Bogendruck ohne Alkohol im Feuchtwerk Erfolgreiches Vorgehen

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Druck und Papierverarbeitung
tag für tag 6·2002
Erfolgreiches Vorgehen beim Ersatz von
Isopropylalkohol (IPA)
Bogendruck ohne
Alkohol im Feuchtwerk
Gesundheitliche Bedenken der Drucker sowie Umweltbelastungen durch die Verwendung von Isopropanol haben dazu geführt,
dass die Alkoholfeuchtung schon bald nach ihrer Einführung
vor ca. 30 Jahren in die Kritik geriet. Der Verbrauch an Isopropanol als Zusatz zum Feuchtwasser nahm im Zuge dieser Kritik
in den vergangenen Jahren erfreulicherweise drastisch ab. Die
anfänglich vorgeschlagenen 25 % IPA-Gehalt sind heute nicht
mehr zeitgemäß. Verringerungen auf 6 % IPA-Anteil im Feuchtwasser sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die ersten
Druckereien gehen nun den entscheidenden Schritt weiter und
führen den alkoholfreien Nassoffsetdruck ein.
Alkoholfrei: MAN
Roland 705
»Wir wollen für den Tag X gerüstet sein, an dem der Gesetzgeber
uns dazu zwingt, die Emissionen an Isopropanol zu reduzieren«, so Werner Schwendner, Geschäftsführer der Akzidenzdruckerei HMS Druckhaus GmbH in Dreieich. Aber
auch wirtschaftliche Überlegungen und das Wohlbefinden
der Mitarbeiter führten dazu, dass man dort mit Nachdruck an der Einführung des Null-Promille-Drucks arbeiten wollte.
2001, mit der Anschaffung der neuen MAN Roland
Druckmaschine 705, sollten daher von Beginn an neue
Wege beschritten werden. Die notwendigen Eigenschaften
des Isopropanols sollten weitestgehend durch technische
Lösungen ersetzt werden. Um die Druckplatten gleichmäßig zu benetzen, wurde in der Vergangenheit die Oberflächenspannung des Feuchtmittels durch Zugabe von IPA
reduziert. »Dieser Zustand wird bei uns durch den Einsatz
von Feuchtwalzen mit geringerer Shorehärte und höherer
Oberflächenrauhigkeit der Firma Westland erreicht«,
so Helmut Friedl, Produktionsleiter bei HMS. Auch eine
höhere Schöpfmenge konnte mit den neuen Walzen erreicht
werden.
Andere Eigenschaften des Alkohols werden bei HMS
durch ein Feuchtmittelgerät neuester Generation (Hersteller: Technotrans) eingestellt. Dieses Gerät dosiert, kühlt
und kontrolliert mittels Leitwertmessungen ständig die
Qualität des Wassers. Weitere Verbesserungen der Benetzungsfähigkeit und der Viskosität des Feuchtwassers sowie >>
Positive Auswirkungen für Produktion und Marketing. Nadine Kindermann, Marketing und Helmut Friedl,
Technische Leitung.
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IPA – Verbrauch reduzieren? Warum?
Die Temperatur auf der Erdoberfläche hängt mit vielen, äußerst komplizierten, sich im
Gleichgewicht befindlichen Vorgängen zusammen. Wird dieses empfindliche Gleichgewicht
jedoch gestört, steigt oder fällt die Temperatur auf der Erdoberfläche. Steigt die Temperatur, spricht man vom so genannten Treibhauseffekt.
Normalerweise wird die Wärmeenergie der Sonne nur zum Teil auf der Erde verbraucht,
z. B. für das Pflanzenwachstum. Die nicht verbrauchte Wärme wird in Form von Strahlung
in den Weltraum zurückreflektiert. Dabei trifft sie in der Erdatmosphäre auf Spurengase
wie Kohlendioxid oder Methan. Diese nehmen die Wärmestrahlung, die von der Erde
kommt, in sich auf, geben sie aber in einem kurzen Zeitabstand wieder ab. Die Abgabe der
Strahlung erfolgt aber in alle Richtungen, d. h. zum Teil auch auf die Erde zurück. Steigt
die Menge der Spurengase (z. B. IPA) in der Atmosphäre, ist das Gleichgewicht gestört,
denn es kommt durch die Spurengase mehr Energie auf die Erde zurück, d. h. die Temperatur der Erdoberfläche steigt. Verstärkt wird das Problem, da jedes Spurengas »seine«
Wärmestrahlung, die eine ganz bestimmte Wellenlänge hat, in sich aufnimmt, d. h. Kohlendioxid nimmt einen anderen Anteil auf als Methan. Die Spurengase »ergänzen« sich demnach. Das bedeutet, dass eine Zunahme des Spurengases IPA bzw. seiner Zersetzungsprodukte in der Erdatmosphäre einen anderen Anteil der Wärme auf die Erde zurückstrahlt als
andere Spurengase. IPA trägt damit – wenn auch verglichen mit Kohlendioxid oder Methan
nur in geringem Umfang – zum Treibhauseffekt bei.
Ein für Methan charakteristischer
Teil der Wärmestrahlung wird
aufgenommen und sofort wieder
in alle Richtungen abgestrahlt,
ein Teil davon zurück zur Erde.
Sonnenstrahlung
Methan
Ein für IPA charakteristischer
Teil der Wärmestrahlung wird
aufgenommen und sofort wieder in alle Richtungen abgestrahlt, ein Teil davon zurück
zur Erde.
IPA oder
Zersetzungsprodukte
von IPA
Kohlendioxid
Wärmestrahlen von der
Erde in den Weltraum
Wärmestrahlen
von der Erde
in den Weltraum
Wärmestrahlen
von der
Erde in den
Weltraum
Ein für Kohlendioxid charakteristischer Teil der Wärmestrahlung wird aufgenommen
und sofort wieder in alle
Richtungen abgestrahlt, ein
Teil davon zurück zur Erde.
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Druck und Papierverarbeitung
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»Alle Erwartungen wurden erfüllt.«
Geschäftsführer Stefan Warlich, rechts
und Druckereileiter Thomas Grosser.
>> Korrosionsunterdrückung und Reduzierung von mikrobiellem Wachstum werden durch die Zugabe des Feuchtmittelzusatzstoffes RCL-M OS Gold (Lieferant Röbel &
Fiedler) erreicht.
Nach Abschluss der Einarbeitungsphase der Druckmannschaft wird nun seit ca. einem halben Jahr in Dreieich
erfolgreich alkoholfrei produziert. »Nach mehreren Versuchen sind wir heute in der Lage, auch bei schwierigsten
Druckformen und feinsten Rastern (bis zu 100er Raster)
nach anfänglichen 10.000 Bogen pro Stunde, die Maximalgeschwindigkeit von 15.000 Bogen pro Stunde zu erreichen«, erklärt Produktionsleiter Friedl. Dabei werden
Papiere (holzfreie Bilderdruckpapiere) bis zu 230 g/m2 bedruckt. Nach den Erfahrungen bei HMS, lassen die heutzutage erhältlichen hochwertigen Papiere den IPA-freien
Druck problemlos zu. Negative Auswirkungen wurden nicht
beobachtet. Auch hinsichtlich der verwendeten Farbsysteme Pantone, HKS oder Metallfarben sind keine Unterschiede feststellbar. Im Gegenteil: Seit Einführung des
alkoholfreien Drucks wird sogar eine bessere Druckqualität
und ein höherer Glanz erreicht. Geschäftsführer Schwendner stellt außerdem fest, dass sich die Produktionszeiten in
der Weiterverarbeitung, bedingt durch eine schnellere und
bessere Trocknung, verkürzt haben.
Lediglich der Verschmutzungsgrad des Feuchtwassers
ist nach Einführung des »Null-Promille-Drucks« angestiegen, so dass zur Zeit der Wasserkreislauf alle 4 Wochen
gereinigt wird. Eine Optimierung der Filtersysteme ist daher ein Punkt, der bei HMS noch auf der Wunschliste
steht.
Als Fazit der vergangenen 6 Monate sagt Werner
Schwendner: »Wir sind stolz darauf, diesen technischen
Fortschritt realisiert zu haben, den wir ohne Mithilfe unserer Partner nicht erreicht hätten.«
Alkoholfrei: Heidelberger
master 102-4-P
Speed-
Sehr gute Erfahrungen mit
dem alkoholfreiem Offsetdruck werden auch bei der Warlich Druck Meckenheim GmbH gemacht. Bereits in den
vergangenen Jahren wurde mit 5 bis 6 % IPA-Anteil im
Feuchtwasser gedruckt. Bei der Bestellung der neuen
Speedmaster 102-4-P der Heidelberger Druckmaschinen
AG, stellte Stefan Warlich, Geschäftsführer bei Warlich
Druck, die Anforderung an seine Lieferanten, dass die Maschine in der Lage sein muss, alkoholfrei zu drucken. Bedingung war, dass die Druckqualität ohne Alkohol nicht
schlechter sein darf, als mit Alkohol. Höhere Anschaffungskosten für z. B. spezielle Walzenbezüge sollten sich
»rechnen«.
In diesem Zusammenhang wird von Warlich die sehr
gute Zusammenarbeit mit den Systemlieferanten betont,
die von Beginn an das Erreichen des gesteckten Zieles effektiv unterstützten. So wurden spezielle Feuchtauftragsund Tauchwalzen (Lieferant EasyLac) verwendet. Als
Feuchtwasserzusatz kam Alco Damp Grün M60 (E798)
(Lieferant: Vegra) zur Anwendung. Die Farb- und Feuchtwerkstemperierung sowie die zusätzlich installierte elektrochemische Aufbereitung des Feuchtwassers taten ein
übriges, damit von Beginn an alkoholfrei gedruckt werden
konnte. Eine weitere Modifikation im Schliff der Tauchwalzen nach den ersten Wochen führte dazu, dass mittlerweile bei Warlich Druck in Meckenheim seit einem Jahr
erfolgreich und ohne jede Einschränkung IPA-frei gedruckt
wird.
»Wir drucken heute mit der einer Geschwindigkeit von
13.000 Bogen pro Stunde im Schön- und Widerdruck
und das im 3-Schichtbetrieb«, so Druckereileiter Grosser.
Qualitätsunterschiede bei verschiedenen Farben oder
Papieren werden nicht beobachtet.
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Elektrochemische Aufbereitung
des Feuchtwassers.
Allerdings verschmutzt das Feuchtwasser im Vergleich
zum IPA-haltigen Druck stärker. Daher wünscht sich auch
Warlich Druck eine Verbesserung der Filtersysteme.
Heute, nach einem Jahr Erfahrung, stellt Geschäftsführer Warlich begeistert fest: »Alle unsere Erwartungen
wurden erfüllt. Es ist tatsächlich gelungen auf IPA zu verzichten, bei gleichbleibend hoher Qualität des Druckguts.
Die Luft im Drucksaal ist sehr viel besser geworden, was
zu einer erhöhten Zufriedenheit der Mitarbeiter geführt
hat. Letztlich haben wir sogar eine Produktionssteigerung
erreicht und neue Kunden gewinnen können.«
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Eine Achtfarbenmaschine, die ohne
IPA-Zusatz druckt. Maschinenführer
Thomas Weller, rechts, und Erwin
Miller, Druckereileiter, links, sind mit
dem Ergebnis zufrieden.
Durch die Zwangsfiltration des Feuchtwassers werden
Verunreinigungen aus Farbe und Papier zuverlässig und
vollständig zurückgehalten.
Nun zu den Zusätzen: das Wasser wird mit Magnesiumcarbonat aufgehärtet, nicht wie üblich mit Kalziumcarbonat. Die Erfahrung zeigt, dass so die Ablagerungen
von Kalkbelägen z. B. auf dem Gegendruckzylinder, verhindert werden. Die Zudosierung erfolgt über Messung des
elektrischen Leitwertes.
Als Feuchtmittelzusatz wird ein handelsübliches Produkt, Stabilomat 5.500 verwendet. Der Anteil liegt zwischen 1,8 und 2 %. »Aber exakt gemessen, und zwar im
Alkoholfrei:
In Bracken- Gesamtkreislauf«, so Erwin Miller. Als Messgerät wird ein
»Alcofree« von Unisensor eingesetzt.
heim, im Zabergäu, produziert Walter Medien GmbH, ein
Etwas mehr Aufwand ist allerdings erforderlich: Bereits
breites Kalenderprogramm und im Rahmen seiner Cross
Media Dienstleistungen Akzidenzien, amtliche Mitteilungs- bei der Anschaffung war ein gewisser Kosten-Mehraufwand
blätter u. Ä. Gedruckt wird auf acht Bogendruckmaschinen für die Ausrüstung der Maschine notwendig, z. B. für spezielle Tauch- und Dosierwalzen und Farbwerkstemperierung.
mit höchster Qualität und allen Feinheiten wie MetallfarHeute muss man vielleicht ein bis zwei Stunden in der Woben. Mit der Reduktion von Isopropylalkohol (IPA) im
che mehr aufbieten, um die Maschine exakt und sorgfältig
Feuchtwasser hat man bereits seit längerer Zeit Erfahrung. Aber so ganz ohne ging es bisher nicht. Als im April
dieses Jahres die neue KBA Rapida 105 Achtfarben im IIIB-Format geliefert wurde, wollte man es jedoch genau wissen: »In diese Maschine sollte kein IPA«, so Erwin Miller,
Das Feuchtmittel wird ständig filtriert.
Abteilungsleiter Druck und Umweltschutzbeauftragter.
Und man hat es geschafft, die Maschine läuft ohne IPA im
Feuchtwasser.
Über die einzelnen Schritte, die zu diesem Erfolg geführt haben, gibt Erwin Miller gerne Auskunft: »Das A und
O ist die sorgfältige Feuchtwasseraufbereitung.« Hierzu
gehören die Entsalzung des Wassers über Umkehrosmose
und eine Feuchtwasseraufbereitungsanlage mit einer
Zwangsfiltration des Feuchtwassers.
KBA Rapida 105
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zu reinigen, denn dies ist Voraussetzung für die Produktion
ohne IPA. Dafür spart man aber auch laufende Kosten
durch nicht verbrauchtes IPA.
»Neben den technischen Voraussetzungen benötigt man
auch Unterstützung«, so Erwin Miller. So müssen Druckfarben, Zusatzmittel und Härtung aufeinander abgestimmt
sein, sonst erlebt man Pannen. Darüber hinaus müssen die
Mitarbeiter eine positive Einstellung gegenüber der neuen
Technologie haben.
Fazit Bis vor 30 Jahren druckte man im Offsetdruck
völlig ohne IPA. Erst mit der Konstruktion der Filmfeuchtwerke (z.B. Dahlgren) wurden grenzflächenaktive Stoffe
erforderlich, damit sich ein gleichmäßiger Feuchtmittelfilm auf den Walzen bilden kann. Alkohol in Form von IPA
bot sich damals hierfür an. Doch IPA setzte sich nicht sofort durch. So waren z. B. die Druckfarben und Gummiwalzen zu Beginn nicht auf das Arbeiten mit IPA abgestimmt.
Saubere Luft im Drucksaal: Mit diesem
Zeichen sind Bogenoffsetmaschinen
ausgezeichnet, die nachgewiesenermaßen in der Lage sind, emissionsarm
zu drucken. Die Emissionsprüfung geht
über IPA hinaus und bezieht z. B. auch
Druckbestäubungspuder mit ein.
In den darauf folgenden Jahren optimierten die Hersteller
Material und Chemikalien für den alkoholhaltigen Offsetdruck.
Die langfristige Abstimmung der Offsetfeuchtung auf
die Verwendung von Alkohol hat zur Folge, dass der völlige
Ersatz von IPA im Feuchtmittel nur dann gelingen kann,
wenn Drucker und Systemlieferanten eng zusammenarbeiten. Am einfachsten ist die Umstellung bei einer neuen
Druckmaschine zu erreichen. Die Praxisberichte zeigen,
dass der Wunsch zum alkoholfreien Druck bei vielen Unternehmern besteht. Bereits bei Bestellung der Maschinen
müssen die betroffenen Systemkomponenten wie Walzen,
Dosier- und Kühleinrichtungen sowie Feuchtmittelzusatzstoffe entsprechend ausgewählt und entsprechend abgestimmt sein. Ebenso ist die Qualität des Brauchwassers von
eminenter Bedeutung. Nur Wasser mit einem konstanten
Härtegrad und niedrigem Gehalt an Chlorid, Sulfat und
Nitrat ist als Prozesswasser geeignet. In manchen Gebieten
kann dies durch die zuständigen Wasserversorgungsunternehmen gewährleistet werden. Dies ist bei unseren Beispielen in Meckenheim und Dreieich der Fall. Anderenfalls
muss das Leitungswasser vorher aufbereitet werden. Neben
diesen rein technischen und chemischen Gegebenheiten
muss aber auch die Motivation des Druckerei-Teams stimmen. Nur dann kann – wie die Erfahrungsberichte zeigen –
der alkoholfreie Druck erfolgreich eingeführt werden.
Bei älteren Maschinen ist sehr viel Reduktionspotenzial
vorhanden. Ob sich Investitionen in den Kauf der erforderlichen Systemkomponenten lohnen, hängt von vielen Faktoren ab. Eine Reduktion des IPA-Anteils auf maximal 6 bis
8% ist jedoch an diesen Druckmaschinen meist möglich.
– My –
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