Proseminar Literatur und Schule am 11.01.2005 Sharon Creech

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Proseminar Literatur und Schule am 11.01.2005
Sharon Creech: Der beste Hund der Welt, Fischer Schatzinsel, Frankfurt am Main, € 10.90
Nach dem auf das Gespräch einstimmenden Textvortrag des Anfangs und des Schlusses der
Lektüre durch die Seminarleitung folgt eine Leserunde, in der bereits eine freudige, schmunzelnde Stimmung zu verspüren ist, die sich in den folgenden Gesprächen fortsetzt und vertieft.
Im Blitzlicht spricht man von einem herrlich poetischen Buch, das von einem „wissenden“ Autor
sowohl für Erwachsene als auch für Kinder geschrieben wurde: Der Text ist schnell zu lesen, er
ist gleichzeitig lustig, traurig und rührend, besonders für Hundefreunde. Seine Struktur ist nicht
sofort klar erkennbar.
Im vorliegenden Buch von S. Creech, lt. Klappentext ein Tagebuch, wird der Zugang, den der
Junge Jack zu literarischen Texten und zu eigenem literarischem Schaffen nimmt, dargestellt.
Gleichzeitig damit vollzieht sich die allmähliche Bewältigung eines großen Problems des Jungen.
Jack schreibt seiner Lehrerin, er kommentiert vorgegebene Gedichte, verändert diese, indem
er Inhalte austauscht, äußert sich zum erlebten Unterricht und schreibt schließlich eigene Gedichte.
In diesen ist er endlich in der Lage , über seinen Hund Sky, den er über alles liebte, und dessen Tod
zu sprechen. Einen Rahmen erhält die sich anfangs darstellende Textstruktur des Buches durch
Datumsangaben, die als Kapitelüberschriften fungieren. Die Illustrationen, die äußerst karg angelegt
sind, aber überaus aussagekräftig und ideenreich sind, zeigen vornehmlich den Hund Sky und ihn
betreffende Dinge.
Die Gesprächsrunde lehnt es ab, hier von einem Tagebuch zu sprechen, es handele sich eher um
eine Gedankensammlung mit Briefcharakter, wobei die Lehrerin als Adressatin fungiere, deren
Antworten allerdings leider fehlen. Die Struktur des Textes würde nicht sofort klar, besonders für
Kinder empfehle sich das Vorlesen als Verstehensform. Kritisiert wird hier am Rande der hohe Preis
und die geringe Wortzahl des Buches, die dazu zwänge, alle Klappentexte, einschließlich der
ISBN-Nummer des Buches zu lesen. Trotz mangelnder Masse, so die einhellige Meinung, ist dieser Text von hoher Qualität: Er sei eine Aufforderung, Literaturunterricht zu machen. Hier würde
für Kinder ein Zugang zur Literatur geschaffen. Er sei ein Beispiel dafür, was der richtige Text
an der richtigen Stelle bewirken könne. Die anfänglich schwer zu verstehende Struktur sei überaus anreizend für den Leser. Sie sei ein tragendes Moment in der Darstellung der Entwicklung des
Jungen Jack vom „Ablehner“ zum Literaturfreund, der zur Sprache, zum Ausdruck finde und auf diesem
Weg die Bewältigung eines großen Problems in Angriff nähme. Man spricht von einer „runden Sache“,
von einem Kreis, der sich am Ende wohltuend schließe. Das Buch fordere geradezu zum Vortragen und
gemeinsamen Lesen heraus. Es nehme die Angst vor Literatur, fördere die Lesemotivation und mache
Mut, vom Rezipienten zum literarischen Produzenten zu werden. Die Bedeutsamkeit von
Literatur im traditionellen Sinn würde hier vermittelt. Neben der gelungenen sprachlichen Seite
des Buches hebt die Gesprächsrunde die Illustrationen von R. S. Berner als überaus erheiternd und
treffend hervor. Die kleinen, sparsamen, aber detailhaften Skizzen, alle mit einem bedeutungsvollen
gelben Grund versehen, zeigen, abgesehen von einer Ausnahme, den Hund Sky, oder Dinge, die im
Zusammenhang mit diesem stehen, erzählen aber Jacks Geschichte. Man spricht von den Illustrationen als einer zweiten Bedeutungsebene, die sich wie der Text allmählich entwickle und kläre.
Besondere Zustimmung fanden auch die beiden Gedichte, die als Wortbilder gestaltet sind (Apfel,
Hund). Sie und all die anderen hier erwähnten Elemente, die die hohe Qualität dieser Lektüre
ausmachten, seien ein wunderbares Beispiel für einen Literaturunterricht, der, wenn er wie hier gut
geplant sei, Impulse gäbe, neue Wege eröffne, Vertrauen erzeuge und der schließlich zum Selbstläufer
werde. Ein unterstützendes Element im Rahmen solcher Literaturarbeit sei die Schaffung einer
„Schreibwerkstatt“ und das Angebot entsprechender Kurse, die besonders Migrantenkindern Mut
machten, sich mit der deutschen Sprache kreativ zu befassen. Das Buch erscheint ab der Alterstufe 8/9
und natürlich für alle älteren Hundefreunde als Lektüre geeignet.
WM
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