Konzept Förderung sexueller Gesundheit von Frauen und Männern DOK 4.6.08 HK Seite 1/3 Definition zur „Sexuellen Gesundheit“ nach WHO Sexuelle Gesundheit ist die Integration der körperlichen, emotionalen, intellektuellen und sozialen Aspekte sexuellen Seins auf eine Weise, die positiv bereichert und Persönlichkeit, Kommunikation und Liebe stärkt. 1) Auftrag Das Konzept „Förderung sexueller Gesundheit“ ist Ergänzung zum Globalkonzept Hardoskop, zu den Wohngruppenkonzepten, zum Leitbild und zum Reglement „Reglement und Vorgehen bei sexueller Belästigung und Mobbing“. Es zeigt die Grundhaltung in unserer Institution und bietet Unterstützung und Hilfe bei Fragen und Unklarheiten zum Thema Sexualität an. Mit der Bestandesaufnahme in der Förderplanung bringen wir in Erfahrung, welche Informationen, Unterstützung und Aufklärung die betreffenden Bewohner und Bewohnerinnen zum Thema Sexualität benötigen oder wünschen. Mit der notwendigen Fachkompetenz wird geklärt, welche Hilfen durch das Betreuungsteam, die Bezugspersonen oder durch externe Beratung geleistet werden müssen. 2) Grundhaltung In der agogischen Arbeit gehen wir von folgender Grundhaltung aus: Sexualität ist ein Grundbedürfnis, gehört zu jedem Menschen und ist Teil seiner Lebenskraft. Bei der Unterstützung in der Förderung sexueller Gesundheit ist immer der individuelle Hintergrund sowie das unterschiedliche Krankheitsbild der Frauen und Männer zu beachten. Grundsätzlich gilt: Alle Menschen sind sexuelle Wesen, haben eine Sexualität und sind deshalb in irgendeiner Weise von diesem Thema betroffen. Menschen haben ein Recht auf Lust und auch auf Information, Beratung und Aufklärung zu Themen der Sexualität. 3) Ziele, Mittel und Methoden Der Medizin-Ethiker Sporken unterteilt die Sexualität in drei Bereiche. Diese Unterteilung hilft uns, das Thema Sexualität umfassender wahrzunehmen, zu erkennen und uns sensibilisierter darauf einzulassen. 3a) Äusserer Bereich: Der äussere Bereich umfasst allgemeine Verhaltensweisen gegenüber Mitmenschen (Beziehung, Blicke, Gespräche, Kleider, Kosmetik) sowie das Entwickeln der Identität als erwachsene Frau oder als erwachsener Mann Ziele: Die Bewohnerinnen und Bewohner fühlen sich in ihrer geschlechtsspezifischen Rolle von den Betreuenden angenommen. Die Bewohnerinnen und Bewohner bewegen sich in einem vertrauensvollen Umfeld, in dem ein verantwortungsvoller Umgang mit dem eigenen Körper mit dem Wahrnehmen eigener Grenzen und Empfindlichkeiten stattfinden kann. Die strukturellen Voraussetzungen zur eigenen Identitätsfindung sind gegeben. Die Würde und Integrität der Bewohnerinnen und Bewohner wird respektiert. Mittel und Methoden zur Zielerreichung: Mit einer offenen und respektvollen Kommunikation gehen wir auf geschlechtsspezifische Fragen und Themen ein, klären und diskutieren diese in einer den Bewohnern und Bewohnerinnen angepassten Sprache. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden von den Betreuenden in einer wertschätzenden Haltung in ihrer Körperpflege und bei Kleiderfragen begleitet und beraten. In der Beziehungs- und Kontaktaufnahme zu anderen Menschen bieten wir unsere Unterstützung in Form eines Trainings, im Rollenspiel oder im Reflektieren von Erfahrungen an. In Wahrnehmung ihrer Vorbildfunktion setzen sich die Betreuenden mit der eigenen geschlechtsspezifischen Rolle auseinander. Rev. 1 10.04.2012 / MP / QB,TB Konzept Förderung sexueller Gesundheit von Frauen und Männern DOK 4.6.08 HK Seite 2/3 3b) Mittlerer Bereich: Er umfasst Freundschaften, Gefühle, Zärtlichkeit und Erotik Ziele: Die Bewohnerinnen und Bewohner sind in ihrer Geschlechterrolle akzeptiert und dürfen sich verführerisch zeigen und fühlen. Bestehende Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner nach Beziehungen, nach Zärtlichkeit und Erotik sind erkannt und respektiert. Der Wunsch nach Nähe und Distanz wird respektiert. Regeln für das Verhalten in den Gemeinschaftsräumen (Austausch von Zärtlichkeiten) werden in den Wohngruppen vereinbart und sind für alle verbindlich. Die Wahrung der Privat- und Intimsphäre wird respektiert. Handlungen, welche die Würde und die persönliche Integrität verletzen, dulden wir nicht Mittel und Methoden zur Zielerreichung: Mit einer wertschätzenden Haltung nehmen wir die Körperlichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner wahr und achten auf ein respektierendes Umfeld. In Gesprächen werden individuelle Bedürfnisse nach Paarbeziehungen, Zärtlichkeit und Erotik thematisiert. Aufklärend werden Möglichkeiten zur Umsetzung gezeigt, dabei können auch externe Fachpersonen beigezogen werden. Um eigene Grenzen zu erkennen, bieten wir Unterstützung in Form von Einzel- und Gruppengesprächen und Rollenspielen an. Bei ungewollten sexuellen Handlungen werden die Bewohnerinnen und Bewohner auf das bestehende Reglement aufmerksam gemacht. Sie werden über Rechte, Pflichten und über das weitere Vorgehen informiert. 3c) Engerer Bereich (Genitalsexualität): Er umfasst den körperlichen Bereich der Sexualität Ziele: Die Bewohnerinnen und Bewohner werden körperlich wahrgenommen und in ihrer eigenen Sexualität akzeptiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner können ihre Sexualität auf der Wohngruppe in angemessenen Räumen leben. Den Bewohnern und Bewohnerinnen ist Selbstbefriedigung in einer würdigen privaten Weise möglich. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind über die Auswirkungen der Medikamente auf die Libido der Frauen sowie auf die Libido und oder Potenz der Männer informiert. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind über Schwangerschaftsverhütung und Schutz vor Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden können, informiert. Dienstleistungen im Bereich von Berührerinnen, Berührern und Prostitution sind möglich. Mittel und Methoden zur Zielerreichung: In aufklärenden Gesprächen benennen und unterscheiden wir Körperteile, Geschlechtsteile. Mit der Sprache fördern wir die Wahrnehmung. Wir bieten Hilfestellungen an, um die privaten Räume nach Wunsch sinnlich zu gestalten. Die Betreuenden eignen sich das spezifische Fachwissen über die Auswirkungen der Medikamente an und klären die Bewohnerinnen und Bewohner über Lösungsmöglichkeiten auf, z. B. Überweisung an einen Arzt des Vertrauens (psychiatrisch, somatisch) Informations- und Aufklärungsmaterial sowie Präservative und Femidome stehen auf den Wohngruppen zur allgemeinen Verfügung. Die Betreuenden informieren sich über die Dienstleistungsangebote von Berührerinnen, Berührern, weiblichen und männlichen Prostituierten und bieten nach Bedarf aufklärende Hilfe an. Rev. 1 10.04.2012 / MP / QB,TB Konzept Förderung sexueller Gesundheit von Frauen und Männern DOK 4.6.08 HK Seite 3/3 4) Überprüfung und Evaluation Das Konzept „Förderung sexueller Gesundheit von Frauen und Männern“ wird jährlich in der Spurgruppe überprüft und wenn nötig angepasst. Für die Umsetzung in den Wohngruppen sind das Betreuungsteam und insbesondere die Delegierten aus den einzelnen Teams verantwortlich. Wir überprüfen die spezifische Arbeit im Umgang mit dem Thema Sexualität mit folgenden Instrumenten: Regelmässige Bezugspersonengespräche Bewohnerbesprechungen / Fachsupervision Fachaustausch (auch Praxisbeispiele) in der Spurgruppe Regelmässige Sitzungen der Spurgruppe Reglement Bestandesaufnahme der Förderplanung: a) Beziehung zu sich selbst / Rolle als Mann oder Frau Hinweis: Adressen von Beratungs-, Anlaufstellen und Literaturverweise (Sexualassistenz, Sexualberührung, Partnervermittlung) sind im Ordner "Sexuelle Gesundheit Teil 1" aufgelistet. Die Ordner mit umfassenden Angaben zum Thema sexuelle Gesundheit sind in der Fachbibliothek Pav.7 einzusehen und können ausgeliehen werden. Rev. 1 10.04.2012 / MP / QB,TB