SEXUELL ÜBERTRAGBARE INFEKTIONEN Informationen für junge Leute STI - sexually transmitted infections AIDS-Aufklärung Schweiz AIDS Informazione Svizzera SIDA Information Suisse Infos über HIV, sexuelle Infektionen & sexuelle Gesundheit -AKTUELL- Herausgeber: © AIDS-Aufklärung Schweiz, 2012 Autor: Dr. med. Kurt April Grafik/Gestaltung: Katharina Tarabini/www.kate.ch Zeichnungen: Julia Roth Korrektorat: Uschi Klauser/www.bueroklauser.ch 2., überarbeitete Auflage: 15 000 ISBN 3-905085-52-6 Vertrauen ist gut – Testen ist besser! Kennen Sie Ihren STI-Status! Vorwort Das Leben wird sexuell übertragen und deshalb gehören sexuell übertragbare Infektionen zu den Risiken des menschlichen Daseins. In den letzten 10 Jahren haben die sexuell übertragbaren Infektionen in der Schweiz deutlich an Zahl zugenommen. Ganz besonders eindrücklich ist der Anstieg bei den bakteriellen Erkrankungen wie Syphilis, Chlamydien und Gonorrhö (Tripper). Aber auch die Virusinfektionen nehmen zu, insbesondere die Genitalwarzen oder der Herpes genitalis. Die Ursachen für diese Zunahme sind unterschiedlich, doch ein wichtiger Grund ist sicherlich die effizientere Behandlungsmöglichkeit von HIV. Dies hat die Angst vor ungeschütztem Geschlechtsverkehr etwas vermindert. Eine kürzlich publizierte Studie aus der Romandie zeigte, dass nur etwa 40% der Patienten je von ihrem Arzt betreffend Sexualität angesprochen wurden, jedoch 90% der Patienten dies erwarten würden. Diese Tatsache zeigt, dass Sexualität in unserer Bevölkerung immer noch ein gewisses Tabuthema ist. Eindrücklich ist die Tatsache, dass 25% aller sexuell übertragbaren Infektionen bei 14 bis 19-Jährigen auftreten. Dies ist teils bedingt durch ungenügendes Wissen bei den Jugendlichen über die Risiken von ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit unbekannten Partnern. Aus diesem Grund soll diese Broschüre die Jugendlichen besonders ansprechen. Ein weiteres erstaunliches Faktum ist die Tatsache, dass 12% der sexuell übertragbaren Erkrankungen bei Reiserückkehrern auftreten. Offenbar gelten auf Geschäftsreisen ohne den Partner andere Regeln als daheim. In dieser Situation werden deutlich grössere Risiken eingegangen. Sexualität ist ein Teil des Lebens und der Lebensqualität und soll auch gelebt werden können. Um die Vielfalt der Sexualität ohne zu grosse Risiken auch voll geniessen zu können, braucht es eine solide Information zum Thema. Es ist das Anliegen dieser Broschüre, den Leserinnen und Lesern eine umfassende Information zum Thema zu vermitteln, damit jede und jeder selber entscheiden kann, welche Risiken er oder sie eingehen möchte. Wir hoffen, dass diese Broschüre den Lesern hilfreiche Information bietet und einen Beitrag zur Verminderung von sexuell übertragbaren Infektionen leisten kann. Prof. Peter Itin Chefarzt Dermatologie Universitätsspital Basel Basel, 18.6.2011 STI -AKTUELL- 2 / 3 Inhalt Vorwort von Professor Itin............................................................................................ 3 1 S exuelle Infektionen – das verdrängte Risiko...................................................................... 6 2 S exuell übertragbare Infektionen (STI)............................................................................... 8 Was sind sexuell übertragbare Infektionen? Geschichte der sexuell übertragbaren Krankheiten 3 A usbreitung.................................................................................................................. 10 Global Europa Schweiz Wer ist von STI betroffen? Altersgruppen STI bei ungeborenen und neugeborenen Kindern Hepatitis-B-Impfung: eine Erfolgsgeschichte! Chlamydien: Testen und Antibiotika 4 Ü bertragungswege. ....................................................................................................... 18 5 Prävention . ................................................................................................................. 20 Mit Wissen zu mehr Freude am Sex Sprechen über STI Risikostatus STI-Status Inhalt Partnerwahl Treue in der Beziehung – weniger Sexualpartner im Leben Hochrisikosex Kondome Arztbesuche Impfungen Drogen und Alkohol 6 K rankheiten und Symptome............................................................................................. 37 Die ersten Symptome (Primäraffekt/Primoinfektion) STI verursachen häufig keine Symptome 7 S exuell übertragbare Krankheiten.................................................................................... 39 Humane Papillomaviren-Infektionen Genitalwarzen (Condylomata acuminata) Gebärmutterhalskrebs und seine Vorstufen Genitaler Herpes Chlamydien-Infektion HIV-Infektion/Aids Gonorrhö (Tripper) Syphilis Hepatitis B Hepatitis C Lymphogranuloma venerum Ulcus Molle STI -AKTUELL- 4 / 5 1 Sexuelle Infektionen das verdrängte Risiko Seit 10 Jahren nehmen die sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in der Schweiz wieder stark zu. Die HIV-Infektion ist behandelbar geworden, wodurch viele Menschen die Angst, sich beim Sex den „Tod zu holen“, verloren haben. Kaum einer spricht oder schreibt noch über Aids oder andere STI. Die Risiken werden verdrängt. Dabei sind STI keineswegs harmlos, trotz teilweise guten Behandlungsmöglichkeiten. STI wie auch HIV können auch heute noch zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen und sogar zum Tod führen. STI sind einer der häufigsten Gründe für Unfruchtbarkeit. • In Europa steigen die STI seit einem Jahrzehnt wieder stark an. • STI betreffen am häufigsten 15- bis 30-Jährige. • STI verlaufen nicht selten ohne Krankheitssymptome und können trotzdem auf weitere Sexualpartner übertragen werden. Sex ist etwas Wunderbares, aber nicht risikolos Guter Sex bringt den Menschen Freude und ist ein wichtiger Teil einer Partnerschaft. Trotzdem bedeuten Liebe und Sex ein Risiko: HIV und andere STI, ungewollte Schwangerschaft oder emotionale Probleme. Kaum in einem anderen Lebensbereich können so tiefe seelische Verletzungen entstehen wie durch Liebeskummer. Trotzdem ist es absurd, vorzuschlagen, Sex für immer zu vermeiden. Sexualität gehört zur menschlichen Natur und zu einer Liebesbeziehung. Sorglosigkeit kann Ihnen zum Verhängnis werden, wenn Sie zu grosse STI-Risiken eingehen. Diese Bedrohung ist zwar real, mit ihr ist bei unbekanntem STI-Status jederzeit zu rechnen. Aber wer pausenlos an Gefahren denkt, verpasst das Leben. Eine Portion Leichtigkeit und Optimismus braucht es, um das Abenteuer Partnerwahl und Partnerschaft erfolgreich anzugehen. Die Kunst im Leben ist es, Lebenslust und Risiken im Gleichgewicht zu halten. • Einige STI können ohne Behandlung gravierende Krankheiten hervorrufen, wie Krebs, Aids, Störungen von Hirn und Nerven. • STI sind eine häufige Ursache für Unfruchtbarkeit. • In Europa wissen ca. 30% der HIV-infizierten Menschen nichts von ihrer Infektion. Sexuell übertragbare Infektionen - das verdrängte Risiko Mehr Freude am Sex durch Wissen Mit dieser Broschüre möchte ich Ihnen Wissen über die Prävention sexuell übertragbarer Infektionen vermitteln, damit die schönste Nebensache der Welt nur schön bleibt. Diese Aufklärung im umfassenden Sinne des Wortes soll Ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, indem Sie Risiken bewusst eingehen oder vermeiden können. Was für den einen ein akzeptables Risiko bedeutet, kann für den anderen ein zu grosses Risiko sein. Wenn Sie absolute Sicherheit wünschen, dann müssen Sie abstinent leben. Absolutheit ist im menschlichen Zusammenleben schwer zu erlangen, aber eine nach menschlichem Ermessen eingestufte sehr grosse Sicherheit ist sehr wohl zu erreichen. Ich hoffe, dass Sie diese Broschüre mit Interesse lesen und eine Strategie auswählen, die Ihnen genügend Sicherheit gibt. Dr. med. Kurt Aprill STI -AKTUELL- 6 / 7 Sexuell übertragbare Infektionen (STI) 2 en Was sind sexuell übertragbare Infektionen? Früher wurden sie Geschlechtskrankheiten genannt, heute sexuell übertragbare Krankheiten, mit der Abkürzung STD von der englischen Bezeichnung sexually transmitted diseases. Allerdings entwickeln Menschen, die mit sexuell übertragbaren Erregern angesteckt (infiziert) werden, häufig keine Symptome oder KrankheiWichtige sexuell übertragbare Infektionen (STI) Krankheiten Erreger Humanes Papillomavirus (HPV) Genitalwarzen, Gebärmutterhalskrebs Herpes-simplex-Virus (HSV) Genitaler Herpes HI-Virus (HIV) Akute HIV-Infektion, Aids Hepatitis-B-Virus (HBV) Gelbsucht, Leberzirrhose/-krebs Hepatitis-C-Virus (HCV) Gelbsucht, Leberzirrhose/-krebs Chlamydien (Chlamydia trachomatis) Chlamydien-Infektion, Lymphogranuloma venerum Treponema pallidum Syphilis Neisseria gonorrhöae Gonorrhö Haemophilus ducreyi Ulcus molle ten, oder diese werden nicht als solche erkannt. Diese Infektionen ohne Symptome können nur mit einem Test festgestellt werden. Oft sind sie aber trotzdem für den Sexualpartner ansteckend (infektiös) und infizieren ihn unbemerkt. Aus diesem Grunde spricht man korrekterweise besser von sexuell übertragbaren Infektionen mit der Abkürzung STI aus dem Englischen sexually transmitted infections. Soweit es in diesem Rahmen möglich ist, werde ich die Unterscheidung von Krankheiten (STD) und Infektionen (STI) berücksichtigen. Die STI bilden eine heterogene Gruppe von Infektionen und Infektionserkrankungen, deren gemeinsames Merkmal ist, dass sie beim Sexualverkehr übertragen werden. Die sexuell übertragbaren Infektionen unterscheiden sich in Bezug auf den Erreger, deren Ansteckungsfähigkeit, die Symptome und Krankheiten, den Krankheitsverlauf, die Behandlungsmöglichkeiten und teilweise die Prävention. STI werden durch mehr als 30 unterschiedliche Erreger verursacht, nämlich durch Bakterien, Viren, Parasiten oder Pilze. In dieser Broschüre stelle ich von diesen dreissig sexuell übertragbaren Infektionen neun vor (siehe „Wichtige sexuell übertragbaren Infektionen“), da es in diesem Rahmen nicht möglich ist, alle STI zu beschreiben. Die Auswahl war nicht ganz einfach, denn es wäre genauso berechtigt gewesen, auch Cytomegalie, Krätze, Filzläuse, Hefepilze, bakterielle Vaginose usw. zu berücksichtigen. Sexuell Übertragbare Infektionen (STI) Geschichte der sexuell übertragbaren Krankheiten Sexuell übertragbare Krankheiten gibt es schon seit mehreren tausend Jahren. Gonorrhö, Ulcus molle und Genitalwarzen sind uns in Zeugnissen überliefert, die mehr als 2000 Jahre alt sind. Im Mittelalter kam zusätzlich das Lymphogranuloma inguinale hinzu, und die Syphilis wurde bei der Entdeckung Amerikas 1493 von Haiti eingeschleppt und verbreitete sich innert weniger Jahre in ganz Europa. Syphilis galt wegen der Spätfolgen bis zur Aids-Epidemie als die gefährlichste STI. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Erreger der Geschlechtskrankheiten entdeckt, und die moderne Medizin ermöglichte es, sie zu diagnostizieren. Ein weiterer Meilenstein war die Entdeckung von Penizillin und anderer Antibiotika, die es ermöglichten, die Geschlechtskrankheiten zu heilen und die Epidemie effektiv zu bekämpfen. Die «klassischen» Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Gonorrhö verloren so schon in den 50er Jahren des 20sten Jahrhunderts ihren Schrecken. Die Liberalisierung der Sexualität und die Entdeckung der Pille gab dem Einzelnen mehr Freiheit, was zu mehr Partnerwechsel führte. Die sexuell übertragbaren Viren und Bakterien konnten sich wieder leichter verbreiten. Mitte der 80er Jahre die Angst vor Aids gepaart mit Aufklärungskampagnen zu einem Rückgang der STI; denn die Menschen wechselten weniger häufig den Sexualpartner und verwendeten öfter Kondome. Ein Meilenstein im Kampf gegen die HIV-Infektion war die Entwicklung der antiretroviralen Therapie (ART), die seither laufend verbessert wurde. Obwohl die HIV-Infektion immer noch nicht heilbar ist, können behandelte HIV-Infizierte ein (beinahe) normales Leben führen und sind kaum noch ansteckend. Das führte zu einer unberechtigten Sorglosigkeit. Die Medien schrieben wenig über HIV und andere STI, und in der Schule wurde dieses Thema kaum noch im Stundenplan berücksichtigt. Die jungen Menschen verloren Angst und Respekt vor Aids. Die meisten verhielten sich, als ob es keine HI-Viren oder andere STI-Mikroben geben würde. Die kollektive Verdrängung fand und findet statt. Die unvermeidliche Folge: Die STI sind wieder auf dem Vormarsch. Heute sind mehr als 30 Erreger bekannt, die sexuell übertragbar sind. Alleine seit 1975 wurden zwölf neue Erreger entdeckt, einer davon das HI-Virus, und mit grosser Wahrscheinlichkeit werden weitere folgen. Das Aufkommen von Aids Anfang der 80er Jahre schockierte die Welt: Aids war tödlich, ein Killer, und in Rekordzeit bewiesen die Wissenschaften: HIV ist sexuell übertragbar. Schon 1985 kam der erste HIV-Test auf den Markt und ermöglichte es, das gewaltige Ausmass der Epidemie zu erkennen. In den Industrieländern führte STI -AKTUELL- 8 / 9 Die globale HIV-Epidemie 2010 Ausbreitung Global 3 Weltweit nimmt die Zahl der sexuell übertragbaren Infektionen (STI) stetig zu. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind Papillomaviren und Herpes-simplex-Viren am häufigsten. Mehr als 70% der sexuell aktiven Männer und Frauen stecken sich im Laufe ihres Lebens mit HPV an. Von dem genitalen Herpesvirus sollen je nach Region 2–72% der Bevölkerung betroffen sein. Allein von den heilbaren STI sind laut WHO pro Jahr mehr als 340 Millionen MenNeue Syphilisinfektionen pro Jahr 100 000 Nordamerika 140 000 Westeuropa 3 Mio. Lateinamerika & Karibik Quelle: WHO 2006 4 Mio. Subsahara Afrika Total Erwachsene Frauen (15 J. und mehr) Kinder unter 15 Jahren 34.0 Mio 30.1 Mio 16.8 Mio 3.4 Mio Neu HIVinfizierte Menschen Total Erwachsene Kinder unter 15 Jahren 2.7 Mio 2.3 Mio 390 000 Aids-Tote Total Erwachsene Kinder unter 15 Jahren 1.8 Mio 1.5 Mio 250 000 Quelle: UNAIDS Global report 2011 100 000 Osteuropa & Zentralasien 370 000 Nordafrika & Mittlerer Osten Menschen mit HIV (kumuliert) 240 000 Ostasien 4 Mio. Süd- & Südostasien 10 000 Australien schen im Alter von 15–49 Jahren betroffen: Syphilis 12 Millionen, Gonorrhö 62 Millionen, Chlamydien 92 Millionen und Trichomonaden 174 Millionen. In den Entwicklungsländern ist die Anzahl Neuerkrankungen aller STI deutlich höher als in den Industrieländern. Hingegen sind die HIV-Neuinfektionen weltweit rückläufig, dank den Bemühungen, möglichst vielen HIV-Infizierten eine Behandlung zu ermöglichen. Trotzdem stecken sich jeden Tag immer noch etwa 7000 Menschen mit HIV an. Die Zahl aller noch lebender HIV-Infizierten wird von der UNAIDS per Ende 2010 weltweit auf 34 Mio. geschätzt. Ausbreitung Häufigkeit der HIV-Infektion Quelle: UNAIDS Global report 2010 HIV-Prävalenz in % der Bevölkerung 0.5% – 1% >15% – 28% 0.1% – 0.5% 5% – 15% <0.1% 1% – 5% Europa Auch in Westeuropa nahmen die STI in den letzten zehn Jahren deutlich zu, insbesondere Gonorrhö, Syphilis und Chlamydien. Laut dem europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control, ECDC) nahmen die Chlamydien-Infektionen am stärksten zu, von 2006–2008 um 49%. Die genaue Anzahl der Infektionen mit dem humanen Papillo- maviren (HPV) sind zwar unbekannt. Hingegen für den Gebärmutterhalskrebs, der vorwiegend durch die HPV-Typen 16 und 18 verursacht wird, wissen wir: In der Schweiz sehen sich jedes Jahr mehr als 5000 Frauen mit der Diagnose einer Krebsvorstufe am Gebärmutterhals konfrontiert, meist junge Frauen zwischen 20–30 Jahren. Sie müssen weitere Untersuchungen oder eine Operation über sich ergehen lassen. Trotzdem bekommen in der Schweiz, manchmal erst 20–30 Jahre nach der Ansteckung, pro Jahr etwa 300 Frauen Gebärmutterhalskrebs, und etwa 90 sterben daran. Die Aids-Epidemie begann in Westeuropa Anfang der 1980er Jahre und breitete sich in Osteuropa erst nach dem Mauerfall (1989) und dem Auflösen des Warschauer Pakts aus. Einige osteuropäische Länder haben unterdessen Westeuropa überholt. 28 Länder der EU meldeten insgesamt 27 116 neue HIV-Infizierte für das Jahr 2010. Die Länder mit den höchsten HIV-Raten (HIV-Infizierte pro 100 000 Einwohner) sind: Estland 27.8 (372 Infizierte), Littauen 12.2 (274 Infizierte), Belgien 11.0 (196 Infizierte), England 10.7 (6654 Infizierte). Die kleinste HIV-Raten stammen von Rumänien 0.7 (152 Infizierte) und der Slowakei 0.5 (28 Infizierte). Die Schweiz im Vergleich: 8.7 (609 Infizierte). Immer noch sind 30% der HIV-Infektionen unerkannt: Einer von drei HIV-Infizierten weiss nichts von seiner Infektion. Von den frisch HIV-Infizierten in Europa im Jahr 2010 sind 38% Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), 24% Heterosexuelle, 4% iv-Drogenabhängige, hinzu kommen noch heterosexuelle Menschen, die ursprünglich aus Subsahara-Afrika (ca. 12%) stammen. STI -AKTUELL- 10 / 11 Ausbreitung Syphilis in Deutschland 1971 – 2008 10 000 9000 Alle Männer Frauen 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 07 20 03 99 20 19 95 91 19 19 87 83 19 79 19 19 75 19 71 0 19 3 Quelle: Robert-Koch-Institut, Berlin Die HIV-Neuansteckungen nahmen in den letzten 10 Jahren insgesamt nur leicht ab. Dies ist erstaunlich! Es wurde durch die breit eingeführte antiretrovirale Therapie (ART) eine deutliche Abnahme erwartet. Die nach wie vor grosse Zahl an Neuansteckungen dürfte hauptsächlich zwei Gründe haben: In Deutschland wurden in den letzten Jahren 3000–3500 Syphilisfälle pro Jahr gemeldet. Interessant ist der Verlauf der Syphilisfälle von 1971 bis 2008 (siehe Abbildung „Syphilis in Deutschland 1971– 2008“), welche eng mit dem Sexualverhalten der jeweiligen Zeit zusammenhängen: Die Zunahme der Syphilisfälle auf über 9000 pro Jahr (1979) dürfte mit den Nachwehen der „sexuellen Revolution“ erklärbar sein, welche häufigen Partnerwechsel propagierte, wie ein Slogan der 68er dokumentiert: „Wer zwei Mal mit derselben pennt, gehört zum Establishment“. Diese „Partnerwechselphase“ kam bald etwas aus der Mode, worauf die Syphilisfälle sanken. In den 80er Jahren kam zusätzlich die Angst vor Aids hinzu, worauf die jungen Menschen zurückhaltender beim Partnerwechsel wurden. In der Folge sanken die Syphilisfälle auf den Tiefststand von 1000 pro Jahr (1995). Während von 1995 bis 2000 jährlich ca. 1150 Fälle registriert wurden, stieg die Anzahl der Meldungen ab 2001 wieder an. Dies dürfte sich auf eine neue Sorglosigkeit bezüglich Partnerwechsel (höhere Promiskuität) zurück zuführen lassen. a) Bei etwa jedem dritten HIV-Infizierten wurde die Diagnose nicht gestellt, so dass sie unwissentlich das Virus weiterverbreiten. b) Seit es die wirksame ART-Behandlung gibt, sind die Menschen wieder risikofreudiger geworden und wiegen sich in falscher Sicherheit. Ausbreitung Schweiz Die Schweiz gehört bei den sexuell übertragbaren Infektionen in Europa zu den unrühmlichen Spitzenreitern. Die gemeldeten Neuansteckungen stiegen in den letzten 10–15 Jahren: Syphilis-Fälle um ein Vielfaches, Gonorrhö-Fälle um das 5fache und Chlamydien-Fälle um das 3fache. Die tatsächliche Anzahl der STI-Infektionen ist unbekannt, denn der grösste Teil der STI-Infektionen bleibt unbemerkt. Experten rechnen jedoch mit einer grossen Dunkelziffer. Die HIV-Neuinfektionen stagnieren seit 1998 bei jährlich 600– 800 frisch HIV-infizierten Personen. HIV, Gonorrhö, Syphilis in der Schweiz 1200 1100 Gonorrhö HIV-Infektion Syphilis 1000 900 800 700 600 500 Einige STI sind leicht übertragbar, weshalb sie sich durch sehr häufiges Vorkommen in der ganzen Bevölkerung auszeichnen: Dazu gehören die Chlamydien-Infektionen mit 3 bis 10%, die HPV-Infektionen mit 15% und Herpes genitalis mit 20% (Schätzungen für die Schweiz). 300 200 100 10 20 08 20 06 20 04 20 20 02 0 00 Grundsätzlich können alle sexuell aktiven Menschen von einer sexuell übertragenen Infektion (STI) betroffen sein. Gemäss Hochrechnungen der WHO zieht sich weltweit jeder Erwachsene während seines Lebens mindestens eine sexuell übertragbare Infektion zu. Das sind Durchschnittszahlen, aber sie zeigen die grosse Verbreitung in allen Gesellschaften. 400 20 Wer ist von STI betroffen? Quelle: Bundesamt für Gesundheit Schweiz 1998–2010: starke Zunahme der gemeldeten Gonorrhöund Syphilis-Fälle; Stagnation der HIV-Epidemie. Für den Zeitraum von 1999–2005 bestand für Syphilis keine Meldepflicht, weshalb keine Zahlen vorhanden sind (grün gestrichelte Linie). STI -AKTUELL- 12 / 13 Ausbreitung HIV-Infizierte nach Ansteckungswegen in der Schweiz Sexuelle Präferenz 90 (56%) heterosexuell 268 (37%) homosexuell 190 (25%) 2 (1%) 4 000 bisexuell 14 (2%) 2 (1%) 2 000 keine Angaben 270 (36%) Total bestätigte Fälle 732 (100%) 162 (100%) 6 000 10 20 08 20 06 20 04 20 02 20 00 20 98 19 96 0 19 3 Frau Mann Heterosexuelle iv-Drogenabhängige Homosexuelle andere 8 000 Gonorrhö nach Ansteckungswegen in der Schweiz 2009 Quelle: Bundesamt für Gesundheit Schätzung aller HIV-Infizierten in der Schweiz: Der obere Rand der Kurven bildet die Summe der noch lebenden HIV-Infizierten, die Breite der Kurve entspricht der Zahl der Aidskranken. Am meisten HIV-Infizierte gibt es bei den Hetrosexuellen. Die Homosexuellen sind zwar insgesamt weniger Fälle, aber prozentual sind es viel mehr. Homosexuelle sind 30–40 Mal häufiger infiziert als Heterosexuelle. Das liegt am grösseren Risiloverhalten wie mehr Partnerwechsel und Analvekehr. 68 (42%) Art der Beziehung feste Beziehung 141 (19%) 43 (26%) Gelegenheitsbeziehung 264 (36%) 22 (13%) mit Prostituierter 40 (6%) 1 (1%) mit zahlendem Kunden 2 (0%) 1 (1%) unbekannt 91 (12%) 12 (7%) keine Angaben 194 (27%) Total bestätigte Fälle 732 (100%) 163 (100%) Quelle: Bundesamt für Gesundheit 84 (52%) Ausbreitung Die klassischen Geschlechtskrankheiten, wie Syphilis und Gonorrhö sowie die HIV-Infektion treten vor allem bei Menschen mit häufigem Partnerwechsel auf. Deshalb spricht man auch von den „Risikogruppen“: Altersgruppen Chlamydien nach Altersgruppen in der Schweiz 2009 Altersgruppen Mann Frau • Männer, die Sex mit Männern haben 0–14 19 (1%) 39 (1%) • Menschen, die sich die Drogen in die Vene spritzen (Heroin, Kokain) 15–19 85 (5%) 1841 (19%) 20–24 377 (22%) 1600 (36%) 25–29 373 (22%) 991 (22%) 30–34 207 (15%) 482 (11%) 35–38 203 (12%) 244 (5%) 40–44 170 (10%) 151 (3%) >45 219 (13%) 146 (3%) • Personen, die illegale Drogen konsumieren (Partydrogen, wie Kokain, Ecstasy, GHB) • Prostituierte und ihre Kunden • Menschen aus Ländern, wo diese Infektionen viel häufiger vorkommen (z.B. Afrika) Von diesen „Risikogruppen“ breiten sich die STI in die Allgemeinbevölkerung aus, z.B. von Prostituierten auf ihre Klienten, von diesen wiederum auf deren Frauen und so weiter. Bald einmal ist die Infektionskette nicht mehr nachvollziehbar, weil einzelne Glieder längst nicht mehr zu den „Risikogruppen“ gehören. Das bedeutet, dass jeder, der in der Vergangenheit einen oder mehrere Sexualpartner hatte, theoretisch ein Risiko aufweist. Auch bei HIV ist es verfänglich, in den Kategorien der „Risikogruppen“ zu denken. In den westlichen Ländern kann heutzutage jeder davon betroffen sein. Deshalb ist es wichtig, dass sich jeder mit den STI beschäftigt und über STI gute Kenntnisse verfügt. Total bestätigte Fälle 1716 (100%) 4512 (100%) Quelle: Bundesamt für Gesundheit Gemeldete Clamydien-Infektionen und Altersgruppen: In der Schweiz hat sich die Verteilung der gemeldeten Fälle nach Geschlecht und Altersgruppen im Verlauf der letzten 10–15 Jahre kaum verändert. 2009 beträgt der Frauenanteil 72% (4512 von 6280). Bei den Frauen sind 87% der gemeldeten Fälle 15- bis 34-jährig. Bei den Männern betrafen etwa 71% der Meldungen der Altergruppen der 20- bis 39-jährigen. Da die Dunkelziffer der ClamydenInfektionen sehr gross geschätzt wird, kennen wir die tatsächlichen Prozentzahlen der jeweiligen Gruppe der Bevölkerung nicht. STI -AKTUELL- 14 / 15 Ausbreitung 3 STI bei ungeborenen und neugeborenen Kindern Frauen mit STI können ihre Kinder während der Schwangerschaft, bei der Geburt und beim Stillen anstecken. Einige Beispiele: Syphilis: Schwangere Frauen mit unbehandelter Frühsyphilis haben in 25% eine Totgeburt und in 14% stirbt das Kind kurz nach der Geburt – insgesamt eine Todesrate von 40%. Schwangere Frauen in Afrika z.B. sind in 4–15% mit Syphilis angesteckt. Gonorrhö: Bis zu 35% der schwangeren Frauen mit unbehandelter Gonorrhö erleiden einen Abort oder eine Frühgeburt und in 10% stirbt das Kind bei der Geburt. Ohne Behandlung der Mutter werden 30–50% der Kinder mit Gonorrhö infiziert. Chlamydien: Mehr als 30% der Kinder von Müttern, die eine unbehandelte Chlamydien-Infektionen haben, bekommen eine ernsthafte Augeninfektion, welche zu Blindheit führen kann, wenn das Kind nicht rechtzeitig behandelt wird. Laut WHO erblinden deswegen jedes Jahr weltweit zwischen 1000 bis 4000 Kinder. Die Impfung gegen Hepatitis B ist hochwirksam. Würden weltweit alle Kinder (resp. Menschen) gegen Hepatitis B geimpft, würde die Hepatitis B bald aussterben. Seit sich viele Kinder oder Jugendliche vor dem ersten Sexualkontakt gegen Hepatitis B impfen lassen, nehmen die Neuansteckungen unter Jugendlichen dramatisch ab. Rückgang der Hepatitis B bei jungen Menschen nach der Impfung 30 25 1995 20 15 10 2002 5 0 5– 9 10 –1 15 4 –1 20 9 –2 25 4 –2 30 9 –3 35 4 –3 40 9 –4 45 4 –4 50 9 –5 55 4 –5 60 9 –6 65 4 –6 70 9 –7 75 4 –7 9 HIV in der Schweiz 2000–2011: Die jüngste HIV-Infizierte war nur gerade 13-jährig, der älteste 85-jährig. Hepatitis-B-Impfung: eine Erfolgsgeschichte! <5 Die Neuinfektionen der STI betreffen insbesondere junge Menschen im Alter von 15 bis 34 Jahre. Die Frauen stecken sich eher etwas früher an als die Männer. Quelle: Bundesamt für Gesundheit In der Schweiz wurde 1998 die Impfung generell für alle Jugendliche zwischen 11–15 Jahren empfohlen. 80% der Hepatitis B-Infektionen ereignen sich im Alter zwischen 15–35 Jahren. Zwischen Ausbreitung 1999 und 2002 ging die Zahl der Hepatitis-B-Erkrankungen in dieser Altersgruppe um 84% zurück. In der Schweiz lassen sich noch nicht alle Menschen impfen, die ein Risiko aufweisen. Deshalb werden jährlich immer noch etwa 100 Hepatitis-B-Fälle neu gemeldet, davon 45% akute Hepatits-Fälle (Neuinfektionen). Die geschätzten Infektionen liegen um ein Vielfaches höher. Chlamydien: Testen und Antibiotika Eine Antibiotika-Behandlung führt bei der Chlamydien-Infektion zur Heilung. Würden alle Infizierten behandelt, könnte die Infektion zum Verschwinden gebracht werden. Erstaunlich sind die unverändert hohen Infektionsraten von Chlamydien in Europa und den USA. Der Grund liegt vor allem an a) der fehlenden Information der Bevölkerung, b) den fehlenden Diagnosestellungen, c) daran, dass der Partner nicht gleichzeitig behandelt wird und d) daran, dass insbesondere Frauen häufig keine Symtome haben. Die weiterhin grosse Verbreitung der Chlamydien-Iinfektion ist nur ein Beispiel dafür, wie wenig junge Menschen generell über STI informiert sind. Der Ansatz der STI-Prävention liegt zuerst einmal in der Verbesserung des Informationsstandes der Bevölkerung. STI -AKTUELL- 16 / 17 Übertragungswege 4 HIV und den anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) ist die sexuelle Übertragung gemeinsam – deswegen auch namensgebend. Die Erreger unterscheiden sich jedoch bezüglich Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) erheblich (siehe „Wer ist von den STI betroffen“. S.14). Die Übertragung erfolgt überwiegend durch Kontakt von Schleimhaut und manchmal Haut (bei Mikroverletzungen) mit infizierten Körperflüssigkeiten, wie Samenflüssigkeit (Sperma), dem sogenannten Lusttropfen (Präejakulat), Scheidenflüssigkeit (Vaginalsekret) und bei manchen STI durch Wundsekrete. Bei einigen STI kommen die Erreger auch im Blut vor: HIV, Syphilis, Hepatitis B und C. Diese Erreger können auch über Blut oder bluthaltige Körperflüssigkeiten durch Schleimhäute und verletzte Haut in den Körper eindringen. Infiziertes Blut kann durch iv-Drogenkonsum, Stichverletzungen bei Medizinalpersonal und Blut- oder Organspenden direkt in die Blutbahn gelangen. HIV, Hepatitis B+C können nicht über die intakte Haut übertragen werden. Sexualität Die Ansteckung mit einer STI erfolgt überwiegend beim Sexualverkehr. Analverkehr ist risikoreicher als Vaginalverkehr. Beim Oralverkehr können die STI-Erreger ebenfalls durch Sperma, Vaginalsekret oder durch Blutbeimischung im Speichel (bei HIV und Hepatitis B) übertragen werden. Die meisten STI, insbesondere Herpesinfektionen, Syphilis und Gonorrhö, können ebenso bei Küssen oder Petting (durch direkten Kontakt mit infektiösen Stellen ausserhalb der Genitalorgane) übertragen werden. Alle STI, auch HIV, können durch sogenannte Schmierinfektionen übertragen werden, d.h. über mit Körperflüssigkeiten „verschmutzte“ Hände oder Sexspielzeuge (Dildos). Mutter-Kind-Übertragung Einige STI können während der Schwangerschaft oder Geburt über das Blut auf das Kind übertragen werden (HIV, Syphilis, Hepatitis B). Andere STI werden durch den infizierten Geburtskanal während der Geburt auf das Kind übertragen (Gonorrhö, Herpes genitalis, Chlamydien, Papilomaviren, Cytomegalieviren usw.). iv-Drogenkonsum HIV, Hepatitis B und C und Syphilis können beim intravenösen Drogenmissbrauch übertragen werden, wenn bereits benutzte Spritzen oder Nadeln verwendet werden. Infiziertes Blut (kleine Blutreste im Spritzenbesteck) kann direkt in die Blutbahn gelangen. Bluttransfusionen und Organtransplantationen Eine Ansteckung durch Bluttransfusionen ist bei HIV, Hepatitis Übertragunswege B+C und Syphilis möglich. In allen industrialisierten Ländern werden Blut- und Organspender auf diese STI-Infektionen sorgfältig untersucht, so dass Ansteckungen praktisch ausgeschlossen sind. In den Entwicklungsländern kommen Ansteckungen auf diesem Weg zustande. STI leiden, sind beim Sex 2–5 Mal empfänglicher für HIV. Anderseits steckt ein HIV-infizierter Mensch, der zusätzlich unter einer anderen STI leidet, andere Menschen viel leichter an, weil die Viren an entzündeten Stellen häufiger vorkommen. Entzündungen und Geschwüre an den Schleimhäuten bilden eine wichtige Eintritts- und Austrittspforte für HI-Viren. Tätowierung und Piercing Jede weitere Infektion schwächt das Immunsystem des HIV-Infizierten zusätzlich. Auch andere sexuell übertragbare Infektionen können sein Abwehrsystem schwächen und zu einer Vermehrung der HI-Viren führen. Deshalb ist es für HIV-Infizierte sehr wichtig zu wissen, ob der Sexualpartner oder er selber an einer anderen STI leidet. Obwohl einige STI asymptomatisch verlaufen, können sie schwerwiegende Spätfolgen haben. Wenn sie rechtzeitig erkannt werden, können die meisten STI auch bei HIV-Infizierten gut und effektiv behandelt werden. STI müssen auch unabhängig vom HIV-Infektionsrisiko behandelt werden. Mit unsterilem Material können Übertragungen von STI vorkommen. Unsteriles Arbeiten ist verboten, scheint aber doch immer wieder vorzukommen. Medizinalbereich Ärzte und anderes Medizinalpersonal sind gegenüber den Infektionskrankheiten bei ihrer Berufstätigkeit immer schon stärker ausgesetzt gewesen als die Durchschnittsbevölkerung. Je nach Infektiosität der Erreger sind Ansteckungen mit STI möglich. Bei HIV, Hepatitis B + C und Syphilis kommen Ansteckungen durch Nadelstichverletzungen (Stechen mit einer infizierten Nadel oder einer Spritze) vor. STI erhöhen Risiko einer HIV-Übertragung Aus verschiedenen Gründen wird die HIV-Übertragung durch andere Geschlechtskrankheiten gefördert. Menschen, die an einer Im Alltag: Kein Ansteckungsrisiko Eine Übertragung durch Tröpfchen (z.B. Husten, Niesen) ist nicht möglich. Im alltäglichen sozialen Kontakt (Haushalt, Arbeitsplatz, etc.) ist eine Ansteckung mit einer STI bei Einhaltung der üblichen Hygieneregeln ausgeschlossen. Schmierinfektionen durch gebrauchte Handtücher und Toilettenartikel kommen bei HIV nicht vor, bei den anderen STI extrem selten. STI -AKTUELL- 18 / 19 Prävention Mit Wissen zu mehr Freude am Sex 5 2 Kaum einer will es zugeben: Im „sexualisierten“ Europa verfügen die jungen Menschen über ungenügendes Wissen in Bezug auf die sexuelle Gesundheit. Heute spielt Sex in den meisten Köpfen eine sehr grosse Rolle, aber bei Umfragen über die sexuelle Gesundheit schneiden die meisten nicht sehr gut ab. Safer Sex bedeutet Kondome verwenden, das weiss heute jedes Kind, aber müssen sie nur schon zwei Geschlechtskrankheiten aufzählen, hapert es. Die Flut von Informationen über Sexualität, die uns täglich erreichen, führt paradoxerweise nicht zu mehr Wissen. Die Informationen bestehen oft aus Halbwahrheiten, aus Detailwissen, die über die Sexualität und sexuell übertragbare Infektionen (STI) ein wichtiger Teil, um die sexuellen Gesundheit zu erhalten. Anders gesagt: STI können die Freude am Sex trüben. Prävention der sexuell übertragbaren Krankheiten kann nur Erfolge verzeichnen, wenn jeder Einzelne über entsprechendes Wissen der sexuell übertragbaren Infektionen verfügt. Es braucht eine persönliche Konfrontation Ihrer sexuellen Wünsche und Bedürfnisse mit den Risiken der sexuellen Gesundheit wie STI und unerwünschte Schwangerschaft. Dadurch können Sie Ihr Verhalten entsprechend anpassen. Die Auseinandersetzung mit der Prävention von STI ist ein wichtiger Schritt zu mehr Freude am Sex. In 10 Kapiteln stelle ich Ihnen nützliche Empfehlungen vor: 1. 3. WHO: Wissen über Sexualtiät und sexuell übertragbare Infektionen fördert die sexuelle Gesundheit. den Blick für das Wesentliche trüben, oder manchmal schlicht aus Fehlmeinungen. Heute ertrinken Menschen häufig in der Informationsflut und verlieren den Mut, sich für ihr Leben und ihre sexuelle Gesundheit das notwendige Wissen anzueignen. Laut WHO-Definition ist der Zugang zu sachgerechtem Wissen Sprechen über STI 2.Risikostatus STI-Status 4.Partnerwahl 5. Treue in Beziehungen, weniger Sexualpartner im Leben 6. Hochrisikosex 7.Kondome 8. Arztbesuche 9.Impfungen 10. Drogen und Alkohol Prävention der STI 1. Sprechen über STI Eine erfolgreiche Prävention hängt wesentlich davon ab, ob Sie und Ihr Partner miteinander offen über sexuell übertragbare Infektionen sprechen können. Das ist offensichtlich: Wie wollen Sie sonst erfahren, ob Ihr Partner in seiner Vergangenheit Risiken eingegangen ist; ob Sie der erste Sexualpartner sind; ob er schon mit einer STI angesteckt ist und davon weiss; ob er sich schon auf STI testen liess? Was auf der Hand liegt und so einfach klingt, ist für viele Menschen nicht so leicht. Manche sind bei sexuellen Angelegenheiten peinlich berührt und genieren sich, darüber zu sprechen. Andere haben Angst vor Uneinigkeiten oder als „Bünzli“ abgewertet zu werden. Viele Menschen brauchen all ihren Mut, um dieses Thema anzusprechen. Und doch lohnt es sich. Der Partner fühlt sich normalerweise erleichtert, wenn Sie sich getrauen, die Fragen nach STI zu stellen. Wenn einmal der Anfang gemacht ist, wird es einfacher. Es gibt einfache Regeln, wie Sie das Gespräch leichter schaffen: Leute von heute sprechen über STI-Risiken und ihre Vorgeschichte. • Planen Sie das Gespräch und informieren Sie sich vorher über STI. • Vereinbaren Sie Zeitpunkt und Ort, wo Sie ungestört sind. • Schneiden Sie nicht erst das Thema an, wenn schon beide nackt ausgezogen und stark sexuell erregt sind. • Überlegen Sie sich vor dem Sex, was für Sex Sie wollen und welche Ihre Bedürfnisse sind. • Überlegen Sie sich vorher, welche Risiken Sie bereit sind, für den Spass am Sex einzugehen. • Lassen Sie sich nicht zu Sexualität drängen, wenn es für Sie nicht stimmt. • Manchmal hilft es, Informationsmaterial dabeizuhaben. 2.Risikostatus Wie gross ist denn Ihr Risiko, Träger von STI-Mikroben zu sein? Um das STI-Risiko einkreisen zu können, müssen Sie das Risiko Ihres aktuellen und Ihrer vergangenen Sexualpartner kennen. Am besten beginnen Sie zuerst bei sich und Ihrer sexuellen Vergangenheit. Hand aufs Herz. Haben Sie mit allen ehemaligen Liebespartnern über sexuelle Risiken gesprochen? Wenn nicht, dann können Sie Ihr Risiko schlecht einschätzen. Vielleicht haben Sie aber nur mit einem Partner Sex gehabt, der STI -AKTUELL- 20 / 21 Prävention der STI vorher auch noch nie Sex hatte. Dann ist Ihr Risiko wahrscheinlich praktisch null. Harte Fakten bringt der STI-Status (Testen auf STI). Wann haben Sie sich letztes Mal testen lassen und auf welche Erreger? Sind Sie nach den letzten Tests noch ein Risiko eingegangen? Haben Sie einen gemeinsamen Test mit dem Partner gemacht? Sind Sie gegen Hepatitis B sowie HPV geimpft? Was hast denn du da?? Hinweise auf ein Risiko, also weiche Fakten, sind die Antworten auf folgende Fragen: Haben Sie oder Ihr angehender Partner Drogen gespritzt? Haben Sie schon Symptome einer STI gehabt (siehe „Die Krankheiten und Symptome“)? Haben Sie sich regelmässig von einem Arzt untersuchen lassen? Haben Sie mit ihm 5 Der Partner, mit dem Sie Sex haben, hat meist seine eigene Vergangenheit – mit Risiken? Wie Sie auch? darüber gesprochen, welche STI er ausschliessen kann? Fragen Sie Ihren (angehenden) Partner dieselben Fragen und beobachten Sie ihn, wie er antwortet, ob er ausweicht und bei gewissen Fragen das Thema wechselt. Insbesondere ist interessant, wie er reagiert, wenn Sie ihm einen Test vorschlagen. Geht er gleich darauf ein, spricht es dafür, dass er die Wahrheit sagt. Haben Sie Risikokontakte gehabt, lassen Sie sich dennoch beide testen, denn vielleicht ist er (oder Sie) in Unkenntnis einer STI. Partnerin entdeckt eine Hautveränderung am Penis. Prävention der STI Heutzutage weisen viele junge Menschen ein unbekanntes Risiko für STI auf, HIV mit einbezogen. Vielleicht war einer Ihrer Partner ein symptomloser Träger, der nichts von seinen Mikroben ahnte? Oder es war gar einer darunter, der eine STI hatte, es Ihnen aber nicht mitteilte? 3. STI-Status Eine sichere Diagnose oder ein eindeutiger Ausschluss einer STI kann nur durch entsprechende Tests (von Blut oder Abstrich) erfolgen. Der STI-Status gibt an, ob jemand mit einer STI infiziert ist; er beseitigt Unsicherheiten. Analog spricht man vom HIV-Status. Bei den ersten Dates informieren Partnersuchende den Partner über ihr Risikoverhalten oft ungenau oder manchmal sogar falsch – das zeigen Studien und die Erfahrung der Ärzte. Diese Partnersuchenden verschweigen ihren STI-Status oft aus Angst vor Abweisung oder Trennung. Manchmal befürchten sie Verurteilung oder Herabminderung der eigenen Person durch den Geliebten. viele Vorteile, wie der 27-jährige Angelo zu berichten weiss. Er hat seine Partnerin zu einem gemeinsame HIV-Test mit der Bemerkung eingeladen: „Wir können das Testresultat zusammen abholen und haben dann sicher keine Geheimnisse mehr voreinander.“ Völlige gegenseitige Offenheit schafft Sicherheit und Vertrauen. Lehnt ein möglicher Partner das gemeinsame Testen ab, stellen sich Fragen. Hat er nichts zu verbergen, spricht ja nichts gegen Offenheit und einen Arztbesuch. Fragen Sie nach seinen Gründen. Vielleicht hat er Angst und verdrängt lieber seine Risiken. Nur ist eine Vogelstrausspolitik hier fehl am Platz. Liegt Ihnen viel am Partner, versuchen Sie ihn zu überzeugen, dass nur Hinschauen hilft, die Angst zu überwinden. Verdrängen wendet sich gegen einen selber. Hat er etwas zu verbergen? Dann ist es erst recht wichtig, die eigenen Bedürfnisse nicht zurückzustellen. Wollen Sie sich wirklich nur auf Ihr Glück verlassen? Bestimmen Sie mit Ihrem Partner gemeinsam einen STI-Status. Ein grosser Anteil der STI-Infizierten weiss nichts von einer Infektion, weil sie zu wenig informiert sind, oder weil sie ihr Risiko unterschätzen oder verdrängen. 4.Partnerwahl In diesen Situationen bringt eine Konsultation beim Arzt und die Durchführung von STI-Tests Klärung (wie HIV-Test, Syphilis-Test usw). Der Arzt kann auch vom Paar zusammen aufgesucht werden. Gemeinsame STI-Tests beim Arzt oder an einer Teststelle bringen Die meisten jungen Leute wünschen sich eine schöne und glückliche Liebe, die nie aufhört, obwohl sie selbstverständlich wissen, dass die meisten Liebesbeziehungen nicht mehr durch den Tod eines Partners geschieden werden. Unzweifelhaft braucht es zwei STI -AKTUELL- 22 / 23 Prävention der STI Menschen, die zu einander passen – sonst hält die Partnerschaft nicht lange. Zum ABC einer Partnerschaft gehört: Gestalten Sie Ihre Beziehung vom ersten Date bis zur Trennung oder zum Tod. Bei den ersten Dates ist es wichtig, nicht nur die schönen Seiten zu sehen, sondern auch die problematischen Seiten des Partners – und von sich selber auch. Wenn einer zu dominierend ist und der andere sich zu stark anpasst, ist die Chance gross, dass das Paar nicht lange glücklich ist. 5 Beispielsweise erzählt David, dass ihm Harmonie in der Beziehung immer sehr wichtig war, gerade auch mit Laura, seiner letzten Freundin. Vom ersten Sex mit ihr erzählt er: „Kondome benutzten wir nicht. Ich wusste nicht, ob sie die Pille nahm. Obwohl ich nicht zur Sorte der Männer gehöre, die sich nicht um die Verhütung kümmern, getraute ich mich nicht, danach zu fragen, und bald fand ich es deplaziert, weil das nur die Stimmung vermasselt hätte. Sie wäre sicher nicht so aktiv gewesen, dachte ich, wenn sie die Pille nicht genommen hätte. Wegen STI dasselbe: Ich getraute mich nicht, sie darauf anzusprechen; das hätte sie beleidigen können. Daran gedacht habe ich schon.“ Gerade Fragen nach der Schwangerschaftsverhütung oder den STI bringen es ans Tageslicht, ob ein Paar in der Lage ist, wichtige und heikle Fragen zu diskutieren. Vielleicht wäre Laura froh um Fragen oder ein Gespräch gewesen. Erstens hätten sie miteinander über Verhütung und STI sprechen und die Probleme klären können. Schliesslich beschäftigten beide dieselben Fragen, sie getrauten sich aber nicht diese anzusprechen, wie sich später herausstellte. Zudem hätte Laura mehr Respekt vor David bekommen, wenn sie realisiert hätte, dass er sich auch traute, unangenehme Dinge anzusprechen. Er hätte hier ohne weiteres Ecken Zeigen Sie, dass Sie verantwortungsvoll sind – sprechen Sie mit Ihrem Partner über STI. und Kanten zeigen können – eben seinen Mann stellen können. Vielleicht hätte die Beziehung einen ganz anderen Verlauf genommen und Laura wäre nicht so nörgelnd und dominierend geworden. Es gibt aber auch Menschen, die unwirsch reagieren und den neuen Partner wegen seiner Sorge über STI als Angsthasen oder Gesundheitsapostel titulieren oder ihm vorwerfen, er würde die Stimmung zunichte machen, oder er sei kopflastig und solle endlich lernen, sich gehen zu lassen. Dabei kann es sich um Fehlmeinungen des Partners handeln, die durch ein Gespräch ausgeräumt werden können. Es gibt aber auch Menschen, die ihren Partner immer klein machen müssen. Solch dominierende Persönlichkeitszüge eines Menschen zeigen sich nicht nur am Anfang einer Beziehung, sondern ziehen sich wie ein roter Faden durch die ganze Beziehung. Eine Untersuchung an Paaren von Psychologiestudenten zeigen, Prävention der STI dass Paare in den ersten Wochen und Monaten ganz gut miteinander zurechtkommen, schönen Sex haben und auch sonst viel Spass miteinander haben können. Aber wie ist es, wenn die erste Verliebtheit vorbei ist? Die allermeisten Paare konnten nicht offen und ehrlich so wichtige Fragen wie STI-Risiken miteinander diskutieren. Ist da nicht schon der Wurm in der Beziehung und sind Probleme vorprogrammiert, wenn sie vermeiden, über delikate Probleme zu sprechen? Ohh, nein! Der beste Freund meines Mannes!! Muss dieser Kerl grad jetzt kommen! Die Auseinandersetzung um STI und Schwangerschaftsverhütung zu Beginn einer Partnerschaft zeigt, wie ein Paar miteinander zurechtkommt und ob sie zueinander passen. Es kann ein Prüfstein für eine Beziehung werden, und wenn das Paar diesen Prüfstein bewältigen kann, stehen die Chancen für einen erfreulichen Verlauf einer Partnerschaft gut. 5. Treue in der Beziehung – weniger Sexualpartner im Leben Treue hilft gegen sexuell übertragbare Infektionen. Leben Sie in einer treuen Liebesbeziehung mit Ihrem Partner, und beide sind mit keiner STI infiziert, besteht kein Risiko einer Ansteckung. Vo- Beim Seitensprung ertappt. STI -AKTUELL- 24 / 25 Prävention der STI raussetzung ist allerdings, dass keine anderen Risiken bestehen, wie iv-Drogenmissbrauch. Was aber ist nach einem Seitensprung zu tun? Den Partner informieren oder nicht? Der Nebenpartner dürfte kaum ehrlicher sein, als ein neuer Partner (siehe Kapitel „STI-Status“). Deshalb müssen Sie davon ausgehen, dass Sie ein Risiko eingegangen sind. Haben Sie Kondome benutzt, haben Sie das Risiko reduziert – was schon einmal gut ist –, aber sie haben es nicht ausgeschlossen (siehe Kapitel „Kondome“). Deshalb ist es folgerichtig, dass Sie Ihren Partner informieren und gemeinsam überlegen, was zu tun ist. Die logische Konsequenz ist, dass Sie keinen Sexualkontakt mehr aufnehmen, bis Sie eine STI ausschliessen können. 5 Das Ziel der Verminderung der Anzahl Sexualpartner – über das ganze Leben gesehen – ist, eine STI-Übertragung zu vermeiden. Es ist eine einfache Rechnung: Je mehr Sexualpartner, desto grösser die Chance, sich mit STI anzustecken. Deshalb ist die Verringerung der Anzahl Sexualpartner eine wichtige präventive Verhaltensänderung. Die Statisiken zeigen: Menschen, die erst spät den ersten Sex haben, gehen während ihres Lebens weniger sexuelle Beziehungen ein und werden seltener mit einer STI angesteckt. Jugendliche, die sehr früh sexuelle Beziehungen eingehen, setzen sich im allgemeinen während ihres Lebens höheren Ansteckungsrisiken aus. Jugendliche wollen ausprobieren, etwas Aufregendes erleben und sind risikofreudig. Jugendliche, die früh ihre ersten Erfahrun- gen machen, gehen häufig viele kurze sexuelle Abenteuer ein, bis sie eine stabile Partnerschaft aufbauen, das heisst, sie weisen ein höheres Risiko auf. 6.Hochrisikosex Sogenannte „Risikogruppen“ sind viel häufiger Träger einer sexuell übertragbaren Infektion (STI) als die Allgemeinbevölkerung, weswegen sie vom Blutspenden ausgeschlossen werden. Geschlechtskrankheiten wie Syphilis, Gonorrhö, die HIV-Infektion und Hepatitis B treten am meisten bei Menschen mit häufigem Partnerwechsel auf. Zu diesen „Kerngruppen“ gehören Prostituierte und ihre Kunden, Männer, die Sex mit Männern haben, Personen, die „Partydrogen“ konsumieren wie Kokain, Ecstasy, GHB, oder Menschen, die sich die Drogen (Heroin, Kokain) in die Venen spritzen. Menschen aus Gebieten mit grossen BevölkerungsanteiSex mit einer Person aus den Risikogruppen birgt ein hohes Risiko, eine STI zu erwerben. len einer STI zählt man ebenso zu den Risikogruppen. Dies sind Menschen aus Subsahara-Afrika (HIV-Infektion) oder Südost-Asien (Hepatitis B). Sexualpraktiken, bei denen Verletzungen entstehen, gelten als Sex mit höherem Risiko. Dabei kann Blut mit Viren oder Bakteri- Prävention der STI en austreten, das den Partner ansteckt. Gleichzeitig sind die Verletzungen für die Mikroben eine willkommene Eintrittspforte. Analverkehr ist risikoreicher als Vaginalverkehr. Beim Analverkehr entstehen aus mechanischen Gründen leichter Verletzungen der Schleimhaut des Enddarmes. Beim Vaginalverkehr entstehen weniger Verletzungen, es sei denn, dass die Vagina (Scheide) nicht feucht ist. Das kommt vor, wenn Frauen keine Lust auf Sexualität verspüren oder in der Menopause sind. Für diesen Fall empfiehlt es sich, auf Sexualverkehr zu verzichten; oder das Glied erst dann einzuführen, wenn die Frau Lust hat und feucht wird; oder Gleitflüssigkeit zu verwenden. Sexualverkehr während der Menstruation mit einem STI-infizierten Partner gehört auch zu den risikoreichen Praktiken. Die Gründe sind die gleichen wie bei Verletzungen. Egal, ob der Infizierte die Frau oder der Mann ist, für beide ist die Ansteckungsgefahr deutlich erhöht. 7.Kondome Das Kondom hält das Präejakulat (Lusttropfen) und das Ejakulat (Samenflüssigkeit) zurück, so dass die Frau mit diesen Körperflüssigkeiten nicht in Berührung kommen sollte. Umgekehrt bedeckt das Kondom die Eichel und den Harnröhrenausgang, die Eintrittspforten für Mikroben beim Mann. Wichtig ist, das Kondom auch beim STI -AKTUELL- 26 / 28 Prävention der STI Oralverkehr anzuwenden, da viele STI auch beim Oralverkehr übertragen werden können. Die Anwendung des Kondoms ist an sich nicht schwierig (siehe Kasten „Richtige Kondomanwendung“). Trotzdem braucht es etwas Übung, bis man vertraut mit dem Kondom umgehen kann. Selbstverständlich funktioniert das Kondom nur, wenn es korrekt angewendet wird und nicht abrutscht oder platzt. Gerade junge Menschen sind nervöser und ungeübter, weshalb vermehrt Anwendungsfehler vorkommen. Den Männern ist empfohlen, das Kondom im „stillen Kämmerlein“ für sich auszuprobieren. Entdecken Sie die spielerische Seite des Präservativgebrauchs. Die gemeinsame «Montage» können Sie zu einem lustvollen Teil des Vorspiels gestalten. 5 Die Schutzwirkung von Kondomen Wie gross ist die Schutzwirkung von Kondomen in der Praxis? Die heutigen, qualitativ guten Latexkondome sind für Viren und Bakterien undurchlässig. Trotzdem schützen Kondome in der Praxis leider nicht zu 100%. Der genaue Schutzfaktor ist schwierig zu quantifizieren, nicht zuletzt, weil das Sexualverhalten etwas Privates ist, was der Forschung schwer zugänglich ist. Eine bedeutende Ursache bei Kondomversagern sind Anwendungsfehler. Beim Sexualverkehr sind in der Regel starke und viele Emotionen im Spiel. Da können Kondome auch mal abrutschen oder platzen. Auch können Genitalflüssigkeiten z.B. über die Hände an die Schleim- häute gelangen. Sexualität ist eben nicht vergleichbar mit den Hygienebedingungen in einem Operationssaal. Bei folgenden sexuell übertragbaren Infektionen liegen zur Schutzwirkung einigermassen zuverlässige Forschungsresultate vor: HIV-Infektion: Kondome – wenn sie korrekt und immer angewendet werden – reduzieren das Risiko einer HIV-Übertragung deutlich (ca. 90%). Gonorrhö, Hepatitis B, Chlamydien, Trichomonaden: Korrekt angewendete Kondome reduzieren das Risiko bei vielen STI, die durch Genitalflüssigkeiten übertragen werden. Herpes genitalis, Syphilis, Ulcus molle, humane Papillomaviren: Kondome schützen gegen Krankheiten mit Geschwüren (Ulcera) nur, wenn das Kondom die Geschwüre bedeckt. Humane Papillomaviren (HPV): Kondome können das Übertragungsrisiko reduzieren. Die Anwendung des Kondoms braucht etwas Übung. Am besten trainieren Sie im «stillen Kämmerlein für den Ernstfall». Syphilis-Geschwüre an Orten, an denen das Kondom nicht schützt. Prävention der STI Richtige Kondomanwendung 1. Bei jedem Sexualverkehr ein ungebrauchtes, geprüftes Kondom verwenden. 2. Das Kondom überziehen, sobald die Erektion auftritt, und vor jedem Kontakt des Penis mit Schleimhaut (Vagina, Mund, Anus) und Körperflüssigkeiten des Partners. 3. Packung erst vor Gebrauch öffnen, wenn der Penis steif ist, und vor dem ersten Eindringen. Öffnen Sie die Verpackung, indem Sie sie bei der Kerbe einreissen. Vermeiden Sie jede Beschädigung des Präservativs durch Fingernägel oder scharfe Gegenstände (keine Scheren oder Messer zum Öffnen der Verpackung verwenden). 4. Das Präservativ an seiner Spitze halten, sorgfältig die Vorhaut zurückziehen und das Präservativ entlang dem steifen Glied abrollen. Das Präservativ soll nicht zu angespannt über dem Penis liegt (Gefahr des Reissens). Einen kleinen luftleeren Raum an der Spitze des Kondoms lassen. Darauf achten, dass keine Luft zwischen Penis und Kondom eingeschlossen ist. 5. Nach dem Samenerguss das Glied vor dem Erschlaffen vorsichtig herausziehen. Das Präservativ an der Peniswurzel festhalten, damit kein Sperma auslaufen kann. 6. Erschlafft der Penis vor dem Samenerguss, das Kondom festhalten und das Glied herausziehen. Bei erneuter vollständiger Erektion ein neues Kondom verwenden. 7. Wenn nicht genug Scheidenflüssigkeit vorhanden ist, ein geeignetes Gleitmittel verwenden. Wegen erhöhter Reissgefahr keine ölhaltigen Flüssigkeiten wie Handcreme, Babyöl usw. verwenden. 8. Beim Analverkehr immer genügend Gleitflüssigkeit verwenden. STI -AKTUELL- 28 / 30 Prävention der STI 8. Arztbesuche Suchen Sie bei Beschwerden oder Schleimhaut- und Hautveränderungen im Urogenitalbereich Ihren Arzt auf. Nach einem Risikokontakt oder wenn Sie sich über Ihren HIV- oder STI-Status im Ungewissen sind, konsultieren Sie Ihren Arzt für einen entsprechenden Test und diskutieren Sie die Risiken. Menschen mit häufig wechselnden Partnern ist empfohlen, halbjährlich einen Hausarzt oder Facharzt wie einen Hautarzt, einen Gynäkologen oder Urologen aufzusuchen. Genieren Sie sich nicht ihn alles zu fragen, denn das Wissen über Ihren Körper und die sexuell übertragbaren Infektionen schützt Sie vor Krankheiten und sexuellen Störungen. 5 Der sexuellen Gesundheit wird zu wenig Beachtung geschenkt. Eine Arztkonsultation bei Beschwerden ist ein wichtiger Schritt dazu. Junge Menschen suchen selten einen Arzt zur Klärung von Fragen zur Sexualität, Verhütung und STI auf. Ausnahmen sind etwa die Hälfte der jungen Frauen, die ihren Frauenarzt alle ein bis drei Jahre für einen Check oder wegen der Verhütung konsultieren und manchmal Fragen zum Bereich Sexualität stellen. Durch diese regelmässigen Kontrollen beim Frauenarzt werden in der Schweiz jährlich bei 5000 Frauen die Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert, die dann mit einer Laserbehandlung oder einem chirurgischen Eingriff gut behandelt werden können. Zu einem „Sexual-Gesundheits-Check“ gehört auch zu überprüfen, gegen welche Infektionen bereits geimpft wurde. Gegen Hepatitis B und gegen HPV (humane Papillomaviren, Erreger des Gebärmutterhalskrebses und der Genitalwarzen) gibt es sehr gut wirksame Impfungen, die einen wesentlichen Bestandteil der sexuellen Gesundheit darstellen. Auch geimpfte Frauen sollen mindestens alle drei Jahre eine Vorsorgeuntersuchung durchführen lasssen, weil die Impfung nicht gegen alle HPV wirkt, und der Gebärmutterhalskrebs wir in etwa 25% durch die anderen, nicht im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen verursacht. Nur ein Teil der jungen Menschen suchen einen Arzt wegen ungeklärten Fragen oder Problemen im sexuellen Bereich auf, wie körperliche Beschwerden, Ausschläge, sexuelle Funktionsstörungen (Erektionsstörungen, Schmerzen beim Sexualverkehr usw.). Manche beachten urogenitale Unterleibsbeschwerden zu wenig und warten, bis sie von alleine vorbei sind. Viele STI führen nicht in jedem Fall zu Krankheitssymptomen, oder die Beschwerden verschwinden von selbst. Die Erreger verschwinden aber nicht immer! Ohne richtige Behandlung können sie unerkannt im Körper bleiben. Unerkannte STI-Infektionen sind wohl der wichtigste Grund, warum STI auch in Ländern mit sehr guter medizinischer Versorgung häufig vorkommen. Um das Risiko einer sexuell übertragbaren Infektion (STI) zu klären, würde ein Arzt Ihnen untenstehende acht Fragen stellen. Versuchen Sie selbst eine Antwort zu finden. Können Sie eine oder mehrere Fragen bejahen, lohnt es sich, einen Arzt aufzusuchen. Prävention der STI Acht Fragen zum STI-Risiko 1. Glauben Sie, an einer STI zu leiden? Wenn ja, war- um? 5. Haben Sie oder Ihr Partner sich früher schon einmal auf HIV oder eine andere STI testen lassen? 2. Litten Sie schon einmal an einer STI oder an einer Er- krankung im Genitalbereich? Wenn ja, an welcher? 3. Hatte Ihr Partner je eine STI? Wenn ja, welche? 6. Möchten Sie oder Ihr Partner heute einen HIV-Test machen oder auf das Vorliegen einer anderen STI untersucht werden? 4. Litten Sie oder Ihr Partner in letzter Zeit unter einer der folgenden Beschwerden: 7. Haben Sie sich schon einmal Drogen in die Venen gespritzt und jemals Spritzen oder Nadeln gemein- sam mit anderen verwendet? • Eitriger Ausfluss aus dem Penis, Anus oder Scheide? 8. Hatten Sie jemals Sex mit • Aufälligem Scheidenausfluss (ungewöhnlicher Ge- ruch oder veränderte Farbe)? • Unter wunden Stellen im Genitalbereich, Hautaus- schlag, Schleimhautveränderungen mit oder ohne Beschwerden, Brennen, Juckreiz oder Schmerzen? • einem Mann, der Sex mit anderen Männern hatte? • jemandem, der sich Drogen gespritzt hat? • jemandem aus Entwicklungsland mit hoher STI- Ausbreitung (siehe S. 10)? STI -AKTUELL- 30 / 31 Prävention der STI 9. 5 Impfungen Impfungen machen Sie gegen Mikroben immun. Bei den sexuell übertragbaren Infektionen sind Impfungen nur gegen Hepatitis B und gegen das humane Papillomavirus (HPV) verfügbar. Eine Impfung gegen das HI-Virus und die anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sind weiterhin noch in weiter Ferne. Sie schützen nicht nur den Einzelnen vor einer Infektionskrankheit, sondern auch die Gesellschaft. Indem Sie sich impfen lassen, leisten Sie auch einen Beitrag zur Volksgesundheit. Werden Impfungen von der ganzen Bevölkerung angewendet, vermag eine Impfung Krankheiten völlig zum Verschwinden zu bringen, wie das mit der Kinderlähmung und den Pocken geschehen ist. Der beste Weg, nicht an einer Hepatitis B oder an Gebärmutterhalskrebs/Genitalwarzen zu erkranken, ist die Impfung. Hepatitis-B-Impfung Seit 1981 gibt es einen hochwirksamen Impfstoff gegen Hepatitis B. Nach einer vollständigen Impfung sind 98% der Geimpften jahrzehntelang, womöglich sogar lebenslang Impfungen schützen vor Hepatitis, Genitalwarzen und einigen Krebsarten. Prävention der STI gegen eine Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus geschützt (immun). Die Hepatitis-B-Impfung kann in jeder Arztpraxis vorgenommen werden. folgte, schützt die Impfung zum Teil gegen die anderen HPV. Die Impfung ist nach bisherigen Erkenntnissen im allgemeinen gut verträglich. Für einen ausreichenden Impfschutz sind drei Impfdosen innerhalb von sechs Monaten notwendig. Die Impfung gegen Hepatitis B wird im allgemeinen sehr gut vertragen. Für einen optimalen Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs und Genitalwarzen sind bei Mädchen vor dem 15. Altersjahr zwei Impfdosen, ab dem 15. Geburtstag drei Impfdosen innerhalb von sechs Monaten notwendig. Die Krankenkassen übernehmen in der Schweiz die Kosten bis zum 15. Altersjahr. Das Schweizerische Bundesamt für Gesundheit empfiehlt, alle Kinder gegen Hepatitis B (und A) zu impfen, schon als Säugling oder spätestens in der Pubertät, vor dem ersten Sexualkontakt. Aber auch bei Erwachsenen ist eine Hepatitis-B-Impfung sinnvoll, denn die meisten gehen ja auch bei Reisen in Gebiete mit vielen Hepatitis-B-Trägern, so dass man sich auch anders als sexuell anstecken kann. Humane-Papillomavirus-Impfung Seit 2008 gibt es Impfungen gegen humane Papillomaviren (HPV). Die offiziell empfohlene Impfung (Gardasil) schützt vor den HPVTypen 16 und 18 (die häufigste Ursache für Gebärmutterhalskrebs) und vor den HPV-Typen 6 und 11, die Genitalwarzen verursachen können (siehe Kapitel „Humane Papillomaviren). Die Impfung führt zu einem sehr hohen Schutz bei den Typen 6, 11, 16, 18 (gegen 100%), wenn sie vor einer HPV-Ansteckung durchgeführt wird. Junge Frauen sollem vor dem ersten Sexualkontakt geimpft werden. Wenn eine Infektion bereits vor der Impfung er- Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt generell eine Impfung für alle Mädchen im Alter von 11–14 Jahren (vor dem 15. Geburtstag) sowie für 15- bis 19-jährige eine Nachholimpfung. Auch für Frauen von 20–26 Jahren kann eine Impfung nach Absprachen mit dem Arzt sinnvoll sein. 5% der Genitalwarzen und 25% des Gebärmutterhalskrebses werden allerdings durch andere HPV-Viren verursacht, gegen die die Impfung nicht wirkt. Deshalb soll die Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt bei geimpften Frauen auf jeden Fall fortgeführt werden und andere Massnahmen zur Risikoverminderung gegen STI sollen unbedingt berücksichtigt werden. Der Impfstoff Gardasil wirkt auch bei Männern gegen Genitalwarzen sowie gegen Krebsarten durch HPV 16 und 18 und wird in den USA (von der FDA) bereits empfohlen. STI -AKTUELL- 32 / 33 Prävention der STI 10. Drogen und Alkohol Drogen und Alkohol bewirken Störungen des Urteilsvermögens, insbesondere eine Selbstüberschätzung, die zu einer gesteigerten Risikobereitschaft für den Betroffenen führt. Gerade Ansteckungen mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten geschehen häufig im Rauschzustand. In der Schweiz nahm im letzten Jahrzehnt der Drogen- und Alkoholkonsum insbesondere bei Jugendlichen deutlich zu und erreichte ein besorgniserregendes Ausmass. mehr, mit wem und mit wie vielen sie Sex hatten sowie welche Sexualpraktiken sie ausübten. Nicht selten werden solche sexuellen „Abenteuer“ nach dem Rausch schwer bereut. Der Rausch vermindert die Willensbildung und trübt die Urteilsfähigkeit. Während des Drogeneinflusses kann man nicht mehr vernünftig entscheiden, was man will und was einem gut tut. Die Empfehlung – nicht nur zum Schutz vor STI – heisst: Keine Drogen. Partydrogen 5 Party- oder Designerdrogen wie Ecstasy, Amphetamine, Kokain, Cannabis oder GHB stimulieren die sexuellen Bedürfnisse und wirken enthemmend. Diese Drogen können die sexuelle Erregung stark steigern und verlängern. Gleichzeitig wirken sie aufputschend und schalten das Bewusstsein und das Gefühl für die körperliche und seelische Gesundheit aus. Drogen lassen die eigenen Moralauffassungen gleichgültig werden und bewirken, dass der Respekt vor sich selber verloren geht. Diese verschiedenen Wirkungen der Drogen fördern die Risikofreudigkeit stark: Seltene Kondomanwendung, häufiger Wechsel des Sexualpartners und risikoreichere Sexualpraktiken wie Analverkehr werden praktiziert. Viele One-Night-Stands finden unter Drogeneinfluss statt, oft mit unbekannten und manchmal mit verschiedenen Partnern in einer Nacht. Manche Drogenuser wissen nach der Party nicht einmal Schweiz: Personen ab 15 Jahren mit Drogenerfahrungen (in %) Frauen Männer 1997 2002 2007 1997 2002 2007 Kokain 1,0 1,1 1,7 2,2 2,5 3,8 Ecstasy 0,7 0,7 1,2 1,3 1,5 2,5 Cannabis 9,9 11,6 14,8 18,9 20,3 24,4 Quelle: Sucht Info Schweiz Prävention der STI Alkohol und STI Viele junge Menschen trinken Alkohol, um ihre Unerfahrenheit zu überspielen. Andere brauchen Alkohol gegen Hemmungen bei der Partnersuche und Sexualität. Alkohol führt wie die Partydrogen zu mehr Risikoverhalten, auch bezüglich sexuell übertragbaren Krankheiten. Besonders alarmierend ist, dass der Alkoholkonsum bei Jugendlichen in den letzten Jahren zugenommen hat. Rauschtrinken von Jugendlichen in der Schweiz 2010 % Jungen 15 Jahre 70 Mädchen 15 Jahre 60 50 40 30 20 10 0 Nie 1x 2x 3x und Nie häufiger 1x 2x 3x und häufiger Quelle: Windlin, Sucht Info Schweiz STI -AKTUELL- 34 / 35 Prävention der STI Auch unter Alkohol ist die Urteilsfähigkeit und Willensbildung schwach. Wie viele Alkoholisierte wissen nicht mehr genau, was in der vorherigen Nacht passiert ist. Manch einer erwacht irgendwo halb bekleidet und weiss nicht mehr, wie er an diesen Ort gekommen ist. Andere wachen am nächsten Morgen nicht nur mit einem dicken Kopf auf, sondern auch mit einem schlechten Gewissen oder Schamgefühl und hoffen, dem Sexualpartner nicht so schnell wieder unter die Augen treten zu müssen. Solches Verhalten wird unter Hochrisikosex eingestuft. Aber wenn schon, müsste sich das Risiko für einen lohnen. Hand aufs Herz, aber gelohnt hat sich solcher Sex wohl kaum, ein Highlight ist ein solches Abenteuer in keiner Weise. An guten Sex erinnern Sie sich noch lange, und dieses Glücksgefühl begleitet Sie zumindest noch über den nächsten Tag. 5 Trinken Sie Alkohol nur zum Genuss; zu einem guten Essen oder mit Mass bei einem besonderen Anlass. Wollen Sie Sex, dann beschränken Sie am besten die Alkoholmenge, damit Sie auch den Sex geniessen können. Hemmungen bei der Partnersuche und Befangenheit oder Unbeholfenheit beim ersten Sex kennen viele Menschen. Stehen Sie dazu und sprechen Sie mit dem möglichen Partner darüber. Die meisten schätzen solche Offenheit und stufen Sie als mutig ein. Reagiert ein Partner unangenehm, ist er vielleicht nicht der Richtige. Haben Sie eine „Trinkschwäche“, dann nehmen Sie sich vor, vor möglichem Sex nicht zu trinken, Sie haben mehr davon. HIV und STI riecht und sieht man meist nicht! Krankheiten und Symptome Die sexuell übertragbaren Infektionen können nach Tagen bis Wochen durch erste Symptome in Erscheinung treten. Einige STI (HIV, Hepatitis B und C, Syphilis, Cytomegalie (CMV) und selten die Gonorrhö) breiten sich über die Blutbahnen in den ganzen Körper aus und sind für die Späterkrankungen verantwortlich. Jahre (manchmal mehr als zehn Jahre) nach der Ansteckung können zum Teil schwere, irreparable Schäden wie Unfruchtbarkeit, Hirnschäden, Leberschäden, Krebs und Aids auftreten. Ohne Behandlung können HIV, Hepatitis B, C und Syphilis sogar mit dem Tod enden. Herpes genitalis und Genitalwarzen sind für den Arzt meist eine Blickdiagnose, und das Sekret einer Chlamydien-Infektion oder einer Gonorrhö kann oft von blossem Auge als Entzündung der Harnröhre (Urethritis) erkannt werden. Die klinisch sichtbare Entzündung der Harnröhre bestimmt dann gezielte weitere Abklärungsschritte. Hingegen bei den anderen sexuell übertragbaren Infektionen sind die Symptome und Krankheiten nicht krankheitsspezifisch, das heisst, Symptome können dem Arzt höchstens Hinweise auf die Diagnose geben. Diese muss aber mit Bluttesten oder mit einem Abstrich diagnostiziert werden. Erst dann kann eine angemessene Therapie erfolgen. Die ersten Symptome (Primäraffekt/Primoinfektion) Mit Ausnahme der HIV- und der Hepatitis-Infektion machen sich die STI zunächst am Eintrittsort bemerkbar; an Penis, Vagina (Scheide), Schamlippen und je nach Kontakt auch After, Lippen und Mundhöhle. Bei der Syphilis kann prinzipiell je nach Sexualpraktik jeder Ort der äusseren Haut und Schleimhaut einen Primäraffekt entwickeln. Geschwür nach einer Syphilis-Ansteckung. Ähnliche Geschwüre kommen auch bei Ulcus molle oder genitalem Herpes vor. Sie verschwinden auch ohne Therapie, nicht aber die Infektion. STI -AKTUELL- 36 / 37 Krankheiten und Symptome 6 Die häufigsten STI-Symptome STI verursachen oft keine Symptome oder Beschwerden Einige Tage/Wochen nach der Ansteckung können folgende Symptome auftreten: Ein grosser Prozentsatz der sexuell übertragbaren Infektionen verläuft ohne Beschwerden und sogar ohne Symptome. Das stellt eine grosse Herausforderung für die Diagnosestellung und Prävention dar. Der Infizierte bemerkt häufig nichts von der STIAnsteckung, weil Schleimhaut- und Hautveränderungen ohne Beschwerden auftreten oder nur milde Symptome verursachen. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass die ersten Symptome in den allermeisten Fällen nach Tagen oder Wochen wieder verschwinden. Nicht selten werden Symptome als Grippe oder Blasenentzündung falsch gedeutet. Bei der HIV-Infektion wird im ersten halben Jahr nach der Ansteckung die Diagnose nur in 15–20% der Fälle gestellt. Bei jedem Dritten wird die HIV-Infektion erst nach sieben oder mehr Jahren herausgefunden. Gonorrhö- oder Chlamydien-Infektionen werden von den Frauen zu mehr als 70% nicht erkannt, und ein ansehnlicher Teil der Männer bemerkt nie Symptome. • Schleimhaut- und Hautveränderungen, die keine Beschwerden verursachen (weder Brennen, Jucken noch Schmerzen) • Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen • Ausfluss aus Penis, After und Vagina • Scheidenausfluss ist ungewöhnlich oder auffällig (ungewöhnlicher Geruch, veränderte Farbe) • Juckreiz, Brennen und/oder Schmerzen an äusseren Genitalien und After • Wunde Stellen und/oder Hautausschlag im Genitalbereich wie Rötungen, Pusteln, Bläschen, Geschwüre und Warzen • Menstruationsstörungen: unregelmässige, ausbleibende Menstruation; Zwischenblutungen • Geschwollene Lymphknoten in der Leiste • Schmerzen in Genitalbereich oder Unterbauch, evtl. auch beim Geschlechtsverkehr • Veränderungen der Schleimhaut in Mund und Rachen oder am Enddarm nach Oral- oder Analsex • Bei Hepatitis B und C kann eine Gelbsucht auftreten (gelbe Augen und Haut) • Bei HIV können folgende Symptome auf eine sogenannte HIV-Primoinfektion hinweisen: Fieber, vergrösserte Lymphknoten, Hautausschlag, multiple Aphten, Schweissausbrüche, starke Müdigkeit, Durchfall, Halsschmerzen, Kopfschmerzen All das kommt denjenigen entgegen, die Krankheiten lieber verdrängen oder denen sexuelle Probleme unangenehm sind. Sie schieben den Arztbesuch hinaus und warten ab – im Falle der sexuell übertragbaren Krankheiten eine fatale Fehlbeurteilung. Sexuell übertragbare Krankheiten In diesem Kapitel werden häufige und schwerwiegende sexuelle Krankheiten vorgestellt. Da es mehr als 30 verschiedene sexuell übertragbare Krankheiten gibt, bin ich nicht darum herumgekommen, für diese Broschüre eine Auswahl zu treffen, die notwendigerweise teilweise willkürlich ist. Ebenso berechtigt wäre es gewesen, neben den hier beschriebenen Infektionen Cytomegalie, Pilzinfektionen (Candida albicans), Krätze, Filzläuse usw. aufzuführen. Humane Papillomaviren Quelle: E.M.Schraner, Vet. Anatomie und Virologie, Uni Zürich Humane Papillomaviren-Infektionen Erreger: Humane Papillomaviren (HPV) Krankheiten: Genitale Warzen (Feigwarzen, Condylomata acuminata), Gebärmutterhalskrebs, Krebs im Mund und Rachen Übertragungswege: Sexueller Kontakt (genital, anal, oral); Schmierinfektion (selten); Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: Ärztliche Untersuchung, Anoskopie/Kolposkopie, Abstrich, Zytologie und molekulare Diagnostik (DNA-Nachweis) Inkubationszeit: etwa drei Monate Verlauf: Meist Spontanheilung nach 6–18 Monaten. Bei 10% bleibt das HPV lebenslang (chronische Infektion) Behandlung: CO2-Laser, chirurgisch, Kryotherapie, lokal applizierte Medikamente, oft langwierig und hohe Rückfallrate Impfung: Impfung gegen häufigste HPV-Viren vorhanden; empfohlen für Mädchen möglichst vor dem ersten sexuellen Kontakt Die Infektionen mit den humanen Papillomaviren (HPV) sind weltweit die häufigsten STI. Auch in Europa werden die meisten sexuell aktiven Menschen mit HPV angesteckt. Normalerweise heilt die Infektion nach 6–18 Monaten aus, hinterlässt aber keine Immunität, so dass im Verlaufe des Lebens eine mehrmalige Ansteckung möglich ist. Nur etwa 10% verlaufen chronisch und können zu Genitalwarzen oder Krebsvorstufen am Gebärmutterhals führen. HPV infizieren die Schleimhaut oder Haut. Sie können an den Infektionsstellen Veränderungen wie Warzen und Krebs verursachen. Bislang wurden über 100 verschiedene HPV-Typen entdeckt, von STI -AKTUELL- 38 / 39 Sexuell übertragbare Krankheiten denen jeder ein typisches Symptom hervorruft. Zum Beispiel führt HPV-1 zu Warzen an Hand- und Fussflächen. Übertragung: Ein Teil der HPV-Typen werden sexuell übertragen: HPV-6 und -11 führen zu Genitalwarzen; HPV-16 und -18 können zu Veränderungen und Krebs des Gebärmutterhalses führen. Diese und andere HPV-Typen können auch zu Krebs an Penis, Vagina, Vulva und Anus führen. Auch Menschen mit HPV, die keine sichtbaren Zeichen einer HPV-Infektion haben, können diese weiterverbreiten. Sexuelle Übertragung: Bei sexuellen Kontakten werden Schleimhaut und Haut in der anogenitalen Region durch virushaltige Körperflüssigkeit (Vaginalflüssigkeit und Sperma) und Schleimhautkontakt infiziert. Mutter-Kind-Übertragung: Während der Geburt werden Papillomaviren auf das Neugeborene übertragen. 7 Genitalwarzen (Condylomata acuminata) Genitalwarzen werden in 95% der Fälle durch humane Papillomaviren Typ 6 und 11 verursacht. Krankheitsverlauf: Die Inkubationszeit dauert im Durchschnitt drei bis vier Monate (von einem Monat bis 2 Jahre). In den infizierten Haut- und Schleimhautzellen vermehren sich die Viren und bringen diese Zellen zum Wuchern. Die Genitalwarzen sind flach oder spitz und können zu blumenkohlartigen Tumoren im Bereich der Haut und Schleimhaut der äusseren Genitale wachsen. Bei Mä- Prävention: Eine sehr wirksame Impfung (Gardasil) gegen die HPV-Typen 6,11,16 und 18 für Mädchen und Frauen bis 26 ist verfügbar. Auch für geimpfte Frauen lohnt es sich, beim Frauenarzt regelmässig eine Vorsorgeuntersuchung zu machen, weil 25% nicht durch diese HPV-Typen verursacht werden. Die Impfung Gardasil wird von den Krankenkassen bezahlt, wenn sie vor dem 15 Altersjahr durchgeführt wird. Sie sollte vor Beginn der sexuellen Aktivität erfolgen. Kondome können das Risiko vermindern. Genitalwarzen: HPV bringt Haut und Schleimhaut zum Wuchern, so dass kleine Feigenwarzen entstehen, die so gross werden können wie auf der Zeichnung. Sexuell übertragbare Krankheiten nern entstehen die Warzen am häufigsten am Ausgang der Harnröhre und bei den beschnittenen Männern am Penisschaft. Die Genitalwarzen im Bereich des Anus entstehen durch Analverkehr. Bei den Frauen erscheinen die Warzen oft am Scheideneingang und an den kleinen Schamlippen und breiten sich von da aus. Die Genitalwarzen sind zwar gutartig, aber anteckend, sehen abstossend aus und können sehr lästig sein, so dass sie oft einer Therapie bedürfen. Bei immungeschwächten Menschen wie HIV-Infizierten können die Warzen auch bösartig werden, so dass Krebs entsteht. Behandlung: Die Genitalwarzen können entweder physikalisch (Laser, flüssiger Stickstoff, Elektrokoagulation oder mit dem Skalpell) entfernt werden oder mit lokal anwendbaren Mitteln (Lösungen/Crème) bekämpft werden. Sehr häufig muss die Therapie mehrmals wiederholt werden und Rezidive kommen häufig vor. Geheilt werden können Genitalwarzen meist nicht, da auch nach der Behandlung immer noch Zellen mit Viren vorhanden sind. Diagnose: Die meisten Genitalwarzen sind von Auge sichtbar und können problemlos diagnostiziert werden. Abstriche liefern die zytologischen Merkmale für eine HPV-Infektion. Um Krebsvorstufen auszuschliessen, können die Zell- bez. Gewebeproben vom Spezialisten beurteilt werden. Gebärmutterhalskrebs und seine Vorstufen Krebsvorstufen am Gebärmutterhals werden in etwa 70% der Fälle durch humane Papillomaviren (HPV) Typ 16 und 18 verursacht, die restlichen durch andere Hochrisiko-HPV-Typen. Zum Glück ist die Selbstheilungsrate der HPV-Infektionen sehr gross. Nur 10% der Ansteckungen werden chronisch. Krankheitsverlauf: Die Schleimhautzellen des Gebärmutterhalses werden beim Sexualverkehr mit einem HPV-Infizierten übertragen. Die Inkubationszeit dauert im Durchschnitt drei bis vier Monate (von einem Monat bis zwei 2 Jahre). Die HPV-Viren bleiben 6–24 Monate im Körper. Die allermeisten HPV-Infektionen, etwa 90%, heilen komplikationslos ab und das Virus wird beseitigt. In 10% der Fälle bleibt das Virus im Körper (chronisch) und kann sich in infizierten Schleimhautzellen des Gebärmutterhalses vermehren. Vor allem die Virustypen 16 und 18 regen die Zellen zum Wuchern an, was sich an Veränderungen (Dysplasie) der Schleimhaut zeigt. Schreitet diese Veränderung ohne medizinische Therapie fort, kann ca. in 10 Jahren Krebs entstehen. Innerhalb von 5 Jahren entstehen in 40% der Fälle Krebsvorstufen verschiedenen Schweregrades (CIN 1–3). Während leichte Zellveränderungen (CIN 1) noch nicht als Krebsvorstufe gelten, liegt das Risiko, bei CIN 2 innerhalb von 5–10 Jahren Krebs zu bekommen, bei 20–30%, bei CIN 3 innerhalb von 2 Jahren ungefähr bei 50%. Diagnose: Abstrich vom Gebärmuttermund und -hals (Krebsabstrich), frauenärztliche Untersuchung (Kolposkopie), Gewebeprobe (Histologie), Zytologie, molekulare Diagnostik (PCR). Therapie: Bei Krebs oder Vorstufen: Operation (Konisation oder Gebärmutterentfernung). STI -AKTUELL- 40 / 41 Sexuell übertragbare Krankheiten Genitaler Herpes 7 Erreger: Herpes-simplex-Virus Typ 2, HSV-2 (Herpes genitalis) und Typ 1, HSV-1 (Herpes labialis) Übertragungswege: Sexueller Kontakt; Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: Typische „Fieberbläschen“. Herpestest, Nachweis mit Abstrich, Antikörper- bzw. Antigennachweis, Virusisolation, PCR Inkubationszeit: 2–7 Tage Verlauf: Einmaliges oder wiederholtes Auftreten der Bläschen, selten schwerwiegende Komplikationen verschiedener Organe. Häufig symptomlos. Immer lebenslange Infektion, Reaktivierung häufig Behandlung: Mit antiviralen Medikamenten können Symptome behandelt werden, jedoch kann man das Herpes Virus nicht beseitigen. Dauersuppressionstherapie bei häufigen und schweren Ausbrüchen ist möglich Herpestest: Antikörper- oder Antigennachweis im Blut, Diagnostische Lücke: 2 Wochen. Virale Erbsupstanz (DNA) nachweisbar mittels PCR von Bläschen, sobald diese auftreten Impfung: Keine Zu den sexuell übertragbaren Herpesviren gehören Herpes-simplex-, Zytomegalie- und Epstein-Barr-Virus. Beim Herpes-simplexVirus gibt es die beiden Typen 1 und 2. Herpes simplex Virus Typ 1 (HSV-1) ist verantwortlich für den Herpes im Gesichts-/Lippenbereich und beginnt im Kindesalter; im 5. Lebensjahrzehnt sind 80– 90% der Bevölkerung infiziert. Der Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV2) steckt meist hinter dem genitalen Herpes (Herpes genitalis) am Herpes Viren Quelle: E. M. Schraner, Vet. Anatomie und Virologie, Uni Zürich Penis, am äusseren weiblichen Genitale und im Analbereich. Die Infektion beginnt mit der sexuellen Aktivität, also nicht vor der Pubertät. Im Erwachsenenalter sind etwa 10–30% mit HSV-2 infiziert. Etwa jede fünfte Herpes-genitalis-Infektion wird aber durch HSV1 verursacht, denn HSV-1 verursacht Herpes an den Lippen als auch genital. Durch Oralverkehr kann HIV-1 die Genitalregion infizieren. (Herpes genitalis durch Typ 1 nimmt stetig zu.) HSV-2 kann Rachen- und Tonsilleninfektion verursachen. Die Mehrheit der Herpes-Infizierten leidet an keinen oder nur milden Symptomen. Eine Minderheit der Herpes-Kranken leidet aber Sexuell übertragbare Krankheiten an immer wieder auftretenden, sehr unangenehmen Ausbrüchen, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Gefürchtet ist Herpes bei Neugeborenen, die ohne Behandlung sterben oder Schäden davontragen. auf, die gekennzeichnet sind durch Schmerz, Brennen, Juckreiz, Schmerzen beim Wasserlösen und Schwellung der Lymphknoten in der Leiste. Die typischen Herpes-Bläschen (Fieberbläschen) Eine asymptomatische Infektion (ohne Symptome) ist möglich. Wahrscheinlich geschehen die meisten Übertragungen, ohne dass sich der Virusträger einer Infektion bewusst ist. Übertragung: Gelangt virushaltige Körperflüssigkeit auf Schleimhäute oder Haut (mit mikroskopisch kleinen Verletzungen), kommt es zu einer Infektion der Zellen. Dort vermehren sich die Viren sofort und dringen dann in die Nervenzellen ein, wo sie sich lebenslang aufhalten, sich wieder stark vermehren können und dann wieder in die Haut und Schleimhaut wandern, wo sie ursprünglich herkamen, oder auch an ganz andere Orte, wo es wieder zu einem Herpesausbruch kommt. Das Risiko einer Mutter-Kind-Übertragung ist in unseren Breitengraden klein (kleiner als 3%). Sie kann vorkommen, wenn im letzten Drittel der Schwangerschaft eine frische mütterliche Ansteckung oder eine Reaktivierung einer bestehenden Herpes-genitalis-Infektion geschieht. Die Mutter-Kind-Ansteckung erfolgt fast immer während der Geburt durch Kontakt mit ansteckendem Vaginalsekret im Geburtskanal. Krankheitsverlauf: Bei bis zu 40% der genitalen Herpesinfektionen treten zwei bis sieben Tage nach der Ansteckung die typischen Herpesbläschen im Geschlechtsbereich bei Mann und Frau Herpesbläschen an Geschlechtsorganen können sehr unangenehm sein und stören oder verhindern Sexualität. können in Pusteln übergehen und platzen, so dass schmerzhafte Geschwüre (Ulcera) entstehen. Die Symptome heilen nach 10–14 Tagen ab. Die örtlichen Symptome können mit Allgemeinsymptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen einhergehen. STI -AKTUELL- 42 / 43 Sexuell übertragbare Krankheiten Das Virus bleibt auch nach dem Verschwinden der Fieberbläschen lebenslang im Körper versteckt und vermehrt sich in den Nervenenden. Herpes kann immer wieder, in unterschiedlich langen Abständen auftreten. Im ersten Jahr nach der Erstmanifestation kommt es im Schnitt zu vier Rezidiven. Seltener kommt es bei den Frauen zu einer Entzündung des Gebärmutterhalses und der Eileiter und bei den Männern zu einer Entzündung der Nebenhoden. Manchmal kommt es auch zu einer Invasion der Viren ins Blut, von wo aus sie in alle Körperorgane gelangen können. Sehr selten führt Herpes zu schwereren Komplikationen bei verschiedenen Organen: Erblinden, Hirnhautentzündungen, Darmentzündungen. Diese schweren Verläufe treten insbesondere bei Menschen mit einer Immunschwäche auf, wie bei Aids. Die Mutter-Kind-Übertragungen kommen zwar selten vor, führen dann aber häufig zu schwerwiegenden Komplikationen: Unbehandelt sterben 65% der Neugeborenen und nur 10% entwickeln sich normal. 7 Es kommt oftmals auch zu einer Reaktivierung der Herpes-Infektion, die für den Betroffenen ohne die typischen Symptome abläuft. Das Virus vermehrt sich kräftig und wird über die Schleimhaut ausgeschieden. So finden auch Ansteckungen in diesen symptomarmen Phasen statt – von keinem der Partner bemerkt. Diagnose: Die typischen Fieberbläschen führen den Arzt meist zur Diagnose. Bei unklaren Fällen und bei Fehlen der typischen Bläschen oder bei symptomlosen Patienten können Antikörper im Blut oder Antigen und DNA direkt von den Bläschen oder Ulcera nachgewiesen werden. Behandlung: Die Symptome einer aktiven Infektion (frische oder reaktivierte) können mit antiviralen Medikamenten (z.B. Aciclovir) behandelt werden. Mit dieser antiviralen Therapie können die akuten Krankheitsphasen beherrscht werden, aber HSV bleibt nach einer Erstinfektion lebenslang im Körper der infizierten Person und kann nicht mit einer antiviralen Therapie ausgerottet werden. Prävention: Antivirale Medikamente, die während der akuten Phase oder in schweren Fällen als Dauersuppressionsbehandlung gegeben werden, vermindern auch das Ansteckungsrisiko. Insbesondere bei schwangeren Frauen wird die antivirale Behandlung auch als Schutz vor einer HSV-Übertragung angewendet. Ein Kaiserschnitt ist eine weitere Möglichkeit, die Mutter-Kind-Übertragung zu verhindern. Voraussetzung dafür ist eine gesicherte Diagnose. Kondomanwendung ist bei jedem Risikokontakt angezeigt, reduziert das Übertragungsrisiko, schliesst es aber nicht aus. Sexuell übertragbare Krankheiten Chlamydien-Infektion Erreger: Chlamydia trachomatis (Bakterium) Krankheiten: Chlamydien-Infektion Übertragungswege: Sexualverkehr (genital, anal, oral); Kontakt mit Genitalsekreten; Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: PCR, ev. Antigentest von Abstrich Verlauf: Bei Frauen: nur 20% haben Symptome (leichte genitale Symptome bis Infektion der inneren Genitalorgane mit Unfruchtbarkeit); bei Männern 50% symptomatisch (Urethritis) Behandlung: Heilbar mit Antibiotika Chlamydientest: Genomnachweis (PCR), eventuell Antikörpernachweis (ELISA) Impfung: Keine Europa weit verbreitet. Erstaunlich sind die zunehmenden Infektionsraten von Chlamydien in Europa und den USA. Da eine Antibiotika-Behandlung zur Heilung führen würde, müsste die Chlamydienepidemie durch konsequente Stellung der Diagnose und Behandlung eingedämmt werden können. Dass dies nicht der Fall ist, liegt vor allem an den fehlenden Diagnosestellungen, da Chlamydien-Infektionen in der Regel symptomarm verlaufen, und an der fehlenden Behandlung des Partners. Siehe Kapitel „Chlamydien: Zunahme trotz Antibiotika“. Nach einer Heilung der Chlamydien-Infektionen (durch Antibiotika) besteht aber keine Immunität, das bedeutet, dass jemand immer wieder neu mit Chlamydien angesteckt werden kann. Deshalb muss der Partner ebenfalls konsequent behandelt werden, sonst steckt sich ein Paar immer wieder gegenseitig an (Pingpong-Effekt). Akute Chlamydien-Infektionen ähneln den Krankheitsbildern der Gonokokkeninfektionen, verlaufen aber etwas milder. Die meisten Harnröhrenentzündungen und Nebenhodenentzündungen werden durch Chlamydien verursacht, die anderen am häufigsten durch Gonorrhö. Die Chlamydien-Infektionen sind häufige Ursachen für Unfruchtbarkeit der Frau. Chlamydien (grün) Die sexuell übertragenen Chlamydien-Infektionen sind auch in Krankheitsverlauf: Tage bis Wochen nach der Ansteckung treten die Symptome auf. Bei Männern und Frauen erzeugen die Bakterien lästige Harnröhreninfektionen (Urethritis) mit eitrigem Ausfluss, die zum Brennen beim Wasserlassen führen. Gelangen die Chla- Quelle: CDC, USA STI -AKTUELL- 44 / 45 Sexuell übertragbare Krankheiten mydien in den Darm (beim Analverkehr), kann es zu Enddarmentzündungen kommen, und wenn die Augen betroffen sind, entstehen Bindehautentzündungen. Beim Mann können die Nebenhoden, bei der Frau auch Gebärmutter, Eileiter und Bauchhöhle betroffen sein. Letzteres sind die Ursachen für die häufige Unfruchtbarkeit und Eileiterschwangerschaften durch Chlamydien-Infektionen. Die Infektion verläuft häufig unbemerkt, also ohne Beschwerden. Die symptomlosen Infizierten sind aber gleichwohl infektiös. Auch unbemerkte Infektionen können bei Frauen zu Unfruchtbarkeit und Eileiterverklebungen mit den Folgen von gehäuften Bauchhöhlenschwangerschaften führen. Eine Übertragung von Chlamydien bei infizierten Müttern während der Geburt geschieht bei 50–60% aller Neugeborenen. 1–2 Wochen nach der Geburt bekommen diese Neugeborenen Bindehaut- (Auge), Lungen- oder Ohrenentzündungen. Behandlung: Antibiotika heilen die Chlamydien-Infektionen. Diagnose: Chlamydiennachweis aus Urin und Abstrich von Muttermund oder Harnröhre. Prävention: Der Chlamydien-Status ist der erste präventive Schritt. Bei einer Infektion ist eine antibiotische Behandlung des Infizierten sowie der Sexualpartner (auch ehemalige) notwendig. Bei Risikokontakten vermindern Kondome das Risiko, schliessen es aber nicht aus. Chlamydien-Infektion: Verursachen häufig keine Beschwerden, aber durch aufsteigende Infektionen in die Eileiter kann Unfruchtbarkeit entstehen. 7 Sexuell übertragbare Krankheiten HIV-Infektion/Aids Erreger: Human Immunodeficiency Virus (HIV, Typ1 (HIV-1), Typ 2 (HIV-2) Übertragungswege: Sexueller Kontakt; Blutkontakt; Mutter-KindÜbertragung Diagnose: HIV-Test Inkubationszeit: 2–3 Wochen für Primoinfektion; 8–12 Jahre für Aids Verlauf: Unbehandelt lebenslange Infektion, die mit dem Tod endet Behandlung: Antiretrovirale Therapie (ART) unterdrückt die Virusvermehrung und Folgekrankheiten, aber eliminiert HIV nicht HIV-Test: Kombinierter Antigen-Antikörper-Suchtest; Antikörpertest (Bestätigungstest Western Blot); Molekulare Diagnostik (HIV-RNA) Nachweis mittels PCR. Diagnostische Lücken siehe Seite 50 Impfung : Keine Die HIV-Infektion ist in erster HI-Viren Linie eine sexuell übertragbare InfekQuelle: Zentrum für Mikroskopie und Bildanalyse der Universität Zürich tionskrankheit. Aids (Acquired Immunodeficiency Syndrome = erworbene Immunschwäche-Krankheit) wird das Endstadium einer Infektion mit HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus) genannt. Bis heute wurden zwei Virustypen (HIV-1 + HIV-2) mit zahlreichen Untergruppen entdeckt. Zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch von Aids vergehen etwa zehn Jahre. In dieser Zeit können die Infizierten – ohne etwas von der Infektion zu merken – das Virus auf andere Menschen übertragen. Auch heute noch erfahren in Westeuropa etwa ein Drittel der Infizierten im Durchschnitt erst sieben Jahre nach der Ansteckung von ihrer Infektion. Die HIV-Infektion kann mit einer antiretroviralen Therapie (ART) behandelt werden. ART unterstützt das Immunsystem, so dass bei einer gut verträglichen Therapie über Jahrzehnte keine Krankheiten entstehen. Allerdings kann ART die HIV-Infektion nicht beseitigen, was bedeutet, dass der HIV-Infizierte lebenslang Virusträger bleibt. Aufgrund der bisherigen Erfahrung mit ART wird die Lebenserwartung für Frauen und ältere HIV-Infizierte nur wenig niedriger als in der Allgemeinbevölkerung geschätzt; für 25-jährige Infizierte auf 50 – 60 geschätzt. ART senkt effizient die Infektiosität, weshalb Diagnose und Behandlung der HIV-Infektion auch von grösster präventiver Bedeutung sind. Übertragung: Die grösste Infektiosität (Übertragbarkeit) besteht während der akuten Phase. Sehr oft wird die Diagnose einer HIVInfektion erst danach gestellt. Es wird vermutet, dass die meisten STI -AKTUELL- 46 / 47 Sexuell übertragbare Krankheiten HIV-Übertagungen in den ersten Wochen der Infektion geschehen. Bei der unbehandelten HIV-Infektion bleibt die Infektiosität lebenslang vorhanden und ist je nach der Stärke der Vermehrung unterschiedlich hoch. Sexuelle Übertragung: In erster Linie wird das HI-Virus durch Sexualverkehr übertragen, wobei Analverkehr das höchste Risiko aufweist, ein etwas kleineres Vaginalverkehr und das geringste Oralverkehr. iv-Drogenkonsum: Beim intravenösen Drogenkonsum besteht ein sehr hohes Risiko, wenn bereits benutzte Spritzen oder Nadeln verwendet werden. Mutter-Kind-Übertragung: Während Schwangerschaft, Geburt oder beim Stillen besteht ein hohes Übertragungsrisiko von 30%. Durch ART wird das Risiko unter 1% gesenkt. Keine Ansteckung: HIV ist kein Virus, das über die Luft oder Nahrungsmittel übertragen wird. Ausserhalb des Körpers überlebt es nur kurz, wodurch eine Übertragung im Alltag extrem unwahrscheinlich ist. 7 HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen: STI wie Syphilis, Herpes genitalis, Gonorrhö und Ulcus molle erhöhen die Empfänglichkeit für eine Infektion mit dem HI-Virus. Leidet der HIV-Infizierte zusätzlich an einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit, so ist er für Sexualpartner ansteckender. Das Immunsystem des HIVInfizierten wird durch andere STI zusätzlich belastet. Krankheitsverlauf: Bei einer unbehandelten HIV-Infektion werden drei Stadien unterschieden: Akute HIV-Infektion (auch Primoinfektion): Die akute HIV-Infektion beginnt gerade nach der Ansteckung und dauert 7–10 Wochen. 1–2 Wochen nach der Ansteckung bekommen etwa die Hälfte der HIV-Infizierten ähnliche Symptome wie bei einer Grippe oder einer Mononukleose: Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen und vergrösserte Lymphknoten, welche etwa 6 Wochen dauern können. Auch ohne Behandlung verschwinden diese Symptome wieder, weshalb sie oft nicht als akute HIV-Infektion interpretiert werden. Klinisch stumme Phase: Nach der akuten Infektion treten 8–10 Jahre kaum Symptome auf. Gleichwohl vermehren sich HIV weiter, und das Abwehrsystem des HIV-Infizierten versucht die HI-Viren in Schach zu halten. Am Schluss behalten die HI-Viren Oberhand. Das Abwehrsystem des Menschen wird immer mehr zerstört, bis andere Infektionen und Krebs den Betroffenen heimsuchen. Aids: Das Immunschwäche-Syndrom Aids beginnt etwa 10–12 Jahre nach der Ansteckung mit lebensbedrohlichen Krankheiten, sogenannten opportunistischen Infektionen (Pneumocystis Pneumonie, zerebrale Toxoplasmose), Krebserkrankungen (KaposiSarkom, Non-Hodgkin-Lymphom) oder schweren Allgemeinsymptome (Fieber, Hirn- und Nervenkrankheiten). Schliesslich stirbt der Betroffene an den Folgen der Immunschwäche. Sexuell übertragbare Krankheiten Die diagnostischen Lücken der HIV-Infektion Blutkonzentration Antikörper gegen HIV HIV-RNS (Viruserbgut) Nachweisgrenze 60 50 40 30 20 10 HI-Virus (p24-Antigen) Tage nach der Ansteckung dL HIV-RNA dL Antigen Kaposi-Sarkom bei einem Aidskranken: Auf der Haut können mehrere kleine, leicht erhabene Knoten mit braun-rötlicher Färbung entstehen. Dank ART kommt das Kaposi-Sarkom heute selten vor. Diagnose: Der Nachweis der HIV-Infektion kann nur durch einen HIV-Test gestellt werden. Allerdings muss eine „diagnostische Lücke“ bis zu 3 Monaten berücksichtigt werden. Die Krankheitssymptome können höchstens als Hinweis zur Diagnosestellung dienen. Seit es eine antiretrovirale Therapie gibt, ist es für den Betroffenen entscheidend, möglichst früh die Diagnose zu erfahren. dL Antikörper Quelle: Mandell, Douglas and Bennett‘s Principles and Practice of Infectious Diseases, 2009. Die diagnostischen Lücken (dL) am Beispiel der HIV-Infektion: Nach der Ansteckung vermehren sich zuerst die HI-Viren und danach bildet das menschliche Abwehrsystem Antikörper gegen HI-Viren. Die Erbsubstanz kann frühestens nach 10 Tagen, das HI-Virus (p24-Antigen) kann frühestens nach 14 Tagen und die Antikörper nach 21 Tagen nachgewiesen werden. Die diagnostischen Lücken können bei den HIV-Infizierten unterschiedlich lang sein. Jedoch kann 3 Monate nach einem Ansteckungsrisiko eine HIV-Infektion aufgrund eines negativen HIV-Tests (Kombinierter Antigen-Antikörper-Suchtest der vierten Generation) ausgeschlossen werden. STI -AKTUELL- 48 / 49 Sexuell übertragbare Krankheiten Verlauf der HIV-Infektion und die Helferzellen Klinisch stumme Phase 10 Aids 1000 6 800 10 5 600 10 4 400 10 3 200 0 3 6 9 12 Wochen Ansteckung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Helferzellen im Blut HIV-Konzentration im Blut Akute Infektion 10 7 begonnen werden kann, solange das Immunsystem erst wenig geschädigt ist. Durch ART wird auch die Infektiosität deutlich gesenkt, so dass ART auch präventiv wirkt. 0 Jahre Späte Diagnose der Infektion kann zu schwerer Krankheit und sogar zum Tod führen. Die Europäische Studie über die HIV-Infektion zeigte, dass nur eine von zehn behandelten Personen mit HIV an Aids stirbt; hingegen ohne Behandlung sterben fast alle and Aids. Testen ist der Schlüssel zur HIV-Prävention. WISSEN – BEHANDELN – ANDERE SCHÜTZEN! Tod Quelle: AS Fauci Schon Tage nach der Ansteckung werden jeden Tag Milliarden(!) neuer HI-Viren (rote Kurve) gebildet und bald Milliarden von Helferzellen (blaue Kurve) vernichtet. Es dauert einige Jahre, bis nach einem «eigentlichen Krieg mit vielen Schlachten» das menschliche Abwehrsystem geschlagen ist. 7 Behandlung: Die heutige antiretrovirale Therapie (ART) verhindert die Vermehrung der HI-Viren, wodurch das Immunsystem besser mit den Viren fertig wird. Durch ART erfolgt keine Heilung, der HIV-Infizierte bleibt lebenslang Virusträger, und sobald die Medikamente abgesetzt werden, vermehren sich die HI-Viren wieder explosionsartig. Mit ART kann der Ausbruch der Krankheit Aids um Jahre, ja Jahrzehnte hinausgezögert werden, während denen die Lebensqualität der Betroffenen erhalten bleibt. Allerdings ist eine frühe Diagnose (HIV-Test) wichtig, damit mit der Therapie Prävention: Dem Wissen um den Serostatus von sich und dem Sexualpartner kommt entscheidende Bedeutung zu. Da ART auch das Übertragungsrisiko stark vermindert, wirkt ART auch präventiv. Bei Risikokontakten ist Kondomanwendung notwendig. Eine Impfung scheint noch in weiter Ferne. Sexuell übertragbare Krankheiten Gonorrhö (Tripper) verursachen. Erreger: Neisseria gonorrhöae (Bakterium) Übertragungswege: Sexueller Kontakt; Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: Molekulare Diagnostik (PCR), Erregernachweis im Abstrich oder durch bakteriologische Untersuchungen Inkubationszeit: 2–7 Tage Behandlung: Heilbar mit Antibiotika. Problem: Resistenzentwicklung Verlauf: Spontanheilung häufig, systemische Erkrankung möglich Impfung: Keine Auch die Gonorrhö-Infektion verläuft häufig unbemerkt, symptomlos, insbesondere bei Frauen. Wenn keine Symptome auftreten, wird die Diagnose verpasst und keine Behandlung durchgeführt. Dies kann zu einer Reihe von Komplikationen führen: bei Frauen Infektionen der Harnröhre und der inneren Geschlechtsorgane, was zu Unfruchtbarkeit führen kann; bei Männern Infektionen der Harnröhre, der Prostata und des Nebenhodens. Unerkannte Gonorrhö-Infektionen werden auch unwissentlich auf weitere Sexualpartner übertragen. Übertragung: Sexuelle Übertragung: Die Ansteckung verläuft nahezu immer durch sexuelle Kontakte (Vaginal-, Anal- oder Oralverkehr). Eine Schmierinfektion durch bakterienhaltige Genitalflüssigkeiten (selten auch Speichel) ist möglich. Die gefürchteten Augeninfektionen kommen durch „verschmutzte“ Hände zustande. Mutter-Kind-Übertragung: Bei der Geburt kommt es beim Neugeborenen zu Augeninfektionen. Neisseria gonorrhöae (Gonokokken) Quelle: CDC, USA Die Gonorrhö wird durch das Bakterium Neisseria gonorrhöae verursacht, auch Gonokokken genannt. 80% der gemeldeten Infizierten sind Männer. Das Bakterium kann eine eitrige Urethritis Das Bakterium dringt in die äussersten Zellen der Schleimhaut ein. Meist bleibt es bei einer Infektion des Ansteckungsortes. Bei rund 1% der nichtbehandelten Gonorrhö kommt es zu einer generalisierten Infektion, bei der die Bakterien über die Blutbahn in den ganzen Körper gelangen. STI -AKTUELL- 50 / 51 Sexuell übertragbare Krankheiten Krankheitsverlauf: Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 7 Tagen nach der Ansteckung kommt es zu Symptomen. Bei Infektion der Geschlechtsorgane kommt es zu rahmigem Ausfluss aus Penis und Scheide (vom Gebärmutterhals) sowie Schmerzen beim Wasserlassen und Schwellung der örtlichen Lymphknoten. Insbesondere bei der Frau können diese Symptome fehlen. Wird die Krankheit nicht behandelt, so kann es beim Mann zur Infektion von Prostata, Samenleiter und Nebenhoden kommen. Bei der Frau können Gonokokken durch die Vagina in die Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke und die Bauchhöhle aufsteigen und diese so stark schädigen, dass die Infektion zu Unfruchtbarkeit führen kann. ckung durch Oralverkehr verläuft die Gonorrhö meist milde (Entzündung des Rachens) oder ohne Symptome. Über Schmierinfektion (infiziertes Sekret an den Fingern) kann es zu einer Augenentzündung kommen mit teilweise schwerwiegenden Verläufen: Lidschwellung, Rötung des Auges, Geschwüre bis Löcher an der Hornhaut. Gelangen die Gonorrhö-Bakterien ins Blut, können sie sich auf den ganzen Körper, insbesondere Gelenke und Haut ausbreiten (generalisierte Infektion), mit Symptomen wie Fieber, Gelenksentzündungen (vor allem Knie, Ellbogen, Fuss-, Finger- und Sprunggelenke). Diagnose: Bei den typischen Symptomen der Gonorrhö, dem weisslichen Ausfluss, ist die Verdachtsdiagnose für den Arzt schnell gestellt. Bei systemischen (generalisierten) Infektionen (0.5–3% aller Ansteckungen) ist eine Diagnose schon schwieriger zu vermuten. Der Nachweis einer Gonorrhö erfolgt durch einen Abstrich des Ausflusses oder der entzündeten Stelle (Gebärmutterhals, Harnröhre, Anus, Rachen, Auge). Bei einer generalisierten Infektion werden Blutkulturen angelegt, um die Gonokokken zu züchten und dann nachzuweisen. 7 Gonorrhö: Eitriger Ausfluss aus dem Penis. Durch Analverkehr kommt es im Anus und Enddarm zu Schmerzen, Juckreiz, eitrigem oder blutigem Ausfluss. Bei einer Anste- Behandlung: Die Gonorrhö kann mit Antibiotika geheilt werden. Resistenz der Gonokokken gegen Antibiotika: Die Gonokokken verändern bei der Vermehrung durch Mutationen ihr Erbgut. Deshalb werden sie relativ schnell resistent gegen Antibiotika, so dass diese nicht mehr wirken. Aktuell stellt die zunehmende Resistenz Sexuell übertragbare Krankheiten auf unterschiedliche Antibiotikagruppen ein ernsthaftes Problem dar. Der Wahl des Antibiotikums, je nach Ort der Infektion, kommt grosse Bedeutung zu. Prävention: Kondomanwendung ist bei jedem Risikokontakt notwendig, reduziert das Übertragungsrisiko, aber schliesst es nicht aus. Falls der Partner infiziert ist, sexuelle Abstinenz, bis die Antibiotika-Behandlung abgeschlossen ist. Syphilis (Lues, harter Schanker) Erreger: Treponema pallidum (Bakterium) Übertragungswege: Sexueller Kontakt; Blutkontakt; Mutter-KindÜbertragung Diagnose: Syphilis-Test Syphilis-Tests: Antikörpernachweis im Blut (Diagnostische Lücke: 3 Wochen). Erregernachweis: Molekulare Diagnostik aus Abstrich des Geschwürs, (PCR-Test positiv, sobald Geschwür vorhanden ist) Inkubationszeit: 10–90 Tage, Durchschnitt 3 Wochen Behandlung: Im Stadium l und ll mit Antibiotika heilbar; im Stadium lll mit Antibiotika heilbar, aber bleibende Schäden Verlauf: Unbehandelt meist lebenslange Infektion, die mit dem Tod enden kann Impfung: Keine Treponema pallidum Die Syphilis wird durch ein spiralförmiges Bakterium (Treponema Quelle: CDC, USA pallidum) verursacht. Die Symptome des Stadiums l und ll verschwinden auch ohne Behandlung oder sind manchmal nur leichter Art oder untypisch, so dass der Infizierte die Symptome nicht ernst nimmt oder verdrängt. So suchen Betroffene manchmal gar keinen Arzt auf, der einen Test durchführen, Diagnose stellen und die Behandlung einleiten könnte. Ohne eine antibiotische STI -AKTUELL- 52 / 53 Sexuell übertragbare Krankheiten Behandlung verschwinden aber die Bakterien nicht aus dem Körper. Die Betroffenen sind weiterhin für Sexualpartner infektiös und können die Krankheit unwissend verbreiten. Stadium ll: Die Bakterien verursachen am ganzen Körper Hautausschläge, Fieber, Lymphknotenschwellungen, Gelenk-, Muskel- Übertragung: Sexuelle Übertragung: Die Ansteckung erfolgt in den allermeisten Fällen durch sexuelle Kontakte. Übertragungen durch Kontakt mit infektiösen Haut- oder Schleimhautveränderungen wie Geschwüre (Ulcus durum, harter Schanker). Übertragung von Hautausschlag ist sehr selten. Blutübertragung: Häufig bei iv-Drogenkonsum und Mutter-KindÜbertragung; äusserst selten durch Blut- und Organspenden. Das Bakterium tritt durch die gesunde Schleimhaut oder durch mikroskopisch kleine Hautrisse in den Körper ein und erreicht innerhalb Stunden die Lymphgefässe und Blutbahnen. Das Blut ist schon kurz nach der Infektion ansteckend. Sexualverkehr mit einem infizierten Partner führt in 30% zu einer Ansteckung. Krankheitsverlauf: Bei der Syphilis werden drei Stadien unterschieden: 7 Stadium l: Am Ansteckungsort entstehen zwei bis sechs Wochen nach der Ansteckung ein hartes, nicht schmerzhaftes Geschwür (harter Schanker, Primäraffekt). Die am nächsten gelegenen Lymphknoten schwellen an (meist in der Leiste). Das Geschwür heilt auch ohne Behandlung nach 6 Wochen ab, was zum trügerischen Schluss des Infizierten führt, die Infektion sei ausgeheilt. Unbehandelt geht die Infektion zum Stadium II über. Syphilis Stadium I: Schmerzlose Geschwüre am Ansteckungsort, z. B. an der Zunge nach Oralverkehr oder am Penis nach Sexualverkehr. Sie verschwinden auch ohne Behandlung, hingegen schreitet die Infektion trotzdem weiter. und Kopfschmerzen. Diese Erscheinungen verschwinden zeitweilig, können jedoch über Monate hinweg immer wieder auftreten. Auch diese Symptome heilen ohne eine Behandlung von selbst aus, nicht aber die Infektion. Sie schreitet meist weiter und geht in die Latenzphase über. Stadium lll (Latenzphase und Spätphase): In der Latenzphase bemerkt der Betroffene keine Symptome und fühlt sich gesund. Schon Wochen bis Monate nach dem 2. Stadium greift das Syphilis-Bakterium verschiedene Organe an, insbesondere das Nervensystem (Hirn, Rückenmark und Nerven) und das Herz-Kreislauf-System. Dieser schleichende Prozess kann mehrere Jahre bis Sexuell übertragbare Krankheiten Jahrzehnte dauern, bis die Zeichen der Spätsyphilis zutage treten. In der Spätsyphilis brechen schwerwiegende Krankheiten aus, mit nicht mehr reversiblen Schäden. Die Spätsyphilis führt nach langer Krankheit zum Tod. Am häufigsten ist die Neurolues, bei der das zentrale und periphere Nervensystem betroffen ist: Es kommt zum fortschreitenden Abbau von Nervengewebe (Degeneration, Atrophie) im Gehirn, Rückenmark und/oder Nerven. Mögliche Folgen des Gewebsuntergangs im Gehirn sind Wesensveränderungen, Demenz, Wahnideen (klassisch der „Grössenwahn“), mitunter Anfälle und häufig Halluzinationen. Eine syphilitische Schädigung des Rückenmarks bewirkt Gangstörungen (Ataxie) und einschiessende (sogenannte lancierende) Schmerzen. Syphilis kann auch zu Lähmungen, Erblinden und Entzündung der Hauptschlagader (Mesaortitis luetica) führen. Es gibt selten Verläufe, bei denen Syphilis-Bakterien lebenslang im Körper vorkommen, ohne dass die Spätsyphilis ausbricht. Kinder mit angeborener Syphilis: Eine Übertragung von einer syphilitischen Frau auf ihr Kind kann in jedem Stadium der Schwangerschaft erfolgen. Wird die Mutter in den ersten vier Schwangerschaftsmonaten mit Antibiotika behandelt, kann ein gesundes Kind zur Welt kommen. Ohne Behandlung der Schwangeren kommt es in 40% zu einem Abort oder einer Todgeburt. Bei infizierten Neugeborenen erkennt man eine Syphilis nicht zwingend. Die Diagnose kann nur durch einen Bluttest gestellt werden. Diagnose geben. Die Symptome werden vom Patienten häufig nicht wahrgenommen oder können so verschieden sein, dass sie mit einem Chamäleon verglichen werden, dessen Aussehen sich immer wieder ändert. Die Diagnose wird durch Labortests gesichert: durch einen Bluttest, der erst etwa drei Wochen nach der Infektion ein zuverlässiges Resultat liefert oder durch direkten Erregernachweis mit Abstrichen vom befallenen Gewebe. Behandlung: Eine antibiotische Behandlung (Injektion mit einem Depot-Penicillin) im Stadium I und II führt zu einer vollständigen Heilung. Die Schäden einer Spätsyphilis (Stadium III) sind jedoch nicht immer rückgängig zu machen, auch wenn die Bakterien durch Medikamente ausgemerzt werden. Prävention: Dem Wissen um den Serostatus von sich und dem Sexualpartner kommt entscheidende Bedeutung zu. Falls einer der Partner infiziert ist, sexuelle Abstinenz, bis die Antibiotika-Behandlung abgeschlossen ist. Kondomanwendung ist bei jedem Risikokontakt notwendig, reduziert das Übertragungsrisiko, aber schliesst es nicht aus. Diagnose: Die Symptome der Syphilis können Hinweise auf die STI -AKTUELL- 54 / 55 Sexuell übertragbare Krankheiten Hepatitis B & C Hepatitis B (infektiöse Gelbsucht) Bis heute sind sechs Hepatitis-Viren bekannt, Hepatitis-Virus A, B, C, D, E und G. Vor allem das Hepatitis-B-Virus (HBV) und in geringerem Masse auch das Hepatitis-C-Virus (HCV) sind sexuell übertragbar. Sie können zu einer akuten Hepatitis (Leberentzündung) führen, aber auch symptomlos verlaufen. Es kann zu einer Heilung oder zur Entwicklung einer chronischen Leberentzündung kommen. Eine chronische Hepatitis kann symptomlos verlaufen oder zu einer Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder zu Leberkrebs führen, die beide tödlich enden. Die Hepatitis B entwickelt sich in 10% zu einer chronischen Leberentzündung, die Hepatitis C sogar bei 80% der Infizierten. Bei vielen Menschen kommt es aber gar nicht zu einer klinisch manifesten Erkrankung oder nur zu milden Symptomen, so dass die Hepatitis-Infektion nicht erkannt wird. Gleichwohl können diese Virusträger unwissentlich andere Menschen anstecken. Erreger: Hepatitis-B-Virus (HBV) Impfung: Bei Hepatitis B gibt es eine wirksame Impfung, die – wenn angewendet – zu einer starken Reduktion der Neuansteckungen führt. Diese Impfung wäre imstande, die Hepatitis B auszurotten. Gegen Hepatitis C gibt es keine Impfung. 7 Übertragungswege: Sexueller Kontakt; Blutkontakt; Mutter-KindÜbertragung Diagnose: Virus und Antikörpernachweis im Blut Inkubationszeit: Im Durchschnitt 2–3 Monate (45–180 Tage) Behandlung: Akute Infektion: keine medizinische Behandlung notwendig; chronische Infektion mit antiviralen Medikamenten (Lamivudine, Andenovir usw.)teilweise behandelbar Verlauf: Leberentzündung mit Gelbsucht oder symptomlos. Häufig Spontanheilung, aber auch Todesfälle (akutes Leberversagen). In 10% chronische Verläufe teilweise mit Leberzirrhose und -krebs, welche mit dem Tod enden Hepatitis-B-Test: Nachweis von Antigen, Antikörper und viraler DNA (PCR). Diagnostische Lücke: 1–12 Wochen Impfung: Ist wichtigste Prävention Die Neuansteckungsrate ist seit Empfehlung der Hepatitis-B-Impfung in der Schweiz (1998) bei Jugendlichen um 80% zurückgegangen. Allerdings gibt es in der Schweiz noch schätzungsweise 20 000 Hepatitis-B-Virus-Träger, die oft nichts von ihrer Infektion wissen und so unwissentlich andere mit dem Virus anstecken können. Deshalb ist das Impfen vor dem ersten Sexualkontakt, also Sexuell übertragbare Krankheiten Piercing, wenn unsteriles Material verwendet wird, oder auch bei gemeinsamer Verwendung von Zahnbürsten und Rasierapparat ist eine Ansteckung möglich. Hepatitis B ist keineswegs nur ein Problem der bekannten „Risikogruppen“. Bei Kontakten von virushaltigen Körperflüssigkeiten mit der Haut oder beim Essen und Trinken besteht kein Ansteckungsrisiko. Die Hepatitisviren gelangen vom Infektionsort (auch Schleimhaut und minimal verletzte Haut) über das Blut in die Leber, wo sie in die Leberzellen eindringen und sich dort vermehren. Hepatitis-B-Viren Quelle: CDC, USA spätestens mit 11–15 Jahren weiterhin dringend empfohlen. Die akute Hepatitis B kann ohne Beschwerden, mit einer Gelbsucht (Leberentzündung) oder in seltenen Fällen tödlich (akutes Leberversagen) verlaufen. Aus der akuten Hepatitis B kann sich eine chronische Leberentzündung mit einer Schrumpfleber (Leberzirrhose) oder einem Leberkrebs entwickeln. Übertragung: Das Hepatitis-B-Virus wird ähnlich wie das HI-Virus übertragen, ist aber um ein Vielfaches leichter übertragbar als das HI-Virus: sexuell, über das Blut (Mutter-Kind, iv-Drogenabhängigkeit, Nadelstichverletzungen beim Medizinalpersonal), aber auch bei dauerhaftem und engem Kontakt mit im gleichen Haushalt lebenden HBV infizierten Menschen. Beim Tätowieren und Krankheitsverlauf: Akute Hepatitis B: Die Infektion verläuft bei den einen symptomlos und bei den anderen sechs Wochen bis mehrere Monate nach der Ansteckung mit einer akuten Hepatitis B. Viele erleiden nur milde Symptome, die einer Bauchgrippe ähneln (Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Erschöpfung und Fieber). Nur jeder dritte Infizierte bekommt die typischen Symptome einer akuten Leberentzündung mit Gelbsucht (Hepatitis bedeutet Leberentzündung). Dabei verfärben sich Haut und Schleimhäute gelb, leicht erkennbar an den gelben Augen. Der Urin wird dunkelbraun und der Stuhl farblos. Wenn das körpereigene Abwehrsystem optimal funktioniert, heilt die Hepatitis aus und die Leber erholt sich wieder vollständig. Danach ist der Mensch lebenslang gegen die Hepatitis-B-Viren immun. Mit Labortestmethoden kann festgestellt werden, ob jemand a) nicht mit Hepatitis B infiziert ist, b) akut infiziert ist, c) chronisch infiziert ist, d) früher eine Infektion durchmachte und die Viren eliminiert sind STI -AKTUELL- 56 / 57 Sexuell übertragbare Krankheiten Behandlung: Die akute Hepatitis B erfordert in der Regel keine medizinische Behandlung, da die Krankheit meist von selbst heilt. Der Infizierte muss einfach abwarten, bis das eigene Abwehrsystem aus eigener Kraft mit den Viren fertig wird. Bis die Hepatitis B ganz geheilt ist, bleibt der Infizierte weiterhin ansteckend. Partner bez. Familie müssen auf das Hepatitis-B-Virus getestet und abhängig vom Testresultat geimpft werden. Bei der chronischen Hepatitis B kommt eine Behandlung mit antiviralen Medikamenten in Frage. In 40% der Patienten kann die Virusvermehrung gestoppt werden. Akute Hepatitis B: Mann mit Gelbsucht (gelbes Augenweiss und gelbliche Haut) und Bauchgrippe-ähnlichen Symptomen. oder e) geimpft ist. 7 Chronische Hepatitis B: Werden länger als 6 Monate HBs-Antigene nachgewiesen, liegt eine chronische Hepatitis B vor. Bei jedem Zehnten geht die Gelbsucht zwar vorüber, die Hepatitis-B-Viren bleiben aber im Körper und die Hepatitis B wird chronisch. Der Virusträger bleibt für andere ansteckend. Bei jedem vierten chronischen Virusträger zieht sich die schwere Leberentzündung über Jahre hin mit unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Appetitlosigkeit und Erschöpfung. Unbehandelt kommt es häufig zu einer Leberzirrhose oder Leberkrebs, was schliesslich zum Tod führt. Diagnose: Hepatitis-B-Test. Nur etwa in einem Drittel der Fälle kann der Arzt eine Gelbsucht (Hepatitis) erkennen. Prävention: Die Hepatitis-B-Impfung senkt das Risiko einer Ansteckung um über 95%. Alle Menschen sollen spätestens mit 11–15 Jahren geimpft werden, also bevor die ersten sexuellen Kontakte stattfinden. Dem Wissen um den Hepatitis B-Status von sich und dem Sexualpartner kommt entscheidende Bedeutung zu. Falls ein Partner angesteckt und der andere weder geimpft noch angesteckt ist, empfiehlt sich eine Impfung. Bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist, sind sexuelle Abstinenz oder konsequente Kondomanwendung notwendig. Kondomanwendung ist bei jedem Risikokontakt notwendig, reduziert das Übertragungsrisiko, aber schliesst es nicht aus. Sexuell übertragbare Krankheiten Hepatitis C Erreger: Hepatitis-C-Virus (HCV) Übertragungswege: Blutkontakt; durch sexuellen Kontakt möglich (nur in 5% aller Fälle); Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: Virus- und Antikörpernachweis im Blut Inkubationszeit: Im Durchschnitt 6–7 Wochen (2–26 Wochen) Verlauf: Leberentzündung mit Gelbsucht oder symptomlos. Häufig Spontanheilung, aber auch Todesfälle (akutes Leberversagen). Chronische Verläufe teilweise mit Leberzirrhose und -krebs, welche mit dem Tod enden Behandlung: Akute Infektion: keine medizinische Behandlung notwendig; chronische Infektion mit Interferon teilweise behandelbar Hepatitis-C-Test: Nachweis mittels Antigentest oder PCR nach 35 Tagen, Antikörpernachweis etwa 30 Tage später Impfung: Keine Eine sexuelle Übertragung des Hepatitis-C-Virus ist grundsätzlich möglich, aber selten, weil das Virus schwer übertragbar ist, viel schwieriger als das Hepatitis-B-Virus oder das HI-Virus. Die meisten sexuellen Übertragungen finden unter Männern, die mit Männern Sex haben, statt. Häufig wird das HCV bei iv-Drogenabhängigen gefunden, denn durch Blutaustausch kann das Virus vergleichsweise leicht übertragen werden. Bei 20 – 25% von Menschen mit einer chronischen Hepatitis C kommt es nach etwa 30 Jahren zu einer Leberzirrhose. Lymphogranuloma venerum (LGV) Erreger: Chlamydia trachomatis (Bakterium), Serovar L1–3 Übertragungswege: Sexualverkehr (genital, anal, oral); Kontakt mit Genitalsekreten; Mutter-Kind-Übertragung Diagnose: Abstrich, Urintest Inkubationszeit: 1–3 Woche Verlauf: Bei Frauen 80% asymptomatisch, leichte genitale Symptome bis Infektion der inneren Genitalorgane mit Unfruchtbarkeit. Bei Männern 50% asymptomatisch, Urethritis. Behandlung: Heilbar mit Antibiotika Chlamydien-Test: Molekulare Diagnostik (PCR, evtl. Antikörpernachweis Impfung: Keine Das Lymphogranuloma venereum (LGV) wird durch Chlamydia trachomatis Typen L1–3 verursacht. Diese Erkrankung wurde jahrelang in Europa nicht mehr gesehen. Sie kommt in Afrika, Asien, Südamerika und Teilen der Karibik häufig vor. In den letzten Jahren werden diese Infektionen in den USA und Europa, aber auch in der Schweiz wieder häufiger diagnostiziert, v.a. bei Männern, STI -AKTUELL- 58 / 59 Sexuell übertragbare Krankheiten die mit Männern Sex haben. Sextouristen sowie in Übersee stationierte Soldaten, Matrosen und anderweitig Tätige haben die LGV-Chlamydien wieder eingeschleppt. Nicht selten sind HIV-infizierte Männer betroffen, welche an Enddarminfektionen leiden. Unterdessen werden auch in Mitteleuropa wieder ab und zu Heterosexuelle mit LGV diagnostiziert. Die Infektion tritt auch ohne Symptome auf, insbesondere bei Frauen. Übertragung: Sexuelle Übertragung. Mutter-Kind-Übertragung. Blutuntersuchung. Behandlung: Heilung mit Antibiotika. Partnerbehandlung mit Antibiotika notwendig. Prävention: Der Chlamydien-Status ist der erste präventive Schritt. Bei einer Infektion ist eine antibiotische Behandlung des Infizierten notwendig, zumeist auch die Behandlung des Partners. Bei Risikokontakten vermindern Kondome das Risiko, schliessen es aber nicht aus. Sexuelle Kontakte von Schleimhaut mit Körperflüssigkeiten, die mit LGV-Chlamydien infiziert sind. 7 Krankheitsverlauf: 3 Tage bis 3 Wochen nach der Ansteckung treten genital, anal oder oral scharf begrenzte kleine Geschwüre auf, die nach 10–14 Tagen spontan abheilen und wegen fehlender Schmerzen oft übersehen werden. Von der Eintrittspforte (genital, anal und oral) gelangen die Bakterien über die Lymphbahnen in die regionalen Lymphknoten. Kurze Zeit nach Abheilen der Geschwüre, treten die schmerzhaften Schwellungen der Lymphknoten im Leistenbereich (bis zur Faustgrösse) auf, die den Patienten erst dann zum Arzt führen. Probleme entstehen vor allem, wenn Lymphknoten nach aussen aufbrechen (Fisteln) oder innere Vernarbungen auftreten. Nur bei 30% der Männer treten die beschriebenen Symptome auf. Ohne Symptome verläuft die Infektion bei den anderen 70% der Männer und bei praktisch allen Frauen. Diagnose: Nachweis des Erregers im Abstrich oder durch eine Lymphogranoloma venerum: Stark vergrösserte, weiche, entzündete Lymphknoten in der Leistengegend. Sexuell übertragbare Krankheiten Ulcus molle (weicher Schanker) Erreger: Hämophilus ducreyi Übertragungswege: Sexueller Kontakt Diagnose: Abstrich mit Erregernachweis bilden und dann aufbrechen, so dass der Eiter sich gegen aussen entleert. Der Verlauf der Krankheit mit den Geschwüren (Ulcera) und Lymphknotenentzündungen ist unterschiedlich und kann leicht mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten verwechselt werden wie Syphilis oder Herpes genitalis. Inkubationszeit: Einige Tage Verlauf: Schmerzhaftes Geschwür (weicher Schanker) und bei 50% Lymphknotenschwellung mit eitrigem Einschmelzen Behandlung: Heilbar mit Antibiotika Impfung: Keine Das Bakterium Haemophilus ducreyi ist der Erreger des Ulcus molle, einer Erkrankung, die durch genitale Geschwüre (Ulcera) und Lympknotenschwellung gekennzeichnet ist. In den Entwicklungsländern stellt die Erkrankung ein erhebliches Gesundheitsproblem dar, in den USA und Europa war es lange Zeit eine sehr seltene Erkrankung, nahm aber in den letzten Jahren bei den Risikogruppen wieder zu. Übertragung: Erfolgt durch Sexualverkehr. Krankheitsverlauf: Vier bis sieben Tage nach der Infektion treten am Ort der Ansteckung Knötchen auf, die platzen und in weiche, schmerzhafte Geschwüre (Ulcus molle) übergehen. Etwa die Hälfte der Infizierten bekommt vergrösserte, schmerzhafte Lymphknoten in der Leistengegend, die stark anschwellen und häufig Eiter Ulcus molle: Schmerzhafte, wie ausgestanzte Geschwüre (hier am Penis, mit entzündeter Vorhaut und Eichel). Behandlung: Mit Antibiotika kann das Ulcus molle geheilt werden. Diagnose: Die Symptome können höchstens Hinweise für die Diagnose geben. Die Diagnose erfolgt durch einen Abstrich von den Geschwüren mit Nachweis des Erregers. Prävention: Diagnose und antibiotische Behandlung der Kranken. Bei unsicheren Sexualkontakten können Kondome die Übertragungsrisiken vermindern. STI -AKTUELL- 60 / 61 AIDS-Aufklärung Schweiz Ärzte gegen HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen Die AIDS-Aufklärung Schweiz ist ein gemeinnütziger Ärzteverein, der sich seit mehr als 20 Jahren gegen die Ausbreitung der HIVInfektion und gegen Diskriminierung von HIV-Infizierten und AidsKranken einsetzt. Da sich in Europa seit Anfang dieses Jahrhunderts die anderen sexuell übertragbaren Infektionen wieder stark ausbreiten, richtete sich der Tätigkeitsbereich auf alle sexuell übertragbaren Infektionen, die HIV-Infektion mit eingeschlossen, aus. Früh erkannte die AIDS-Aufklärung Schweiz, wie wichtig das Engagement gerade von Ärzten ist. Die AIDS-Aufklärung Schweiz machte sich zur Aufgabe, mittels wissenschaftlichen Informationen die Ärzteschaft und die Bevölkerung von der Wichtigkeit der Prävention der sexuell übertragbaren Infektionen zu überzeugen. Die verdrängten Risiken Leider ist in den letzten Jahren die notwendige Aufmerksamkeit für die HIV-Infektion und andere sexuell übertragbare Infektionen einer fatalen Gleichgültigkeit gewichen. In den Medien fristet das Thema ein Mauerblümchendasein, und junge Menschen kennen die Bedeutung der Prävention der sexuell übertragbaren Infektionen zu wenig oder verdrängen die Risiken. Gerade deshalb engagieren sich die Ärzte der AIDS-Aufklärung Schweiz weiterhin mit unverminderter Kraft gegen die sich wieder stark ausbreitenden sexuell übertragbaren Infektionen. www.aids-info.ch – Wissenschaftlich gesicherte Informationen Auf der Homepage www.aids-info.ch erfahren Sie in mehreren Sprachen die neuesten Informationen über HIV, Aids und andere sexuell übertragbare Infektionen. Es lohnt sich immer wieder, einen Blick darauf zu werfen, um diese Problematik in all ihren Facetten verstehen zu lernen. Das hilft Ihnen, um sich vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen zu schützen und einen unverkrampften Umgang mit infizierten Menschen zu haben. Publikationen können Sie direkt von aids-info.ch downloaden. Telefonberatung – Onlineberatung Sachkundige Ärzte beraten Sie in allen Fragen über die HIV-Infektion, sexuell übertragbare Infektionen und die sexuelle Gesundheit telefonisch oder nach Vereinbarung in einem persönlichen Gespräch. Der Datenschutz entsprechend dem ärztlichen Berufsgeheimnis wird gewahrt. Telefonberatung: 044 261 03 86 Montags, 20.00 Uhr bis 21.30 Uhr Onlineberatung: [email protected] Publikationen der AIDS-Aufklärung Schweiz HIV/Aids – Aktuell. Alles über die HIV-Infekion. 3., überarbeitet Auflage 2012 A5-Broschüre, 60 Seiten Vorwort von Prof. Prof. h.c. Dr. rer. nat. Karin Moelling Gratis: Download oder zu bestellen bei www.aids-info.ch Der HIV-Test. Do you know your HIV status? 1. Auflage 2011 A5-Broschüre, 12 Seiten Gratis: Download oder zu bestellen bei www.aids-info.ch Sprechen über Sex – und über Infektionsrisiken. Kurt April Vorwort von Prof. Johannes Bitzer Hans Huber Verlag, Bern 2012. 256 S., 60 Abb. u. Tab., Kt E-Book-ISBN 978-3-456-95099-0 ISBN 978-3-456 85099-3 Buch zu bestellen bei AIDS-Aufklärung Schweiz oder im Buchhandel STI -AKTUELL- 62 / 63 SEXUELL ÜBERTRAGBARE INFEKTIONEN STI - sexually transmitted infections Break the chain Infektionskette unterbrechen: HIV- und STI-Status kennen – behandeln – Partner informieren! HPV und Hepatitis B: Impfen! Sekretariat/Kontakt: AIDS-Aufklärung Schweiz Postfach 24 8810 Horgen Tel. +41 44 261 10 32 Fax +41 44 726 17 78 E-Mail : [email protected] www.aids-info.ch „Das Risiko, sich bei einem sexuellen Kontakt mit einer STI zu infizieren, ist sowohl für heterosexuelle wie auch für homosexuelle Menschen in den letzten Jahren stetig gestiegen.“ „Die HIV-Meldungen gingen 2011 weiter zurück, die STI-Meldungen stiegen an. Doch auch bei HIV kann nicht von einer Verbesserung der Situation die Rede sein: Die Anzahl Meldungen bei Männern, die mit Männern Sex haben, ist hoch. Der hohe Anteil der späten Diagnosen bei heterosexuellen Personen ist ein Hinweis darauf, dass diese ihr Risiko unterschätzen, sich mit HIV zu infizieren.“ Bundesamt für Gesundheit, Bern 2012 -AKTUELL- AIDS-Aufklärung Schweiz AIDS Informazione Svizzera SIDA Information Suisse Infos über HIV, sexuelle Infektionen & sexuelle Gesundheit