1,70 EUR | 3 Hoftaler trott war Die Straßenzeitung im Südwesten und Lust Leidenschaft Lesenswerte Kolumne von Josef-Otto Freudenreich Leute aus dem Netz Liebe und ihre Spielarten davon 50 % für freie Verkäufer Ausgabe 05/10, 17. Jahrgang 2 Entwurf · Gestaltung · Satz · Reproduktion · Scannertechnik · Belichtungs-Service · Webdesign · Digitaldruck · Offsetdruck · Zeitungsdruck · Buchbinderei · Logistik . . . und was können wir für Sie tun? Senner-Druck GmbH & Co. KG · Carl-Benz-Straße 1 · 72622 Nürtingen · Tel. (07022) 9464-202 · Fax (07022) 9464-222 · [email protected] · www.senner-druck.de spenden UND sparen Setzen Sie Ihre Spende zu 100 Prozent beim Finanzamt ab – und sparen Sie Steuern. Denn Trott-war ist als mildtätiger Verein anerkannt. Spendenkonto Trott-war e.V.: BW Stuttgart, Kontonummer: 110 23 23, Bankleitzahl: 600 501 01 3 Editorial Liebe Leserin, lieber Leser, Helmut H. Schmid Geschäftsleiter „Unser praktisches, reales Leben nämlich ist, wenn nicht die Leidenschaften es bewegen, langweilig und fade, wenn sie aber es bewegen, wird es bald schmerzlich“, wusste Arthur Schopenhauer. Wie leidvoll es sein kann, einen Ein-Euro-Job machen zu müssen, zeigt der Beitrag über die Konkurrenz für die Wirtschaft durch diese Tätigkeiten. Wesentlich humorvoller geht unser Kolumnist mit dem Thema Lust und Leidenschaft um: Josef-Otto Freudenreich eröffnet mit seiner Glosse diese neue Rubrik, in der sehr bekannte Journalisten und Autoren ab Mai jeden Monat unentgeltlich einen Beitrag zum Schwerpunktthema schreiben. Der gemeinhin bekannte Karikaturist Sepp Buchegger setzt die jeweilige Glosse ergänzend zeichnerisch um. Zudem bietet die Maiausgabe unterhaltende, aber auch spannende und kritische Beiträge zu Liebe, Lust und Leidenschaft und zu anderen Themen. Viel Vergnügen bei der Lektüre dieser Ausgabe wünscht Titelbild: Copyright: digitalstock.de/E. Raffaele Bearbeitung: Christine Gerhardt Trott-war ist eine Zeitung, die sozial benachteiligten Menschen hilft. Alle unsere Verkäufer waren in sozialen Notlagen. Von den 1,70 Euro Verkaufspreis einer Zeitung behalten sie 85 Cents für sich. Die nächste Ausgabe mit dem Thema „Leistung“ erscheint am 1. Juni Ihr 4 Kreuz & Quer 5 Kolumne „Glossenhauer“ 6 Straßenzeitungsworkshop 7 Verkäuferporträt Heinz-Peter Lüttgens 8 Schwerpunkt: Lust Leidenschaft 20 Flop: Ein-Euro-Jobs 23 Rechte Szene in Baden-Württemberg, Teil 1 24 Geistesblitze 25 Skotts Seitenhieb 26 Rechte Szene in Baden-Württemberg, Teil 2 27 Literatour 14 Rotlicht auf dem Lande 28 Aufs Auge 16 Prostitution in Stuttgart 30 Trott-war dankt/Impressum 18 Waxing für Männer 19 Liebe und Trennung 8 Ringen nach dem Schönheitsideal 10 Identitätskrisen des modernen Mannes und Alte Männlichkeitsideale wie Ritterlichkeit haben ausgedient. Schützen sind inzwischen auch weiblich. Die Männer haben’s schwer, damit klarzukommen. Liebe aus dem Netz Grafik: Christine Gerhardt 12 Vorlage: www.BillerAntik.de Inhalt Immer mehr Menschen suchen ihre Partner im Netz der digitalen Computerwelt. Süffisant wäre da die Kreation einer neuen PC-Tastur allemal. Kreuz & Quer Auf diesen Seiten ist zu lesen, was bei Trott-war intern passiert und was die Verkäuferinnen und Verkäufer bewegt. Außerdem informieren wir über Neuigkeiten aus dem Zeitungsverlag. Zu Besuch bei der Jugendpresse Baden-Württemberg Allmählich wird sie konkret: die für den Oktober geplante Jugendausgabe von Trott-war. Sie wird in Zusammenarbeit mit der Jugendpresse Baden-Württemberg konzipiert, die Themen werden erarbeitet, umgesetzt und dann die Seiten gestaltet – Business as usual eben? Nicht ganz: Schließlich haben dieses Mal die „Jungjournalisten“ Gelegenheit, ihre Sicht auf die Dinge und ihre ganz eigenen Vorgehensweisen zu präsentieren. Sie sind zum Teil noch an der Schule, zum Teil bereits beim Studium. Sie wollen den Weg zum Journalismus gehen. Und sich über Armut und Ausgrenzung erfasst sowie „Erklärungsmuster über das Zustandekommen dieser Berichterstattung in den Redaktionen erhoben.“ Kurz: die anfangs recht theoretisch daher kommende Studie hat den Journalisten bei ihrer täglichen Arbeit auf die Finger schauen können, hat sie bei ihrem Auswählen und „making of“ der insgesamt 75 Beiträge zu Armut und sozialer Ausgrenzung beobachtet. Schließlich, so die Autorin, sei der Umgang der Medien mit Armut und sozialer Ausgrenzung im deutschsprachigen Raum bisher nicht systematisch untersucht worden. Dabei zeige sich aber, so ist an anderer Stelle zu lesen, „dass die Medien in dem recht kurzen Untersuchungszeitraum mit einer begrenzten Anzahl von Beiträgen eine relativ große Bandbreite des weltweiten, vielschichtigen Phänomens Armut aufgreifen.“ Diese „Pilotstudie“ weist die grundlegenden Mechanismen auf, welche bei den Medien dazu führt, sich der Themen „Armut und sozialer Ausgrenzung“ anzunehmen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Studie auch „Handlungsempfehlungen“ ausspricht. Und zwar für diejenigen, die solche Themen als Nachrichten vermitteln, sei es als Behörde oder als Verband. Oder jene, die dieses Thema bei Pressekonferenzen und anderen Presseveranstaltungen „in die Öffentlichkeit“ bringen wollen. Wenn es ein Buch wäre: unbedingt kaufen. Da es eine Studie ist: unter oben genannter Internetadresse herunterladen. Dabei kann man sich nicht nur die Studie auf den Rechner holen – sondern erfährt auch gleich viel Wissenswertes über dieses Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Leserbrief Foto: Joachim Hempel 4 dabei als Teil der Redaktion mit den Erfahrungen und der Welt von Trott-war und deren Themenspektrum auseinandersetzen. Sie können bei Trott-war Erfahrungen sammeln im Bereich der Sozialberichterstattung und angrenzender Themen. Ein erstes Kennenlernen gab es schon: Anlässlich einer Redaktionskonferenz von „NOIR“, dem Magazin der Jugendpresse, wurden die Zeitschrift und das Sozialunternehmen Trott-war vorgestellt. Untersuchung zur Berichterstattung über Armut und Ausgrenzung Sie ist 104 Seiten „schwer“ und auch sonst überaus „gewichtig“: Der Abschlussbericht zur Studie „Zum Umgang der Medien mit Armut und sozialer Ausgrenzung“. Er wurde von Dr. Maja Malik (Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster) im Rahmen eines Forschungsauftrags des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verfasst. Die deutschsprachigen Straßenzeitungen dürfen die Studie vorab in ihren Blättern präsentieren. Das Ministerium selbst wird sie ab dem Monat Mai in seinem Internetangebot www.ej2010.de veröffentlichen. Der Bericht beschreibt aufgrund eines Forschungsprojekts mit einer umfangreichen Inhaltsanalyse von 17 „ausgewählten journalistischen Nachrichtenmedien“ detailliert, wie und in welchen Zusammenhängen die modernen deutschsprachigen Medien in einem Zeitraum von 14 Tagen „relevante Themen im Zusammenhang mit Armut“ darstellen. Zudem wurden Interviews mit 13 Journalisten geführt. In ihnen wurden anhand eines Fragenkatalogs die formalen und inhaltlichen Charakteristika der Berichterstattung Seit Jahren lese ich Ihre Zeitung – ich kaufe sie auf dem Sindelfinger Markt – und freue mich immer wieder auf die neue Ausgabe. Ich finde interessante Artikel, die sonst nicht zu sehen sind. Nun musste ich mich jedoch in der Ausgabe 04/10 über den Artikel von Lucius Teidelbaum zum Rechtsradikalismus ärgern. Ich bin kein „neuer Rechtsradikaler“. Mit meinen 82 Jahren und über 50-jähriger politischer Tätigkeit trage ich immer noch einen Seitenscheitel und zum Wandern, wenn es passt, Kniebundhosen. Ich lasse mich daher nicht einfach so abstempeln. Herr Teidelbaum hat sich seine Meinung wohl nach einem Schema gebildet, das es so nicht gibt. Und versucht, die Leser von seiner Meinung zu überzeugen, beziehungsweise ihnen dieses Schema auch noch einzureden. Bitte, Herr Teidelbaum, überdenken Sie Ihre Äußerungen. Vielleicht möchten Sie dann bei so manchem treuen Leser Abbitte leisten. Außerdem: Haben Sie noch nie lange Röcke an gepflegten jüngeren wie älteren Damen gesehen? Armer Herr Teidelbaum! Extreme Ansichten, in welche Richtung auch immer, waren und sind in keine Richtung gut! Die treuen Leser von Trott-war, Hermann und Marion Kraft für den nächsten Schritt Ab Mai wird das Angebot von Trott-war für sozial Benachteiligte erweitert. Myriel Tomaschko und Bernd Gerber aus Reutlingen, beide als Kinesiologen tätig, führen an jeweils zwei Samstagen im Monat Trainings zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Erkennung und Umsetzung des eigenen Potenzials in den Räumen von Trott-war durch. Um dieses Projekt zu ermöglichen, bieten alle Beteiligten ihre Leistungen auf Wohltätigkeitsbasis an. Dieses Angebot ist sowohl für die Verkäuferinnen und Verkäufer von Trott-war, als auch für andere von Armut betroffene Menschen kostenfrei. Termine: 8. und 22. Mai sowie 5. und 19. Juni, 15.30 – 16.30 Uhr Gruppenangebot für Kinder; 17 – 18 Uhr Gruppenangebot für Erwachsene. Gerne beantworten wir Ihre Fragen und nehmen Ihre Anmeldung entgegen (Telefon 0711 / 601 87 43-14). Liebe, Lust und Leidenschaft GLOSSENHAUER Josef-Otto Freudenreich Ein, zugegeben, schlichter Witz. Die Französin liegt im Bett und lobt: Du warst wunderbar, Cherie. Die Italienerin fragt: noch einmal, carissimo? Und was will die Schwäbin wissen? „Ghöret dia Möbel alle dir?“ Daraus könnte man lernen, dass der Genuss des Augenblicks nicht die Stärke jenes Stammes ist, dem schon immer eine gewisse Sachorientierung nachgesagt wurde. Spätestens seit Thaddäus Troll („Wo kommet denn dia kloine Kender her?“) ist ja bekannt, dass sich Schwabe und Schwäbin gerne hinter den drei K‘s – Kehrwoche, Kittelschürze, Kirche – verstecken, wenn sie von Lust und Leidenschaft gebeutelt werden. Nun lässt sich Letzteres schwer vermeiden, auch wenn die Wolluscht das größte Hindernis für die Seligkeit ist. Was also tun? Wer diesen Eigenheiten von Berufs wegen nachspürt, kommt zu dem raschen Schluss: Man tut‘s gern hählinga. Einer dieser Orte, an dem die Lust am heimlichsten ist, befindet sich im hintersten Winkel von Zuffenhausen. Dort ist das Studio Arachne, die führende Heimstatt aller Sadomasochisten im Land. Das Geschäft läuft prima, Krise hin, Krise her, und es beweist, dass schwäbischer Sex kein Widerspruch in sich sein muss. Wenn auch in einer ganz eigenen Ausprägung, die eine Bestrafung mit einschließt. Nicht ohne Grund zählt die Chefin, die liebenswerte Nicole, vor allem Manager, Zahnärzte und Staatsanwälte zu ihren Gästen. Sie glaubt, es gehe ihnen um das Fühlen von Unterdrückung und sie behauptet, Stuttgart sei die Hochburg der Sadomasos. Die andere segensreiche Einrichtung residiert im Stuttgarter Fasanenhof. Genauer gesagt im dortigen Industriegebiet. Das ist wichtig zu erwähnen, weil der Bürgerverein des traditionsbewussten Stadtteils damit nichts zu tun haben will. Es handelt sich um die Firma „gesext.de“, die so eine Art digitale Lustbörse ist. Zu Zehntausenden tummeln sich dort Männlein und Weiblein in der Anonymität des Netzes, und bieten viel Geld für eine Stunde oder eine Nacht. Die Schwaben rangieren 5 dabei in der Spitzengruppe, was den Geschäftsführer Herbert K. natürlich freut, weil er so belegen kann, dass sein Business aus dem Herzen der Bewegung kommt. Voll verschwiegen, versteht sich. Die Losung muss also lauten: raus aus den dunklen Ecken, rein ins Helle der Bekenner. Wo so viele Triebe sind, müssen die Blüten blühen, um die Welt fröhlicher und bunter zu machen. Für das Auge, für die Nase, für die Seele. Gefühle sind keine Steuererklärung, die vor Gott, dem Finanzamt, der Verwandtschaft und den Habenichtsen verborgen werden muss. Warum sich mit dem Wenigen begnügen, hinter Mauern und Computern, um das Leben gut zu finden? Der Schwabe mag bescheiden sein oder auch nur verdruckst, aber so führt das zu nichts. Es sei denn, der Bausparvertrag wäre der Maßstab. Die Schwäbin wiederum täte gut daran, die Möbel zu zerhacken und dabei das Liedchen zu trällern: „Frei zu sein bedarf es wenig“. Sonst gibt es bald keine Schwaben mehr. Josef-Otto Freudenreich 6 Gemeinsam statt einsam Straßenzeitungen vernetzen sich mit etablierten Medien Foto: Florian Lein Anlässlich des Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung trafen sich vom 10. bis 11. April 52 Macher von 26 Straßenzeitungen aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz zu einem Wochenendkongress bei der Berliner „taz“-Redaktion. Sie diskutierten in Gesprächsrunden und Workshops mit Medienprofis über die Konzepte und Zukunft ihrer Blätter mit erfolgreichen Ergebnissen. Eingeladen hatten das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die taz und Trott-war. etablierten Zeitungen geben müsse. Die Berichterstattung über Armut und soziale Ausgrenzung sollte weithin mehr Beachtung finden. Mehr authentische Stimmen würden außerdem helfen, bestehende Vorurteile zu bekämpfen. Die Straßenzeitungsmacher, die allein mit den beim Kongress vertretenen Blättern fast eine halbe Million Zeitungen monatlich produzieren, nahmen aus den Diskussionen Anregungen, Inspirationen und neue Ideen mit. Auch wollen die verschiedenen Straßenmagazine künftig mehr untereinander kooperieren und ihre Zeitungen besser miteinander vernetzen. Die meisten waren vom Kongress positiv überrascht. So zitiert die taz etwa Stefan Malecki von „bodo“ aus Dortmund und Bochum stellvertretend für viele mit der abschließenden Aussage: „Erst war ich skeptisch, ich dachte, das wird jetzt so ein ,Wir zeigen euch, wie das geht’-Treffen. Aber es gab einen echten kritischen Austausch auf Augenhöhe.“ Einige Workshops bewirkten anwendbare Ergebnisse für die „Lobbyblätter für sozial benachteiligte Menschen“. So wollen sich Christiane Grefe von der Zeit und die Mitarbeiter vom Bundesministerium zusammen mit Gerst von Trott-war etwa für einen Journalistenpreis für die beste Straßenzeitungsreportage stark machen. Lutz Meyer von Scholz & Friends schlug vor, jedes Jahr einen Ideenpool mit Straßenzeitungsmachern und Journalisten von etablierten Printmedien zu veranstalten, um Vorschläge und Ideen für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln und diese allen Straßenzeitungen zur Verfügung zu stellen. Der Leiter der Berliner Journalistenschule Klara sagte zu, die journalistische Fortbildung von Straßenzeitungsredakteuren mit Kursen zu unterstützen und auch andere Schulen im gesamten deutschsprachigen Raum mit der Aufforderung zu ähnlichen Angeboten zu kontaktieren. Straßenzeitungsmacher bei der taz Von Helmut H. Schmid Kompetente Referenten und Gesprächspartner waren namhafte Journalisten von der „Zeit“, der „Berliner Zeitung“ und der taz, Werbeprofis von „Scholz & Friends“, die Leiter der Journalistenschule „Klara“ und der Stadtmission Berlin, der Schriftsteller und Drehbuchautor Felix Huby sowie Mitarbeiter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Moderation der beiden Tage übernahmen Gaby Sohl und Felix Lee von der taz sowie Beatrice Gerst von der Straßenzeitung Trott-war. Trotz der teilweise völlig unterschiedlichen Konzeptionen und Strukturen der deutschsprachigen Straßenzeitungen waren sich die Kongressteilnehmer einig darüber, dass es mehr Zusammenarbeit mit Redaktionstermine Redaktionsschluss Juni-Ausgabe Montag, 3. Mai Juli-Ausgabe Dienstag, 1. Juni Anzeigenschluss Juni-Ausgabe Freitag, 7. Mai Juli-Ausgabe Freitag, 4. Juni Verkäuferportrait Heinz-Peter Lüttgens 7 Trott-war ist eine Art Hobby für mich Foto: Joachim Hempel Schlachter, Schlosser, Zeitarbeiter, Schweißer: Der aus Beckum in Nordrhein-Westfalen stammende Trott-war Mitarbeiter Heinz-Peter Lüttgens hatte bislang ein abwechslungsreiches Leben. Bei Trott-war ist er seit Dezember 2009. Den Zeitungsverkauf sieht er mehr als Hobby und Freizeitbeschäftigung denn als Maloche: „Hartes Arbeiten ist was anderes.“ Straßenzeitungsverkäufer Heinz-Peter Lüttgens versucht stets das Leben leicht zu nehmen Von Charlotte Brunner Aufgewachsen ist der zweifache Vater als viertes von fünf Kindern auf einem Bauernhof im Landkreis Warendorf. Dort lebte er bis zu seinem 21. Lebensjahr zusammen mit seinen Eltern und Schwestern, ein paar Kühen, Schweinen und Pferden. „Und ich hatte immer einen Hund, der mir meine drei älteren Schwestern vom Hals hielt, wenn die mich geärgert haben.“ Nachdem er zuvor eine Lehre als Metzger aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen hatte, wurde er mit 17 als jüngster Mitarbeiter bei einem Schlachthof angestellt. Dort arbeitete er als selbstständiger Schlachter auf Akkordbasis, pro totem Tier hat er so zwischen 70 und 90 Pfennige verdient. Vier Jahre später zog Lüttgens nach Bonn und absolvierte eine Lehre als Betriebsschlosser, an die er ein Jahr Weiterbildung in Steuerungstechnik anschloss. Im Lauf der 1980er Jahre arbeitete der lebensfrohe Westfale in verschiedenen Städten Deutschlands. Für etwa fünf Jahre war er Chef des „Kumpeltreffs“, eines Gasthofs, den er gepachtet hatte und ausschließlich zu privaten Zwecken nutzte. „Meine Freunde konnten umsonst in den Zimmern des Hauses wohnen, für Getränke zahlte jeder, was er für angemessen hielt. Am Ende mussten die Einnahmen eben für den nächsten Einkauf reichen“, erklärt Lüttgens gut gelaunt. 1988 machte er sich selbstständig undgründete eine Schweißerfirma, die er nach ungefähr acht Jahren an einen Freund verkaufte. Seine Arbeit hat ihm immer Spaß gemacht. Erzählenswert sind vor allem die Geschichten, die sich mehr oder weniger zufällig ergaben, wie zum Beispiel ein Erlebnis in Franken. „Ich wollte mit einem Kollegen und dessen Freundin von Bamberg nach Stuttgart fahren, doch leider haben wir den letzten Zug verpasst. Der Bahnhofswärter erlaubte uns, die Zeit bis zum nächsten Zug in der Wartehalle zu verbringen. Irgendwann wurde uns das Rumsitzen lang wei l ig und wir gingen nach draußen, wo wir uns auf eine Bank setzten und ein paar Bier tranken. Nach einer Weile kam es zu einem Streit zwischen meinem Freund und seiner Freundin, weil sie ihn beschuldigte, ihr Feuerzeug geklaut zu haben. Sie glaubte ihm nicht, dass er es nicht habe. Er fing an sich auszuziehen, um seine Unschuld in Sachen Feuerzeug zu beweisen. Es dauerte nicht lange und wir bekamen Besuch von zwei Polizeibeamten, die das ganze im Vom „Kumpeltreff“ zum einjährigen „Bayernverbot“ Bevor er den elterlichen Hof in Richtung Bonn verließ, hatte er mit 18 Jahren zwischenzeitlich seine eigenen vier Wände. Für 14 Tage lebte er in der Wohnung eines Bekannten. „Ich hab’ das dann natürlich schon ausgenutzt und mit meinen Freunden dort Partys gefeiert. Irgendwann fiel mir auf, dass ich so langsam keine saubere Wäsche mehr hatte und sagte meiner Mutter Bescheid. Als die das Chaos in der Wohnung gesehen hat, war der Spaß vorbei. Ich hab’ meine Sachen gepackt und bin wieder nach Hause gezogen, Mama hat die Wohnung geputzt.“ Unterschied zu mir überhaupt nicht lustig fanden. Das Feuerzeug blieb zwar auch weiterhin verschwunden. Wir dagegen konnten uns leider nicht verdünnisieren und auch die Polizisten waren nicht so schnell wieder weg, wie sie gekommen waren. Das Ende vom Lied war, dass sowohl mein halbnackter Kollege als auch seine Als AC/DC-Fan „on the road“ Freundin und ich für ein Jahr Bayernverbot bekamen, also weder nackt noch angezogen einen Fuß in den Freistaat setzten durften.“ Heute noch muss der Trott-war Mitarbeiter lachen, wenn er die Geschichte erzählt. Auch seine Zeitungen verkauft er stets mit Humor und viel Freude, weil es ihm nicht darum geht, „dem blöden Geld hinterher zu rennen“, sondern draußen zu sein und mit Menschen in Kontakt zu kommen. Demnächst will und wird er von Trott-war eine Festanstellung bekommen, da er 500 Zeitungen im Monat locker unters Volk bringt. „Trotzdem werde ich das Verkaufen weiterhin mehr als eine Art Freizeitbeschäftigung sehen, die mir Spaß macht und bei der ich mein eigener Chef sein kann.“ Im Sommer ist der „AC/DC“-Fan meist auf Festivals und Konzerten in ganz Deutschland anzutreffen, auf denen er als ehrenamtlicher Mitarbeiter viel erlebt. Im Juni will er versuchen, beim AC/DC-Konzert in Stuttgart dabei zu sein. Ansonsten hat er wenige konkrete Pläne. „Ich seh’ das alles nicht so eng, mein Leben ist gut und ich freue mich immer wieder Menschen kennen zu lernen und Neues zu erleben.“ Sex als neue, urbane Kultur Die Last mit der Sexualität und Attribute der Lust sind in der westlichen Welt im heutigen Alltag allgegenwärtig. Keine Zeitschrift, keine Werbung, keine Medien ohne verheißungsvolle Bilder. Wie steht es aber tatsächlich um das allgemeine Liebesleben? Von Karin Engel-Hüppe Schöne, lustvolle, ewig junge Welt! Attraktive, sonnengebräunte, junge Menschen, die Frauen langmähnig, schlank, vollbusig und mit endlos langen Beinen, die Männer durchtrainiert und mit Waschbrettbauch, lächeln uns aufreizend mit gebleichten Zähnen von überall entgegen. Klischeehaft verkörpern sie das aktuelle „Idealbild“ von Schönheit und Sexappeal. Die Werbung setzt auf erotische und sexuelle Reize, die der Phantasie freien Lauf lassen und dadurch das Begehren des Betrachters auf die Ware lenken. Die Botschaft suggeriert dem potenziellen Käufer, er würde durch den Kauf des Produkts selbst Teil dieser glamourösen Welt und damit auch an erotischer Ausstrahlung gewinnen. In der Marketingbranche lautet der Slogan: „Sex sells.“ Nach diesem Muster wird alles verkauft, ob Musik oder Kleidung, von der Fußcreme bis zum Auto. Kaum jemand ist immun gegenüber diesem Mechanismus, weil die Wirkung der Lust Signale auf einem dem Menschen innewohnenden biologischen Reaktionsmuster beruht. Es ist schon einiges an kritischer, vernunftmäßiger Distanz notwendig, um dieser Anziehungskraft mehr oder weniger zu entkommen. Sexappeal um jeden Preis Frauenzeitschriften und Männermagazine tragen dazu bei, ein „Schönheitsideal“ zu erschaffen, das für sexuelle Attraktivität als unabdingbar erscheint, für viele Zeitgenossen aber unerreichbar ist. Solche Ideale, nur in anderer Ausprägung, hat es schon zu allen Zeiten gegeben. Der aktuelle hohe Stellenwert von Sexualität in der Gesellschaft bewirkt aber bei vielen Sexuelles Begehren und begehrt zu werden spielen eine gewichtige Rolle in der Pubertät Foto: Stock.xchng 8 9 – Erfüllung oder Frust? einen starken Leistungsdruck, dieses Ideal zu erreichen oder zumindest sich ihm so weit wie möglich anzunähern. Dafür wird viel in Kauf genommen, sowohl körperlich als auch finanziell. Unsere Konsumgesellschaft lebt davon. Da die Realität vom Wunschbild oft erheblich abweicht, ist der Frust vorprogrammiert. Die „sexuelle Revolution“ Die Forderung nach „freier Liebe“, sowohl durch die Hippie- als auch die Studentenbewegung in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, hat unaufhaltsam zu einem Aufbrechen der bis dahin zumindest offiziell geltenden Moralvorstellungen und Konventionen geführt. Sexualität war kein Tabu mehr und wurde zum Thema im öffentlichen Leben. Bis dahin war die Ehe Jahrhunderte lang die einzige Einrichtung, in der das Ausleben von Lust und Leidenschaft von der Kirche und der Gesellschaft erlaubt war. Auch in bürgerlichen Kreisen entstanden durch die Infragestellung und Überwindung dieses allgemein geforderten und akzeptierten Verhaltenskodex’ zunehmend freizügigere Verhaltensweisen. Ermöglicht und verstärkt wurde diese Entwicklung unter anderem durch die Anti-Baby-Pille, die erstmals in der Geschichte der Menschheit die Erfüllung sexuellen Begehrens mit ziemlicher Sicherheit von der Fortpflanzung trennte. Diese „Freiheit“ wurde als Befreiung erlebt, die in vielen Bereichen zu einem neuen Rollenverständnis von Mann und Frau führte. One-Night-Stands, sind dabei die eine Seite. Die andere ist ein ständig steigender Konsum von Pornografie, nicht nur bei Erwachsenen sondern schon bei Jugendlichen, im Extremfall auch bei Kindern. Zwar bezeichnet der Sexualwissenschaftler Ulrich Clement Casual Sex als „neue urbane Kultur“, tatsächlich aber erfolgen in Deutschland nach Aussage des Sexualforschers Gunter Schmidt 95 Prozent aller Sexualkontakte innerhalb fester Partnerschaften. Eine Umfrage per Internet in nordischen Ländern brachte hervor, dass 99 Prozent der Jungen und 86 Prozent der Mädchen im Alter von 14 bis 18 schon mal Pornos geschaut hatten. Werden sie mit diesem Konsum alleingelassen, führt die Konfrontation mit jeglicher Spielart von Sex, oft geprägt von Gewalt, häufig zum Vorbild für die eigene Sexualität. Sozialarbeiter beklagen gerade in sozialen Brennpunkten eine sexuelle Verrohung von Jugendlichen. Aber trotz dieses freizügigen Umgangs und der scheinbar grenzenlosen und schnellen Be- Abkehr von der „Befreiung“? friedigung sexuellen Verlangens sind tatsächlich immer weniger Menschen sexuell aktiv bis hin zur Asexualität. Die „sexuelle Befreiung“ überfordert viele Zeitgenossen und wird teils als Zwang zur Freiheit erlebt, dem man wieder entkommen möchte. Die unkontrollierbaren und gewaltsamen Anteile von Leidenschaft und Ekstase können ängstigen. „40 Jahre nach der sexuellen Revolution dürfen wir zwar der Lust freien Lauf lassen, aber leider hat uns die Lust verlassen“, beschreibt Guillebaud dieses Phänomen. Andererseits spielt der Wunsch nach geschützter Intimität und emotionaler Geborgenheit eine große Rolle. Für viele ist eine solche Atmosphäre Voraussetzung für das Ausleben von Sexualität, wodurch Erotik in Verbindung mit Zärtlichkeit und Partnerschaft erst möglich wird. Auch gibt es immer noch Frauen und Männer, für die Sex durch ihre religiöse Bindung nur in der Ehe möglich ist. Das Ergebnis von Umfragen zeigt, dass gerade Jugendlichen eine feste Partnerschaft wieder wichtiger ist als „schneller Sex“. Laut der österreichischen Sexualtherapeutin Rotraut Berner gibt es sogar immer mehr junge Männer, die lieber kuscheln wollen. Erstaunlich viele, auch junge Menschen bekennen sich in jüngster Zeit zur Asexualität. Ihre enthaltsame Lebensweise ist keine neue Form des Zölibats, sondern Ausdruck eines mangelnden Antriebs. Sie haben entweder keinen Sexualtrieb oder keine romantischen Gefühle oder nichts von beidem. Es gibt in unserer heutigen Gesellschaft eine große Vielfalt an Formen der Sexualität. Entscheidend für unser Leben ist, dass wir uns selbst so annehmen, wie wir sind, und unserem Gefühl sowie unserem Glauben folgen können und dürfen. Anzeige Klar bin ich im Mieterverein ! Das „sexualisierte Zeitalter“ Experten gebrauchen diesen Begriff zur Charakterisierung der aktuellen Entwicklung. Die weit verbreitete Sexualisierung der Gesellschaft zeigt sich in vielen Facetten. Der Alltag ist durchdrungen von erotisch aufgeladenen Bildern und Szenen, die anscheinend grenzenloses Begehren und begehrt zu werden versprechen. Alles scheint möglich! Jedes noch so intime Detail wird öffentlich dargestellt. „Sex ist zu einem Hintergrundrauschen unseres Alltags geworden“, schreibt der französische Publizist Jean-Claude Guillebaud in seinem Buch „Die Tyrannei der Lust“. Erotik und tatsächliche Erfüllung haben dabei oft keine Chance. Unverbindlicher Sex, auch als „Casual Sex“ bezeichnet, zum Beispiel in Form sogenannter Matthias Hahn Bürgermeister Der Mieterverein hilft Ihnen bei allen Mietproblemen und setzt Ihr Recht durch. 0711 - 21 01 60 www.mieterverein-stuttgart.de 70182 Stuttgart Moserstraße 5 10 Krise der Männlichkeit und Jäger Gammler Die Evolution hat es gewusst, das Christentum hat es gewusst und sogar der Kapitalismus konnte sich nicht gegen die Erkenntnis sträuben: Männer sind stärker, klüger und damit naturgemäß besser. Von dieser einfachen Wahrheit scheinen nur die Frauen im 21. Jahrhundert nichts mehr wissen zu wollen. Viele Männer bringt das in die Bredouille – und auch die Frauen, so heißt es, haben daran zu knabbern. Eine Geschichte von männlichen Mauerblümchen, weiblichen Matheassen und handfester Machtpolitik. Von Philipp Hubmann Seit einigen Jahren hat die Bewegung nun endlich einen Namen, die sich vorher noch verschämt in die Hinterzimmer von Kongress- und Tagungsgebäuden zurückzog, um eine Zielgruppe zu bedienen, die bisher eigentlich zur Stammklientel von Tanzkursen zählte – die „Pickup“-Industrie. Der Name ist missverständlich: Es handelt sich dabei nicht um die Präsentation der neuesten amerikanischen Geländewagen mit extra großer Ladefläche, sondern um eine andere Art von Technik, nämlich um Verführungstechnik. Die Kundschaft: Männer, denen das Know-how und vielleicht auch das Selbstbewusstsein fehlt, sich dem anderen Geschlecht erfolgreich zu nähern (engl. „to pick-up“, abschleppen, anbaggern). Die Kursgebühren scheinen genauso hoch zu sein wie die Verzweiflung der Teilnehmer. Ein Wochenendseminar, bestehend aus drei Theoriemodulen und einem Praxistest, kostet rund 500 Euro. Foto: www.BillerAntik.de Maskuline Verunsicherung Glaubt man der Lifestyle-Branche, dann sind diese Hilfestellungen in Sachen zwischengeschlechtlicher Beziehungen kein Einzelfall. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau scheint aus den Fugen geraten. Laut aktuellen Filmen, Büchern und FernsehTalkshows ist das einst starke Geschlecht durch den sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg vieler Frauen in eine Identitätskrise geschlittert. Frank Plasberg widmete der Frage „50 Jahre Gleichberechtigung – wann kommt der Männerbeauftragte?“ eigens eine Sendung, die Brigitte-Redakteure Andreas und Stephan Lebert verordnen ihren Leidensgenossen per Ratgeber eine „Anleitung zum Männlichsein“. Den Grund allen Übels sehen beide in der Emanzipation: Während die Frauen vor 40 Jahren offensiv begonnen haben, sich politisch, wissenschaftlichen und ökonomisch ihr Territorium zu erkämpfen, hat sich der Mann aus dem Machtspiel ausgeklinkt. Eine neue Generation von schlagfertigen, ehrgeizigen Frauen hat sich ihren Weg gebahnt, indem sie sich als moderne Multi-Taskerinnen profilierten. Karriere, Fitness und Partnerschaft unter einen Hut zu kriegen? – Für die Frau von heute kein Problem. Die Männer dagegen können laut den Brüdern Lebert nur noch auf die verstaubten Idole längst vergangener Alte Rollenbilder der Männlichkeit wie hier auf einer Schützenscheibe aus dem Jahr 1712 haben ersatzlos ausgedient 11 Zeiten zurückgreifen: „Die alten Bilder – Jäger, Cowboy, Ritter – hat der Mann der Lächerlichkeit preisgegeben, neue hat er nicht entworfen.“ Gegenmittel Testosteron Ein Patentrezept hält die Medienbranche parat. 2009 wartete das Verlagshaus „Gruner + Jahr“ mit einem neuen Männermagazin, dem „Business Punk“, auf. Zielgruppe ist der unkonventionelle Querdenker, der Rockertum und Karrierestreben miteinander vereint. „Während sie Millionen machen, tobt eine Bestie in ihnen. Ihre Attitüde ist immer ein Whatever und mitunter ein dröhnendes, breit grinsendes Fuck You“, so die Charakterisierung des „Business Punks“. Etwas moderater und demonstrativ unideologisch gibt sich der 2004 gegründete Männerfernsehsender dmax. „Die Männer, die wir ansprechen wollen, sind zwischen 20 und 39 Jahre alt. Sie waren schon mit vielen Erwartungen konfrontiert und mussten einige Klischees durchlaufen. Sie waren harte Machos, weiche Frauenversteher und sind durch die MetrosexuellenWelle geschwommen. Diese ganzen Rollenzwänge haben sie gründlich satt“, erklärte Senderchef Patrick Hörl unlängst in einem FAZ-Interview. Ob allerdings dmax-Sendungen wie „Die Ludolfs – Brüder auf dem Schrottplatz“ und „Der Checker – viel Auto, wenig Geld“ tatsächlich mehr leisten, als alte Kamellen aufzuwärmen, sei dahingestellt. Verrät der Griff in die Klischee-Mottenkiste vielleicht wirklich das Identitätsproblem des modernen Mannes? Frauen werden wählerischer Die gewachsene Unabhängigkeit der Frauen schlägt sich in einem höheren Anspruchsdenken nieder. Ihr Wille, sich mit einem Partner abzufinden, der ihren Wünschen nicht entspricht, sinkt. Das betrifft nicht nur die weiblichen Don Juans in „Sex and the City“ und „Desperate Housewives“. Der Anteil an Frauen, die nach Ehekrisen die Scheidung einreichen, liegt klar über dem Vergleichswert von Männern. 2008 zogen knapp 104.000 Frauen in Deutschland endgültig die Reißleine, umgerechnet knapp 60 Prozent der Scheidungsfälle. Die Gründe für das Scheitern von Partnerschaften sind vielfältig. Ein Faktor, der statistisch immer wieder zu Buche schlägt, ist das Abweichen vom traditionellen Rollengefüge. Eine 2004 von der Universität Pennsylvania durchgeführte Studie belegt, dass Beziehungen dann ein erhöhtes Gefährdungspotenzial haben, wenn die Frau genausoviel oder mehr als ihr Mann verdient. Besonders für Karrierefrauen hat ihr eigenes hohes Einkommen und ihr Bildungsgrad oft einen Haken. Wie die Befunde des Wiener Evolutionsbiologen Karl Grammer nahelegen, suchen sie einen Partner, der ihnen finanziell und intellektuell überlegen ist. Die Begegnung mit Mr. Perfect lässt jedoch mitunter auf sich warten. Schule: Jungen haben schweren Stand Sorgen bereiten nicht nur die Männer von heute. Auch der männliche Nachwuchs stimmt manchen Wissenschaftler nachdenklich. Jungen, dies weisen fast alle Bildungsstudien der letzten Jahre aus, haben wesentlich häufiger mit schulischem Misserfolg zu kämpfen als Mädchen. 62 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss sind männlich. Der Aktionsrat Bildung überprüfte im vergangenen Jahr, ob das deutsche Schulsystem ein bestimmtes Geschlecht diskriminiert. Das eindeutige Ergebnis: „Jungen sind die Verlierer im deutschen Schulsystem“ – und das hat strukturelle wie psychologische Ursachen. Die Pädagogik ist eine Frauendomäne. Bundesweit liegt der Anteil an Erzieherinnen und Lehrerinnen bei weit über 90 Prozent. Wie eine Studie des Bundesbildungsministeriums aus dem Jahr 2008 zeigt, werden Jungen von ihren Lehrerinnen häufig benachteiligt. Neben den schlechteren Zensuren beschreiben staatliche Institutionen aber auch entwicklungspsychologische Nachteile für Jungen. Viele Schüler, so der Tenor der Experten, haben in der Pubertät oft keine Möglichkeit, männliche Lehrkräfte als Rollenvorbilder zu erleben, die ihnen bei der eigenen Identitätsfindung helfen. Anzeige www.stuttgart.igm.de 12 Vom ersten Click zum großen Glück Von Mimi Duttenhofer Ich habe mich damals auf dieser Seite angemeldet, weil eine Freundin dort schon seit längerem war und ich es ganz lustig fand, mit ihr zu schreiben, erzählt sie mir, während sie in ihrem Kaffee rührt. Das war eine von diesen normalen Chatcommunitys, um neue Leute kennen zu lernen, also keine Partnerbörse in dem Sinne. Bis dahin habe ich mir noch nie Gedanken über Partnersuche im Web gemacht, das war für mich völlig abwegig. Die Leute, die ich aus meinem Bekanntenkreis mit solchen Erfahrungen kenne, habe ich immer ein bisschen schräg angesehen. Ich fand die Vorstellung irgendwie komisch, jemanden erst zu lesen und dann zu sehen. Für mich hatten die Leute, die ihre Zeit in Chatrooms verbrachten und sich da Freundschaften aufbauten, eher „einen an der Klatsche“. Für mich ist Internet noch heute ein Medium zum Arbeiten oder um sich Informationen zu besorgen, aber doch nicht den nächsten Partner. Und so beginnt sie mit der eigentlichen Geschichte: Eines Tages sah ich sein Profilbild in meiner „Ereignisspalte“. Er hatte sich also mein Profil angesehen. Aus Langeweile hab ich dann sein Bild angeklickt, das weiß ich noch, denn eigentlich war er vom Aussehen her nicht so mein Typ. Ein „Angebertyp“ wie ich fand, weißt du, so einer, der in seinem Profil stehen hat, dass er jeden Tag ins Fitnessstudio rennt und dazu Fotos von sich mit halb nacktem Oberkörper, damit man seine trainierten Muskeln sieht. Alles klar, hab’ ich da gedacht, so einen Typen kann man doch gleich in der Pfeife rauchen. Der kann ja nichts im Kopf haben. Doch dann kam die erste Message. Erst lesen – dann sehen Der erste Zeilenwechsel verlief noch relativ kurz, er musste noch weg, versprach mir aber, sich wieder zu melden. Geglaubt hab’ ich ihm nicht wirklich, doch schon am nächsten Abend habe ich ihn wieder online gelesen – und den Abend darauf und von da an jeden Abend. Wir verabredeten uns zu bestimmten Zeiten und zumindest ich fieberte diesen Chatdates entgegen. Denn gegen alle meine Erwartungen war mir dieser Typ, der mir da jeden Abend schrieb, durch seine Texte näher als bisher irgendein Mann, den ich so in der Kneipe um die Ecke kennengelernt habe. Wir haben uns über alles unterhalten, er hat sich für so vieles von mir interessiert. Wir haben stundenlang über Musik und das Leben diskutiert – und darüber, was wir glauben, meinen, denken und fühlen. Nach drei Wochen Schreiben kam dann endlich das erste Telefonat … mit einer Stimme, die Lust auf mehr machte. Sie sieht zum ersten Mal während des Interviews von ihrem Kaffe hoch, lächelt schon wieder, wohl in Gedanken an das Cyber-Happyend der Geschichte, das sich schon jetzt erahnen lässt. Dann kam der für mich alles entscheidende Tag, denn immer nur schreiben und telefonieren fand ich, geht nicht. Ich wollte diesen Mann kennenlernen, sehen, ob er echt ist und ob die Stunden vor dem PC nur eine Illusion produziert haben, oder ob da was Echtes ist. Wie aus Pics und Bytes Schmetterlinge im Bauch werden Mir gegenüber sitzt Katharina Bauer*, eine junge Frau Mitte 20, die mir ihre Geschichte erzählt. Es ist das Märchen vom gefundenen Traumprinzen. Nur, dass der Prinz nicht wie gewohnt auf dem Apfelschimmel angeritten kam, sondern sich über Worte und flotte Textzeilen bemerkbar gemacht hat. Denn Katharinas Prinz war erst mal nur ein Cyberprinz, bevor er Realität wurde. 13 Kurz vor dem Blind Date, denn was anderes war das für mich nicht, bin ich schier durchgedreht. Ich bin auf dem Parkplatz vor dem Lokal rumgerannt, auf dem wir uns verabredet hatten, hab’ Panik geschoben und mir überlegt, dass ich ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank habe, so etwas zu machen. Doch dann fuhr ein Auto auf den Parkplatz, ein junger gut aussehender Mann stieg aus und ich war erst mal sprachlos. Da stand kein Freak vor mir, kein Nerd (engl. Langweiler/Sonderling) sondern die Perfektion dessen, was ich mir bis dato erhofft hatte. Es ist ein langer Abend geworden, nachdem ich endlich irgendwelche dümmlichen Begrüßungsworte gestammelt hatte und sich der Schock über die erste Begegnung auf beiden Seiten gelegt hat. Wir hatten uns beide nicht getäuscht. Die Gefühle, die sich da während des Schreibens aufgebaut haben, ließen sich problemlos in die Realität übertragen. Heute sind wir drei Jahre zusammen und leben auch in einer gemeinsamen Wohnung. Katharinas Geschichte ist kein Einzelfall, sondern nur eines von vielen Beispielen, wie aus anfänglich ausgetauschten Pics, Bits und Bytes Gefühle entstehen können. Nette Kontakte übers Netz *Name von der Autorin geändert Grafik: Christine Gerhardt Vielleicht ist dies ja gerade das Geheimnis glücklicher Paare, die sich im Internet gefunden haben. Sie verlieben sich zuerst in Worte, in Texte, in die Gedanken eines Anderen. Sie verlieben sich in den Charakter, das pure „Sein“. Erst danach folgen Äußerlichkeiten und Stimme. Vor ein paar Jahren wurde man vielleicht noch leicht von der Seite angesehen, wenn man zugab, den Großteil seiner Freizeit im Netz zu verbringen, aber heute? Heutzutage hat man doch fast immer und überall rund um den Erdball Zugang zum world wide web. Das heißt: Kontakte pflegen, arbeiten, Bankgeschäfte tätigen, einkaufen oder eben auf Partnersuche gehen, alles geschieht immer mehr online. Das Leben findet nicht mehr nur ausschließlich vor der Haustür statt, sondern zu einem großen Teil virtuell. Und das nicht nur bei den Jungen. Auch ältere Menschen haben die Vorzüge und Annehmlichkeiten des Internet längst erkannt. Sie nutzen es wie die Jungen, um ihr Leben abwechslungsreicher und angenehmer zu gestalten. Dies belegen unter anderem auch Partnerbörsen im Internet, speziell für ältere Semester. Als Fazit bleibt: Die Partnersuche im Internet liegt mehr als nur im Trend – und der Erfolg scheint dem Trend Recht zu geben. Vielleicht macht die anfängliche Selektion die Partnerauswahl ein bisschen einfacher, sicher ermöglicht einem das Netz auch völlig neue Kontakte zu Menschen, die man auf der Straße so nicht unbedingt ansprechen würde. Beruhigend dürfte hierbei jedoch für die Altmodischeren unter uns sein, dass man bei aller virtueller Aktivität immer noch ein Herz braucht, um sich zu verlieben. Denn ansonsten bleiben Bits und Bytes einfach nur Teile einer virtuellen Welt und werden nicht zu realen Schmetterlingen im Bauch. Anfangs ist es die Tastatur, über die man sich zuerst in Worte, in Texte, in die Gedanken eines Anderen, dessen Charakter, dessen pures „Sein“ verliebt 14 „Wir sind einzig, aber nicht artig“ Man(n) geht nur „mal zum Aldi“ Von Rafael Binkowski Wände sind frisch gestrichen, die Hausnummer 43 blinkt, alles sieht ordentlich und neu aus. Die Damen Linda, Alexa und Jenny, alle zwischen 18 und 30 Jahre alt, werben auch auf der Homepage, sie sind selbstständig in den großzügigen Zimmern mit Duschen. Im Haus gibt es eine Tabledancebar, die ab 21 Uhr geöffnet ist. Ansonsten herrscht jeden Tag ab elf Uhr Betrieb, die Inhaber sind gutbürgerliche, schwäbische Aalener, das Eros-Center ist selbstständig und gehört zu keiner Kette. Gleich nebenan das zweite Haus, das Triple XXX. „Wir sind einzig, aber nicht artig“, wirbt Diskretion und Anonymität Neonröhre weist auf das „Eros Center“ hin, das es seit gut 15 Jahren in Aalen gibt. Etwa zehn bis 15 Mädchen arbeiten in dem Bordell, alle Nationalitäten bunt gemischt, die Preise schwanken zwischen 80 und 120 Euro, je nachdem, wie viel der Freier „bucht“. Das Haus wirbt mit „diskreten Parkplätzen direkt vor der Tür“, die Fotos: Rafael Binkowski Denn etwa 200 Meter neben dem Aldimarkt im Aalener Gewerbegebiet Neukochen liegen beide Bordelle der Kocherstadt – und die Discothek „Bottich“ ist direkt neben der Nackttanzbar „Can Can“. Ja, es gibt einiges an Rotlichtmilieu in Aalen, wenn man weiß, wo es liegt. In schwäbischer Toleranz wird darüber aber nicht allzu viel gesprochen. Ein genauerer Blick. Erste Station ist die Kochertalstraße in Aalen. Etwas abseits der Straßen zwischen der Kernstadt und dem Stadtteil Unterkochen gelegen, zwischen Industriebauten und einer Außenstelle der Stadtwerke. An der Straße hängen Schilder, eine dezente rote Das Eros-Center ist eines von zwei Bordellen in Aalen, gut geführt und schwä- Die Sahara-Bar ist im ehemaligen, altehrwürdigen Hotel Reichspost unter- bisch ordentlich gebracht 15 Das Rotlichtmilieu im ländlichen Raum am Beispiel Aalen (Ostalbkreis): Es gibt eine Erotikszene, jeder kennt sie, aber man redet nicht darüber. Wenn ein Aalener Ehemann behauptet, er gehe „noch schnell zum Aldi“, sollte die Gattin hellhörig werden. Genauso, wenn er meint, noch mit ein paar Kumpels „in den Bottich“ zu gehen. Die Tabledancebar Can Can hat entgegen anders lautender Gerüchte keinen Bordellbetrieb die Einrichtung, die sogar Rabatte für HartzIV-Empfänger und Studenten anbietet: „Das gibt es nur bei uns.“ Auch hier sieht das Ambiente gepflegt aus, an der Bar kann man die Dame der Wahl ungezwungen kennenlernen. Die Zimmer haben schöne Doppelbetten mit Baldachinen und roten Vorhängen. Von außen sieht das Bordell wie ein Wohnhaus aus, im selben Gebäude schließt sich noch eine Lagerhalle für Lastwagen an. „Wir schreiben Diskretion und Anonymität ganz groß“, sagt der Hausleiter, „unsere Girls gehen regelmäßig zu ärztlichen Untersuchungen, und wir prüfen das auch.“ Hier arbeiten 20 bis 30 Mädchen, daher kontrolliert hier das Hauptzollamt Ulm häufig, um Illegale zu finden. Beide Aalener Einrichtungen gelten als ordentlich. Das bestätigt Joschi Moser, der für die Aidshilfe Schwäbisch Gmünd die Aalener Einrichtungen betreut. „Die Bordelle sind sehr gut geführt“, sagt er, „die Frauen wissen, wie sie sich stituierten. Brauer: „Es ist aber nicht besonders auffällig.“ Es gibt also eine kleine, in einen Sperrbezirk verbannte Rotlichtszene in Aalen, die relativ ordentlich und unauffällig ist. Im benachbarten Schwäbisch Gmünd konzentriert sich die Prostitution hingegen auf so genannte „Terminwohnungen“, die über einen Hausmeisterservice verwaltet würden. Und dann gibt es in Aalen noch die Tabledancebars. Zum Beispiel mitten in der Innenstadt in der Nähe des teuer sanierten Omnibusbahnhofes. In der Kanalstraße residierte einst das angesehene „Hotel Reichspost“, das in der ehemals freien Reichsstadt eine gute Adresse war. Der alte Schriftzug prangt noch an dem Gebäude, doch darunter sind Bilder von leichtbekleideten Damen. Die „Sahara-Bar“ lockt mit Nackttänzerinnen. Das gleiche Bild in der Weststadt bei dem schon genannten „Bottich“. Hier prangt noch das Emblem der angesehenen Aalener „GrünbaumBrauerei“ oben, darunter leuchten die Schilder der Can-CanBar. Auch wenn sich hartnäckig Gerüchte halten, hier würde auch Prostitution betrieben, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Doch neben diesen offenen Einrichtungen existiert noch vieles, was im Verborgenen läuft. Das berichtet Joschi Moser von der Aidshilfe. „Es gibt auch und gerade im ländlichen Raum immer wieder Partys mit 20 bis 30 Leuten“, erzählt er. Sie würden sich meist über das Internet verabreden und in Privaträumen treffen, um gemeinsam Sex zu haben. Aus Sicht der Aidshilfe sind diese Gruppen schwer zu erreichen. „Wir wollen das ja nicht moralisch werten, sondern Hilfe anbieten“, sagt er. Weit verbreitet sei auch die so genannte „Hausfrauenprostitution“. Dabei handele es sich nicht nur um Osteuropäerinnen, sondern durchaus um die schwäbische Hausfrau, die sich mit drei bis vier Freiern im Monat etwas dazu- Aalener Bordelle sind ordentlich und sauber schützen können.“ Zudem würden sie regelmäßig ärztlich untersucht. Die Etablissements seien sauber. Auch das Ulmer Zollamt, das oft Kontrollen wegen Schwarzarbeit durchführt, sieht das so. „Es gibt immer einzelne Fälle von illegaler Beschäftigung“, sagt der Sprecher Hagen Kohlmann, „aber das gibt es in jedem Betrieb.“ Meistens sei das Problem, dass die formell selbstständigen Prostituierten (alles andere wäre Zuhälterei) nebenher Hartz IV oder andere Sozialleistungen bezögen. Und der Polizeisprecher John Brauer mei nt: „Wir sind oft wegen Kleinigkeiten da, es gibt aber keine Anhaltspunkte für Menschenhandel.“ Meistens gehe es um nicht gezahlte Löhne für die Dienstleistung oder illegalen Aufenthalt der oft aus Rumänien oder Polen stammenden Pro- verdiene. Auch hier laufe die Anbahnung über das Internet. Moser: „Man erkennt das meistens daran, dass von Hotel- und Hausbesuchen die Rede ist.“ Der Geschlechtsverkehr finde dann nicht in einem festen Studio statt, sondern in den Privaträumen des Freiers oder im Hotel. „Oft verzichten sie auf Schutz“, kritisiert Moser, „teils auch aus Unwissen.“ Häufig seien dies auch Frauen, die in ordentlich geführten Bordellen nicht genommen würden. „Das macht uns am meisten Kummer, weil wir es nicht mitbekommen“, meint er. Einen offenen Straßenstrich, wie man ihn in Großstädten wie Stuttgart und Ulm findet, gibt es im Ostalbkreis nicht. Allerdings kennt Joschi Moser bestimmte Treffpunkte, etwa beim St. Johann-Friedhof unweit des landesweit bekannten Limesmuseums in Aalen, oder auf der Straße zu den ebenfalls überregional frequentierten Limesthermen, einem Thermalbad. „Vor allem in den Sommermonaten stehen dort vereinzelt Frauen“, meint er. Fazit: Es gibt auch im ländlichen Ostalbkreis mehr, als auf den ersten Blick sichtbar ist. Doch in schwäbisch liberaler Toleranz wird das meiste in ziemlich geordnete Bahnen gelenkt. Anzeige Monatsspruch Mai „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn der Herr ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde.“ (Psalm 62, 2.3) 16 Prostitution gilt vielen bis heute als verrucht und wird nicht selten mit Kriminalität in Verbindung gebracht. Besonders häufig sind die Assoziationen zu Drogen, Menschenhandel und Unterdrückungsverhältnissen (Zwangsprostitution). Sexsteuern: ja Foto: Titus Lenk Von Titus Lenk Doch zumindest heute ist Prostitution für viele männliche und weibliche Prostituierte etwas „relativ Normales“. Der Staat hatte vor einiger Zeit mit dem Angebot der Sozialversicherung Prostitution de facto als einen Beruf unter anderen anerkannt. Allerdings wird dieses Angebot bisher kaum wahrgenommen. Nach Angaben des Stuttgarter Gesundheitsamts habe sich das „Modell der Anstellung, bei der die Prostituierten sozialversichert sind“, bisher „nicht durchgesetzt“, in Stuttgart sei „nahezu niemand angestellt und sozialversichert.“ Die Forderung nach Normalität kommt auch von den Prostituierten selbst. In der Bundesrepublik entstanden in den 1980er Jahren im Gefolge der allgemeinen Frauenbewegung so genannte Huren-Selbstorganisationen. Frauen, die der Prostitution nachgingen, begannen sich zu organisieren und selbstbewusst Rechte für sich einzufordern. Um die Normalität der Prostitution als Beruf zu verdeutlichen, wird auch seit einiger Zeit vermehrt von Verbänden und zuständigen Stellen der Begriff „Sexarbeiter“ oder „Sexarbeiterinnen“ verwendet. Prostitution in Stuttgart Stuttgarts „Rotlichtviertel“, in dem die Anlaufstellen wie das Prostituiertencafé La Strada und das Café Strich-Punkt jüngst eröffnet wurden Bis heute gibt es in einigen Städten Selbstorganisationen von weiblichen oder männlichen Prostituierten. In Stuttgart gibt es keine. Dafür bestand bereits seit Ende der 90er-Jahre in Stuttgart eine Anlaufstelle für Prostituierte. Seit neuestem sind nun mit dem Café La Strada und dem Café Strich-Punkt neue Anlaufstellen geschaffen worden. Café La Strada richtet sich an weibliche Prostituierte und wird in Kooperation von Gesundheitsamt und Caritas betrieben. Das Café Strich-Punkt hingegen wird betrieben von der Stuttgarter Aidshilfe und dem „Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V.“ Mit beiden Anlaufstellen soll Menschen, die der Prostitution nachgehen, rechtliche, ärztliche und psychosoziale Hilfe angeboten werden. Prostitution – ein ganz normaler Beruf soziale Sicherung: kaum Untergebracht sind beide Cafés in der Jakobstraße 3, einer Seitengasse der Leonhardstraße. Hier haben in direkter Umgebung mehrere Bordelle ihren Sitz. Das Leonhard-Viertel ist unzweifelhaft Stuttgarts Rotlichtbezirk. Wer die Straße entlang geht, sieht hier den ganzen Tag über Frauen auf der Suche nach Freiern herumgehen und die rot blinkende Leuchtreklame der Bars und Bordelle wird schon früh am Tag eingeschaltet. Nach Angaben des Gesundheitsamtes gab es in der Stadt Stuttgart im letzten Jahr etwa 4.000 weibliche Prostituierte, wovon wiederum 500 als Straßenprostituierte tätig waren. Die anderen gingen ihrer Tätigkeit in Wohnungen, Clubs und Laufhäusern nach oder machten Hausbesuche. Von diesen 4.000 Frauen sind fast 75 Prozent Ausländerinnen. Sie kommen vor allem aus osteuropäischen Ländern wie Ungarn, Polen, Rumänien, Bulgarien, Slowakei und Tschechien. Hierfür dürften vor allem die Reise-Erleichterungen im Rahmen der EUOsterweiterung verantwortlich sein. Die Anzahl an männlichen Prostituierten in Stuttgart wird je nach Quelle auf 200 bis 300 sind oft sehr stark, was dazu führt, dass sich Frauen und Männer dort für nur geringe Beträge verkaufen. Das Finanzamt geht im Übrigen von cirka 2.000 Euro monatlichem Nettoeinkommen aus und besteuert entsprechend. Was das Alter angeht, so kann bei den Frauen davon ausgegangen werden, dass sie mehrheitlich 18 bis 40 Jahre alt sind. Es gibt jedoch, vor allem in der Altstadt, bedeutend ältere Frauen, die noch als Prostituierte arbeiten. Das liegt an den speziellen Wünschen und Geschmäckern einiger Kunden. Bei den Männern hingegen gilt: je jünger desto besser. Bis zum Alter von 25 Jahren laufen die Geschäfte, danach wird es schlechter. Über Prostitution wird gesprochen, aber nur wenig mit Prostituierten selbst. Ein Beispiel hierfür war die Debatte um die so genannten „Flatrate-Bordelle“. Statt zu fragen, wie die betroffenen Frauen in dieser Art von Bordell ihre Situation empfinden, wurde die alleinige Existenz von „Flatrate-Bordellen“ heftig skandalisiert. Ebenso verhält es sich mit Polizei-Aktionen gegen Prostituierte. Häufig werden PolizeiRazzien auch damit begründet, Frauen zu helfen, die zur Arbeit als Prostituierte gezwungen würden. Dem spricht aber Hohn, dass Frauen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Es wird den Frauen in keiner Weise geholfen, wenn sie in die Armut zurückgeschickt werden, aus der sie geflüchtet sind. Oder wenn sie Zwangsprostituierte waren Männer im ältesten Gewerbe der Welt (Gesundheitsamt) oder 500 („Verein zur Förderung von Jugendlichen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten e.V.“) Männer geschätzt. Nach Angaben des Gesundheitsamts scheint eine große Gruppe aus der Balkanregion zu kommen. „Abgesehen vom Straßenstrich spielt sich bei der mann-männlichen Prostitution auch vieles über einschlägige Internet-Portale ab, z. B. Gay Romeo Onlinedating“, so Gudrun Christ vom Stuttgarter Gesundheitsamt. Das Einkommen von Prostituierten in Stuttgart variiert sehr. Es ist abhängig davon, ob eine Frau dort auch wohnt, wo sie arbeitet, oder ob sie Tagesmiete bezahlen muss. Dies können in Stuttgart 100 bis 140 Euro pro Tag sein. Den Einnahmen stehen also sehr hohe Ausgaben gegenüber. Konkurrenz und Preisdruck im Bereich der Altstadt und auf dem Straßenstrich Anzeige und nun wieder in die Nähe der Männer geschickt werden, die sie mit Gewalt oder Lügen nach Deutschland brachten. Die Frankfurter Prostituierten-Organisation Doña Carmen fordert folgerichtig „Rechte statt Razzien“ und ein Ende der Diskriminierung einer ganzen Berufsgruppe. Einer (unvollständigen) Aufstellung von Doña Carmen nach, in der die Razzien gegen Prostituierte bis zum Jahr 2008 erfasst sind, stehen die Einsätze von oft mehreren hundert Beamten in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Zwangsprostituierte wurden dabei kaum aufgespürt. Offenbar handelt es sich bei Zwangsprostitution heutzutage um ein zahlenmäßig relativ kleines Phänomen. Jenseits von Pretty Woman Prostitution sollte trotzdem nicht romantisiert werden. Zwangsprostitution scheint zwar eher selten, aber viele Prostituierte stehen unter einer anderen Art von Zwang. Es ist die finanzielle Armut, die Menschen dazu bringt einen Beruf auszuüben, der über ein derart geringes Ansehen verfügt. Das bestätigt auch das Stuttgarter Gesundheitsamt: „Die schwierige wirtschaftliche, persönliche und gesundheitliche Situation der vielen Armutsprostituierten in Stuttgart hat letztlich zur Einrichtung von Anlaufstellen wie dem Prostituiertencafé La Strada und dem Café Strich-Punkt geführt.“ Dass fast nur (hetero- und homosexuelle) Männer Kunden von Prostituierten sind, zeigt zudem, wie sich in der Prostitution die Männerdominanz der Gesellschaft abbildet. 17 18 Der Schmerz ist kurz und schnell wieder vorbei Haare an der richtigen Stelle Immer mehr Männer lassen sich Körperbehaarung „wachsen“: Wir haben ein Waxing-Studio in Stuttgart besucht. „Ja, beim ersten Mal hatte ich ein wenig Vorbehalte.“ Andreas Z., 34 Jahre und aus Stuttgart, kommt gerade aus einer der Kabinen von „Wax in the City“ in der Stuttgarter Innenstadt. Er gehört zu den 20 Prozent männlichen Kunden des seit Herbst eröffneten Studios. Die Inhaberin Vera Ilas lächelt freundlich. Sie kennt das gut: „Die Männer schauen beim ersten Mal noch etwas vorsichtig, lassen sich erst mal den Rücken oder den Bauch wachsen. Doch inzwischen gehört Andreas Z. zu den Stammkunden, und er hat sich nicht nur die Bauchhaare wegmachen lassen. „Das ist für mich inzwischen so, als würde ich zum Friseur gehen“, sagt der 34-Jährige, „und meine Lebensgefährtin findet eine glatte Brust sehr attraktiv.“ Gut, beim ersten Besuch habe er sich das Schild mit den Angeboten erst einmal ganz genau durchgelesen – und sich etwas irritiert gefühlt, räumt er ein. „Ganz kurz hat man darüber nachgedacht, sich vor einer fremden Frau auszuziehen, aber letztlich ist das wie beim Arzt“, meint er, „die sehen das ganz sachlich und entspannt.“ Zumal die Depiladoras, wie die freundlichen Wachserinnen genannt werden, immer ein nettes Wort fänden, so dass die Atmosphäre absolut ungezwungen sei. Ilas freut sich über jeden männlichen Kunden ganz besonders. „Sie schauen am Anfang erst einmal, wie sie hier behandelt werden“, sagt die 42-Jährige, „und wenn sie merken, dass es auch nicht anders ist als bei Frauen, lösen sich die Vorbehalte auf.“ Männer aller Altersklassen kämen zu ihr, von Teenagern bis zu gestandenen Mittfünfzigern. Manche kämen zusammen mit ihrer Partnerin, andere allein. Ältere Herrschaften würden sich auch einfach nur die Nasenhaare entfernen lassen. „Einmal habe ich es sogar erlebt, dass ein junger Herr seine Freundin beim zweiten Mal mitgebracht hat“, meint Ilas freudestrahlend, „es ist also nicht immer nur umgekehrt.“ Als sie im November 2009 das neben „Senzera“ am Marktplatz zweite Waxing-Studio in der Landeshauptstadt aufgemacht hat, ging es Ilas auch darum, dass das Wachsen (in diesem Studio mit einer speziellen Honigwachsrezeptur) als etwas ganz Normales angesehen wird. Foto: Rafael Binkowski Von Rafael Binkowski Vera Ilas, die Inhaberin des Studios, freut sich auch über männliche Besucher, die sich ihrer Körper-Behaarung durch „Waxing“ entledigen wollen Auch und gerade bei Männern. „Früher konnte man nur bei der Kosmetikerin die Körperbehaarung entfernen lassen“, sagt Ilas, „das haben die meisten Männer nicht gemacht.“ Im Waxing-Studio werde dies als Dienstleistung für alle angeboten. Dazu lockt eine entspannte Atmosphäre. Wer das Studio in der Langen Straße betritt, steht erst mal vor einer weißen Wand mit einem Ständer mit Flyern. „Haare sind Schmuck, aber an der richtigen Stelle“, steht dort. Nach der Begrüßung an der Theke sitzt man auf roten Sofas und rotgeblümten Tapeten und wartet, bis man hinter den Vorhang mit den Kabinen treten kann. Dort wartet dann die meist noch recht junge Depiladora. Ja, aber wie ist das mit den Schmerzen? Wehleidiger sollen Männer ja sein, schmerzempfindlicher als Frauen. „Man hört keine Schmerzensschreie“, lacht Ilas. Vielleicht mal ein kurzes „Humpf“. Andreas Z. schmunzelt: „Gut, es tut schon weh, da wollen wir nicht drum herumreden. Aber der Schmerz ist kurz und schnell wieder vorbei.“ Die Haut werde vorher gut eingepudert und anschließend mit einer kühlenden Lotion behandelt. Je nachdem, ob man sich für Intimwaxing und Hollywood (alles blank) oder Brazilian (ohne Hoden) entschieden hat, wird der Schmerz teilweise stärker. „Aber auch da gilt: kurz und vorbei“, meint Andreas Z., „meistens bin ich so ins Gespräch mit der Depiladora vertieft, dass ich überrascht bin.“ Bis man das Ziepen bemerke, sei es dann auch schon wieder vorbei. Andreas Z.: „Und dann hat man für zwei bis drei Wochen Ruhe, muss nichts rasieren oder gar epilieren.“ Vielleicht könne man die Haut mit einer Luffa-Gurke peelen und so eingewachsene Haare verhindern, sonst brauche man nichts mehr tun. Und was sagt die Chefin? Ilas meint zwar: „Die Frauen sind tapferer.“ Wer jedoch den Weg ins Studio gefunden habe, halte es dann aber auch gut aus. Wichtig sei, dass sich schnell wieder das Wohlfühl-Empfinden einstelle. Und wer ein paar Mal da sei, komme ziemlich häufig wieder. „Das Suchtpotenzial ist groß“, meint die Inhaberin. Andreas Z. jedenfalls füllt seine Kundenkarte aus. Ob er im Bekanntenkreis komisch angeschaut wird? „Gut, mancher würde das nie machen“, schmunzelt er, „muss er ja auch nicht. Aber neugierig sind alle, und so mancher wurde schon bekehrt.“ Vom Zwist zum Rosenkrieg Wenn zwei sich streiten … ist der Anlass oft ganz alltäglicher Natur: Laut einer aktuellen Studie lösen die Aufgabenverteilung im Haushalt und zu wenig gemeinsam verbrachte Zeit besonders häufig Konflikte in einer Partnerschaft aus. Dahinter können allerdings tiefere Gründe stecken, wie die Paartherapeutin Nora Nägele erklärt. Von Monika Kewes „Die Ehe ist der Versuch, zu zweit mit den Problemen fertig zu werden, die man alleine nie gehabt hätte“, soll der Regisseur Woody Allen einmal gesagt haben. Dieser Ausspruch zeigt, dass das Zusammenleben – ob mit Trauschein oder ohne – jede Menge Konfliktstoff bergen kann. Gemäß einer aktuellen Studie gibt es bei 94 Prozent der deutschen Paare regelmäßig Zwist. Die Gründe sind vielfältig: „Streit entzündet sich meist an den unerfüllten Bedürfnissen“, sagt die Stuttgarter Paartherapeutin Nägele. „Ursache können die alltäglichen Kleinigkeiten sein oder ein großes Thema, das für den einen entscheidend wichtig ist, für den anderen aber nicht.“ Einem Disput könne man durchaus auch positive Seiten abgewinnen, erklärt die Therapeutin: „Streit ist wichtig. Paare, die nicht streiten, laufen Gefahr, die Nähe zueinander zu verlieren. Insbesondere dann, wenn die eigenen Bedürfnisse nicht mehr artikuliert werden aus Angst vor Konflikten“. Die Expertin erläutert, welchen Effekt ein Disput haben kann. Denn „wenn wir streiten, zeigen wir auch: Der andere ist uns wichtig. Nach dem Streit kommt die Versöhnung und vertieft die Beziehung.“ Dann könnten die Partner nämlich feststellen, dass sie sich noch genauer kennen gelernt haben und künftig „ein bisschen besser mit den Eigenheiten des anderen umgehen“. Worüber sich deutsche Paare besonders oft streiten, hat das Marktforschungsinstitut Innofact AG in Zusammenarbeit mit Parship.de untersucht. Befragt wurden rund 2000 Erwachsene (Mehrfachnennungen waren möglich). Streitgrund Nummer eins ist demnach für Frauen die Aufgabenverteilung im Haushalt: Fast jede dritte Frau (30 Prozent) gab an, mit dem Partner am häufigsten über Bügelwäsche, Abwasch und Co. zu zanken. Regelmäßig streiten Frauen auch über finanzielle Angelegenheiten (24 Prozent, Platz 3). Bei den Männern steht auf Platz 1 dieser Rangliste zu wenig gemeinsame Zeit (29 Prozent). Die Verteilung der Hausarbeit ist laut 24 Prozent der Männer häufigstes Streitthema (Platz 2). Ähnlich empfindlich sind Männer und Frauen übrigens, wenn sie denken, dass Foto: Stock.xchng Streiten unter Partnern – das gehört bei den meisten Paaren zum Alltag der Partner ihnen nicht mehr richtig zuhört. Jede vierte Frau (25 Prozent, Platz 2) und fast jeder vierte Mann (22 Prozent, Platz 3) hat sein Gegenüber schon gefragt: „Hörst du mir eigentlich zu?“ Des Weiteren wird in Partnerschaften vielfach über folgende Themen gezankt: die (Schwieger-)Familie, die Kindererziehung, die Freizeitgestaltung und das Liebesleben. Hinter diesen Auslösern verbergen sich jedoch in vielen Fällen andere Motive, wie Nora Nägele erklärt: „Oft sind es gar nicht die Inhalte des Streits, also diese Alltäglichkeiten, sondern es zeigen sich hier die unerfüllten Bedürfnisse, für die man bewusst oder unbewusst den anderen verantwortlich macht.“ Wenn mal „dicke Luft“ ist, hat die Therapeutin einen Tipp: Wer dies zuerst bemerkt, sollte auf den Partner zugehen und mit ihm sprechen; allerdings „nicht über den Anlass des Streits, sondern darüber, warum jedem von beiden sein Anliegen so wichtig ist“. Dann zeigt sich laut Nägele vielfach, „dass beide sogar das gleiche erreichen wollen, wenn auch auf einem anderen Weg“. 19 … 20 Wirtschaftskonkurrenz durch Ein-Euro-Jobs Ein-Euro-Jobs Zumutung sind eher eine als ein Zubrot Von Helmut H. Schmid Bei Trott-war versuchte sich ein Verkäufer das Leben zu nehmen. Ihm war zwei Jahre lang immer wieder von seinem Betreuer bei der „Neue Arbeit gGmbH“ erklärt worden, dass er, wenn er sich anstrenge und bewähre, in der Altenpflege hinterher eventuell eine feste Anstellung erhalten könne. Emanuel Baranowski machte der Dienst an älteren Mitmenschen großen Spaß. Daher war die Enttäuschung riesig, als er am Ende erfuhr, es sei kein Geld da und er daher wieder arbeitslos. Der inzwischen trockene Alkoholiker griff nach diesem desillusionierenden Dämpfer wieder zur Schnapsflasche. Er gab sich völlig auf und hegte Suizidgedanken. Allein das Angebot einer festen Anstellung bei Trottwar gab ihm wieder Auftrieb und bot ihm eine Perspektive. Sanktionen statt Hilfen Fotos: Joachim Hempel Ähnliches erlebte sein Kollege Roland Schneider. Vor zwei Jahren erhielt er vom Jobcenter in Esslingen die Aufforderung, einen Ein-EuroJob anzunehmen und dabei einen Gabelstapler-Führerschein zu machen. Als er darauf hinwies, dass er nahezu blind sei und auch ärztliche Atteste vorlegen könne, drohte ihm seine behördliche Sachbearbeiterin mit Leistungskürzungen. Nur auf Intervention eines Trott-war-Mitarbeiters und der Androhung, dass im Falle eines Unfalls der Verursacher zur Verantwortung gezogen werde, konnte das Schlimmste verhindert werden. Hier ist gut Golfspielen – mit der entsprechenden Auswahl an Arbeitskräften erst recht … Bei diesen grotesken Geschichten kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Sachbearbeiter bei den Jobcentern völlig ungeschult mit desillusionierten arbeitslosen Menschen konfrontiert werden, für die sie keine Zeit haben. Zudem sollen sie aus der Vielzahl an „Fällen“ möglichst viele Sanktionen erwirken, damit sich ihre eigene Stelle lohnt. Diesen Druck geben sie nach unten weiter und so kommt es zu solch fatalen Ereignissen, dass ein Blinder einen Führerschein machen soll, wenn er keine Leistungskürzung hinnehmen will. Ein anderer Verkaufsmitarbeiter der Straßenzeitung arbeitete auf Basis eines Ein-Euro-Jobs bei einem Golfclub im Großraum Stuttgart. Dort wurden von 15 angestellten Gärtnern zwölf entlassen und durch 30 Ein-Euro-Jobber ersetzt. So hatte der Trott-war-Verkäufer zwar für ein Jahr eine Beschäftigung. Aber niemand fragte jemals nach, was aus den zwölf entlassenen Fachhandwerkern wurde und ob sie jemals wieder eine ihrer Qualifikation entsprechende Anstellung fanden. Im schlimmsten Fall landeten sie nach einiger Zeit in einem Ein-Euro-Job, der ihnen keinerlei Zukunftsperspektive bot. Ein-Euro-Jobber müssten eigentlich für gemeinnützige Arbeiten eingesetzt werden, die ohne diese Arbeitskräfte nicht möglich wären. Dies soll verhindern, dass die gering entlohnten Arbeitslosen mit regulären Arbeitsplätzen konkurrieren. Die Behörden schufen bundesweit mehrere Hunderttausende Ein-Euro-Jobs unter dem Motto „Fördern und Fordern“. Neben der Erledigung von Arbeiten für das öffentliche Wohl sollen sich arbeitslose Menschen wieder an den Arbeitsalltag gewöhnen. Dadurch wären sie wieder attraktiver für den Arbeitsmarkt und fänden leichter eine Stelle. Auch ihr psychisches Leiden unter der unfreiwilligen Beschäftigungslosigkeit und das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, Zumutung statt zumutbar sollen ein Ende haben. Und ein wenig Geld verdienen sie sich so außerdem zum knappen Satz des Arbeitslosengelds II hinzu. Träger der Tätigkeiten sind hauptsächlich Kommunen, Stiftungen und Wohlfahrtsverbände, die von der Bundesagentur für Arbeit einen Zuschuss erhalten. Dort sollen Ein-Euro-Jobber für Dienstleistungen im Garten- und Landschaftsbau, in Kindergärten sowie in der Alten- und Krankenpflege oder als Einkaufshelfer für Ältere und bei der Stadtreinigung ihren Einsatz finden. Als zumutbar für die Betroffenen gilt dabei jede legale Arbeit, die nicht sittenwidrig ist. Generell sind die Arbeitsagenturen aber angewiesen, Arbeitslose in Tätigkeitsbereiche gemäß ihren Qualifikationen zu vermitteln. Jeder Arbeitslose, der das neue Arbeitslosengeld II bezieht, kann zu einem Ein-Euro-Job verpflichtet werden. Lehnt er diese Tätigkeit ab, kann die Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld II kürzen oder sogar 21 Ein-Euro-Jobs – offiziell Abeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung genannt – wurden mit den Hartz-Reformen 2005 eingeführt. Empfänger von Arbeitslosengeld II sollen sich mit diesen Tätigkeiten etwas zu ihrer geringen Unterstützung hinzuverdienen. Kritiker dieser Jobs sagen, dass diese nicht zusätzlich sind und mit der freien Wirtschaft konkurrieren, ja dort sogar Arbeitsplätze vernichten. Außerdem böten sie keinerlei Perspektiven, da fast alle Teilnehmer hinterher wieder arbeitslos seien und keine Arbeit fänden. Der Eingangsbereich zur Neuen Arbeit in der Stuttgarter Gottfried-Keller-Straße 18C 22 Wirtschaftskonkurrenz durch Ein-Euro-Jobs Das Foto zeigt den (fast) blinden Verkäufer Roland Schneider, der auf Geheiß des Jobcenters einen Gabelstapler-Führerschein machen sollte ganz streichen. In diesem Fall erhält er nur noch die Mieterstattung und Sachleistungen. Der Stundenlohn liegt nicht zwingend bei einem Euro. Die Höhe des Entgelts ist nicht gesetzlich geregelt, das Bundesministerium für Arbeit empfiehlt jedoch ein bis maximal zwei Euro Stundenlohn. In der Praxis liegen diese Werte laut Expertenschätzungen derzeit zwischen 0,80 und 1,60 Euro pro Stunde. Die maximale Arbeitszeit pro Woche darf 30 Stunden nicht überschreiten, damit dem Arbeitslosen noch ausreichend Zeit für seine Bewerbungen auf einen „regulären“ Arbeitsplatz bleibt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass er maximal 48 Euro in der Woche hinzuverdienen kann. Die Erstattung von Aufwendungen wie Fahrtkosten oder Arbeitskleidung hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Die Laufzeit für einen Ein-Euro-Job beträgt inzwischen ein Jahr mit der Möglichkeit, um ein weiteres Jahr zu verlängern. EinEuro-Jobs sind wie das Arbeitslosengeld II steuerfrei. Allerdings sind die Aufwendungen für die Tätigkeit, wie etwa Fahrtkosten, nicht als Werbungskosten absetzbar. Viel Kritik an Ein-Euro-Jobs Anders als bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) erhält ein Ein-Euro-Jobber keine Sozialversicherungsleistungen, da er laut Gesetz weder einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht, noch ein reguläres Arbeitsverhältnis besteht. Es werden also auch keine Rentenansprüche erworben. Der Ein-Euro-Jobber ist lediglich unfallversichert. Bereits nach einigen Monaten in der Praxis gab es viele Stimmen, die den Ein-Euro-Jobs äußerst kritisch gegenüberstanden. So mehrten sich seitens der Kommunen und anderer Träger Aussagen, dass der erhoffte Anschlusseffekt an den ersten Arbeitsmarkt ausbleibe. Trotz des hohen Verwaltungsaufwands fänden nur sehr wenige Ein-Euro-Jobber nach Ablauf ihrer Tätigkeit einen regulären Job. Von den von unseren Verkäufern zu Ein-Euro-Jobs verurteilten Menschen erhielt hinterher nicht ein einziger eine feste Anstellung oder eine andere Arbeitsstelle. Unternehmen und Wirtschaftsverbände kritisieren zudem den zunehmenden Missbrauch von Ein-Euro-Jobs. So sollen immer mehr Betroffene in Tätigkeiten eingesetzt werden, für die ansonsten regulär Beschäftigte zuständig sind. Einige Kritiker sehen hier einen deutlichen Verdrängungswettbewerb zu Lasten regulärer Arbeitsplätze. Inzwischen haben die Ein-Euro-Jobs grotesk anmutende Formen angenommen, wie die bereits 2009 vom Westdeutschen Rundfunk ausgestrahlte Fernsehreportage „Die Armutsindustrie“ von Eva Müller belegt. Sie stellt einen Trampolinhersteller vor, der seine Produktion nach China ausgliederte, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nun produziert er wieder in Deutschland noch kostengünstiger über den Dienstleister Neue Arbeit. Diese diakonische gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft mit beschränkter Haftung erhält mehrere hundert Euro für jeden beschäftigten Ein-Euro-Jobber und kann mit diesen noch billiger als in China produzieren. Die Neue Arbeit ist die größte deutsche Beschäftigungsgesellschaft, Ulrich Rabeneick ihr stellvertretender Geschäftsführer. Er erklärt, mit den Arbeitslosen mache das Unternehmen in einer Schreinerei Holzhäuser, Fußböden und Möbel, in der Metallfertigung Trampoline und sogar eine Besandungsmaschine, man betreibe einen PC-Shop, eine Fahrschule für Arbeitslose, eine Pension, haushaltsnahe Dienstleistungen wie Kehrwochen, Einkäufe, Hol- und Bringdienste, Reparaturen, Waschen und Bügeln. Dies trage auch dazu bei, dass niemand zur Schwarzarbeit greifen müsse. Müller wirft Rabeneick vor, durch die Hintertür einen Weg zur Wirtschaftssubvention gefunden zu haben – und dies als christlich mildtätiges Unternehmen. Sie fragte, was denn an der Produktion von Trampolinen gemeinnützig sei. Rabeneick antwortete unsicher: „Die Gemeinnützigkeit an solch einem Trampolin liegt ja nicht nur an dem Subventionierte parallele Arbeitswelt Produkt selber, das hergestellt wird oder an einer bestimmten Tätigkeit. Sondern die Gemeinnützigkeit kommt ja auch in erster Linie daher, dass das Arbeitslose, die ansonsten keine Arbeit finden, die keine Hilfe bekommen, dass die dann dort auch tätig werden können.“ „Heißt gemeinnützig also nur noch die Arbeitslosen überhaupt zu beschäftigen. Putzen, sägen, schweißen, vom Staat bezahlt“ schlussfolgert die engagierte Reporterin zielsicher. Bei der „Neue Arbeit“ arbeiten rund 1600 Arbeitslose. Allesamt bezahlt vom Staat. Im Bereich Holz, Metall oder Elektro. So wächst sie Schritt für Schritt: die vom Staat subventionierte parallele Arbeitswelt. Anzeigen fair stehen - fair handeln Mit fair gehandelten Früchten und Waren von sozialen Projekten leisten wir unseren Beitrag zu einer gerechteren Welt. Unsere Öffnungszeiten: Mo - fair Fr 9:00 - 18:30 Uhr und Sa 8:30 - 12:30 Uhr Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Unser Laden liegt in der Seestr.4 direkt an der Endhaltestelle U1 Lutherkirche/Fellbach. „Rechtes im Südwesten“, 2. Teil 23 Frauen und Musik im „neuen“ Rechtsextremismus Die „neue Szene“ ist zum Teil auch die alte. Dazu kommen aber immer mehr Jüngere – viele werden von der florierenden Musikszene und ihren dumpf-eingängigen Texten angezogen. Ins Blickfeld geraten zudem immer mehr jene, die sonst eher im Hintergrund blieben: die Frauen. Ihnen traue man eher „Sozialkompetenz, Friedfertigkeit und Familienidylle zu“, so eine Kennerin der Szene. Grundsätzlich ist die rechte Szene nicht nur überwiegend männlich, sondern wird auch fast nur von Männern dominiert. Doch nimmt seit einigen Jahren der Anteil an Frauen, „Kameradinnen“ erkennbar zu. Das dürfte auf die allgemeine Emanzipation der Frau in der Gesellschaft, aber auch auf die Modernisierung der extremen Rechten zurückzuführen sein. Einzelne Frauen spielen als wichtige Funktionärinnen seit jeher in der rechten Szene in Baden-Württemberg eine wichtige Rolle. Als älterer Jahrgang wäre hier Edda Schmidt1 (*1949) aus Bisingen bei Balingen vom NPD- Landesvorstand zu nennen oder Heilwig Holland (*1941) aus Ochsenhausen, ehemaliges Republikaner-Vorstandsmitglied in Baden-Württemberg und seit 2002 Bundesvorsitzende des ultrarassistischen „Schutzbundes für das deutsche Volk“2 . Eine sehr wichtige Stellung nahm auch die JN-Aktivistin Anne-Marie Doberenz ein3. Sie lebt inzwischen nicht mehr in Baden-Württemberg. Allerdings ist sie nicht ganz verschwunden. Jüngst war Doberenz bei der Demonstration in Friedrichshafen am 3. Oktober 2009 wieder zu sehen. Frauen verfügen sogar über eigene Organisationen. In Süddeutschland ist die 2004 ge- gründete „Aktive Frauen Front“ 4 (AFF) präsent, die unter anderem bereits mehrere Konzerte organisierte. Auch die NPD-Frauenorganisation „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) verfügt in Baden-Württemberg über einen Landesverband und soll in Villingen-Schwenningen eine Regionalgruppe unterhalten. Nicht ohne Grund bemüht sich die NPD seit 2006 mit einer eigenen Organisation um weiblichen Zuspruch. Immerhin hat die NPD einen FrauenAnteil von 27 Prozent (Stand: 2008)5. Baden-Württemberg ist Standort für bundesweit bedeutende rechtsextreme Verlage. In Tübingen hat seit über 50 Jahren der „GrabertVerlag“ seinen Sitz, in dem auch das braune Fortsetzung auf Seite 26 Grafik: Christine Gerhardt Von Lucius Teidelbaum Geistesblitze Waagrecht 1) Schulartikel, Kladde 11) Sprache, Volk und „-land“ in Südostasien 12) Die Mehrzahl davon macht Leute 14) Kfz-Kennzeichen für Aalen 15) Kaltes, wird beliebt, wenn’s warm wird 16) Dies muss man manchmal mit Leidenschaften 17) Vokal 18) Abkürzung für Teelöffel 19) Italienisches „Ja“ 20) Teddy und Pu gehören dazu 21) Englisch für „Fledermaus“ oder abgekürztes Tarifsystem 22) Italienisch für „Fräulein“ 25) Zeichen für „Titan“ 26) Lösungswort 30) Wo Liebe nur im Sterben möglich ist: Wagners „Tristan und Isolde“ endet mit diesem 31) Abkürzung für „Sparkasse“ 32) Abkürzung für „Erstaufführung“ 34) Geschirrteil oder Physiker 37) Hierhin geht auch der Kaiser allein 38) Korn-zuMehl-Verarbeiter 40) Abkürzung für „Oberinspektor“ 41) Lässiger englischer Gruß 42) Lateinisch für „Leidenschaft“, aber auch für „Leiden“ 43) Eisbärname Von Friedrich Kern 1 2 3 4 11 15 5 12 6 7 8 13 9 14 16 18 19 20 22 23 25 30 31 32 27 33 28 34 38 17 21 24 26 10 29 35 39 42 36 Senkrecht 1) Immer 2) Meist „con carne“ 3) Noch viel mehr als leidenschaftliche Abneigung 4) Giftiges Protein 5) Abkürzung für Eberhard-KarlsUniversität 6) Wer mit seiner Leidenschaft andere ansteckt, macht dies 7) Nicht dort 8) Abkürzung für „Energiedienstleistung“ 9) Extrem leidenschaftlich, rücksichtslos 10) Aktivität, Beschäftigung 13) Figur bei Shakespeare 20) Erfolgreicher italienischer Tenor: Andrea … 21) Familienname in den USA, z. B. des Schauspielers Alec … 23) Nachsicht, liebevolle Haltung 24) Vorsilbe für „Neu“ 26) Ehemaliger Erzbischof von Warschau: Józef … 27) Zeichen für Lithium 28) Hier fällt mir nichts ein, schreiben Sie „EBE“ rein 29) Kfz-Kennzeichen für Kassel 33) Wehlaut 35) Papstname 36) Kfz-Kennzeichen von Südkorea 39) Abkürzung für „Lehrstuhl“ 37 40 41 43 ä = ae , ö = oe , ü = ue , ß = ss Sudoku von Dr. Bertran Steinsky 4 3 6 7 1 2 4 5 9 5 3 7 8 1 3 9 5 7 9 7 8 9 2 5 6 9 2 8 6 8 3 7 1 4 7 2 9 4 9 1 7 2 5 6 8 3 3 6 8 1 4 9 2 5 7 5 7 2 3 6 8 1 9 4 Lösung auf Seite 31 24 Einfach Nr. 1 8 4 9 2 1 6 7 3 5 6 3 5 4 9 7 8 2 1 25 Wenn Sie das Lösungswort gefunden haben, schicken Sie es bis zum 31. Mai auf einer Postkarte an die Redaktion: Trott-war Kreuzworträtsel Hauptstätter Straße 138a 70178 Stuttgart Zu gewinnen sind: Preis Theaterhaus Zwei Eintrittskarten für das Theaterhaus, Stuttgart Hier die Gewinner unseres März-Rätsels: Preis Theaterhaus: Preis Scala: Preis Lab: Preis Rotebühlplatz: Preis Staatstheater: Preis Lab Zwei Eintrittskarten für das Laboratorium, Stuttgart Preis Scala Zwei Eintrittskarten für die Scala, Ludwigsburg Preis Rotebühlplatz Dreimal zwei Eintrittskarten für den Treffpunkt Rotebühlplatz in Stuttgart Preis Staatstheater Zwei Eintrittskarten für das Staatstheater, Stuttgart Wer auf seiner Postkarte neben der richtigen Lösung das Stichwort „Degerloch“ vermerkt, nimmt an der Verlosung der Fußballkarten für die Heimspiele der Stuttgarter Kickers teil. www.bernd-a-skott.de Bitte beachten Sie, dass während der Sommerpausen der einzelnen Veranstaltungshäuser das Buch „Strassen Leben – Strassenleben“ als Ersatzgewinn verlost wird. Gernot Binder, Ditzingen Margret Wein, Bietigheim-Bissingen Christina Blumenröder, Stuttgart R. Sutor, Stuttgart Werner Maier, Sillenbuch Heike Schrempp, Korntal-Münchingen Hans-Georg Beutel, Köngen Lösung des Preisrätsels aus Heft 4/2010: Selbsthilfe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 G E R M E R S H E I M 12 13 14 15 E I A W A U U U L S I 16 17 18 19 W N D E G E N M F O T 20 21 22 23 24 25 I S B I E C S A E U L 26 27 28 S T A T I K C N N F A 29 30 S E L B S T H I L F E 31 32 33 E I L L B R U T A L U 34 35 36 37 38 N G O I A I L A I E F 39 40 41 F E U C H T D E L L E 42 43 44 E R I K N T A T A R R 26 „Rechtes im Südwesten“, 2. Teil Fortsetzung von Seite 23 Die braune Infrastruktur im Hintergrund Blatt „Deutschland in Geschichte und Gegenwart“ erscheint. Bis etwa 2009 in Hohenberg angesiedelt war der Verlag „Volk in Bewegung“, der ein gleichnamiges Heft herausbringt, in dem bundesweit einflussreiche Neonazi-Kader schreiben. Der Südwesten ist unzweifelhaft eine Hochburg des Rechtsrock. Je nach Zählweise gibt es hier wohl über 20 Bands in diesem MusikGenre. Wo es so viele Rechtsrockbands gibt wie in Baden-Württemberg, da finden auch viele Konzerte statt. Aus taktischen Gründen werden sie aber oft „hinter die Grenze“ verlegt. Sie werden im französischen Elsass veranstaltet, wo die Gesetzeslage nicht so streng ist. Es sind gruselige Szenen, wenn ein Mob von deutschen Jungmännern irgendwo in Frankreich begeistert Hasslieder singt und Hitlergrüße entbietet. Doch auch in Baden-Württemberg werden Konzerte durchgeführt. Oftmals als Geburtstagsfeier getarnt, werden so die notwendigen Räumlichkeiten angemietet. Per Telefon wird das Publikum dann über mehrere Stationen zum geheimen Konzert-Ort gelotst. Am 7. Januar 2009 gab’s beispielsweise in Baden-Württemberg eine Konzert-Veranstaltung mit den Bands „Propaganda“ aus Horb/ Balingen, „12 Golden Years“ (deutsch: Zwölf goldene Jahre), „Deaths Head“ (deutsch: Totenkopf) aus Österreich und „Radikahl“6. Rechtes in der Region Stuttgart: zum Beispiel RACords Eine wichtige Stellung in Baden-Württemberg nimmt Stuttgart im Bereich rechte Musik, besonders im Rechtsrock, ein. Im Raum Stuttgart waren und sind mehrere Bands „heimisch“: „Odem“ (Nachfolger von Carpe Diem), „Donner des Nordens“ (Stuttgart), „White Anger“ (deutsch: Weißer Zorn), „Ultima Ratio“, „Sturmpropheten“ oder „Noie Werte“. Die Musik dieser Gruppen wird über eigene rechte Label Links Vgl.: Renate Bitzan (Hg.): Rechte Frauen, Berlin, 1997, Seite 269-70; Renate Bitzan (Hg.): Selbstbilder rechter Frauen, Tübingen, 2000, Seite 509-511; Bettina Gnaiser: Frauen in der NPD, in: Der Rechte Rand Nr. 93 März/April 2005, Seite 14 2 mm: „Erhaltung der ethnischen Eigenart“, Blick nach Rechts, 17.07.2009, http://www.bnr.de/content/ae-erhaltung-der-ethnischen-eigenart-ae 3 Der 7.7.07, Gewaltaufruf mit Molli und Anne-Marie Doberenz, http://antinazi.word press.com/2007/09/01/der-7707-gewaltaufruf-mit-molli-und-anne-marie-doberenz/ 4 Rena Kenzo: Mädels mit Kampfgeist, in: Der Rechte Rand Nr. 93 März/April 05, Seite 15 5 Vgl. http://wahlen.aida-archiv.de/index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=801 6 Vgl. http://aryanmusic.net/e107_plugins/content/content.php?content.753 7 RACords, http://www.turnitdown.de/689.html 8 Vgl. Thomas Grumke/Bernd Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus, 2002, Seite 474-75 9 recherche-nord: Stuttgart: Ausgespielt? – Bundesweite Razzia gegen Nazirock-strukturen, 04.03.2009, http://recherche-nord.com/cms/index.php?option=com_content&task=view &id=196&Itemid=152 10 Angabe auf Homepage 1 Anzeige vertrieben. Das größte Nazimusik-Label in Stuttgart und Umgebung war „RACords“ 7, wobei RAC für „Rock against Communism“ (deutsch: „Rock gegen Kommunismus“) steht. RAC ist die alte englische Szene-Bezeichnung des Rechtsrocks, also für die Begleitmusik zu Mord und Totschlag. Denn inhaltlich geht es oft um die Hetze gegen Linke, Migranten, Behinderte, die USA oder Juden. Zu dem Stuttgarter Label „RACords“ darf auch ein Online-Auktionshaus („Unser Auktionshaus“), ein Versandhandel und ein Tonstudio gezählt werden. Betrieben wurde dieses rechte Geschäft von Sascha Deuerling aus Cannstatt. Deuerling war ab 2006 Schlagzeuger von „Noie Werte“, der dienstältesten Rechtsrock-Band Baden-Württembergs8. Doch derzeit kann Deuerling schlecht die Schlagzeugstöcke schwingen, denn er befindet sich auf der Flucht. Bei einer polizeilichen Durchsuchung von Deuerlings Wohnung am 3. März 2009 waren 1.000 CDs beschlagnahmt worden9. Anfang August letzten Jahres folgten dann weitere tausende CDs in einem Keller in Waiblingen, woher Deuerling ursprünglich stammt. Bei einer früheren Razzia im Herbst 2007, die sich gegen das Online-Auktionshaus richtete, wurden 20.000 Kunden- und Auktionsdaten konfisziert. Nach Eigenangabe hatte „Unser Auktionshaus“ 2.500 Kunden10. Diese Zahlen lassen den Schluss zu, dass Deuerling und seine Geschäfte zu den größeren ihrer Art im braunen Business zählten. Nicht nur, dass Jugendliche lange mit Hassmusik versorgt wurden. Die Gewinne dürften zumindest teilweise wieder in die Nazi-Szene zurückfließen und dort zur Finanzierung von politischen Projekten verwendet werden. Seit Oktober 2009 ist „RACords“ im Internet nun wieder erreichbar. Die Domain (Internetadresse) ist diesmal eine „.net“-Adresse und die Postadresse eine Firmenadresse in Sofia (Bulgarien). Damit ist „RACords“ derzeit juristisch so gut wie unangreifbar. Die deutschen Kameraden müssen nun nur etwas länger warten, bevor die bestellte Ware eintrifft. Fortsetzung folgt Literatour 27 Klaus Werle: Die Perfektionierer. Warum der Optimierungswahn uns schadet – und wer wirklich davon profitiert, Campus Verlag, 255 Seiten, 19,90 E Lieber perfekt als besonders? Die Täter waren unter uns Als am 30. März diesen Jahres Martin Sandberger in einer NobelSeniorenresidenz in Stuttgart verstarb, hatte ihn kurz vorher noch seine NS-Vergangenheit eingeholt. Ein Bericht im Magazin Spiegel wies darauf hin, dass der Chefexekutor der „Endlösung“ in Estland noch am Leben sei. Unzweifelhaft war Sandberger ein NS-Täter. Nach der Lektüre des Buchs „Stuttgarter NS-Täter“ wird klar, es gab große und kleine Täter. „Vom Mitläufer bis zum Massenmörder“, so der Buch-Untertitel, ermöglichte allen zusammen das reibungslose Funktionieren des Terrors gegen die Minderheit, die vom Regime zum Feind erklärt worden war. In 38 Kapiteln widmen sich 30 Autorinnen und Autoren 45 Täter-Biografien, die vor allem in Stuttgart im „Dritten Reich“ ihr Wirkungsfeld hatten. „Täter-Forschung ist eine Aufgabe der Gegenwart“, schreibt der Herausgeber Hermann G. Abmayr im Vorwort. Die Beschäftigung mit deren Biografien kann Licht in das Dunkel der Motive bringen, ohne dabei zu entschuldigen. Anerkennenswert ist, dass die Täter-Biografien nicht beim 8. Mai 1945 aufhören, sondern sich einige der Kapitel deren Nachkriegsleben widmen. Vielen gelang in der Bundesrepublik ohne Probleme die zweite Karriere. Wie beispielsweise Dr. Karl Mailänder (1883 – 1960). Der Jurist leitete ab 1938 den „Württembergischen Landesfürsorgeverband“ und damit die Wohlfahrtsanstalten. Er war verantwortlich für die Erfassung der Opfer der „Euthanasie“-Vernichtungsanstalt Grafeneck und für Aktionen gegen Wohnungslose und „Asoziale“. Im Jahr 1952 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Jedem Beitrag ist mindestens ein Foto beigegeben, so dass kein Täter ohne Gesicht bleibt. Das Buch „Stuttgarter NS-Täter“ ist nicht nur eine Leseempfehlung für Historiker. Ein Buch in dieser Form auch für andere Städte wäre wünschenswert. Leider fehlen die Frauen als Täterinnen in diesem Buch vollkommen. Deren Biografien darzustellen hätte das Buch abgerundet. So könnte nämlich der falsche Eindruck entstehen, es hätte im „Dritten Reich“ keine Täterinnen gegeben. /Titus Lenk Hermann G. Abmayr: Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer bis zum Massenmörder. Schmetterling Verlag Stuttgart 2009, 384 Seiten, kartoniert, 19,80 E „Bessere Jobs, mehr Gehalt, attraktivere Körper, schlauere Kinder“ – diese Ziele treiben viele Menschen in unserer Leistungsgesellschaft an. Und Ratgeber stacheln sie weiter an: „Du bist nicht so glücklich, wie du sein könntest. Und dass du es nicht bist, ist deine eigene Schuld. Denn das perfekte Leben ist machbar, jeder ist seines Glückes Schmied.“ Woher dieses Phänomen kommt und welche Folgen es hat, beschreibt Klaus Werle anschaulich in seinem Buch „Die Perfektionierer. Warum der Optimierungswahn uns schadet – und wer wirklich davon profitiert“. Ein starker Individualisierungsdrang und der Traum vom gesellschaftlichen Aufstieg prägen demnach unsere leistungsorientierte Gesellschaft. Dabei ist das Abstiegsrisiko laut Werle größer als die Aufstiegschance. Und diese Situation macht die Optimierung des „Projekts Ich“ zum Imperativ, wie der Autor feststellt. Deshalb überlassen die „Perfektionierer“ nichts dem Zufall: Bereits Kleinkinder lernen Fremdsprachen, der Lebenslauf wird straff durchgeplant und verwirklicht. Selbst bei der Partnerwahl gehen viele „Perfektionierer“ gerne strategisch vor. Mit diesem Trend lässt sich natürlich viel Geld verdienen, ob bei privaten Bildungseinrichtungen, in der Lifestyle-Industrie oder bei Partnervermittlungen. Bei all dem Optimierungsstreben bleiben allerdings viele Dinge auf der Strecke, Kreativität und Individualität zum Beispiel. Denn „wenn alle perfekt sind, wer ist dann noch einzigartig?“, fragt Werle. Und er legt dar, warum gut und einzigartig besser ist als perfekt und austauschbar – für die Menschen und sogar für die Wirtschaft. /Monika Kewes Bis 19. Juni, Dienstag bis Samstag 20 Uhr, Sonntag 18 Uhr Friedrichsbau-Variété Stuttgart 20 – 35 E, Freitag 25 – 40 E, Dienstag Einheitspreis 24 E Foto: Presse Aufs Auge Foto: Presse 28 Exentrique – das geheime Leben der Edith Piaf Edith Piaf – der Name löst gleich eine ganze Reihe von Assoziation aus: Chanson, „Spatz von Paris“, tragisches Leben. Vielleicht fängt auch die Stimme oder ein Lied im Kopf zu klingen an. „Das ist nicht mehr Madame Edith Piaf, die da singt. Das ist der Regen, der fällt, der Wind, der weht, das ist der Mond, der aufgeht“, meinte einst Jean Cocteau. Verehrt wurde sie wie kaum eine zweite. Piaf und Chanson, das ist beinahe eins. Nun ist im Friedrichsbau eine Show über die Sängerin zu sehen. „Excentrique – das geheime Leben der Edith Piaf“ ist der Titel. Stoff gibt es genug. Piaf begann als Straßensängerin und trat bereits mit sieben auf, ihr Vater war beim Zirkus. Sie hatte einige „Affären“, litt ein Leben lang unter Krankheiten und starb mit nur 47 Jahren. Regisseur Ralph Sun beleuchtet Edith Piafs Innerstes jenseits des großen Ruhms. Evi Niessner wird dem „Spatz von Paris“ neues Leben einhauchen. Niessner ist eine ausgebildete Opernsängerin, die alles singt – außer Opern. Erfolge hatte sie unter anderem mit Jazz und Blues. Mit einer Stimme von gewaltig bis sanftmütig, von lupenrein bis verrucht gibt sie sich der Musik hin. Begleitet wird sie von Mr. Leu mit seinen dadaistisch-expressiven Performances und dem Friedrichsbau Variété Orchester. Außerdem sind, dem Lebensweg der Sängerin gemäß, viele Akrobaten beteiligt: Zu ihnen gehören die Diabolo-Jonglage „Benno & Johannes“, Erna Sommer am Trapez, sowie Jérôme Murat, die lebende Statue aus Frankreich mit einer Kombination aus Pantomime, Illusion und Poesie, schließlich der Joungleur Matthais Romir und die Hand auf Hand Akrobaten Yann et Greg aus Frankreich. Foto: Trickfilm-Festival Stuttgart Trickfilmfestival Das nun 17. Trickfilmfestival gibt es Anfang Mai in Stuttgart. 500 Animationsfilme aus aller Welt werden zu sehen sein, darunter Oscarnominierungen wie die globalisierungskritische Animation „Logorama“ (Foto) oder „Granny O‘Grimms Sleeping Beauty“, ein skurriler Märchenfilm. Die Baden-Württemberger können beim Festival einen Geburtstag feiern: „Äffle und Pferdle“ werden 50. Die beiden können sich über eine große Fangemeinde freuen, auf facebook gibt es bereits über 23.000 bekennende Fans. Vom Kunstmaler und Trickfilmer Armin Lang als Trenner der Werbespots für den SDR entwickelt, hoppelte das Pferdle anfangs noch vierhufig, einsam, stumm und in schwarzweiß über den Bildschirm, bald gesellte sich das Äffle dazu. Am 6. Mai um 20 Uhr gibt es eine Geburtstagsgala im Metropol. Dabei wird eine Auswahl der Spots präsentiert. Auch ein weiterer Fernsehklassiker kommt: Der „Sandmännchen“-Film wird beim Festival uraufgeführt. (8. Mai, 17 Uhr im Metropol). Im Rahmen von „Tricks für Kids“ wird es auch wieder Workshops und eine eigene Jury geben. Eine spannende Themengruppe wird „Animation und Propaganda“ sein. In fünf Teilen kann man erfahren wie im Animationsfilm agitiert, mobilisiert und karikiert wurde. Seit dem ersten Weltkrieg wird der Zeichentrick für politische Zwecke eingesetzt. Das hatte Erfolg, weil die Realfilm-Propaganda oft als erzieherisch und langweilig empfunden wurde. Weiterer Schwerpunkt: Singapur, das sich zu einer produktiven Schnittstelle zwischen Ost und West entwickelt hat. Neben einem Kurzfilmprogramm und einer Ausstellung wird sich auch die School of Art, Design and Media der renommierten Nanyang Technological University (Singapur) präsentieren. Ein ausführliches Programm findet sich unter www.ifts.de 4. – 9. Mai, verschiedene Orte in Stuttgart Einzelkarte 8 E, Tageskarte 20 E (ermäßigt 16 E), Abendkarte 15 E; Festivalpass 77 E (ermäßigt 47 E); Kinderfilmfestival 4 E, ab 14 Jahre 6 E 29 Foto: Presse Freitag, 7. Mai; Samstag, 15. Mai; Samstag, 29. Mai / Podium Theater Ulm 11 E (ermäßigt 6 E) „Nordost“ in Ulm und Terror in Moskau Bühnennebel kriecht über den Boden. Das ist aber schon alles, was sich das Theater Ulm in Torsten Buchsteiners Stück „Nordost“ als Kulisse genehmigt. 75 Minuten Nebel in einem dunklen Raum. Und sonst nichts. Der Nebel erinnert an das Gas, das der russische Geheimdienst am 26. Oktober 2002 durch Lüftungsschächte in das Moskauer Musicaltheater an der Dubrovka einleitete. Dort erlitten die Zuschauer des Musicals „Nordost“ 57 Stunden lang Angst und Schrecken. 42 Tschetschenen hatten 850 Geiseln genommen. Mit dem neuerlichen Anschlag in der Moskauer U-Bahn vor kurzem wird die Erinnerung an das Geschehen wieder wach. Weitere Anschläge sind angekündigt. So wird ein 2006 uraufgeführtes Stück unfreiwillig aktuell. In „Nordost“ geraten drei Frauen ins Blickfeld. Sie sitzen im Zuschauerraum verteilt. Im Rückblick erzählen sie sachlich berichtend die dramatischen Ereignisse. Jede aus ihrer Perspektive. Zura, eine „schwarze Witwe“, die als Selbstmordattentäterin bereit ist, zu sterben. Olga, die mit ihrer Familie das Musical besucht. Und Tamara, die lettische Ärztin, die sich freiwillig meldet, in das besetzte Theater zu gehen. Denn ihre Mutter und ihre Tochter sind unter den Gefangenen. Olga (Sibylle Schleicher) berichtet von den Zuständen während der Geiselnahme. Wie es stinkt, wenn alle in den Orchestergraben pinkeln müssen, wie die Kinder von den Eltern getrennt werden, wie die schwarzen Witwen die Bomben bewachen und wie sie im Getümmel angeschossen wird. Das alles scheint sie wie von außen zu betrachten. Als sich die Geiselnahme zuspitzt, versucht Zuras Ausbilder seine eigene Haut zu retten. Aber die Frauen, die „bloß Frauen“ sind, sollen in den Tod gehen. Da erwacht in Zura der Überlebenswillen. Die Attentäterin wandelt sich. Letzten Endes hängt sie mehr an ihrem Leben als an ihrer Ideologie. Mit Sachlichkeit wird ein entsetzlich realitätsnahes Stück erzählt: Wie nahe liegen Bühne und Wirklichkeit manchmal beieinander. Wendrsonn Freitag, 7. Mai, 20 Uhr, s‘Dudelsäckle, Stuttgart-Bad Cannstatt, 10 E Sonntag, 9. Mai, 16 Uhr / Marktplatz Schorndorf Freitag, 14. Mai, 20 Uhr / Kultur im Bahnhof, Heubach VVK 8 E, AK 10 E Foto: Presse „Mir können fei auch Hochdeutsch. Wellad aber net!!!“ ist das Motto von Wendrsonn. Die vier Musiker und zwei Musikerinnen haben sich in den letzten Jahren zu einer der erfolgreichsten Mundartbands entwickelt. Egal ob im Vorprogramm von Joe Cocker und Roger Hodgson, auf der Landesgartenschau oder den Open Airs des SWR: Wendrsonn (zu hochdeutsch: „Wintersonne“) kommt bei den Baden-Württembergern an. Eigentlich war an ein Projekt auf Zeit gedacht, Wolle Kriwanek hatte den Sänger und Keyboarder Markus Stricker gefragt: „Warum schreibst Du nicht einmal einen Song auf Deutsch?“ Inzwischen wird die Band vom Erfolg überrollt. Alle Bandmitglieder haben schon reichlich Erfahrung hinter sich, in anderen Bands, als DJ oder als Musiklehrer. So unternimmt die Gruppe auch Nachwuchsförderung und macht mit Kindern Musik. Die sechs zelebrieren eine abwechslungsreiche Mischung aus erdiger Sinnlichkeit, poetischer Melancholie und virtuosem Können. A bissle Rock, a bissle Blues, a bissle Reggae, a bissle Funk ond Folk – wobei der „Folk“-Ton schon heraussticht. Außerdem werden alte Volkslieder neu interpretiert. Die Texte, mal melancholisch, mal sozialkritisch, mal grob und mal poetisch, werden im breitesten Dialekt dargeboten, was für NichtSchwaben nicht ganz einfach ist. „Das sind Geschichten, die von Schwaben für Schwaben gesungen wurden, und Reigschmeckten mehr über die Eingeborenen erzählen, als so manches schlaue Buch“, meinte die Ludwigsburger Kreiszeitung. Immerhin: Mit „da ben i dâhoim“ wurde Anfang 2007 ein Wendrsonn-Lied sogar zur offiziellen Hymne aller sieben Baden-Württembergischen Naturparks auserkoren. Trott-war dankt! 30 Wir bedanken uns bei … den ehrenamtlichen Mitarbeitern der Außenvertriebsstellen: Aalen, Backnang, Esslingen, Heidelberg, Heidenheim, Heilbronn, Ludwigsburg, Nürtingen, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd, Tübingen und Ulm, Paola Arcione; Maria und Martin Bass (Gerbrunn); Dorothee Beck (Fellbach); Joachim Bee (Ludwigsburg); Dietlinde Benzenhöfer (Stuttgart); Hildegard Besserer (Stuttgart); Willy Bitzer (Balingen); Ursula und Walter Bizer (Kirchheim/Teck); Gerrit Borheier (Stuttgart); Ulrike Bradler; Edda und Walter Buck (Aichtal); Rosemarie Buohler; dem Bürgerverein StuttgartZuffenhausen; Gisela Cajar (Weinstadt); Barbara Carle (Bietigheim-Bissingen); Regina Dangerfield (Filderstadt); Mechthild Diemer (Stuttgart); Volker Eberl (Markgröningen); Elisabeth Eising; Reinhard Ellermann (Waldenbuch); der Evangelischen Kirchenpflege Hildrizhausen; Gertrud Fetzer; Barbara und Götz Fiessler (Esslingen); Herbert Fischer (Grunbach); Wolfgang Flaig (Esslingen); Hedwig Fleck (Stuttgart); Dr. Gerhard Fränkle; Robert Franz (Ludwigsburg); Carola und Malte Frey (Ditzingen); Gudrun Frey (Göppingen); Barbara Gabele; Roman Gänssle; Joachim Gass (Ammerbuch); Hilde Gassmann; Susanne und Ulrich Geißel (Stuttgart); K. Friedrich und M. Gotthardt; Frau oder Herr Göuner (Grafenau); Herbert Grünheid; Maria Hahn (Stuttgart); Rosemarie Haupt (Heimsheim); Erika und M. Hempel; Christa und Ernst Hoffmann (Vaihingen); Klaus Hör (Renningen); Susanne Hummel (Sindelfingen); Gisela Immendoerfer (Stuttgart); Gabriele Jantz (Stuttgart); Elisabeth Jetter (Simmozheim); Marianne Julius (Stuttgart); Annegret Junge (Renningen-Malmsheim); Giuseppe Jurescia (Stuttgart); Karl-Heinz Kalb (Weinstadt); Karl Keicher (Oberndorf); Konrad Kiessling (Leinfelden-Echterdingen); Heiko Klein (Remshalden); Familie Dr. Martin Kleinhans (Stuttgart); Hannelore und Wolf-Dieter Klumpp (Stuttgart); Christine Kolb (Filderstadt); Angelika Korp; Kpunkt Agentur für Marketing GmbH (Stuttgart); Rosemarie Krockenberger (Nürtingen); Helene Kuepfer; Werner Kühnle (Filderstadt); Arnulf Kuhr (Kusterdingen); Susanne Küpper (Stuttgart); Maik Kutzner (Heidelberg); dem Laboratorium (Stuttgart); Winfried Lang (Neuhausen Fildern); Claudia und Jürgen Lattke; Jutta Lickert (Stuttgart); dem Förderverein Lions-Club Stuttgart-Neckar; Hertha Löffler (Waldenbuch); Kornelia Lösch (Stuttgart); Helga Lüpke (Stuttgart); Charlotte Lutz (Ostfildern); Stefan Martin; Harald Matthias; Monika Matur; Gunhild Mayer (Ludwigsburg); Roland Mayer-Föll (Schorndorf); Christian Merten; Siegfried Metzger (Bad Schussenried); Hiltrud Meyer-Neumann (Gerlingen); Helga Michel (Waiblingen); Ursula Miksch (Göppingen); Christa und Ulrich Müller (Brackenheim); Gerhard Müller; Karin Natterer (Stuttgart); Ursula Neumann (Heilbronn); Sabine Nicolas-Marcus; Dr. Jürgen Niemeyer (Stuttgart); Senta Noisser (Weissach/Flacht); Rosemarie Noppel (Gerlingen); Elke Oppenauer (Weinstadt); Marie-Antoinette Paques; dem Paul-Gerhardt-Haus und Herrn Kern (Grunbach); Brigitte Pfitzner (Kornwestheim); Thomas Rathfelder; Ralf Remillong (Fellbach); Gertrud Reyinger (Sindelfingen); Ilse Richter (Waldenbuch); Elke Riepe; Waltraute Rietzsch; Sigrid und Wolfgang Rittler; Elisabeth Robelt (Stuttgart); der Rotary-Stiftung Stuttgart (Stuttgart); Round Table 23 (Stuttgart); Gaby und Dieter Ruepp (Gerlingen); HansJoachim Rutz (Emmendingen); der Scala (Ludwigsburg); Milos Scepanovic und der Firma Ecomaxx (Donaueschingen); Max Schaaf (Rudersberg); Birgit Schantor (Oberboihingen); Hilde Schauffler (Mundelsheim); Ludwig Scherer (Stuttgart); Elisabeth Schlotterbeck (Winterbach); Wolfgang Schmauder; Verena Schmit (Weinstadt); Ursula Schrödl (Filderstadt); Karin und Martin Schütz (Hildrizhausen); Matthias Schwedes (Asperg); Ursula Schweizer (Ohmden); Elke und Claus Sendler (Ostfildern); Dieter Spatschek; der Staatlichen Akademie für Lehrerfortbildung (Esslingen); dem Staatstheater Stuttgart; Isolde Stapf (Stuttgart); Kay Holger Stecher (Eschborn); Bertran Steinsky (Salzburg); Frau Ute Peter und der Stroer Deutsche Städte Medien GmbH (Stuttgart); den Stuttgarter Kickers; dem Theaterhaus (Stuttgart); Dörte Theurer (Asperg); Hanspeter Thöni (Stuttgart); dem Treffpunkt Rotebühlplatz (Stuttgart); Frank Ulmer; Roland Valgoi; Ursula und Hugo Veit (Remseck); Gretel Voigt (Filderstadt); Eugen Waidelich (Ebhausen); Gisela und Herbert Walker (Filderstadt); Monika Wanner; Renate und Gebhard Weeth; Birgit Weidenbacher (Leinfelden-Echterdingen); Ilse Weinbrenner (Esslingen); Kerstin Weißert (Oberriexingen); Marianne Wenzl (Esslingen); Veronika und Rolf Wetterauer (Renningen); Regine Wiedmann (Ditzingen); Ulrich Wilhelm (Stuttgart); Burkhard Wolf (Stuttgart); Elisabeth Wolf (Kirchheim/ Teck); Gabriele Maria Wolf (Sinzig); Adelheid Wollmann (Stuttgart); Ursula und Prof. Hans Wörnle; Andreas Zwick (Stuttgart) und allen Sponsoren, Gönnern, anonymen und unbekannten Spendern! Trott-war dankt auch für die Freiabonnements von Flohmarkt, den Stuttgarter Nachrichten, der Eßlinger Zeitung, der Seniorenzeitung, Lift und dem Stuttgarter Amtsblatt! Anzeige 7,9-694(5*,9,0/,65,;>6;/9,, PT9HOTLU1\IPSp\T1HOYL;OLH[LYOH\Z *65;(05¶3LILUPUT 9(.(50/((: ,PUL,WPZVKLH\ZKLY.LZJOPJO[LKLZ ;OLH[LYOH\ZLZ]VU\UKTP[aLUP[UHKPY ;p[LYpp /PSMLZ[LSS\UNM Y+PSL[[HU[LU :/,:/,767 0/9,=f;,9 ;,:;(4,5; =LYZWp[L[L=VYILYLP[\UNLU a\T.LULYH[PVUZ^LJOZLS UHJO3LHY 4Vº -V[V! HY[YL]V +V -Yc:Hº :[\[[NHY[7YLTPLYL! 4Pº -V[V! -LYKPUHUK3\K^PN ;/,(;,9/(<::[\[[NHY[c:PLTLUZZ[YHLc :[\[[NHY[c2HY[LU[LSLMVU!c^^^[OLH[LYOH\ZJVT -V[V! +VYV;\JO Impressum 31 Herausgeber Trott-war e. V. Hauptstätter Straße 138a 70178 Stuttgart (zugleich Anschrift aller Verantwortlichen) Homepage: www.trott-war.de Auflage 25.000 Spendenkonto Konto 110 23 23 BLZ 600 501 01 BW Bank Stuttgart Sachspenden Tel. (0711) 601 87 43 – 18 Geschäfts- und Verlagsleitung Helmut H. Schmid (V. i. S. d. P.) Tel. 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Das Abo ist jederzeit kündbar. Coupon ausschneiden und senden an: Ich zahle nach Erhalt der Rechnung (Stichwort: Abo) Bitte buchen Sie den Betrag von meinem Konto jährlich halbjährlich ab Trott-war, Hauptstätter Straße 138a, 70178 Stuttgart Fax: (07 11) 601 87 43 - 30 Email: [email protected] Hiermit erteile ich Trott-war e.V. ab Monat bis auf Widerruf eine Einzugsermächtigung. Name, Vorname: Straße: Kontonummer: BLZ: PLZ/Ort: Kreditinstitut: Förderabo für mich (100 E pro Jahr: 65 E Spende / 35 E Abo). Normalabo für mich (35 E pro Jahr). Abo verschenken (befristet auf ein Jahr, 35 E). Bitte liefern Sie ab Monat Widerrufsbelehrung: Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von 10 Tagen nach Erhalt dieser Belehrung schriftlich bei Trott-war e.V., widerrufen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Trott-war an folgende Anschrift: Unterschrift des Bestellers 32 Bei uns hat jeder eine Chance! Arbeit schafft Sicherheit. Deshalb stellt Trott-war seit 2007 Verkäufer der Straßenzeitung in Voll- und Teilzeit fest an. Zum Beispiel Renate Kohlbeck. Diese Stellen kosten Trott-war jährlich bis zu 5000 E mehr, als ein Verkäufer erwirtschaften kann. Deshalb brauchen wir Sie! Jeder Betrag hilft! Spendenkonto Trott-war e.V. Stichwort „Festanstellung“ BW Bank Stuttgart Bankleitzahl: 600 501 01 Kontonummer: 110 23 23 Trott-war e. V. Hauptstätter Straße 138 a 70178 Stuttgart Fax: (0711) 601 87 43 30 www.trott-war.de Sie können auch gerne per Einzugsermächtigung spenden. Stichwort „Festanstellung“, Fax (0711) 601 87 43 30. 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