Richard Wagner in Wien Anlässlich des „Wagner-Jahres“ – unser Ehrenmitglied ist 1813 geboren und 1883 verstorben – gestaltete die Österr. Nationalbibliothek in ihrem Prunksaal eine Ausstellung „Geliebt, verlacht, vergöttert. Richard Wagner und die Wiener“, die zwischen dem 6. Dezember 2012 und dem 10. Februar 2013 besucht werden konnte. Anlässlich der Eröffnung dieser Ausstellung veröffentlichte der „Kurier“ einen Aufsatz von Werner Rosenberger, dessen wesentliche Inhalte hier wiedergegeben werden. Einen „Bauchredner Gottes“ nannte der Philosoph Friedrich Nietzsche Richard Wagner. Dessen 200. Geburtstag wird am 22. Mai 2013 gefeiert. „Lohengrin“-Triumph Zwiespältig war sein Verhältnis zur Donaumetropole. Positiver Höhepunkt: Hier wurde 1861 „Lohengrin“ in der Hofoper uraufgeführt. Das Wiener Publikum habe die Werke der Opernrevolutionärs „von Anfang an sehr positiv aufgenommen“, sagte der Kurator der oben genannten Ausstellung Thomas Leibnitz. Erstmals war Richard Wagner 1832 im Sinne einer „Pilgerfahrt zu Beethoven“ in Wien und dann wieder im heißen Juli 1848 als politisch engagierter Mann. Nach dem gescheiterten Umsturz steckbrieflich gesucht musste der Komponist in der Donaumonarchie zunächst auf Anerkennung warten. Erst 1857 erklang mit dem „Tannhäuser“ das erste Mal eine Wagner-Oper in Wien, aber noch nicht in der Hofoper, sondern im nicht mehr existierenden Thalia-Theater – einer großen hölzernen Sommerbühne in der Vorstadt Neulerchenfeld. Der erste Wiener „Tannhäuser“ machte die Oper so populär, dass Johann Nestroy sie im Carl-Theater zum Gegenstand der Opern-Persiflage „Tannhäuser und die Keilerei auf der Wartburg“ machen konnte – und dabei selber als Landgraf Purzel auftrat. „Tristan“-Debakel 1863 scheiterte der Versuch, „Tristan und Isolde“ an der Hofoper in Wien zur Uraufführung zu bringen – nach 77 Proben! Und 1864 musste Wagner Wien auf der Flucht vor seinen Gläubigern verlassen. Er hatte Schulden in der Höhe von 12.000 Gulden (ca. 70.000 Euro) angehäuft, was er selbst mit seiner Lebensweise erklärte: „Ich bin anders organisiert, habe reizbare Nerven; Schönheit, Glanz, Licht muss ich haben ... Ich kann nicht leben auf einer kleinen Organistenstelle wie Bach.“ Kritikerspott Das Verhältnis der Wiener zu Richard Wagner war gekennzeichnet von einer starken Polarisierung zwischen fanatischen Anhängern und schroffer Ablehnung durch seine Kritiker. Wagner verspottete Eduard Hanslick, indem er den Kritiker der „Neuen Freien Presse“ in der Figur des lächerlichen Besserwissers Sixtus Beckmesser aus den „Meistersingern“ in Vorentwurf Hans Lick nannte. Der revancherte sich prompt publizistisch: „Das Geschraubte, exzentrisch Gekünstelte dieser Musikfragmente ermüdet und macht ärgerlich wie alle Wagner’schen Schrullen.“ Eduard Hanslick und Richard Wagner Schattenbild von Dr. Otto Böhler Wagner in Penzing „Die Meistersinger von Nürnberg“ entstanden während Wagners viertem und längstem Aufenthalt in Wien ab dem Frühjahr 1863. Ein Jahr lang wohnte und arbeitete er in der Hadikgasse 72 in der gelben Villa mit dem markanten Turm, „während der trübsten Zeit seines Lebens an seinem sonnigsten Werke“, wie eine Gedenktafel verrät. Dabei griff er auf ein grundlegendes Werk über den Meistergesang von Johann Christoph Wagenseil aus dem Jahr 1697 zurück, das ihm von seinem treuen Gefolgsmann Peter Cornelius aus der Wiener Hofbibliothek besorgt worden war. Bei seinem letzten Aufenthalt in Wien 1875 logierte Wagner als Held derer, die sich für den Fortschritt in der Musik begeisterten, nobel im Fürstenappartement des Hotels Imperial.