Predigt zu Mk 6, 7-13

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Predigt zu Mk 6, 7-13
15. Sonntag B
12.07.2009
Von dem Liedermacher Reinhard Mey stammt das Lied „Zeugnistag“
Ich denke, ich muss so zwölf Jahre alt gewesen sein
Und wieder einmal war es Zeugnistag.
Nur diesmal, dacht´ ich, bricht das Schulhaus samt Dachgestühl ein,
als meines weiß und hässlich vor mir lag.
Dabei war´n meine Hoffnungen keineswegs hochgeschraubt,
ich war ein fauler Hund und obendrein
höchst eigenwillig, doch trotzdem hätte ich nie geglaubt,
so ein totaler Versager zu sein.
Ein totaler Versager zu sein.
So, jetzt ist es passiert, dacht´ ich mir, jetzt ist alles aus,
nicht einmal eine 4 in Religion.
Oh Mann, mit diesem Zeugnis kommst du besser nicht nach Haus, sondern allenfalls zur Fremdenlegion.
Reinhard Mey erzählt dann in dem Lied davon, wie er versucht, die Unterschrift der Eltern zu fälschen,
damit er ihnen das Zeugnis nicht vorzeigen muss. Der Zauber kommt natürlich schon am nächsten
Morgen raus. Der Junge wird aus der Klasse zum Rektor zitiert. Der lässt die Eltern in die Schule
kommen und zeigt ihnen das Zeugnis vor. Die Eltern reagieren aber ganz anders als erwartet.
„Mein Vater nahm das Zeugnis in die Hand und sah mich an
und sagte ruhig: „Was mich anbetrifft,
so gibt es nicht die kleinste Spur eines Zweifels daran,
das ist tatsächlich meine Unterschrift.
Auch meine Mutter sagte, ja das sei ihr Namenszug.
Gekritzelt zwar, doch müsse man verstehn,
dass sie vorher zwei große schwere Einkaufstaschen trug.
Dann sagte sie: „Komm Junge, lass uns geh´n.“
Der Sohn: ein fauler Hund, schulisch ein Versager, ein Urkundenfälscher, und trotzdem stehen die Eltern
weiterhin zu ihm und glauben weiterhin an ihn. Das ist eigentlich die wichtigste Qualifikation im Leben,
wichtiger als schulische Leistung: dass es jemanden gibt, der zu mir steht und an mich glaubt. Dann ist
auch eine Sechs in der Schule nicht mehr so schlimm.
Welche Qualifikationen verlangt Jesus von seinen Aposteln, d.h. von denen, welche die Frohe Botschaft
verkünden sollen? Im Evangelium heißt es, er gebot ihnen, nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot,
keine Vorratstasche, kein Geld. Es braucht also keine materiellen Voraussetzungen, um Apostel zu sein,
keine Mitgift.
Es braucht eigentlich auch keine intellektuellen oder moralischen Voraussetzungen. Jesus hat ja zum
großen Teil ganz einfache Leute berufen. Apostel Jesu sein kann jeder, egal, wie wenig an
Voraussetzungen er mitbringt. Egal, was er in der Vergangenheit schon alles angestellt hat.
Die entscheidende Qualifikation ist, dass Jesus an ihn glaubt und der Jünger diesen Glauben erwidert.
Gestern Abend wurde im Kreiskulturraum in Kronach das Musical „Exodus“ aufgeführt. Es war eine tolle
Atmosphäre. Etwa 300 Leute dürften da gewesen sein. In den Gesprächen in der Pause hat man gemerkt,
wie dieses Musical die Leute anrührt. Es wurde ja gesungen und gespielt von Mädchen der Herzog-OttoHauptschule in Lichtenfels. Schülerinnen, von denen viele auch ihre schulischen oder familiären
Probleme haben, aber die auf dem Weg, den sie über Monate hin gegangen sind, gespürt haben: Ich bin
wertvoll auch ohne gute Noten, denn es gibt jemanden, der steht zu mir und glaubt an mich. Und dieses
Empfinden haben sie gestern weitergegeben an die Leute, die da waren. Ein echtes Apostolat.
Apostel wird man, indem Jesus Christus an uns glaubt, wir an ihn glauben, und andere auf diesen Weg
mitnehmen.
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