Abbildungen zwischen Sphären Maps between spheres

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Jahrbuch 2003/2004 | Baues, Hans-Joachim; Jibladze, Mamuka | Abbildungen zw ischen Sphären
Abbildungen zwischen Sphären
Maps between spheres
Baues, Hans-Joachim; Jibladze, Mamuka
Max-Planck-Institut für Mathematik, Bonn
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Summary
In der Mathematik führen oft Gegenstände oder Formen einfachster Natur zu besonders tiefliegenden
Fragestellungen. Deren Untersuchung ist dann eine ergiebige Quelle mathematischer Inspiration und Theorie.
Als Beispiel betrachten w ir die Sphären. Die 1-dimensionale Sphäre S1 ist die Kreislinie in Abbildung 1. Im
Altertum stellten die Griechen die Frage nach der Quadratur des Kreises, w elche erst in der Neuzeit
beantw ortet w erden konnte. Dies führte zu der Charakterisierung der Kreiszahl π, die eine umfangreiche
mathematische Theorie zur Folge hatte und als eine Naturkonstante angesehen w erden kann. W ir
beschreiben im folgenden Naturkonstanten, die auf ganz andere W eise durch die Sphären bestimmt sind.
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Die 1-Sphä re
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Die 2-dimensionale Sphäre S2 ist die Oberfläche einer Kugel (Abb. 2). Bei den Griechen galt die 2-Sphäre als
der Gegenstand höchster Vollkommenheit. Heute betrachtet man für jede Dimension n = 1, 2, 3, ... die ndimensionale Sphäre Sn, w elche w ie folgt definiert ist:
Zunächst hat man für jede Dimension n einen Euklidischen Raum ℝn; für die Dimensionen n = 1, n = 2 bzw . n =
3 sind das die Gerade, die Ebene und der dreidimensionale Raum, der unserer Anschauung am nächsten ist.
Ein Punkt x im n-dimensionalen Raum ℝn w ird durch eine Folge von n reellen Zahlen (x1 , x2 , ..., xn ) = x
angegeben. Die n-dimensionale Sphäre Sn besteht aus allen Punkten x in ℝn+1 , für die gilt
x1 2 + x2 2 + ... + xn+1 2 = 1.
Das sind die Punkte x in ℝn+1 , die den Abstand 1 vom Ursprung haben.
Die verschiedene Sphären S1 , S2 , S3 , ... kann man miteinander vergleichen, indem man stetige Abbildungen
zw ischen Sphären,
f : Sn+k → Sn,
betrachtet. Eine solche Abbildung f ordnet jedem Punkt x der (n + k)-Sphäre einen Punkt f (x) in der n-Sphäre
in der Weise zu, dass alle Koordinatenfunktionen stetig sind. Es gibt eine überabzählbare unüberschaubare
Menge verschiedener Abbildungen dieser Art. Man erhält aber die w esentlichen Grundtypen solcher
Abbildungen, indem man "ähnliche" Abbildungen in einer Klasse zusammenfasst. Dabei heißen zw ei
Abbildungen f und g ähnlich oder homotop, w enn es eine stetige Deformation gibt, die f in g überführt. Mann
kann sich eine stetige Deformation als eine von einem Zeitparameter abhängige Veränderung (w ie
Verschiebung oder Faltung) vorstellen. Bei der Deformation dürfen keine Risse oder Sprungstellen entstehen.
Man nennt eine Klasse { f } homotoper Abbildungen eine Abbildungsklasse. Natürlich gibt es immer die triviale
Abbildung, die alle Punkten von Sn+k auf einen einzigen Punkt in Sn abbildet. Diese repräsentiert die triviale
Abbildungsklasse. W ir bezeichnen mit σ(n + k, n) die Anzahl aller Abbildungsklassen f : Sn+k → Sn.
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Die 2-Sphä re
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Mit der Hopf-Abbildung S3 → S2 (die der schw eizerische Mathematiker H. Hopf 1931 entdeckte) zeigt man, zum
Beispiel, dass σ(4, 3) = 2. Die Hopf-Abbildung lässt sich als Bild darstellen (Abb. 3). Die Kreislinien in diesem
Bild, w erden durch die Hopf-Abbildung auf Punkte in S2 abgebildet.
Die Hopf-Abbbildung
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Seitdem ist die Entdeckung von jeder w eiteren nicht trivialen Abbildungsklasse zw ischen Sphären eine
mathematische Sensation. Jede solche Klasse beschreibt ein tieflegendes topologische Phänomen, w elches
auf viele Fragen der Topologie und Geometrie Einfluss hat. Es w ar deshalb ein bahnbrechendes Resultat, als
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der französische Mathematiker J.-P. Serre 1953 in seiner Doktorarbeit zeigte, dass für jedes k und für alle n >
k + 1 die Zahl
σ(k) = σ(n + k, n)
eine endliche Zahl ist, die nicht von n abhängt. Damit ist eine w ohldefinierte endliche Zahl σ(k) gegeben, die
auf einfachste Weise allein durch Eigenschaften der Sphären bestimmt ist. Diese Zahl nennt man den kStamm. Damit entstand das bis heute ungelöste zentral Rätsel der Mathematik, die Zahlen σ(k) zu berechnen
und die algebraische Theorie hinter diesen Zahlen zu verstehen. Zum Beispiel zeigt man mithilfe der HopfAbbildung, dass σ(1) = 2, aber die Berechnung der Werte σ(k), die man als "Naturkonstanten der Topologie"
auffassen kann, bleibt äußerst schw ierig. Die ersten W erte w erden in Abbildung 4 gegeben.
W e rte von σ(k ) für k ≤ 19
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Seit 50 Jahren arbeiten verschiedene Schulen von Mathematikern in Europa, Japan und den Vereinigten
Staaten an der Berechnung des k-Stamms. Für k ≤ 19 hat 1962 der japanische Mathematiker H. Toda den kStamm berechnet. Der amerikanische Mathematiker M. Mahow ald hat danach den k-Stamm bis etw as zur
Dimension k ≤ 60 bestimmt. Doch es fehlen Berechnungen oder Algorithmen, die den k-Stamm σ(k) für alle k
lieferen. Die für lange Zeit beste Approximation von σ(k), die für alle k gilt, stammt von dem englischen
Mathematiker J.F. Adams. Adams zeigte 1958, dass in der Primzahl-Zerlegung von σ(k),
σ(k) = 2 n2(k) 3 n3(k) ··· pnp(k) ···,
der Exponent n p(k) ≤ 0 der Primzahl p sich durch die Berechnung einer bestimmten Erw eiterungsgruppe
E 2 = ExtA(F,F)
von oben abschätzen lässt. Das heißt, die Gruppe E 2 bestimmt eine von p und k abhängige Zahl E 2 (k) mit n p(k)
≤ E 2 (k). Hier ist A die Hopf-Algebra der primären Kohomologie-Operationen und F der p-elementige A-Modul.
Die Algebra A w urde von den Mathematikern N.E. Steenrod, J.-P. Serre, J. Adem, H. Cartan und J. Milnor
berechnet.
Vor kurzem hat H.-J. Baues am Max-Planck-Institut für Mathematik in einem umfangreichen Bew eis von 500
Seiten eine neue Theorie entw ickelt, die den E 3 -Term in der Adams-Spektralsequenz bestimmt und zeigt, dass
sich n p(k) für jede Primzahl p durch die neuartige Erw eiterungsgruppe
E 3 = Ext(GΣ,GΣ)
von oben abschätzen lässt mit n p(k) ≤ E 3 (k) ≤ E 2 (k). Hier ist ℬ die Algebra der sekundären KohomologieOperationen, die als Hopf-Algebra berechnet w erd, und GΣ ein gew isser ℬ-Modul. Dies liefert eine bessere
obere Abschätzung von n p(k), die ebenfalls für alle k durch einen Algorithmus berechnet w erden kann. Für die
Mathematik ist es hierbei von größerem Interesse, dass die Erw eiterungsgruppe E 3 in ihrer algebraischen
Struktur jetzt verstanden ist, da sie vorher nur topologisch mithilfe von stetigen Abbildungen definiert w ar. Die
algorithmischen Berechnungen des Computers sind dann nur ein Nachw eis, dass die Algebra tatsächlich zu
konkreten Ergebnissen führt. In der Tabelle (Abb. 5) sieht man für die Primzahl p = 2 die Zahlen, die durch
n 2 (k) und die Abschätzungen E 2 (k) bzw . E 3 (k) gegeben sind. Da die Kapazitäten der Computer am MaxPlanck-Institut für Mathematik nicht ausreichen, um diese Rechnungen w eiter fortzuführen, w ird im Augenblick
ein Computer der Universität Köln benutzt, um die E 3 -Schranke zu berechnen. Die Implementierung des
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Algorithmus
zur Berechnung von E 3 stammt von M. Jibladze, zurzeit Gast am Max-Planck-Institut für
Mathematik; ferner w ar H.-J. Bauer von der Computerabteilung sehr hilfreich, Rechnerkapazität für diese
Problem zu organisieren. Ziel ist es, den E 3 -Term so w eit zu berechnen, w ie dies C. Nassau für den E 2 -Term
gelungen ist (Abb. 6). Für die theoretische Behandlung des Problems der Berechnung des k-Stamms hat man
seit langem die Adams Spektralsequenz, die für m ≥ 2 Approximationen
E 2 , E 3 , E 4 , ..., E m, ...
vo n n p(k) topologisch definiert mit n p(k) = E m(k) für genügend große m. Hier ist E 2 die Adams Approximation,
die algebraisch durch die Steenrod Algebra A gegeben ist. Durch die neue Theorie zeigt sich, dass E 3 ebenfalls
algebraisch durch eine geeignete Verfeinerung ℬ der Steenrod Algebra berechnet w erden kann. Man darf
deshalb vermuten, dass für alle m ≥ 2 die Approximation E m sich auf ähnliche W eise bestimmen lässt. Damit ist
ein W eg gezeigt, w ie man das Problem der Abbildungsklassen zw ischen Sphären algebraisch lösen kann.
W e rte von E2(k ), E3(k ) und n p(k ) für p = 2.
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Be re chnung de r Approx im a tion E2(k ) von n 2(k ).
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