noch nach
unten von Ib0 ab. Dies bedeutet, dass die positive Änderung des Basisstroms aufgrund der
Selbsterwärmung gerade durch die negative Änderung des Basisstroms aufgrund des Avalancheeffekts kompensiert wird. Damit die Selbsterwärmung vernachlässigbar ist, dürfen
nur deutlich geringere Basisströme auftreten.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
IAvl [mA]
62
0,08
Messung (Ube=750mV)
Messung (Ube=700mV)
Messung (Ube=650mV)
Modell (Ube=750mV)
Modell (Ube=700mV)
Modell (Ube=650mV)
Modell nach Poon&Meckwood (Ube=750mV)
Modell nach Poon&Meckwood (Ube=700mV)
Modell nach Poon&Meckwood (Ube=650mV)
Modell ohne LF-Anteil (Ube=750mV)
Modell ohne LF-Anteil (Ube=700mV)
Modell ohne LF-Anteil (Ube=650mV)
0,06
0,04
0,02
0,00
0
1
2
3
4
5
U cb [V]
Abbildung 4.7: Vergleich des nach der Methode aus Abbildung 2.13 gewonnenen Avalanchestroms (Symbole) zum Modell nach Kapitel 3 (durchgezogene Linien). Zum Vergleich sind weiterhin Modellrechnungen mit einzig dem
Hochfeldanteil (gepunktete Linien) und unter Verwendung des physikalischen Modells von Poon und Meckwood (gestrichelte Linien) dargestellt.
Die Messung erfolgte in Basisschaltung bei Raumtemperatur.
Abbildung 4.7 zeigt die Avalancheströme eines bei Raumtemperatur in Basisschaltung
gemessenen Transistors. Die Kollektorströme bei Ucb =1 V waren 122 µA, 277 µA und
478 µA. Die entsprechenden Basisströme lagen bei 48 µA, 73 µA und 96 µA. Die durchgezogenen Linien geben das Modell entsprechend den Ausführungen des vorangehenden
Kapitels wieder. Modell und Messung stimmen hervorragend überein, ohne dass irgendwelche Anpassungen nötig sind [67]. Die Modellparameter finden sich in den Tabellen 3.3,
4.1 und 4.2. Als Diffusionsspannung Ubi,bc kam der Wert 0,25 V zum Einsatz.
Ebenfalls dargestellt ist das Modell, wenn man den Niedrigfeldanteil außer Betracht
lässt. Diese Berechnung weicht stark von den tatsächlichen Beobachtungen ab. Dies untermauert die Notwendigkeit den Niedrigfeldanteil als einen wesentlichen Bestandteil der
Beschreibung des Avalancheeffekts in InGaAs anzusehen.
Weitere Kurven in Abbildung 4.7 zeigen, wie das Modell unter Verwendung des physikalischen Modells von Poon und Meckwood aussähe. Diese Kurven unterscheiden sich
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
63
nicht so stark von dem ursprünglichen Modell wie bei einer Variation des Ansatzes für
den Ionisationskoeffizienten. Bei hohen Kollektorströmen und gleichzeitig hohen Kollektorspannungen ist aber zu erkennen, dass durch die Berücksichtigung des Ansatzes nach
Lee die Messungen deutlich besser beschrieben werden.
4.3 Separation von Avalancheeffekt und
Selbsterwärmung
Neben der Anomalie des Ionisationskoeffizienten in InGaAs beinhaltet der im vorangehenden Kapitel hergeleitete Ansatz aufgrund der Berücksichtigung des Kirk-Effekts
und des physikalischen Modells nach Lee auch eine verbesserte Modellierung bei höheren
Stromdichten. Wie bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel ausgeführt, ist die bisher
betrachtete Bestimmung des Avalanchestroms in Basisschaltung jedoch nur gültig, wenn
die Bedingung vernachlässigbarer Selbsterwärmung gewährleistet ist. Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Technologie nur bei niedrigen Kollektorstromdichten erfüllt.
Eine gängige Methode zur Vermeidung thermischer Effekte ist die Anwendung gepulster
Messungen. Bei der Charakterisierung des Avalanchestrom wird üblicherweise in Basisschaltung der Basisstrom bestimmt, und zwar über den Umweg der Messung des Kollektorstroms und des Emitterstroms. Die gleichzeitige Bestimmung dieser beiden Ströme ist
jedoch in gepulster Messtechnik nicht möglich. Zur Bestimmung des Avalanchestroms bei
höheren Stromdichten wird der Transistor daher im Folgenden in Emitterschaltung charakterisiert. Dieser Abschnitt zeigt, wie unter Verwendung von S-Parameter-Messungen
die Korrektur der Ausgangskennlinie um thermische Effekte möglich ist.
Abbildung 4.8 zeigt eine typische gemessene Ausgangskennlinie eines Bipolar-Transistors. Im Bereich der Sättigung (UBC > 0) steigt der Kollektorstrom stark an und
pendelt sich im Normalbetrieb auf einen konstanten Wert ein. Beschreibt man den Transistor mittels zweier idealer Dioden, so konvergiert der Kollektorstrom schnell gegen einen
Grenzwert, wie in Abschnitt 2.3.1 im Rahmen der Beschreibung des Ebers-Moll-Modells
gezeigt wurde.
Aufgrund des Early-Effekts6 [74] kann die Steigung der Ausgangskennlinie im Normalbetrieb auch von der Horizontalen abweichen. Der Early-Effekt resultiert aus der
6
auch Basisweitenmodulation genannt
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
64
Modulation der Basisweite bei unterschiedlichen Kollektorspannungen. In modernen
Heterobipolar-Transistoren ist der Early-Effekt vernachlässigbar, da die Basis immer sehr
viel stärker dotiert ist als der Kollektor und demnach die Ausdehnung der Raumladungszone in die Basis sehr gering ist. Für das Materialsystem InGaAs wurde von Shamir
und Ritter [42] explizit gezeigt, dass die Variation des Kollektorstroms aufgrund des
Early-Effekts im Vergleich zu der durch den Avalancheeffekt induzierten Änderung vernachlässigbar ist.
In den bisherigen Betrachtungen wurde die Selbsterwärmung des Transistors nicht
berücksichtigt. Als Selbsterwärmung wird der Anstieg der lokalen Temperatur am
Halbleiterübergang aufgrund von Leistungsdissipation bezeichnet. Ihr kommt in III/VHalbleitern wie GaAs und InP eine noch größere Bedeutung zu als in Silizium, da diese Materialien eine geringere thermische Leitfähigkeit besitzen und sich somit eine bestimmte Leistungsaufnahme in einer entsprechend größeren Temperaturerhöhung niederschlägt [75].
Die Selbsterwärmung wird in der Hauptsache durch den größten auftretenden Strom
bestimmt - den Kollektorstrom. Die Selbsterwärmung beeinflusst alle temperaturabhängi-
Ic [mA]
gen Parameter, insbesondere auch die Stromverstärkung β. Bei einem positiven TempeU bc = 0
6
Ebers - Moll - Modell
Messung
5
4
I b = 150 µA
3
I b = 100 µA
2
1
I b = 50 µA
0
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.8: Ausgangskennlinienfeld eines typischen Heterobipolar-Transistors. Im ungesättigten Bereich (Ubc < 0) verläuft die Kurve zunächst annähernd horizontal und beginnt schließlich bei großen Kollektorspannungen Uce zu
steigen.
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
65
nur Avalanche-Effekt
ohne Selbsterwärmung/Avalancheeffekt
Ic [mA]
nur Selbsterwärmung
5
I b = 150 µA
4
3
I b = 100 µA
2
I b = 50 µA
1
0
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.9: Schematische Darstellung der Ausgangskennlinien ohne und mit Berücksichtigung des Avalancheeffekts und der Selbsterwärmung eines Transistors mit negativem Temperaturkoeffizienten. In einer Messung würden
sich der Avalancheeffekt und die Selbsterwärmung teilweise gegenseitig
aufheben.
raturkoeffizienten steigt die Stromverstärkung mit zunehmender Temperatur, ein negativer Temperaturkoeffizient resultiert bei einer Temperaturerhöhung in einer verringerten
Stromverstärkung.
Betrachtet man einen Heterobipolar-Transistor, der weder den Avalanche- noch den
Early-Effekt aufweist, sollten entsprechend dem Ebers-Moll-Modell die Ausgangskennlinien im aktiv-normalen Bereich horizontal verlaufen. Dabei wird jedoch die Selbsterwärmung des Transistors noch nicht beachtet.
Ausgehend vom Gummel-Poon-Modell leitet Anholt [15] den Ausdruck
T 3−3ne /nf
E
ne ESE SF
Ic ∼
exp −
+
T0
kT
nf kT
(4.4)
für die Temperaturabhängigkeit des Kollektorstroms ab. Ob der Kollektorstrom mit zunehmender Temperatur steigt oder fällt hängt demnach sowohl von den idealen bzw.
nichtidealen Emissionsfaktoren im Vorwärtsbetrieb nf und ne ab als auch von den idealen bzw. nichtidealen Aktivierungsenergien ESF und ESE .
Abbildung 4.9 stellt den prinzipiellen Verlauf der Ausgangskennlinien für die Grenzfälle
dar, in denen entweder nur der Avalancheeffekt oder nur die Selbsterwämung oder kei-
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
66
ner der beiden Phänomene berücksichtigt wird. In einer Messung überlagern sich der
Avalancheeffekt und die Selbsterwärmung. Ein wichtiger Schritt in der Modellierung des
Avalancheeffekts besteht deshalb darin, die Auswirkungen dieser beiden Erscheinungen
voneinander zu trennen.
4.3.1 Separation mittels Gleichstrommessungen
Zum Absolutwert des Kollektorstroms tragen vier Terme bei: der reguläre durch die
Verstärkung des Basisstroms verursachte Kollektorstrom, der Earlyterm, der Avalancheanteil und die Anpassung aufgrund der Thermik. Betrachtet man jedoch den Ausgangsleitwert go , also die Ableitung des Kollektorstroms nach der Kollektorspannung
(go =
dIc
),
dUce
so sind darin nur noch drei Terme enthalten, da der reguläre Kollektorstrom
im ungesättigten Bereich konstant ist (vgl. Abschnitt 2.3.1). Die Auswertung der totalen
Ableitung ergibt [12]
∂I ∂I dIc
dT
c
c
go =
=
.
+
dUce
∂Uce T
∂T Uce dUce
Der Term
dT
dUce
(4.5)
enthält jedoch den Ausgangsleitwert selber, wie
dT
dT dP
dIc =
= Rth Ic + Uce
= Rth Ic + Rth Uce go
dUce
dP dUce
dUce
(4.6)
erkennen lässt. Setzt man Gleichung 4.6 in Gleichung 4.5 ein und löst nach dem Ausgangsleitwert auf, ergibt sich
go =
dIc
=
dUce
c
+ Rth Ic ∂I
∂T
T
Uce .
c
1 − Rth Uce ∂I
∂T
∂Ic
∂Uce
(4.7)
Uce
Der vordere Term im Zähler stellt den Ausgangsleitwert ohne Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit bei einer festen Temperatur T dar. Gleichung 4.7 beschreibt die
Anpassung dieses Terms aufgrund der Thermik.
Um den Einfluss der Temperatur auf den Ausgangsleitwert zu beschreiben, muss man
demnach den thermischen Widerstand Rth und den Temperaturkoeffizienten der Strom
c
verstärkung αB bestimmen αB Ic = ∂I
. Ausgedrückt in den messbaren Parame∂T Uce ,I
b
tern schreibt sich der Ausgangsleitwert
go =
∂Ic
∂Uce
T
+ Rth Ic2 αB
1 − Rth Uce Ic αB
.
(4.8)
8%(>P9@
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
67
7 ¡&
7 ¡&
∆3 >P:@
Abbildung 4.10: Auftragung der Basis-Emitter-Spannung Ube über die dissipierte Leistung ∆P . Die Scharen wurden jeweils bei konstanten Basisströmen von
Ib =90 µA, 145 µA und 200 µA (von unten nach oben) aufgenommen.
Um aus Messungen den um die Selbsterwärmungseffekte korrigierten Ausgangsleitwert
zu erhalten, muss man Gleichung 4.8 nach
∂I c
= go,mess (1 − Rth Uce Ic αB ) − Rth Ic2 αB
∂Uce T
(4.9)
auflösen. In den anschließenden Abschnitten werden die für diese Korrektur notwendigen
Parameter Rth und αB ermittelt.
Bestimmung des thermischen Widerstands
Der thermische Widerstand wird hier mit der Methode von Dawson [76] aus der Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitter-Spannung Ube bestimmt. Die Annahme, dass Ube
linear von der dissipierten Leistung Pdiss ∼ Uce Ie abhängt, trifft außerhalb des Sätti-
gungsbereiches zu, wie man Abbildung 4.10 entnehmen kann. Die lineare Näherung für
die Basis-Emitter-Spannung lautet
Ube = Ube1 +
∆Ube
(Tj − T1 ),
∆T
(4.10)
wobei um Ube1 und T1 herum genähert wird. Dabei steht Tj für die Transistortemperatur.
Durch Ausnutzung der Definition des thermischen Widerstands Tj − Tumg = Rth Pdiss ,
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
Rth [K/W]
68
4500
∆P
0 - 2 mW
2 - 4 mW
4000
4 - 6 mW
6 - 8 mW
3500
HRL
3000
0
20
40
60
80
100
∆T [K]
Abbildung 4.11: Werte des thermischen Widerstand Rth , errechnet aus Messungen mit
einem Temperaturunterschied ∆T und einem Leistungsunterschied ∆P .
wobei Tumg die Umgebungstemperatur bezeichnet, kann gemäß
∆Ube ∆Ube Ube = Ube1 +
(Tumg − T1 ) +
Rth Pdiss
∆T P
∆T T
die Transistortemperatur aus Gleichung 4.10 eliminiert werden. Der Term
(4.11)
∆Ube R
∆T T th
er-
gibt sich aus der Änderung in der Basis-Emitter-Spannung durch Variation der dissipier
be ten Leistung bei einer konstanten Temperatur. Den Term ∆U
erhält man hingegen,
∆T P
wenn die dissipierte Leistung konstant bleibt und die Temperatur variiert wird. Der thermische Widerstand
Rth =
∆Ube R
∆T T th
∆Ube ∆T P
(4.12)
ergibt sich folglich aus dem Verhältnis dieser beiden Ausdrücke. Abbildung 4.11 zeigt
Werte für den thermischen Widerstand der HRL-Technologie. Sie sind kategorisiert nach
dem Leistungsunterschied ∆P und dem Temperaturunterschied ∆T zwischen den für
die Berechnung herangezogenen Messpunkten. Der thermische Widerstand Rth der HRLTechnologie liegt bei 3490
K
W
± 270
K
.
W
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
69
Bestimmung des Temperaturkoeffizienten der Stromverstärkung
Der Temperaturkoeffizient der Stromverstärkung αB ist durch
αB Ic =
∂I c
∂T
Uce ,Ib
(4.13)
definiert. Praktisch erhält man den Temperaturkoeffizienten aus temperaturabhängigen
Ausgangskennlinien, bei denen der Basisstrom eingeprägt wurde. Die Differenzbildung
der Kollektorströme bei unterschiedlichen Temperaturen und Normierung auf ebendiese
Temperaturdifferenz ergibt
αB =
Ic (T2 ) − Ic (T1 )
.
(T2 − T1 ) 21 Ic (T2 ) + Ic (T1 )
(4.14)
Als Temperatur ist dabei die Transistortemperatur Tj entsprechend
Tj = Tumg + ∆T = Tumg + Rth Pdiss = Tumg + Rth Uce Ic
(4.15)
zu verwenden, die den Temperaturanstieg ∆T aufgrund der Selbsterwärmung bezogen
auf die Umgebungstemperatur Tumg beinhaltet.
Abbildung 4.12 stellt die Ergebnisse dieser Auswertung für einen HRL-Transistor dar.
Der Temperaturkoeffizient für die Stromverstärkung αB ist dort abhängig von der mittleren Temperatur, um die die Messung vorgenommen wurde. Ein Polynom 2. Grades ist
an die Messwerte nach der Methode der kleinsten quadratischen Abweichung angepasst.
Darauf bezogen liegt die Standardabweichung in der Größenordnung von 0, 4 · 10−3 /K.
Abbildung 4.13 zeigt Fits an die Messergebnisse weiterer HRL-Transistoren unterschiedlicher Lieferungen.
Idealerweise erwartet man für den Temperaturkoeffizienten der Stromverstärkung einen
konstanten Wert, da sich die Stromverstärkung linear mit der Temperatur ändern sollte. Dass dieses Verhalten in der Praxis nicht unbedingt anzutreffen ist zeigen auch die
Messungen von Yang et al. [77] an InGaP-Heterobipolar-Transistoren. Ähnlich der in
Abbildung 4.14 dargestellten Gleichstromverstärkung der HRL-Transistoren fällt dieser
Wert auch bei Yang et al. von 23 bei 30 °C auf 14 bei 130 °C.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
70
αb [0,001/K]
2
20°C
100°C
100°C
20°C
Fit an 20°C
100°C
1
0
-1
-2
-3
-9
2
-6
-3
Fit : α b = 183x10 Tj - 60x10 Tj + 2,18x10
-4
20
40
60
80
100
120
140
T j [°C]
Abbildung 4.12: Temperaturkoeffizient der Stromverstärkung αB eines 1 × 5 µm2 großen HRLTransistors. Eine Schar wurde bei Temperaturen von 20 °C bis 100 °C, die zweite bei 100 °C bis 20 °C aufgenommen (beide in 10 °C-Schritten). Die Messwerte
ergeben sich gemäß Gleichung 4.14 jeweils aus den Messungen bei zwei unterschiedlichen Temperaturen. Der Graph ist über den Mittelwert der beiden dabei
verwendeten Transistortemperaturen Tj aufgetragen. Die durchgezogene Kurve stellt einen Polynom-Fit an die Messwerte in 2. Ordnung nach der Methode
αB [0,001/K]
der kleinsten quadratischen Abweichung dar.
2
20 °C
1
100 °C
100 °C
20 °C
Fit an 20 °C
0
100 °C
-1
-2
-3
Fit : α b = 183·10-9 Tj2 - 60·10-6 Tj + 2,18·10-3
-4
20
40
60
80
100
120
140
T j [°C]
Abbildung 4.13: Temperaturkoeffizient der Stromverstärkung von 1×5 µm2 großen HRLTransistoren verschiedener Lieferungen. Für jede Messreihe ist jeweils ein
Fit an die Messwerte mit der angegebenen Funktion nach der Methode
der kleinsten quadratischen Abweichung aufgetragen.
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
β [-]
40
35
I b 300µA
30
I b 225µA
25
I b 150µA
20
20
40
60
80
100
120
T j [°C]
Abbildung 4.14: Abhängigkeit der Gleichstromverstärkung in Emitterschaltung β von der
Transistortemperatur Tj .
71
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
72
Bestimmung der aus der Selbsterwärmung resultierenden Änderung des
Ausgangsleitwerts
Tabelle 4.3 zeigt die Auswertung von Gleichung 4.8 für typische Werte der darin enthaltenen Parameter (bezeichnet mit Standardwert“). Eine Erhöhung jeweils eines Parame”
ters führt dabei immer zu einer aus der Selbsterwärmung resultierenden Reduktion des
Ausgangsleitwerts. Der starke Einfluss einer Änderung von Ic auf den Ausgangsleitwert
begründet sich darin, dass Ic sowohl im rechten Summenterm des Zählers als auch im
Subtrahend des Nenners auftritt.
alphaB
Parameter
Einheit
Standardwert
Für alle Parameter Standardwerte :
g o |T
mS
1
U ce
V
1
∆ g o [mS]
2
g o [mS]
0,45
1,40
-0,55
-0,60
rel. Abw.
-55%
-30%
2
0,43
-0,57
-57%
-200%
alternativer Wert
-0,0015 1/K
3500 k/W
0,010 A
1,0 V
1,0 mS
Ic
mA
10
20
-1,00
-2,00
R th
K/W
3500
5000
0,23
-0,77
-77%
αB
‰/K
-1,5
-3,0
-0,05
-1,05
-105%
Tabelle 4.3: Auswertung von Gleichung 4.8 bei Variation der Parameter. Die angegebene
Abweichung ∆go bezieht sich auf den Ausgangsleitwert im isothermen Fall
go |T , der von der Selbsterwärmung unbeeinflusst ist.
4.3.2 Separation mittels Wechselstrommessungen
Ein alternativer Ansatz zur Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmungseffekten beruht auf der Messung des Transistors unter- und oberhalb der thermischen Zeitkonstanten, die sich typischerweise in der Größenordnung von 500 ns befindet. In diesem
Frequenzbereich um 2 MHz herum ist die Ausgangskennlinie nicht direkt messbar, da
sie ein Großsignal darstellt. Aus den Kleinsignalgrößen ic und uce kann man jedoch den
Ausgangsleitwert - also die Steigung der Ausgangskennlinie - gemäß go = ic /uce = H22
durch Transformation aus S-Parametern ermitteln. Das im Folgenden dargestellte Vorgehen wurde in [78] veröffentlicht.
Abbildung 4.15 zeigt eine typische Messung des Hybridparameters H22 . Bei niedrigen
Frequenzen zwischen 70 kHz und 400 kHz stimmen diese Werte hervorragend mit den
aus der Ausgangskennlinie (Abbildung 4.16) extrahierten Ausgangsleitwerten überein.
Die Abweichungen bei niedrigeren Frequenzen sind in der Dämpfung der Bias-Tees begründet. Zwischen 10 und 100 MHz zeigt sich ein Plateau, bei dem der H22 -Parameter
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
73
Abbildung 4.15: Frequenzabhängigkeit des Kleinsignalparameters H22 eines 1 × 5 µm2
großen HRL-Transistors (T=25 °C, Ib =375 µA, PHF =-35 dBm). Die
gestrichelten Linien stellen den aus der Ausgangskennlinie extrahierten
Ausgangsleitwert dar.
dem Ausgangsleitwert des Transistors ohne dem Einfluss von Selbsterwärmung entspricht.
Bei noch höheren Frequenzen zeigen sich kapazitive Effekte.
Bei der Messung der Hybridparameter ist die verwendete HF-Leistung sorgfältig zu
wählen. Eine zu geringe Leistung resultiert in einem verrauschten Messsignal. Ist die Lei-
Ic [mA]
stung jedoch zu hoch, verfälscht die eingebrachte Leistung die Messung. Abbildung 4.17
12
10
8
6
4
2
0
0,0
0,5
1,0
1,5
Uc [V]
Abbildung 4.16: Ausgangskennlinie des in Abbildung 4.15 gemessenen Transistors unter
identischen Bedingungen (Ib =375 µA und T=25 °C). Die Markierungen
zeigen die Kollektorspannungen, bei denen der Ausgangsleitwert extrahiert wurde.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
H22 [S]
74
-10dBm
-20dBm
-35dBm
100 kHz
1 MHz
10 MHz
100 MHz
1 GHz
f
Abbildung 4.17: Vergleich von H22 bei unterschiedlichen HF-Leistungen (Uce = 1, 0 V,
Ib = 400 µA). Die gestrichelte Linie entspricht dem aus der Ausgangskennlinie extrahierten Ausgangsleitwert.
zeigt H22 bei drei unterschiedlichen HF-Leistungen, für die der Messaufbau jeweils neu
kalibriert wurde. Nur die Messung bei -35 dBm zeigt eine gute Übereinstimmung mit
dem aus der Ausgangskennlinie extrahierten Ausgangsleitwert. In dem Plateau zwischen
10 MHz und 100 MHz ist H22 hingegen unabhängig von der verwendeten HF-Leistung.
Dies bestätigt den hier verfolgten Ansatz, der postuliert, dass Selbsterwärmungseffekte
auf Zeitskalen unterhalb der thermischen Zeitkonstanten vernachlässigbar sind.
Einen weiteren deutlicher Einfluss auf die Messungen hat die Wahl des Bias-Tee. Es
wurden Messungen mit vier unterschiedlichen Modellen durchgeführt (Abbildung 4.18),
nämlich mit dem bereits in der Beschreibung des Messaufbaus erwähnten 8810 KMF2
der Firma Aeroflex-Inmet, dem Vorgänger 8810 K der Firma Inmet, dem ZFBT-6GW
der Firma Mini-Circuits und dem V255 der Firma Anritsu. Interpretierbare Ergebnisse
ergeben sich einzig unter Verwendung der Bias-Tees von Inmet bzw. Aeroflex-Inmet. Bei
niedrigen Frequenzen zwischen 30 kHz und 400 kHz zeigt sich in H22 ein klares Plateau,
dessen Wert auch jeweils mit den aus den Ausgangskennlinien abgelesenen Ausgangsleitwerten übereinstimmt. Ein zweites Plateau zeigt sich bei Frequenzen von 10 MHz bis
√ 100 MHz. Die Resonanzfrequenz f0 = 1/ 2π LC des LC-Schwingkreises, die sich aus
den Werten des Kondensators und der Spule der Bias-Tees ergibt (Tabelle 4.4), ist in der
Messkurve exakt bei der berechneten Frequenz von 12,7 kHz zu erkennen. Die Abweichungen bei hohen Frequenzen begründen sich in dieser Messung mit Kalibrierfehlern ab
H22 [mS]
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
75
2
Aeroflex-Inmet
Mini Circuits
1
Mini Circuits & Spule
0
-1
-2
10 kHz
100 kHz
1 MHz
10 MHz
100 MHz
1 GHz
Frequenz
Abbildung 4.18: Messung von H22 unter Verwendung unterschiedlicher Bias-Tees. Bei der
Messung mit Spule wurde eine gewickelte SMD-Spule mit einem Wert
von 470 µm in Reihe mit der Spule des Bias-Tee geschaltet.
100 MHz.
Die Messungen mit Bias-Tees der Firma Mini-Circuits stimmen bei Frequenzen oberhalb von 1 MHz qualitativ mit den bisher diskutierten überein. Die niederfrequenten
Anteile zeigen jedoch kein konstantes Verhalten sondern weisen zwei Minima und ein
Maximum auf. Einen ähnlichen Verlauf, der aber noch ausgeprägtere Extrema aufwies,
zeigten Messungen mit Bias-Tees der Firma Anritsu.
Tabelle 4.4 listet die charakteristischen Werte für die verschiedenen Bias-Tees auf. Die
Modelle der Firma Inmet bzw. Aeroflex-Inmet weisen dabei die höchsten Induktivitäten L
und die geringste Koppelkapazität C auf, aber auch den höchsten Gleichstromwiderstand
RL . Um einen Anhaltspunkt für den relevanten Unterschied zu den anderen Bias-Tees
herauszuarbeiten, wurden entweder Widerstände, Kondensatoren oder Spulen in Reihe
mit den anderen Bias-Tees geschaltet, so dass sich nominell in etwa der Wert des AeroflexInmet-Bias-Tees ergab. Der Messaufbau blieb ansonsten unverändert bis auf zwei zusätzliche Adpater bei der Messung mit dem Bias-Tee von Anritsu, um den unterschiedlichen
Konnektoren Rechnung zu tragen. Für jede Messung wurde eine neue Kalibrierung durchgeführt. Einen Einfluss zeigte allein die Serienschaltung der Spule, die die Extrema zu
niedrigeren Frequenzen verschob (Abbildung 4.18). Dass sich jedoch keine Verbesserung
der mit diesem Messaufbau erzielten Messergebnisse zeigt ist sicherlich damit zu erklären,
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
76
dass eine diskrete Serienschaltung bei weitem nicht die Qualität des hybriden Aufbaus
des Bias-Tees erreichen kann. Aufgrund der Beobachtungen liegt dennoch die Vermutung
nahe, dass die qualitativ guten Messungen mit den Modellen 8810 aufgrund der hohen
Induktivität der in diesen Bauteilen verwendeten Spulen begründet ist, die zu einer guten
Entkopplung des HF-Pfades von der Gleichstromzuleitung führt.
Auffallend war, dass das Messergebnis um 1 MHz systematisch mit allen Bias-Tees und
bei allen Messungen höher ist als der Wert bei niedrigeren Frequenzen (Ausgangsleitwert mit Selbsterwärmung) und bei höheren Frequenzen (Ausgangsleitwert ohne Selbsterwärmung).
Hersteller
Modell
Bandbreite (Spezifikation)
L [µH]
C [nF]
R L [Ω
Ω]
Aeroflex-Inmet
Inmet
Anritsu
Mini-Circuits
8810 KMF2
8810 K
V255
ZFBT-6GW
50 kHz - 40 GHz 50 kHz - 40 GHz 50 kHz - 65 GHz 100 kHz - 6 GHz
1464
1410
586
904
107
96
216
192
11,5
10,8
4,1
3,2
Tabelle 4.4: Charakteristische Werte der untersuchten Bias-Tees.
4.3.3 Korrektur der Ausgangskennlinie um Selbsterwärmungseffekte
Die vorangehenden Abschnitte zeigten zwei Methoden, um in Messungen die Selbsterwärmungseffekte zu quantifizieren. Diese Prozeduren sollen nun zur Korrektur der
gemessenen Ausgangskennlinien um die Selbsterwärmungseffekte eingesetzt werden.
Die gleichstromkorrigierten Ausgangsleitwerte (DC-Korrektur) ergeben sich aus Gleichung 4.8. Die wechselstromkorrigierten Ausgangsleitwerte (HF-Korrektur) entsprechen
den Messwerten von H22 bei 20 MHz.
Ausgehend von einem fest definierten Startpunkt kann man anhand der korrigierten
Ausgangsleitwerte die Ausgangskennlinie schrittweise rekonstruieren. Beginnend mit dem
Kollektorstrom bei Uce = 0, 6 V wurde in Schritten von 0,05 V extrapoliert. Bei den
Messpunkten von H22 - die jeweils 0,2 V voneinander entfernt sind - wurde der dort
vorliegende korrigierte Ausgangsleitwert verwendet. Bei zwischen Messpunkten liegenden Kollektorspannungen kommt ein entsprechend der Spannungsdifferenz gewichteter
Wert aus den beiden umgebenden korrigierten Ausgangsleitwerten zur Anwendung. Abbildung 4.19 zeigt das Ergebnis dieser Prozedur.
Zur Kontrolle dieser Vorgehensweise wurde zusätzlich sowohl die Extrapolation der
Ausgangskennlinie aus den Steigungen der Ausgangskennlinie als auch eine HF-Korrektur
IC [A]
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
77
10E-03
gemessen
aus Steigung Ausgangskennlinie
HF-Korrektur (100 kHz)
HF-Korrektur (20 MHz)
DC-Korrektur
9E-03
8E-03
0
1
2
U CE [V]
Abbildung 4.19: Schrittweise Rekonstruktion des Ausgangskennlinienfeldes aus Werten
des Ausgangsleitwertes anhand der in den Abbildungen 4.15 und 4.16
dargestellten Messdaten (T = 25 °C).
auf Basis der H22 -Messungen bei 100 kHz durchgeführt. Die direkt gemessene Ausgangskennlinie stimmt gut mit diesen Kurven überein.
Im Gegensatz zu der direkt gemessenen Ausgangskennlinie verläuft die auf den
Messwerten bei 20 MHz basierende Kurve zunächst annähernd horizontal, bevor sie ab
Kollektorspannungen von Uce = 1, 1 V aufgrund des Avalanche-Effekts zu steigen beginnt.
Dieses Verhalten deckt sich mit den Erwartungen an die Ausgangskennlinie für einen
Heterobipolar-Transistor ohne Early-Effekt und ohne Selbsterwärmung wie zu Beginn
des Abschnittes 4.3 beschrieben. Die DC-Korrektur ergibt ein qualitativ vergleichbares
Ergebnis wie die HF-Korrektur bei 20 MHz.
Um zu verifizieren, dass die Korrektur der Selbsterwärmung erfolgreich ist, ist das
Ausgangskennlinienfeld in Abbildung 4.20 bei vier unterschiedlichen Temperaturen aufgenommen. Für jede Ausgangskennlinie wurde bei allen Temperaturen der gleiche Basisstrom eingeprägt. Man erkennt deutlich die Temperaturabhängigkeit der Stromverstärkung, da sich aufgrund der Temperaturvariation die Kollektorströme um bis zu
1,5 mA unterscheiden.
Bemerkenswert ist ebenfalls, dass zwischen Uce = 0, 7 V und 0, 9 V die korrigerten
Ausgangskennlinien praktisch horizontal verlaufen, wohingegen die direkt gemessenen
Ausgangskennlinien je nach Temperatur eine positive oder eine negative Steigung aufweisen. Dies bedeutet, dass in dem Bereich, in dem weder Sättigung noch Avalancheeffekt
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
Ic [mA]
78
AKL
(100°C)
HF-korrigiert (100°C)
AKL
(75°C)
HF-korrigiert (75°C)
AKL
(50°C)
HF-korrigiert (50°C)
AKL
(25°C)
HF-korrigiert (25°C)
AKL (100°C)
12
10
I b =400 µA
8
I b =325 µA
6
I b =250 µA
4
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.20: Ausgangskennlinienfelder für Temperaturen von 25 °C, 50 °C, 75 °C und
100 °C bei jeweils konstantem Basisstrom (Transistorgröße 1 × 5 µm2 ).
auftritt, die Korrekturmethode den Absolutbetrag des Ausgangsleitwertes verringert.
In der vorliegenden Konfiguration, also bei Einprägung eines konstanten Basisstroms,
müsste die DC-Korrektur verhältnismäßig große Werte ausgleichen, welches natürlich mit
umso größeren Abweichungen verbunden wäre. Eine geschicktere Vorgehensweise ist daher die Wahl der Basisströme, so dass der Kollektorstrom für alle Temperaturen bei der
niedrigstmöglichen Kollektorspannung und demnach bei der geringsten Leistungsaufnahme übereinstimmt. Dieser Punkt befindet sich an der Grenze des Sättigungsbereichs. In
diesem Fall unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Temperaturen über den Kollektorspannungsbereich hinweg der Kollektorstrom und demnach auch die Selbsterwärmung
und die Stromverstärkung deutlich weniger als im Fall konstanter Basisströme. Abbildung 4.21 stellt typische Ergebnisse dar, wenn die Basisstöme nach dieser Methode ausgewählt werden. Aufgrund des negativen Temperaturkoeffizienten der Stromverstärkung
ist die Kurve bei 100 °C die niedrigste der gemessenen Ausgangskennlinien. Sie besitzt
einen deutlich negativen Ausgangsleitwert zwischen Uce = 0, 7 V und 1, 0 V. Der Ausgangsleitwert in diesem Bereich erhöht sich mit abnehmender Temperatur und ist bei
einer Temperatur von 40 °C nahezu horizontal.
Die korrigierten Ausgangskennlinien weisen hingegen eine umgekehrte Temperaturver-
IC [mA]
4.3 Separation von Avalancheeffekt und Selbsterwärmung
79
11
DC-korrigiert (100°C)
DC-korrigiert (75°C)
DC-korrigiert (50°C)
DC-korrigiert (25°C)
DC-korrigiert (15°C)
HF-korrigiert (100°C)
HF-korrigiert (75°C)
HF-korrigiert (50°C)
HF-korrigiert (25°C)
HF-korrigiert (15°C)
gemessen
(15°C)
gemessen
(25°C)
gemessen
(50°C)
gemessen
(75°C)
gemessen
(100°C)
AKL
(100°C)
10
0
1
2
U CE [V]
Abbildung 4.21: Gemessene und DC- bzw. HF-korrigierte Ausgangskennlinien für Temperaturen von 15 °C, 25 °C, 50 °C, 75 °C und 100 °C. Der Basisstrom
wurde jeweils so gewählt, dass an der Grenze des Sättigungsbereichs die
Kollektorströme für alle Temperaturen identisch sind (Transistorgröße
1 × 5 µm2 ).
teilung auf. Im Bereich von Uce = 0, 7 V bis 1, 0 V zeigen sie bei einer Temperatur von
100 °C den höchsten Ausgangsleitwert. Der Ausgangsleitwert in diesem Bereich variiert
auch bei den korrigierten Kennlinien mit der Temperatur. Dem horizontalen Verlauf am
nächsten sind die korrigierten Kurven bei der niedrigsten gemessenen Temperatur von
15 °C.
Eine Erklärung für diese Beobachtung stellt vielleicht die Tatsache dar, dass der Temperaturkoeffizient für die Stromverstärkung bei 20 °C etwa Null ist und bei höheren Temperaturen einen endlichen Wert annimmt (vgl. Abbildung 4.12). Die korrigierten Kurven
sind demnach bei Temperaturen um 20 °C am verlässlichsten, da dort nur verhältnismäßig
kleine Auswirkungen der Selbsterwärmung auszugleichen sind und demnach der mit der
Korrektur verbundene Fehler am geringsten ausfällt.
Bei 25 °C sind die gemessenen Ausgangskennlinien vergleichbar mit den korrigierten
Ausgangskennlinien. Die HF-Korrektur weist etwas niedrigere Werte auf, wohingegen
die DC-Korrektur zu leicht höheren Ergebnissen führt. Bei der weiteren Analyse der
Avalancheströme scheint es aufgrund dieser Beobachtungen angebracht zu sein die direkt
gemessenen Ausgangskennlinien bei 25 °C zu verwenden.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
80
4.4 Messung des Avalanchestroms bei hoher
Kollektorstromdichte
In Abschnitt 4.2 wurde die Gültigkeit des Modells bei niedrigen Stromdichten anhand von
Messungen in Basisschaltung gezeigt. Der anschließende Abschnitt stellte die Einflüsse
der Selbsterwärmung auf das Ausgangskennlinienfeld dar. In diesem Abschnitt sollen
aus Messungen bei hohen Stromdichten die Avalancheströme extrahiert und mit dem
Modell verglichen werden. Da in dem vorliegenden Materialsystem die niedrige Wärmeleitfähigkeit in Zusammenhang mit dem Temperaturkoeffizienten der Stromverstärkung
eine direkte Messung des Avalanchestroms in Basisschaltung verhindert, wird als Ansatz
die Messung in Emitterschaltung mit unterschiedlichen Methoden zur Umgehung oder
zur Korrektur der Selbsterwärmungseffekte verfolgt.
Für alle Varianten ist jedoch die Beziehung zwischen dem Avalanchestrom und seiner Auswirkung in der Ausgangskennlinie identisch. In Emitterschaltung erfährt der
Avalanchestrom IAvl üblicherweise eine Verstärkung, so dass der durch den Avalancheeffekt hervorgerufene Kollektorstromanteil im Ausgangskennlinienfeld ein Vielfaches ist.
I [µA]
Um diese Annahme zu verifizieren, wurde eine Messung in Basisschaltung bei niedriger
1000
I c0 +I avl β 0
Ic
Ib
800
600
400
200
0
-200
0
1
2
U cb [V]
Abbildung 4.22: Zusammenhang zwischen Basisstrom Ib und Kollektorstrom Ic einer
Messung in Basisschaltung. Die Stromverstärkung bei Ucb = 0 V beträgt β0 = 3, 8.
4.4 Messung des Avalanchestroms bei hoher Kollektorstromdichte
81
Stromdichte durchgeführt, bei der der Avalanchestrom nach der konventionellen Methode bestimmt wird und mit dem Verlauf des Kollektorstroms in Beziehung gesetzt werden
kann (Abbildung 4.22). Die Stromverstärkung β0 ergibt sich aus dem Verhältnis des Kollektorstroms zum Basisstrom bei einer Kollektor-Basis-Spannung von 0 V. Bei höheren
Spannungen spiegelt dieses Verhältnis nicht mehr die tatsächliche Stromverstärkung wider, da dann eine nicht separat bestimmbare zusätzliche Basisstromkomponente in Form
des Avalanchestroms auftritt. Die Summe von dem bei Ucb = 0 V vorliegenden Kollektorstrom Ic0 und dem verstärkten Avalanchestrom stimmt in guter Näherung mit dem
gemessenen Kollektorstrom überein.
4.4.1 Linearer Ansatz für thermische Effekte
In ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 2000 [66] schrieb die Arbeitsgruppe um Buttari,
dass es zwar wünschenswert wäre, unter Berücksichtigung der beteiligten physikalischen
Effekte ein Modell für den Basisstrom zu entwickeln, konnte aber aufgrund der thermischen Effekte keine experimentelle Möglichkeit in dieser Hinsicht aufzeigen. Sie verfolgten
daher den Ansatz, die durch die Selbsterwärmung und den Early-Effekt hervorgerufene
Änderung im Basisstrom in erster Näherung durch einen linearen Ansatz zu beschreiben.
Abbildung 4.23 zeigt ein Ausgangskennlinienfeld, an dessen Ausgangskennlinien jeweils
im beginnenden Nicht-Sättigungsbereich eine Linearfunktion angepasst ist. Die Differenz
Ic [mA]
zwischen dieser Funktion und der Messkennlinie dividiert durch die Stromverstärkung an
10
Messung 250µA
Messung 200µA
Messung 150µA
Messung 100µA
Messung 30µA
Messung 20µA
Messung 10µA
Iref 250µA
Iref 200µA
Iref 150µA
Iref 100µA
Iref 30µA
Iref 20µA
Iref 10µA
8
6
4
2
0
0
1
2
3
U CE [V]
Abbildung 4.23: Ausgangskennlinienfeld und angefittete lineare Funktionen (T = 25 °C).
Der Parameter ist der eingeprägte Basisstrom Ib .
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
82
der Grenze zur Sättigung ergibt die in Abbildung 4.24 dargestellten Avalancheströme.
Bei hohen Stromdichten zeigt sich, dass das Modell deutlich größere Werte voraussagt
als in der Messung zu beobachten sind. Dies wurde bereits durch Kloosterman et al. [29]
festgestellt. Das von ihnen daraufhin entwickelte zweidimensionale Modell stimmt gut
mit Messungen in der von ihnen untersuchten Technologie mit hoher Wärmeleitfähigkeit
überein. Abbildung 4.25 stellt die Messungen dem zweidimensionalen Modell von Kloosterman et al. gegenüber. Bei niedrigen Stromdichten stimmen beide Modelle überein,
sie unterscheiden sich erst bei Kollektorströmen von über 1 mA. Bei hohen Strömen weichen die Messungen jedoch auch von dem zweidimensionalen Modell ab. Auffallend ist
insbesondere die Tatsache, dass die gemessenen Avalancheströme für die Basisströme ab
100 µA alle erst ab einer Kollektor-Basis-Spannung von Uce = 1, 1 V zu steigen beginnen.
Ein früheres Einsetzen des Avalanchestroms ist aufgrund der angewendeten Extraktionsmethode prinzipiell gar nicht möglich, da in dem Bereich von Uce = 0, 6 V bis 1 V
die Linearfunktion an die Messdaten angefittet wird und der Avalanchestrom in diesem
IAvl [µA]
Bereich demnach verschwinden muss.
Messung 250µA
Messung 200µA
Messung 150µA
Messung 100µA
Messung 30µA
Messung 20µA
Messung 10µA
Modell 250µA
Modell 200µA
Modell 150µA
Modell 100µA
Modell 30µA
Modell 20µA
Modell 10µA
14
12
10
8
6
4
2
0
0
1
2
3
U CE [V]
Abbildung 4.24: Avalancheströme IAvl erxtrahiert aus den Messungen von Abbildung 4.24 gemäß IAvl = (Igemessen − Iref )/β0 im Vergleich zu Kennlinien entsprechend dem Modell aus Kapitel 3. Der Parameter ist der
eingeprägte Basisstrom.
IAvl [µA]
4.4 Messung des Avalanchestroms bei hoher Kollektorstromdichte
14
83
Messung 250µA
Messung 200µA
Messung 150µA
Messung 100µA
Messung 30µA
Messung 20µA
Messung 10µA
Modell 250µA
Modell 200µA
Modell 150µA
Modell 100µA
Modell 30µA
Modell 20µA
Modell 10µA
12
10
8
6
4
2
0
0
1
2
3
U CE [V]
Abbildung 4.25: Avalancheströme IAvl aus Abbildung 4.24 im Vergleich zu Kennlinien
gemäß dem zweidimensionalen Modell von Kloosterman et al. [29] mit
einem Aufteilungskoeffizienten (spreading) Sg = 0, 55. Der Parameter
ist der eingeprägte Basisstrom.
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
84
4.4.2 Gleichstromkorrektur und Wechselstromkorrektur
Der soeben besprochene lineare Ansatz zur Korrektur um thermische Effekte war ein
Vorschlag der Gruppe um Buttari in Ermangelung einer experimentelleren Methode zur
Bestimmung und Berichtigung der thermischen Effekte. Die beiden in Abschnitt 4.3 vorgestellten Methoden stellen einen solchen experimentellen Ansatz dar. Abbildung 4.26
zeigt das Ergebnis ebendieser Gleichstromkorrektur (DC-Korrektur) und Wechselstromkorrektur (HF-Korrektur) auf direkt gemessene Ausgangskennlinienfelder. Entsprechend
der Beschreibung aus Abschnitt 4.3.3 wurden die Basisströme bei den Messungen so
gewählt, dass der Kollektorstrom für alle Temperaturen an der Grenze zum Sättigungsbereich identisch ist. Dieser Wert stellt auch den Ausgangspunkt für die Rekonstruktion
der Ausgangskennlinie im Rahmen der HF-Methode dar. Um die Vergleichbarkeit zu
gewährleisten sind auch die DC-korrigierten Kennlinien in diesem Punkt übereinander-
Ic [mA]
gelegt.
12
Ib
420 µA
Ib
325 µA
Ib
250 µA
Ib
165 µA
HF-korrigiert (100°C)
HF-korrigiert (75°C)
HF-korrigiert (50°C)
HF-korrigiert (25°C)
DC-korrigiert (100°C)
DC-korrigiert (75°C)
DC-korrigiert (50°C)
DC-korrigiert (25°C)
Reihe1
10
8
6
4
2
0
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.26: DC- und HF-korrigierte Ausgangskennlinienfelder bei Temperaturen von
25 °C, 50 °C, 75 °C und 100 °C.
Abbildung 4.27 zeigt das Ergebnis der Extraktion der Avalancheströme aus diesen
korrigierten Kennlinienfeldern. Es fällt auf, dass die Variation der Avalancheströme mit
der Temperatur für beide Extraktionsarten sehr gering ist. Die Avalancheströme gemäß
4.4 Messung des Avalanchestroms bei hoher Kollektorstromdichte
85
der DC-Korrektur sind systematisch größer als deren HF-korrigierten Äquivalente.
Beim niedrigsten dargestellten Basisstrom sind die Kollektorströme noch so klein, dass
die maximalen elektrischen Felder gemäß dem eindimensionalen und dem zweidimensionalen Modell noch nicht voneinander abweichen und demnach auch die Avalancheströme
beider Modelle praktisch übereinstimmen. Erst bei den größeren Basisströmen zeigt sich
der Unterschied in den Modellen und wirkt sich in höheren Avalancheströmen des eindimensionalen Modells im Vergleich zum zweidimensionalen Modell aus.
Für die Basisströme von 165 µA und 250 µA liegen die HF-korrigierten Ströme über
dem zweidimensionalen Modell, für den Basisstrom von 425 µA jedoch nicht. Bei dieser
absoluten Betrachtung ist zu berücksichtigen, dass es - wie bereits im vorangehenden
Abschnitt erläutert wurde - aufgrund der gewählten Methodik gar nicht möglich ist, dass
60
DC-korrigiert (100°C)
DC-korrigiert (75°C)
DC-korrigiert (50°C)
DC-korrigiert (25°C)
HF-korrigiert (100°C)
HF-korrigiert (75°C)
HF-korrigiert (50°C)
HF-korrigiert (25°C)
1D-Modell
2D-Modell
HF-korrigiert (100°C)
40
Ib 425µA
IAvl [µA]
die extrahierten Avalancheströme bei Kollektorspannungen Uce von unter 1 V nennens-
I b 250µA
20
I b 165µA
0
0
1
2
U CE [V]
Abbildung 4.27: Avalancheströme IAvl extrahiert aus den DC- bzw. HF-korrigierten Ausgangskennlinien von Abbildung 4.26 bei Temperaturen von 25 °C, 50 °C,
75 °C und 100 °C im Vergleich zu Avalancheströmen gemäß dem eindimensionalen Modell aus Kapitel 3 und dem zweidimensionalen Modell
von Kloosterman et al. [29].
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
86
werte Beträge aufweisen. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen ist es angebracht, nicht
die absoluten Werte zu betrachten, die aufgrund der Extraktionsmethodik bei niedrigen
Kollektorspannungen variieren können, sondern die Steigungen der Kennlinien, die durch
diesen Effekt nicht beeinflusst sind. Es zeigt sich, dass die HF-korrigerten Kennlinien für
Kollektorspannungen Uce > 1, 2 V bei allen Basisströmen eine höhere Steigung als das
zweidimensionale Modell aufweisen. Demnach tritt unter Berücksichtigung der Grenzen
der Extraktionsmethodik kein Widerspruch zwischen den Messungen und dem Modell
auf.
4.4.3 Gepulste Messungen
Die konventionelle Vorgehensweise zur Separation von thermischen Effekten ist die Anwendung gepulster Messungen. Die Nachteile dieser Methode sind neben der mit abnehmender Messdauer steigenden Messungenauigkeit auch die hohen Kosten für die Messausstattung. Zum Vergleich mit den Ergebnissen aus der DC- und HF-Korrektur wurden auch
Ausgangskennlinienfelder in gepulster Messtechnik aufgenommen. Dabei wurden von ei-
Ic [mA]
ner gepulsten Spannungsquelle über einen seriellen Widerstand von 3, 3 kΩ Basisströme
gemessen (Ube=750 mV)
gemessen (Ube=700 mV)
gemessen (Ube=650 mV)
Iref
Iref
Iref
12
10
8
6
4
2
0
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.28: Ausgangskennlinienfeld und Bezugsströme Iref einer gepulsten Messung
bei T = 25 °C.
4.4 Messung des Avalanchestroms bei hoher Kollektorstromdichte
87
eingeprägt. Die verwendete Pulsdauer von 100 ns ist auf der Grundlage der S-ParameterMessungen von Abbildung 4.15 bereits ausreichend kurz, da sich der Ausgangsleitwert
bei der korrespondierenden Frequenz von 10 MHz schon auf einem konstanten Plateau
befindet, das sich bis über 100 MHz ausdehnt. Auch experimentell konnte die Anwendbarkeit der Pulsdauer durch eine weitere Aufnahme der Ausgangskennlinien bei einer
leicht erhöhten Pulsdauer von 110 ns bestätigt werden, da beide Kennlinienfelder miteinander übereinstimmten und demnach keine weitere Veränderung mehr mit kürzeren
Pulsdauern zu erwarten ist. Die gewählte Pulsperiode von 2 ms entspricht einem PulsPausen-Verhältnis von 1:19999 und gewährleistet, dass die kumulative Selbsterwärmung
in dieser Betriebsart vernachlässigbar ist. Die resultierenden Kollektorströme wurden über
einen seriellen Widerstand von 10, 6 Ω unmittelbar vor dem Ende des Pulses gemessen
(Abbildung 4.28).
Da aufgrund des Messaufbaus die thermischen Effekte bereits isoliert sein sollten, kann
man die Avalancheströme relativ zu einem absoluten Kollektorstrom Iref an der Grenze
des Sättigungsbereichs extrahieren (Abbildung 4.29). Qualitativ zeigen sie ein vergleichbares Verhalten zu den im vorangehenden Abschnitt vorgestellten Avalancheströmen aus
IAvl [µA]
DC- und HF-korrigierten Messungen.
80
Messung Ib=520 µA
Messung Ib=420 µA
Messung Ib=350 µA
Modell Ib=520 µA
Modell Ib=420 µA
Modell Ib=350 µA
60
40
20
0
0
1
2
U ce [V]
Abbildung 4.29: Avalancheströme IAvl extrahiert gemäß IAvl = Ic − Iref aus den gepulsten Messungen von Abbildung 4.28.
88
4 Messung des Avalancheeffekts in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren
4.5 Diskussion
Bei niedrigen Stromdichten, also für Ic < Ilim ≈ 0, 8 mA, konnte das Modell durch eine
sehr gute Übereinstimmung mit konventionell in Basisschaltung durchgeführten Messun-
gen bestätigt werden. Für die Übereinstimmung zwischen Modell und Messung waren
zwei Verbesserungen im Ansatz für das Modell des Avalancheeffekts zwingend notwendig, nämlich der zweigeteilte Ansatz für den Ionisationskoeffizienten und die Verwendung
des physikalischen Modell nach Lee anstatt nach Poon und Meckwood. Die dritte Verbesserung im Modell - die Berücksichtigung des Kirk-Effekts bei der Parametrisierung
des elektrischen Feldes - konnte bei niedrigen Stromdichten naturgemäß nicht verifiziert
werden, da der Kirk-Effekt erst bei Strömen oberhalb von Ilim auftritt.
Bei hohen Stromdichten ist zusätzlich die Selbsterwärmung und die damit einhergehende Variation der Stromverstärkung zu berücksichtigen. Vier Varianten zur Korrektur
um thermische Effekte wurden untersucht: der lineare Ansatz für thermische Effekte, die
DC- bzw. HF-Korrektur und gepulste Messungen.
Bei mittleren Stromdichten (Ic > Ilim ) trat die beste Übereinstimmung zwischen den
Messungen und dem Modell bei der Anwendung des linearen Ansatzes für thermische
Effekte auf. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen dass diese Methode aufgrund der dabei
vorgenommenen Anpassung auch die größte Freiheit lässt.
Bei den Messungen mit hohen Stromdichten (Ic Ilim ) waren für alle Methoden die
Avalancheströme niedriger als vom Modell vorausgesagt. Ein Grund dafür ist, dass bei
der Extraktion der Avalancheströme aus den Ausgangskennlinien eine Referenz gewählt
werden muss, so dass in der Nähe des Sättigungsbereichs gar keine Avalancheströme extrahiert werden können. In der vorliegenden Technologie ist jedoch die Durchbruchspannung
bei hohen Stromdichten außerordentlich niedrig, so dass auch in der Nähe des Sättigungsbereichs schon Avalancheströme auftreten, die nicht vernachlässigt werden können. Bei
hohen Kollektorspannungen spiegelt sich diese Tatsache in einem negativen Offset der
extrahierten Avalancheströme wider.
Aus diesen Beobachtungen muss man schließen, dass die in dieser Arbeit untersuchten Methoden der Extraktion der Avalancheströme aus Messungen in Emitterschaltung
in dieser Technologie bei hohen Stromdichten nicht erfolgreich anwendbar sind, da die
Durchbruchspannung so niedrig ist, dass keine sicheren Bezugspunkte bei niedrigen Kollektorspannungen zur Verfügung stehen. Geeignet wären die Methoden bei Technologien,
4.5 Diskussion
89
deren Durchbruchspannungen sich nicht so dicht am Sättigungsbereich befinden. In diesem Fall könnte mittels der vorgestellten Verfahren das Verhalten des elektrischen Feldes
im Kollektor trotz thermischer Effekte untersucht werden.
Eine mit dem Modell übereinstimmende Messung des Avalancheeffekts bei hohen
Stromdichten könnte zwei Teilaspekte der Modellierung des Avalancheeffekts bestätigen, nämlich die Validität der zugrundeliegenden Ionisationskoeffizienten bei hohen elektrischen Feldern und die Gültigkeit der Parametrisierung des elektrischen Feldes in
Abhängigkeit vom Kollektorstrom. Stimmen die Messungen nicht mit dem Modell überein, so kann dies seine Ursache an einer ungenügenden Beschreibung eines dieser beiden
Aspekte alleine oder sogar von beiden Aspekten haben. Auch die Bestätigung der Ionisationskoeffizienten bei niedrigen Stromdichten und demnach auch bei niedrigen Feldern
lassen noch nicht auf die Gültigkeit der verfügbaren Ionisationskoeffizienten bei höheren
elektrischen Feldern schließen, da sich insbesondere in diesem Bereich die in der Literatur
veröffentlichten Werte durchaus noch um bis zu 50 % voneinander unterscheiden (vgl.
Abbildung 3.4).
Mindestens ebenso unsicher scheint jedoch auch die Parametrisierung des elektrischen
Feldes in Abhängigkeit vom Kollektorstrom zu sein. In den jüngsten Präzisionsmessungen
zur Bestimmung des Ionisationskoeffizienten kamen Photomultiplikationsmessungen auf
der Grundlage von Photodioden mit typischen Schichtdicken von über 1 µm zum Einsatz.
Dies gewährleistet eine kontrollierte Verteilung des elektrischen Feldes. In Transistoren
jedoch finden sich bevorzugt immer dünnere Kollektorschichten um die Schaltgeschwindigkeit weiter zu erhöhen. In diesem Fall stößt die Basis-Kollektor-Raumladungszone an
die Grenzen des Subkollektors. Auch die Verteilung des elektrischen Feldes wird dadurch
komplexer und fließt als Unsicherheit in das Modell ein.
Bei Materialien mit einer niedrigen Wärmeleitfähigkeit wie z.B. InGaAs scheint es
sinnvoll zu sein die Ionisationskoeffizienten bei hohen elektrischen Feldern mittels Photomultiplikationsmessungen zu bestimmen. Auf dieser Grundlage können über Messungen
des Avalancheeffekts Rückschlüsse auf das maximale elektrische Feld gezogen werden, das
das Verhalten von modernen Heterobipolar-Transistoren in ihrem besten Arbeitsbereich
bei hohen Stromdichten maßgeblich beeinflusst. Die in diesem Kapitel vorgestellten Methoden ebnen den Weg zu einer experimentellen Untersuchung des elektrischen Feldes in
dünnen Kollektoren in Technologien mit starker Selbsterwärmung.
5 Einordnung und Ausblick
Die vorliegende Arbeit untersuchte und erweiterte die theoretischen Grundlagen für ein
kompaktes Modell des Avalancheeffekts in Heterobipolar-Transistoren wie z.B. das Ionisationskoeffizientenmodell, die Parametrisierung des elektrischen Feldes und das physikalische Modell des Avalancheeffekts. Dies geschah sowohl unter besonderer Berücksichtigung
des Materialsystems InGaAs und dessen vergleichsweise hohem thermischen Widerstand
als auch unter Beachtung der Tatsache, dass in modernen Heterobipolar-Transistoren die
besten Transistoreigenschaften erst bei sehr hohen Stromdichten erreicht werden.
InGaAs weist bei niedrigen elektrischen Feldern eine Anomalie des Ionisationskoeffizienten auf. Daher war in dieser Arbeit die Verwendung des Modells von Okuto nicht
angebracht, da es diese Anomalie nicht beschreibt. Die Anwendung des Modells von
Okuto würde aber für andere Materialien ohne eine solche Anomalie eine weitere Verbesserung hinsichtlich der physikalischen Deutung der Modellparameter mit sich bringen.
Die Herausforderung, die ein Avalanchemodell auf Grundlage der Arbeit von Okuto mit
sich bringt, ist die Lösung des Integrals im physikalischen Modell. Das zweimalige Auftreten des elektrischen Feldes in der Formulierung nach Okuto verhindert eine analytische
Lösung dieses Integrals selbst unter Vernachlässigung der sekundären Stoßionisation. Alternativ zum Okuto-Modell wurde in dieser Arbeit erfolgreich ein nach Niedrig- und
Hochfeldanteil geteilter Ansatz für den Ionisationskoeffizienten verwendet.
Das in dieser Arbeit hergeleitete Kompaktmodell und insbesondere die Relevanz des
Niedrigfeldanteils im Ionisationskoeffizientenmodell konnte bei niedrigen Stromdichten
durch Messungen in Basisschaltung eindrucksvoll bestätigt werden. Die Messungen und
das Modell stimmen ohne jegliche Anpassungsmaßnahmen hervorragend überein. Die konsequente Herleitung des Kompaktmodells für den Avalancheeffekt auf Basis der Materialund Geometrieparameter ermöglicht nun präzise Abschätzungen a priori über die Stärke
des Avalancheeffekts in InGaAs bei niedrigen Stromdichten.
Die Einbeziehung des Kirk-Effekts im neuen Ansatz für das maximale elektrische Feld
92
5 Einordnung und Ausblick
erbrachte eine Annäherung des Modells des elektrischen Feldes an Bauteilsimulationen für
den eindimensionalen Fall. Kloosterman et al. [29] legten bereits ein zweidimensionales
Modell vor, das für die von ihnen untersuchte Technologie eine gute Übereinstimmung mit
Messungen aufweist. Dieses weist jedoch weitere zu extrahierende Parameter auf. Daher
ist sowohl mit dem zweidimensionalen Modell aufgrund der stark technologieabhängigen
zusätzlichen Parameter als auch mit dem verbesserten eindimensionalen Modell wegen
der ungenügenden physikalischen Beschreibung bei hohen Stromdichten eine a prioriAbschätzung mit Unsicherheit behaftet.
Ausgehend von der jeweiligen Zielsetzung muss zwischen einer verbesserten Genauigkeit
des Modells und der physikalischen Interpretierbarkeit der Modellparameter abgewogen
werden. Ein umfangreicheres Modell, das beispielsweise auch zweidimensionale Effekte
wie Stromauffächerung im Kollektor berücksichtigt, kann sicherlich die Genauigkeit des
Modells verbessern, erschwert andererseits aber durch zusätzlich zu bestimmende Parameter die eindeutige und damit physikalisch deutbare Extraktion der Parameter.
Ebenso wie die Berücksichtigung des Kirk-Effekts erweitert auch die Verwendung des
physikalischen Modells für den Avalancheeffekt nach Lee den Gültigkeitsbereich des Gesamtmodells hin zu größeren Stromstärken, kann aber die Einschränkung auf den schwachen Avalancheeffekt noch nicht eliminieren. Der starke Avalancheeffekt ist erst unter
Berücksichtigung der sekundären Stoßionisation und der damit verbundenen Lösung des
Integrals im physikalischen Modell beschreibbar. Gerade für dünne Kollektoren sinkt jedoch die Bedeutung der sekundären Stoßionisation, da in dünnen Kollektoren die geringe
Transitlänge mehrfache Stößen nur noch eingeschränkt ermöglicht. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der starke Avalancheeffekt eher von akademischem als von technischem
Interesse ist, da der reguläre Betrieb des Transistors zwar im Bereich des gerade einsetzenden Avalancheeffekts stattfindet, jedoch nicht bei starken Avalancheströmen.
In experimenteller Hinsicht erschloss diese Arbeit die Charakterisierung des Avalancheeffekts für Materialsysteme mit starker Temperaturabhängigkeit. Alle vier untersuchten
Methoden zur Korrektur der Ausgangskennlinie ergaben qualitativ vergleichbare Ergebnisse, zeigten aber auch die Grenzen der Extraktion der Avalancheströme aus Messungen
in Emitterschaltung auf. Gerade bei der vorliegenden Technologie mit besonders niedrigen
Durchbruchspannungen erschwerte die nicht präzise durchführbare Bestimmung einer Referenz an der Grenze zum Sättigungsbereich die präzise Berechnung der Avalancheströme
bei hohen Stromdichten.
93
Bezüglich der Methode auf der Grundlage von S-Parameter-Messungen sei angemerkt,
dass der stets erhöhte Ausgangsleitwert im Frequenzbereich um 1 MHz nicht einfach
nur mit messtechnischen Problemen erklärt werden kann, da er systematisch mit allen
Bias-Tees zu beobachten war. Weitergehende Untersuchungen zu diesem Thema könnten
interessante Einblicke über die Wechselwirkungen zwischen thermischen Effekten und der
Verstärkungscharakteristik des Transistors geben.
Die Wahl des Transistoraufbaus für weitere Arbeiten hängt von der Zieltsetzung ab.
Die Ionisationskoeffizienten sind bei wohldefinierten elektrischen Feldern zu bestimmen,
so dass man dazu am besten dicke Kollektoren mit hohen Spannungen betreibt. Der Avalancheeffekt in Transistoren ist hingegen bei den in der Praxis anzutreffenden dünnen Kollektoren interessant. Die Wahl eines Kollektor- und Substratmaterials mit hoher Wärmeleitfähigkeit und ergo niedriger Temperaturabhängigkeit (wie z.B. Silizium in BiCMOSProzessen) ermöglicht eine relativ genaue Bestimmung des Avalanchestroms, da in diesem
Fall die Selbsterwärmung nicht der dominierende Effekt ist. Zur weiteren Untersuchung
der Temperaturabhängigkeit eignet sich hingegen ein Material mit einer niedrigen Wärmeleitfähigkeit wie beispielsweise das in dieser Arbeit verwendete InGaAs.
6 Zusammenfassung
Sowohl die Steigerung der Rechenleistung von Mikroprozessoren als auch der
Kapazität von Datenübertragungssystemen bedingt immer kürzere Schaltzeiten
von Halbleitertransistoren. Dazu werden Materialsysteme wie beispielsweise InGaAs auf InP verwendet, von denen man sich bessere Hochfrequenzeigenschaften als Silizium erhofft. Sowohl die neuen Materialsysteme als auch die erhöhten
Schaltfrequenzen erfordern die Berücksichtigung zusätzlicher bislang vernachlässigter
Effekte.
Die
vorliegende
Arbeit
untersucht
den
Avalancheeffekt,
der
in
InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren aufgrund der dünnen Kollektoren und hohen Basisdotierungen zu einem besonders frühen Durchbruch führt. Da moderne
Heterobipolar-Transistoren jedoch gerade bei den höchstmöglichen Stromdichten ihre besten Hochfrequenzeigenschaften aufweisen ist ein präzises Modell des Avalancheeffekts
auch für den regulären Betrieb notwendig.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein verbessertes Kompaktmodell für den Avalancheeffekt in Transistoren mit InGaAs-Kollektor auf InP-Substraten erarbeitet. Dabei war
zwei Besonderheiten dieser Materialien Rechnung zu tragen. Zum Einen weist InGaAs
eine Anomalie des Ionisationskoeffizienten bei niedrigen elektrischen Feldern auf, zum Anderen besitzt InP und in noch stärkerem Ausmaß InGaAs eine geringe spezifische Wärmeleitfähigkeit, die im Betrieb zu einer schnellen Selbsterwärmung des Transistors führt.
Bei niedrigen Stromdichten konnte das vorgestellte Modell mittels konventioneller Messtechnik erfolgreich verifiziert werden. Für den Bereich hoher Stromdichten wurden unterschiedliche Extraktionsmethoden untersucht, die die bei niedriger Wärmeleitfähigkeit
typische Selbsterwärmung korrigieren und die Berechnung des Avalanchestroms ermöglichen sollen.
Diese Arbeit adressiert hinsichtlich der Avalanchemodellierung erstmals die Klasse
der Materialien, die aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit eine große Temperaturabhängigkeit der Stromverstärkung aufweisen. Die konsequente Herleitung des Modells
96
6 Zusammenfassung
auf der Basis der Geometrie- und Materialgrößen legt zusätzlich den Zusammenhang
zwischen den Parametern des Kompaktmodells und den physikalischen Grundlagen offen, so dass auch vor der Herstellung eines neuen Transistors schon präzise Aussagen über
die Größe des Avalancheeffekts getroffen werden können, ohne dass die Modellparameter
durch Anpassungen an Messungen gewonnen werden müssten.
Mit Hilfe des in dieser Arbeit entwickelten Kompaktmodells des Avalancheeffekts kann
das Durchbruchverhalten von InAlAs/InGaAs-Heterobipolar-Transistoren in Simulationen besser als bisher beschrieben werden. Dies ermöglicht die Entwicklung von Schaltungen, in denen die besten Transistoreigenschaften bei hohen Stromdichten ausgenutzt
werden und dennoch ein Durchbruch der Transistoren vermieden werden kann.
7 Summary
The rapid increase of both the computing power of microprocessors and the line capacity
of data communication channels requires an enduring reduction of the switching time of
semiconductor transistors. This has caused the utilisation of different material systems
like InGaAs on InP which promise better high frequency characteristics than silicon based
devices. Both the new material systems as well as the raised switching frequencies call
for the need to account for effects that have earlier on been disregarded. This work
investigates the avalanche effect which causes the breakdown at very small voltages in
InAlAs/InGaAs heterojunction bipolar transistors due to the thin collector layer and the
high base doping concentration. Since modern heterojunction bipolar transistors show
their best high frequency characteristics at very high current densities a precise model of
the avalanche effect is necessary even for the regular operation of the transistor.
This work presents an enhanced compact model of the avalanche effect in transistors
with InGaAs collector on InP substrates. Two features are allowed for in particular.
On the one hand InGaAs does exhibits an anomalous ionization coefficient at low electric
fields. On the other hand InP and InGaAs do have a very low specific thermal conductivity
which causes rapid self heating of the device in operation. The model has been validated
successfully at low current densities with conventional measurement techniques. At high
current densities different extraction methods have been examined which are supposed
to avoid or to correct the self heating that is typical for materials with low thermal
conductivity.
In respect to the modeling of the avalanche effect this work adresses for the first time
the group of materials which exhibit a high temperature dependence of the current gain
due to the low thermal conductivity. The rigorous derivation of the model based on
geometry and material parameters uncovers the relationship between the parameters of
the compact model and the physical basics. This allows for the prediction of the magnitude
of the avalanche effect even prior to the fabrication of a new transistor structure without
98
7 Summary
the need to fit any model parameters to measurements.
Based on the compact model for the avalanche effect developed in this work it is now
possible to describe the breakdown mechanism of InAlAs/InGaAs heterojunction bipolar
transistors in simulations better than before. This enables the design of circuits in which
the best transistor characteristics are utilised to their full extent while safely avoiding the
breakdown of the device at the same time.
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Verzeichnis der Symbole und
Abkürzungen
αB
Temperaturkoeffizient der Stromverstärkung
Ab
Basisfläche
Ae
Emitterfläche
αn/p
Ionisationskoeffizient für Elektronen oder Löcher
An/p
Avalanchekoeffizient (nach Chynoweth) für Elektronen oder Löcher
βF/R
Stromverstärkung in Emitterschaltung in Vorwärts- oder Rückwärtsrichtung
Bn/p
kritische Feldstärke für Stoßionisation (nach Chynoweth) für Elektronen
oder Löcher
C0C
Basis-Kollektor-Sperrschichtkapazität bei 0 V
∆EL
Leitungsbanddiskontinuität
∆EV
Valenzbanddiskontinuität
∆T
Temperaturunterschied
E
elektrisches Feld
E0
elektrisches Feld am Basis-Kollektor-Übergang
Eav
mittleres elektrisches Feld
EG
Bandlücke
EGB
Basisbandlücke
EGE
Emitterbandlücke
Ei
Mindestenergie für Stoßionisation
Em
maximales elektrisches Feld
Er
durchschnittlicher Energieverlust bei Streuung an optischen Phononen
ESE
nichtideale Aktivierungsenergie
ESF
ideale Aktivierungsenergie
Ew
elektrisches Feld an der Grenze zwischen Kollektor und Subkollektor
108
Verzeichnis der Symbole und Abkürzungen
EMI
Ebers-Moll-Modell Variante I
0
Influenzkonstante (8, 8542 · 10−12 AsV−1 m−1 )
r
relative Dielektrizitätskonstante
fmax
maximale Schwingfrequenz
ft
Transitfrequenz
go
Ausgangsleitwert
H22
Hybridparameter 22
HBT
Heterobipolar-Transistor
HICUM
HIgh CUrrent Model
HRL
Hughes Research Laboratories
IAvl
Avalanchestrom
Ib
Basisstrom
Ic
Kollektorstrom
Ic0
injizierter Kollektorstrom
Ie
Emitterstrom
IF D
Spannungsabhängiger Grenzstrom zur vollständigen Erfassung des Kollektors
durch die Basis-Kollektor-Raumladungszone
Ikirk
Spannungsabhängiger Grenzstrom der nichtohmschen Quasisättigung
Ilim
(auch Ihc genannt) Strom, bei dem die Dichte der beweglichen Ladungsträger
genau der Kollektordotierung NC entspricht für den Fall
einer konstanten Elektronenbeweglichkeit νs
InAlAs
Indium-Aluminium-Arsenid
InGaAs
Indium-Gallium-Arsenid
InP
Indium-Phosphid
In
injizierter Kollektorstrom ohne Avalancheeffekt
Iohm
Strom, bei dem die Dichte der beweglichen Ladungsträger genau der
Kollektordotierung NC entspricht für den Fall
einer Elektronenbeweglichkeit µn
IS
Sättigungsstrom
IT
Transferstrom
J
Stromdichte
k
Boltzmannkonstante (1, 38066 · 10−23 J/K)
λ
mittlere freie Weglänge
109
MEXTRAM Most EXquisite TRansistor Model
mn/p
Exponentialfaktor (nach Chynoweth) für Elektronen oder Löcher
Mn/p
Multiplikationsfaktor für Elektronen oder Löcher
Nb
Dotierungskonzentration der Basis
Nc
Dotierungskonzentration des Kollektors
Ne
Dotierungskonzentration des Emitters
ne
idealer Emissionsfaktor für den Transferstrom im Vorwärtsbetrieb
nf
nichtidealer Emissionsfaktor im Vorwärtsbetrieb
ni
intrinsische Ladungsträgerdichte
Pdiss
dissipierte Leistung
q
Elementarladung (1, 602189 · 10−19 C)
qb
Basisladung
Rth
thermischer Widerstand
SGP
SPICE Gummel-Poon-Modell
SPICE
Simulation Program with Integrated Circuit Emphasis
T
Temperatur
∆T
Temperaturunterschied
Tj
Transistortemperatur
Tumg
Umgebungstemperatur
µn
Beweglichkeit der Elektronen
Ubi,bc
Ubr,...
Basis-Kollektor-Diffusionsspannung (englisch built-in voltage“)
”
Durchbruchspannung
Ube
Basis-Emitter-Spannung
Uce
Kollektor-Emitter-Spannung
Ucb
Kollektor-Basis-Spannung
UF D
Grenzspannung zur vollständigen Erfassung des Kollektors
durch die Basis-Kollektor-Raumladungszone bei Ic =0A
Ulim
Grenzspannung zwischen niedrigen und hohen Kollektorspannungen,
gekennzeichnet durch Iohm = Ilim .
kT
q
UT
Temperaturspannung UT =
VBIC
Vertical Bipolar Inter Company-Modell)
νs
Sättigungsgeschwindigkeit
wb
Basisweite
(≈ 25, 9 mV bei 300 K)
wc
Kollektorweite
wd
Breite der Basis-Kollektor-Raumladungszone
xd
Breite der Basis-Kollektor-Raumladungszone für Ic Ilim
Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen unter Förderung
der High Tech-Offensive Bayern. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen herzlichst
bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr.-Ing. Robert Weigel, der mich im Verlauf der vergangenen drei Jahre stets bei der Strukturierung dieser Arbeit unterstützt
und äußerst engagiert den Erfahrungsaustausch zwischen seinen Doktoranden gefördert
hat. Besonders bedanken möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Peter Baureis, der
zur Lösung vieler Fragen durch unzählige aufschlussreiche Diskussionen beigetragen hat.
Mein Dank gilt auch meinen Kollegen in der Gruppe Optische Kommunikationstechnik
am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen, die die Anfertigung dieser Arbeit uneingeschränkt mitgetragen haben und durch das freundschaftliche Verhältnis immer für
ein produktives und unterhaltsames Arbeitsklima sorgten. Insbesondere bin ich Herrn
Dr.-Ing. Norbert Weber dafür dankbar, dass er mir in den Planungen für unsere Arbeitsgruppe stets ausreichend Zeit für die Forschungstätigkeit zur Verfügung stellen konnte
und durch seine unvoreingenommene Art ein innovatives Arbeitsumfeld geschaffen hat.
Eine Hilfe waren immer auch meine Studienkollegen, mit denen ich jederzeit nicht nur
die Sorgen und Erfolge in unseren akademischen Bemühungen teilen konnte. Dafür, dass
ich überhaupt die Möglichkeit bekommen habe, Raum für meine Ideen zu schaffen und
sie gestalten zu können, kann ich meinen Eltern Ina-Maria und Siegfried gar nicht genug
Dank schenken. Auch meine große Schwester Michaela hat viel zu meiner persönlichen
Entwicklung beigetragen und mich letztlich sogar durch ihre eigene akademische Vita
angespornt. Schließlich möchte ich noch herzlichst meiner Freundin Evi Hirschmann für
ihre ruhige und liebevolle Art danken, mit der sie uns trotz meiner auch gelegentlich
temperamentvollen Art eine so harmonische Partnerschaft und damit erst die Kraft für
ein wirkungsvolles Arbeiten ermöglicht hat.
Lebenslauf
Oliver Weiß, geboren 1973 in Erlangen, besuchte dort das Albert-Schweitzer-Gymnasium.
Nach seinem Abitur und dem Zivildienst begann er 1994 das Studium der Physik an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Ein halbjähriger Gastaufenthalt führte ihn an
die University of York in Großbritannien. Er erhielt das Diplom in Physik im Jahre 2000
und arbeitet seither am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen.
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