- Christuskirchengemeinde Bad Vilbel

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Predigt am Ostermontag (28. März 2016) in der Ev. Christuskirchengemeinden Bad Vilbel
zum Thema „Der Tod ist tot – es lebe das Leben! (1. Korinther 15,12-20)“ von Pfr. Ingo Schütz
Liebe Gemeinde,
seien wir ehrlich: Menschen, denen nach ihrem Tod neues Leben zugeschrieben wird, gibt es viele. Als Elvis
Presley, der ja eine Zeitlang nicht weit von uns in der Goethestraße 14 in Bad Nauheim gewohnt hatte, im
Alter von nur 42 Jahren plötzlich starb, gab es zahllose Menschen, die auch nach Jahrzehnten noch
behaupteten, er sei noch am Leben, man habe ihn gesehen, sein Tod sei ein Irrtum. Als der vor einem
knappen Jahr selig gesprochene Erzbischof von El Salvador, Oscar Romero, im Jahr 1980 erschossen wurde,
entfesselte die Ermordung dieses Oppositionellen in der Militärdiktatur einen Bürgerkrieg, und noch lange
nach seinem Tod versammelten sich bis zu 30.000 Menschen jährlich am Jahrestag und riefen gemeinsam:
„Oscar Romero lebt! Er ist bei uns. Er ist auferstanden in sein Volk. Er steht und bei!“ Und im Juli letzten
Jahres erwischte es sogar Helmut Kohl: Die „Welt“ veröffentlichte aufgrund einer technischen Panne die
Eilmeldung, dass der Altkanzler gestorben sei, was sich als Nachricht rasend schnell im Internet verbreitete.
An der Sache war nichts dran, so dass Kai Dieckmann mit den Worten Mark Twains lakonisch kommentierte:
„Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben!“
Natürlich wissen wir, dass Menschen nicht einfach wieder leben können, wenn sie einmal wirklich gestorben
sind. Deshalb nehmen wir all diese genannten Meldungen auch nicht richtig ernst, sondern weisen sie dem
Reich des Fabelhaften, Fehlerhaften und Symbolischen zu. Und dennoch feiern wir Ostern und behaupten,
dass es für Jesus im Gegensatz zu allen anderen wirklich gelte: Er ist auferstanden, Jesus lebt! Ist auch dieser
Tod und die Rede von Jesu Auferstehung nur etwas Fabelhaftes, Fehlerhaftes, Symbolisches? Stimmt, was
manche Theologen unserer Zeit lehren, die sagen: „Die Sache Jesu geht weiter“ (W. Marxsen) – ohne dass
deshalb gleich ein Toter wieder lebendig geworden sein muss?
Dagegen sprechen die biblischen Berichte, auf denen unser Osterglaube scheinbar beruht. Zwar schweigen
sich die vier Evangelien im Neuen Testament darüber aus, was in der Osternacht tatsächlich geschehen ist,
und berichten nur von den Ergebnissen. Als Drehbuch taugen sie also nicht, aufgrund ihrer Darstellung
können wir nicht sagen, was eine Filmkamera in der Nacht hätte aufnehmen können. Gleichzeitig gilt aber,
dass sie die Folgen der Auferstehung sozusagen physisch verorten. Das Grab ist nun einmal leer, der Stein ist
weggewälzt, daran gibt es für die Autoren der Evangelien keinen Zweifel.
Die Zweifel gibt es höchstens bei uns und allen, die diese Berichte lesen. Selbst wenn der Stein wirklich weg
war, selbst wenn man den Leichnam tatsächlich nicht im Grab hat finden können, beweist das tatsächlich
eine Auferstehung? Viel zu viele Fragen schließen sich an diese Behauptungen an, die Rede vom leeren Grab
bleibt immer ambivalent. Sie hat einen darstellerischen Charakter, aber keinen beweisenden. Deshalb hatte
ich auch gesagt, dass unser Osterglaube scheinbar auf ihnen beruht. Denn tatsächlich gibt es noch einen
zweite, viel wichtigeren Ursprung des Osterglaubens.
Paulus erzählt, als er seinen Brief an die Gemeinde in Korinth verfasst, nichts von einem leeren Grab, sondern
er legt dar, wie erst Petrus, dann die übrigen Jünger, dann zahlreiche Menschen auf einmal und schließlich
auch er selbst dem lebendigen Jesus nach seinem Tod begegnet seien. Sie haben seine Lebendigkeit erlebt!
Diese persönliche Begegnung ist das Entscheidende, das im Leben der Menschen, die dann den christlichen
Glauben weitertragen, etwas verändert und sie von der Auferstehung sprechen lässt. Davon, dass der
Gekreuzigte, der Gestorbene, neues Leben hat, dass man ihn erleben kann. Und diese persönliche
Begegnung bewegt, verändert etwas, verwandelt die Angst der Jünger in neuen Mut, Tod in neues Leben.
Dieses Erleben ist der Kern und der Ursprung des Glaubens an die und der Rede von der Auferstehung, ja,
des christlichen Glaubens überhaupt. Aber sie sind weder das Ende noch der Anfang der Geschichte dieses
Jesus von Nazareth, den wir den Christus nennen, den Sohn Gottes. Dass Gott ihn zu neuem Leben
auferweckt hat, das ist kein vom Rest seines Lebens abgetrenntes Mirakel. Nein: Es ist das „Ja“ Gottes zu
dem Handeln, das sein Leben geprägt hat. Jesus wird nicht erst durch seine Auferstehung zu einem
besonderen Menschen, zu einem Todüberwinder, sondern schon Zeit seines Lebens ist er ein
„Aufzuerweckender“ und zugleich ein „Auferwecker“. Er handelt so, dass sichtbar wird: Das Leben, das von
Gott kommt, ist stärker als alle menschlichen Tode. Jesus zeigt das
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dadurch, dass er Kranke nicht dem sozialen Tod preisgibt, sondern sie berührt und sich berühren lässt.
dadurch, dass er vor der Sünde als dem, was Menschen voneinander trennt und in sich zerreißt, nicht
kapituliert, sondern sie vergibt.
dadurch, dass er uns Gott vorstellt nicht als einen fernen, sondern als einen nahen, der uns das
Leben schenken will – am Ende und schon im Hier und Jetzt.
Dieses Leben, das durch das Handeln Jesu kommt, überwindet den Tod in seinen Gestalten von Krankheit,
Einsamkeit, Angst und Gegeneinander. Jesus – der Auferweckte und schon im Leben ein Auferwecker,
Todüberwinder, Lebenschenker. Und wir, werden wir auch auferstehen? Paulus, der von seiner persönlichen
Begegnung mit dem Auferweckten berichtet, behauptet: Ja! Dazu schreibt er in 1. Korinther 15,12-20:
Das also ist unsere Botschaft: Gott hat Christus vom Tod auferweckt. Wie können dann einige von euch
behaupten, dass die Toten nicht auferstehen werden? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann ist auch
Christus nicht auferweckt worden. Und wenn Christus nicht auferweckt worden ist, dann hat weder unsere
Verkündigung einen Sinn noch euer Glaube. Wir wären dann als falsche Zeugen für Gott entlarvt; denn wir
hätten gegen die Wahrheit bezeugt, dass er Christus vom Tod auferweckt hat – den er doch gar nicht
auferweckt hat, wenn wirklich die Toten nicht auferweckt werden. Wenn die Toten nicht auferweckt werden, ist
auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist euer ganzer Glaube
vergeblich. Eure Schuld ist dann nicht von euch genommen, und wer im Vertrauen auf Christus gestorben ist, ist
dann verloren. Wenn wir nur für das jetzige Leben auf Christus hoffen, sind wir bedauernswerter als
irgendjemand sonst auf der Welt. Nun aber ist Christus vom Tod auferweckt worden, und als der erste
Auferweckte gibt er uns die Gewähr, dass auch die übrigen Toten auferweckt werden.
Von Jesu Auferweckung her, deren Wahrheit sich im persönlichen Erleben offenbart, argumentiert Paulus,
dass wir den gleichen Weg gehen werden. Jesu Auferstehung ist die Vorwegnahme des Schicksals, das uns
alle erwartet. Für die Autoren der Evangelien ist klar, dass Auferstehung auch eine physische Seite hat, selbst
wenn sie nicht detailliert ausgeführt werden kann, selbst wenn wir nicht genau wissen können, wie das
passiert. Aber es geht eben bei der Auferstehung, auch bei unserer, noch um mehr. Sie ist weder der Anfang
noch das Ende der Geschichte von uns, die wir uns nach diesem Christus nennen. Sondern es ist das „Ja“
Gottes zu unserem Handeln mitten im Leben. Als „Aufzuerweckende“, wie Jesus einer war, sollen auch wir
mitten im Leben „Auferwecker“, Todüberwinder, Lebenschenker sein. Durch unser Tun sollen wir den Tod in
dieser Welt immer wieder überwinden, so dass sichtbar wird: Das Leben, das von Gott kommt, ist stärker als
alle menschlichen Tode. Es scheint durch unser Handeln hindurch, wenn wir:
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Kranke, Trauernde und Menschen aus anderen Kulturen nicht dem sozialen Tod preisgeben, sondern
diakonisch handeln, ihnen nahe sein, sie angstfrei berühren und uns berühren lassen.
Sünde als die Trennung zwischen Menschen nicht hinnehmen, sondern versöhnend handeln und
Trennungen überwinden, nicht zuletzt auch die eigene Zerrissenheit überwinden durch das
Bewusstsein, dass wir in allem getragen sind durch Gott, der alles in seinen Händen hält.
uns Gott nahe wissen und andere Menschen einladen in seine wohltuende und Leben schaffende
Nähe.
Das alles ist Auferstehung und Todesüberwindung schon mitten im Leben. Sie ist erfahrbar, erlebbar. Sie ist
das, was jetzt zählt. Angesichts dieser österlichen Macht, die in unserem Leben wahr wird, können wir
fröhlich rufen: „Der Tod ist tot, es lebe das Leben!“ Ist das aber mehr als ein bloßes, diesseitiges „Die Sache
Jesu geht weiter“? Ja, denn angesichts der weltverändernden Kraft der so verstandenen Auferstehung mitten
im Leben ist die Auferstehung von den Toten am Ende unseres Lebens (wie auch immer sie physisch
aussehen mag) fast nur noch ein Klacks. Gott hat an Jesus gezeigt, dass er handeln kann, will und wird. Er
zeigt es jeden Tag aufs Neue. Er macht Auferstehung, er macht sein eigenes Handeln erlebbar. Schon jetzt,
und dann gewiss erst recht am Ende aller Tage.
Amen.
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